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- kk - o - B 1 B l 1 O TH E k OSTERR NATIONALBIBLIOTHEK Atlas - - - 32 A307 - - - Wanderung nach dem Orient im Jahre 1838. - - - - A wanderung nach dem Orient imIahre1838. - unternommen und fkizzirt von dem gagna: Maximilian *in Bayern. .— Voyager, c’est multiplier, par l‘arrivée et le (lex-ak', par le plaiair et lea adieux, lea inpreuiona que les &Cue-.211. d‘une vie sédentaire ne donnent qu' ‘a de rarea inter- vallea; c'est éprouver cent foie dann l'an- nec' un peu de ce qu‘on éprouve dans la vie ordinaire, i connaître, k aimer et i perdre du Stre- jetés sur notre route par la providence. (mm-km... München, Druck und Verlag ven Georg Franz. 1839. '- - Abreife von München und Ankunft in Triest. Schon längst nährte ich den sehnlichsten Wunsch, den heiligen Boden jenes Landes zu betreten, an welches sich die ersten Erinnerungen der Kindheit knüpfen, das die Wiege unserer Religion, das mit Einem Worte, wenn ich mich so ausdrücken darf, das Vaterland unters Erlö- fers war. Doch nicht. Dies allein war es, was mich zu dieser Reise bewog. Es trieb mich ein 11 2 unwiderstehliches Gefühl, ein nicht zu besiegendes Drängen aus der ewigen Einförmigkeit des bis zur Unbequemlichkeit bequemen Alltaglebens, bei welchem man nicht mehr lebt, sondern nur vege- tirt; denn ein Daseyn ohne Schatten und Licht gleicht einem schaalen Gemälde, das spurlos an der Wand eines Zimmers verbleicht. Leider gibt es Leute, die sich kaum einen Begriff davon ma- chen können, wie man sich zu einer ähnlichen Wanderschaft entschließen konnte. Ich bedauere diese ruheliebenden Geschöpfe, diese Leibeigenen ihrer Gewohnheiten, die in der Regel das Leben und die Menschen und deren Sitten nur aus todten Büchern oder durch die dritte Band ken T T T T - - - - - - - nen zu lernen glauben. - - - - - - - 3 Schlüßlich muß ich noch bemerken und den geneigten Leser bitten, dieses kleine Werkchen nur als flüchtige Skizze zu betrachten und um Alles in der Welt nicht als ein wissenschaftliches Produkt. Das wäre die Eitelkeit von meiner Seite zu weit getrieben, ja, das wäre mehr als eitel, das wäre förmlicher Uebermuth. Ich wollte blos das was ich gesehen, erlebt und empfunden, zu Papiere bringen. Alles andere gehört den Gelehrten an, und ihnen mich anreihen oder in’s Handwerk pfu- fchen zu wollen, steht mir nicht zu und fiel mir auch nicht ein. Dies sei nur im Vorbeigehen gesagt, damit ich mich gleich im Voraus den schar- fen Pfeilen der Kritiker entziehe, welche nur al- zubereit sind, namentlich einen Mann meines Standes, in den Schmutz herabzuziehen und von der eigentlichen Sache aus böswilligen Gründen auf die Person abzuspringen. In meiner Begleitung befanden sich die bei- den Barone von Busek, der Hauptmann des k. 1. H b. Leibregimentes Theodor Hügler, mein Hofka- valier von Heusler, mein Arzt Doktor Baier, mein Kabinetsmaler Heinrich von Mayr, der eine Auswahl der auf der Reise gesammelten Zeich- nungen gegenwärtig herausgibt und mein Kam- mervirtuose Petzmaier, der mir durch sein gelun- genes, seelenvolles Spiel die langen Stunden der Quarantaine verkürzte. Wohl fiel mir der Abschied vom Hause schwer, allein von glühen- der Ungeduld überwältigt, konnte ich kaum den Augenblick erwarten, der meinem begeisterten Auge die Schönheiten und erhabenen Erinnerungen je- ner Länder vorführen würde. Eine neue Welt lächelte mir entgegen. Ich sollte etwas ganz Neues kennen lernen. Wohl hatte ich schon frü- her zweimal Frankreich, ferner England und Belgien bereist, hatte dreimal die göttliche Schweiz, Italien und Sicilien besucht und den größten Theil meines deutschen Vaterlandes gesehen; doch überall fand ich das zu Hause in weniger Ab- änderung. Diesmal sollten mich Egyptens glü- hende Winde anhauchen, sollte es mir vergönnt werden, am Fuße der Pyramiden den Ueber- muth der menschlichen Unternehmungskraft anzu- staunen und am heiligen Grabe des Heilands die göttliche Gnade des Schöpfers der Welten anzu- beten. Ich sollte den alten klassischen Boden Griechenlands betreten, an dessen moralischer und politischer Wiedergeburt mein erhabener Kö- nig und Schwager den thätigten Antheil nahm und selbst den eigenen Sohn Otto dahin berief, damit Er es fey, der die erhabene Aufgabe löse, ein Jahrhunderte lang unglückliches - Volk den Reihen freier Bürger wieder einzuverleiben. Möge aber hingegen auch das Volk seines Kö- niges edles Streben würdigen! Bevor ich jedoch dem Publikum diese Skiz- zen überreiche, drängt es mich, nochmals öffent- lich meinem Könige für die gnädige Genehmigung zu dieser Reise. Dank zu sagen. Bevor er mir sie mündlich aussprach, zweifelte ich dem ungeach- - tet nicht an. Seiner Zustimmung; denn Er liebt und ehrt es, Er, der selbst fo viel Sinn für Erhabenes und Schönes besitzt, wenn auch An- dere nach Belehrung und Erfahrungen trachten. Der zwanzigste Januar war gekommen. Mor- gens um 9 Uhr schied ich aus den Armen mei- ner Familie, begleitet von den Segenswünschen zahlreich versammelter Freunde. Wir hatten durch einen glücklichen Zufall in München zwei österrei- chische Eilwägen erhalten, die ohnehin nach ihrem Bestimmungsorte Triest zurückgebracht hätten wer- den müssen. Ich setzte mich in das Kabriolet des Ersten, ungeachtet der strengen Kälte, welche in diesem Winter ungewöhnlich heftig und anhal- tend war; denn ich kenne für mich nichts. Lästige- res als einen geschloffenen Wagen. Schnee und Frost nahmen immer zu, je mehr wir uns dem Gebirge näherten, doch war die Straße hart gefroren, so daß wir rasch vom Flecke 7 kamen. Es war schon ganz dunkel, als wir am Fuße des steilen und langen Keffelberges nächst dem Kochelsee anlangten. Im Dorfe Kochel hatten wir Vorspann nehmen müffen; besonders erfor- derte der schwer beladene bayerische Packwagen eine große Anzahl von Pferden. Wir brauchten eine geraume Zeit, bis wir die Spitze des Ber- ges erreicht hatten. Es hatte etwas Schauerli- ches, diese himmelhohen Felsenmaffen der Bene- dikten-Wand, die sich in der spärlichen Schneehelle dem Auge noch gigantischer darboten, diese dich- ten, mit Schnee beladenen Tannen - Wälder, die sich traurig über unseren Häuptern erhoben und zwischen denen der eisige Nachtwind uns unheim- lich und schneidend anblies. Es war, als befän- den wir uns in einer weiten Felsengruft, dem Begräbnißorte der todten Natur, die hier in ih- rem weißen Leichentuche lag. Dazwischen heulte der gefrorne Schnee unter dem Drucke unserer Räder, ähnlich dem Gestöhne winselnder Men- fchen. Ich war froh, als wir nach Mitternacht Mittenwald erreichten, wofelbst uns die Post als Nachtquartier erwartete. Am andern Morgen fetzten wir die Reise, fort, nachdem wir das Frühstück eingenommen, das in einem fogenann- ken Kaffee bestand. Ich konnte es nicht über's Herz bringen, diese Entwürdigung des göttlichen Mokkasaftes zu schlürfen und stellte einen Versuch mit der Chokolade an; aber ich gerieth vom Re- gen in die Traufe. Im Uebrigen waren wir zu- frieden und ich kann mit gutem Gewissen jeder- mann dieses Gasthaus empfehlen, nur hüte man sich vor Kaffee und Chokolade. Die Kälte war ärger als am ersten Tage. Der scharfe Schneewind blies schneidend durch das Gebirgsthal, an dessen einer Seite die Scharnitz liegt. Nach kurzem Aufenthalt am österreichischen Grenzhause rollten wir rasch dahin gegen Seefeld. Der Berg davor hielt uns wie- der ein wenig zurück. Von Seefeld bis an den Zirl-Berg ging es jedoch flüchtig weg, wie denn überhaupt die tyroler Postillone schnell und äußerst sicher fahren. Mittags langten wir in Inspruck an und stiegen in dem mir wohlbekann- ten, vortrefflichen Gasthaus zur Sonne ab. In- deß wir zu Mittag speisten, wurde die Bagage vom bayerischen auf einen österreichischen Packwa- gen umgeladen, defen unsanfte Bewegung meh- rere unserer Kleidungsstücke beschädigte, wie wir später in Triest uns überzeugten. Der Wa- gen ruhte nämlich rein auf der Achse. Von In- spruck fuhren wir noch bis Sterzing, was schon hinter dem Brenner liegt. Auch diesen ewig lan- gen Berg passierten wir bei schon eingebrochener Nacht. Ich erinnere mich lange nicht, dergestalt gefroren zu haben wie in dieser Nacht. Im Gast- hause zur Krone glaubten sie, wir würden nicht mehr anlangen, es war daher. Alles zur Ruhe gegangen. Mit vieler Mühe brachten wir die Inwohner des Hauses zum Leben. Die halbe Nacht verstrich, bis das Nachteffen bereitet war und in den ungeheizten Zimmern glaubten wir 10 erstarren zu müffen, obgleich wir in Pelzen und Mänteln umherfliegen. Am 22. in aller Frühe brachen wir auf Vor Brixen passierten wir an einem Fort, das Kläusel genannt, an welchem trotz der ungünstigen Jahreszeit emfig gearbeitet wurde. Es sind meh- rere Tausende von Soldaten beim Baue beschäftigt. Die schon vollendeten Werke sind schön und zweck- mäßig. Von Brixen führte uns der Weg über Bozen nach Trient, wo wir Abends anlangten und in der vortrefflichen goldnen Rose übernach- teten. Ich fand zu meinem Leidwesen, daß Kälte und Schnee eher zunahmen. Meine Hoffnung, im Rücken des Brenners mildere Temperatur zu treffen, war vereitelt worden. Den 23. schieden wir von Trient, passierten Roveredo, wo wir in eine höchst drollige, mas- kirte Schlittenparthie geriethen und verfolgten die Straße gegen Verona. Der enge Weg führt 11 größtentheils zwischen dem Gemäuer der Wein- berge hindurch, was das Ausweichen, zumal im Winter, sehr erschwert. Unser Wagen flog mehr- mals gegen die Wände, so daß die Laternen ganz zerquetscht wurden. Bisweilen fährt man eine gute Strecke dicht an der Etsch vorüber. Gegen Abend erreichten wir Verona und stiegen im Hotel du grand Paris, das ich schon von früher her kannte, ab. Die Bedienung war trefflich, nur mit dem Kamine meines Zimmers hatte ich einen harten Kampf zu bestehen, denn so oft ich das Feuer nachschürte, trieb mich der Rauch aus der Stube. Es ist dies eine Unannehmlich- keit, die mich schon früher in Italien verfolgte. Sie sind eben nicht für den strengen Winter, als etwas Ungewöhnliches, eingerichtet und nament- lich nicht gegen eine Kälte wie in diesem Jahre; denn schon seit Langem erinnerte man sich keines solchen Schnees. Auch reinigen sie ihre Kamine felten oder bedienen sich grünen Holzes zum hei- zen. Am 24. Morgens verließen wir Verona, 12 paffierten Vicenza, mit feiner im Sommer herrli- chen Umgebung, und langten Abends über Pa- dua in Mestre an, wo abgeladen wurde und wir auf dem Postschiffe noch nach Venedig hinüber fuhren, wo wir, trotz der argen Dunkelheit, nach kleinen zwei Stunden im Albergo reale, nächst dem Hafen, neben der Piazetta, ausstiegen. Ich freute mich, zum Zweitenmale diese einst so präch- tige, mächtige Stadt betreten zu können, dies Bild einstiger, jetzt leider verfallener Größe und Pracht. Meine Zimmer waren fehr geräumig und hoch; die Decke zierte eine nicht üble Fresko- Malerei und mehrere Wappen befanden sich in den Ecken, so daß es mir ein ehemaliger Palast gewesen zu feyn schien. Von meinem Fenster übersah ich den größten Theil des Hafens mit feinen vielen Masten und das rege Treiben am Gestade, und bis in die späte Nacht ertönte das Geschrei der Verkäufer, das Gefume der Dreh- 13 orgeln und das Gekreische eines Marionettenspie- lers, der sich gewöhnlich unter meine Fenster postierte. Am Abende meiner Ankunft und den Folgenden besuchte ich das neu erbaute Theater, la Fenice genannt, ein prächtiges Gebäude. Der Saal, von weißer Farbe mit geschmackvoller Vergoldung, dazwischen zierliche gemalte Figür- chen, hat fünf Reihen Logen. Ein schöner Lustre erhellet den Saal, so daß man jede Person in den Logen deutlich erkennen kann, ein Vorzug, deffen sich unsere meisten deutschen Theater nicht rühmen können. Ein Jahr zuvor war dies Thea- ter ein Raub der Flammen geworden. Eine Stunde nach der Vorstellung brach das Feuer an allen vier Ecken zugleich aus, so daß man ver- muthet, es sei absichtlich gelegt worden. Ich sah zwei Opern, die Puritaner mit Bellinis göttli- cher Musik und Rosmunda in Ravenna mit Musik von Giuseppe Lillo, welche zwar einige schöne Nummern zählt, mich im Ganzen jedoch nicht so recht ansprechen wollte. In den Puri- 14 tanern entzückte mich die Primadonna Eugenia Tadolini. Ihre Stimme ist klangvoll, ihre Methode ausgezeichnet und ihr Spiel feurig und seelenvoll. Ausgezeichnet war der Tenor Napo- leone Moriani. Seine Stimme ist himmlisch. Der Bassist Domenico Raffaeli ließ nichts zu wünschen übrig. Die Rosmunda sang die Ung- her, eine geborne Deutsche, die ich früher schon in Rom im Theater Valle und in Padua gehört. Ihre Stimme hatte. Etwas nachgelaffen; sie war zwar kurz vorher von einer schweren Krankheit ge- nefen. Das Ballet war die Sylphide, geord- net von Antonio Cortesi. Die unvergleichliche Brugnoli-Samengo gab die Titelrolle. Obschon in Jahren vorgerückt, entzückte sie durch die Leichtigkeit ihres Tanzes und die Grazie ihrer Bewegungen. Ihr zarter Fuß schien kaum den Boden zu berühren und der glühende Blick des Auges erhöhte das Interesse ihres bezaubernden Spiels. Der erste Tänzer Mattis Domenico tanzte ebenfalls sehr gut. Die Dekorationen 15 waren prächtig, so wie auch die Kostüme. Das Orchester war stark besetzt und feine Stimmung von erstaunlicher Höhe. Es gehörten so kräftige und klangvolle südliche Stimmen dazu, um ihr gleich zu kommen und die Maffe von Instrumen- ten zu übertönen. Das große Flugwerk am Schluffe des Ballets gereichte dem Maschinisten Ferrotti zur Ehre; denn in einem Augenblicke schwebte das sämmtliche Tanz-Personal in den Lüften, eine wirklich zauberisch-schöne Gruppe. Das Theater endete nach Mitternacht. Auch die Kunstreiter-Gesellschaft des Guerra besuchte ich, welche ihre Vorstellungen im Theater Malibran gab. Sie war gut und ich fand die eleganter als früher ausgestattet. Brand, Bastien, Fillipuzzi sind berühmte Namen darunter. Das Manöver von acht Damen ausgeführt, überraschte mich be- sonders. Leider konnte ich nicht lange verweilen, weil ich mich um zehn Uhr Abends auf dem Dampfboot nach Triest einschiffte. Von Merk- würdigkeiten besah ich das Arsenal. Es ist ein 16 treffliches Miniatur-Gemälde von Jenem in Ports- mouth. Ich gestehe, daß die innere Einrichtung meine Erwartungen bei Weitem übertraf. Die Räume sind groß und es herrscht in Allem die größte Ordnung und Zweckmäßigkeit. Es hat diese Anstalt zudem das Gute, sehr viele Men- fchen zu beschäftigen. Ich sah noch niemals so viele Italiener auf Einmal in der Arbeit begrif- fen. Man findet im obern Saale des Arsenals noch sehr viele historische Ueberreste, als türki- sche Fahnen, Feuergewehre 2c. Die Modelle der Schiffe sind trefflich gearbeitet. Einen trau- rigen Anblick gewährten mir die Galeeren-Scla- wen. Es sollen ihrer mehrere Hunderte sein. Viele sind zusammengekettet. In der Akademie besichtigte ich das weltberühmte große Gemälde Tizian's, die Himmelfahrt der Maria. Ich konnte mich lange nicht von diesem göttlichen Meisterwerke trennen. Die Sammlung ist nicht sehr zahlreich, aber ausgezeichnet; nur schade, daß mehrere Gemälde durch die Feuchtigkeit der 17 Wände litten. In den Nebenräumen finden sich die Statuen und Bronzen. Canovas Hand be- findet sich in einer Urne, die in der Mauer an- gebracht ist, darunter ein Griffel, mit welchem er gearbeitet. Ein schönes Basrelief von Por- phyr, den kleinen Johannes darstellend, fiel mir A besonders auf. Auch die alten Handzeichnungen interessierten mich sehr. Ich fand deren von Ra- phael und Karrikaturen von der Hand Leonardo's da Vinci, eben dieselben, weßwegen er in's Ge- fängniß geworfen wurde. Mir däuchte Venedig diesmal lebendiger als früher, was daher kommen mochte, weil ich direkt aus dem ruhigen Deutschland kam und keine an- dere große Stadt Italiens berührt hatte. In den engen Straßen um den Markus-Platz herum, am Rialto und dem Hafen herrschte das regte Treiben. Ich konnte mich bisweilen nur müh- fam durchwinden und gelangte in Gäßchen, wo man zu Zweien neben einander nicht hätte fort- 2 1) kommen können. Dieses eigentliche Straßenleben bietet für den Fremden, namentlich für den Deut- schen, einen eigenen Anblick dar. Mich stimmt es jedesmal heiter, indeß die Abgestorbenheit un- ferer meisten deutschen Städte mich traurig oder mißmuthig stimmt. Ich hatte die Ehre, den Gou- verneur Grafen von Spauer bei mir zu sehen, obgleich ich im strengsten Incognito mich befand, d. h. befinden wollte, indem unsere Kleider ein- gepackt blieben, da man von Stunde zu Stunde der Abfahrt des Dampfbootes gewärtig sein muß- te, so bald das ungünstige Wetter sich ändern würde. Es ist ein äußerst verdienstvoller, ge- müehlicher Mann; er ist im Umgang mehr als blos artig, er ist herzlich und einnehmend. Man wird mit Einem Worte bald heimisch in seiner Rähe. Ueberhaupt findet man nicht leicht ein zweites Land, wie Oesterreich, das sich durch die Zuvorkommenheit sowohl seiner Civil- als Mili- tär - Beamten, gleich rühmlich auszeichnet. - Den 26. Januar. Abends 10 Uhr steuerten 19 wir auf dem schönen Dampfboot, dem Erzherzoge Franz Karl, aus dem Hafen von Venedig. Dich- ter Nebel lag über dem ruhigen Meere. Die erste Stunde wurde mit äußerster Vorsicht gefah- ren. Ein kleines Boot mit einer Laterne versehen, zeigte uns den Weg an, um zu verhüten, daß wir auf Eine der vielen Sandbänke aufführen. Diese im Rücken, ging die Fahrt rasch von dan- nen. Eine Stunde weilte ich noch auf dem Ver- deck, dann begab ich mich in die Kajüte und streckte mich auf das Sopha in derselben. Am Morgen, es war gegen 8 Uhr, weckte mich der Ruf, daß wir Triest ganz nahe seien. Ich eilte auf's Ver- deck und gewahrte mit Freuden den schönen An- blick der freundlichen Stadt, die sich amphitheatra- lisch an dem Berge hinaufschlängelt, von welchem aus sie das Kastell beherrscht. Ich begab mich in das Albergo grande auf dem Marktplatz, nächst dem Hafen, das ich schon einmal bewohnt hatte. Triest bietet im Ganzen wenig Merkwür- diges dar. Es ist eine Stadt, die eigentlich noch 24 20 im Entstehen ist, die in Zeit von vielleicht fünfzig Jahren mit zu einer der Größten gezählt werden dürfte. Dieses bunte Durcheinander am Hafen, dieses rege Treiben der verschiedensten Nationen und Trachten in den Straßen gewährt einen an- genehmen Anblick. Der neuere Theil der Stadt ist sehr regelmäßig; man findet schöne Gebäude, der ältere, der sich mehr an den Berg anlehnt, ist schmutzig und winkelicht. Mit jedem Jahre erheben sich neue Gebäude. Man war eben mit Vollendung des neuen Spitals beschäftigt, ein ungeheures Gebäude, welches die Stadt auf ei- gene Kosten erbauen läßt. Die schönste Aussicht genießt man von der Spitze des Berges aus, auf dem sich das Kastell erhebt. Bei heiterem Wetter soll man mit freiem Auge die Alpen ent- decken. Leider war es trübe und regnerisch, wie alle Tage während meines sechstägigen Aufenthal- tes. Von Gebäuden sind die Börse, das Thea- ter und einige Kirchen bemerkenswerth. In der griechischen Kirche, zunächst des Hafens, fand ich 21 hübsche Gemälde am Altare angebracht. Das In- nere des Theaters ist sehr schön. Der Saal zählt sechs Reihen Logen, ist jedoch spärlich erhellt. Die Bühne ist nicht so groß wie jene von Fenige. Die Truppe, den Buffo ausgenommen, war mit- telmäßig. Das Orchester war besser als das in Venedig, auch die Chöre wurden mit weit mehr Präzision ausgeführt, was um so mehr zu be- wundern ist, da die Meisten ehrliche Ankerschmiede sind, die nur während des Karnevals der Kunst obliegen. Auch eine Art von Maskenball wurde in einem großen Nebensaale des Theaters gegeben, dem ich eine Stunde lang beiwohnte. Die Ge- fellschaft war etwas gemischt, übrigens höchst in teressant für einen Naturfreund. Das weibliche Geschlecht ist schöner als in Venedig, wo man auffallend wenig hübsche Gesichter sieht. Nament- lich im Bereich der dienenden Klaffe und unter den Landmädchen findet man wahrhaft schöne Phy- fiognomien, ein Gemisch von deutschem und ita- lienischem Gepräge. Die Männer unter dem Land- 22 volk zeichnen sich mehr durch ihr originelles Ko- stüme als durch Schönheit aus. Mit ihren meist langen Haaren, weiten Beinkleidern und entsetz- lich breiten Hüten erinnern sie an die siebenbür- gischen Mausfallenhändler. Am eigenthümlichsten sind die sogenannten Servolaner gekleidet. Am Tage vor meiner Abreise besah ich das noch nicht ganz vollendete Dampfschiff, den Stambul, wel- ches die Gesellschaft der Donauschifffahrt erbauen hat laffen. Ich habe nicht leicht etwas Elegante- res in dieser Art gesehen. Luxus und Bequem- lichkeit reichen sich hier die Hände. Man ver- gißt, wenn man sich in den untern Räumen be- findet, daß man auf einem Schiffe weilt. Es ist eines der Größten, was bis jetzt erbaut worden und die Maschine besitzt die Kraft von mehr als 160 Pferden. Für die kleinste Kleinig- keit ist Sorge getragen, ja selbst für einen kleinen Harem, im Falle Türken sich am Bord befänden. Außer der größern Küche befinden sich noch kleine Kaffee-Küchen neben dem Verdecke, ja sogar für 23 ein eigenes Rauchkabinet, im Falle schlechten Wet- ters, ist gesorgt. In vier Wochen sollte es seine erste Fahrt nach der Levante unternehmen. Ich machte unter andern dahier die inter- effante Bekanntschaft des schwedischen Gelehrten und Reisenden Hedenborg, der sich schon seit zwölf Jahren im Orient aufhält, um naturhisto- rische Forschungen anzustellen. Er wollte sich nach Hause begeben, kam aber nur bis nach Wien, wo ihn seine zerrüttete Gesundheit, Folge des nicht mehr gewohnten kälteren Klimas, wieder zurückkehren hieß. Er machte die Reise auf dem nämlichen Dampfschiffe Kolowrat. Ich verdankte seiner Güte manchen belehrenden Aufschluß, der mir vom größten Nutzen war. Er war bis tief in's Innere von Afrika gedrungen, bis nach dem zehnten Grade, in das Land Sennar. Vor meiner Abreise hatte ich noch die Eh- re, den Gouverneur von Weingarten bei mir zu 24 fehen, ein sehr artiger und zuvorkommender Mann. Auch der bayerische Consul, Herr Schnell-Griot und der griechische von Hennigstein kamen mir mit größter Aufmerksamkeit entgegen, so wie eben- falls der Direktor der Dampfschifffahrt der Lloyd- Gesellschaft, Herr von Bruck. II. Abfahrt von Trieft und Ankunft in Alexandrien. Es war den 1. Februar um 5 Uhr Abends, als wir bei dem unfreundlichsten Wetter und ungünstigsten Winde auf dem Dampfschiffe Gra- fen Kolowrat aus dem Hafen von Triest fegelten. Mit einbrechender Nacht nahm auch der Wind an Heftigkeit zu, so daß er die tobenden Wellen bis auf das Verdeck peitschte und wir uns beim Nachteffen am Tische festhalten mußten, um nicht - 26 fammt dem Stuhle zu Boden geworfen zu wer- den. Selbst in meinem Bette hatte ich Mühe mich zu erhalten, doch enthob mich mein guter Schlaf bald dem nicht mehr fernen Uebel-Befin- den. Am frühen Morgen jedoch weckte mich ein heftiger Schlag. Ich fah empor und be- merkte, daß es die Lampe von der Decke herab- geschleudert hatte, fo heftig war die Bewegung des Schiffes. Das befürchtete Unwohlseyn stellte sich leider bald ein. Auch meine Begleitung be- fand sich in einer höchst kläglichen Stimmung und lag bleich und jammernd neben mir in der Kajüte. Der Regen währte noch immer fort, der Wind war uns noch immer entgegen. Statt in Ankoma, wie es hätte feyn sollen, am Mor- gen anzulangen, liefen wir erst am Abend des 2. Februars um 4 Uhr im dortigen Hafen ein. Ebenso wenig als in Triest, durfte die Mann- fchaft unsers Schiffes, das Land betreten. "Ich hatte Ankona im Angesicht, wenige hundert Schritte vom Ufer entfernt und durfte es den- 27 noch nicht betreten. Das Schiff hatte nämlich noch zwei Tage Quarantäne zu überstehen; erst in Korfu sollten wir zum Erstenmale wieder die feste Erde -betreten. Ankona hat eine hübsche Lage. Die Stadt breitet sich amphitheatralisch an einer Bergkette aus, und, trägt mit ihren vielen Thürmen und Kuppeln ganz das Gepräge einer füditalienischen Stadt. Oben auf dem Berge, vom Meere aus rechts befindet sich die Citadelle, worin sich die Franzosen aufhalten, nachdem sie sich durch ihre glorreiche Eroberung vor einigen Jahren fo rühmlich ausgezeichnet. Das Gebirge ist etwas kahl, im Charakter der Apenni- nen, jedoch für das Auge nicht unschön. Der päbstliche Legat hatte die Aufmerksamkeit, mir den Hafenkapitän an das Schiff zu senden, um sich nach meinen Wünschen zu erkundigen. Ich ließ ihm meinen Dank abstatten und hatte nur einen Wunsch, nämlich fo bald als möglich wei- ter zu kommen, was ich jedoch für mich behielt. Der baldigen Erfüllung dieses meines Wunsches 23 war die langwierige Steinkohlen-Aufladung für unsere Weiterreise hinderlich. Erst am 3. Mit- tags verließen wir den Hafen von Ankona. Das Wetter blieb noch immer gleich regnerisch und neblich; die See ging hoch, doch befanden wir uns insgesammt um Vieles wohler. Den 4. gegen Abend fing die Witterung an, sich zu beffern. Wir bemerkten in einiger Entfernung Inseln, darunter Liffa, Pommo und St. Andrea, welche noch zum österreichischen Gebiete gehören. Später trat der Mond aus den Wolken und blies ein frischer Wind. Am 5. als ich aufs Verdeck trat, strahlte mir endlich Einmal wieder die Sonne entgegen, sich glanzvoll aus dem blaulichten Meere erhebend, über das ein ziem- lich kühler Morgenwind hinwehte und seine Wellen kräuselte. Es gibt nicht leicht etwas Feierlicheres als einen Sonnen-Aufgang zur See. Man fühlt sich unwillkührlich frömmer und er- habener gestimmt, ja felbst auf den ganzen Kör- per bringt es eine stärkende und erfrischende 29 Wirkung hervor. Am Abende fuhren wir ent- lang der albanesischen Gebirge, die schon zur Türkei gehören und von bedeutender Höhe sind. Bei einbrechender Nacht befanden wir uns am Eingange des sogenannten Kanals, wo selbst das Meer, durch die Berge vom Winde geschützt, völlig ruhig dahin gleitete, so daß ich ganz ver- gaß, mich auf dem Meere zu befinden. Ich dankte Gott, diesem peinlichen Schwanken für einige Zeit enthoben zu seyn, welches den Ma- gen und Kopf immer mehr oder weniger ein- nimmt. Man befindet sich in einem Zustand immerwährenden Mißbehagens und Schwindels. Am 6. um 4 Uhr Morgens warfen wir im Angesicht Korfu's Anker. Mit Ungeduld harrte ich des Tages, um das Land betreten zu können. Der Mond war untergegangen, die Laterne des Leuchtthurms nur warf ihren Strahl in die dunkle Nacht, dem irrenden Schiffer ein treues Leitgestirn. Endlich tagte der 6. Februar und im schönsten Morgenlicht winkte uns das freund- 30 liche, himmlische Korfu entgegen mit feinen eigen- thümlichen Felsenspitzen und malerischen Um- gebungen. Es war 9 Uhr Morgens, als ich mich in einer Barke an's Land schiffen ließ, im Herzen froh, den festen Boden wieder zu betreten. Nicht leicht hat eine Gegend einen solch' entzückenden Eindruck auf mich hervorgebracht, als diese. Korfu gegenüber liegt die kleine Insel Vido mit ihrem gelblichten Boden, der einen Vorge- schmack der orientalischen Erde gibt. Die darauf befindlichen Befestigungen sind außerordentlich. Auf der einen Seite die Kanonen Korfu's; auf der andern Jene Vido's wäre es kein Leichtes, den schmalen Meeres-Kanal zu passieren. Das Innere der Stadt hat für den Reisenden etwas Fremdartiges. Die Häuser sind meist klein und nieder, ausgenommen das Palais des englischen Gouverneurs und einige öffentliche Gebäude. Man findet dort schon den ersten Bazar mit II feinen Buden aller Art und offnen Handwerks- Stätten, worin sich die Menge in den buntesten griechischen Trachten umher treibt. Die Straßen find eng und nur mühsam drängt man sich durch die Menge. Bei jedem Schritte stößt man auf beladene Saumpferde oder Esel, mit Gemüsen oder Citronen und Orangen beladen, die einen höchst aromatischen Duft verbreiten, während aus den Fenstern der Häuser der Dampf des wohlriechenden griechischen Tabaks hervor qualmt. Es war mein Erstes, das Grab des unvergeß- lichen Kapo d’Istria aufzusuchen. Es befindet sich in dem griechischen Kloster unweit der Stadt und ist fehr einfach. Ich kann nicht läugnen, daß mich beim Anblick dieser Stätte ein höchst wehmüthiges, ja sogar ein bitteres Gefühl, ergriff Dieser Mann, der für fein Vaterland alles ge- opfert, der Tag und Nacht für das Wohl seiner Mitbrüder bedacht gewesen, ihm ward dafür ein solcher Lohn zu Theil! – Doch solches ist in der Regel der Welt Lohn. Ich fand hier 32 im Großen was ich in meinem beschränkteren Wirkungskreise schon unzählige male empfunden. Doch immer beffer ist's Undank zu erdulden, als selbst dieses größte der Laster zu begehen. Von hier aus nach der Stadt zurück ge- kehrt, wohnte ich der Wachtparade des englischen Militärs bei, dessen Uniformierung mir theilweise höchst mißfiel. Diese rothen Röcke mit unförm- lich hohen hellgrünen Krägen und geschmacklosen Tschakkos sehen abscheulich aus. Dazu ist ihr Schnitt häßlich und altmodisch. Am besten klei- den die dunkeln Uniformen der Scharfschützen. Die Musikbande spielte fürchterlich. Ich erinnere mich auffer den französischen Musiken nicht leicht eine schlechtere gehört zu haben. Indeß die Truppe aufgestellt blieb, mußte die unglückselige Musik unaufhörlich auf- und abmarschieren. Die Kaserne, welche ich in Begleitung einiger Offiziere besuchte, ließ in Hinsicht der wahrhaft eleganten Einrichtung und Reinlichkeit nichts zu wünschen 33 übrig. Die Kost der Soldaten ist mehr als blos nahrhaft allein. Der Tisch der Unteroffiziere war zierlich gedeckt und mit großen Wein-Karaf- fen besetzt. Das Speisezimmer der Offiziere ist geschmackvoll eingerichtet. Sie ließen Wein brin- gen und ich mußte nach englischer Sitte mit ihnen trinken. Ueberhaupt findet man unter ihnen im Allgemeinen sehr artige, herzliche Leute, ganz verschieden von ihren Landsleuten. Der Ton unter den englischen Offizieren ist mehr kameradschaftlich als unter den Personen vom Civil; denn um bei diesen schnell Zutritt zu erlangen, bedarf es stets eines ansehnlichen Ver- mögens-Besitzes oder eines Empfehlungs-Schrei- bens. Es war Ein Uhr als ich auf das Schiff zurückkehrte und um 3 Uhr Nachmittags steuer- ten wir von dannen. Ich blieb bis in die späte Nacht auf dem Verdeck, welche das schönste Mondlicht erhellte. Am 7. Februar näherten wir uns allmälig Patras. Die Ansicht der Gebirge wird von Stunde zu Stunde reizender 3 34 und mit jedem Schritte bieten die Gegenstände mehr der historischen und poetischen Erinnerun- gen alter und neuer Zeit. Unsere Fahrt führte uns an den Inseln Ithaka, Kephalonia und Zante vorüber. Auch wies man mir die beiden Felsen-Inseln, Scroffa genannt. Rechts seit- wärts entdeckte ich Morea. Zur Linken breitete sich die Gebirgskette von Akarnanien aus, am Fuße derselben, nächst am Meere, Miffolonghi. Die Gipfel der Berge bedeckte Schnee, was vom blauen Himmel eigenthümlich und grell absticht, jedoch einen höchst malerischen Effekt hervor bringt. Nachdem wir am Eingange des korinthischen Meerbusens, an Lepanto und den beiden sogenannten kleinen Dardanellen, zweien festen Schlöffern, vorüber gesegelt, warfen wir bald darauf bei Patras Anker, woselbst ich mich um halb 1 Uhr Nachmittags an"s feste Land begab und in der Lokanda zum goldnen Löwen mein Absteigquartier nahm, die zunächst am Hafen gelegen ist. Im Momente des Aus- 35 steigens aus der Barke kamen zufällig zwei griechische Offiziere des Weges. Wir sprachen sie an und ich lernte in ihnen den Major Hahn, einen gebornen Schweizer aus Bern, früher Philhellenen, und den Ingenieur-Oberlieutenant Streiter aus Heubach am Main kennen, zwei sehr artige Männer, welche so gütig waren, mich überall zu begleiten. Ich bestieg die Berg- Citadelle, von wo aus man die herrlichste Aus- ficht auf das weite Meer, die Gebirge und die am Abhange gelegene Stadt hat. Sie ist ganz neu aufgebaut; denn in der letzten Revolution war sie von den Türken zerstört worden. Von hier aus sah ich auch die neue Kirche des heili- e - - - - gen Andreas, der nach der Legende dahier ge- - - - - steinigt worden seyn soll. Auf dem Kirchhofe daneben ruhen mehrere bayerische Offiziere, dar- unter ein Bekannter von mir, Namens Schauer aus Bamberg. Die Hauptkirche der Stadt ist durch ihr Aeußeres bemerkenswerth. Sie war nämlich früher eine Moschee. Auch wohnte ich Z - . 36 dem Exercitium einer Abtheilung griechischer Rekruten bei, welche in ihrer Landestracht, nur gleich gekleidet unterm Gewehr standen - und für die kurze Zeit nicht übel manövrirten. Nach der Aussage der beiden Offiziere sollen sie ziemlich viel Eifer für die Sache bezeugen. Auf meinem Rückwege von der Citadelle kamen mir einige alte Ex-Kapitänes vom ehemaligen Pha- lanx entgegen, und bewillkommten mich. Sie trugen ihre reich verzierte Landestracht und eine kleine Krone auf der gewöhnlichen rothen Mütze. Sie sprengten, alsdann auf schönen kleinen Pfer- den, mit prächtigen rothen türkischen Sätteln belegt, behende von dannen. Ich hatte mir geschmeichelt, Seiner Majestät dem Könige Otto schon dießmal meine Aufwartung machen zu können, allein zu meinem Leidwesen las ich in - einem Schreiben meines Freundes, Grafen Wald- kirch, bayerischen Geschäftsträgers zu Athen, welches wenige Stunden vor mir eingelaufen war, daß der Hof seit drei Tagen sich nach 37 Nauplia begeben habe, um daselbst die Jahres feier der Landung in Griechenland zu begehen. Doch ich tröstete mich mit der angenehmen Hoffnung, ihm bei meiner Rückreise meine Ehr- furcht bezeugen zu können, wo ich im Sinne hatte, mich länger in Griechenland aufzuhalten. Ich werde mich überhaupt für Diesmal über dieses schöne Land kürzer faffen, und erst im Verlaufe meiner Skizzen mich in weitläufigere Beschreibungen einlaffen. Um fünf Uhr Abends fuhr ich auf der Barke nach dem Schiffe zurück. Die Sonne senkte sich so eben ins ruhige Meer und von ihren letzten Strahlen ergänzten die beschneiten Gipfel des Parnaß und Helikon. Gegen sechs Uhr fuhren wir ab. Den 8. Mor- gens heller, fonnigter Tag. Wir steuern an den Meffenischen Gebirgen entlang. Die Luft ist bis gegen Mittag noch immer sehr kühl. Wir hatten in der Nacht wenig Weg gemacht, denn die Maschine war gebrochen gewesen. Auch unter Tags mußte aus diesem Grunde zweimal 38 gehalten werden. Um 11 Uhr fegelten wir bei dem durch seine Seeschlacht berühmten Navarin vorüber. Am Eingange des Hafens tauchen ganz eigenthümliche Felsenmaffen aus der Fluth, in denen sich eine Art von Höhlen und große durchsichtige Oeffnungen befinden. Eine halbe Stunde später kamen wir an dem befestigten Modon vorüber, das äußerst traurig daliegt. Der Leuchtthurm präsentiert sich hübsch. Zur Rechten gegenüber liegt die Insel Sapienza. Die Vegetation fängt an, mitunter etwas grü- ner zu werden als um Patras. Nachmittags sahen wir Koron und die Berge der Maina. Abends nach 7 Uhr umschifften wir das Kap Matapan. Die Temperatur war diesen Abend besonders kühl, so daß wir schnatternd vor Kälte auf dem Verdecke umher liefen. Ueber- haupt ist es in allen diesen Ländern sehr räth- lich, sich foviel als möglich vor Verkältung zu hüten. Am 9. Früh fuhren wir an den Inseln Spezia und Hydra vorbei. Die Stadt der FR) Letztern hat eine höchst malerische Lage, nament- lich zeigt sich der Hafen ganz schön. Hydra ist der Geburtsort des wackern Miaulis, den ich vor einigen Jahren zu München kennen lernte. Er war Mitglied der Deputation, welche Grie- chenland nach der Ernennung König Otto's dahin absandte. Ich ließ mir im Vorübersegeln das Haus, welches er bewohnt hatte, zeigen, Leider ist auch dieser rechtliche Mann hinüber geschieden. Die See war so glatt wie ein Spiegel; Delphine tauchten scherzend empor. Ich schoß nach Einem, verwundete ihn jedoch nur leicht, da ich blos Schrot und keine Kugel geladen hatte, denn ihre Haut foll äußerst hart sein. Auch die Insel Poros entdeckte ich in einiger Entfernung. Ihre Erde deckt einen braven bayerischen Offizier und Philhellenen, Namens Schilcher, der durch einen Schuß auf der Jagd nach langem Leiden fein Ende nahm. Bald darauf zeigte sich die Insel Aegina mit den schönen Tempelsäulen auf. Einer der Berg- 40 spitzen. Das Meer blieb noch immer ruhig und wir segelten rasch voran. Auf der Spitze unseres Mastes wehte seit Hydra die bayerische Flagge, und verkündigte von Weitem meine An- kunft. Schon zeigte sich in der Ferne die hohe Akropolis. Nachdem wir die Insel Salamis passiert, liefen wir gegen drei Uhr Nachmittags in den Pyräus ein, der eine schmale und gefährliche Einfahrt hat. Nachdem wir durch eine Menge russische, österreichische, englische und französische Kriegsschiffe hindurch waren, wurde dicht am Ufer Anker geworfen. Ich fühlte mich in eine wahr- haft feierliche Stimmung versetzt, als ich den Boden dieses einst so hochgefeierten, klassischen Landes betrat, dem wir den größten Theil unse- rer Bildung verdanken, das so tief fallen und so lange in den Banden der Knechtschaft hatte schmach- ten müffen, nunmehr jedoch feiner Tapferkeit und der Hochherzigkeit der meisten Monarchen und vie- ler treuen Streiter fast aller Nationen, feine je- zige Wiedergeburt verdankt. H Mit innigster Freude des Wiedersehens um- armte ich meinen Freund Waldkirch. Alsbald näherte sich der Minister Paikos und der Gou- verneur Axiotis, welche mich im Namen Sr. Ma- jestät empfingen. Wir bestiegen die bereit stehen- de königliche Equipage, um sogleich nach der Akro- polis zu fahren. Der Pyräus zählte vor wenigen Jahren kaum vier elende Hütten, nun erheben sich eine Menge von niedlichen Häusern und Ma- gazinen nach deutscher Bauart. Doch wie staunte ich, als ich mich plötzlich auf einer prächtigen Land- straße befand, welche vom Pyräus nach Athen führt und eine Länge von zwei Poststunden be- trägt. Eine Menge von Fiakern, theils mit zweirädrigen Karren, theils ordentlichen Kutschen, ja selbst vierspännigen Omnibus bewegten sich hin und her, so daß ich mich bei uns in Deutschland wähnte. Man glaubt es bei uns nicht, was in einem so kurzen Zeitraume von wenigen Jahren in diesem jungen Staate geschehen ist. Ich konnte mein freudiges Erstaunen nicht unterdrücken und H2 äußerte mich darüber bei dem Minister. unter- wegs begegnete uns mein guter Bekannter, der Kriegsminister Schmalz, der seit Anbeginn der Regierung König Otto"s diesem hoffnungsvollen jungen Monarchen unermüdet seine Kräfte weihte und treulich bis zu dieser Stunde bei ihm aus- hielt. Der Weg führt durch einen herrlichen Oli- venwald und schon beginnen die Felder längs der Straße bebaut zu werden. Ich hatte endlich den Gipfel der Akropolis erstiegen und verweilte stau- nenden Auges vor diesen erhabensten und edel- sten Resten einer längst entschwundenen, großar- tigen Zeit. Wohl hatte ich mir Großes und Voll- endetes erwartet; der Anblick der Wirklichkeit übertraf alle die Bilder meiner Einbildungskraft. Diese großartigen Maffen mit den feinsten Ver- zierungen geschmückt und im edelsten Style zusam- mengefügt, erfüllen den freudetrunkenen Beschauer mit höchster Bewunderung. Von hier aus über- sieht man das weite Meer mit seinen vielen In- feln und den Pyräus. Auf der innern Seite liegt Z die Stadt Athen zu den Füßen des steilen Ab- hangs. Man sieht in jede Straße und fast in jedes Haus. Von hier aus begab ich mich nach dem neuen, dazumal noch unvollendeten Palast des Königs vor der Stadt. Er ist nach einem Plan des königl. Professors Gärtner in München aufgebaut und von der geschmackvollsten Bauart. Die Stukkatur-Arbeiten sind von römischen Arbei- tern verfertigt und übertreffen an Feinheit der Ausarbeitung beinahe die ältern Meisterwerke. In dem Augenblicke als ich die hölzerne Bautreppe hinanstieg, kam gerade der berüchtigte alte Kolo- kotroni dieselbe herab und ließ sich mir vorstellen. Sein verschmitztes Gesicht, der Falkenblick des stechenden Auges verriethen den unruhigen Sinn und die arge Schlauheit dieses ehemaligen Un- ruhestifters. Nunmehr soll er ruhig geworden fein. Er hat sich einiges Vermögen gesammelt und wurde vor Kurzem zum Staatsrathe ernannt, nachdem er noch nicht lange zuvor im Gefäng- niß gelegen hatte. Vom neuen Palast aus setzte 44 ich mich wieder in den Wagen und machte noch eine Tour in den Straßen der Stadt, in denen reges Leben und Treiben herrschte. Alsdann speis- ten wir bei meinem Freunde Waldkirch. Bei Ti- sche waren unter andern eingeladen der Kriegs- minister Schmalz und der Gouverneur von Athen Ariotis. Bald nach Tische fuhr ich beim herrlich- sten Mondenschein nach dem Pyräus zurück und um neun Uhr steuerten wir Syra zu, woselbst wir am 10. Februar Morgens, vom schönsten Wetter begünstigt, anlangten. Diese Insel ist ungeheuer felsigt. Die Stadt selbst, namentlich der ältere katholische Theil, liegt am Abhange eines steilen Berges und ist äußerst schwierig zu besteigen. Dieser Theil der Stadt ist das eigent- liche alte Syra. Die Einwohner hatten sich des- halb so hoch oben angesiedelt, um vor den häu- figen Ueberfällen der Piraten mehr gesichert zu sein. Auf der höchsten Spitze befindet sich das Seminär der Jesuiten, und zugleich die Wohnung des greisen Erzbischofs, dem ich meinen Besuch 45 - abstattete. Er trug einen langen, grauen Bart, einen violetten Talar und ein kleines eckigtes, schwarzes Barette auf dem Kopfe. Ich glaubte neben einem ehrwürdigen Patriarchen der Vorzeit zu sitzen. Die Aussicht von seinen Zimmern ist eine der schönsten, die ich in meinem Leben genoffen und entschädigt für die unendliche Mühe, deren es bedurfte, um in der schon bedeutenden Sonnen- / hitze diesen hohen Standpunkt zu erreichen, Die sogenannten Straßen dieser obern Stadt sind das Schmutzigste und Unförmlichste, was ich in meinem ganzen Leben gesehen habe. Bei jedem Schritte stolpert man in diesen engen Winkelgäßchen über Felsenstücke, so daß man Hals und Bein zu brechen Gefahr läuft, oder tappt in Kothpfützen, oder ist genöthigt, vor jedem Hause ein großes Schwein aus dem Wege zu stoßen, um den schma- len Weg passieren zu können. Der untere Theil der Stadt ist bei Weitem beffer, reinlicher und lebhafter. - Die Straße des Bazars namentlich und der freundliche Platz am Hafen bieten einen H6 hübschen Anblick und geben einen Vorgeschmack des nahen Orients. Am Hafen befindet sich das neue Waarenmagazin, von einem Münchner Bau- meister Namens Erlacher, auf das geschmackvoll- fe und zweckmäßigte erbaut. Auch der neue Leuchtthurm ist sein Werk. - - - - Der Handel Syra's ist bedeutend und wird sich mit jedem Jahre mehr heben. Man kann es das griechische Smyrna nennen. Ich lernte dahier den Gouverneur Christides und den be- rühmten Seehelden Kanaris kennen, der hier eine Abtheilung der griechischeu Flotte komman- dirte. Der erstere ist ein hübscher großer Mann, dem seine Landestracht fehr wohl anstand. Sein Benehmen ist geschliffen, sein Blick fein und schlau, während der Ausdruck und das Benehmen des Letzteren Biederkeit und Einfachheit verkünden. Ka- naris war ein treuer Waffengefährte des edlen Miaulis und sagte mir selbst, daß er an ihm einen Vater verloren habe. Ein deutlicher Be- 47 weis seiner Redlichkeit ist noch dieser, daß er sich während der letzten Revolution nicht bereichert hat. Er blieb so arm wie zuvor, als er ge- meiner Matrose war. Beide saßen bei dem Mit- tagstische des freundlichen Banquiers Rali mir zur Seite. Kanaris erzählte von mehreren fei- ner Wagniffe, die er mit feinen Brandern un- ternommen. Er erzählte unter Andern, wie er einstmals an ein türkisches Kriegsschiff feinen Brander angelegt und sich schnell wieder entfernen wollen, habe sich das Boot in einen Strick unter- halb des Waffers verwickelt und sie hätten unge- achtet aller Mühe, das Schiff nicht mehr vom Fleck gebracht. Endlich habe sich ein kühner Ma- trofe ins Waffer gestürzt, sei untergetaucht und habe noch zu rechter Zeit den Strick abgehauen; denn wenige Minuten darauf sei das türkische Schiff in die Luft geflogen. Er erzählte diese Anekdote mit gemüthlicher Lebhaftigkeit. Man sah ihm an, wie ihn die Erinnerung an diese Heldenzeit freu- te, doch ferne von jeglicher Prahlerei, während so 48 viele seiner Landsleute sich bei jeder Gelegenheit als Retter ihres Vaterlandes bezeichnen. Um acht Uhr Abends begab ich mich auf den Ball, der im Kaffino statt fand. Er war sehr zahlreich besucht, daher auch die Hitze in dem beschränkten Raum unerträglich, jedoch noch unerträglicher die ohrenzerreißenden Straußischen Walzer einer Mal- tesischen Musikbande, welche dem genügsamen Pub- likum harmonie - und taktlos aufspielten. Der Ton in dieser griechischen Gesellschaft hatte einen leisen Anstrich europäischer Bildung. Die Damen, wo- runter einige sehr hübsche, faßen gleich Wachs- figuren im Saale umher, zwei ausgenommen, mit denen ich mich recht gut unterhielt, waren gesprä- chig und liebenswürdig; aus den Uebrigen ver- mochte ich, trotz aller Mühe, keine Sylbe heraus zu bringen. Vielleicht hätten sie sich in ihren malerischen National-Kostümen weit hübscher aus- genommen als in ihren schlecht gewählten, über- ladenen französischen Toiletten, in welchen sie sich linkisch und ungewohnt bewegten. Ihre Tänze währen unendlich lang Jeder Walzer dauerte we- nigstens eine gute halbe Stunde. Sie tanzen, Her- ren wie Damen sowohl mit einer wahren Passion. Die Erstern namentlich beschämen unsere deutschen jungen Leute, die feit einigen Jahren den Freuden des Tanzes fast gänzlich entsagen. Nachdem ich im Schweißemeines Angesichts einen Walzer mit. Einer der beiden Liebenswürdigen abgethan hatte, mußte ich im Nebenzimmer in Mitte der Damen, trotz alles meines Sträubens eine lange Pfeife Tabak rauchen. Ganz allein mitten auf dem breiten So- pha sitzend, im Halbkreise um mich herum die Damen, faß ich gravitätischer da, als vielleicht der ehrsame Sultan selbst. Es war Mitternacht, als ich mich nach Hause begab, das heißt, nach meinem Schiffe im Hafen. Zwei Matrosen leuch- teten mir mit ungeheuern Laternen voran, zur Seite ging mir der Hauptmann der Gendarmerie und hintennach folgte mir ein Gemeiner dieses, Korps mit geladenem Karabiner. Ich bin noch keinmal so gut bewacht von einem Balle nach 4 Hause gegangen. Den eilften weckte mich die frohe Kunde von der ersehnten Ankunft des Dampf- schiffes Fürst Metternich, das ebenfalls der Lloyd- Kompagnie gehört und mich nach Alexandrien brin- gen folte, von woher es so eben angelangt war. Herr von Rudhart aus Bayern und Graf Sa- porta von eben daher befanden sich darauf. Da das Schiff der Quarantäne unterlag, konnte ich beide Herren blos von der Barke aus sprechen. Es war gerade Sonntag. Das Volk trieb sich in seinen bunten Trachten in den Straßen umher; die Frauen weilten in ihren originellen Trachten vor den Häusern. Der größte Theil der Einwoh- nerschaft hatte sich nach der Schiffswerfte bege- ben, um ein Schiff vom Stapel laufen zu sehen, nachdem es vom Popen eingeweiht worden war. Die Geistlichkeit steht bei den gebildeten Klaffen in geringem Ansehen, was seinen Grund in der Unwissenheit dieses Standes haben mag. Gegen meine Erwartung reiste das Dampfschiff erst Morgen ab. Ich hatte Langeweile und war froh, - 51, als Christides sich meiner erbarmte und mich Nach mittags ein wenig herumführte. Noch muß ich er, wähnen, daß mich der berüchtigte Griod am Bord besuchte. Er kam in seiner prächtigen rothen plus likarentracht, mit breiten Goldstickereien überfäet, Sein männlich-schönes Gesicht verräth Heuchelei und mühsam unterdrückte Verschmitztheit. Von Gestalt ist er groß und stark gebaut. Seine Haltung ist kriegerisch. Man beschuldigt ihn der schändlichsten Grausamkeiten gegen seine eigenen Landsleute. Er hat sich ein ziemlich bedeutendes Vermögen zusammengescharrt. Damals , als ich ihn in Syri kennen lernte, war es wegen sieben holten aufrührerischen Umtrieben dahin verwiesen, was ihn ungemein zu kränken schien, da er sich als unschuldiges Opfer seiner Gegner betrachtete Mitten unter friedlichen Handelsleuten, welche fchere Ruhe dem Kriege vorziehen, fühlte er sich um so mehr verlassen, da er auf keinen Anhang rechten durfte, denn sein Name ist bei den in sten Griechen verhaßt. Er daß er für -- 52 König Otto zu jeder Stunde sein Haupt nieder- zulegen bereit sei, was ich, wie natürlich, aus dem Munde dieses Mannes als bloße Redensart hinnahm. Abends ging ich in das griechische Thea- ter, das aufferordentlich klein ist. Man gab ein patriotisches Drama, den Fall von Miffolunghi, und, so viel ich zu urtheilen vermochte, nicht so übel. Sie suchen in ihrer gedehnten, etwas über- triebenen Declamation die Darstellungsweise und den Vortrag der Alten nachzuahmen. Der Bei- fall des Publikums war stürmisch, besonders als Ibrahim in die Flucht gejagt wurde, nachdem er sich einige Augenblicke zuvor gerühmt hatte, in Kurzem werde ganz Europa den Muselmännern gehorchen. Das Orchester bestand wieder aus den obenerwähnten Maltesern, doch spielten sie dieß- mal etwas weniger falsch. Sie sollen kürzlich ihre Falschheit auch unter einander ausgeübt haben, in- dem sie während eines Zwischenactes in Streit geriethen und sich mit ihren Instrumenten vor den Augen des Publikums herum prügelten. Der Ge schmack für das Theater beschränkt sich bis jetzt noch mehr auf Poffen. Die Frauenzimmer konn- ten sich bis jetzt noch nicht entschließen, die Büh- ne zu betreten, weßwegen junge Männer oder Knaben ihre Rollen übernehmen, was einen läs cherlichen Eindruck hervorbringt. Den 12. reisten wir von Syra ab. Gegen Abend erhob sich ein heftiger Wind, der sich Nachts zehn Uhr zum fürchterlichsten Sturm gestaltete, der bis zum fol- genden Mittag andauerte. Furchtbar heulte der Wind; die empörten Wogen schlugen mit riesiger Kraft an das schwankende Schiff, so daß es bald pfeilschnell in die Höhe, bald blitzschnell in die Tiefe schoß oder sich, an allen Enden krachend, nach der Seite hin und her wiegte. Stühle und Koffer stürzten auf dem Boden der Kajüten über einander. An ein Aufrechterhalten war gar nicht zu denken, ja ich mußte mich krampfhaft im Bette mit Händen und Füßen anklammern, um nicht weithin herausgeschleudert zu werden. Alle meine Bücher und Hefte, Schreibzeug und Federn bei 54 deckten den Boden, dazwischen flogen Kleidungs- stücke und Mantelsäcke durcheinander. Viele der Päffagiere, die in den Seiten-Kajüten des Ver- decks ficht aufhielten, mußten mitten in der Nacht in Eine der unterm Kajütentflüchten, dergestalt drang das Wasser der überschlagenden Wellen auf den oberin Schiffstheil und von da in ihre Schlaf stellen. Nach Mitternacht trat der Kapitän an mein Bett und fragte mich, ob ich nicht vielleicht wünschte, in den nicht allzufernen Hafen einer benachbarten Insel einzulaufen. Ich stimmte fürs Weiterfahren. Den Morgen des 13. währte der heftige Sturm noch fort. „Ich versuchte, das Ver- deck zu betreten, aber eine Welle deckte mich von oben bis unten zu, so daß ich sogleich wieder hin die Kajüte kroch. Erst gegen Mittag legte sich der Wind. Der Kapitän versicherte mich später, es fei ihm nicht wohl bei der Sache gewesen: Schon bemerkten wir die beschneiten Gebirge Kan- dias, vor Allem hervorragend den hohen Berg Ida. Diese Insel steht iunter der Herrschaft Egyp- tens. Nach fünf Uhr Abends passierten wir den schmalen Hafeneingang und warfen Anker, Die Stadt ist klein, aber freundlich. Die Bauart der Häuser am Strande ist italienisch, was noch von der Zeit der Venetianer herrührt. Die Festungswer- ke am Hafen sind meist neu ausgebessert. Ein schö- ner moderner Leuchtturm ziert den Hafen. Dahin und nicht weiter ließ uns der Sanitäts-Inspektor Caporal, ein geborner Franzose, der unter Napo- leon in der französischen Marine gedient, gehen, weil die Quarantäne den Besuch des Innern, der Stadt strenge untersagt. Wirklich ist durch seine Aufmerksamkeit die Pest schon seit mehreren Jahr ren aus der Insel verbannt. Er schien mir ein auf geweckterheller Kopf zu sein. Seine Tracht war halb türkisch, halb europäisch. Unterm Schiffe gegen über lag die Kaserne und seitwärts im Hafen mehrere türkische Kriegsschiffe, welche einen Theil der hiesigen Truppen demnächst zur Verstär- kung Ibrahims nach Syrien überschiffen soll ten. Die Soldaten trugen weiße Jacken mit - 56 rother Schärpe, rothe Tarbusch und weiße, bis an's Knie weite Beinkleider. Sie sahen sehr - reinlich aus. Am 14. Morgens fegelten wir wieder ab. Unter den neuen Passagieren, die sich an Bord begaben, war auch ein türkisch-egyptischer Oberst nebst Suite, der nach Kairo reiste, ein freundli- cher, gemüthlicher Mann, der viel Intereffe für europäische Sitten und Einrichtungen bezeugte. Er schien mich bald lieb gewonnen zu haben; denn er ließ mich anfangs, bevor ihn die Seekrank- heit übermannte, nicht von seiner Seite. "Ich ließ ihm durch meinen Dragoman Mühlenhof be- deuten, wie sehr bei uns in Europa des Vice- königs von Egypten Name hoch geachtet sei, was ihn unendlich schmeichelte. Nachmittags hatte ich auch Gelegenheit, der religiösen Waschung seines Schreibers beizuwohnen, und es freute mich, zu sehen, wie wenig er sich durch unsere Neugierde in seinem frommen Treiben irre machen ließ. 57, Unter den Christen giebt es, namentlich in un- ferm jetzigen Zeitalter, manche, die sich schämen, die Gebote der Religion vor den Augen. Anderer auszuüben. Das mag hauptsächlich wohl darin feinen Grund haben, weil es heut zu Tage fast zum sogenannten guten Ton gehört, dergleichen entweder als Heuchelei oder Beschränktheit aus- zulegen. Denn man findet leider viele, welche sich zu schämen scheinen, Religion zu besitzen, indeß bei Völkern andern Glaubens vielmehr ein Jeder Ehre und Pflicht darein fetzet, Gott auch öffentlich seine Verehrung zu beweisen. Wir hatten am Morgen eine eigentümliche Schwüle gehabt. Nachmittags bedeckte ein schleierartiger Nebel die Berge der Insel und kühlte sich die Atmosphäre um ein Bedeutendes ab. Nachts bemerkten wir wieder- holtes Wetterleuchten. Am Nachmittage fuhren wir auch an der Stadt Kandia vorüber. Den 15. bot sich unserm Auge nichts als Himmel und Meer dar. Die See war, wie fast täglich, sehr unruhig, der Wind jedoch nicht ungünstig. Es gibt nichts einförmigeres als diesen Anblick, wenn das spähende Auge des ungeduldigen Wanderers nicht. Einmal ein fernes Schiff oder eine Insel gewahrt. Ich war der Seefahrt müde geworden. Täglich wuchs mein Mißbehagen - und ich zählte jede Stunde, die mich dem ersehnten Ziel näher rückte. Meinen Schlummer unterbrach gewöhn- lich das immerwährende Krachen des Gebälkes. Auch fühlte ich mich durch das häufige Liegen auf dem für mich zu kurzen Bette an allen Glie- dern wie gerädert. Selbst bei Tische konnte man nicht mit Ruhe ein bischen Effen genießen; denn bald flogen Teller und Besteck von der Tafel oder lief man selbst Gefahr, sammt dem Stuhle zu Boden zu taumeln. Jede Strapaze zu Land däucht, mir erträglicher als die kürzeste Seereise Am 16. endlich, um halb drei Uhr Nachmittags, entdeckten wir die Küste von Afrika und unter- schieden bald darauf die höchsten Gebäude und zahlreichen Minarets von Alexandrien. Mit Hülfe eines Piloten gelang es nach beinahe zwei Stunden unserm Kapitän, die äußerst gefährlichen Klippen am Eingang des Hafens zu passieren und um halb fünf Uhr Anker zu werfen. Die Passage ist so schwierig, daß selbst der geübteste und mit dem Gewäffer bekannteste Seemann zur Nachtszeit oder ohne Beihülfe eines Piloten unmöglich herein kommen könnte. Eine schwedi- fche Fregatte salutierte mich und ihr Kommandant ließ mich einladen, die Nacht am Bord bei ihm zuzubringen, ich machte jedoch von seiner Artig- keit keinen Gebrauch, da es wegen dem vielen Gepäcke zu Umständlichkeiten geführt hätte, weß- halb ich diese Nacht noch auf meinem Schiffe zu- brachte. Der Anblick der vielen Schiffe, nament- lich der imposanten egyptischen Flotte, durch welche wir hindurch steuerten, übertraf Alles, was ich bis jetzt in der Art noch gesehen. Die Kriegsschiffe müffen aber ihre Kanonen stets ab- laden, um die Klippen des Hafens passieren zU können; auch soll ihre Bauart gerade nicht die 60 beste sein. Mit Ungeduld harrte ich des folgen- den Morgens, an dem ich zum Erstenmale den Boden eines für mich neuen Welttheils betreten sollte. 61 III. Ggypten. – Bevor ich das ersehnte Afrika betrat, stat- tete ich zuvor noch dem Kommandanten der schwedischen Fregatte meinen Besuch ab, der mich auf das freundlichste und ehrenvollste em- pfing. Das Schiff trug den Namen Josephine und auf allen feinen Masten und Segelstangen erblickte man die Matrosen in Parade aufgestellt. Ich hatte die englischen Kriegsschiffe im Hafen von Portsmouth gesehen, das schwedische stand ihnen auch nicht im Kleinsten nach. Ein drei- faches Hurrah der Matrosen von den Masten und schallender Donner der Kanonen begrüßten mich beim Abschiede. Nachdem ich auf dem Dampfschiffe noch Toilette gemacht, begab ich mich an"s Gestade. Ich kann das Gefühl nicht mit Worten ausdrücken, das sich meiner bemei- sterte, als ich zum Erstenmale den Boden Afrikas betrat. Eine neue Welt mit den fremd- artigsten Menschen von gemischter Gesichtsfarbe und in die eigenthümlichsten und buntesten Trach- ten gehüllt, stellte sich meinem staunenden Auge dar. Ich hielt es noch immer für einen bloßen Traum, mich in diesem herrlichen Lande zu be- finden, dergestalt fühlte ich mich freudig über- rascht. Vom griechischen Consul Toffizza be- gleitet, fuhr ich in einem mit vier Schimmeln bespannten Gallawagen des Viezekönigs, der vom Hofe Karls des Zehnten istammte, nach seiner Wohnung vor der Stadt, die er mir freundlichst eingeräumt hätte. Die Pferde, welche erst vom Grafe hereingeholt worden, wo sie 63 ich in dieser Jahreszeit befinden, waren nicht ganz geneigt, sich der Leitung des Kutschers zu fügen, der sie vom hohen Sitze aus dirigierte und sich in seiner türkischen Tracht auf dem französischen Kutscher-Bock höchst possierlich ausnahm. Endlich gelang es ihm mit Hülfe der Sais oder Stall- knechte, welche stets neben den Pferden laufen und sie mit ihren Heizpeitschen antreiben, ihre Widersetzlichkeit ZU besiegen, Am Hause ange- langt, fand ich eine Ehrenwache von etlichen zwanzig Mann die mich aufgestellt empfing, die Trommel rührte, wozu ein kleiner Pfeifer eine mir wohl bekannte Melodie blies. Ich Wall nicht wenig überrascht, in dieser Melodie den „ei du lieber Augustin,“ zu erkennen. Von meinem Fenster übersah ich den größten Theil der Stadt, genoß der herrlichen Aussicht auf das Meer und gerade unter mir erhoben sich die schlanken Stämme eines reizenden Palmen- Wäldchens. Ich wurde auf die liebevollste Weise im Kreise dieser Familie aufgenommen und auf 64 eine Art gepflegt, daß ich im eignen Haufe nicht zufriedener hätte seyn können. Alexandrien ist ein Gemisch von europäischer und orienta- lischer Sitte, jedoch nähert es sich mehr der Erstern. Die ganze Stadt ist im Werden be- griffen; denn bei jedem Schritte stößt man auf neue Gebäude. Der europäische Stadttheil na- mentlich vergrößert sich mit jedem Jahre mehr und zeichnet sich durch schöne und geschmackvoll aufgeführte Gebäude aus. Das türkische Quar- tier ist schmutzig und hat so enge Straßen, daß man sich nur mit Mühe durch die Menge von Menschen, Kameelen und Eseln hindurch wühlen kann. Der Bazar ist ziemlich lang und man findet eine hübsche Auswahl von orientalischen und anderen gewöhnlichen Waaren. Ich be- suchte auch den dortigen Sklavenmarkt, der je- doch im Vergleich von Jenem zu Kairo höchst unbedeutend ist, Ich glaubte, höchst unglückliche Menschen daselbst zu treffen, statt dessen fand ich zu meinem großen Befremden einige muth- - 65 willige Negerknaben und Mädchen, die mir frech ins Gesicht lachten, so daß mein Mitleid sich alsbald in Abscheu verwandelte. Diese Geschöpfe fühlen ihre erniedrigende Lage nicht. Sie stehen auf einer so niedrigen Stufe, daß sie im Gegen- theile froh sind, gekauft zu werden, um so bald als möglich den Händen ihrer Verkäufer zu entrinnen, welche ihnen gewöhnlich sehr schlechte oder fast gar keine Kost darreichen. Beim Ein- kaufe dieser Sklaven muß man sich vorher genau erkundigen, ob sie nicht schon Einmal irgendwo im Dienste gestanden und ihrer Widersetzlichkeit halber wieder an die Sklavenhändler verhandelt worden seyen. Es ist daher stets am räthlich- sten, abzuwarten, bis eine Karawane anlangt, die unmittelbar welche aus ihrer Heimath daher bringt, und sie alsdann sogleich anzukaufen. Die Stadt umgeben elende Hütten aus Erde, in denen meistens Weiber der Soldaten wohnen. Der Anblick dieser verhüllten, in blaue Hemden gekleideten Gestalten gewährt keinen angenehmen - 5 Eindruck. Ueberhaupt verräth sich im gemeinen Volke großes Elend; doch muß ich bekennen, daß ich in Neapel und namentlich in Sicilien noch bei Weitem schaudererregendere Bettler-Ge- stalten angetroffen habe als dahier. Das Militär sieht im Ganzen gut aus. Die Haltung der Soldaten ist sehr gut, auch sind die Meisten große, schöne und kräftige Leute. Das Aeußere der Officiere der Landtruppen steht jenem des gemeinen Soldaten bei Weitem nach. Sie sind wenig gebildet. Es gibt ihrer Viele, welche noch vor wenigen Jahren weder lesen noch schreiben konnten. Wie natürlich hemmen solche schwache Anführer das Fortschreiten des Ganzen. Die Offiziere der Marine stehen auf einer weit höheren Stufe. Ich hatte Gelegenheit, mich bei Besichtigung des großen Linienschiffes, das der Belagerung von Akre beiwohnte und daher feinen Namen trägt, davon zu überzeugen. Auch exerzierten die Marine-Soldaten mit weit mehr Präzision und zeichneten sich durch vorzügliche 67 Reinlichkeit vor allen Uebrigen aus. Dieses Schiff ist. Eines der größten und reinlichsten; ja man darf sagen, der elegantesten, das ich jemals gesehen habe. Es zählt 108 Kanonen. Man glaubte sich im Mittelpunkte einer schwim- menden Stadt zu befinden, dergestalt überrascht die Größe einer Räume. Auf dem Verdecke spielte die Musik einige Stücke aus französischen Opern, mit einer solchen Virtuosität, daß ich im ersten Augenblicke zweifelte, ob sie aus lauter Arabern zusammengesetzt fey. Ich las in den meisten Gesichtszügen dieser Leute eine gewiffe Zu- friedenheit und Fröhlichkeit, was wie mir versichert wurde, auch wirklich der Fall feyn foll. Nur im Anfang hegen die Furcht und Abscheu gegen diesen Stand. Ja es ging so weit, daß sich früher. Manche absichtlich ihre Glieder verstümmel- ten oder das eine Auge mit Kalk ausbrannten, um sich von der Konfeription frei zu machen. Doch seitdem der Vicekönig Etliche auf die Galeere gethan und sie jetzt auch ungeachtet des 5 68 geblendeten Auges in die Regimenter steckt, hat dieser Unfug aufgehört. Auch überzeugen sie sich bald, um wie Vieles sie sich besser fühlen, als in ihren elenden Dörfern, in denen sie sich nur mit äußerster Mühe fortbringen. Trägheit ist jedoch ein Hauptzug im Charakter des Fellah. Hat er sich den einen Tag ein bischen Geld verdient, so ist es ein höchster Genuß, den Folgenden am Boden zu kauern und stundenlang aus seiner langen Pfeiffe zu dampfen. Eines der merkwürdigsten Dinge in Alexandrien ist das, herrliche Arsenal, in welchem täglich 6000 Arbei- ter beschäftigt sind. Sein Erbauer und Gründer ist der französische Ingenieur-Offizier von Cerisi. Ich erstaunte über das, was ich hier fand. Ich hatte. Viel davon sprechen gehört, was ich jedoch mit eignen Augen gesehen, hatte meine Erwar- tungen bei Weitem übertroffen. Jetzt erst lernte ich vollends den Unternehmungsgeist Mehemed- Alis bewundern. In der That hat dieser wahr- haft große Mann in dem kurzen Zeitraume von 69 wenigen Jahren das Unglaubliche geleistet. Und dabei ging er mit so vieler Umsicht zu Werke, mit solch' seltener Klugheit und richtiger Auswahl feiner Untergebenen, daß man nur staunen muß, wie ein Mann, der doch in feiner Jugend gar keine Bildung genoß, solch' großes, solch' thätiges Inte- reffe für Belehrung seines Volkes und die Befesti- gung und Civilisation feines Reiches an den Tag legen konnte. Man muß sich augenscheinlich davon überzeugt haben, um glauben zu können, was feit Kurzem in diesem Lande geschehen ist. Als ich die Urtheile des Marschalls Marmont über die Fortschritte dieses Reiches gelesen, ging es mir wie so vielen Andern, die glaubten, er habe sich von seinem Enthusiasmus allzu fehr hinreißen laffen. Ich habe mich vom Gegen- theile überzeugt und kann das nur bestätigen, was dieser kluge Mann mit vieler Erfahrenheit und feltenem Scharfsinn niedergeschrieben. Me- hemed-Ali"s Name wird einst mit Hochachtung im Buche der Weltgeschichte gelesen werden. 70 Die Arbeiter im Arsenale werden dafelbst gespeist und gekleidet. Es wurden mir Meisterstücke von jungen Arabern gezeigt, die an Reinheit der Arbeit und Feinheit der Politierung jedem europäischen Handwerker zur Ehre gereichen würden. In der ganzen Anstalt herrscht das regte Leben und Treiben. Diese Araber freuen sich, den fremden Europäern ihre Arbeiten vorzulegen. Man sieht es ihnen an, wie sehr es sie schmeichelt und ihnen wohlthuend ist, wenn sie im Gesicht des überraschten Europäers. Zufriedenheit und freu- diges Staunen lesen. Mit innigem Wohlgefallen verließ ich dieses höchst interessante Institut. Mit zu den vorzüglichen Merkwürdigkeiten Alexandriens gehört unstreitig die herrliche Säule des Pompejus, welche sich eine kurze Strecke außerhalb der Stadt auf einem sandigen Hügel erhebt, von wo aus man das Meer und den breiten See Mareotis erblickt. Sie beträgt im Durchmesser 9 Fuß, ist 85 Fuß hoch und 71 korinthischer Säulen-Ordnung. Sie soll zu Ehren Alexanders des Großen, und nicht wie man glaubte, zu Ehren des Pompejus, dessen Namen sie nur fälschlich trägt, errichtet worden feyn. Auch den schönen, mit Hieroglyphen verzierten Obelisk, die Nadel der Kleopatra genannt, be- sichtigte ich. Seine Form ist äußerst zierlich, Ihm zur Seite liegt ein Zweiter auf der Erde, den der Vicekönig dem Könige von England geschenkt hatte, der ihn aber der allzugroßen Transport-Kosten halber nicht abholen ließ. Er hätte ein eigens dazu erbautes Schiff erfor- dert. Auch die Katakomben muß man besucht haben. Es gibt Stellen, wo man nur mühsam, fo zu fagen auf allen Vieren, in diese unter- irdischen Räume dringen kann, namentlich in die ziemlich wohl erhaltene Rotunde. Wenige Schritte von den Katakomben entfernt, vom Meere bis spült, befinden sich die sogenannten Bäder der Kleopatra, in die Felsen eingehauen. 72 Eine höchst interessante Bekanntschaft machte ich an dem Minister Boghos-Bei, einem gebor- nen Armenier, der mich Tags darauf nach mei- ner Ankunft besuchte. Ich lernte in ihm einen sehr klugen, feinen Mann kennen, der europäische Artigkeit mit orientalischer Ruhe und Gemeffen- heit zu vereinigen weiß. Er ist Mehmed-Ali's treuester und verständigter Diener. Vor vielen Jahren war es den Ränken einiger Höflinge ge- lungen, ihn bei seinem Gebieter zu verschwärzen, der in erster Aufwallung seinen Kopf verlangte. Ein Freund am Hofe verbarg ihn geraume Zeit in seinem Hause. Eines Tags berieth sich Me- hemed-Ali mit feinen Räthen, worunter auch Boghos Freund sich befand, über eine wichtige Angelegenheit. Es wollte zu keinem Entschluße gelangen. Da rief Mehemed Ali: „O hätte ich jetzt meinen Boghos, er wüßte schon Rath zu schaffen.“ „Und dürfte er's wirklich, und würde ihm, dem Unschuldigen, als dann verziehen wer- den?“ rief der treue Freund. Der Vicekönig - 73 gab sein Wort und wenige Augenblicke darnach führte er Boghos ins Gemach, der von nun an das unbeschränkte Vertrauen feines Herrn genoß. Er leistete mir viele Dienste in Betreff der An- stalten zu meiner Weiterreise und der ehrenvollen Aufnahme in Kairo. - Die hiesige europäische Gesellschaft ist zahl- reich und gesellig. Ich wohnte einem Balle bei, den ein reicher, griechischer Kaufmann auf feinem Landhause gab. Ein Zelt mit bunten Zeugen und herrlich duftenden Blumen geschmückt, bildete den Tanzsaal, den viele schöne Damen zierten. Ein langer Tisch mit dreihundert Gedecken be- fand sich in einem Nebengemach. Den Anfang des Festes machte ein Feuerwerk. Der geräumige Garten erglänzte im Schein Tausender von bun- ten Lampen. Ich lernte bei dieser Gelegenheit einen gelehrten schwedischen Ingenieur-Kapitän Namens Cronstrand, kennen, der eben von The- ben zurückkehrte, wo selbst er mit größtem Fleiße 74 die Ruinen der Tempel abgezeichnet hatte, mit genauer Angabe aller Dimensionen. Noch muß ich der letzten frohen Stunden erwähnen, die ich in der Nähe des wackern Herrn Professors He- denborg verlebte, der mir noch so manchen Auf- schluß und einen Entwurf zu meiner Weiterreise mittheilte. Die Erinnerung an seine Güte, an fein einfaches, ungeheucheltes Wesen und an fei- nen biedern, anspruchlosen Charakter wird nie- mals aus meinem Herzen schwinden. Ich schied von dem herrlichen Manne mit schwerem Herzen. Auch in dem dänischen Konsul, Herrn Dumrei- cher, einem Landsmann aus Kempten, lernte ich einen höchst liebenswürdigen, heitern und gefälli- gen Mann kennen. - - - - - - - - - - - - - - - - - - Am Abende vor meiner Abreife hatte ich Gelegenheit, in einem Privathause arabische Mu- fik und arabische Tänzerinnen kennen zu lernen. Die Musik war betäubend, gleich wie der Gesang unharmonisch und taktlos. Den Tanz näher zu 75 beschreiben, verbietet mir der Anstand. Ich kann nur versichern, daß ich in meinem Leben nichts schamloseres gesehen habe. Sonst durften sie ungestört in allen Häusern ihr Unwesen treiben, feit Kurzem ist ihnen ihr Handwerk untersagt. Will ein Fremder dieses seltsame Schauspiel ge- nießen, so muß er es mit Beihülfe einheimischer Freunde in aller Stille zu bewerkstelligen suchen. Ertappt man diese Anti-Vestalinnen, so harrt ih- rer die Kettenstrafe. Ich sah deren fechte an Einer Kette in einer Straße zu Kairo. Den 19. Februar. Abends begab ich mich nach der Nilbarke, die am Kanal meiner harrte. Nach fünf Uhr fuhren wir ab. In der Nacht erhob sich ein heftiger Wind, der ein ziemlich starkes Gewitter herbeiführte, das jedoch nicht lange währte. Diese Barken sind bequem einge- richtet. Man liegt sehr behaglich darin, nur Eins ist lästig, nämlich das Ungeziefer, dem man ausgesetzt ist. Weiter hinauf am Nile quälen 76 Einen die Schnaken, welche schmerzhafte Stiche zurücklaffen. Der Kanal ist höchst einförmig. Rechts und Links sieht man Nichts, als aufge- worfene Erdhügel. Besteigt man diese, so bietet sich dem Auge eine weite Fläche dar, mitunter von breiten Weihern unterbrochen, auf deren Wafferfläche Tausende von Reihern und wilden Enten und Gänsen umherschwimmen. Den 20. Vormittags erreichten wir das Dorf Adve, wo- selbst der Kanal in den breiten Nil mündet. Es herrscht hier reges Leben. Eine Unzahl von Barken und Waaren aller Art bedecken die Ufer. Wir nahmen drei große Nilbarken mit Segeln und hatten das seltne Glück, die ganze Fahrt in 37 Stunden zurückzulegen. Zweimal nur mußte gezogen werden. Ich erstaunte nicht wenig über die Ausdauer unserer Schiffleute, welche Tag und Nacht bei der schweren Arbeit aushielten, ohne im Geringsten zu ermüden; denn bisweilen waren sie genöthigt, in's Waffer zu springen und das Schiff mit Hülfe ihrer Schultern von den häu- 77 figen Sandbänken los zu bringen. - Die Fahrt auf dem Nil gehört zu den angenehmsten, die man sich denken kann. Die Ufer sind mit Dör- fern und lieblichen Palmenwäldern befäet. Das Land ist überall prächtig bebaut, namentlich das fruchtbare Delta, das zu unserer Linken lag und sich bis Kairo erstreckt. Weiter hinauf beginnt zur Rechten die lybische Sandwüste. Ich stieg zuweilen an's Land und durchstreifte einige Flu- ren und Wäldchen, wobei ich mehrere eigen- thümliche Vögel schoß. Wir bemerkten unter andern auch ganze Züge von Störchen und Peli- kanen, die sich am Ufer und auf den Sandbänken des Flußes umthaten. Auch eine große Menge von wilden Tauben fiel mir auf. Sie sind von bräunlichter Farbe und etwas kleiner als unsere Zahmen. Den 22. Morgens erblickte ich in der Ferne, zur Rechten in der lybischen Wüste, die großen Pyramiden, diese größten Wunderwerke menschlicher Erfindungskraft. Bald darauf fuhr das Schiff an Schubra vorüber, dem reizenden 73 Landsitze des Vicekönigs, dessen weitläufiger Garten mit zu dem Prächtigsten gehört, was ich Jemals gesehen habe. Bevor ich jedoch meiner Ankunft in Kairo erwähne, muß ich noch eine Scene schildern, deren herzzerreißender Anblick mich im Innersten erschütterte. Ich war nämlich Zeuge der Einschiffung der Konseribierten im Dorfe Fuah. Diese armen Menschen wurden unter unbarmherzigen Stockschlägen, je zwei und zwei an Einander geknebelt, auf das bereit ste- hende Schiff geschleppt, auf dem sie bis zu ihrer Ankunft in Kairo, ohne Speise und Trank, ver- blieben. Am Ufer drängten sich ihre Mütter, Schwestern und Weiber wehe klagend und laut heulend umher, rauften sich die Haare und schlu- gen sich verzweifelt ins Angesicht, indeiß sie die gefühllosen Kawaffen oder Aufseher gewaltsam zurück drängten und mit ihren langen Stöcken über Kopf und Rücken schlugen. Und selbst als das Schiff schon weit hinweg gesegelt war, stan- den diese unglücklichen Geschöpfe noch immer am 79 Ufer und winkten den Scheidenden unabläßig zu, indeß die Luft von ihrem kreischenden Geheul er- scholl. Nie wird der Anblick dieses Auftrittes aus meinem Gedächtniß schwinden. Durch solch" gräßliche Gewaltthätigkeit vermehrt die Regierung nur den Abscheu vor dem Soldaten stande. Sie würde durch sanftere Mittel viel leichter ihren Zweck erreichen. Würde Mehemed-Ali nur Ein- mal Zeuge dieses unmenschlichen Beginnens sein, ich bin es von feinem so regen Streben in Be- förderung der Civilisation fest überzeugt, er würde dieser schändlichen Verfahrungsweise ein Ziel setzen. – Nachdem ich am Städtchen Bou- lak, dem Hafen von Kairo, mich kurze Zeit auf gehalten, fuhr ich in Begleitung des österreichi- fchen General-Konsuls von Laurin und Herrn Bonford's, der mir vom Vicekönig beigegeben worden, nach dem für mich eingeräumten Palais Ibrahim-Paschas, Caffir-Ali genannt, der sich damals gerade bei der Armee in Syrien befand, und das mit seiner herrlichen, nach europäischer Z0 Art entworfenen Garten-Anlagen, ein Werk Herrn Bonford's, zunächst am Nile gelegen ist, der Insel Rodda gegenüber. Herrliche Gemächer, nach orientalischer Art eingerichtet, nahmen mich auf. Die sorgfältigste Bedienung verlieh mir die größte Bequemlichkeit während meines ganzen Auf- enthaltes. - - Die Stadt Kairo trägt ganz und gar das Gepräge des Orients. Die meisten Straßen find zwar eng, jedoch im Ganzen reinlich. Die einander gegenüber liegenden Häuser stoßen in manchen Seitenstraßen beinahe zusammen. Die Fenster sind gewöhnlich mit hölzernen Gittern vermacht, der Frauen wegen, die niemals gesehen werden dürfen. So wenig prächtig das Aeußere der gewöhnlichen Wohngebäude ist, um desto geschmackvoller ist die innere Ansicht in den Hof und ihre Einrichtung. Die meisten und schön- sten Gemächer bewohnen die Frauen, der Mann begnügt sich mit zwei bis drei Zimmern. Bei 81 jedem Schritte stößt man auf eine Moschee oder geschmackvoll verzierte Brunnenhäuser, welche meist milde Stiftungen sind, indem das Waffer hier zu Lande von großem Werthe ist. Den großartigsten Ueberblick der Stadt genießt man von der Citadelle aus. Es war gerade Sonnen- Untergang, als ich sie bestiegen hatte. Zu meinen Füßen lag die Stadt mit ihrer Unzahl von Häu- fern, herrlichen Palästen und prächtigen Mo- fcheen, deren schlanke zierliche Minarets im gol- denen Abendschein der sinkenden Sonne erglänz- ten. Man glaubt sich in die Sagen der Tau- fend und Eine Nacht versetzt oder in eine magi- fche Feenwelt, so überraschend neu, so fremdartig und originell ist dieses majestätische Panorama. Den im goldenen Feuermeere erglühenden Ho- rizont begrenzten die ehrwürdigen Pyramiden, und zu meiner Rechten blickten ernst und mah- nend die Gräber der alten Kalifen herüber. Ne- ben der Citadelle läßt der Vizekönig ein präch- tiges Palais errichten. Thore und Verzierungen 6 sind von dem feinsten egyptischen Alabaster. Er hat sich selbst sein Gemach ausgesucht, von wo aus er die herrlichste Aussicht genießen wird. Da- neben erbaut er auch eine grandiose Moschee, die an Pracht und Schönheit mit den ältern der Stadt wetteifern kann. Zunächst befindet sich der fogenannte Josephs-Brunnen und die Menagerie des Vizekönigs, worin sich nebst Andern mehrere Löwen befinden. Die Grundmauern der Cita- delle rühren noch aus den ältesten Zeiten der Kalifen her. Der Vizekönig hatte den Befehl . ertheilen laffen, mir einige Moscheen zu öffnen. Jene des Sultan Haffan, auf dem großen Platze am Fuße der Citadelle, ist die größte in der Stadt. Man findet in dem Charakter der Ver- zierungen ihrer Portale Anklänge, ja vielmehr die Grundlage der gothischen Dome Deutschlands und - Englands. Besonders mahnte es mich an die Kirchen Palermos. Ferners besah ich noch von den Interessantern die in hohem Ansehen stehen- de Moschee Athar - el - Nebi, wohin sich Mehe- 83 med-Ali alljährig Einmal begiebt, um seine An- dacht zu begehen. Sie ist vom Propheten gestif tet und man zeigte mir in einem kleinen Seiten- gemach den Stein, worin der Abdruck seiner Fü- ße sich befindet, als er sie zum erstenmale betrat. Ich spielte, wie natürlich, den frommen Gläubi- gen; denn es ist mein fester Grundsatz, jede Re- ligion und fei sie auch noch so sehr abergläubisch oder widernatürlich, äußerlich wenigstens zu ehren. Und ist denn unsere so edle, in ihren Grundzü- gen so klare und einfache Religion nicht auch durch manche Mißbräuche und durch geflissentliche Ver- breitung des Aberglaubens geschändet worden?– Sind es nicht gerade bisweilen Einige ihrer Ver- treter, welche unter dem Volke diesen Aberglau- ben nähren, um sich dessen unter dem Deckman- tel der heiligen Religion zu bedienen? – Meh- rere der Moscheen darf man nicht betreten. Es war vom Vizekönig eine besondere Begünstigung, daß mir der Eintritt in die Letztere gestattet wur- de, denn sie ist im Grade der Heiligkeit die dritte 6 34 Die heiligste des Orients ist jene von Mekka, dann jene des Omar zu Jerusalem und sodann diese von Kairo. Den Boden der Moscheen be- decken Strohmatten, die mit Schuhen oder Stie- feln nicht betreten werden dürfen, daher ein Die- ner jedesmal die Matte, über welche ich schreiten mußte, umlegte, damit sie nicht entheiligt worden wäre; denn um keinen Preis hätte sie jemals ein Muselmann wieder berührt. Den Frauen ist überhaupt der Eintritt versagt. Es sind nur ei- nige Wenige, wohin sie sich zum Gebete begeben dürfen. Eine Hauptzierde der Stadt bilden die großen Bazars, in denen man die man nichfaltigste Auswahl der zierlichsten und werthvollsten orien- talischen Gegenstände findet. Die Lebhaftigkeit in diesen Bazars, wie überhaupt in der gan- zen Stadt, erinnerte mich vielfach an Paris, nur bietet es durch die Fremdartigkeit des Ortes und der verschiedenartigen Trachten bei Wei- tem mehr Intereffe dar. Ich machte alle die- fe Touren zu Pferde, und obgleich mehrere Ka- 35 waffen zu Efel mit ihren Stöcken die Menge aus einander trieben, so hatte ich dennoch Mühe hin- durch zu kommen. Sehr interessant ist die Kirche der Kophten. Sie liegt ganz im Versteck, im Alt-Kairo, dem eigentlichen Maffer, was sich noch aus den Zeiten der Christenverfolgungen herschreibt. Ebenso die griechische Kirche. Um zu ihnen zu gelangen, kömmt man an den Grund- mauern des alten Memphis vorüber. Die koph- tische Kirche soll die älteste des Christenthums fein. Die Mönche, fagte man mir, besäßen zwei silberne Rauchfäßer aus den Zeiten der Kreuzzüge, ein Geschenk eines bayerischen Herzogs, defen Namen sich darauf befinden soll. Ungeachtet aller Mühe konnte ich sie nicht zu Gesicht bekommen, Der Prior hatte sich ohne Zweifel Herrn Bonfords wegen, der egyptisch gekleidet ging, verläugnen laffen, aus Furcht man möchte ihm später diese Gegenstände abverlangen. Unter der Kirche befin- det sich die Grotte eingemauert, in der die Jung- frau Maria, während ihres Aufenthaltes in Egyp- 36 - ten, mit dem göttlichen Kinde sich verborgen ha- ben soll. Eine große Merkwürdigkeit ist der schöne Aquädukt außerhalb der Stadt, dessen Grundge- mäuer aus der Pharaonenzeit herrührt. Er versieht die Citadelle mit Waffer. Auf der Insel Rodda befindet sich der berühmte Nilmeffer oder Mi- kias. Er steht in einer cisternartigen Vertiefung, von vier Mauern, die oben geöffnet sind, um- geben, an denen sich arabische Schriftzüge befin- den. Mittelst zweier Oeffnungen steht der Bafin mit dem Nil in Verbindung. Die Säule selbst besteht vom Grund bis zum Kapitäl aus 16 Steinen, wovon jeder in 24 Karati geheilt ist und 1%. Pick mißt. Der niedrigste Wafferstand ist 7, der höchste 24 Pick. Als ich ihn sah, war er bis zur Höhe von 9 Pick unter Waffer. Nicht weit davon zeigt man den Platz, wo der kleine Moses ausgesetzt gefunden worden. Den übri- gen Theil der Insel, die eine halbe Stunde lang ist, nimmt der prächtige Garten des Ibrahim- Pascha ein, der sich unter der verständigen Lei- 87 tung des Herrn Bonford gestaltete. Er ist in drei verschiedenartigen Abtheilungen. Man glaubt sich nach Europa versetzt, wenn man in diesen herrlichen Anlagen umherwandelt. Und doch war Bonford, ein geborner Smyrniote, nie in Europa gewesen, Großes Interesse gewährt der große Sclavenmarkt. Er befindet sich ohnweit des einen großen Bazars. Es ist ein mit halbverfallenem Ge- mäuer umgebener Hof, in welchem mehrere Hun- dert von Schwarzen aller Art auf der Erde umher kauern. Einige befinden sich in kleinen Seiten- gemächern. Im ersten Augenblicke glaubte ich Affen vor mir zu sehen; denn mehrere von ih- nen saßen zu oberst des Gemäuers und spielten zusammen unter den drolligsten Gebärden. Sie sind nicht sehr theuer. Die schönste Waare, die Georgierinnen und Cirkaffierinnen, bekömmt man nicht zu sehen. Diese werden den reichen Türken vorbehalten. Es ist empörend, Menschen gleich dem Vieh verkauft zu sehen. Sie müßen beim Verkaufe ihre Zunge weisen; man untersucht die Zähne, läßt sie nackt ausziehen und befühlt sie, gleichwie es die Fleischer auf unsern Viehmärkten zu thun pflegen. Bei den Zähnen muß man genau acht haben, ob sie spitz oder stumpf ge- formt sind. Die Erstern verrathen gewöhnlich ei- nen schlimmen, die Letztern einen guten Charak- ter. Ich kaufte mehrere dieser Schwarzen, um fie mit nach Europa zu nehmen. Mehemed-Ali soll gesonnen sein, diesem schmählichen Handel ein En- de zu machen, doch sei es zu diesem Schritte noch nicht an der Zeit, wie er sich ausdrückte. Es ist ein Hauptzug seines Charakters, die Sitten und Ge- bräuche seines Volkes nicht mit. Einemmale um- zustoffen, so wie er auch die Gebote der Religion und ihre Institute unangetastet läßt, während zu Konstantinopel die Civilisation bisweilen zu vor- eilig betrieben wird und daher vielleicht nicht von Dauer sein dürfte. Ich machte ferner einen Aus- flug nach dem eine starke Stunde entfernten He- liopolis, wo ich den großen Obelisk bewunderte. Auf dem Wege dahin besichtigte ich den breiten Sikomoren-Baum, unter dem Maria auf der Flucht nach Egypten geruht haben soll. Er be- findet sich in einem herrlichen Citronen-Wald. Ich erstaunte auf dem Wege dahin über die vor- gerückte Kultur dieses fruchtbaren Bodens. Zu meinem größten Staunen fand ich sogar Wein- pflanzungen. Es ist kaum glaublich, wie Vieles unter der Obhut Mehemed - Alis seit wenigen Jahren geschehen ist. Ueberall erheben sich in der nächsten Umgebung Kairos stattliche Fabrik- Gebäude und Magazine. Im Städtchen Bou- lak wähnt man sich in einer kleinen englischen Fabrikstadt. Mehrere neugebaute Spitäler und Erziehungs-Anstalten verkünden dem erstaunten Europäer die Weisheit und das rege Streben des Vizekönigs, sich unserer Stufe des Fort- schreitens gleich zu stellen. Auf dem Rückwege von Heliopolis besah ich die alten Kalifengräber, die sich aus dem Sande der angrenzenden Wüste erheben. Ihre Schätze wurden von den Franzo- fen unter Bonaparte geplündert. Sehr freund- lich ist das Palais von Schubra, in dessen Nähe sich auch das berühmte Gestüt des Vizekönigs befindet. Der Garten ist außerordentlich groß und prachtvoll. Man fährt fort, ihn von Jahr zu Jahr zu vergrößern und zu verschönern, doch mangelt ihm die herrliche Aussicht jenes von Rodda. Die Anlagen in der nächsten Umge- bung der Stadt bestehen nur seit wenigen Jah- ren. Sie sind in europäischem Geschmacke, mit- unter unterbrochen von den lieblichsten Palmen. Die schönste der Anlagen bleibt immer Jene, welche das Palais Ibrahim-Paschas umgiebt und sich bis zur Stadt hin erstreckt. Man nennt sie Cassier - Doubara. Früher umgaben die Stadt kahle Sandhügel, hinter denen sich Räuber versteck- ten und die Vorübergehenden ausplünderten. Von Allem dem ist jetzt keine Spur mehr. Ich hatte auch das Vergnügen, zu wiederholten Malen dem Vizekönig in Schubra meinen Besuch abzustat- ten. Er empfing mich in einem geschmackvollen, ganz nach orientalischer Art eingerichteten Salon. 91 Bei meinem Eintritt erhob er sich rasch von sei- nem Kiffen, das auf dem Boden lag, grüßte mich nach türkischer Weise und deutete mir an, mich neben ihm auf dem Divan niederzulaffen. Der erste Dragoman, Artim-Bei, verdolmetschte ge- genseitig das Gespräch. Dazwischen wurde der Kaffee und die Pfeife gereicht, welchen Dienst junge Generale verrichteten. Mehemed-Ali ist nicht groß und von untersetzter Gestalt. Sein Auge ist lebhaft und verräth Klugheit und ju- gendliche Lebhaftigkeit, ja bisweilen drückt sich in seinem Blick. Ironie aus. Er zählt beinahe fie- benzig Jahre. Ein langer weißer Bart ziert sein geistreiches Antlitz, auf den er besondere Sorg- falt zu verwenden scheint. Seine Hände sind so klein und zart wie die eines Frauenzimmers. An- fangs war er etwas zurückhaltend, später wurde er jedoch so gesprächig, besonders als er mir von seinen Jugendjahren erzählte, daß über der Visite eine volle Stunde verstrich. Das Zweitemal währ- te sie fast zwei Stunden. Mehemed-Ali ist außer- 92 ordentlich thätig. Er arbeitet den ganzen Tag und kümmert sich um die kleinsten Angelegenheiten feines Staates. Abends liebt er es, wenn ihn feine Generäle und nähern Bekannten besuchen, um mit ihnen zu plaudern. Zuweilen spielt er auch eine Art langen Puff Nachdem ich acht interessante Tage zu Kairo verlebt, schickte ich mich zur Reise nach Ober- Egypten an. Der Vicekönig hatte die Güte ge- habt, mir drei seiner schönen Barken zu leihen. Sämmtliche Schiffsmannschaft wurde auf seine Ko- sten verpflegt. Ich hatte keine Zeit zu verlieren; denn mit jedem Tage rückten wir der heißen Jah- reszeit näher. Auch bedrohte uns der brennende Kamsin, was so viel heißt, als ein Wind, der fünfzig Tage hindurch währt. Sein Hauch ist glühend und ermattend. Den 28. Februar Abends, als am Aschermittwoche, fuhren wir in drei Barken von Kairo ab, vom besten Wind be- günstigt und beim herrlichsten Mondenschein. Ich 93 hatte mir vorgenommen, mich auf der Hinreise gar nicht aufzuhalten, sondern erst im Rückwege die Merkwürdigkeiten - der Vorzeit zu besichtigen. Auch wurde der Wind nur zu bald veränderlich, was die Fahrt sehr erschwerte. Mein Ziel war bis zur zweiten Katarakte gesteckt. Unser Heil mußte im guten Wind und in unerschütterlicher Ausdauer bestehen; denn biswei- len, zumal wenn gezogen werden mußte, mach- ten wir des Tags nicht mehr als drei oder höchstens sechs Stunden. Die Hitze nahm be- deutend zu. Es hatte mitunter um zwei Uhr Nachmittags 339 Rm. in der Sonne und 22° im Schatten. Den 5. März hatte es um 11 Uhr Mittags in der Sonne 35% ° Rm. und im Schat- ten 24°. Die Nächte waren sehr kühl. Eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang, fieng es immer an, bedeutend frisch zu werden. Gerade dieser plötzliche Wechsel der Temperatur ist es, der die größte Vorsicht erheischt; denn Ruhr und Augenentzündungen find die gewöhnlichen Folgen - 94 einer Verkältung in diesem Lande. Beobachtet man dies und hütet sich vor dem Genuße vielen und starken Weins, und hält man sich mehr an leichtes Fleisch, Reis und gutes Gemüse, fo darf man versichert sein, sich stets wohl zu befinden. Unter Tags darf man sich noch so leicht kleiden, man wird sich niemals erkälten. Die Gegend ist im Allgemeinen öde, nur zunächst der Nil-Ufer ist das Land meistens angebaut, mitunter erstreckt sich jedoch die Wüste bis an den Fluß. Von Zeit zu Zeit erheben sich liebliche Palmenwälder, belebt von einer großen Menge wilder Tauben und einer Unzahl ungeheuer großer Raubvögel. Weiter hinauf, gegen die arabische Wüste, zieht sich eine kahle Bergkette hin, deren gelbe Farbe im brennenden Sonnenlichte blendend erglänzt. Einer der höchsten Punkte ist der sogenannte Vogelberg, auf dessen Gipfel, sich ein koptisches Kloster befindet, dessen Mönche nackt an unsere Barke geschwommen kamen und Almosen verlang- ten, was sie gewöhnlich zu thun pflegen, so oft 95 sich Schiffe mit Reisenden nähern. Das Leben auf dem Nil ist ein ächt orientalisches. Außer der Lektüre in Champollions Briefen über Egyp- ten und Nubien und musikalischen Unterhaltungen am Abende, that ich den Tag über nichts, als aus meiner langen türkischen Pfeife rauchen und Kaf- fee trinken. Wurde mitunter bei ganz ungün- stigem Winde gezogen, so durchstreifte ich biswei - len die Fluren und Palmenwälder, um mir eini- ge merkwürdige Exemplare von seltenen Vögeln oder auch einen guten Biffen für unser Mittags- mahl zu erbeuten. Eines Abends stießen ich und Hauptmann Hügler auf einen Schakal, konnten aber leider nicht zum Schuße kommen. Von Minieh an, eine kleine Stadt am Nil, welche einige hübsche Gebäude und eine Baumwollen- Fabrik besitzt, muß man Nachts auf seiner Hut fein; denn von hier an zeigen sich schon die Diebe, welche oftmals unter dem Waffer an die Barken heran schwimmen, um zu stehlen. Wir stellten des Nachts immer einige Wachen aus, 96 um sicherer ruhen zu können. Der Diebstahl ist ein Hauptfehler im Charakter des Arabers. Im Allgemeinen sind sie gemüthliche und fröhliche Menschen, die sorglos von einem Tag auf den andern leben. Auch ist ihnen Religiosität keines- wegs abzusprechen, nur hängen sie mehr an den äußern Formen. Sie glauben, wenn sie sich des Tags ein Paarmal zum Gebet auf die Erde wer- fen, so sei die Hauptsache damit geschehen. Es lebt dies arme Volk noch im Zustande rohester Unwiffenheit, Folge des Mangels von Schulen. Von Lesen und Schreiben ist keine Rede. Da- von verstehen sogar die Meisten der höhern Klaf- fen wenig oder nichts. Den 6. März feierten unsere Schiffsleute die Himmelfahrt ihres Prophe- ten. Sie bewillkommten mich, ihrer Sitte gemäß. Es ist der Brauch, ihnen alsdann eine kleine Ga- be in Geld zu spenden. Sie verzehren an diesem Tage ein Lamm. Der Nil wurde an manchen Stellen außerordentlich breit. Auf den Sandbän- ken zeigen sich hinter Minieh schon Krokodile. 97 Unsere Schiffsleute behaupteten, Einige gesehen zu haben, ich war bis jetzt noch nicht so glücklich gewesen. Sie begeben sich in der Regel von 9 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags an's Land. Den 8. März fuhren wir an dem Städt- chen Manfalout vorüber. Abends legten wir in der Nähe der Stadt Es-Siout an, die eine der größten Oberegyptens und eine halbe Stunde vom Ufer entfernt ist. Wir blieben die Nacht über und den größten Theil des folgenden Tages hier liegen, weil Proviant-Vorräthe zur Weiter- reife eingekauft werden mußten. Am Gestade befindet sich ein kleines Kaffee-Haus, in welches Tänzerinnen kamen und uns ein kleines Ballet zum Besten gaben, nachdem sie die Thüre der Stube verschlossen hatten, um das Verbot nicht allzu öffentlich zu verletzen. Ich kann nur sagen, daß sie noch weit schamloser als Jene von Alexandrien tanzten. Oft gesehen, gewährt die- fes Schauspiel Ekel und Langeweile. Auch die Tänze unserer Leute auf der Barke zeichneten 7 sich durch unzüchtige Bewegungen aus. Dazu fingen sie und schlagen die Tarabuka, eine Art länglichter Handtrommel von Thon, die mit beiden Händen geschlagen wird. Den 9. um halb 6 Uhr Abends setzten wir die Reise fort. Den 10. hatte es um halb 12 Uhr Mittags im Schatten 22% ° Rm. und in der Sonne 37°. Die Herren von der zweiten Barke erblickten an diesem Tage ein großes Krokodil. Einen sonder- baren Anblick gewährte mir eine Anzahl von ungeheuer großen Adlern, die sich auf dem Sande zunächst des Flußes, die breiten Flügel weit ausgebreitet, sonnten. Den 11. blies ein heftiger Nordwind, der unsere Barke mit Blitzes- schnelle dahin trug, so daß wir an diesem Tage, die vielen Krümmungen abgerechnet, in gerader Richtung 23 Stunden zurücklegten. Bei diesen heftigen Windstößen, die häufig auf dem Nil vorkommen, ist es durchaus nothwendig, daß man die Leute von Zeit zu Zeit zur Vorsicht ermahnt. Ich hatte befohlen, daß stets Einer 99 den Segeltrick in der Hand behalten sollte, was auch immer der Fall war. Entsteht alsdann mit Einemmal solch' ein heftiger Windstoß, so läßt dieser den Strick nach und das Schiff nimmt dann wieder mehr die gerade Richtung an, denn es geschieht gar zu leicht, daß diese Barken, welche in der Regel sehr schmal und lang sind, umstürzen. Eine Unannehmlichkeit auf dem Nil ist das häufige Auffahren auf den Sandbänken, woran die Schiffer weniger Schuld sind, als vielmehr, weil sich diese Sandbänke alle Augenblicke an einer andern Stelle wieder anhäufen, so daß man ihre Lage nie genau be- stimmen kann. Gegen Mittag lag uns die Stadt Ekhmim zur Linken. An den hohen Bergen zeigten sich von Zeit zu Zeit Katakom- ben. Auch bemerkte ich eine lange Karawane von beladenen Kamelen, die über Einen dieser Berge nach den Steppen Arabiens zog, welche hinter dieser Bergkette liegen. Am Abende leg- ten wir einige Stunden bei der Stadt Girgeh 7+ 100 an, um Kohlen-Vorräthe und einiges Geflügel einzukaufen. Die Stadt ist im Innern winkelicht, wie die meisten dieser Orte. Der Bazar ist nicht groß. Hier befindet sich eine Anstalt zum künft- lichen Ausbrüten der Hühnereier. Ich schlenderte später in der Dämmerung am Gestade umher, gepeinigt von einem Troß zudringlicher Bettel- kinder, in Lumpen gehüllt, als ich einen Euro- päer bemerkte, der sich uns langsam näherte und uns in deutscher Sprache anredete. Er trug einen ziemlich langen grauen Ueberrock. Ein langer, schneeweißer Bart hing ihm bis auf die Brust herab. Auf dem Kopfe trug er eine runde, schwarz-seidene Mütze, die Füße bekleide- ten - hohe, röthlichte Juchtenstiefel und im Munde steckte eine kurze hölzerne Pfeife. Es war Baron von H –g, Gutsbesitzer in der Nähe Münchens, eben auf dem Rückwege von Theben nach Kairo begriffen. Ich hatte ihn früher nicht gekannt und hätte niemals geahnt, ihn so weit vom Vaterlande, in einem 101 Städtchen Oberegyptens, zu treffen und kennen zu lernen. Er hatte keine Idee, wer ich fey. Nachdem wir einige Zeit zusammen gesprochen, fragte ich ihn, ob er mich kenne. Er blickte mich ruhig an und fagte endlich: „Bekannt fcheinen Sie mir, doch weiß ich nicht, wo ich Sie hinplazieren soll.“ Jetzt erst nannte ich ihm lächelnd meinen Namen. Da zog er seine Mütze vom greisen Haupte, indeß ich eine Hand ergriffen hatte und sie von ganzem Herzen schüt- telte. Ich lud ihn zum einfachen Nachtmale auf meiner Barke ein, wo wir lange vertraulich schwarz- ten. Sein Benehmen gefiel mir, fo wie auch feine Unterhaltung für mich sehr viel Intereffe hatte, da er mit ruhiger Einsicht und biederer Offenheit sprach. Ich liebe und ehre. Das. Wie selten hören wir Fürsten diese Sprache! – Dieser Mann, beinahe ein Siebenziger, reiste ohne Diener und fast immer zu Pferde oder zu Esel. Als ich ihm darüber mein Befremden aussprach, erwiderte er gelaffen: „Was würde 102 mir ein Bedienter nützen? Wenn er krank würde, hätte ich doch so viel wie Keinen und wäre nur auf der Reise aufgehalten.“ Es wird über diesen Mann bei uns viel gelacht und gewitzelt. Das rührt hauptsächlich von feiner, bis auf's Höchste getriebenen, einfachen Lebensweise her. Auch mag das etwas Sonderbare feines Aeußern viel dazu beitragen; denn in unserm lieben Deutsch- land ist es leider heut zu Tage zur Sitte geworden, die Menschen blos nach dem Schnitte ihres Rockes zu beurtheilen; ebenso wie die politischen Meinungen nach Zusammenstellung der Farben und dem Schnitte der Bärte taxiert werden. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Den 12. gegen Tagesanbruch ging die Reise weiter. Der Wind blies wieder günstig. Ich sah im Verlaufe von wenigen Stunden fünf Krokodile, welche auf den Sandbänken sich sonn- ten. Ich fchoß auf. Eines und fah, wie die Kugel an seinen Schuppen abprellte. Man mußfie unterhalb der Vorderfüße in die Weichen 163 zu treffen suchen; denn wenn sie schlafen, strecken fie einen Fuß in die Höhe. Dahin muß man zielen. Den 13. kamen wir nach der Stadt Cheneh, berühmt durch ihren bedeutenden Kara- vanen-Handel nach dem rothen Meere und durch ihre vielen Töpferarbeiten. Die Stadt ist win- kelicht und hat, außer einem Fabrikgebäude, schlechte Häuser. Der Bazar ist ziemlich lang. Man trifft auch Sklaven. Ich kaufte mir von einem arabischen Kaufmann einen wunderschönen kleinen Neger von neun Jahren, so hübsch, wie ich in ganz Kairo keinen gesehen, Namens Mor- gan. Er kostete nach unserm Gelde die geringe Summe von 72 Gulden. Die Gegend um Cheneh und auf dem Wege dahin ist sehr schön. Einen malerischen Anblick gewähren die scharf- bezeichneten Kontouren der Berge, deren Be- leuchtung im Sonnenlicht und namentlich beim Untergang einen wahrhaft magischen Eindruck hervorbringt. Sie erscheinen alsdann in rosa oder violette Schleier gehüllt. Von jetzt an 104 zeigen sich auch ganze Waldungen von Dom- palmen, ein sehr lieblicher Baum mit dünnen Aesten. Sie erinnern ein wenig an die schönen Pinien Italiens. Wir hatten einige Mundvor- räthe einzukaufen und mußten deshalb bis am andern Morgen des 14. verweilen, wo wir die Reise fortsetzten. Die Hitze war fehr arg. Es zählte in der Sonne 34° Rm, im Schatten 23°. Den 15. Vormittags 10 Uhr langten wir bei Theben an. Eine Menge von Arabern drängte sich um unsere Barken, theils kleine Gegenstände von Alterthümern anbietend, von denen ich Einige um höchst billigen Preis an mich brachte, theils gesattelte Pferde und Esel an der Hand führend, die man besteigt, um sich nach den Ruinen zu begeben; doch ich beeilte mich, vor Allem das Ziel der Reise zu verfolgen, das noch immer ferne lag, obgleich ich nun, in gera- der Richtung genommen, von Kairo aus bereits 160 Stunden zurück gelegt hatte. Bald darauf fuhren wir an dem stattlichen Tempel und dem herrlichen Obelisken von Luxor vorüber, welche sich mitten im Dorf, das dicht am Ufer gelegen ist, majestätisch erheben. Die Hitze war auch heute drückend. In der Sonne hatte es 379 Rm. und im Schatten 23% °. Den 16. Abends gelangten wir nach Esneh, nachdem wir mit großer Mühe kaum sechs Stun- den zurück legten, Folge gänzlicher Windstille. Wir übernachteten daselbst, weil Proviant einge- nommen werden mußte, und verließen es erst im Laufe des Vormittags des 17. März. Auch ließen wir einen Schiffsmann der zweiten Barke zurück, der schon seit einigen Tagen sehr bedeutend erkrankt war, so daß Dr. Baier ein Nervenfieber besorgte. Kaum hatte sich einen Tag, sein Zustand gebessert, so reichten ihm seine Kameraden heimlich eine rohe Gurke. Wenige Stunden darauf verschlimmerte sich fein Zustand neuerdings. Es ist bei dem gemeinen Araber Sitte, jedem Kranken, das zu reichen, was er 106 - begehrt, ja sie verbinden damit eine abergläubige Furcht. Die Umgegend gleich. Jener von The- ben, ist schön und fleißig bebaut. Schade nur, daß der Fleiß des armen Bebauers so wenig Nutzen aus feinen Arbeiten zieht; denn bis auf einen ganz kleinen Theil gehört alles dem Vice- könig, der ihm nur so viel überläßt, als er zur Unterhaltung eines armseligen Hauswesens bedarf. Ich lernte in dem Gouverneur von Esneh einen artigen Mann kennen, der uns zu unserer baldigen Weiterreise vielen Vorschub leistete. Er besuchte mich auf meiner Barke, gefolgt von seinem Pfeifenträger, einem bild- schönen jungen Schwarzen. Er gab mir genü- genden Aufschluß auf meine Fragen, die ich in Betreff einiger Verhältniffe des Landes und seiner Bewohner an ihn richtete. Am Nachmit- tag hatte ich keinen kleinen Schrecken. Mein Mulatte, Namens Wellington, setzte sich nämlich auf den Rand des Schiffes. In Gedanken lehnte er sich, in einer kleinen Bibel, die ihm auf dem 107 Wege von Patras nach Athen ein nordamerikan- scher Missionär und Landsmann geschenkt hatte, lesend, an die in einander gelegten Ruder. Sie gaben nach und er stürzte rücklings ins Wasser, so daß die Barke über ihn hinüberging. Ob- gleich er gut zu schwimmen verstand, so hinder- ten ihn doch seine Kleider und namentlich seine Stiefel am Fortkommen und ich sah ihn mit Schrecken, immer matter werdend, in die Fluth sinken, bis ihn zwei Leute von der Barke, von denen der Eine ein Brett nach sich zog, mit fast unglaublicher Schnelligkeit erreichten und auf das Schiff zurück brachten. Er hatte die Bibel noch in der Hand. Die Nacht brachten wir wie gewöhnlich, an einer steilen Uferstelle hin. Gegen 9 Uhr Abends hatte sich ein sehr heftiger Sturm- wind erhoben, der die Wellen des Nils gewaltig ans Ufer peitschte; so daß sich die Barke, gleich- wie auf dem Meere, hin- und herschaukelte, was mich an die peinlichen Tage der Seereisen mahnte. Ich suchte mich dieser unangenehmen Erinnerung 108 durch die Lektüre im Werke des Trappisten Geramb zu entheben, dessen Pilgerreise nach dem heiligen Lande mich theilweise sehr angesprochen, doch eine Unzahl von Fliegen ließ mir selbst am späten Abend keine Ruhe. Die Fliegen des Nils find die zudringlichsten, die mir jemals vorgekommen sind. Man kann sich ihrer Frechheit kaum er- wehren. Scheucht man sie hundertmal weg, fo kommen sie tausendmal wieder. Beim Lesen oder Schreiben zumal brachten mich diese lästigen Thiere beinahe zur Verzweiflung. Ich möchte wiffen, wozu diese Plagegeister geschaffen worden find? Sie erinnern mich stets an die Zudring- lichkeit mancher Menschen, die man ebenfalls tausendmal hinweg jagt und die dennoch immer mit erneuerter Frechheit wiederkehren. Den 18. trug uns der noch immer heftige Wind mit Blitze schnelle von dannen. Der Nil schäumte, und vom Sturme aufgejagt, hüllte der Sand der nahen Wüste die Gegend von Zeit zu Zeit in gelblichte Schleier oder flogen uns feine feinen Körner in’s brennende Auge. Ungeachtet der bewegten Wogen ruderte ein Araber an unserer Barke vorüber, auf einem Fahrzeug von beson- derer Art sitzend. - Es war nämlich eine Art von ganz kleinem Floß von Schilf, gerade so breit, daß ein Mensch darauf sitzen kann, und unten mit Kürbißen versehen, damit es sich über dem Waffer erhalten konnte. Die armen Fischer bedienen sich auch ähnlicher Fahrzeuge. An diesem Tage fah ich auch einen Strich etlicher Tausend von Störchen. Ich habe in meinem ganzen Leben keine größere Anzahl von Vögeln auf Einmal gesehen, wie es hier der Fall war. Bei Sonnenuntergang fuhren wir an den Denkmälern von Ombos vorüber. Wir erblickten die herr- liche Tempel-Ruine, auf einem Hügel dicht am Nil gelegen und auf das vortheilhafteste von den letzten Strahlen der scheidenden Sonne er- leuchtet. Mit eingebrochener Dunkelheit hielten wir am Ufer an, wo wir nur noch sieben Stun- den von Es-Souan und der ersten Katarakte 110 entfernt, übernachteten. Am Morgen des 19. verriethen zahlreiche graulicht-schwärzlichte Felsen, die sich zu beiden Seiten am Ufer und im Fluße selbst über die Wafferfläche erheben, die Nähe der ersten Katarakte. … Diese dunkeln Klippen erinnerten mich in Etwas an die Felsenblöcke, wie man sie in den reißenden Wildbächen der Schweiz und Tirols wahrnehmen kann. Um eilf Uhr Mittags hatten wir Es-Souan erreicht. Der Anblick der Gegend ist, höchst eigenthümlich. Ich kann sie nicht deutlicher und treffender schill- dern, als wenn ich sage, fiel sieht aus, als wenn fie der Schöpfer zu ordnen - vergeffen hätte. Rechts und Links erheben sich gelb- und schwarz gezeichnete Sandberge, dazwischen liebliche Pal- men. Die Durchfahrt bis zum Landungs-Platze ist sehr schmal und gefährlich. Unser Pilote ver- wandte kein Auge. In mehreren Granitfelsen find zierliche Hieroglyphen eingehauen. Ueberreste von alten Gemäuern zeigen sich, hier und da zwischen Felsen. Der Anblick des Ganzen ge- 111 währt einen höchst abentheuerlichen Eindruck. Ich fühlte mich reichlich entschädigt für die vielen Stun- den, die ich bis jetzt schon auf der Nil-Reise zuge- bracht hatte. In Es-Souan wurde gelandet. Vor mir lag die schön bewachsene Insel Elephantine. Zur Rechten erhoben sich die Trümmer der alten Stadt. Des Entzückens, der höchsten Bewunde- rung voll, stieg ich an's Land. Hier müßen die größern Barken mit Kleinern vertauscht werden, um die Katarakte zu passieren, was nur Letztere im Stande sind. Es wurden daher mit Hülfe des sehr zuvorkommenden Gouverneurs - alle nöthigen Vorkehrungen zur Weiterreise getroffen. Unsere bisherigen Fahrzeuge sollten bis zu mei- ner Zurückkunft dahier liegen bleiben. Das Entbehrlichste sollte darauf zurückgelaffen werden, Zur größern Sicherheit wurden, einige Diener beordert, auf den Schiffen zu verbleiben, um das hinterlaffene Gepäck zu hüten. – Es-Souan selbst liegt am Abhang eines theils aus Sand, theils aus Granit-Felsen zusammen gesetzten 112 Berges und im Schatten eines der malerischesten Palmenhaine, die mir in Egypten vorgekommen sind. Man glaubt sich in Mitte der zierlichsten englischen Gartenanlage zu befinden, und doch ist Alles nur ein reines Werk der in diesem Lande verschwenderischen Natur. Wilde Tauben beleben die Aete der Bäume und schwingen und schaukeln sich auf ihnen, indeß das lustige Gezwitscher von tausend kleiner Vögel die schattigen Räume des Waldes durchschallt und die sich ängstlich ins Dickicht der Palmenblätter verbergen, sobald sich ein drohender Adler oder gieriger Geier in den hohen Lüften zeigt. Ich fand daselbst auch eini- ge Säulenreste eines alten Tempels, von dem sich aufferdem keine Spur mehr zeigt. Ihre Form ist schön. Als ich auf die Barke zurückkehrte, em- pfiengen mich die Schiffsleute mit dem einstimmi- gen Rufe: „Gott beschütze den Sultan auf seiner fernern Reise!“ Dieser philantropische Wunsch vereinigte jedoch einen kleinen Egoismus in sich, den Wunsch nämlich, Geld zu erhalten, um sich 113 während meiner Abwesenheit Tabak kaufen zu können, was dem Araber über Effen und Trin- ken geht. Ich gewährte, wie natürlich, ihre Bitte, wofür mir eine Art von Lebehoch zu Theil wurde. Ich ließ sie jedoch ermahnen, meine zu- rückgelassenen Diener in Betreff der Wachsamkeit zu unterstützen. Der Araber thut nichts umsonst. Für die kleinste Kleinigkeit streckt er die Hand nach Geld aus; man muß ihnen daher auch nur bedingnißweise Wohlthaten erweisen. Ich muß eines komischen Ereignißes erwähnen, das an diesem Tage vorfiel. Mein Arzt, Dr. Baier, hatte dem Rais oder Schiffskapitän der zweiten Barke ein Abführungsmittel verordnet. Kaum hatten es die übrigen Schiffsleute erfahren, als sie von- allen drei Barken zu ihm kamen, mit der Bitte, er möge ihnen ein Gleiches thun. Ein Jeder wollte durchaus purgirt feyn. Ich erwähne des- fen nur, um einen Beweis von dem kindischen Wesen dieses Volkes zu liefern. Indes bei uns in Deutschland der Arzt auf dem Lande seine lie- - 8 114 be Noth hat, bis er den kranken Landmann ZU dem Gebrauche der unschuldigten Medizin nöthigt, hatte Dr. Baier an der nubischen Grenze die größ- te Noth, feine purgierlustigen Araber, denen auch nicht das Mindeste fehlte, von der Unnöthigkeit ihres Wunsches zu überzeugen. Die Homöopa- thie würde in diesem Lande wenige Anhänger finden, desto mehr ihre Gegner, denen ich, so wie namentlich den Apothekern, hieher zu reisen rathe. Am 20. Morgens verließ ich Es-Souan und begab mich auf dem Landwege nach der Ka- tarakte. Das Gepäck folgte auf Kamelen nach. Der Weg führte zuerst durch die Ruinen der von den Türken zerstörten alten arabischen Stadt und durch die meist verfallenen Reste ihres Begräbniß- Platzes. Kaum hatten wir sie passiert, so verloren wir uns in einem chaotischen Labyrinthe dunkler Granitfelsen, deren ungeheuere Maffen in den abentheuerlichsten Formen übereinander gehäuft sind. Die gereizte Phantasie verleiht diesen Stein- blöcken mitunter das Aussehen riesenhafter Ge- 115 falten, ja, man glaubt bisweilen das koloffale Antlitz eines Menschen zu erblicken. Nach Ver- lauf einer Stunde befanden wir uns zunächst der eigentlichen Katarakte. Es ist dieß nämlich die felichte Stelle, wo sich der Nil an mehreren Orten brausend über die Felsenklippen stürzt. Seit dem Anblick des Kraters auf dem Vesuv hat mich keine Gegend so sehr durch ihre Eigen- thümlichkeit überrascht als diese. Gleich jener scheint auch hier eine furchtbare Zerstörung obgewaltet zu haben. Ich weilte auf einem Felsenblock nie- dergelassen, geraume Zeit im Amtaunen dieses höchst merkwürdigen und seltsamen Anblicks. In- dessen zogen die Schiffsleute die Barken über die Katarakte herauf, was nicht nur eine mühsame, sondern auch eine gefährliche Arbeit ist; denn es ereignet sich häufig, besonders wenn der Fluß hoch ist, daß die Schiffe an diesen Klippen zer- schellen. Ich hatte Gelegenheit, die Schwimm- Fertigkeit mehrer junger Araber zu bewundern, die mit außerordentlicher Kühnheit und Gewandt- 8 k 116 heit die Katarakte hinabschwammen. Sie schwim- men auf eine ganz eigene Weise, indem sie mit den Händen umherschlagen, den Kopf dabei hin- und herwerfend. Einige setzten sich auf ein dickes und langes, rundes Stück Holz, und ruderten sich mit den Händen fort. Wieder andere legten sich mit dem Bauche darauf. Diese Leute würden in Europa ihr Glück machen, wollten sie sich für Geld sehen laffen. Von hier aus begaben wir uns nach einem, eine kleine halbe Stunde entfern- ten Dörfchen, dem Landungsplatze hinter der Ka- tarakte, wo unsere Barken uns aufnehmen soll- ten, was jedoch noch mehrere Stunden währte. Heute waren es gerade zwei Monate, daß ich München verlaffen, und heute befand ich mich schon in dem fernen Nubien. - - - - Um die Zeit zu benützen, bis die Barken angelangt sein würden, ließ ich mich nach der, bloß eine Viertelstunde entfernten Insel Philä hinüber rudern. So klein die Insel selbst, so 117 - großartig hingegen ist der Anblick des majestäti- fchen Tempels, der sie beherrscht, so zierlich jener des Kleinern, der ihm zur Seite steht. Der Eindruck, den fein Anblick in mir hervorbrachte, läßt sich nicht beschreiben. Man staunt nur, wenn man diese stolzen Ueberreste betritt. Selbst die Farben haben sich noch an manchen Kapitälen der Säulen und an den Figuren frisch erhalten. Schade nur, daß an vielfachen Stellen der Van- dalismus der Menschen die Zerstörungswuth, der Zeit überboten hat. Mehrere der größern Figu- ren an der Außenseite sind förmlich absichtlich und mit Hülfe des Meißels heraus geschla- gen. Ich verweilte lange Zeit in Mitte dieser heiligen Räume, bis mich endlich die fürch- terliche Hitze zwang, meine Zuflucht unter dem Schatten einiger Palmen zu suchen. Doch schon brannte mich die Haut meines Gesichtes, als hätte ich sie mit dem schärfsten Meffer wund geschunden. Auch die Augen glühten mir in den Höhlen, was nicht eher nachließ, als bis ich sie 118 mit Waffer ausgewaschen hatte. Am Gestade der Insel wurde übernachtet. - - . . " - Den 21. fetzten wir die Reise fort. Die - Barken waren viel kleiner und das Innere so nieder, daß man nicht aufrecht stehen konnte. Auch bemerkte ich am Morgen einige hierogly- phische Spuren an meinen Armen, deren Be- deutung ich leider alsbald entziffert hatte. Kaum hatten wir einige Stunden zurückgelegt, als meine Barke schon an's Land stieß, indem das Waffer durch mehrere Löcher eindrang, die der Rais ganz übersehen hatte, der sonst, wie auch feine Untergebenen, ein stiller und gutmüthiger Mann war. Die Nubier sind viel verläßiger und gesetzter als die Araber. Man hört nicht das ewige Geschrei und Gezänke, wie es bei den arabischen Schiffsleuten der Fall war. Ein Hauptzug des nubischen Charakters ist, daß sie sich des Diebstahls enthalten, fo daß wir des Nachts unbesorgt ruhen konnten. Die Kleidung 1,19 des gemeinen Mannes besteht in einem weißen Hemd, viele gehen auch ganz nackt. Als Waffe tragen sie sehr häufig eine kleine, spießartige Lanze und einen runden, mit einer Spitze ver- sehenen Schild aus Giraffenhaut, mit dem sie sehr geschickt jeden Steinwurf parieren. Am Arme hängt ein dolchartiges Meffer. Die Wei- aber unterscheiden sich wenig von den Araberin- nen, blos, daß sie noch häufiger als Jene Ringe in der Nase tragen. Des Rubiers Hautfarbe ist beinahe ganz schwarz. Die Form ihrer Ge- sichtszüge, namentlich ihre schwächlichere Bauart, nähert sich schon dem Reger-Geschlecht. Der Nil ist auf dieser Seite bedeutend schmaler. Die Berge, meist aus dunklem Granit bestehend, sind auch in ihrer Form ganz von den arabischen verschieden und verleihen der Gegend einen - höchst schwermüthigen Ausdruck. Dazwischen liegt ein fast orangen-gelber, seiner Sand zwischen den Schluchten aufgehäuft, gleichwie bei uns im Hochgebirge der Schnee. Eine Menge kleinerer 120 und größerer Tempel zeigen sich von Zeit zu Zeit am Ufer. Der Dörfer sind weniger als in Egypten. Auch sind sie noch kleiner und armseliger als die egyptischen. Ich besah das Innere eines folchen Dorfes so wie auch das eines sogenannten Hauses, das mehr einem schmutzigen Backofen, als einer Wohnung glich. Und in solch’ einem engen Raume liegt eine ganze Familie auf Einander gehäuft. Bei unserm Erscheinen näherten sie sich und begafften uns mit großer Neugierde. Die Weiber bezeugten anfangs Furcht; denn so oft Einer der Unfrigen sich ihnen näherte, entfernten sie sich mit ängst- licher Haft, bis ihnen die Männer Muth zu- sprachen. Die Nacht dieses Tages brachten wir in der Nähe des Tempels von Meroe zu, den ich zu besichtigen, gerade noch Zeit hatte, da eben die Sonne untergegangen war. Die Ueber- reste sind nicht groß. Die Zeichnungen an den Wänden noch ziemlich gut erhalten. Wir be- fanden uns gerade am Wendekreise des Krebses, 121 Hier, sagt der Nubier, ey die halbe Welt. Die Nacht, welche ich hier zubrachte, wird mir, das Merkwürdige der Sache abgerechnet, gerade unter dem Wendekreis sich zu befinden, ewig unvergeßlich bleiben. Der geduldige Hiob kann unmöglich mehr ausgestanden haben, als ich in meiner engen, niedern Kajüte, die ganze Nacht vor Hitze kein Auge zuthuend und dabei halb aufgezehrt vom verschiedenartigsten Ungeziefer, deffen es eine Menge gab. Selbst ein großer Wurm fand sich in einer der Krawatten vor, Zum größten Glück beschränkten sich die Ratten auf meiner Barke nur auf den untern Raum, was bei den beiden Andern nicht der Fall war. Den 22. hatte ich Gelegenheit, eine Sonder- bare Scene zu beobachten, die sich am Ufer zutrug. Es lag nämlich daselbst ein armer schwarzer Eifel angebunden, auf defen wundem Rücken ein großer weißer Geier saß und ihm unaufhörlich in das offene Fleisch pickte. Ob- 122 gleich der Esel den Kopf nach ihm drehte und schüttelte, ließ sich dem ungeachtet der freche Vogel nicht irre machen. Auch unsere Nähe schien ihn nicht im Geringsten zu bekümmern, In der Nacht erhob sich ein heftiger Sturmwind mit einigen Tropfen Regen verbunden, was dahier eine aufferordentliche - Seltenheit ist, sich aber seit meiner Abreise von Kairo nun schon zum Drittenmale ereignete. Den 23. und 24. fiel nichts Bemerkenswerthes vor, auch blieb die Gegend ihrem bisher geschilderten Charakter ziem- lich getreu. Ich weiß von diesen beiden Tagen nichts weiter zu sagen, als daß wir an. Jedem kaum sechs Stunden machten, da unglücklicher- weise in Folge einer starken langwierigen Krüm- mung des Nils, gezogen werden mußte und da unsere jetzigen Barken nicht dem Vizekönig ge- hörten, daher auch mit wenigen Leuten bemannt waren, so wetteiferten wir an Langsamkeit mit der Schnecke, was meine ohnehin nur sehr ge- ringe Dosis von Geduld in nicht, geringem 123 Maaße in Anspruch nahm, wozu noch kam, daß ich mir alle Augenblicke den Kopf an Thüre oder Decke der niedern Kajüte stieß, was mora- lisch wie physisch zu den Haupt- Unannehmlich- keiten des Lebens gehört, es mag nun an den vergoldeten Wänden des Palastes oder an der rusigen Holzwand einer armseligen Nilbarke der Fall feyn. In diesen Tagen der Langeweile lernte ich mehr als jemals den geistreichen Ex- finder des Tabakrauchens schätzen, mit Hülfe sdeffen Rauchs man die Furie, Langeweile ge- nannt, zum Theil wenigstens, von sich abhalten kann. Ich ziehe diese Art von Dampfmaschine allen übrigen vor, welche, streng genommen, doch nur das sichere Mittel sind, auf Kosten eines einzigen Standes viele Menschen brodlos zu machen. In Folge der übergroßen Anstrengung, verbunden mit furchtbarer Hitze, unterlagen fast am 25. unsere armen Schiffsleute. Der alte Mustapha, der mir vom Vizekönig beigegebene Kawas, begab sich sofort an's Land, um mehr 12 Leute zum Ziehen herbei zu holen, was ihm nach langem fruchtlosem Streiten und Drohen endlich vermöge der Schläge gelang, die er mit einer Art von Grazie erheilte, wovon ich schon mehrmals Zeuge war. Wenige Minuten darauf hörten wir sie schon fingen. Die Prügel scheinen hier entgegengesetzt zu wirken und die Geprügel- ten willfährig und fröhlich zu stimmen. Wer weiß, ob die Herren Aerzte aus diesem angege- benen Mittel nicht eine neue Heilmethode gegen die Hypochondrie in Anwendung bringen könn- ten? – Besagter Mustapha war übrigens ein guter alter Türke, voller Aufmerksamkeit im Dienste, des Tags wenigstens eine fünfzehn Taffen Kaffee schlürfend und keinen Augenblick die geliebte Pfeife aus dem Munde laffend, wobei er immer fehnsüchtig nach der Kochbarke zurückblickte, die jeden Abend feinen Diensteifer von Neuem stärkte und wobei er immer mit höchstem Entzücken „Mangaria ! Mangaria!“ rief. Er begleitete Ibrahim - Pascha bei seinem 125 letzten Zuge nach Griechenland und erzählte uns Mehreres von den Ereignißen bei der See- schlacht von Navarin. Mehemed-Ali hatte ihn feinem Sohne eigens beigegeben, damit er defen Tollkühnheit im Zaume halten sollte. Ich habe alle Ursache, seine Aufmerksamkeit und Treue zu rühmen. Den 25. setzten wir die langwierige Fahrt fort, wobei abermals wegen gänzlicher Windstille gezogen werden mußte, was meine Geduld auf die härteste Probe stellte. Nur das mächtigere Gefühl von Wißbegierde siegte endlich. Die Hitze wurde zudem mit jedem Tage heftiger, auch stellte sie sich seit einigen Tagen frühzeitiger ein, so daß ich mein Leben im wahren Sinne des Worts im Schweiß meines Angesichts zu- brachte. Am Nachmittag fuhren wir ganz dicht an dem hohen Felsen von Ibrim vorüber, auf dessen höchstem Gipfel die Ruinen des alten Kastells gleichen Namens sich befinden. Unsere Schiffleute mußten ziehend an den glatten Felsen fortklimmen. Mehrere fielen ins Waffer herab, 126 ohne sich jedoch bedeutenden Schaden zuzufügen. Unmittelbar darneben befinden sich in den Felsen durchgehauene Eingänge, und wir konnten im Vor- überfahren deutlich einige Malereien und bunte Verzierungen an dem inneren Gemäuer entdecken. Am Abende landeten wir in der Nähe eines Dorfes, dem ansehnlichsten und reinlichsten, das ich bisher gesehen. Es befand sich daselbst sogar ein kleiner Minaret, weiß und roth gestreift, der sich zwischen den herrlichsten Palmen und sonstigem üppigem" Gesträuche, ganz freundlich ausnahm. Eine Menge häßlicher Weiber mit ihren kurzen aber mit Fett beschmierten dicken Haaren, die gleich Jenen der Sklavinnen zu Kairo, wie Makaroni- Nudeln herab fielen, saßen im Halbkreis unter den Bäumen und spannen, indeß. Einige davon zugleich ihre Kinder säugten, die mehr dem Affen- als dem Menschengeschlecht anzugehören schienen. Ich schoß dahier mehrere hellgrüne Vögel, Merops (Bienenfreffer), deren langer dünner Schnabel dem unserer Spechte ähnlich sieht. In dem Neste, das ", 127 mir auf Verlangen ein junger Nubier vom Baume herabnahm, fand ich zwei ganz kleine grau-braune, mit kleinen schwarzen Fleckchen besäete Eier. Ich bedauerte mehr als jemals ein so schlechter Naturforscher zu seyn; denn gewiß ist für den Reisenden das Studium der Naturgeschichte Eins der nützlichsten. Auch gelobte ich mir an diesem Abende, sogleich nach meiner Rückkehr in die Heimath die Güte des erfahrenen und gelehrten Hofraths Schubert abermals in Anspruch zu nehmen, der mir schon kurz vor meiner Abreise so mannigfachen wohlmeinenden Rath und Auf schluß ertheilt hatte, da er ebenfalls erst wenige Monate früher von eben derselben Reise zurück- gekehrt war, mit Ausnahme der Reise nach der zweiten Katarakte. Die, wie gewöhnlich, über- große Schwüle in meiner sogenannten Kajüte ließ mich lange nicht zum Schlummer gelangen. Auch die Lektüre im „Semilasso in Afrika“ die ich, gegenwärtig selbst in Afrika, mit doppeltem Interesse las, mußte sich des unerträglichen 123 Transpirierens halber beseitigen, und es blieb mehrere Stunden lang nichts anderes übrig, als ruhig auf dem Rücken liegend, dem Treiben einer großen weiß-gelben Spinne zuzusehen, die sich jeden Abend regelmäßig an der niedern Decke meines Käfichs blicken ließ. Obgleich ich gegen diese guten Thiere - einen absonderlichen Abscheu hege, so huldigte ich doch beim Anblicke meiner regelmäßigen Besucherin dem allgemein verbreiteten Aberglauben, mir fchmeichelnd, darin eine günstige Vorbedeutung für den glücklichen Verlauf der Reise zu finden. Noch lange weilte ich schlaflos, von den verschiedenartigsten Ge- danken und Erinnerungen umschwirrt, auf mei- nem Lager, das täglich härter zu werden begann, bis ich endlich entschlief und mich der Gott der Träume umfing. - Als ich erwachte, strahlte der Morgenstern in meine kleine Kammer, und schien mir traulich entgegen zu winken, in einer Strahlen-Fülle 129 und Größe wie ich ihn in Europa noch niemals leuchten gesehen. Es war um 4 Uhr Morgens des 26. März. Mit Schrecken gewahrte ich, daß abermals gezogen werden mußte; allein nach Verlauf einer Stunde erhob sich plötzlich günstiger Wind, so daß wir gegen 6 Uhr Abends die beiden Felsentempel von Ibsambul erreichten, welche sich wenige hundert Schritte vom Ufer erheben, wo wir übernachteten. Niemals hat mich ein Anblick mehr überrascht als diese beiden Tempel, besonders der Größere mit feinen davor sitzenden Riesengestalten. Lange verweilte ich in stummer Betrachtung dieses großartigen Denk- mals menschlicher Thatkraft und fühlte mich in diesem heiligen Augenblicke zehnfach entschädigt für so manche lange Stunde der Reise. Ibsam- bul allein lohnt die Mühen der Fahrt. Nach- dem ich die längste Zeit im Anschauen dieses Riesenwerkes versunken dagestanden, betrat ich die innern Räume, deren nähere Beschreibung ich mir für den Rückweg aufspare; denn schon 9 130 brach die Nacht herein, ihren fernbesäeten dun- keln Teppich über die Gegend breitend, und hieß mich nach der nahen Barke zurückkehren. Doch meine aufgeregte Phantasie war noch immer mit dem Anblick des majestätischen Mo- numentes beschäftigt, und ich fühlte jetzt erst recht lebhaft, ich erkannte von heute an erst so ganz, was der Mensch zu leisten und zu schaf- fen vermag, wenn ihn Religion, Ruhmsucht und eiserne Willenskraft beseelen. Natürlich müßen ihm auch die dazu nöthigen Hülfsmittel zu Ge- bote stehen, wie es dazumal der Fall war. Des Nachts vernahmen unser alter Mustapha und die Mehrzahl der Schiffsleute ein seltsames Getöse im Innern des großen Tempels. Es klang bisweilen, fagten fiel uns, als hätten sich große Steine von der Decke losgeriffen. Der Aberglaube dieser Leute schrieb es dem Teufel zu. Sogar Mustapha stimmte dieser Behaup- tung bei, er sagte auch am andern Morgen, daß er seine Flinte in Bereitschaft gerichtet hätte 131 und fähien eben nicht sehr erfreut, als ich ihm ankündigte, daß, sobald ich auf dem Rückweg hier die Nacht wieder zubrächte, ich die Ursache dieses gespenstigen Lärms genauer untersuchen wollte. Und nun erzählten sie mir eine Menge von Teufelsgeschichten, daß ich zuletzt vor Lachen fast selbst des Teufels geworden wäre. "Daß Mehemed-Ali den Aberglauben seines Volks nicht theilt, beweist folgende Anekdote, die sich in den ersten Jahren feiner Regierung zutrug. In Egypten erregte dazumal ein junges Mädchen großes Aufsehen. Sie war eine Art von Bauch- rednerin, und gab vor, daß sie mit Gott und dem Propheten sprechen könne. Wohlweislich geschah dies stets nur in einem finstern Gemach. Der Vizekönig vernahm dies, und theils besor- gend, es könnten Unruhen oder Exzeffe daraus entstehen, theils vielleicht auch von Neugierde ge- trieben befahl er, sie zu ihm zu bringen. Und sie an der Hand festhaltend, gebot er ihr, ihre über- irdischen Gespräche und Prophezeihungen zu be- 9 k 132 ginnen. Doch das zitternde Mädchen war nicht im Stande, auch nur eine Sylbe hervorzubringen. Da zog er seinen Säbel, trennte ihr das Haupt vom Rumpfe und sagte spöttisch zu den Um- stehenden: „Da habt ihr eure Prophetin.“ – Das Prophezeihen soll seitdem in Egypten aus der Mode gekommen feyn. Vielleicht wäre er mit. Einer unserer europäischen magnetisierten Schläferinnen nicht so streng verfahren, um so weniger, da es, in M. soll es wenigstens der Fall gewesen seyn, meist blos junge hübsche Personen sind, die sich zu dieser räthfelhaften Operation eignen. Ebenso gefährlich als das Wahrsagen fallen in diesem Lande bisweilen die Liebes-Abenteuer aus. Hierzu diene folgendes Beispiel, das für den Helden der Begebenheit ohne Zweifel allzu romantisch ausfiel. Ein jun- ger Grieche, vor Kurzem erst in Kairo ange- langt, lustwandelte eines Tages in den schönen Garten-Anlagen unterhalb der Fenster des Palla- fes, den die Witwe des grausamen D–r be- wohnte. Die als sehr begehrlich bekannte vor- nehme Dame mußte ihn von ihrem vergitterten Fenster aus beobachtet und fein vortheilhaftes Aeußere ihr wohlgefallen haben, denn alsbald näherte sich dem Spaziergänger ein Diener, der ihn, unter dem Vorwande, ein vornehmer Herr wolle ihn sprechen, zu folgen bat. Der forg- lose Grieche that's und ist seitdem nicht mehr gesehen worden. Ohne Zweifel wurde er später bei Seite geschafft, was um so trauriger ist, da diese hohe Dame eher häßlich als schön feyn soll. Den 27. fuhren wir bei guter Zeit und vom besten Wind begünstigt weiter, der sich gegen Mittag zum kleinen Sturm gestaltete, so daß die Barke, wie es auf dem Nil fehr häufig geschieht, hin und her geworfen wurde und manchmal dergestalt auf der Seite lag, daß das Waffer bis an den Rand stieg und man sich kaum mehr auf den Füßen erhalten konnte. So sehr ich die Gesellschaft fchöner Frauenzimmer liebe, so gestehe ich doch, sehr froh gewesen zu feyn, daß sich 13 Keines mit uns auf der Barke befand. Wir hätten uns von ihren Schreckens- und Ohnmachtsscenen nicht mehr zu retten gewußt. Ich schätze den Muth einer Frau - weit mehr noch als beim Manne, der ihn, ich möchte sagen, pflichtschuldigt fchon von Geburt aus besitzen sollte, obgleich mir leider schon mehrere Exemplare des Gegen- theils vorgekommen sind. Nachmittags erreichten wir Wady-Halfa, von wo aus noch 2 Stunden bis zur zweiten Katarakte find. Leider mußten wir den Rest des Tages unthätig verweilen, da erst um Thiere geschickt werden mußte, die uns am folgenden Morgen zu Lande nach der Katarakte bringen sollten, da mit unsern Barken nicht mehr hingerudert werden konnte. Ver- drüßlich schlenderte ich im nahen Dorfe umher und ließ mir durch meine Vernunft Geduld predigen, eine schwere Aufgabe für einen Mann, der noch nicht ganz dreißig zählt und der über- dieß von Jugend an gewöhnt, oder beffer ver- wöhnt ist, daß ihm auf den ersten Wink. Alles 135 zu Gebot steht. Bei meinem Erscheinen liefen Weiber und Kinder mit lautem Zetergeschrei davon, was meine Eitelkeit in unserm europäi- schen Welttheil nicht wenig gekränkt hätte, wo die Weiber, jedoch, Gott sei Dank, beim Ex- scheinen eines Mannes gerade das Gegentheil zu thun pflegen. Sie hatten sich aber bald beruhigt und kehrten neugierig auf ihren frühern Platz zurück. Der größte Beweis ihres Zutrauens war mir, daß sie alsbald die Hände nach Geld ausstreckten. Das Dorf wird von stattlichen Palmen beschattet. Ich fah eine herrliche Gruppe dieser Bäume. Sie bestand aus achtzehn schlan- ken Stämmen, die Alle aus. Einer Wurzel empor geschossen waren. Die Hauptmerkwürdig- keit dieses Orts ist eine Art von Festung, die aus Lehm aufgebaut ist. Sie ist für 1000 Mann Infanterie groß genug. Die Baukosten betru- gen die enorme Summe von 200 Thalern. Ich bin fest überzeugt, unsere Deputierten würden mit Freuden zu ähnlichen Festungsbauten ihre 136 Zustimmung ertheilen, ohne mit vielen Debatten die kostbare Zeit zu vergeuden. Den 28. begab ich mich bei guter Zeit zu Esel auf den Weg nach der Katarakte; ich erreichte sie nach einem Marsch von gerade zwei Stunden. Sie ist zwar bei Weitem länger und breiter als die Erste; doch muß ich offen bekennen, daß ich mir mehr erwartet hatte. Es fehlt ihr ganz das Romantisch- Pittoreske der Erstern, doch wird es mich nie gereuen, auch noch diese wenigen Stunden eines mühevollen Rittes (denn der hölzerne Sattel meines erbärmlichen Thieres war um Vieles zu kurz) beharrlich überstanden zu haben. Und somit hatte ich das fernste Ziel meiner Reise glücklich erreicht, und konnte nicht umhin, meinen Namen in einen mächtigen Sandstein-Felsen ein- zuschreiben, der sich oberhalb der Katarakte be- findet und von dem aus man die beste Uebersicht genießt. Ich schmeichle mir, meines Wissens wenigstens, der erste europäische Prinz (näm- lich als naher Verwandter eines königlichen Hau- 137 fes) zu feyn, der bis hieher gelangt und somit das Land Dongola betreten hat. Nachmittags trat ich die Rückreise an, deren vorzüglichster Zweck die genauere Besichtigung der Monumente feyn sollte. - - - - - Den 29, eine kurze Strecke ehe ich Ibsam- bul erreicht hatte, besah ich, dicht am Nil in das Innere eines Felsens gehauen, worein ein schma- ler Eingang führt, den kleinen Tempel von Abahuda oder das Grab der Märtyrer genannt, den man, über nackte Felsen hin, mühsam erklet- tern muß. Er besteht aus einem größern Ge- mach von vier Säulen getragen, und drei kleinen Seitenkammern. An der Decke des Größern finden sich zwei christliche Figuren, Heilige dar- stellend und noch ziemlich gut erhalten. An den Wänden laffen sich noch die ältern egyptischen Malereien erkennen, welche von den spätern Christen in Bischöfe mit ihren Mützen ac. c. 133 umgewandelt worden sind. Bald darauf erreichte ich das imposante Ibsambul. Ich hatte eine wahre Sehnsucht empfunden, dieses Heiligthum nochmals zu betreten. Die Fassade des großen Tempels schmücken vier ungeheuere Koloffe, in fitzender Stellung, die sich Einander ganz ähnlich fehen und alle Vier Rhames den Großen dar- stellen. Sie messen 61 Fuß in der Höhe. Tritt man in den ersten und geräumigsten, der Säle, fo erblickt man acht kolossale Caryatiden, welche die Decke stützen. Jede dieser Statuen hat 30 Fuß Höhe und stellt abermals Rhames den Großen vor. Im Ganzen stößt man auf 16 Gemächer. Eine Art von Sanktuarium macht den Schluß, worin sich vier sehr schöne sitzende Statuen über Lebensgröße vorfinden. Sie stel- len Ammon-Rah, Phré, Phtah und Rhames den Großen dar. Viele der einzelnen Figuren fowohl als auch ganze Gruppierungen sind noch gut erhalten, so daß an den meisten Stellen - 189 sich sogar die Farben und goldnen Verzierungen der Gewänder noch deutlich erkennen laffen. Der kleinere Tempel, ebenfalls im Felsen und nur wenige Schritte vom Großen entfernt, ist in seiner Art gleich sehenswerth. Das erste und umfangreichste Gemach wird von sechs nicht allzu hohen aber breiten viereckigen Säulen getragen, nach Außen mit zahlreichen Hieroglyphen, nach den innern Seiten mit Figuren bedeckt. In der Tiefe, dem Eingang gegenüber, sind noch 2 kleinere Gemächer. Das Mittlere derselben hat zu beiden Seiten noch 2 kleine Seitenfam- mern, in Allem 5 Gemächer. Beide Tempel nebst den Fassaden und ihren riesenmäßigen Statuen sind aus dem nämlichen Bestandtheit wie der Bergrücken, in welchen sie gehauen sind, nämlich aus Sandstein. Die etwas einförmige, fandige Gegend mit ihren kahlen Bergen, die sich in kleiner Entfernung längs des Nils hin- ziehen, erhöht den ernsten und Ehrfurcht gebie- tenden Eindruck, von dem man sich beim ersten 140 Anschauen dieses riesigen Denkmals einer an Ent- würfen und in der Ausführung derselben unerreich- baren Vorzeit durchdrungen fühlt. Nie wird die heilige Erinnerung an Ibsambul meinem Geiste entschwinden. Den 30. besah ich zwei der in den Berg gehauenen Gemächer unterhalb Ibrim. Die zwei höher liegenden schenkte ich mir; denn ich hätte mich an einem Seil hinaufschwingen müßen. Zudem war der letzte Stein, den ich hätte betre- ten müßen, schon locker worden, auch verlor ich, wie mich Dr. Baier, der sich hinaufgeschwungen hatte, versicherte, nicht viel daran, wie überhaupt das Ganze nicht viel Intereffe darbietet. Den 31. in aller Frühe besichtigte ich den Tempel von Derr. Er ist in einen Felsenhügel gehauen und befindet sich dicht hinter der klei- nen Stadt, zunächst ihres Friedhofes. Die äus- fere Ansicht ist wenig überraschend; desto mehr das Innere. Zuerst betritt man einen ziemlich geräumigen Saal, in welchem sich sechs breite 141 viereckige, nach oben etwas dünner auslaufende Säulen erheben. Diesem folgt in gerader Rich- tung noch ein Kleinerer und zu beiden Seiten deffelben noch zwei ganz kleine Kammern, in Al- lem vier Gemächer. Hieroglyphen und Gruppi- rungen sind größtentheils noch gut erhalten. Se- fotris widmete diesen Tempel dem höchsten Gott Ammon-Ra und dem Sonnengeist Rha-mses, dem Schutzpatron des Siegers und seiner gesamm- ten Linie. Derr ist oder soll vielmehr die Haupt- stadt Nubiens sein. Das schönste an diesem arm- feligen Flecken sind die herrlichen Palmen und einige breitätige Sikkomoren, welche sich über die baufälligen, meist aus Erde aufgehäuften Hütten, erheben. Wenige Stunden hierauf erreichten wir den Tempel von Amada, der auf der Höhe des Ufers, wenige hundert Schritte vom Nil und am Beginne der Wüste gelegen ist. Im ersten Augenblicke, als ich feiner ansichtig wurde, erwar- tete ich mir nicht den reichlichen Genuß, der mir bei genauerer Betrachtung dieses erhabenen Mo- 112 numentes zu Theil wurde, was daher kommen mochte, da dieser Tempel größtentheils im Sande verschüttet ist. Im Innern der zahlreichen Ge- mächer finden sich eine Menge von Hieroglyphen und gut erhaltene und korrekte Zeichnungen, wel- che, obgleich in kleinerm Maßstab, Jene von Ibsambul übertreffen. Er ist von Thoutmosis III., erbaut und feine, in die beste Epoche der egypti- schen Kunst fallende Skulptur, ist den Ueberre- sten von Derr weit vorzuziehen. Der König starb während des Baues, fein Nachfolger Ame- nophis II. setzte jedoch das begonnene Werk fort. Er ließ die vier Säle zur Rechten und Linken des Sanktuariums, so wie einen Theil der vor demselben befindlichen, ausbauen. Deffen Nach- folger Thoutmosis IV. vollendete das Ganze. Ich vermochte mich lange nicht zu trennen, fo freudig überrascht hatte mich dieser herrliche Tem- pel. Dazu gesellte sich nun noch der Anblick der schönen Gegend, deren Horizont von schön geformten Gebirgen umgrenzt ist - und die mich 143 an einige Punkte der Schweiz mahnte. Nur mühsam trennte ich mich von diesem Platze, der mir füße Erinnerungen an die Heimath erweckte, die nur das Herz empfinden, die todte Feder nicht zu schreiben vermag. - - Den 1. April. Morgens besah ich den Tem- pel von Sebua, auch das Thal der Löwen ge- nannt, von den Sphinxen, die sich theilweise da- vor befinden. Auch einige aufrecht stehende Bild- fäulen sieht man noch. Mehrere liegen, so wie der hintere Theil des Tempels selbst, größten- theils im Sande verschüttet. Die Steine des Gemäuers find voller Riffe, man sieht, daß das Gebäude ziemlich nachläßig gearbeitet worden, und Eins der schlechteren Werke aus der Zeit Rham- fes des Großen war. Es war dem Gott Phre und Phta geweiht. Ich fand außer den Sphinxen und Statuen nichts Interessantes daran. Gegen Abend besah ich den Tempel von Meharrakah, an welchem ich vierzehn schöne Säulen erblickte. 14 Er wurde später zu einer kophtischen Kirche be- nützt, jetzt ist er theils verfallen, theils nahe da- ran. Von Inschriften oder Zeichnungen fand ich im Tempel selbst keine Spur. Nur an einem etwas seitwärts darneben stehenden, einzelnen Mauerstücke bemerkte ich eine weibliche Gestalt und die eines Knaben davor. Der zierlich gear- beiteten Umriffe zufolge hielt ich es für entwe- der griechische oder römische Arbeit. Auch stieß ich auf. Einen der verschütteten Blöcke, der eine griechische Inschrift trug. Champollion erwähnt dieses Tempels nur leicht hin, ja ich möchte fagen, fast mit Geringschätzung, was daher kom- men mag, weil er gänzlich der Hieroglyphen ermangelt. Ich meines Theils kehrte zufrieden nach meiner Barke zurück. Noch muß ich des seltsamen Sonnenunterganges erwähnen, der am heutigen wie auch am gestrigen Abend statt hat- te. Die Sonne gieng nämlich, ihrer Strah- len beraubt, ganz in Form des Mondes unter, so daß ich, ohne davon geblendet zu werden, 145 lange in sie blicken konnte. Entweder war dies Wirkung von Dünsten oder des Staubes der nahen Wüste. Die Hitze war an diesem Ta- gefurchtbar. Zudem hatte der glühende Kam- fin einige Stunden geweht, der mich völlig er- schlaffte und mir den Schweiß von der Stir- ne tröpfeln machte. Den folgenden Morgen be- fuchte ich den schönen und ziemlich großartigen Tempel von Dakkeh, dessen Aeußeres sowohl als die zierlichen Hieroglyphen im Innern mir aus- nehmend gefielen. Sie sind mit besonderem Flei- ße gearbeitet. Der heftige Nordwind zwang uns, bis am folgenden Morgen unthätig liegen zu blei- ben, was uns Alle der Verzweiflung nahe brachte, denn bei Allen regte sich der Wunsch, sobald als möglich wieder Kairo zu erreichen. Den 3. wur- de gelandet, um den Tempel von Girsche-hussan zu besuchen. Die Schiffsleute, unter dem Vor- wande, sie könnten der Sandbänke wegen nicht weiter voran rudern, hielten zu weit entfernt an, so daß ich in der ärgsten Mittagshitze fast eine - 10 146 Stunde im Sand hätte hinwaden müßen. Ich sah ihn daher nur im Vorüberlegeln, was mich sehr reute, als ich die Zeichnung von ihm fah, welche mein Kabinetsmaler Herr von Maier, ent- worfen hatte. Er ist theilweise in Felsen gehauen. Am Abende besichtigte ich nochmals den Tempel von Meroe. Den 4. April, nach hartnäckigem Kampf gegen den noch immer heftig wehenden Nordwind, landete ich zunächst des Tempels von Kalabschi. Zuerst begab ich mich nach dem, nur wenige Schritte von ihm entfernten, kleinen Tempel von Bet-Oilally, der im Felsen gelegen ist. Er zählt zwei niedere Gemächer, wovon das erstere das größere ist und von zwei starken nicht hohen Säulen getragen wird, den Form schön ist. Außer den Gemälden fah ich zwei Nischen in der Wand; in Jeder fand ich drei kleine sitzende Figuren von Stein. Das zweite Gemach ist noch viel kleiner. Im Hintergrund befindet sich ebenfalls eine Nische, aber leer. Auch hier sind Gemälde, jedoch ziemlich undeut- 147 lich. Ueberall herrscht wildeste Zerstörung. Von hier begab ich mich nach den stattlichen Ruinen von Kalabschi. Der Weg führte mich an dem alten Steinbruch vorüber, aus dessen Maffen die- fer herrliche Tempel einst erbaut wurde. Tritt man durch das Thor in den ersten Raum, so erblickt das freudig überraschte Auge sieben herr- liche Säulen. Mit Mühe arbeitet man sich über ungeheure Steinblöcke und Schutt nach den vier anderen aber kleineren Gemächern, deren Wände mit unzähligen Hieroglyphen und andern Zeich- nungen befäet sind. Besonders die schönen Ge- mälde der zwei Letztern zeichnen sich durch die außerordentliche Lebhaftigkeit ihrer Farben aus. Die vorherrschenden darin find ein herrliches Blau und Violet. Es freute mich, Champollions Aussage abermals bestätigt zu sehen. Zwischen diesen großartigen Ueberresten glänzender Vorzeit stößt man auf einige elende erdene Hütten der Nubier, die ein trauriges Bild der Gegenwart darbieten und noch weit entfernt sind zu ahnen, um 10 143 wie viel glorreicher der damalige Zustand ihrer Vorältern gewesen als der jetzige, in dem fie, ihre Nachkommen, sich befinden, welche größten- theils nackt auf dem glühenden Sand umher lau- fen und den Bettel der Thätigkeit vorziehen. Im Herabsteigen vom Tempel fah ich einen Augenblick dem Dreschen einiger Weiber zu, das sie auf höchst einfache Art bewerkstelligten, indem sie mit Palmenstöcken auf das eben erst geschnit- tene Korn schlugen. In dieser Gegend wird auch die Farbe, Heneh genannt, zubereitet, womit sich die Morgenländer ihre Nägel an Händen und Füßen röthlich-gelb färben. Kaum waren wir einige Zeit gefahren, so erhob sich neuerdings der widrige Nordwind, und zwar mit solcher Gewalt, daß die plumpe Barke gezogen werden mußte, was bei den steilen Klippen, die sich am Ufer und im Fluße selbst erheben, sehr mühsam war und das Schiff hätte beschädigen können. Zuletzt, als wir uns ganz in Mitte steiler Gra- mitfelsen befanden, konnte auch nicht mehr gez0- * - - 19 gen werden und wir mußten abermals die läng- ste Zeit auf günstigen Wind oder doch wenigstens auf Windstille harren, was uns gerade nicht in die heiterste Laune versetzte. Ueberdieß gingen uns allmählig die Lebensmittel aus, und was das Schlimmste war, das Brod, was in Nu- bien, für uns Europäer wenigstens, kaum ge- nießbar ist; denn es wird der ungesalzene Teig blos auf eine dünne Platte von Eisenblech, die über ein schwaches Feuer aus grünen Reitern gestellt wird, gelegt und so lange darauf gelas- fen, bis er braun zu werden anfängt. Vor- her wird die Platte mit Oel bestrichen, damit der Teig nicht zu sehr anklebe. Man kann sich leicht vorstellen, daß diese einfache Art das Brod zu backen, gerade nicht das schmackhafteste Ex- zeugniß liefere. An diesem Abend, wo unsere Geduld auf eine so harte Probe gestellt wurde, erblickten einige der Herren ein Meteor, das sich vom rechten nach dem linken Ufer des Nils 'her- absenkte, gleichsam um uns für die fürchterlich 150 langen Stunden zu entschädigen. Leider fah ich's nicht, da ich gerade an meinem Tagebuch fchrieb. Nachdem sich um zwei Uhr Morgens der Wind gelegt hatte, erreichten wir nach einigen Stunden den Tempel von Deboud. Er ist größtentheils zerfallen; doch stehen noch einige Mauern mit schönen Säulen aufrecht, deren Form mich im kleinern Maßstab an Jene von Kalabschi erin- nerte. An der einen Seite entdeckte ich eine noch ziemlich erhaltene Treppe; auch stieß ich auf einen zertrümmerten Sarkophag aus-röthli- chem Granit. Am Nachmittag erhob sich ein sehr heftiger Sturm, der die Wellen dergestalt peitsch- te, das ich mich auf einem kleinen Meere zu be- finden glaubte. Obgleich sechzehn Menschen theils zogen, theils ruderten, erreichten wir dennoch erst nach Sonnen-Untergang und nur mit größter Mühe die Insel Philae, deren herrlicher Anblick mich neuerdings entzückte. Der lieblichste Mon- denschein übergoß mit seinem Silberlicht die Gi- pfel der Tempel und ihrer stattlichen Säulen, 151 über welche sich die dunkeln und zackigen Häup- ter der nahen Berge phantastisch erhoben und schwermüthig zu den zahllosen Sternen empor blickten. Bevor wir uns zur Ruhe begaben, verzehrten wir noch den letzten Ueberrest unserer Lebensmittel, bestehend in einem zähen kalten Huhn, das ohne Brod oder Zwieback verzehrt werden mußte, da Beides längst ausgegangen war. Ich überzeugte mich, daß man bei einem spärlichen Mahl oft weit fröhlicher gestimmt fey, als bei dem üppigsten, wo in der Regel Zwang und Langeweile herrschen. - Den 6. ritt ich zu Esel nach s Unterwegs besichtigte ich einen Augenblick den Granit-Steinbruch, aus welchem der Obelisk von Luxor herrührt. Ich sah daselbst noch Einen, halb verschüttet, der von ungeheurer Länge und Breite, jedoch nur aus dem Rohen gehauen ist. Den Hügel herabreitend, empfingen mich die Schiffsleute der Barken des Vizekönigs 152 mit lautem Freudengeschrei; denn es waren fast drei Wochen, daß sie hier in Es-Souan unthätig hatten liegen müßen. Ich meines Theils freute mich wieder der bequemen und reinlichen Barke, die ich lange genug vermißt hatte. Mir däuchte die freundliche Kajüte im Vergleich zu Jener, die ich eben erst verlaffen hatte, ein Palast zu feyn. Indeß die nöthigsten Lebensmittel einge- kauft wurden, ließ ich mich nach der ganz nahen Insel Elephantine hinüber rudern. Hier fand ich nur noch zwei Thorpfeiler eines Tempels aus röthlichem Granit, mit wenigen Hierogly- phen beschrieben. Um diese wenigen Reste liegen große Granitblöcke gestürzt; an Einigen be- merkte ich noch die Einschnitte, worin sie einst zusammengefügt waren. Unzählige Scherben de- cken den Erdboden. Die Aussicht auf den Nil und die zerfallenen Ueberreste der alten arabischen Stadt Es-Souan ist höchst romantisch und wurde erhöht durch den goldnen Schimmer, mit welchem die funkelnde Abendsonne die Landschaft 153 überstrahlte. Auf dem Wege dahin bemerkte ich eine sitzende Figur die Göttin Isis darstellend) nicht sehr hoch und ebenfalls aus röthlichem Granit. Auf der Rückseite zeigten sich einige Hieroglyphen. Von hier kehrte ich wieder nach Es-Souan zurück. Bevor ich von hier scheide, muß ich noch meines verdienstvollen arabischen Cicerone, Namens Machamed - Hassan, erwäh- nen, der mich auf der Reise nach der zweiten Katarakte hin und zurück begleitet hatte und ge- naue Ortskenntniß besitzt. Auch spricht er das - Italienische ziemlich gut. Ich kann ihn den hie- her Reisenden nur auf das Beste empfehlen. Da der Nordwind sich abermals gegen uns verschworen hatte, so mußten wir noch einige Stun- den ruhig liegen bleiben. Der herrlichste Mon- denschein lud mich noch zu einem Spaziergang in das nahe Palmenwäldchen ein, wo ich auf einen kleinen Sklaven-Transport stieß, der sich daselbst gelagert hatte. Nachdem ich von den beiden Händlern einen Bund von Straußenfedern 154 gekauft hatte, ließ ich mich in ein Gespräch mit ihnen ein, um nähere Aufschlüße über die Ver- hältniße dieses, die Menschheit entwürdigenden Beginnens zu erlangen. Sie selbst waren Araber, die alljährlich mit unbedeutenden Handelsgegen- ständen nach dem Senaar reisen, dort aber die Schwarzen von denjenigen Leuten ankaufen, die fie im Innern des Landes einfangen, Dies wird durch eine Art von Parforge-Jagd bewerkstelligt. Sie reiten nämlich hinaus und verbergen sich in den Schluchten oder hinter Bäumen. Sobald sich nun die sorglosen Neger von ihren Bergen herab in die Ebene begeben, stürzen sie aus ihrem Hinterhalt hervor und haben auf ihren rascheren Pferden die Fliehenden bald erreicht und gebunden. Diese Araber fagten mir auch, daß sie dem Gouvernement eine Steuer zahlen müßten, die ihnen ziemlich hoch kömmt. End- lich legte sich gegen 10 Uhr der Wind und die Barken stießen vom Lande. Mit einiger Vor- ficht gelangten wir glücklich durch die letzten be- 155 deutenden Felsenriffe und ruderten beim fröhlichen Gefange der Schiffsleute den Nil hinab, in des den beruhigter Fluth sich der trauliche Mond im schönsten Silberschimmer wiederspiegelte. Die längste Zeit hielten unsere drei Barken ein förm- liches Wettrennen und riefen sich einander spot- - tend zu. Meine Barke flog, von ihren achtzehn Ruderern unter wildem Jauchzen fortgezogen, einem Pfeile gleich dahin und errang bei Weitem den Sieg. Ich bin in meinem Leben niemals so rasch in einem Schiffe gefahren. So find diese Menschen. Anfangs kostete es viele Mühe, sie zur Abfahrt zu bewegen. Sie wollten sich immer des starken Windes halber entschuldigen, obgleich er sich gelegt hatte, und kaum waren wir eine Stunde unter Wegs, so begann schon besagtes Wettrennen, das wirklich einzig in seiner Art war. Den folgenden Vormittag widmete ich der Bewunderung der Tempel von Ombos. Der Kleinere, am Abhange des Ufers gelegen, ist größtentheils zum Schutthaufen geworden, 156 dagegen bietet der Große einen majestätischen Anblick dar, dessen gewaltiger Eindruck nie mei- nem Gedächtniffe entschwinden wird. Die Säu- len des Innern sind von ungeheurer Dicke, bedeutender Höhe und auf das Mannichfaltigste verziert. Jener Theil des Tempels, der sich landeinwärts befindet, ist tief im Sande be- graben. Im Innern sowohl wie zu oberst des Aeußern laffen sich die Farben noch deutlich erkennen. Auch viele der Hieroglyphen fand ich bemalt. Die Ueberreste von Silsilis boten mir weniger Interessantes dar. Sie bestehen in ei- nem unterirdischen, mit Säulen gezierten Ge- mach, einer Art von Portal aus dem Felsen gehauen und in einer Menge kleiner Felsen- Nischen, worin noch Spuren von Malerei und kleine Figuren zu finden sind. Auch sah ich in einigen der Felsen große hieroglyphische In- schrifttafeln eingehauen. Rückwärts traf ich einen großen Steinbruch. Bevor ich dahin gelangte, gewahrte ich dicht am Ufer einen jungen Schakal, 157 der ganz vertraut, obgleich eine Weibsperson in der Nähe arbeitete, auf dem Felde umher strich. Wir fchoßen nach ihm, hatten aber das Unglück ihn zu fehlen. Langsam schlich er auf den näch- sten Berg, von wo aus er uns lange nachblickte. Der prächtige und große Tempel von Edfu, den ich Tags darauf fah, übertraf meine Er- wartung. Nicht leicht findet man wahrhaft könig- liche Pracht und Ehrfurcht gebietende Größe mit anmuthigerer Schönheit und Gefälligkeit der Formen vereinigt. Weit entfernt, dem fachver- ständigen Urtheil eines Champollion zu nahe treten zu wollen, der diesen Tempel als zu überladen betrachtet, unterfange ich mich nur, mein bescheidenes Urtheil dem günstigen Eindruck gemäß auszusprechen, den dieses erhabene Kunst- werk in mir, dem Laien in der Kunst und Wi- senschaft, hervorbrachte. Eben diese großartige Pracht nebst Vermeidung alles Ueberladenen ist es, was den Beschauer in Bewunderung ver- fetzt, und ich getraue mich zu, behaupten, daß 153 unsere heutigen Baumeister wohl fchwerlich im Stande seyn würden, diesen Reichthum von Schmuck mit dennoch so edler und würdiger Einfachheit zugleich zu vereinigen, ohne sich des Vorwurfs, ihr Werk im schlechten Geschmack ausgeführt zu haben, schuldig zu machen. Schon der Anblick seines Aeußern mit den beiden hohen Pylonen, auf welchen sich eine Menge großer Figuren gezeichnet befinden, ist überraschend und läßt günstig auf die vollendete Schönheit des Innern schließen, in welchem das Auge fünfzig herrliche Säulen überblickt, wovon eine Jede anders verziert ist. An Einigen bemerkte ich noch Spuren von Farben. Beim Eintritt ge- räth man zuerst in den weiten Vorhof, zu bei den Seiten mit einer Reihe der schönsten Säu- len. Als dann gelangt man in den innern: Raum, deffen Decke von noch koloffallern und bei Wei- tem prächtiger verzierten Säulen, als Jene des Vorhofes getragen wird. Der hintere Theil, ist ganz unter die Erde verborgen. Wie leicht und lä9 ohne großen Kostenaufwand könnte die Regierung, der ohnehin alle Mittel zu Gebot stehen, dieses Heiligthum der alten Kunst der Erde entreißen; allein für derlei wird in diesem Lande soviel wie nichts gethan. Es ist als ein großes Glück zu betrachten, daß Mehemed-Ali feit einigen Jahren die Verschleppung von Alterthümern, durch ge- winnsüchtige Europäer, beschränkt hat. Dieser Bau muß einst von ungeheuerm Umfang gewe- fen sein. Von noch jetzt vorhandenen Säulen zählte ich allein Fünfzig. Ich bedauerte, keinen jungen Architekten in meinem Gefolge gehabt zu haben. Er hätte gewiß großen Nutzen aus der Betrachtung dieses Meisterwerkes gezogen. Er hätte abermals die bei uns so häufig ver- schrieene Kunst des alten Egyptens schätzen und bewundern lernen, die wohl, wie Alles in die- fem Leben, leicht getadelt. aber nicht so leicht erreicht werden kann. Unsere heutigen Baumei- ster, zu stolz die gediegenen, die wahrhaft groß- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - artigen und edlen Gebilde des Alterthumes in ihrer Reinheit wieder zu geben, ziehen es vor, ihre Nachahmungen (denn felbst schaffen ist heut zu Tage felten geworden» durch kleinliche und bis zur Ueberladung angewandte Schnörkeleien zu verunstalten, aus bloßer Eitelkeit, um als origi- nell zu erscheinen, indeß manche viel beffer thä- ten, sich streng an das Kopieren zu halten. Das Gute oder Schöne nachzuahmen gereicht in kei- ner Sache zur Schande. Den 19. Morgens war es mein Erstes, den im Innern noch gut erhaltenen, leider aber zu einem Magazin verwendeten Tempel von Esmeh zu besuchen. Ich fand eine große Anzahl der imposan- testen Säulen, auf das Reichste und Verschiedenar- tigste geziert, theilweise mit Spuren von Farben. Schade, daß erst ganz kürzlich gezogene, elende Mauern aus Erde, die zu Abtheilungen der ver- schiedenen Niederlagen des Magazins dienen, die Ansicht des prächtigen, mit unzähligen Hierogly- 161 phen geschmückten Saales, stören. Das Aeußere bietet keinen erfreulichen Anblick dar; denn es liegt ganz versteckt, umringt von elenden Häusern und Ställen aus Erde. Ich näherte mich nunmehr mit dem interessantesten Orte meiner Reise, dem Be- zirke von Theben, diesem Allerheiligsten der egyp- tischen und nubischen Heiligthümer. Bevor ich da- hin gelange, muß ich noch des kleinen Felsentem- pels von Elethya und feiner Katakomben erwäh- nen, die ich Abends zuvor besehen hatte. Ich fand ihn sehr zerstört. Durch die Unkenntniß unters Führers irre geführt, streiften wir mehrere Stun- den vergebens in den Bergen umher, deren Schoos eine große Menge von Gräbern birgt. Einsam- keit und tiefe Stille herrschten weit und breit, nur ein aufgescheuchter Fuchs entschlich einem der Gräber. Endlich langte ich in Luxor an und eilte nach den nahegelegenen Ruinen, wo ich zu- erst die Ueberreste einer imposanten Säulenreihe bewunderte, die sich weniger durch Prachtaufwand als vielmehr durch edle Einfachheit auszeichnet. 11 - 162 - Sodann begab ich mich nach den, wenige Schritte davon entfernten Pylonen, vor welchen sich drei große, sitzende Figuren aus schwarzem Granit und der ausgezeichnet schöne Obelisk befinden, der aus röthlichem Granit verfertigt ist. Die eine der Figuren ist dergestalt verschüttet, daß man MUr mehr die Spitze ihrer Mütze bemerkt. Sie zeichnen sich durch Reinheit und Fleiß der Ar- beit aus. Die zahlreichen Hieroglyphen des Obe- lisken find mit einer Deutlichkeit in den Stein gehauen, wie ich es bis jetzt noch bei keinem der Monumente getroffen hatte. Der Andere, welcher sich neben ihm befand, ist nach Paris gebracht worden. Man sieht noch die Grube, wo er gestan- den. Die Gegend ist freundlich, nur schade, daß fie vom furchtbaren Staube, den der heftige Kam- fin unaufhörlich in die Höhe wehte, in undurch- dringliche Schleier gehüllt wurde, der mich nach der Barke zurück trieb, da er mir in Augen und Mund drang und Erstere mich heftig zu brennen anfingen, was auch das Zeichnen sehr er- 163 schwerte. Eine Menge zudringlicher Führer dräng- ten sich auf meine Barke, wiesen mir ihre Zeug- niffe, die sie von Europäern erhalten und boten sich in höchst drolligem italienischen Kauderwelsch an, mich für die nächsten Tage nach den Sehens- würdigkeiten der Umgegend begleiten zu dürfen. Aus ihrem raffinierten Benehmen läßt sich der häufige Besuch dieser Orte von Europäern er- kennen. Diese Bemerkung, die ich am Tage ge- macht, bestätigte sich auch zur Nachtszeit, wo ich - eine bedeutende Anzahl umherschleichender Gestal- ten wahrnahm, deren Lockungen unsere gutherz- gen Schiffsleute alsbald unterlagen. Den fol- genden Tag mit dem Frühesten, ritt ich nach den, nur dreiviertel Stunden von hier entfernten Tem- peln von Karnak. In Mitte einer Reihe von Sphinxen durchreitend, von deren Köpfen leider, selbst am Boden nicht, eine Spur mehr vorhan- den war, gelangte ich zu dem ersten und kleinern der Tempel, dessen hohe Pylonen mir schon von ferne entgegen gesehen hatten. Hatte schon die Be- - - 11 k 164 sichtigung dieses imposanten und im Innern der Gemächer mit den schönsten Zeichnungen versehe- nen Gebäudes meine Bewunderung aufs Höchste gesteigert, so versagt mir die Sprache ihre Dien- ste, wenn ich jetzt den unauslöschlichen Eindruck in bloße Worte übertragen sollte, den der mir ewig unvergeßliche Augenblick, da ich die riesige Säulenhalle des ungeheuern zweiten Tempels be- trat, aus dessen Innerem mir ein Wald der ko- lossalsten Steinmaßen, wenn ich mich so aus- drücken darf, vor das staunende Auge trat. Ich zweifelte einen Moment, ob ich ein Werk mensch- licher oder göttlicher Kraft vor mir sähe. Wie ge- sagt, ich würde umsonst nach Worten suchen, um dem Leser nur einen schwachen Begriff von dem zu geben, was ich zu erblicken so glücklich war, ja ich fühlte in höherm Grade den Werth, Mensch zu sein, ein und demselben Geschlecht anzugehören, welches die große Idee, die fast übermenschliche Kraft und unbegreifliche Ausdauer gehabt, ein Werk zu beginnen und zu vollenden, das beinahe seine - 165 Kräfte überstiegen hat, ein Werk, das eigentlich nur ein Gott durch die Hände gewaltiger Riesen hätte aufführen sollen. Ich hielt früher das, was ich darüber in Büchern gelesen, für überspannt, für bei Weitem übertrieben; nun begreife ich, daß auch ihnen die Sprache den Dienst ver- sagte, daß sie zu arm an Worten sei, folche Empfindungen mitzutheilen. Vom Tempel streifte ich über das weite Feld. Bei jedem Schritte bot ten sich mir ehrwürdige, majestätische Ueberreste dar. Bald erhoben sich mächtige Säulenstämme, bald stieß ich auf halb zertrümmerte Obelisken, aus dem schönsten Granit geformt; bald stieg ich wie der in die Tiefe hinab, wo ich in die Gemächer kriechen mußte, die Schutt, Erde und der Sand der nahen Wüste in ihrem Schooße bergen, oder ich staunte ob der theils fitzenden, theils stehen den Koloffe, welche sich in Menge, mehrere aus schwarzem Granit, mehrere aus weißem Marmor, die meisten aber verstümmelt, mühsam aus der, Erde erheben. Ueberall herrliche Zeichnungen von Triumphzügen, von Figuren, denen man es an- sieht, daß die Porträte fein mußten; ferners die beiden noch aufrecht stehenden Obelisken, an wel- chen sich Hieroglyphe an Hieroglyphe reiht; ein Thor, ganz aus röthlichem Granit, Sphinxe mit Widderköpfen und so noch Unzähliges größerer wie kleinerer Gegenstände dieser weiten Ebene, auf deren Oberfläche mir der verstümmelte Leich- nam eines entseelten Riesen dahin gestreckt zu liegen schien. Mehr geistig ermattet von der An- strengung des Beschauens als von der steigen- den Hitze des Tags, ritt ich nach Luxor zurück, um mich auf meiner Barke von meinem ersten Staunen zu erholen, zu schwelgen in der Erin- nerung dessen, was mich so eben mit heiliger Bewunderung und tiefer Ehrfurcht erfüllt hatte, mit dem Vorsatze, mich am Abende nochmals da- hin zu begeben, Vergleicht man die kolossale Größe, den Ernst und Ehrfurcht gebietenden, grandiosen Styl egyptischer Baukunst, so kann man nicht umhin, selbst auf die Gefahr hin, von 167 der größern Gegenpartei als Barbar verschrieen zu werden, einzugestehen, daß ihr, wenigstens in Hinsicht des ersten frappanten Eindrucks und des unglaublichen, fast übermenschlichen Kraftauf- wandes, der ihre Werke zu Tage fördern half, die Griechische nachstehe. An Lieblichkeit, an Zier- lichkeit wurden sie allerdings von den Griechen übertroffen, namentlich was die Skulptur und richtige Zeichnung der Bildwerke betrifft, worin die Egyptier nur geringe Kenntniß besaßen. Geht man zurück, forscht man nach der Art und Weise und nach den Beweggründen, welche die Werke beider Nationen schufen, fo gewinnt jedenfalls die Kunst der Griechen oder Römer, die, selbst freie Männer, aus freiem Antrieb zur Ehre ihres Vaterlandes oder um daffelbe verdienter Männer, oder zur Anbetung der Götter ihre Tempel und Triumphbögen erhoben, während bei den al- ten Egyptiern mehr oder weniger die Eitelkeit und der Despotismus ihrer Herrscher vorwaltete, denen das Leben. Tausender so viel als Richts 163 galt, wenn nur dadurch ihre Eitelkeit befriedigt wurde, Nachdem es etwas kühler worden, ritt ich nochmals nach den Tempeln. Lange weilte ich, auf einem umgestürzten Steinblocke sitzend, in Mitte der heiligen Stätte, über welche die schei- dende Sonne ihren letzten Schimmer breitete, und tiefe Wehmuth bemächtigte sich meiner, da mein Blick über diesen großen Leichenacker mensch- licher Größe schweifte. In diesen Räumen, die vor Jahrtausenden vom feierlichen Gesang der Priester und dem melodischen Klang ihrer Har- fen ertönten, herrschte nun tiefe Grabesstille. Der wehmüthige Ruf einiger Eulen allein drang aus den öden Säulengängen zu mir herüber und Tausende scheuer Fledermäuse umschwirrten den Steinhügel, auf dem ich mich niedergelaffen hatte. Mehr als Jemals lernte ich an jenem Abende die Unbeständigkeit des Glückes, die Hinfälligkeit menschlicher Größe erkennen. Und 169 auch diese ungeheure Schöpfung hatte der Wuth der Menschen, der unerbittlichen Verheerung der Zeit unterliegen müßen! So ist denn nichts von Dauer auf diesem weiten Erdenrunde? – Und diese gewaltigen Geister, deren Machtgebot alle diese Riesentempel hervorrief, fie sind längst zu Staube geworden, sie, die eine halbe Welt sich zu Füßen geworfen. Also das ist des armen Geschöpfes Loos, dieses oftmals so hochmüthigen, mit seinen Plänen und Berechnungen so weit aussehenden Menschen, daß er über kurz oder lang zu einer Hand voll Erde werde? – Schau- der durchrieselte mich. Leichtsinn also oder Hoff- nung? – Ich raffte mich empor. Der Voll- mond entwand sich eben einem dunkeln Gewölke, als ich nach der Barke heimkehrte. Am andern Morgen schiffte ich nach dem linken Ufer über, und ritt in Mitte eines schmalen, steinigen Thales nach den Königsgräbern, die sich im Schoos der abenteuerlichst geformten Berge und Schluchten befinden. Sie erregten in hohem 170 Grade meine Bewunderung; fie. Alle weit über- treffend jedoch ist das prachtvolle Grab, welches Belzoni entdeckt und ausgraben laffen. Diese Pracht und Frische der Farben an den auf das Schönste gezeichneten Figuren, diese Zierlichkeit der Millionen von Hieroglyphen übersteigt selbst die gespannteste Erwartung, und bildet in Hin- sicht der fleißigen Ausführung und des darin entwickelten guten Geschmackes in einer Art ein würdiges Seitenstück zu den kolossalen Umriffen des majestätischen Karnak. Der Glanz der Far- ben ist noch so leuchtend, daß sie erst ganz kurz aufgetragen zu sein scheinen. Einen hohen Berg zu Fuß überschreitend, gelangte ich zu dem klei- nen Isis - Tempel, dessen Zierlichkeit feinen geringen Umfang ersetzt. Auf dem Wege dahin erblickte ich eine Menge zerstreuter Stücke von Mumien. Die Erde ist hier ganz von Gräbern unterminiert. In dichten Staubnebel gehüllt, Folge des aufs Heftigste wehenden Kamins, erreichte ich den prachtvollen, Tempel von Me- 171 dinet-Abn , dessen ehrwürdiger Bau meine be- sondere Aufmerksamkeit erregte. Nicht weit da- von überthronen zwei Riesengestalten die weite Ebene. Es sind die berühmten Memnonsäulen, wovon die zur Rechten sitzende Töne von sich gegeben haben soll, was mehrere altrömische und eine griechische Inschrift, nebst Namens-Unter- schriften, bezeugen. Eine Viertelstunde davon entfernt erhebt sich das Memnonium mit seinen umgestürzten Koloffen und würdevollen Säulen- gängen. Endlich wanderte ich noch nach dem, in edler Einfachheit erbauten Tempel von Kurnu, und nachdem ich noch Einige der übrigen Grab- stätten besucht, war ich mit den Schätzen des alten Thebens zu Ende. Doch die Krone des Ganzen bleiben unstreitig das riesige Karnak am Rechten, das prachtvolle, von Belzoni aufge- fundene Königs-Grab auf dem linken Nilufer. Außer dem ehrwürdigen Ibsambul übertreffen diese beiden Ueberreste bei Weitem die übrigen Monumente. --- 172 Den 12. als am Gründonnerstage, verließ ich das mir ewig unvergeßliche Theben und be- suchte den Letzten der vorzüglichern Tempel, jenen majestätischen von Denderah, eine Stunde vom linken Nilufer entfernt. Er ist noch ganz gut erhalten. Seine Säulen sind höchst imposant und auf ganz eigenthümliche Weise verziert. Obgleich aus einer Zeit stammend, der Römi- fchen nämlich, wo der gute Geschmack im Abneh- men begriffen war, wurde ich dennoch von seiner hohen Pracht hingeriffen. Champollion tadelt ihn. Etwas zu streng, wie fast alle Ueberreste, welche nicht aus der Pharaonenzeit herstammen; ich für meine Person fühlte mich von tiefer Verehrung ergriffen, als ich diesen letzten Punkt meiner Nilreife angestaunt hatte. Ich hatte nun bis Kairo nichts mehr zu sehen. Die Gegend war mir schon bekannt, es bemeisterte sich mei- ner daher die Schrecklichste der Plagen, die Langeweile, dadurch noch erhöht, daß meine Existenz auf den kleinen Raum einer Barke be- 173 schränkt war. Ein Mann meines Standes kennt zur Genüge diese Geisel, denn nur allzuoft sind wir gezwungen, den Rücken ihren Streichen preis zu geben; allein. Diesmal empfand ich ihre Qualen auf's Höchste. Ich beneidete, wie schon öfters, das glückliche Phlegma - mancher Menschen, deren ruhiges Blut kein Sturm des Lebens aus feinem gewöhnlichen Kreislaufe zu bringen vermag, die sich in Freud und Leid fast immer gleich bleiben, während mich angui- mischen Menschen die Zudringlichkeit einer Fliege in Harnisch bringt. Ich gedachte in diesen Ta- gen, wo sich die Zeit einem Syropfaden gleich in die Länge zog, eines berühmten Tonkünstlers, deffen Bekanntschaft ich ein Jahr zuvor im Bade zu K–n machte, und betete zu Gott, er möge mir nur auf ein paar Tage wenigstens den be- neidenswerthen Gleichmuth dieses Mannes ver- leihen, den nicht. Einmal die Laune feiner zänkischen Frau außer Faffung brachte und der ihr, wollte sie mit dem Gezänke gar nicht 174 aufhören, ganz ruhig erwiderte: „Wenn du ge- nug geschrien hast, wirst du schon aufhören. Ich ärgere mich nicht.“ O dreimal glücklicher Mann! Für dich wären diese peinlichen Stun- den die füßesten Augenblicke deines Lebens ge- wesen, indeß ich in halber Verzweiflung auf dem Boden meiner Kajüte lag und mir von meinem kleinen Neger die Mücken abwedeln ließ. Den 18. erbarmte sich unserer ein heftiger Kamsin, der uns rasch von dannen trieb, so daß wir schon in aller Frühe am Vogelberg vorüber segelten, deffen kophtische Mönche uns abermals um ein Almosen angingen. Am Nachmittage wurde der Wind so arg und Alles um uns in solchen Staub gehüllt, daß einige Stunden hindurch, weder von Sonne noch Umgegend eine Spur zu sehen war. Die ganze Atmosphäre schien zu glühen und düstre, gelbe Dämmerung lag über der Erde. Ich fühlte mich an allen Glie- dern wie abgeschlagen. Den 20. April. Morgens 8 Uhr langte ich endlich in Kairo wieder an. " - … 175 Ein großes Unternehmen war glücklich und be- harrlich zurückgelegt. Obgleich es mit vielen Mühseligkeiten verbunden gewesen, so reute mich demungeachtet keine Einzige der vielen Stunden, die ich auf dem Nil zugebracht hatte. Ich hatte ja mit die größten und merkwürdigsten Gegen- fände der Welt kennen gelernt. Das erste Wort, das mir beim Aussteigen aus der Barke zu Ohren kam, war, daß in Alexandrien die , Pest ausgebrochen sei. Der Leser kann sich wohl vorstellen, daß mich bei dieser Nachricht ein ziemlich unheimliches Gefühl ergriff; doch der mir wieder vergönnte wunder- schöne Anblick der herrlichen Gartenanlagen und im frischesten Grün prangenden Baumpflanzun- gen, die meinen reizend gelegenen Wohnort um- gaben, verbunden mit dem Anblick der nahen Stadt mit ihren unzähligen, zierlich empor stre- benden Minarets ließen mich bald die Hiobspost vergeffen. Einem Vogel gleich, der seinem. 176 - - Käficht entsprungen, sich zum Erstenmale wieder der wonnigen Freiheit erfreut, durchwandelte ich heitern Gemüthes die schattigen Gänge der Cy- preffen, Platanen und Pappeln. Ich hatte fast das Gehen verlernt. Durch das längere Tragen türkischer Pantoffeln hatte sich der Fuß dermaßen ausgedehnt, daß mir meine Stiefel in den ersten Tagen ungeheuere Schmerzen verursachten. Der Tag meiner Rückkunft fiel gerade auf einen Freitag, den Sonntag der Muselmänner. Ich begab mich daher am Nachmittage nach der Moschee der Derwische, um Einer der seltsamsten Ceremonien von der Welt beizuwohnen, die jedoch statt eines lächerlichen einen höchst widri- gen, ja ich möchte behaupten, einen unheimlichen Eindruck in mir hervorbrachte. Ich glaubte mich zuletzt in ein Tollhaus versetzt, dergestalt brüll- ten, schrien und wirbelten sich diese bemitleidens- werthen Menschen vor mir im Kreise herum. Dazu wurde auf zwei große Tambourins geschla- 177 gen, und je schneller diese schlugen, desto heftiger bewegten sich und brüllten die Gläubigen, bis zuletzt - Mehrere in halber Ohnmacht, vom Schweiße triefend, zur Erde sanken und durch ein, von Zeit zu Zeit aus gepreßter Brust her- vorgestoßenes Gestöhn den Uebrigen kund gaben, daß sie des Anblicks des Paradieses theilhaftig feyen. Einer der Aeltesten, ebenfalls in Ver- zuckung gerathen, warf Geld, Rosenkranz, Uhr u. f. w. von sich, was ein Jüngerer sogleich aufhob und wohlweislich zu sich steckte. Kaum hatte der Oberste der Derwische, ein dem An- scheine nach feiner und kluger Mann, das Zeichen zur Beendigung der Gebete gegeben, so wurden Kaffee und Pfeifen gereicht, so daß in wenigen Minuten sich die Scene in die eines gewöhn- lichen Kaffeehauses umwandelte, was mir weit vernünftiger däuchte. . . . . - In diesen Tagen ließ ich mir auch die geräumigen Stallungen, ste zeigen, 178 worin ich eine bedeutende Anzahl der edelsten arabischen Pferde fand. Die Pferdezucht ist in Egypten ganz herabgekommen. Was sie Edles and - Schönes besitzen, beziehen sie aus Arabien oder Syrien; denn ihre Pferde sind meist schwer- fällig, und unschön. Die Behandlung derselben geschieht im Stalle Ibrahims seit einigen Jahren mehr auf unsere Weise, indes Jene des Vize- königs noch immer an allen Vieren von rück- wärts mit Stricken gefesselt, im Stalle stehen. Die Stallungen Ibrahims faffen gegen 500 Pferde, Was die Reiterei der Orientalen und die Dreßur ihrer Pferde betrifft, so sah ich bis jetzt noch nicht viel Rühmliches. Von einer geregelten Gangart oder Stellung ist keine Rede. Sie lieben der Bequemlichkeit halber die sogenannten Paßgänger. Ihre Reitebe besteht in einem wilden Jagen auf kurze Strecke, worauf sie ihre Pferde auf der Stelle pariren und sie dann sich selbst über- affen. Von regelmäßigen Hülfen haben sie nicht die mindeste Kenntniß. Ihre Fütterung besteht - - 179 in Gerste und Stroh. Letzteres läßt man sie nach Belieben freffen. " - Den 22. in der Frühe ritt ich nach den weltberühmten Pyramiden von Gizeh, an deren Fuß ich nach 2 Stunden anlangte. Im ersten Augenblicke wurde ich von ihrer Größe nicht so sehr überrascht, wie ich es vermuthet hatte: bei näherer Untersuchung jedoch und nachdem ich die Höchste derselben erstiegen hatte, überzeugte ich mich zur Genüge von der erstaunenswerthen Großartigkeit dieser Riesenwerke. Um bis zu ihrer äußersten Spitze zu gelangen, brauchte ich gerade 25 Minuten. Zwei arabische Führer, Einer zur Rechten, der Andere zur Linken, er- griffen mich an der Hand und so schwangen sie mich von Stein zu Stein empor. Die oberste Spitze besteht aus einem ziemlich breiten Quadrat, von wo aus man das stattliche Kairo mit feinen reizenden Umgebungen und das gesammte Nil- thal überblickt. Hier endet sich die Wüste. 12 k 130 Gleich der Brandung des Meeres bricht sich ihr Sand an den ersten Reihen bebauter Felder. Nachdem wir am Fuße der höchsten Pyramide das Frühstück eingenommen, krochen wir in's Innere derselben, denn Gehen kann man dies mühevolle Werk nicht nennen. Der Eingang zu dem großen, aus Granit erbauten Gemach führt durch einen steil hinanlaufenden Gang. Die Führer leuchteten uns mit einer Kerze voran. Von Hieroglyphen fand ich keine Spur. Von hier aus besichtigte ich die, nur wenige Schritte entlegene kolossale Sphynx, deren Anblick mich in Staunen versetzte. Mehrere Ueberreste schöner Sarkophage liegen zerstreut auf dem Sande um- her. Mehrere Engländer bewunderten nebst mir diese mit Recht so gepriesenen Wunder der Welt. Fast täglich werden sie von den Reisenden heim- gesucht, so daß es im Plane ist, daselbst ein kleines Gasthaus auf europäische Art zu errich- tem, was sich ohne Zweifel gut rentieren wird. - - - - “ - - 181 - Am 24. fuhr ich auf einer Barke nach der Kavallerie-Schule von Gizeh, dicht am ent- gegengesetzten Ufer des Nils gelegen, deren stattliches Aeußeres schon auf ihre innere Vor- züge schließen läßt. Oberst Varin, ein geborner Franzose und daselbst in Diensten gestanden, empfing mich mit jener natürlichen Einfachheit und Treuherzigkeit, die den Meisten der alten Krieger aus Bonaparte"s ruhmerfüllten Zeiten eigen ist. Er ist seit 8 Jahren in egyptischen Diensten und Gründer und Vorstand einer An- stalt, welche meine Erwartungen bei Weitem über- traf. Nachdem ich die Stallungen der Schul- pferde durchgegangen, führte mich der Oberst in den großen Hof, wo eine Abtheilung der Zög- linge mit europäischer Präzision vor mir exercirte. Ich bewunderte ihre gute Haltung, ihre Rein- lichkeit des Anzuges, ihre Ruhe und Schnellig- keit der Bewegungen, ihre Fertigkeit in Führung des Säbels und der Lanze. Das Innere der Kaserne und die Einrichtung der einzelnen Zim- 182 mer läßt Nichts zu wünschen übrig. Ich glaubte, mich in Europa zu befinden. Zunächst des Hofes befinden sich zwei geräumige Reitschulen. Die Eine ist im langen Viereck erbaut und dient für den gewöhnlichen Reitunterricht und zu der Produktion von Karruffelen, welche am Ende des Schuljahres von den Zöglingen aus- geführt werden und denen selbst der Vizekönig nebst einem großen Theil des Publicums, beizu- wohnen pflegt; die Andere ist rund und wird zum Voltigieren benützt. Die Barriere ist von Stein. Außerdem genießen die jungen Leute vollständigen Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen und Zeichnen. Die Sattlung der Pferde ist nach Art der Europäischen. Die Sättel selbst find ganz wie die fogenannten ungarischen Böcke, Das Reglement ist das neueste Französische. Mehemed-Ali und Ibrahim-Pascha nehmen den wärmsten Antheil an dem Gedeihen dieser so nützlichen Anstalt, und unterstützen auf das Leb- haftete einen Mann, der mit unermüdlicher 183 Thätigkeit seinem schwierigen Beruf obliegt. Nur dem regen Streben des Obersten, der uner bittlichsten Strenge allein konnte es gelingen, dem Heere seines Gebieters die tüchtigsten und gebildetsten, Krieger zu liefern. Ein gewöhnlicher Eleve weiß hier mehr als die Mehrzahl der ältern. Offiziere der Linie, wovon der größte Theil kaum seinen Namen zu unterzeichnen, wer mag. Ihre Uniformierung ist fast ganz auf unsere Art, nur tragen sie zur Lancier-Uniforny . den rothen-Tarbusch. Das Kollet, ist grün mit rothen Aufschlägen und vergoldeten Knöpfen und gelben Schnüren. Die Beinkleider sind, roth mit weißen, bei den Offizieren mit goldenen Streifen. Die sämmtliche Kavallerie uud reitende Artillerie soll in Zukunft die engeren - langen Beinkleider erhalten, was auch für den militäri- fchen Reiter viel zweckmäßiger ist, der ungehin- dert vom Pferde auf- und absteigen, muß, indeß- er mit den ganz weiten sich überall verhängt, -- - - is Der Oberst sprach mit Enthusiasmus von den ruhmvollen Tagen, die er unter des ge- waltigen Napoleons Zepter verlebt. Sein Auge füllte sich mit Thränen, da ich ihm von Eugens, des Vizekönigs von Italien, dieses edlen Fürsten letzten Tagen erzählte, da ich ihm von seinem allzu frühe entschlafenen Sohne August sprach, deffen treues Herz im fernen Portugal zum Letztenmale schlug, und den ich mit Stolz den Liebsten meiner Freunde nannte. Mit innigem Händedruck schied ich von dem Biedermann, deffen altfranzösisches Wesen so sehr von der heutigen Nonchalance vieler seiner Landsleute von 1830 abstach. – – – “ – – " - - - - - - –- - - - - – – – – – – – – - - - - - - - - - - - - - - - - - - – - - - - - - - - - - - - - * - - - - - - - - - – - Was die geselligen Verhältniffe Kairos be- trifft, so bieten sie wenig Abwechselung dar. Die europäischen Consuln leben höchst einfach und zu- rückgezogen, und die Eingebornen gehenblos ihren Geschäften nach, oder beschränken sich auf die.in- nern Freuden des Harems. Ich fing an, mich nach dem Umgange gebildeter Frauen zu fehnen, des fen ich nun schon so lange entbehrte; denn außer den dicht verhüllten weiblichen Gestalten, denen ich auf der Straße begegnete, brachte ich meine Stunden nur immer unter Männern zu. In Gegenwart von Türken ist es nicht einmal Sitte, den bloßen Namen „Frau,“ auszusprechen. Sich nach dem Befinden derselben zu erkundigen, würde 136 A als Neugierde oder Beleidigung angesehen wer- den. Das Leben in diesen Harems ist höchst einförmig. Die höchste Ergötzlichkeit gewährt ih- nen gegenseitiger Putz und die wollüstigen Be- wegungen der Tänzerinnen, deren es Eigne zu diesem Zwecke gibt. Wohl ereignen sich zuweilen geheime Liebes-Abenteuer an dritten Orten, wer- den sie jedoch entdeckt, so büßt die Schuldige mit dem Leben. Sie wird, in einen Sack genäht, in den Nil geworfen. Die Zahl der Weiber richtet sich nach den Vermögens- Umständen des Man- nes. Trennung ist häufig und ohne große Schwie- rigkeiten verbunden. Was die Europäer anbelangt, so findet man hier von allen Nationen, Die Mehr- zahl derselben kömmt in der Hoffnung hieher, sich ein Vermögen zu erwerben; viele flüchteten aus verschiedenen Beweggründen aus ihrer Heimath, weßhalb ihre Gesellschaft nicht aus den empfeh- lungswertheiten Individuen zusammen gesetzt ist. Die Malteser namentlich, deren es hier eine Men- ge gibt, stehen nicht im besten Rufe. Ich be- 137 merkte dahier auch einen großen Hang zu Schwä- zereien, dem ähnlich, der in unsern kleinern deut- schen Städten jede Art geselligen Vergnügens zu verpesten bemüht ist, und bei uns mit jedem Jahre zunimmt, so daß der unschuldigte Scherz zum gröbsten Vergehen gestempelt wird, von Leuten meistens, welche den Balken in ihrem eigenen Auge nicht wahrnehmen. … – – - - - - - - - – - -- - – – - - - - - - – «- – –- - – , - - - - - – - - - - - - – - – - – - – - - -- - - - - - - – – – - - - - – - - – - – 1 – - - " –- - Einige meiner angenehmsten Stunden ver- lebte ich im Kreise der liebenswürdigen Familie des Herrn Bonford, dessen freundschaftliche Dienstfer- tigkeit meinem Gedächtniffe niemals entschwinden wird. Ibrahim-Pascha besitzt in ihm einen thätigen Geschäftsmann, dessen alleinige Zerstreuung in em- siger Verrichtung der ihm obliegenden Arbeit besteht. In den letzten Tagen besah ich auch noch die Küchen Ibrahim-Paschas, in der Nähe seines Palastes gelegen. Sie sind sehr geräumig und ganz verschieden von den Unfrigen eingerichtet. Täglich werden achthundert Schüffeln in selben gekocht. Die arabische und türkische Kost be- steht meist aus süßen Speisen. Sie erinnerte mich bisweilen an die n–e Kochmanier, nur mit dem Unterschiede, daß man hier mit Plat- ten überhäuft wird, indeß man sich dort kaum fatt effen kann. Hätte mich da selbst nicht die prahlerische Geschwätzigkeit zur Genüge gesättigt, ich wäre wahrhaftig fast verhungert. Wie im Effen sind sie auch im Trinken sehr mäßig, denn als ich vor mehreren Jahren durch ei- ne kleine n–e Stadt reiste, ließ ich mir eine Flasche Champagner auf mein Zimmer bringen. 189 Mehrere Personen, die sich im Gastzimmer be- fanden, hatten es bemerkt und äußerten sich ge- genseitig, ich müßte ein sehr reicher Mann feyn, da ich für mich allein eine ganze Flasche Champag- ner bestellt hätte. Was das Trinken betrifft, haben sich die heutigen Muselmänner unserm Ge- brauche ganz und gar angeschloffen. Besonders im Genuß des Rakich, einer Art äußerst star- ken Brandweins, suchen sie ihres Gleichen. Es giebt. Viele, selbst unter den Vornehmsten, wel- che jeden Abend zwei große Flaschen davon leeren. Auch die Frauen verschmähen dieses Ge- tränk keineswegs, am allerwenigsten eine gewisse kosmopolitische Art derselben, deren Fertigkeit in diesem Punkte mich in Erstaunen setzte. Bevor ich meine Skizzen über Egypten schließe, muß ich noch der mehr als freundschaftlichen Auf- nahme erwähnen, die mir von Seite. Mehemed- Ali's zu Theil wurde, welches mir um so schmei- chelhafter war, da ich sie von einem Manne ge- noß, dessen gewaltiger Unternehmungsgeist Egyp- 190 ten um einige Jahrhunderte früher feiner Civili- fation näher rückte. Was er zur Beförderung des Fabrikwesens, des Handels, was er in mi- litärischer und namentlich in polizeilicher Hinsicht Gutes und Aufferordentliches geleistet, erfüllt den aufmerksamen Reisenden mit Bewunderung für einen Fürsten, dessen heller Geist binnen wenigen Jahren ein so zu sagen wildes Volk auf eine solch überraschende Stufe der Bildung zu schwin- gen vermochte, in einem Lande, wo selbst die Religion dem beßern Fortschreiten Hindernisse dar- bot. Demungeachtet wußte er das einmal festge- setzte Ziel zu erreichen, ohne zu grell gegen die Gebote seines Glaubens zu verstoßen; denn er vermeidet Alles, was in den Augen der Oeffent- lichkeit verletzen könnte, wohl wissend, daß die Menge nur durch religiöse Bande im Gehorsam zu erhalten sei. Würde er seine unersättliche Eroberungssucht bezähmen, vorzüglich genährt durch seinen bis zur Tollkühnheit tapferen Sohn Ibrahim-Pascha, so bliebe ihm alsdann mehr 191 Muße übrig, feine Sorge auch auf das persön liche Wohl und die Bildung seines Volkes zu verwenden. Besonders fühlbar ist der gänzliche Mangel förmlicher Volksschulen, ohne welche an keine wahrhafte Erziehung zu denken ist. Möge der Himmel seine Bemühungen krönen, möge er diesen wahrhaft großen Mann diesem Reiche noch lange erhalten. , Schlüßlich drängt es mich, dem österreich- schen Konsul, Herrn Champion, öffentlich meinen Dank für seine freundliche Dienstwilligkeit darzu- bringen, mit welcher er mir während meines hie- figen Aufenthaltes entgegen kam. Stets werde ich mich. Seiner dankbar erinnern. Es gibt viele Leute seines Gleichen, die dem Reisenden schein- bar dienen wollen, ihm aus freien Stücken Ver- sprechungen machen, und sich zuletzt, aus was irgend für einem Grunde, unvermerkt zurück- ziehen, was ihn nur hinhält und unangenehmer ist, als gar keine Dienstleistung. Bei Herrn Champion war es, der entgegengesetzte Fall, …, 192 " Den 28. April verließ ich an der Spitze einer Karawane von 115 Kameelen - und Drome- daren die Stadt Kairo. Herr Bonford und Ali- Bei, der Chef des Hauses Ibrahim-Pascha's, begleiteten mich zu Pferde bis vor das Thor. Ich selbst ritt einen syrischen Fuchs, ein tüchti- ges Pferd, das ich mir eigens für diese Reise gekauft hatte, da mir das Reiten auf dem Dro- medare viel zu langweilig däuchte. Da ich erst am Mittage aufgebrochen war, fo schlug ich die Zelte schon im Dorfe Kangeh, eine Viertelstun- de von Abuzabel und vier Stunden von Kairo entfernt, auf. Es hatte sich mir Graf Welsers- heim, österreichischer Generalkonsul zu Ankona, der mit mir die Reise vom Pyräus nach Alexan- drien auf dem Dampfboote gemacht hatte, ange- schloffen, dessen artige Gesellschaft nur beitrug, mir die Stunden der Landreise zu verschönern. Des andern Tages hielt meine Karavane in dem Städtchen Belbeis an, nachdem wir eine höchst fruchtbare Ebene durchzogen hatten. Es trat ein 193 alter Derwisch in mein Zelt, nachdem ich eine Stunde angelangt war, dessen Heuchelei näher zu schildern ich nicht umhin kann. Nachdem er sich neben mich auf mein Feldbett niedergelaffen, begann er mit. Einemmale, die gewöhnlichen kon- vulsivischen Bewegungen seiner Kollegen auszu- führen, wobei er von Zeit zu Zeit den Namen „Allah“ ausrief. Endlich begann er mich nach meinen Familien-Verhältniffen auszufragen, er- theilte mir einige gute Lehren, untersuchte die Linien im Innern meiner Hand, erzählte mir von der allbekannten Heiligkeit einer sogenannten Schwester, die, wie er vorgab, schon hundert und vierzig Jahre zählte und der er mich später vor- stellen würde, und erklärte mir zuletzt, er wolle mich zu feinem Sohne erwählen. Ich mußte mich so fort, gleich ihm, mit gekreuzten Beinen auf das Feldbett fetzen. Als dann nahm er eine kleine Taffe, füllte sie mit Waffer, nahm daffelbe in den Mund und spie es hierauf wieder hinein. Der Leser kann sich leicht vorstellen, welcher Schau- 13 194 der mich durchrieselte, denn ich befürchtete Nichts weniger als die von Neuem gefüllte Taffe aus- trinken zu müffen, was ich zu thun, trotz der Heiligkeit dieses gottgefälligen Mannes, um kei- nen Preis von der Welt im Stande gewesen wäre. Doch er trieb es gnädig. Statt dessen bestrich er mir damit dreimal Gesicht, Hände und Füffe, murmelte dabei allerlei Gebete und verfiel abermals in Zuckungen. Am Abende führte mich der Heilige zu seiner frommen Schwester. Auf dem Wege dahin vollführte er ein Wunder. Er scharrte nämlich mit den Händen einige Datteln aus der Erde, die er wahrscheinlich vorher am Fuße der Sikkomore eingegraben hatte. In sei- nem Hause angelangt mußte ich ihm in eine dunkle, grabähnliche Kammer folgen, in der sich ein gro- ßer Vorhang befand. Er hob ihn ein. Weniges empor und schon hoffte ich so glücklich zu sein, die fromme Schwester von Angesicht zu sehen, als mir statt defen nur der Anblick ihrer ziem- lich derben Hand zu Theil wurde, über welcher 195 sich ein Flor befand, wie ich beim Küffen dersel- ben bemerkte. Ich erhielt von ihr ein sorgfältig zusammen gelegtes Papier, mit allerlei Unsinn beschrieben, das ich in Zukunft im Tarbusch als Talisman bei mir tragen sollte. Nicht von Ehr- furcht, sondern von tiefster Verachtung ergriffen, fchied ich von dem alten Heuchler, der sich durch derlei frevelhaften Unsinn in den Augen der aber- gläubigen Menge als einen Heiligen geltend ma- chen wollte. - Den 30. übernachteten wir im Dorfe Ko- rain, einem Neste voller Diebsgesindel, weshalb wir um unsere Zelten Wachen ausstellen ließen. - Den 1. Mai setzte ich die Reise fort. Ge- witter mit heftigem Regen verfolgten uns den ganzen Tag über und begleiteten uns bis nach dem letzten Dorfe Salhieh, von wo aus die gro- ße arabische Wüste beginnt, welche uns am fol- genden Morgen aufnahm, wo wir nichts mehr als gelben Sand, dürres Gesträuche von blau- 13 k 196 - grüner Farbe, öde Sandberge und zuletzt nicht einmal mehr einzelne Palmenbäume erblickten. Und dennoch hatte ich mir von ihr eine schreck- lichere Vorstellung gemacht. Statt dessen fand ich vielmehr eine Art von Wohlgefallen an die- fer unermeßlichen Fläche, an diesen von Zeit zu Zeit aufstrebenden Sandbergen, die wie Gold im Strahle der heißen Sonne wiederglänzten und selt- fam vom reinen Blau des Himmelszeltes abstachen. Eine merkwürdige Erscheinung war mir ebenfalls an manchen Stellen Spuren eines ehemaligen Flußbettes wahrzunehmen, über deffen Fläche sich ein salziger Ueberzug befand, so daß der Boden wie gefroren aussah. Zu den unangenehmen Entdeckun- gen gehörte ein Skorpion, welchen einer unserer Mukers fing und deren es in der Wüste sehr Viele geben soll. Auch eine bösartige Tarantel wurde auf dem Sande gefangen, die sich förmlich zur Wehre setzte. Am 3. begegnete ich zunächst dem Posthaufe. Katieh einem Kavallerie-Regimente mit den schönsten arabischen Pferden, das eben aus 197 Syrien zurückkehrte und das Lager aufgeschlagen hatte. Wir stießen auf mehrere solche Posthäuser, die sich durch die ganze Wüste bis nach Syrien er- strecken. Dromedare versehen statt der Pferde diesen Dienst. Am 4. legten wir trotz der heftigsten Hitze eine Strecke von sechzehn Stunden zurück, büßten aber leider zwei Pack-Kamele ein, welche vor Er- mattung todt zu Boden fanken. Ueberhaupt stieß ich bei jedem Schritte auf Gerippe verunglückter Thiere dieser Art. Ich war nur froh, daß mein getreuer Fuchs sich bis jetzt tapfer gehalten hatte, obgleich ihm der tiefe Sand bisweilen über den Knöchel herauf ging, was ihm das Fortkommen sehr erschwerte. Was die übermäßige Anstren- gung einer solchen Wüstenreise betrifft, so fand ich sie, wie so Manches andere früher Ge- hörte und Gelesene, bei Weitem übertrieben. Wer nur einiger Maffen an Fatiguen gewöhnt ist, wird sich mit Leichtigkeit in selbe fügen. Das einzige Unangenehme ist das Waffer, wel- ches, namentlich in neuen ledernen Schläuchen, 193 den Geschmack derselben annimmt; doch führ- te ich auch Waffer aus dem Nil in großen er- denen Krügen bei mir, das aber mit größter Sparsamkeit - nur bei Tische verwendet wurde. Es hielt sich ganz frisch. Wir erblickten an die- fem Tage, von zwei Punkten aus, zu unserer Linken das nicht allzuferne Meer. Der Anblick der Umgegend zeigte sich am einförmigten, um- somehr, da die wenigen Palmen der vorigen Tage heute ganz verschwunden waren, Den 5ten gegen Abend erreichten wir das Meeresufer und ritten eine gute Stunde an fel- bem entlang, so daß die rauschende Brandung die Füße meines Pferdes benetzte. Ich gewahrte eine Unzahl großer und kleinerer Seespinnen, wel- che sich von den Fluthen hin und her spülen lie- ßen. Unsere Zelte fehlugen wir für diese Nacht dicht am Strande und unweit des Fleckens El- Arich auf, dessen Gouverneur mich für den kom- menden Morgen zu einem arabischen Frühstück 199 einlud, was ich mit Vergnügen annahm. Nach- dem die Pfeife gereicht und der wohlschmeckende Kaffee geschlürft worden, wobei ich mit unterge- schlagenen Beinen auf einem Teppich kauerte, der auf dem Boden ausgebreitet worden war, brach- ten die Diener ein niederes, rundes Tischchen herein. Einer derselben trug auf dem Kopfe das Effen herbei, und nachdem mir eine kleine gestickte Serviette um die Schultern gehangen worden, begann ich, gleich den übrigen Gästen, mit den Fingern zuzulangen, was noch ziemlich allgemeine Sitte ist. Das Effen war vortrefflich; besonders schmackhaft zubereitet war ein vortrefflich schmeckender Seefisch, den die Burinannten. Der freundliche Wirth bezeugte die herzlichste Freude, mich in feinem Hause bewirthet zu haben und bat mich beim Abschiede dringend, ich möchte ihn doch bei Ibrahima fcha empfehlen, eine Bitte, die mir schon von vie- len feines Gleichen gestellt worden war, was seine Ursache in der Furcht hat, welche ihnen dieser strenge Mann einflößt. Nach einigen Stunden fetzte ich die Reise fort. Die Gegend, obgleich noch immer Wüste, begann allmählig einen ganz verschiedenen Charakter anzunehmen. Schon muß- ten wir förmliche Berge übersteigen. Der An- blick der Gegend war bei weitem nicht mehr so kahl. Man erkannte deutlich, daß man sich einem andern Welttheile näherte und daß die Wüste ihrem Ende nahe sei. Am Abhange eines Hü- gels, in dessen Stauden sich eine Menge von Schildkröten aufhielten, schlugen wir zum Letzten- male auf afrikanischem Boden unsere Zelte auf. Wenige Stunden trennten uns noch von dem gelobten Lande und von dem asiatischen Welttheil. Die herrlichste Mondnacht übergoß die Gegend mit ihrem Silberlichte. Tiefe Stille herrschte weit und breit, nur ein Beduine zog mit seinem Weibe und feiner Heerde an uns vorüber. Mit inbrünstiger Sehnsucht fah ich dem kommenden Tag entgegen, dessen Sonne mir aufgeweihter Erde leuchten sollte. 201 IV. Palästina und die syrische Küste. - Pen 7. Mai, Morgens gegen 7 Uhr, be- trat ich den Boden Asiens und zugleich die ge- weihte Erde des heiligen Landes. Zwei alte, einzeln stehende Säulen von grauem Granit, zwischen welchen sich ein niederer Baum erhebt, bilden die Grenze beider Welttheile. Die Wüste lag uns im Rücken. Die Gegend hatte einen ganz verschiedenen Charakter angenommen. Statt 202 der fandigen Hügel, statt der unermeßlichen Sandflächen überschritten wir mit grünem Ge- fräuche bewachsene Berge, denen eine weite, mit allem Fleiße bebaute Ebene folgte, auf deren grünen Wiesenplätzen zahlreiche Heerden weideten und die sich bis an die Hügelreihe von Gaza er- streckte, wo selbst wir am untern Ende der Stadt das Nachtlager aufschlugen. So unbedeutend das Innere derselben ist, so lieblich ist die Umgebung. Niemals, selbst in Sicilien nicht, sah ich in solcher Fülle und Größe den Kaktus. Ganze Wälder von Olivenbäumen umgeben die Stadt und tragen zur Verschönerung des Anblicks bei, was nach der Einförmigkeit der Wüste um so wohlthuender ist. Durch den Gouverneur erfuhr ich das Nähere über die Pest in Jaffa, in Jerusalem jedoch, behauptete er, fey der Gesund- heits-Zustand vollkommen beruhigend. Die Ex- fahrung sollte mich jedoch in Kurzem vom Ge- gentheil überzeugen, was mich vermuthen ließ, er habe die Wahrheit absichtlich verschwiegen, 203 was bei den Türken gewöhnlich ist; denn ihre Religion verbietet es ihnen, sich vor der Pest zu fürchten, indem sie es als Beleidigung Gottes ansehen. Daher kostete es der Einsicht des Vizekönigs keine kleine Mühe, die so nützlichen Vorsichtsmaßregeln der europäischen Quarantäne in seinem Reiche einzuführen. Am andern Morgen verließ ich Gaza. Die Gegend wurde immer lieblicher, immer grüner. Nachdem ich am Nachmittage mit der Karawane einen Hügel erstiegen, zeigte sich in der Ferne das Gebirge von Judäa. Der Anblick dieser wahrhaft reizenden Landschaft erinnerte mich leb- haft an die schöne Gegend um Regensburg. Ich glaubte mich einen Augenblick im bayerischen Vaterlande, so wie überhaupt der Charakter des Ganzen mich an Gegenden Deutschlands mahnte. Ueberall zeigten sich Olivenbäume und wilde Feigen. Die Felder waren im besten Stande. Auch bemerkte ich sehr häufig Tabaks-Pflanzun- gen. Die Dörfer schienen mir reinlicher und ihre Häuser hübscher und dauerhafter erbaut als die Egyptischen. Die Tracht der Einwohner gleicht. Jener der alten Israeliten, wie wir sie noch heut zu Tage abgebildet sehen. Auch ihre Physiognomien tragen das jüdische Gepräge. Ihre Sitten sind reiner und einfacher als Jene der Egyptier. Die Sicherheit des Landes ist, seit Ibrahim-Pascha"s gefürchteter Arm das Schwert der Gerechtigkeit leitet, einige wenige Ortschaft ten des Gebirges ausgenommen, vollkommen hergestellt. Den 9. hatten wir das Gebirge erreicht, deffen Gestaltung mich im kleinern Maßstabe an unter Hochgebirge erinnerte, nur daß selbst auf den Meisten der Gipfel liebliche Oelbäume sich erheben. Der Weg wurde von jetzt an mit jedem Schritte schmäler und steiniger, so daß ich es nur der wirklich bewunderungswürdigen Vorsicht meines guten Pferdes zu danken hatte, 205 daß ich nicht mehrere Male stürzte. Ich sah mich genöthigt, um das arme Thier wieder zu Athem kommen zu laffen, Einigemale längere Zeit anzuhalten. Als dies zum Zweitenmale der Fall war, ließ ich mich mit meinem Führer in ein Gespräch ein. Unter Anderem ließ ich ihn durch meinen Begleiter, den Sohn des öster- reichischen Vizekonsuls zu Damiette, Namens Konstantin Kahil, fragen, obwohl der berüchtigte Räuber Abougosh, von dem ich in mehreren Reisebeschreibungen gelesen hatte, noch immer fein Unwesen in diesen Gegenden treibe. Doch kaum hatte ihm Kahil dies verdolmescht, so trat ein kleiner Mann herzu und fagte mit einigem Befremden: „Ich bin sein Sohn. Ken- nen ihn vielleicht die Reisenden?“ Der Leser kann sich mein Erstaunen denken, welches dieses unverhoffte Zusammentreffen mit dem Sohne eines Mannes in mir hervorbrachte, dessen Ver- wegenheit und Grausamkeit lange Zeit der Schrecken der Pilger und seiner eigenen Lands- 206 leute war, welchen Letztern er häufig die Augen ausstechen hatte laffen. Sein Sohn hatte fich ebenfalls in seiner Bande befunden. Er erzählte mir mit größter Unbefangenheit von feiner frü- hern Lebensweise. Ibrahim-Pascha"s Regiment hatte ihren Räubereien ein Ende gemacht. Zu- dem ist Abougofh jetzt alt und kränklicht. Einige Stunden vor Jerusalem traf ich einige Reiter, die mir vom dortigen Gouverneur entgegen gesandt waren. Nach den ersten Be- grüßungen luden sie mich ein, auf einem Teppich, der unter einem Baume ausgebreitet worden, Platz zu nehmen. Kaum hatte ich mich niederge- laffen, als sie mir die höchst betrübende Nachricht mittheilten, daß in Jerusalem die Pest unter den Griechen herrsche. Man kann sich wohl denken, mit welcher Haft ich vom Teppiche aufsprang, auf welchem einige Minuten vorher die Türken geseffen waren. Ich konnte mich, trotz aller Vernunftgründe dennoch nicht eines unheimlichen 207 Gefühles erwehren und beeilte mich, die Hände mit Efig zu reinigen. Der Weg wurde immer steiler und schwieriger. Jemehr wir uns der heiligen Stadt näherten, desto kahler wurden die Berge. Außer einigen Weinpflanzungen hörte alle Vegeta- tion gänzlich auf. Glatte, spitze Steine erschwerten meinem Pferde jeden Tritt, so daß ich es mit genauer Noth vor dem Niederstürzen bewahrte. Um halb 6 Uhr Abends lag die heilige Stadt auf der Spitze einer breiten Anhöhe vor meinem Blicke. Die Abend-Sonne beleuchtete mit ihren goldenen Strahlen die Zinnen - der Minarete und hohen Mauern. Tiefe Rührung bemächtigte sich unserer Aller. Mit frommer Ehr- furcht, mit einem heiligen, wohlthätigen Gefühle, das ich lange, ja seit den längst verfloffenen heitern Tagen meiner Kinderjahre nicht mehr empfunden, näherte ich mich dem Thore jener Stadt, aus deren Schooße unsere christliche Reli- gion hervorging, jener heiligen Stadt, wo der 203 Heiland der Welt für der gesammten Mensch- heit Seelenheil den Tod am Kreuze erduldete. Von dem Gouverneur am Thore freundlichst empfangen, wurde ich von ihm nach dem lateinischen Kloster der Väter Franziskaner geleitet, wo selbst ich im sogenannten neuen Haufe, einem Seitenge- bäude des eigentlichen Klosters, abstieg. Sämmt- liche Väter befanden sich in strengster Quarantäne. Ich konnte den Padre Reverendiffimo nur an einem sorgsam verwahrten Gitter sprechen, konnte ihm jedesmal nur aus der Ferne mein Bedauern ausdrücken, das ich in der That von Herzen empfand, mich von so allgemein verehrten und geliebten Männern getrennt zu sehen, von Män- nern, die keine Gefahren, keine Mühen, kein Opfer scheuen, dem Dienste unserer Religion und dem Wohle der Armen obzuliegen. Ich fage gewiß nicht zu viel, wenn ich fiel als das Muster wahrer Frömmigkeit, als das Vorbild für alle Geistlichen bezeichne. Der schönste und 209 sprechendste Beweis ist, daß sie mehrere Hunderte von Armen beiderlei Geschlechtes in einem eigens dafür bestimmten Hause ernähren und unterrich- ten lassen; diese würdigen Leute, denen es selbst am Nöthigsten mangelt, indeß die griechische Geistlichkeit im Ueberfluße lebt und ihnen von Jahr zu Jahr ein Heiligthum nach dem andern entreißt. Nur der religiösen Gleichgültigkeit un- ferer Zeit ist es zuzuschreiben, daß dieser schreien- den Ungerechtigkeit von Seite der griechischen Mönche nicht Einhalt gethan wird. Im neuen Haufe angelangt, empfing mich an der Pforte desselben der Kurator oder Pfar- rer, der Einzige, welcher nebst den im heiligen Grabe diensthuenden Mönchen sich außerhalb des Klosters befand. Sein Name ist Pater Maria- no Vilardel, fein Vaterland Spanien. Wir be- fanden uns nunmehr in Quarantäne. Einige Be- forgniß erregte uns das späte Abpacken der Ka- mele in der sehr engen Straße, von welcher man 14 210 nur mit großer Mühe den Andrang der neugie- rigen Menge abwehren konnte. Wie leicht hät- ten nicht unsere Effekten betastet werden können, hinreichend, die Seuche hereinzuschleppen. Am andern Morgen war es mein Erstes, die streng- sten Befehle in Hinsicht der sämmtlichen Reise- gefährten und unserer Dienerschaft zu ertheilen. Ich erklärte, daß Jeder, der ohne sichere Beglei- tung den Wohnort verlaffe oder einen Fremden berühre, in engen Gewahrsam gebracht würde. Auf der Straße ließ ich zwei Kawaffen vor- an, zwei Andere hinten nach schreiten, welche Jedermann auf die Seite treten hießen. Wir selbst mit der Dienerschaft gingen je Zwei und Zwei, forgsam jeder Begegnung, jedem Thiere, ja selbst jedem Stückchen Wolle oder Tuch, das auf dem Pflaster lag, ausweichend. Jedesmal, so wie ich nach Hause kam, ließ ich eine Räu- cherung des Zimmers und der Kleider veran- falten. Den 10ten betrat ich zum Erstenmale die 211 Stätte des heiligen Grabes. Bei meinem Ein- tritt ertönte der feierliche Klang der Orgel, deren erhebenden Ton ich so lange schon vermißt. Doch wie soll ich Worte finden, die tiefe Rührung, die in solch' hohem Grade erhabene Empfindung und geheiligte Stimmung zu beschreiben, die sich meiner Seele bemächtigte, als ich den majestätischen Tempel betrat, als ich am heiligen Grabe selbst im stillen Gebete niedersank! – Die Gei- ster meiner entschlafenen Eltern schienen mich lie- bend zu umschweben. Es war mir, als hörte ich deutlich den Ausruf ihrer Wonne, ihren Sohn hier an der heiligsten Stelle des weiten Erden- kreises zu erblicken und Thränen der Inbrunst füllten mein Auge, das mit höchstem Entzücken auf dem Grabe - des Heilandes ruhte. Ich dankte meinem Schöpfer für die Gnade, mich unversehrt an das Ziel meiner Wanderung ge- leitet zu haben, ich pries Ihn für das lang ent- behrte fromme Gefühl, das sich meiner bemächtig- te, welches ich in den Zerstreuungen eines vergnü- 14 k 212 gungsreichen Lebens nicht so mächtig empfunden hat- te, wie es bei einem Manne meines Standes um fo eher der Fall feyn konnte, da ihm alle Mittel und jede Gelegenheit zu denselben zu Gebote stehen. Doch nie- mals wird die Erinnerung an diese erhabenste Stunde meines Daseins aus meinem Gedächtniffe schwinden. Am folgenden Tage wohnte ich der Meffe bei, welche mir vom Kurator am heiligen Grabe gelesen wurde. Ich ließ sie für das Wohl Seiner Majestät des Königs von Bayern, mei- nes gnädigsten Herren und Schwagers und der gesammten Königlichen Familie abhalten. Nie in meinem ganzen Leben habe ich dem heiligen Opfer mit größerer Aufmerksamkeit beigewohnt. Ohne mich in allzu weitläufige Details ein- zulaffen, will ich nur im Allgemeinen der vorzüg- lichsten Heiligthümer erwähnen, da sie schon von mehreren Reisenden vor mir auf das Genaueste beschrieben worden sind, wie zuletzt noch von dem Vater Geramb, von defen getreuer Schilderung 213 ich mich an Ort und Stelle überzeugte, weßhalb ich sie Jedermann auf das Beste empfehle. Die Kirche des heiligen Grabes umfaßt zu- gleich, nebst mehreren andern Stellen der Leidens- plätze unters Herrn, den Kalvarienberg, defen Kapelle auf der wirklichen alten Stelle sich be- findet und wohin man auf einer steilen, steinernen Treppe gelangt. Nachdem ich vom Fuße des Oelberges aus den ganzen Schmerzensweg durch die Stadt bis an das heilige Grab selbst verfolgt hatte, überzeugte ich mich hinlänglich von der Richtigkeit und Wahrheit der ganzen Eintheilung, die mir früher, aufrichtig gesagt, immer etwas unwahrscheinlich geschienen hatte. Der Leidens- weg, wie schon bemerkt, beginnt im Garten Geth- femane, wofelbst fich die acht Olivenbäume be- finden, die noch aus der Zeit des Heilandes her- rühren sollen, und von deren Früchten die Ro- fenkränze verfertigt werden, welche im lateinischen Kloster vertheilt werden. Wer von diesen Bäu- 214 - men das Geringste abreißt, wird mit dem Kir- chenbann belegt, was zur Erhaltung derselben nothwendig ist. Unterhalb des Oelberges und Gethsemane liegt das Thal Josaphat mit dem Grabe Josaphats und Jenem Absolons. Hier be- findet sich auch das Dorf Siloeh mit feinem, in der Bibel berühmten Teiche, dessen Quelle nun- mehr, wie auch der Bach Kedron, vertrocknet ist. Oberhalb befindet sich das prächtige Grab der Maria. Eine herrliche Stiege mit breiten Trep- pen führt in dasselbe hinab. Darneben liegt die schöne Grotte, wo der Heiland Blut schwitzte. Sie ist ganz im natürlichen Felsen befindlich. Auf dem Berge Sion besuchte ich die vormalige christliche Kirche, nunmehr zu einer türkischen Mo- fchee umgewandelt, woselbst das heilige Abend- mal eingesetzt wurde, somit die Stätte, von wo aus das Heil der christlichen Religion sich aus- breitete. Ferners besuchte ich den Ort, wo der heilige Stephan gesteinigt worden, unterhalb des Thores gleichen Namens. Das Thal Josaphat 215 ist mit unzähligen Steinen besäet. Ein Jeder von ihnen deckt den Leichnam eines Juden, wo- von Viele noch im Greisenalter, selbst aus dem fernen Europa hieher ziehen, um im Thale des Friedens ruhen zu können. Die schönste Aus- ficht genießt man vom Thurme der Moschee auf der Spitze des Oelberges, von wo aus man den Ueberblick über die ganze heilige Stadt, den Jor- dan und das todte Meer hat. Im Hintergrunde deffelben erhebt sich eine Reihe hoher Berge, die die Grenze des steinigen Arabiens bilden. Zu- nächst dieser Moschee, an die anstoßend, befindet fich eine kleine Kapelle, den Armeniern gehörig, worin sich ein Stein befindet, in welchem der Ab- druck des Fußes Jesu Christi zu sehen ist, wel- chen. Er in felbem zurückließ, als er gegen Hin- mel fuhr. Von hier aus begab ich mich nach den in Felsen gehauenen Gräbern der Könige, welche jedoch wenig Intereffe darbieten. Der Weg dahin ist der vielen Steine wegen beschwer- lich, die Gegend jedoch ist hier mit Olivenbäu- 216 men, wilden Feigen, Mandelbäumen und Wein- reben geschmückt. Einen höchst gefälligen Anblick gewähren die Granatbäume mit ihren purpurro- then Blüthen. Die Stadt Jerusalem felbst ist im Innern sehr unregelmäßig gebaut. Die Straßen sind winkelicht und fchmutzig. Die Häuser haben fast keine Fenster und statt der gewöhnlichen Dächer haben sie steinerne Terraffen. Von Jener des neuen Hauses, wo ich wohnte, bietet sich der schönste Ueberblick über die Stadt, den Oelberg und die Berge dar, welche gleich einem durchsich- tigen Schleier, mit einem bläulichen Dufte über- goffen sind. In den Straßen herrscht wenig Leben. Man zählt zwanzigtausend Einwohner. Nebst den Türken befinden sich neuntausend Juden dahier. Die Gemeinde der katholischen Christen beläuft sich auf tausend Seelen. Die Straßen der Stadt sind gepflastert, aber so schlecht, daß ich Mehrere- male beinahe niedergestürzt wäre. Zudem find fie 27 meist abhängig. Das Klima ist nicht am gesun- desten. Am Tage ist es sehr heiß, gegen Abend jedoch erhebt sich plötzlich eine kühle Luft. Auch herrschen öfters bösartige Fieber. Eine Vor- fichtsmaßregel ist es, sich in diesem Lande, wie auch in Syrien vor dem Genuße des Obstes zu hüten, was leicht Krankheiten verursacht. Den 12. begab ich mich nach dem zwei starke Stunden entfernten Bethlehem. Auf halbem Wege dahin befindet sich das den Griechen angehörige Kloster des Elias. An der Straffe befindet sich ein Baum, darneben ein großer Stein, auf dem der Prophet zu liegen pflegte. Der Ein- druck in demselben soll der feines Körpers feyn. Von hier aus erblickt man das Städtchen Beth- lehem, dessen mit unzähligen Oliven- und Feigen- bäumen bepflanzte Berge und Thäler einen frappanten Kontrast im Vergleiche mit der trau- rigeren Gegend von Jerusalem bilden. Von hier aus erblickte ich den mit Oliven bewachsenen 218 Platz, wo selbst den Hirten die Geburt des Jesus- kindes verkündet wurde. Etwas zur Linken zeigte mir der mich begleitende Kurator den spitzen Berg der Franzosen, dessen Benennung aus den Zeiten der Kreuzzüge herrührt; denn hier war es, wo sich die letzten französischen Kreuz- fahrer am Längsten erhielten. Im Kloster der Lateiner angelangt, begab ich mich nach der heiligen Grotte, wo selbst unser Erlöser das Licht der Welt erblickte. Dieser Theil der Grotte gehört den Griechen. Unmit- telbar darneben befindet sich in einer engen Nische die Krippe und der Stein, auf welchem Maria mit dem göttlichen Kinde faß, als die Könige aus Morgenland kamen und es anbeteten. Es ist Eigenthum der Lateiner, und hier war es wo mir der wackere Kurator die heilige Meffe für das Seelenheil meiner dahin geschie- denen Eltern las. Das Kloster gleicht einer Festung. Nur durch eine fehr niedere Thüre 219 gelangt man in das Innere. Das Städtchen liegt an einem Berge, und hat während den letzten Unruhen viel Schaden gelitten. Es ist nur von Christen bewohnt. Kein Türke darf es mehr bewohnen, fo wollte es Ibrahim-Pascha, der damit die Aufrührer züchtigen wollte. Von den freundlichen Franziskanern auf das Liebevollste entlaffen, ritt ich auf einem höchst mühsamen Wege über Berge und durch Thäler nach dem schönen Kloster St. Johann, dessen geräumige Kirche ganz nach europäischer Art erbaut und eingerichtet ist. Steigt man zur Linken einige Stufen hinab, so gelangt man an die Geburts- stätte des heiligen Johannes des Täufers. Viele Lampen erhellen, wie an allen diesen heiligen Orten, die Grotte. Die Kirche gehört aus- schließlich dem lateinischen Kloster. Einige Franzis- kaner-Mönche desselben versehen abwechselnd den Dienst daselbst. Das Innere des Gebäudes ist sehr geräumig und reinlich. Das Refekto- rium, wo ich auf das Freundlichste bewirthet 220 wurde, ist Eines der schönsten, das ich jemals gesehen. Nicht weit vom Kloster befindet sich das Haus des Zacharias und der Elisabeth. Von hier aus wurde mir auch der Ort gewiesen, wo David den Riesen Goliath erschlug. Den Nachmittag brachte ich im Kreise der Mönche zu, deren freundschaftliches und einnehmendes Benehmen nie meinem Gedächtniffe entschwinden wird. Am Abende wohnte ich der Vesper bei. Einer der Väter spielte dazu mit Gewandtheit die Orgel. In der Kirche knieten die Schul- knaben, an ihrer Spitze der Lehrer. Der feier- liche Klang der Orgel, der Gesang der Kinder, fie erinnerten mich lebhaft an die Heimath. Ich hatte Mühe, mich der Thränen zu erwehren. Nach einem höchst beschwerlichen Ritte von zwei Stunden langte ich wieder in Jerusalem an. Es war am 13. Morgens, als ich mich in das lateinische Kloster begab, um aus den Händen des ehrwürdigen Padre Reverendiffimo 221 den Ritterschlag zu empfangen, der mich der Würde eines Ritters vom heiligen Grabe theil- haftig machte. Nachdem ich ihm gebeichtet, das heilige Abendmal empfangen und dem feierlichen Hochamte beigewohnt hatte, empfing ich aus feinen Händen die Schuhe, das goldne Kreuz Gottfrieds von Bouillon und umgürtete mich mit dem alten Schwerte dieses frommen Helden, wobei ich Jedesmal einige Formeln ablesen und zuletzt den Schwur ewiger Treue für unsere Religion und des Schutzes für das Grab des Erlösers leisten mußte. Eine feierliche Hymne der versammelten Mönche schloß diese erhebende Ceremonie, welche mich lebhaft in die schönen Zeiten der frommen Ritterzeit versetzte. Hierauf geleitete mich der Reverendiffimo nach feinem Wohnzimmer, wo er mir der Reihe nach feine Geistlichen vorstellte. Obgleich er noch immer in strengster Quarantäne lebte, so hatte er den- noch aus Freundschaft für mich diesen Schritt gewagt. Wie begreiflich wandte ich alle meine 222 Aufmerksamkeit an, Keinen der Väter zu be- rühren, von welchen vor etwa 4 Jahren 19 an der Seuche gestorben waren. Seit mehreren hundert Jahren war ich der Erste vom Hause Bayern, der das heilige Land betreten und zu Jerusalem den Ritterschlag empfangen hatte. Der französische Prinz, Herzog von Joinville, der sich vor einigen Jahren dahier befand, erhielt diese Würde nur durch Prokura, indem der Reverendiffimo nicht anwesend war. Interessant war es mir unter Anderm, einer Hochzeit in der Kapelle des neuen Hauses beizuwohnen, welche dem alten kirchlichen Ge- brauche zufolge schon um 3 Uhr Morgens. Statt fand. Nachdem die das Brautpaar begleitenden Männer einige charakteristische Tänze, Einer nach dem Andern, ausgeführt hatten, begab sich der kleine Zug unter dem kreischenden Freudengeschrei der in weiße Schleier gehüllten Mädchen in die Kapelle, wo der Kurator ihrer harrte. Die Braut, 223 sie mochte höchstens 14 Jahre zählen, war dicht in einen langen, rosenrothen Schleier verhüllt, so daß man keine Spur des Gesichtes wahr- nehmen konnte. Nach beendigter Ceremonie wurde die heilige Messe gelesen, wobei das Evangelium zuerst in lateinischer, als dann in arabischer Sprache verkündigt wurde, ein Gebrauch der mir sehr zweckmäßig scheint und der in den christlichen orientalischen Kirchen allgemein ist. Nach vollen- deter heiliger Handlung begab sich zuerst der junge Mann hinweg, von einem Theil der hüb- fchen Mädchen geführt. Sodann folgte ihm die Neuvermählte in einiger Entfernung nach, von den andern Mädchen begleitet, welche sich gegen- feitig zuriefen. Das Haupt der Braut war mit einem dichten Kranze geschmückt und zu beiden Seiten hing nach syrischer Weise, eine Reihe zusammen gefügter Geldstücke auf die Schultern herab. Ihr Anzug war dermaßen unbequem, der Schleier von einer solchen Länge und die 224 gelben Pantoffeln so weit, daß sie kaum zu gehen vermochte. Das männliche sowohl, als wie das weib- liche Geschlecht ist hier zu Lande ausgezeichnet schön. Die schönen Formen der weiblichen Ge- fichter erinnern an die edlen Physiognomien der Römerinnen. Was allenfalls getadelt werden könnte, ist ihre allzu große Bläße. Ihre Tracht ist sehr malerisch. Auch die Kleidung der Mäd- chen in der Umgegend von Bethlehem gefiel mir ungemein. Mit ihren weißen Schleiern um den Kopf, ihren lichtblauen Kleidern und rothen Ueberwurf darüber, glaubte ich bisweilen einer Madonna-Gestalt zu begegnen. Das Benehmen der Regierung gegen die Christen ist in diesem Augenblicke sehr human. Ibrahim-Pascha benützt jede Gelegenheit, ihnen feinen Schutz angedeihen zu laffen, ja er liebt sogar den Umgang der Väter des heiligen Lan- 225 des. Jedesmal, wenn er z. B. nach Bethlehem kommt, pflegt er bei den dortigen Mönchen zu peisen. Das hiesige Volk wie auch das syrische, ist der Regierung nicht sehr gewogen. Nur Ibrahim-Paschas gefürchteter Name vermag es im Zaume zu erhalten. Aus Klugheit hat er einige der angesehenern Araber zu Gouverneur ren ernannt, obgleich sie früher mit zu den Rä- delsführern gehörten. Er beabsichtigt damit, mit ihrer Hülfe die Feinde der Ordnung zu beseitigen. Hat er dies erreicht, dann kommt die Reihe an sie selbst. Er befolgt darin den uralten Grundsatz, daß man Spitzbuben mit Spitzbuben fangen müffe. Am 14ten erhielt ich durch ein Schreiben des Kurators zu Bethlehem die Nachricht, daß in der Nähe des todten Meeres ein Aufstand ausgebrochen sei, was mir den Ausflug dahin un- möglich machte. Den 15ten Mittags verließ ich Jerusalem. Ich hatte durch den Gouverneur die Straße von 15 Kloster nach dem Thore absperren laffen, um vor jeder möglichen Berührung gesichert zu sein. Auch waren unsere Maulthiere, Pferde und Kamele, die ich von hier aus auf eigne Rechnung genom- men, aus der Umgegend und nicht aus der Stadt zusammen gesucht worden. Demungeachtet erfor- derte es die größte Strenge und die schärfsten Drohungen, diese unwissenden und gleichgültigen Menschen im Zaume zu erhalten, ihnen begreiflich zu machen, daß sie sich unterwegs in kein Dorf begeben dürften und Jedermann auf die Seite gehen heißen sollten. Trotzdem schlichen sich zwei von ihnen in Einen der verpesteten Orte. Ich ließ ihnen, als sie sich der Karavane wieder anschließen wollten, eine Pistole entgegen halten, worauf fie sich ferne hielten, was um so nöthiger war, da es ihnen in der That das Leben gekostet hätte. Ich hatte überhaupt mit diesen Mukers, die mich bis Nazareth geleiteten, einen schwierigen Stand. Nicht genug, daß sie der nöthigen Stricke zum Packen ermangelten, weßhalb bei jedem Schritte 22 die Koffer und Proviant-Kisten herabfielen und mehrere Gegenstände in selben zu Grunde gingen, bestahlen sie uns auch des Nachts. Von bösar- tigem Charakter, waren sie zugleich träge und unwillig, kannten keine Entfernung, keinen Weg, obgleich sie ihn schon oftmals gemacht, und er- schöpften endlich dermaßen meine Geduld, daß ich ihnen durch die Kawaffen Prügel ertheilen ließ und einigen mit dem Erschießen drohte. Ich habe nicht leicht ein verdorbeneres, schlechteres, habgierigeres Volk gefunden, als diese Men- fchen und überhaupt die Eingebornen dieses Lan- des. Versprechungen des Geldes und Stockstreiche allein sind im Stande, dieses ehrlose, diebische Gesindel im Zaume zu erhalten. Ich begreife, welche Mühe und unerbittliche Strenge es Ibra- him-Pascha kostete und noch kostet, dieses unruhige Räubervolk zu bändigen. Milde gilt bei ihnen für Dummheit, daher sie uns Europäer für geistes- schwache Leute betrachten, die nur in Verfertigung von Uhren u. dgl. geschickt seien. Ich für meine 15 k Person schmeichle mir, ihnen diesen Wahn benom- men zu haben; denn sie äußerten gleich den zwei- ten Tag der Reise eine große Furcht, nachdem ich ei- nigen mit meiner Reitgerte auf die Köpfe gehauen hatte. Niemals werde ich die Langwierigkeit und den Aerger auf dieser Tour vergeffen. Den ersten halben Tag mußte ich wieder die nämliche Strecke über das Gebirge zurücklegen. Als dann ging es rechts ab durch fruchtbare, gut bebaute Ebenen, zur Linken gegen Jaffa und das Meer ausmün- dend, zur Rechten vom Gebirge begrenzt. Am folgenden Morgen erblickte ich in der Entfernung von einer starken Stunde Ramla. Auch dort herrschte die Pest. Die Nacht des 16ten brachte ich in der Nähe der verfallenen Festung Gala Rasilaen zu. Mit Mühe erholte ich mich von der aufferordentlichen Schwüle und von der Er- mattung des Südwindes, der unserer Aller Glie- der an diesem Tag gelähmt hatte. Doch lange erhielt uns das wehmüthige, kinderartige Geschrei der Schakale wach, die sich in Menge unseren Zelten genähert hatten. Am folgenden Tag zo- gen wir an der Festung und dem Flecken Kakum vorüber, die, auf einem Hügel gelegen die weite Ebene beherrscht. Nachdem wir am Morgen eine mäßig hohe Bergkette paffiert, stiegen wir in die herrliche reich bebaute-Ebene von Esdrelon hinab. Vor uns lagen die Berge von Galiläa und der kuppelförmig gewölbte Berg Tabor, der sich isoliert zum Himmel erhebt. Der Anblick der wahrhaft reizenden Landschaft erinnerte mich an einige Partieen des Innthales im Tyrol. Zwei Stunden vor Nazareth beginnen steile Bergrücken. Hat man sie überstiegen, so erblickt man Nazareth ganz im Keffel und am Abhange der Berge gele- gen, wo selbst ich am Abend des 18. Mai anlangte und auf einer Wiese, zunächst des Brunnens der Maria, die Zelte aufschlagen ließ. - - - Nazareth ist höchst unansehnlich. Außer der Klosterkirche, welche die Grotte einschließt, in wel- cher der Engel Marien den Willen Gottes ver- kündigte, dem Hause Josephs, worin sich noch ein kleines Stück der alten Mauer vorfindet, der Synagoge, wo der zwölfjährige Jesus lehrte und dem Steine, auf dem er öfters mit seinen Apo- steln gesessen, bietet sich des Interessanten von größerer Bedeutung nur Wenig dar. Auch ein griechisches Kloster befindet sich hier. Den 20sten machte ich den Ausflug nach dem galiläischen Meere und dem Jordan. Die Ent- fernung von Nazareth bis Tiberias beträgt sieben Stunden. Der Weg ist, bis auf eine Strecke wohlbebauter Ebene, größtentheils fehr bergig und gefährlich zu überreiten. Zuerst gelangte ich nach dem Dorf Kana, berühmt durch die Hochzeit, die der Heiland durch seine Gegenwart und durch das Wunder mit Verwandlung des Waffers in Wein verherrlichte. Man zeigt noch die wenigen Ueberreste des Hauses, wo sich dieß zugetragen. Vor dem Orte befindet sich die Quelle, aus well- cher das Waffer geschöpft wurde. Noch heut zu 23 Tage versieht es die Einwohner mit dem nöthi- gen Waffer. Etwa eine Stunde weiter erblickte ich zur Rechten den Berg Tabor. Bald darauf lag mir zur Linken der Berg der Seligkeiten und jener, wo Jesus die Brode und Fische vermehrte worauf sich mir von der Höhe aus Tiberias und das galiläische Meer mit feinen reizenden Ufern und feinen malerisch geformten Gebirgen zeigte, Im Hintergrunde, etwas zur Linken, ragte der schneebedeckte hohe Hermon aus dem fernen Li- banon empor. Auch ließ ich mir den Platz, dicht am See gelegen, zeigen, wo Kaphernaum ge- standen. Ich habe nicht leicht einen reizenderen Anblick genoffen, als den Ueberblick dieser bezau- bernden Landschaft. Sollte ich einen Vergleich anstellen, fo wüßte ich keinen treffenderen zu fin- den, als mit dem Genfer-See, nur verherrlichter durch die magische Beleuchtung der Sonne Asiens. Tiberias, eine kleine Stadt mit einer Veste und uralten Mauern, bot einen traurigen Anblick dar. … Die Mehrzahl der Häuser lag im Schutte, eine Folge des fürchterlichen Erdbebens, des 1. Januar 1837. … Ich fand eine bedeutende Anzahl polnischer Juden, die hier ihr Leben zu beschließen gedenken. Auffallend war mir die höchst originelle Tracht der jüdischen Weiber. Sie sprechen eine Art von Deutsch, die jedoch schwer verständlich ist. Ich verweilte einige Stunden in dem Häus- chen einer jüdischen Wittwe, die mich gastfreund- lich empfing und mit Wein und Brod bediente. Ich lernte in ihrem Hause den jungen Arzt der Gemeinde kennen. Tiefe Melancholie sprach sich in feinen Zügen aus. Das stiere Auge verrieth leise Spuren nimmer fernen Wahnsinnes. Gleich- gültigkeit, bitteres Spötteln, dumpfe Verzweiflung begleiteten jede seiner Antworten. Und er hatte gerechte Ursache, der Aermste, dem grausamen Geschicke zu zürnen, denn bei dem Einsturze seines Hauses hatte er fein junges Weib, seine beiden Kinder und feine ganze Habe eingebüßt. Ihm selbst war dabei das Bein zerschmettert worden; dies. Alles das Werk einer flüchtigen Sekunde. Möge ihm der Allmächtige die verlorne Ruhe wieder schenken, deren fein wundes Gemüth fo sehr bedarf, oder ihn sobald als möglich von dem Schauplatze feiner Leiden erlösen. Eine halbe Stunde von hier entfernt, liegt das Badhaus Ibrahim-Pascha"s mit seiner warmen Quelle. Ich begab mich dahin, nahm das Mittag- mal daselbst ein, dessen Krone köstliche Fische aus dem See waren, und ritt alsdann gegen Abend nach dem, zwei kleine Stunden entlegenen Jordan, der hier seinen Ausfluß aus dem See hat. Er ist sehr schmal. Dichte Orleander-Gesträuche mit ihren rosigen, weithin duftenden Blüthen und spitziges Schilf bekränzen seine Ufer. Die stille Feier des Abends erhöhte die fromme Stimmung, die sich meiner Seele bemächtigte, als ich mich zunächst dieses geheiligten Gewäffers befand, als ich mit seinem dunklen Waffer einige Krüge füllte, um sie nach meinem Vaterlande mitzunehmen. Als ich nach dem Bade heimkehrte, wo selbst ich die Nacht zuzubringen gedachte, breitete die unter- gehende Sonne ihre purpurenen Streifen über den weiten See und die ihn umgebenden Gebirge. Es war einer der seligsten Abende meines Lebens. Am folgenden Morgen kehrte ich nach Nazareth zurück, wo selbst ich gegen Mittag wieder anlangte. Doch welcher Schrecken bemächtigte sich meiner, als ich meinen Arzt Dr. Baier, der sich bei mei- nem Abgehen schon unwohl gefühlt, ernstlich er- krankt fand, so daß er das Lager nicht mehr verlaffen konnte. Er erklärte sein Uebel für ein gastrisches Fieber, doch fein immerwährendes Schlummern, seine außerordentliche Mattigkeit und auffallende Abgestumpftheit erfüllte mich mit Besorgnis. Ein Brechmittel, das er sich verord- net, verfehlte seine Wirkung und verschlimmerte eher feinen Zustand, indem es ihm das Blut nach dem Kopfe drängte. Alle erhitzenden Mittel sind in diesen heißen Ländern Gift. So soll nament- lich der übermäßige Gebrauch der Ipekakuanha 235 häufig zu traurigen Resultaten geführt haben. Und dieses Mittels hatte sich mein armer Arzt, leider im Uebermaaße, bedient. Zudem waren die Pulver etwas verlegen, so daß sie nicht mehr Kraft genug hatten, das Brechen hervor zu brin- gen, und somit als wahres Gift den Magen belä- stigten. Diesem ersten Schrecken folgte alsbald ein Zweiter. Seit einigen Stunden war nämlich ein italienischer Handwerksbursche von Jerusalem angelangt, der, nebst einigen Anderen, mit mir im dortigen neuen Klosterhause gewohnt hatte. Er war erkrankt und es zeigten sich die Spuren der Pest. In aller Eile ließ ich nun die nöthigen Anstalten zu meiner morgigen Abreise treffen, um wo möglich vor dem Ausbruche der Seuche Na- zareth im Rücken zu wissen. Dr. Baier hatte sich freiwillig entschloffen, zurück zu bleiben, wohl fühlend, daß ihm die Kraft zur Fortsetzung der Reife mangle. Ich ließ ihm meinen Dragoman Mühlenhof zurück und schied am andern Morgen von Nazareth, nachdem ich den Kranken der Pflege 26 eines griechischen Geistlichen überlaffen hatte, der ihn gastfreundlich in seine Wohnung aufnahm. Obgleich sich, so viel wir wenigstens bemerkten, keine Spuren der Pest an unserm kranken Freunde gezeigt hatten, so eilte uns dennoch die Schre- ckenskunde voran, und wurde, wie es immer zu geschehen pflegt, mit den grellsten Farben aus- gemalt, was später, wie es sich bald zeigen wird, zu den größten Unannehmlichkeiten ge- reichte. - Der Weg führte mich Anfangs über steile, Gebirge, so daß mein Pferd mehr als Einmal inne hielt und ordentlich nachzusinnen schien, wohin es den Fuß setzen sollte, um nicht nieder zu stürzen. Der wackere Gouverneur von Na- zareth begleitete mich nebst Gefolge eine Strecke weit. Im Thale angelangt, ritt er mit feinen Leuten den sogenannten Djerith, ein bei den Bewohnern Palästinas und Syriens äußerst be- liebtes Spiel, das in einem tollkühnen Nach- 237 rennen und Schwingen der Lanze und pfeilschnel- len. Davonspringen besteht, wobei sie ihre flüchti- gen Roffe mit einer Gewandtheit und Sicher- heit zu wenden verstehen, daß man nur staunen muß, daß sich nicht. Jedesmal. Eines der Thiere im Buge beschädigt, um so mehr, da sie von einer regelmäßigen Führung gar keine Idee haben. Gegen Mittag, nachdem ich noch ein ganz enges Thal durchritten, in welchem mich die furchtbare Sonnenhitze zu verzehren drohte, lag das Meer und das befestigte Akre in weiter Ebene vor mir, berühmt durch die Kriegsereig- niße älterer und neuerer Zeiten. Zur Linken er- blickte ich das hohe Gebirge des Karmel, dessen höchste Felsen in das Meer hinausragen, und auf welchem sich das Kloster erhebt. Zu den Füßen des Gebirges liegt Kaipha. - In Akret angekommen, umringte man als- bald unser Lager mit Soldaten, um jede Be- rührung mit den Einwohnern sorgfältigst zu vermeiden. Ich überzeugte mich von der Un- wiffenheit und Sorglosigkeit dieser Soldaten, die an unsere Leute anstreiften, ganz gutmüthig den Kameelführern ihre Thiere hielten und sicher auch unsere Effekten berührt hätten, hätte ich nicht einer freundschaftlichen Warnung zufolge, die Wache durch die Wachsamkeit meiner eigenen Leute bewachen laffen. Gleich nach meiner Ankunft ließ ich den Garnisons-Arzt, einen geschwätzigen, leichtsinnigen Franzosen, zu mir rufen, und bat ihn auf das Inständigte, sobald als möglich meinem kranken Arzte zu Hülfe zu eilen, was er mir auf das Heiligste zu erfüllen gelobte und mit feinem Ehren- worte bekräftigte, schändlich genug aber, wie ich bald darauf erfuhr, nicht that. Von Akre, das ich Tags darauf verließ, führte mich der Weg durch ein langes, fleißig bebautes Thal längs dem Meere hin. Ich be- fand mich in dem schönen Syrien. Nach mehreren Stunden der Wanderung begannen steile, in's schäumende Meer weit hervorspringende Bergrücken. Zur Rechten be- gannen heute und den folgenden Tag die Berge der Metualis sich zu erheben, einer eignen Sekte, die ganz abgeschloffen für sich lebt, von Niemand die Pfeife annimmt und nicht aus dem Kruge eines Fremden trinkt. Ihre Hauptbeschäftigung find Ackerbau und Viehzucht. Ich habe nie schö- nere und reinlicher gehaltene Ziegen - Heerden getroffen, als bei diesem Stamme. Sie gewäh- ren mit ihren gefleckten Haaren und langen, tief herabhängenden Ohren einen ganz eigen- thümlichen Anblick. Doch bald gebot mir die Vorsicht, nur allein auf die Gefahren des hals- brechenden Weges. Acht zu haben, der von Stunde zu Stunde felsiger und steiler wurde. Mein Pferd mußte an manchen Stellen förmlich 20 hinabgleiten; an ein geregeltes Hinabschreiten war nicht mehr zu denken. Zu meinen Füßen links tobte das brausende Meer und schlugen feine tosenden Wogen an die abenteuerlich ge- formten Klippen und herabgerollten Felsenblöcke. Dicht zu meiner Rechten erhoben sich die steini- gen Wände der Berge und verengten immer mehr den ohnehin so schmalen Pfad, so daß mich ein einziger Fehltritt meines müden Thieres in das Wellengrab niedergeschmettert hätte. Erst gegen Abend erreichte ich die Ebene von Sour, dem alten Tyrus, der einstigen Beherrscherin der Meere und Hauptstadt Phöniziens. Die Stadt ist wie Akre, nicht groß. Sie liegt auf einer Landzunge. Da es schon ziemlich spät geworden, so schlug ich die Zelte eine starke Stunde davon entfernt auf. Ein Levantiner, der f-e Konsul, den ich zu mir bitten laffen, um mir nähere Aufschlüße über die Pest zu Beiruth mitzutheilen, lud mich für den folgenden Morgen zu sich nach der Stadt, was ich mit Freuden zusagte, da ich 241 den herzlichen Mann auf den ersten Augenblick liebgewonnen hatte. Jedoch am Thore der Stadt angelangt, ließ man mich der Quarantäne halber nicht hinein. Der Konsul, nach dem ich schickte, befand sich noch in der Kirche, und so ritt ich, nachdem ich eine halbe Stunde vergebens ge- wartet, getrost meiner Wege. Was ist Hoffnung? dachte ich bei mir selbst; was sind Pläne? Ich hatte mich schon im Voraus auf den Genuß köstlicher Meerfische, labender Früchte, feurigen Libanon-Weines gefreut, allein das feindselige Geschick hatte ein anderes beschloffen. Statt zu speisen wurde ich vor dem Thore abgespeist und mußte mich mit einem Stücke alten Käses und steinhart gewordenen Brodes begnügen, das schon seit mehreren Tagen in meiner Satteltasche auf- bewahrt lag. Auch an diesem Tage, den 24. Mai, führte mich mein Weg stets längs des Meeres hin, durch fruchtbare Ländereien, an herrlichen Citro- 16 - 22 nen- und Aprikosenbaum-Gärten vorüber, deren es in dem gesegneten Syrien in so großer Menge gibt. Die Aprikosen bilden dahier förmlich hohe Bäume. Sie sind äußerst schmackhaft, doch ist der zu häufige Genuß Fieber erzeugend. Gegen Abend erreichte ich Seida, das alte Sidon. Seine Lage gleicht. Jener von Sour. Auch hier wurde der Eintritt verweigert, bis endlich der österreichische Dragoman, Herr Lapi, begleitet von Einigen der hiesigen Behörden, uns nach einem Platze hinter der Stadt geleitete, wo wir, alsbald von einem „Piket umringt, uns der Quarantäne unterziehen mußten." Seida liegt dicht am Meere, zu den Füßen des mächtigen Libanon, dessen majestätischer An- blick mich in Bewunderung versetzt hatte und deffen Wurzeln im Meere entspringen. Der Platz, wohin man uns gebannt hatte, befand sich dicht am Strande. Es führte der Weg 243 nach Bairuth vorüber, das nur acht Stunden von hier entfernt ist. Auf der Spitze der nie- dern Anhöhe, um welche die Zelte aufgeschlagen worden, erhob sich das Grabmal vier alter Ve- ziere, mit einer offenen Säulenhalle, die uns später zur Reinigung und Lüftung unserer ver- dächtigen Effekten trefflich zu Statten kam. Rück- wärts befand sich ein Garten, voll der schönsten Aprikosen- Mandel- und Citronenbäume, so daß man sich in einem Wäldchen glaubte, der uns aber erst nach Verlauf einiger Tage geöffnet wurde, der einzige Ort, um vor den verengen- den Sonnenstrahlen geschützt zu seyn, deren Wirkung uns selbst aus den Zelten trieb. In der Hoffnung baldiger Erlösung hatten wir uns zur Ruhe begeben, nicht ahnend, welch schreck- liche Kunde uns am folgenden Morgen werden sollte. - - - - Wie groß war meine Bestürzung, als sich am andern Tage mein Dragoman Mühlen- 16% 244 hof melden, ließ, und mir mit den Worten „er ist todt!“ das Hinscheiden meines Arztes be- richtete, in dem ich mehr als einen treuen Diener, in welchem ich einen wahrhaften Freund von Geist und Charakter verloren hatte. Er war den Tag nach unserer Abreise verschieden, zuletzt ohne Bewußtseyn. Dieser unglückliche Vorfall verschlimmerte unsere Lage. Die strengsten Maßregeln wurden gegen uns verfügt; denn Nie- mand zweifelte, und leider mit vollem Rechte, daß die Ursache des schnellen Todes unseres armen Ge- fährten die Pest gewesen fey. Man kann sich einen Begriff von unserer schrecklichen Lage machen, ver- mehrt durch die Scheu vor den eigenen Effekten, die wir in aller Eile dem Luftzuge Preis gaben, um wo möglich das verborgene Gift aus ihnen zu entfernen; denn aus jedem Stückchen Leinwand, aus dem kleinsten Papierchen selbst drohte uns bei der leisesten Berührung der Tod. Dazu kam noch, daß wir in den ersten Tagen, in Folge des Mangels einer gut organisierten Qua- - - - - 25 rantäne-Anstalt, sogar am Brode Mangel litten. Das Unglück nähert sich dem Menschen niemals allein. Schon am zweiten Tage erkrankte mein Mulatte. Unsere Angst steigerte sich um so mehr, da die Symptome einer Krankheit völlig mit Jenen der Pest übereinstimmten, so daß der herbeigerufene, arabische Arzt sich erst nach meh- reren Tagen von dem eigentlichen Uebel über- zeugen konnte, zu dem sich ein bösartiger Typhus gesellte. So verlebten wir die ersten eilf Tage, dem gewöhnlichen Termin der Gefahr, in tödt- lichter Bangigkeit und Ungewißheit, gemieden und geflohen, uns selbst überlaffen in einem fremden Lande, dessen Klima uns überdies mit Fiebern drohte und nur acht Stunden von Bai- ruth entfernt, wo die Pest im Zunehmen be- griffen war. Unsere Lage war in der That ver- zweiflungsvoll. Da nahte sich uns die tröstende Hand eines weiblichen Engels, der schon seit vielen Jahren feine Heimath verlaffen, um ferne vom Geräusche einer lieblosen Welt, nur in der 26 Erinnerung an die schönen Tage der goldenen Jugendzeit zu leben, und Nächsten wie Fremd- lingen. Gaben der Freundschaft und Liebe zu spenden. - Gleich in den ersten Tagen erhielt ich ein freundliches Schreiben mit der einfachen, liebe- vollen Aufschrift: „aux Allemands malades“ nebst einigen Körben mit Effenzen, Rum und Broden. Und diese Trösterin in der Noth, dieses theilnehmende zartfühlende Wesen war – Lady Stanhope, die einsame Bewohnerin des Fleckens Dgioun am Libanon, zwei eine halbe Stunde von hier entlegen. Bevor sie noch mei- nen Stand und Namen kannte, kaum daß ihr das dunkle Gerücht von dem Unglücke der deut- schen Fremdlinge zu Ohren gedrungen, breitete sie ihre fegenbringende Hand über uns aus, er- theilte sie uns schriftlich wohlmeinenden Rathschluß und heilsame Vorschriften zur Erhaltung unseres gefährdeten Daseyns. Diese unerwartete Theil- 247 nahme, noch dazu gespendet von Seite dieser Frau, lockte mir Thränen des Dankes, der Rührung hervor. Ich beeilte mich, Ihr in einem Schreiben den innigsten Dank meines Herzens auszusprechen, Ihr zu betheuern, daß die Erinnerung an Ihre Güte nie aus meinem Gedächtniffe schwinden würde; daß Ihre liebe- vollen Gaben für mich um so größeren Werth hätten, da sie mir zu Theil geworden wären, bevor Sie noch mit meinen Verhältnißen bekannt gewesen sei, ein Beweis mehr Ihres edlen Charakters, der ohne Rücksichten des Ranges oder Standes jedem Bedürftigen mitleidig bei- stehe. Bald darauf erhielt ich ein höchst schmeichel- haftes Schreiben von der Hand dieser edlen Dame, den mir Ihr Arzt, ein bejahrter Engländer, überreichte, und von nun an fand- te Sie jeden Morgen reichliche Gaben von verschiedenen Lebensmitteln, ja selbst mit frischem Waffer versorgte uns Ihre beispiellose Güte, da das unsere sehr schlecht und schädlich war. Doch 23 genug von der Engelsgüte dieser Frau. Sie wird mir vielleicht zürnen, daß ich diese wenigen Zeilen niederschrieb, doch mein dankbar-gerührtes Herz drängte mich unwiderstehlich zu diesem schwachen Beweis meiner Erkenntlichkeit. Mögen fie dem geneigten Leser zur treffendsten Charak- terschilderung dieser herrlichen Dame dienen. Noch muß ich der unermüdlichen Thätigkeit des Herrn Lapi erwähnen, der sich meiner mit wahrhaft brüderlicher Sorge annahm. Möge sich mir je eher je lieber Gelegenheit darbieten, dem wackern jungen Mann, dessen Klugheit und Eifer feinem Gouvernement schon so vielen Nu- zen gewährt hat, seine Freundschaft zu lohnen. Auch der liebevollen Theilnahme des griechisch- katholischen Klosters Deir-El-Mauháelles, auf dem Libanon gelegen, muß ich dankbar erwähnen, deffen frundliche Mönche mich, so wie mehrere Levantiner von Seida, mit ausgesuchten Lebensmit- teln und köstlichem Weine vom Libanon versorgten. 219 Am 6. Juni endlich kündigte man uns die ersehnte Freiheit an, jedoch war sie uns von geringem Nutzen, da die Nähe der Pest die größte Vorsicht erheischte und es unter folchen Verhältnißen nichts Gefährlicheres gibt, als viel im Lande herum zu wandern. Man thut immer am Besten, sich so viel als möglich ruhig auf einem bestimmten Platze zu verhalten und sich mit den Bewohnern in keine nähere Be- rührung zu setzen. Was mir dabei am schmerz- lichsten fiel, war, daß ich das herrliche, ächt alt - orientalische Damask mit seinen reizen- den Gärten nicht besuchen konnte. Es war dies ein großes Opfer, das ich der Vorsicht darbrachte; denn nicht zum Zweitenmale wollte ich das Glück auf die Probe stellen. Und somit hatte ich den interessantesten Theil meiner Reise voll- endet; hatte glücklich die Beschwerden der weiten Landreise zurückgelegt, ohne mich, Gott fey es gedankt, auch nur einen Augenblick unwohl oder übermäßig müde befunden zu haben, was doch %. 250 so leicht der Fall feyn hätte können, da ich diesen langen Weg mit fast unglaublicher Schnell- ligkeit zurückgelegt hatte. Zudem kam noch der häufige Wechsel des schlechten Waffers. In der Wüste zumal sahen wir uns genöthigt, mit ei- nem Waffer vorlieb zu nehmen, das wir viele Tage lang in ledernen Schläuchen mitschleppten, Es kostete bisweilen große Ueberwindung, es zu trinken, um so mehr, da es den Geschmack des Leders angenommen und ganz trübe geworden war. In Europa würde sich der ärmste Bettel- junge für dieses Getränke bedankt haben, allein der gänzliche Mangel und die Größe unseres Durstes ließen uns keine Wahl übrig. Ich benützte die letzten Tage zu einem Ausfluge nach dem griechisch-katholischen Kloster Deir-El-Mauháelles, im Libanon gelegen, wo- hin mich die Gefühle der Dankbarkeit gehen hießen, da ich, wie schon gesagt, von den freund- lichen Mönchen dieses Klosters so rührende Be- 251 weise der Theilnahme in meinem Mißgeschick er- halten hatte. - - - Um vier Uhr Nachmittags machte ich mich in Begleitung des Herrn Lapi und zweier türki- fchen Behörden auf den Weg. Nachdem ich eine kurze Strecke längs dem Meere im tiefen Sande geritten, lenkte der Weg nach Rechts ab und be- gann immer steiler und steiniger zu werden, denn schon befand ich mich am Fuße des hohen Libanon- gebirges. Mit jedem Schritte verschlimmerte sich der Weg. Zweimal stürzte mein Pferd mit mir zu Boden. Nachdem ich eine starkgewölbte Stein- brücke paffiert, die über einen ziemlich reißenden Bergfluß gesprengt ist, wurde der Pfad von nun an dergestalt felsicht und schroff hinanführend, daß ich mich mehreremale am Knopfe des Sattels halten mußte, um nicht rücklings vom Pferde zu gleiten. Zu meiner Rechten schlängelte sich ein mit lieblichen Silberpappeln, Citronen- Orangen- und Cypreffenbäumen bewachsenes, enges Thal, das 252 sich jedoch bald zwischen den Schluchten verlor. Nachdem ich eine ziemlich bedeutende Höhe erreicht hatte, bot sich mir der herrliche Ueberblick über das Meer, die Stadt Seida mit ihren Aprikosen- und Citronen-Gärten und den Vorgebirgen in der Richtung gegen Sour dar, dieß Alles erleuchtet vom Schimmer einer prachtvollen Abend-Sonne, die sich allmählig in die glänzenden Fluthen zu tauchen begann. Die Vegetation wurde jetzt eine gute Strecke entlang ärmlicher. Die höchsten Gipfel dieses Theiles des Libanons traten hervor, doch nur ein kleiner Theil des Gebirges, mir zur Rechten, war mit Bäumen bewachsen. Ich hatte mir eine ganz andere, vortheilhaftere Vorstellung gemacht. Und dennoch kann ich nicht sagen, daß, obgleich der Anblick der Umgegend öde ist, er unangenehm auf mich zurückwirkte. Mit ihren vielen, aben- teuerlichen Schluchten zu meinen Füßen, fühlte ich mich von einem ganz eignen, beinahe geheim- mißvollen Gefühle bemeistert. Die stattliche, halb kreisförmig im Hintergrunde sich erhebende Berg- 253 kette, mahnte mich an die Alpen der Schweiz. Auf den höchsten Spitzen der - niederen Berge zeigten sich eine Menge Dörfer, deren reinliche Häuser den Wohlstand errathen ließen, der unter den Bewohnern des Berges, meist Christen, vor- herrschend ist. Nach zweien Stunden mühsamen Kletterns, erblickte ich auf der Höhe eines steilen Hügels den Wohnsitz meiner Wohlthäterin, das einsame Dgioun und bald darauf, ebenfalls auf einer felsichten Anhöhe gelegen, das freundliche Kloster, dessen Bewohner sich mir als wahre Men- fchenfreunde bewährt hatten. Es ist nur eine starke halbe Stunde von Dgioun entfernt. Bei meiner Annäherung vernahm ich nach langer Zeit zum Erstenmale wieder den feierlichen Klang der Glocke, deren Ton sich weithin verbreitete und in mir eine sanfte Rührung hervorbrachte, gestei- gert durch die lebhafte Erinnerung an die Hei- math, deren traute Bilder mehr als jemals meinem Geiste vorschwebten. Am Fuße des Hügels, auf deffen Spitze das Kloster sich erhebt, angelangt, 254 wurde ich von dem Superior und der sämmtli- chen Klostergemeinde auf das Feierlichste empfan- gen und in Prozession nach der Kirche geleitet, um daselbst am Fuße des Hochaltars das Gebet zu verrichten. Das Kloster ist sehr geräumig und reinlich. Die Mönche sind sämmtlich geborne Araber. Ihr Hauptberuf ist der Unterricht und die Bebauung der Felder und Weinberge. Ihre Klei- dung ist ganz nach Art der griechischen Geistlichen. Sie besteht aus einem kornblauen Talar mit schwar- zem Ueberkleide. Auf dem Kopfe tragen sie eine schwarze Mütze, Kallusse genannt. Diese Kopf- bedeckung war Ursache langwierigen Streites mit ihren Gegnern, den schismatischen Griechen, welche sich allein für berechtigt glaubten, selbe zu tragen. Seit Kurzem jedoch mußten sie ihnen das gleiche Recht zugestehen. In Europa, wohin zuweilen Einige von ihnen gesandt werden, bedienen sie sich der Hüte, um nicht für Schismatiker gehalten zu werden. Am folgenden Morgen wohnte ich dem feierlichen Hochamte bei, das mit wahrer 255 Pracht und nach dem mir bisher fremden Ritus der katholischen Griechen abgehalten wurde. Ge- fang der jüngeren Mönche begleitete die feierliche Handlung. Der Gottesdienst wird in arabischer Sprache abgehalten, was mir sehr zweckdienlich erscheint, indeß bei uns das Volk nicht das Ge- ringste von dem versteht, was der Priester in lateinischer Sprache abliest. Nach der Meffe er- schien der Arzt meiner mütterlichen Wohlthäterin, um mich von dem plötzlichen Unwohlsein seiner Gebieterin in Kenntniß zu setzen. So wurde mir also das Glück geraubt, ihr mündlich die aufrichtigen Gefühle meines Dankes darzubringen. Ich läugne nicht, daß ich meinem Mißgeschicke auf das Heftigste zürnte, um so mehr, da mich eine so kurze Strecke vom Aufenthalte dieses so menschenfreundlichen Wesens trennte. Die Bewirthung im Kloster war wirklich eine fürstliche. Des Gesundheittrinkens war gar kein Ende, und ich mußte alle meine Vernunft- 256 gründe in Anspruch nehmen, um dabei nicht die Gesundheit selbst einzubüßen, denn der treffliche Wein des Libanons begann schon mir allmählig die Sinne zu betäuben. Nach jedem Toast wurde von einigen Mönchen ein paffendes arabisches Lied gesungen, was nicht wenig dazu beitrug, mir den Kopf wirbelicht zu machen. Namentlich einer derselben, der mir der Vorsänger zu sein schien, ließ seiner ohnehin kräftigen Stimme solch freien Lauf, daß es mir völlig meine, sonst nicht sehr empfindlichen Nerven, angriff, und ich alle meine schuldige Rücksicht aufbieten mußte, um entweder nicht zu lachen oder mir die Ohren zu- zuhalten. Meine arabischen Tischnachbarn schienen höchst gerührt, und jemehr der sogenannte Sänger schrie und seine gellenden und näselnden Rouladen ausstieß, in desto größeres Entzücken geriethen die guten Väter. Dabei lief mir der Schweiß von der Stirne, denn die Hitze, die seither schon be- deutend zugenommen, war an diesem Tage so heftig, daß sich selbst die Eingebornen darüber 57 beschwerten und äußerten, sie hätten schon seit Langem keine solche Wärme ausgestanden. Gegen Abend schied ich von den wackern Mönchen und erreichte mit Einbruch der Nacht unser Lager, nach einem halsbrechenden Ritt von zwei und einer halben Stunde, während defen sich wohl mehr als ein Dutzendmal Gelegenheit zum Hals- brechen dargeboten hatte. Noch muß ich der Heuschrecken erwähnen, deren ich eine so große Menge antraf, daß mein Pferd vor ihrem Ge- fume scheu wurde und umkehren wollte. Sie sind eine große Plage für diese Länder. Um sie zu vertilgen, werden Gräben angelegt, in welche man sie hineintreibt und begräbt. Es ist noch nicht lange her, daß Ibrahim-Pascha ein ganzes Regi- ment zur Vertilgung dieser Insekten aussandte. Den 11. Junius schlug endlich die Stunde der Erlösung. Es war um zehn Uhr Morgens, als mich das englische Dampfboot Megera, von Bei- ruth kommend, an Bord nahm. Obgleich seekrank, 17 258 war mir dennoch wohl zu Muthe, nach neunzehn- tägigem, höchst traurigem Aufenthalt Seida den Rücken zu kehren. Am Bord des Schiffes fand ich, nebst mehreren anderen, sehr artigen Englän- dern, den liebenswürdigen Lord Prudhok, dessen Bekanntschaft ich während meines Aufenthaltes zu Kairo gemacht hatte und feinen Begleiter, einen englischen Obersten Ramens Devison, ebenfalls ein sehr artiger Mann, der sich längere Zeit in Deutschland aufgehalten hatte. Am 13ten Morgens liefen wir im Hafen von Alexandrien ein, durften jedoch das Land nicht betreten, da das Schiff, als von Beiruth kommend sich in Quarantäne-Zustand befand, was mich nicht sehr schmerzte, indem in der Stadt und in der Flotte die Pest, die Cholera und die Blat- tern herrschten. Ein Mann soll in Zeit von zwölf Minuten gesund und todt niedergestürzt sein, was zu dem Gerücht Anlaß gab, als habe sich in ihm der schwarze Tod gezeigt, welcher damals in Aue- 259 rika herrschte. Obgleich ich, wie gesagt, das Schiff, welches die Post von Bombai erwartete, nicht verlaffen durfte, so verstrich mir der Tag dennoch höchst angenehm. Im Kreise der angeneh- men Reisegefährten vergaß ich selbst der verhee- renden Seuchen, ja selbst im Punkte der Mäßig- keit ließ ich mich verführen, eine Sache die bei traulichen englischen Mahlzeiten, verbunden mit etwas wankelmüthigen Grundsätzen, beinahe un- möglich ist. Ich gestehe, daß ich mir die ge- pfefferte Kost und den feurigen Portwein ganz trefflich schmecken ließ. - Von Intereffe war es mir, zu erfahren, der Vizekönig habe den Konsuln erklärt, er werde sich in Kurzem als von der Pforte unabhängig erklären. Unser Schiff war der Ueberbringer der Depeschen an das englische Gouvernement, be- züglich dieser Angelegenheit. Am 17ten um zwei Uhr Nachmittags verließen wir den Hafen von Alexandrien. Schon nach wenigen Stunden drehte 17 260 sich der Wind und blieb uns während der ganzen Fahrt ungünstig. Den 22ten erblickten wir die kahlen Berg- spitzen der Insel Malta. Um fünf Uhr Abends lag das malerisch gelegene Lavalette vor uns, das sich, einem reizenden Panorama gleich, am- phitheatralisch am Abhange eines Berges erhebt. Wir steuerten am ersten Hafen vorüber und lie- fen in jenem der Quarantäne ein. Kaum daselbst angelangt, ließ ich sogleich einen Theil unserer Effekten nebst zweien Dienern nach dem Fort Manuel, der Quarantäne-Anstalt, hinüberschaffen, damit der Tag der Ankunft noch gezählt werden konnte; denn das Leben in einer Quarantäne ist so eine langweilige Sache, daß man jede Stunde we- niger nicht unbenützt vorüber gehen laffen sollte. - Am folgenden Tage bezogen wir das Fort. Es war erst seit fünf Monaten zu diesem Zwecke eingerichtet worden und ist sehr groß und geräu- - 261 mig. Ein weiter Hof mit der herrlichen Ansicht von Lavalette und dem Meere diente uns zum Spaziergange. Reinlichkeit, höchst aufmerksame Bedienung und eine vortreffliche Küche mildern das Unangenehme dieser einundzwanzigtägigen Festungsstrafe. Man kann mit Wahrheit sagen, daß man hier auf die höflichste und nobelste Art gefangen gehalten wird. Während der ersten sieben Tage sperrte man um neun Uhr Abends die Thüre zu unserm Gange. Nach Verlauf derselben gestattete man uns nach Belieben den Aufenthalt im Hofe, was uns fehr zu Statten kam, da die mehr als asiatische Hitze des Tages uns bis zum Abende in den kühlern Zimmern zurückhielt. Schneller als ich es gehofft, verstrichen mir diese Tage der Gefangenschaft. Sie dienten mir zur Erholung nach so vielen Monaten der Stra- paze und des Schreckens der jüngst verlebten Tage. Ich hatte Muße, das Gesehene und Ex- lebte nochmals im Geiste, in der Erinnerung zu wiederholen; denn ich hatte wahrhaftig während eines, für so eine weite Reise, kurzen Zeitraumes, des mir früher Unbekannten unendlich Vieles ken- nen gelernt. Ich war so glücklich gewesen, den Plan meiner Reise, in der Hauptsache wenig- stems, zu vollenden, nur Damask mißgönnte mir das feindliche Geschick, Folge unseres erzwunge- nen Aufenthaltes in Seida. Erst auf dem Rück- wege erfuhr ich, daß daselbst die Cholera heftig wüthete, so wie auch, daß sich gerade auf unserm Wege von Jerusalem nach Seida mehrere Räu- berbanden gezeigt hätten, indeß wir sorglos einher gezogen waren. Es ist eine der hauptsächlichsten Unannehmlichkeiten in diesen Ländern, daß man sich nicht einmal im kleinsten auf die Aussagen der Bewohner verlaffen darf, welche theils die Wahrheit nicht eingestehen wollen, oder größten- theils nicht von ihr unterrichtet sind. So wußte oder wollte z. B. der Gouverneur von Gaza nicht wissen, ob in dem so nahe gelegenen Je- rusalem, wo noch dazu fein Sohn den gleichen 263 Posten begleitete, die Pest vorhanden sei oder nicht. Einer wahren Fügung Gottes verdankten wir unsere Rettung aus den Gefahren letzter Zeit. Am 12ten Juli schlug endlich die ersehnte Stunde der Freiheit. Eine Barke brachte mich an's jenseitige Gestade, wo selbst eine Abtheilung englischer Truppen meiner am Ufer harrte. Als ich das Land betrat, donnerten mir die Kanonen vom Fort St. Elmo entgegen und ertönte die feierliche Melodie des „God save the Queen.“ Ich begab mich sogleich zum Gouverneur, General von Bouverir, der mich mit wahrer Herzlichkeit empfing, so wie ich überhaupt während der we- nigen Tage meines Aufenthaltes in Lavalette von Seite der englischen Offiziere mit noch nirgends getroffener Freundschaft und ächter Kamerad- fchaft behandelt wurde. Nie wird die dankbare Erinnerung an die frohen Stunden, die ich in ihrer Mitte zubrachte, aus meinem Herzen schwin- den. Gegen Abend war Parade auf der Floriana, 26 einem großen Platze außerhalb des Thores. Ich habe in Betreff der Propretät nichts. Vollkomm- neres der Art gesehen. Wahrhaft pittoresk nahm sich das schottische Regiment in seiner originellen Nationaltracht aus, Leider hatte beim Hinaus- reiten einer meiner Begleiter, Hauptmann Hüg- ler, das Unglück, mit seinem Pferde auf dem Straßenpflaster zu überschlagen und sich das rechte Schlüffelbein und einen Finger der rechten Hand zu brechen. Am Abende war großes Di- ner bei dem Gouverneur, Die Stadt Lavalette hat hübsche, geräumige Straßen. Es verräth sich auch in Hinsicht der Reinlichkeit die wohl- thätige Einwirkung des englischen Gouvernements. Das Palais des Gouverneurs ist sehr pracht- voll und geräumig. In einem großen Saale deffelben befindet sich die interessante Waffen- Sammlung aus den Zeiten des Ritterordens. Dicht neben dem Palais ist das herrliche Bi- bliothekgebäude. Es enthält bei 40.000 Bände, meist ältere Werke aus der Zeit des Ordens, 265 deffen Mitglieder ihre Privat-Sammlungen der Anstalt vermachten. Ich besuchte ferners die prachtvolle Kathe- drale von S. Giovanni. Ich habe wenig Pracht- volleres gesehen; der Fußboden zumal, ganz aus Mosaik bestehend, übertrifft alle Erwartung Die französische Plünderungssucht hat auch hier ihre Spuren zurückgelaffen. Die Regierung un terläßt es nicht, den prachtvollen Tempel auf das Würdigste zu erhalten. Die Festungswerke sind von einem Umfang und einer Stärke, wie ich noch keine Aehnlichen getroffen. Auch hat die Natur das Ihrige zur Vertheidigung der Insel in reichem Maße bei- getragen. Die Munitionsvorräthe sind auffer- ordentlich bedeutend. Die Kasernen sind wahre Paläste. Die Verpflegung der Soldaten läßt nichts zu wünschen übrig. Der Tisch der Unter- offiziere war so einladend, daß ich mich gar zu gerne zu ihnen hingesetzt hätte. - Unter den Bekanntschaften, die ich hier an- knüpfte, war mir unter Andern jene des Cheva- lier Granville-Temple von großem Intereffe. Es ist derselbe, welcher in den Ruinen von Karthago Nachgrabungen veranstaltet, Am 14. Abends verließ ich mit dem nea- politanischen Dampfboote „Winefried“ den Ha- fen von Lavalette. Schon den folgenden Morgen hatten wir Syrakus erreicht, wo selbst wir bis zum kommenden Tage verweilten. In Katanea wurde einige Stunden angehalten. Ich benützte sie, um die prachtvolle Benediktiner-Abtei zu be- sichtigen, die ich bei meiner frühern Anwesenheit nicht gesehen hatte. Abends wurde die Reise fortgesetzt. Die Nacht war herrlich. Der nahe Aetna sprühte Flammen und hielt mich bis in die späte Nacht auf dem Verdecke zurück. Mit dem Frühesten liefen wir im Hafen von Messina ein, wo selbst wir am dritten Tage Morgens wieder abfuhren. Mit innigem Vergnügen er- 267 neuerte ich die Bekanntschaft unters Konsuls Kilian, dessen freundschaftliche Güte mich schon vor sechs Jahren mit Beweisen von Ergebenheit überhäuft hatte, und dessen Rechtlichkeit und Wohlthätigkeits-Sinn sich während der Cholera neuerdings auf das Glänzendste bewährt hat. - Die Scylla und Charybdis durchsteuernd, bedrohten uns nicht die verführerischen Lockungen der Syrenen, sondern der Umstand, daß die Kette des Steuerruders abriß, so daß wir bei- nahe gegen die Klippen des Ufers geschleudert worden wären. In der Nacht passierten wir die Insel Stromboli mit ihrem Vulkan, aus dessen Krater die glühenden Funken hoch gegen Himmel sprühten. Den folgenden Tag, als am 20. Juli Mit- tags, lief ich im Hafen von Neapel ein und betrat endlich wieder den Boden des Festlandes von Europa. Obgleich sechs Jahre verstrichen 263 waren, daß ich das prächtige Neapel nicht mehr erblickt hatte, so fühlte ich mich dennoch schon in den ersten Stunden wieder heimisch. Ich fand Vie- les im Innern und in der Umgebung verschönert. Die Lebhaftigkeit und das Geräusch waren um so größer, da das Geburtsfest und die Tags darauf erfolgte Niederkunft der Königin mit einem Prinzen gefeiert wurden. Theater, Feuerwerke, Musiken und Beleuchtungen währten mehrere Tage hindurch fort. Selbst der ewig unruhige Vesuv war so aufmerksam, die allgemeine Feier durch eine heftige Eruption zu verherrlichen. Ich für meine Person verzichtete darauf, ihn diesmal wieder zu besteigen, eingedenk der fürchter- lichen Fatique, die ich schon Einmal ausgestanden. Ich hatte Gelegenheit, die für mich höchst interessante Bekanntschaft des Herzogs von Sach- fen-Weimar zu machen, eines Fürsten, gleich ausgezeichnet durch vielseitige Kenntniße, so wie auch als geschickter Militär. Es ist Ebenderelbe, deffen Reise nach Amerika im Drucke erschienen ist. Sein Umgang war für mich belehrend, so wie feine persönliche Liebenswürdigkeit nie mei- nem Gedächtniße entschwinden wird. Er besitzt in vollem Maaße die herzgewinnende Gabe, den Fürsten und den schlichten Privatmann auf die gefälligste Weise in sich zu vereinigen. - - - - Den 15. August verließ ich Neapel und langte den 17. in Rom an. So hatte ich denn auf dieser weiten Fahrt die beiden heiligen Orte der Christenheit betreten, die Grabstätte des Herrn und den Tempel feines irdischen Statt- halters. Die Hitze war so drückend, daß ich während des Tages nur selten das Zimmer ver- laffen konnte, daher ich Diesmal nur Wenige der Alterthümer besuchte. Zwei Monate vor meiner Ankunft wurde das Grabmal eines römi- fchen Bäckers, wie es sich aus der Inschrift und den schön gearbeiteten Basreliefs erweist, zunächst der Porta Maggiore, ausgegraben. Auch 270 fand man zugleich zwei mit Einander verbun- dene Statuen, Mann und Frau darstellend und von schöner Ausführung. In der Peterskirche war mir das schöne Monument Leo des XII. " neu, das ihm der jetzige Papst vor drei Jahren hatte errichten laffen. Ich fand die Stadt in diesem Augenblicke äußerst stille. Die Mehrzahl der Vornehmen war auf dem Lande; Fremde gab es nur sehr Wenige. So schwül die Tage, so kühl waren die Abende. Da gerade die Fieberzeit herrschte, so konnte ich mich nicht genug vor Erkältung in Acht nehmen. Der spanische Platz gilt für den gesündesten Aufenthalt, ja selbst die böse Cholera hatte seine Bewohner verschont, weßhalb ich auch daselbst im Hötel de l'Europe abstieg. Noch muß ich eines prachtvollen Feuerwerks im Mausoleo erwähnen, den Untergang Pom- pejis darstellend, das während eines heftigen 271 Platzregens abgebrannt wurde, dessen ungeachtet aber zur allgemeinen Zufriedenheit ausfiel. Von Rom setzte ich die Rückreise über Florenz fort, woselbst ich mich einige Tage auf hielt und sodann über Pisa, Lukka und Genua den Weg über Turin einschlug, das ich noch nicht kannte. Den Mont Cenis überschreitend, gelangte ich nach Genf. Zum Erstenmale fühlten wir uns nach so vielen Monaten immerwähren- der Hitze von der empfindlichen Kälte unange- nehm durchschauert. Nach kurzem Aufenthalte verfolgte ich meine Rückreise und schlug den Weg über Neuchatel und Basel, Freiburg im Breisgau, Karlsruhe und Stuttgard ein. Am 17. September traf ich endlich, nach einer Ab- wesenheit von acht Monaten, wohlbehalten in München ein. Somit wäre ich mit der flüchtigen Skizzi- rung dieser Reise zu Ende. Nochmals ersuche 272 ich den geneigten Leser, in diesen wenigen Zeilen nicht eine Gelehrsamkeit zu suchen, auf welche ich niemals Anspruch machten konnte und mochte, sondern das kleine Werk als das zu beurtheilen, was es eigentlich ist, nämlich als einen gedräng- ten Auszug aus meinem Tagebuche. Wypczycraz7 in J.Johann in der Ware in //artina I. Wöcr. Jane zu … ha rz JI Wöce. Jancza De – z. ge vzz - zza Ja z« – Zaz zur go F. Zancarco Brazza organza anz J. 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Seiner Hoheit, des Herrn Herzogs - - - - - Klarimilian in Bayern, zu nach … » Nubien, Egypten, Palästina, Syrien - . . . . . und, Malta n» - - , im Jahre 1838, . . . . . . . . . . herausgegeben - - is - - - - - - VON loe Heinrich von Mapr. - … Ader Zeichner und Herausgeber dieser Ansich- ten hatte, in seiner Eigenschaft als Kabinetsmaler Sr. Hoheit, dpa Herrn Herzogs Maximilian in Bayern die Ehre, Höchstdemselben auf der erwähn- ten Reise zu begleiten, und hiebei Gelegenheit, die vorzüglichsten Punkte nach der Natur aufzu- nehmen. Aufgemuntert von Sr. Hoheit, in Höchst- dessen Händen sich die Originalzeichnungen befin- den, und von Seite der Titl. Herren Reisegefähr- ten, unternimmt es der Herausgeber eine Auswahl aus seiner reich gefüllten Reisemappe dem Kunst- und Naturliebenden Publikum vorzulegen und bittet diese lithographischen Abbildungen nur als flüchtige Skizzen zu betrachten, wie oft die Umstände der Reise solche nur zu machen ge- statteten. Uebrigens hielt der Unterzeichnete für geeigneter, dieselben so wieder zu geben, wie der mächtige Eindruck des Gesehenen die eilende Hand unmittelbar leitete, als durch eine spätere grössere Ausführung der Zeichnungen vielleicht mehr Phantasie als Wahrheit hineinzubringen. Zur grösseren veranschaulichung begleitet jedes Heft ein kurzer erläuternder Text, der aber ja nicht als schriftstellerische Arbeit gelten soll. . . . na di nie Der ungemein niedrige Preis, gegen welchen nur der Unterzeichnete ein solches Werk zu lie- fern im Stande ist, so wie die gelungenen litho- graphischen Abbildungen lassen hoffen, dass die- ses Unternehmen von allen Seiten einer gütigen Aufnahme sich erfreuen dürfe, " - " - " . .“ Um den Titl Herren Abnehmern die Anschaf- fung dieses Werkes zu erleichtern, soll selbes in 8 Heften zu 6 Blätter von 16“ Höhe und 20 Breite in Zwischenräumen von 1–1/ Monat er- scheinen. - - Preis der Lieferung: Tondruck : 4 fl. Colo- rirt: 8 fl. für Bayern. Für das Ausland: Ton- druck: 5 fl. Colorirt : 10 fl. - Das Werk enthält 8 Lieferungen: - - I. Lieferung: ausser dem reich verzierten Titelblatte mit dem Portrait Mehemed Ali's, Vicekönigs von Egyp- ten, Ansichten von Tempelruinen aus Nubien und - ein Costume-Blatt, ". II. Lieferung: Nubien. III. Lieferung : Nubien und Oberegypten. IV. Lieferung: Mittelegypten. - - V. Lieferung: Unteregypten. WI. Lieferung : Palästina. PII. Lieferung: Zug durch die Wüste. VIII. Lieferung: Syrien und Malta. Bis jetzt erschienen 3 Lieferungen. Erste Lieferung enthält : 1) Die grossen, oder von Cairo an gezählt die zweiten Katarakten des Nils. 2) Nubische Costüme. 3) Grosser Tempel von Ibsambul (Abussambul). 4) Der kleine Tem- pel von Ibsambul. 5) Tempel bci Derr. 6) Amada (Ama- don), Tempelruine. Zweite Lieferung enthält: 1) Seboua (Essabua). 2) Maharrakah (Offedinah). 3) Der Tempcl von Dakkeh. 4) Girsche - Hussan (Jerf- Hussayn). 5) Meroë (Danduhr). 6) Kalabschi. Dritte Lieferung enthält: . . . . . . 1) Tempelansicht von Deboud. 2) Ansicht der Insel Philae. 3) Kostume-Blatt. 4) Erster Cataract. 5) Ruine von Elephantine und Assuan. 6) Das Innere des Tem-- pels von Edfu, , , , , , , , - Die vierte Lieferung wird enthalten: 1) Das Grab des Herrn, Portalansicht. 2) Das Inne- re des Grabes des Herrn. 3) Das Grab der hl. Mariä, Portalansicht. 4) Nazareth 5) Jerusalem. 6) Bethlehem. - - - - Die Zahlung für die einzelnen Hefte geschieht - - - - - - - - - . bei Ablieferung derselben. " Man unterzeichnet bei dem Unternehmer in München; Paris bei Herrn Rittner & Goupil; Leipzig bei R. Weigel. - - - - - - - München im März 1889. - - - - - - . . . -, … - - Heinrich v. Mayr, Kasernstrasse Nr. 1/1. - - - - - . . . : - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - , - - - - - - - - - - - - - - - - “, … - - - - - - " . . . . . . . " . " - - - - - - . - österreichische Nationalbibliothek | |