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- - - - ÖSTERREICHISCHE | | | _NATIONALBIBLIOTHEK |- | 222259-4 | - - Von Prokeschs - E r in n e r ungen a U $ Aegypten und Kleinasien. Erster Band. - 222259.-A. '- - Erinnerungen N U 5 Aegypten. ***---------- - - - - -------- ============ I. Ankunft zu Alexandria. (1 826) Am 29. September früh hatten wir nirgends Land zu Gesichte. Doch mit Sonnenuntergang, da die Nebel am Horizonte völlig aufgelöet waren, wies sich, in mächtiger Verbreitung im West bei Nord, das Haupt des kretischen Ida. Wir waren in diesem Augenblicke 200 Seemeilen von der Insel Candia entfernt. Abends fiel Windstille ein und währte bis zum folgenden Abende, wo mehrere Blitze aus Nordwest frischen Wind verkündigten. Bald kam er, aus Südost, und ging in Sturm über. Wir hielten die Bramsegel zweimal gerefft während der Nacht und am nächsten Tage. Ein einziges Schiff hatten wir, seit unserer Abfahrt von Smyrna, be- gegnet, so sehr war der Handel durch die Seeräu- ber eingeschränkt. Dieß Eine war ein österreichischer Kauffahrer. Es liegt etwas Erhebendes darin, sich, zwei schwimmende Puncte auf der unendlichen Fläche des Meeres, zu treffen und zu begrüßen. Hoch von Bord zu Bord ruft sich der Seemann die »glückliche Prokefch: Ägypten I. 1 2 Fahrt!« zu. Er fragt nur wenig; »welche Breite habet Ihr?« »welche Länge?« – und scheidet wie- der. Das Reich der Namen ist zu Ende; nur die Zahlen gelten noch. Fünfzig Meilen von der Küste entfernt, sahen wir schon ein paar Falken uns entgegenkommen, wovon wir einen fingen. Viel früher hatten wir kleineres Gevögel, Schwalben, Stelzen u. f. w. begegnet. Die armen Thierchen fetzten sich ganz er- müdet auf das Thauwerk, und die Matrosen erhasch- ten sie mit den Händen. Am 4. October mit Tages- anbruch gewahrten wir einige Barken aus dem Nil, Schebecken zu drei Masten und bald darauf kamen wir in den Bereich der Ausströmung, die sich durch die Trübe des Meeres ankündiget. Endlich, um Mit- tag, zeigte sich Land, in zitternder, abgebrochener, gelber Linie zwischen Wellen und Himmel. Ein Thurm stieg nach und nach empor – ein Fort,– eine Reihe von Dattelpalmen – ein anderer runder gleich hoher Sandhügel: es war die Küste von Abukir. Wir legten rechts um. Schon zeigte sich die Säule des Pompejus,– schon verkündigte ein Wald von Masten Alexandria; aber die Sonne ging unter, wir waren zu nahe der Küste und doch zu ferne, um den Hafen zu erreichen und mußten ins Weite. Am 5. Oktober, kaum daß der Tag angebrochen war, kam uns mit vollen Segeln ein ägyptisches Z Geschwader zu 16 Kriegsschiffen entgegen. Wir er- kannten die Flagge Moharem - Bey's, des Gouver- neurs von Alexandria und Schwiegers des Viceköni- ges, und wechselten die üblichen Grüße. Es hielt die Richtung nach Cypern. – Mehr und mehr hob sich Alexandria aus der See mit breiten hohen Ge- bäuden aus Stein, festen Schlöffern an mehreren Puncten, dem Hügel mit Fort Cafarelli im Hinter- grunde, Häfen zu beiden Seiten von Schiffen ge- füllt, – Dattelpalmen zu Wäldchen vereiniget, welche die einfärbige Haltung der Landschaft wohl- thätig unterbrechen; dieß Alles endlich durch die Pompejusäule überragt. Die Fahrt in den alten Hafen (den größeren und besseren) ist sehr gefähr- lich. Während er dem Auge im Westen völlig ge- öffnet erscheint, verengen Untiefen und Klippen, die wenige Fuß unter dem Wafferspiegel liegen, die Einfahrt dermaßen und geben ihr so verschiedene Richtungen, daß ohne die Hafenlotsen zu erwarten, kein größeres Schiff in dieselbe sich wagt. Der Lotse begibt sich, zu jeder Stunde von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, sobald er ein Schiff dem Hafen sich nähern sieht, in einem Boote bis vor die Untiefen und weitet dann, eine Fahne schwin- gend, in leichtverständlichen Zeichen den Weg. Die Beschaffenheit der Einfahrt gewährt dem Hafen eine gute Wertheidigung, und von einem Feinde, der 11 k 4 feinen Angriff auf Überraschung bauet, ist wenig zu befürchten. Man läßt den Palast des Vicekönigs auf der Spitze einer Halbinsel zur Linken – kahle Dünen zur Rechten, wendet links und fährt in den wei- ten Hafen ein, der seit Jahrtausenden die wichtigste Landungsstelle Ägyptens am Mittelmeere ist. Zwi- fchen den Masten der Schiffe blicken große Vorrath- gebäude und hohe mit Mauern gesonderte Bauten durch, die hart ans Ufer sich drängen. Da bewegt sich eine bunte Menge in Geschäften des Handels zu Fuß, zu Roß, auf Maulthieren und Kamehlen; da liegen Waaren gehäuft und große Holzlager; da ist ein unablässiges Anlanden und Abstoßen von hundert und hundert Booten. Ein dumpfes Gewirre dringt ans Ohr und übertönt das Rauschen der See. Man ist in Alexandria. II. Alexandria. Weißer Sand zu Dünen gehäuft, als Vor- und Hintergrund, als Unterlage der ganzen Landschaft; hinausgeflüchtet auf eine schmaler Zunge, von der Wüste gedrängt, von der See bedroht und gegen beide mit Mauern sich wehrend, in engen, schmu- zigen, doch meist geraden Gaffen und an geräumi- gen Plätzen weißangekalkte hohe Gebäude aus Stein, in fränkischem bald und bald im maurischen Style, mit zwei bis drei fensterbreiten Vorsprüngen (Moh- grabihs) ausgeschnitztem Holze und Gitterwerk mit Terraffen gedeckt, auf welchen die ganze Hauswirth- fchaft ausgelegt ist und über die ein Gestelle sich hebt, das man »die schöne Aussicht« zu nennen pflegt; – unansehnliche Moscheen mit niederen, ge- neigten und bucklichen Minarets; – Holzhütten und Zelte als Bazar; – hie und da eine Granit- fäule, eine Ilfisstatur, eine Hieroglyphentafel, ein Mithraskopf; – hie und da eine Palme mit schwe- rem Dattelegen: dieß Alles, umfangen mit doppel- ten Mauern, plumpen Thürmen, französischen Forts –– auf hochragendem Sandschutt, ummauerten Dat- telgärten, und eingeklammert zwischen der unend- lichen See, dem schiffebesäeten Hafen, dem Canal Machmudieh und dem bleichen Spiegel des Sees Mareotis: das ist Alexandria. In diesem Raume treibt sich, im ununterbroche- nen Gewühl, Gesindel herum der lumpigsten Art, neben welchem der Pöbel zu Smyrna und Constan- tinopel zu einer Gesellschaft guten Tones wird; der Neger, bald stark und groß, bald klein und schwäch- lich, in Lumpen dürftig gehüllt; der Soldat, in ro- them festanliegenden Dienstkleide und mit verroste- ten Waffen; der Araber, dunkelbraun, in häßlicher Vertrocknung, eine nackte, wandelnde Mumie; der Beduine mit schwarzem, glühenden Auge, edlen For- men und sicherem Schritte, das gehobene Haupt in ein Stück Sackleinwand malerisch gehüllt, alle seine Habe mit sich und überall zu Hause; der Türke in hellfarbi- gem Kleide, weniger reich und prangend als in Asien und Europa, aber, wie dort auch hier, kräftig, stolz, unverrückbar aus der Ruhe des Anstandes; der Grieche, im Anzuge reicher, in den Formen vertraulicher, glatt und stets bei der Hand; der Barbareske, mit trotzi- gen Zügen und starkem Körper, rauh, gewaltsam wie die Thiere der Wüste, aber stattlichen Ansehens in einem weißen Schiffermantel; der Mann des Pascha im rothen Kleide, mit prächtigen Waffen und 7 breitem Turbane; der Franke in Mamelukentracht, übersehen oder geduldet im Volke, ausgezeichnet vom Pascha, wenn in dessen Dienste; der Europäer end- lich, in unbeschränkter Freiheit in Bezug auf Sit- ten, Kleidung, Lebensweise und Geschäften. Hiezu kommen die Frauen der Araber und Ne- ger, meistens häßliche Gestalten, vertrocknet in den Jahren, wo bei uns das Mädchen Jungfrau wird; schon in der Jugend alt. Diese Weiber sind mit wei- ßem oder blauen Hemde angethan, das nach vornen bis unter die Brust geöffnet ist; den Kopf mit gleich- färbigem Tuche umwunden, von welchem ein schma- ler Streifen von der Stirne bis unter die Nase reicht, der bei Wohlhabenden mit einigen Gold- münzen besetzt ist; daran hängt ein Zwickel aus fchwarzer Seide oder Leinenstoffe, der fast bis an die Füße reicht, aber nichts verdeckt. Was Kind ist, läuft nackt herum. Frauen der Türken, Griechen oder Europäer zeigen sich selten zu Fuße, sondern reitend auf Saumthieren und Pferden; hinter sich ein Gefolge von Dienern und Sclavinnen. Vor Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ist Gedränge in allen Straßen. Dann eilt, wer ein Dach hat, nach Hause, denn er fürchtet die Feuch- tigkeit des Abends und der Nacht. Der Beduine und der Bewohner der Dörfer verläßt die Stadt und legt sich in den Sand; die Thore werden geschlos- 8 fen; vieles arme Volk fucht sich in den Straßen und auf den Plätzen, irgend eine trockene Stelle aus, um zu ruhen. Was das Gedränge des Tages vermehrt, ist die große Zahl von Trag- und Saumthieren, die un- abläffig ab - und zukommen. An allen Thoren, auf allen Plätzen stehen die Eseltreiber mit gesattel- ten Thieren zum Gebrauche Jedermanns; um ein Geringes reitet man von einem Ende der Stadt zum anderen, während der Treiber neben dem Esel einherläuft; der Fremde zeigt sich kaum außer fei- nem Haufe, so wird er von einigen Zwanzig solcher Kerle angefallen, die ihm ihren Esel aufdringen wollen; dabei kommt es häufig zu Schlägen unter den Treibern, der Lärm ist ungeheuer, legt sich aber in dem Augenblicke, als der Fremde sich in den Sattel schwingt. Wer nicht zu Esel oder zu Pferde sitzt, wird verachtet. In langen Zügen, mit großen Schläuchen an der Seite, ziehen die Kamehle durch die Stadt. Sie bringen Trinkwaffer vom Nil, denn es gibt keine brauchbaren Brunnen in Alexandria. Hinter diesen Karavanen jagen die Sperlinge und das andere Ge- vögel einher, hängen sich an die Schläuche und fan- gen die Tropfen im Falle, die aus den Fugen drin- gen. Alles Trinkwaffer wird gekauft, durch Steine oder sonst gesichtert und in Krügen aus thebaischer 9 Erde aufgesetzt, welche es durchlaffen und zu einer angenehmen Frische bringen. - Ein wolkenloser, matter Himmel wölkt sich über Alexandria. Grau in Grau ist die Landschaft gear- beitet. Nicht so viel Grün, als man mit der Fläche einer Hand bedecken könnte, schmückt den Boden; die Sodagewächse und wenigen Gesträuche tragen von Natur dieselbe Farbe; die Dattelpalmen hat der Staub der Wüste der allgemeinen Farbe unterwor- fen. Einige Europäer drangen dem Sande Gärten auf, die, von Mauren vertheidigt, die Einförmig- keit nicht brechen. Von der Höhe der Terraffen ergetzt sich das Auge am Getriebe der Stadt und des Hafens – und an den beiden Meeren, der See und der Wüste, auf denen Wind und Licht fortwährend Bewegung und Scherze erzeugen. 1. Die Pompejus-Säule. Es ist mit der Säule des Pompejus, wie mit dem Rufe so mancher Menschen. Durch Stellung und erborgten Namen ausgezeichnet, wirken sie aus der Ferne schlagend auf unsere Einbildung; in der Nähe gesehen, find sie eine ungereimte Zusammenfügung - 1) verschiedenartiger Theile, die zu keiner übereinstim- mung unter sich zu bringen sind. Norry (siehe Denon) setzt die Höhe des Knau- fes dieser Säule, in Pariser Maß, auf 9/10/6// den Schaft . . . . . . . . 68. 1. 3. den oberen Theil des Piedestals . . 5. 6. 3. den mittleren » » Y) . . 10. – – den unteren » Y Y) . . 4. 5. – Ganze Höhe der Säule 98/10“ Der Schaft hat unten 8/4/4“, oben 7/2/8/ Durchmesser. Nach Paul Lucas, dessen Maßangabe fo ziemlich mit derjenigen des französischen Reifen- den übereinstimmt, beträgt der körperliche Inhalt des Schaftes 3347 Kubik-Fuß, derjenige aber der Säule überhaupt 5663. Die in Florenz erschienene Bearbeitung Denons, die in allen ihren Theilen höchst feicht und flüchtig ist, behauptet, der Knauf der Pompejusäule fey korinthisch. Er gehört keiner der griechischen Ord- nungen an; die Blätter nähern sich der korinthi- fchen, sind aber nicht Acanthus; die Ausbüge zu oberst nähern sich der jonischen Ordnung. Die Aus- führung des Knaufes ist barbarisch und fällt in die Zeit der späteren römischen Kaiser. Der Schaft ist ein Erbstück aus Pharaonen-Zeit. Er besteht aus einem einzigen Stücke rothen Gra- II mits, wie er in dem Gebirge an den unteren Ka- tarakten gebrochen wird. Das Piedestal ist Zusammenfügung aus der Epoche des Knaufes. Die Lage dieser Säule, auf dem Hügelrücken zwischen dem Meere und dem See Mareotis, auf wenige hundert Schritte außer den Mauern der Stadt, ist sehr vortheilhaft für die Aufstellung ei- nes Denkmals. Die wahrscheinlichste unter den Muth- maßungen über die Bestimmung dieser Säule ist diejenige, daß sie zu Ehren Diocletians oder irgend eines römischen Imperators errichtet worden fey, und dessen Standbild getragen habe. Die Inschrift, welche an der Westseite des Piedestals sich befindet, ist dermalen durch eine englische, mit weißer Farbe auf fchwarzem Grunde aufgemalte, verklebt, und unleserlich. Einige fehen in der Säule des Pompe- jus den Rest eines Palastes. Die Lage und Be- schaffenheit des Bodens widerstreben dieser Voraus- fetzung. Warum die Säule des Pompejus, da man fie mit größerer Wahrscheinlichkeit nach Severus oder Diocletian benennen sollte? Eben darum, weßhalb man den Sarg am Gestade des Piräus das Grab des Themistokles und den Tumulus auf Sa- lamine denjenigen des Äakus nennt. Die Säule des Pompejus ist häufig des Ziel 12 für die Abendspaziergänge der Alexandriner. So unbedeutend an sich der Hügel, foweitherrschend doch die Aussicht über Meer, Hafen, Stadt, Canal Mach- mudieh, Wüste und über den bleichen Spiegel des Mareotis, der für das Auge kaum etwas Anderes als ein ebener Theil der Wüste ist. Im März 1827 be- stiegen wir die Säule und verzehrten, in acht Per- fonen, zu oberst auf dem Knaufe ein Mal. Die Unterhaltung ist etwas halsbrecherisch – doch ha- benfelbst Frauen dieselbe gewagt. Ich erinnere mich einiger geistvollen Zeilen einer englischen Dame, » zu oberst auf der Säule des Pompejus« geschrieben an einen ihrer Freunde, der eben in Kairo war und ihr »zu unterst im Brunnen Josephs« antwortete. 2. - Die Nadel in der Kleopatra. Unter dieser Bezeichnung versteht man zwei Obe- lisken, aus rothem Granit der Katarakten von Syenä, die fast an der Ostspitze des neuen Hafens, im Raume zwischen den beiden Ummauerungen der heutigen Stadt, sich befinden. Der eine dieser Obe- lisken steht aufgerichtet, der andere liegt am Bo- den. Nach Denon sind beide von gleichen Maßen und zwar: 13 Höhe des Piedestals . . . . . . . 5“ 2/ » » Würfels . . . . . . . 6. 6. » » Obelisken bis zum Dreieck . . 53. – Y X) Dreiecks . . . . . . . 6. 2. Zusammen Paris. Fuß . 70/ 10/ der Würfel hat 7/10“ Breite, der Obelisk 6/ 9/ untere und 4/ 10“ obere Breite. Die Ost und Südseite des aufrecht stehenden Obelisken sind von der Luft oder vom Winde sehr angegriffen, die übrigen beiden Seiten sind rein und unversehrt. Alle vier Seiten beider Obelis- ken sind mit Hieroglyphen bedeckt, unter denen die königlichen Namen Thothm ofes III. und Ramefes Mi-Amun erscheinen, welche eben die Herrscher sind, denen Ägypten und Nubien die größten Bauwerke verdanken. Hierüber an einem anderen Orte. Nur will ich noch beifügen, daß au- ßerhalb den Leisten, in welchen die Hieroglyphen eingegraben sind, ganz an den Kanten sich auf bei- den Obelisken Ringe späterer Pharaonen in kaum leserlichen Zeichen finden. Wahrscheinlich sind diese Obelisken mehrmals versetzt und aus Memphis oder Heliopolis, in der Zeit der Ptolemäer oder Römer, nach Alexandria gebracht worden. Plinius erwähnt derselben und 14 sagt sie feyen vom Könge Mephres (welches der griechische Name für Thothmosis III., oder ein Bei- name desselben zu feyn scheint), und stehen vor dem Tempel des Cäsar. - Daß sie am Eingange eines Tempels standen, ist kaum zu bezweifeln; denn dort war ihre Stelle. Der Schutt ringsum deckt heut zu Tage jede ent- sprechende Spur. Der Tempel fah nach dem neuen Hafen und muß, selbst wenn er nicht mehr im ägyp- tischen Style gebaut war, eine majestätische Zierde * des Ufers gewesen seyn. Der Vicekönig hat den liegenden Obelisken vor mehreren Jahren dem Könige von England zum Geschenke gemacht und sich, wie ich höre, sogar dazu verstanden, die Last bis an den Ort der Einschiffung zu fördern, wozu die Kosten auf etwa 20.000 Tha- ler berechnet wurden. England sandte einen Sachver- ständigen, die Mittel der Überführung zu berathen, aber es scheint, daß dieser an der Möglichkeit ver- zweifelte, das Geschenk fortzubringen. 15 3. Der Pharus. Das alte Alexandria. Das Schloß des Leuchtthurms. Die Schilderungen der Alten (Plinius, Arrian, Curtius, Strabo, Diodor u. a. m.), verglichen mit demjenigen, was heut zu Tage sich zeigt, beweisen daß die Ufer des Meeres bei Alexandria seit dem Bestehen dieser Stadt einige, jedoch nicht bedeutende, Veränderungen erlitten haben. Wenn Skylar (p. 44. in Geogr. gr. min. I) die Insel Phäos in nicht fernen Abstand vom See Mareotis, wo der Schif- fer trinkbares Waffer findet, fetzt, so versteht er am wahrscheinlichsten darunter die heutige Halbin- fel, welche dem alten Hafen gegen Norden liegt und die mit dem Festlande durch eine niedere An- fchwemmung verbunden ist. Das Dörfchen Rako- tis, von den Pharaonen als ein Vorposten gegen die griechischen Seeräuber ausgesetzt, war wohl nur unbedeutend und wenn späterhin ein Theil Alexan- dria's diesen Namen trug, so mag dieß eine Huldi- gung der Vorzeit gewesen seyn. Mit der Ostspitze der heutigen Halbinsel durch einen Damm verbunden, auf abgesonderter Klippe, steht das Schloß des Leuchtthurms. Ich vermuthe, I6 daß an derselben Stelle der berühmte Leuchtthurm des Sofastros von Knidos stand. - Mannert (Geogr. der Griech. und Römer X. 3. 19) meint die Ausleger zu berichtigen, wenn er mit dem Namen der Insel Pharos die Klippe be- legt, die jetzt die Nordostspitze des neuen Hafens ausmacht und den kleinen Leuchtthurm trägt. Aber die Stelle Strabo's, die er anführt, widerlegt seine Behauptung. Strabo fagt: »Segelt man in den großen Hafen, so hat man rechts die Insel Pharos, links die Klippen und die Landspitze Lochias, auf welcher sich das königl. Schloßbefindet.«...(XVII) Diese Bezeichnung läßt keinen Zweifel, denn die Einfahrt in den Hafen, welcher zu Zeiten Strabo's der besuchte war, nämlich in den östlichen, kann zu keiner Zeit eine andere als die heut zu Tage beste- hende gewesen sein. Die Landspitze östlich an der heutigen Einfahrt in den neuen Hafen, springt weit vor und hat, in ihrer Verlängerung, eine Reihe Klippen, kaum an ein paar Stellen, und da nicht über einen Fuß hoch, mit Waffer überronnen, vor fich. Auf einer dieser Klippen steht der kleine Leucht- thurm. Zwischen diesem und der Landspitze kann niemals eine Durchfahrt bestanden haben. Die Klippe des kleinen Leuchtthurms ist überdieß kaum einige Klafter breit, während doch die Insel des alten Pharos viele Gebäude getragen haben soll. 17 - Strabo sagt auch: »Die Küste hat eine Ein- bucht mit zwei in das Meer vorgreifenden Landspitzen. »Zwischen beiden ist das Inselchen Pharos, welches den Busen schließet, denn es liegt vor in einer Länge. Die Ostspitze neigt sich gegen das feste Land und die Landspitze Lochias.«. . . Auch diese Bezeichnung, so wie diejenige, daß dieß Inselchen (verlov) 7 Stadien vom Festlande ablag, paßt nur auf diejenige Klippe, auf welcher noch heut zu Tage der große Leuchtthurm stehet. Einen anderen Beweis für die Einerleiheit der Stelle des heutigen mit dem alten Pharos, der nach Edrisi (Geogr. Nub. Aima III. 3.) im zwölften Jahrhunderte noch bestand, möchte ich aus dem Cha- rakter der Sarazenen schöpfen, die überall, wo sie öffentliche Bauten vorfanden und ähnliche zu errich- ten für nothwendig hielten, diese auf die Stelle jener fetzten. Wie wenig würde übrigens auch ein Leuchtthurm auf den Klippen vor Cap Lochias ge- nügen. Der kleine Leuchtthurm ist jetzt eine Ruine. Die schmalen Klippen bis zum Cap Lochias sind mit Trümmern von Gebäuden aus neuer Zeit, die auf sehr alten Unterlagen ruhen, bedeckt. Bei Cap Lo- chias beginnt der Schauplatz der Verwüstung des alten Alexandria. Trümmer, nur in ihren kleinsten Theilen noch sichtbar,– Haufen an Haufen, wie 2. 18 Grabhügel, noch weithin gegen Osten sich dehnend, bezeichnen die Stelle, wo Alexandria's prächtigstes Viertel stand. Von einem dieser Schutthügel, fast an der Spitze des Vorgebirges, an der Stelle viel- leicht, wo einst der königliche Pallast Alexanders fand, übersah ich das Feld. Hie und da liegt wohl noch ein Stück Säule, oder ein angefreffener Knauf; hie und da sieht eine Wand aus dem Schutte; im Durchschnitt ist die alte Alexandria durch das dünnste Sieb der Zeiten geworfen. Am meisten noch find die Spuren verschütteter Bauten an den Wänden des Canals sichtbar, der vor dem Thore von Rosette vorüber, vom Mareo- tis nach dem neuen Hafen zieht. Dieser Canal ist gleichsam in Trümmer gehauen, durch Ziegelwände, gewölbte Wafferzüge u. f. w. Die alte Alexandria griff daher weit mehr gegen Osten, als die Um- fangsmauern der heutigen nach dieser Richtung, obwohl diese Mauern selbst wieder ein viel zu wei- ter Rock für die dermalige Stadt sind. Auf dieser Seite war das Stadtviertel Bruchion und längs dem Hafen hin zogen, wie Strabo sagt, die königl. Gebäude mit Hainen und Lustgärten. Dort lag auch der geschloffene kleine Hafen der Könige, mit der Klippe Antirrhodos, wahrscheinlich ein zum Theile künstliches Becken in der südlichsten Einbucht des neuen Hafens, und heut zu Tage verschwemmt. Wei- 19 terhin aber war das Arsenal. Das Museum, der Sitz der alexandrinischen Schule, – die berühmte Bibliothek, – die Soma, mit Alexanders und Pto- lemäus Todtenmalen, – das Theater, das Cäsarn zur Festung geworden war,– den Tempel Neptuns und mehrere andere öffentliche Gebäude nennen die Alten in diesem Stadtviertel. Strabo sagt, daß Alexandria von O nach W durch eine gerade Straße, 30 Stadien lang, durch- schnitten war, die vom Canopeichen Thore nach dem der Nekropolis führt, und eben so durch eine zehn Stadien lange von S nach N von dem Thore der Sonne zu dem des Mondes. Andere Schrift- steller schildern die Pracht dieser breiten, mit Säu- lengängen gezierten, Straßen. Geht man nach dem Thore von Rosette, so sieht man sich eine lange Strecke hindurch wie im Bette eines Canals, der in ganz gerader Linie von W nach Ovon der SOSpitze des alten Hafens nach dem genannten Thore und außerhalb demselben noch weithin in gerader Ver- längerung läuft. An dieser Straße stehen die drei mächtigen Granitsäulen, deren Denon erwähnt,– dann viele Reste aus Backsteinen, – Brunnen in Menge, und zwar an Einer Stelle bis fünfzehn ganz nahe aneinander, – weiter ein Paar den früheren ähnliche Granitsäulen und am Thore von Rosette abermals deren. Die Linie dieser Einsenkung zwi- 2 je 20 fchen Trümmern, wie Dünen gehäuft, ist so scharf, daß sich kaum die Spur der dreißig Stadien langen Straße darin verlieren läßt. Die andere Straße blickt weniger durch den Schleier. übrigens ist der sehr ausgedehnte Raum zwischen beiden Ummauerungen mit Schutt bedeckt, auf welchen wie Inseln in der See einige Landhäu- fer und Gärten, Klöster, Kirchen und Forts ste- hen. Aus diesem Schutte zieht seit Jahrhunderten Alexandria die Steine, die es zu feinen Bauten bedarf. Die Menge von unterirdischen Gewölben, Wafferzügen, Brunnen u. f. w. ist groß, und wer unter diesen Trümmern wandelt, prüfe forgsam den Boden, worauf er den Fuß setzt. Sodagewächse sind die einzigen, welche den Schutt hie und da verklei- den; eine große Zahl von Ratten, Kaninchen und Känguru's treibet, da ihr Wesen. Die heutige Stadt ist ganz auf die Landenge der beiden Häfen und auf die Halbinsel vor dersel- ben hinausgedrängt. Die innere Mauer hat zwei Thore nach der Landseite, die äußere deren vier. Beide Mauern haben Gräben vorliegen, darin wird das ärmste Handwerk der Welt getrieben; arabische Wei- ber und Kinder knetten nämlich den Mist der Thiere in Scheiben und dörren diese an der Sonne, um sie dann als Brennstoff zu verkaufen. Durch das öst- liche der beiden Landthore der inneren Mauer ge- 21 - treten, kommt man auf einen großen Platz und in das Viertel der Franken, das längs dem neuen Hafen sich hinzieht. Dieser Hafen wird nicht benützt, denn die Einfahrt ist gefährlich, der Grund bedeu- tend verschwemmt und die Winde üben "große Ge- walt in demselben. Der alte hat seine Rechte wie- der genommen, und wenn man heut zu Tage von dem Hafen von Alexandria spricht, so ist jederzeit der alte oder westliche darunter verstanden. Das Frankenviertel hat zur Linken die Bazare und weiter die Viertel der Griechen, Juden und Türken. Die Wohnungen der Letzten füllen auch den Raum der Niederung bis an und auf die Halbinsel. Die Halbinsel ist an der Nordostseite, etwa 500 Schritte tief, eingebucht. Die westliche der beiden Spitzen wird durch das Lager von etwa 1000 Mann neuer Truppen, durch den Telegraphenthurm und ei- nen Theil der Pallastgebäude des Vicekönigs ge- krönt; die östliche hat eine kleine Sandinsel ganz nahe vor sich und mündet sich dann nach Süden ein. Von diesem Puncte geht der Damm nach dem Schloffe des Leuchtthurms. Dieser Damm ist nicht in gerader Linie gezogen, sondern er schlän- gelt sich. Die Breite desselben beträgt an 6 Klafter, die Länge an 900 Schritte. Er ruht auf dem Fel- fenriffe, welcher einige Fuß unter dem Wafferspie- gel, die Klippe des Schloffes an die Halbinsel bin- 22 det. Mauern 3 Fuß dick und etwa 15 Fuß hoch, mit Zinnen gekrönt, faffen diesen Damm in seiner ganzen Länge zu beiden Seiten ein, so daß man darin wie eingesackt geht und nur hie und da durch eine Schießscharte Ausblick hat. Der Eingang in diesen gesicherten Gang von der Landseite aus, ge- schieht durch ein Thor, dem nach hundert Schritten ein zweites folgt. An diesem fondert sich der Weg von der Halbinsel ab und betritt den Damm. Auf dem Damme selbst ist nach 400 Schritten abermals ein Thor; andere Thore laufen zur Rechten und Linken am Ende des Dammes aus und erlauben zwischen Schloß und See die flache Klippe zu betre- ten, worauf jenes ruht. Der Raum zwischen Beiden ist jedoch nur einige Fuß breit. - Das Schloß des Leuchtthurms besteht zu innert, aus einem viereckigen, hohen Bau, aus defen Mitte sich der Leuchtthurm erhebt. Dieses Viereck ist von einem anderen umschrieben, wovon jede Seite 12 Kanonen trägt und 3 blinde Thüren hat. Jede Ecke dieses Vierecks hat wieder einen Vorsprung, der nach der Hafen- und Seeseite 8, nach dem Damme aber 3 Kanonen zeigt. Die Seite des äußeren Vierecks, den Vorsprung eingerechnet, ist zu 170 Schritten. Eine Zugbrücke sondert das Schloß vom Damme. Das Schloß ruht auf altem Unterbau, der ge- rundet in den Hafen vorgreift. Viele Werkstücke 23 korinthischer Knäufe und andere Reste antiker Bau- ten decken den Meeresgrund ringsum.–Felsenriffe ziehen nach Norden aus und bilden eine Wehre fast längs der ganzen Strecke des Dammes und selbst der Halbinsel. Der Damm hat 15 Durchläffe. Er ist aus mächtigen Werkstücken und durchaus antiker Bau. Die Länge, die Cäsar dem Damme des Pharus gibt, ist gerade die von mir gefundene. Dieser Damm selbst war also das Heptastadium, dem die Häfen Eunotos und Kibotos zur Seite lagen. 14. Die Nekropolis. Vorbei an der Redoute Caffarelli – über den Canal Machmudieh, – vorbei an den großen Korn- und Wollmagazinen des Vicekönigs und über die ausgebreiteten Holzstätten, kommt man zur Nekro- polis der alten Alexandria. Das Meer hat der ohnedieß schmalen Zunge zwischen sich und dem See Mareotis Boden abgewonnen, denn man sieht, un- ter der Redoute und Strandbatterie, die, um zur Vertheidigung des alten Hafens, mit den Batterien auf der Weltspitze der Halbinsel zu kreuzen, eben gebaut wird, die Katakomben zu Tage gelegt und 24 von den Wellen ausgespült. Folgt man dem Strande, fo kommt man, nach einer kleinen Viertelstunde, an mehrere Gemächer in Felsen gehauen, die man, ich weiß nicht warum, die Bäder der Kleopatra nennt, und die weiter nichts Merkwürdiges zeigen. Das Meer dringt heut zu Tage in dieselben; viel- leicht waren es wirklich Bäder, vielleicht Gemächer, in denen man die Leichname wusch. – Hinter die- fen Bädern ist einer der vielen Eingänge in die sehr ausgebreiteten Katakomben. Man tritt, hat man nur erst den mit Sand verschütteten Eingang durch- krochen, in einen Saal von Pfeilern getragen, der nach den vier Seiten eben so viele Gänge wei- fet. Durch den Eingang zur Linken, der mit einem Tympanon geziert ist, tritt man in eine runde Halle, deffen Decke kupelförmig und mit Mörtel verkleidet ist. Aus dieser Weihehalle kömmt man in verschie- dene Grabgemächer, deren immer eines an das an- dere sich kettet, so daß die Verzweigung sich nach allen Seiten ausbreitet. Ich bemerkte nirgend Hieroglyphen, wohl aber Farbenstreifen an den Wänden. Die Todten fanden ihre Ruhestätte bald in eigenen Grabgemächern, bald in wagrechten Löchern, welche durch die Wände in den Felsen gehauen sind. Diese zweite Art ist die gewöhnliche und so häufig, daß die Wände der unter- irdischen Hallen wie Bücherschränke mit wag- und 25 fenkrechten Eintheilungen aussehen. – Es ist schwer, den Zusammenhang der Katakomben aufzufinden, da die meisten hochauf verschüttet sind. Hie und da find Schachte abgetäuft, welche entweder Stiegen enthielten, oder des Lichtes und der Luft willen an- gelegt waren, oder endlich ebenfalls Leichen auf- nahmen. - Ich kroch an zehn oder zwölf verschiedenen Or- ten, die alle in den Umkreis einer halben Stunde Weges fallen, in die Katakomben. Die Luft ist er- fickend. Die Fackeln machen eine unerträgliche Hitze. Man findet viele Thiergebeine; denn diese Schlum- merstätten lang versunkener Geschlechter sind nun die Behausung der Schakals und Hyänen. Prok efch: Ägypten I. 3 III. T a g e b u ch Reife von Alexandria nach Kairo. 29. November 1826. Canal Machmu- dieh. – Die Nacht war herrlich; der Canopus ging, gerade vor uns, etwas nach Mitternacht auf. Wir machten wenig Weg, da, die Morgenstunden - ausgenommen in denen der Wind uns günstig war, die Kandfähia vom Ufer aus gezogen werden mußte. Heute gingen wir lange Strecken hindurch zu Fuße. Das Land ist weithin eben, bereits vom Nil ver- laffen und angebaut. Kein Baum ziert dasselbe. Wo find die Gärten hin, von denen Abulfeda spricht, . und die Dufard - el - Hadad in folgenden Versen befingt: »Welche Reize umwohnen dich , Canal von Alexandria ! Ihr Anblick gießt Wonne in die Brust. Die Wäldchen, die dich beschatten, wöl- ben Baldachine von Grün über den Schiffer der * dich befährt. Die Hand des Nords furcht mit süßem Spiel die Fläche der Wellen und spendet 27 Frische aus. Die herrliche Palme, ihr biegsames Haüpt weich hingesenkt wie ein schlummerndes Mädchen , prangt mit ihrer Krone hängender Trauben« . . . . . Man wird selten eine Stelle finden, von wel- cher aus nicht fünfzehn bis zwanzig Ortschaften im Gesichtskreise liegen. Die Hütten sind durchaus von Erde, kegelförmig und oben wie Stachelgewächse mit Spitzen besetzt. Diese Spitzen sind Aufsätze aus ungebrannten Ziegeln, für Tauben eingerichtet. Wo ein Telegraphenthurm steht, da hat sich auch eine Ortschaft angesiedelt. Wir kamen nach und nach an Bardeleh, Kariuhn, Kaffrotaudih und Kaffr - el- Hakim vorüber. Dieses ist ein Dörfchen von dem er- sten Arzt des Vicekönigs, dem Armenier Bozzafi, angelegt, weßhalb es auch »das Dorf des Arztes« heißt; das vorletzte ist die Pflanzung eines Grie- chen, Jokfiza, der bei dem Vicekönig als Handels- mann in Ansehen steht. Bis gegen die Mittagsstunden war der Gesichts- kreis voll seltsamer Luftbilder. Dunkle Inseln schie- nen auf einer See voll lebendiger Farben zu schwim- men, – zeigten Bäume, Gebäude, Wälle, – wechselten und zerfielen auf abenteuerliche Weise; neben diesen Bildern stiegen aus dem scheinbaren Wafferspiegel andere aus blafferen Farben und un- sicheren Umriffen auf, wie Erinnerungen hinter der - 3 * 28 Wirklichkeit. Diese Nachbilder überraschten mich mehr als die anderen. Übrigens war stetes Regen und Wech- feln – steter Glanz und stetes Spiel in allen die- fen Bildern, die nicht selten zu Maffen von 20 und 30 Graden Breite sich häuften. - - - Der nächste Ort, an dem wir vorüber kamen, war Birket - ghadahs. Freudenmädchen sprangen uns da entgegen, die an Frechheit. jenen des Palais-royal nicht nachstanden. Die Unglücklichen zahlen Steuer und haben eine Erlaubnißkarte. – Weiter ließen wir Oraühn hinter uns und legten Abends bei Sanüt-Rakahl an, wo uns Trommeln und Pfeifen, Jauchzen und Singen entgegenklan- gen. Wir waren kaum ans Land gestiegen, so wur- den wir von einem Schwarm arabischer Mädchen umrungen, die uns mit sich in ein niederes, langes Gebäude riffen. Da faßen und hockerten Männer und Weiber auf Erdbänken längs den Wänden in großer Zahl, andere standen gedrängt an der Seite der Pforte; die Mitte war frei und da tanzten meh- rere Mädchen mit krampfhaften Sprüngen und Be- wegungen. Die unseren warfen ihr blaues Ober- hemde ab, banden sich ein Tuch um die Hüften, nahmen an den Daumen und Mittelfinger jeder Hand eine kleine Schelle und mischten sich in den Tanz. Sie drehten und wandten sich, Zwei gegen Zwei, auf einer und derselben Stelle, krochen auf dem Boden 29 im Kreise, sprangen wieder auf, immer die Hände, mit den Schellen spielend, emporgehoben. Man nennt diese Mädchen Ghasiees. Ihr Tanz war lei- denschaftlich im höchsten Grade, aber ohne Anmuth. Auf Tamburinen und kleinen Geigen, die eine ein- zige Saite, aus Fischbein, haben, spielten Greife verschiedene Weisen, und begleiteten den Gesang mehrerer Weiber. Trommel und Pfeife lärmten nach Möglichkeit und die Schellen antworteten. Der An- zug war der gewöhnliche der Türkinnen, aber auf- geschürzt. Die Haare hingen aufgelöstet über den Na- cken; der Busen entblößt, im Gesichte fast rasende Wollust. Eine einzige Lampe erhellte spärlich das lange, durch die Menge der Menschen und durch den Tabaksdampf mit abscheulichem Qualm gefüllte, Gemach. Wir hielten es nicht lange darin aus, war- fen einige Geldstücke hin und verließen es, – aber der Strom der Ghasieen wogte uns nach, und nö- thigte uns wie im Triumphzuge in ihre Zelte. Die Mädchen mochten alle in einem Alter zwischen vier- zehn und sieben zehn seyn; Eine, fast die Eifrigste aus Allen, zählte noch nicht zwölf. Ihre Augen waren lebendig, ihre Arme voll und gerundet, ihre Füße zierlich. Die Gesichtszüge spielten in großer Beweg- lichkeit. Ihre Farbe war gelbbraun. Sie hatten Mund, Nase und Augendeckel mit blauen Linien bemalt und die Kleine trug einen großen Silber- - 30 ring im rechten Nasenflügel. In ihrem Benehmen herrschte ein seltsames Gemisch von Vertraulichkeit und Strenge. Sie hingen sich uns in die Arme, herzten und küßten uns, und sprachen unaufhör- lich. Wir bemerkten jedoch, daß kein Mann sie be- rührte, dem sie nicht selbst entgegen kamen und sich Alles auf Liebkosungen beschränkte, die, nach ihren Sitten, nichts Ungeziemendes enthalten. Auch nah- men. Diejenigen, welche vom Tanze abtraten, sorg- fam das blaue, verhüllende überkleid und warfen es erst dann wieder ab, sobald sie von neuem zu tan- zen anfingen. Wir waren schon wieder in unserer Barke, als sie noch lange beim Lampenscheine am Ufer vor uns tanzten, und wir wußten uns nicht anders aus dieser Gesellschaft zu retten, als indem wir abstießen und weiter fuhren. 30. November, Auf dem Nil. Eine Stunde unter Sanüt - Rakahl, fanden wir den Canal so feicht, daß wir nur mit Mühe vorwärts kamen. Beladene Barken vertheilten da ihre Waaren in kleinere. Wir ließen die Orte Sa- ruhn, Atfue und Sanabedizur Seite. An der Mün- dung des Canals in dem Nil, stehen ein Kaufhaus und mehrere Vorrathgebäude. Viele Fahrzeuge la- gen davor und es herrschte viele Thätigkeit. Ka- mehle zogen längs dem Ufer auf und nieder. Die 31 Waaren“ lagen zum Theile unter freiem Himmel geschichtet. Mit Tagesanbruch fuhren wir in den berühm- ten Strom, den die alte Welt nur mit Verehrung nannte, dem der Ägypter unter den Pharaonen und Ptolemäern als einer Gottheit huldigte und den er, noch heut zu Tage, als den Vater des Landes und die Quelle alles Segens betrachtet. Er überraschte mich nicht, denn die Breite des Armes schien mir nicht viel über 600 Schritte; aber die Strömung war stark und seine Waffer sind tief. Die Ufer sind, im Vergleiche zu denen des Canals, paradiesisch. Man fühlt, daß nun die libysche Wüste im Rücken und Ägypten vor den Augen liegt. Dattelbäume und Sykomoren steigen dicht gedrängt über Gesträuch und Schilf empor; Grün schmückt die weit gebreite- ten niederen Fluren. Stattlich zeigt sich Fuah, durch Ausdehnung und Handel eine der bedeutenden Städte des Delta, welche seit der Grabung des Mach- mudieh ihre alten Rechte über Rosette zum Theile wieder erworben hat. Spinn- und Darbuchfabriken und ausgedehnte Waarengebäude, alle von dem Vice- könig gebaut, steigen längs dem Ufer empor, Pal- menkronen neigen sich darüber, und dreifach gegür- tete Minarete heben sich zur Seite und im Hinter- grunde. Die Bauart ist von der in Alexandria üb- lichen verschieden. Die Häuser sind im farazenischen 32 Style voll Winkel und Spitzen, aber nicht ohne würdigen Ausdruck. Der Umstand, daß die Außen- wände nicht überkalkt sind, sondern die schwarzge- brannten Ziegel zu Tage liegen, erhöht das Ernste der Ansicht. Wie die meisten Städte des Orients ist auch Fuah ein Gemenge in einander geschobener en- ger, gedrängter Gaffen und Bazare, in welchen der Fremde die Brust wie in Katakomben beengt sich fühlt, und das Licht fegnet, sobald er wieder ins Freie gelangt. Das Gedränge von Thieren und Men- fchen und die Schichten von Gestank und Wohlge- rüchen morgenländischer Marktplätze sind von der Art, um den Europäer zu betäuben. Fuah gegenüber liegt eine angenehme Insel und eine Stunde nilaufwärts zeigt sich auf dem rechten Ufer der ausgedehnte Ort Salamunieh (Es-Sala- niee), von schönen Pappelgruppen umgeben. Wir fuhren mit ziemlich frischem Winde den Nil hinauf. Die Ufer sind, abwechselnd bald zur Rechten, bald zur Linken, sanft oder teil. Die vielen Krümmun- gen geben der Strömung diesen Wechsel. Nirgends waren die Ufer über fünf Fuß hoch. Von Stelle zu Stelle gewahrt man gemauerte Schleußen und Wafferwerke, welche den Segen des belebenden Flus- fes über das Land verbreiten. Die Ortschaften find weit besser gebaut und größer als am Machmudieh, und die Landschaft wird durch das reiche Grün, durch _83 die Menge der Orte, durch das Leben an den Ufern und auf dem Strome, durch die herrlichen Baum- gruppen angenehm; sie würde schön zu nennenfeyn, wäre die Linie des Gesichtkreises weniger einförmig, flach und nieder. Das Waffer des Nil war trübe und schwer; nach vollbrachtem Durchschlag aber leicht und ange- nehm; der Hygrometer wies auf Null. Bis Sonnenuntergang waren wir feit Fuah an folgenden Orten vorbeigekommen, die ich nach den Mitteln, welche die deutsche Aussprache und ihre Zeichen an die Hand geben, der arabischen Aus- sprache möglichst nahe kommend schreiben will: O r t e. Reicht es Ufer. Linkes U fer. Allah -uhn. - Säherumbe. Schurafa. - Ilkuni. Salamunieh. Kaffr - Schech - Haffan. Mohaledd-Malek. Sumhorad. Diffuh. --- Kaffr-Ibrahim. - Dimiknum. - - Rachmanieh. - Mar-Aß. Mohaled - Abu-Ali. Miniet - Selamme. Dimendschi. Hordi. Kaffr- Megehr. Kaffr - Osman, Saffieh. " - 34 Mohaledieh. Sibrehit. Minigehna. - - Maestra. Kaffr-Dovahr. Sibiries. Genatt. Kaffr - Sangali. 1. Dezember. Auf dem Nil. Wir fuhren noch bis Mitternacht und hielten dann einige Stunden am Dorfe Abigg an. Des Morgens lag großer Nebel über dem Nil, der bis gegen 8 Uhr die Ufer verhüllte. Wir stiegen aus und jagten bis an das schöngelegene Dorf Munufar, wo der Strom eine starke Krümmung nach Osten macht. Die Gärten und Pappelwäldchen dieses Or- tes waren von einer unzähligen Menge Turteltau- ben, und anderen Gevögels belebt. überall grüßten uns die Bewohner freundlich, brachten Milch und Butter, und begnügten sich mit Wenigem. Die Fel- der prangten ; die Baumwollenstaude zeigte eine Fülle geöffneter Knollen; der Mais lag geerntet auf den Feldern. So weit das Auge im Delta rei- chen konnte, sah es keine unbebaute Stelle. Da wir auch mit Einbruch der Nacht keinen Wind hatten, und unsere Leute durch das Ziehen der Barke sehr ermüdet waren, so warteten wir am Ufer den An- bruch des nächsten Tages ab. 35 O r t e. R echt es Ufer. Link es Ufer. Salhadschar. Kaffr - Hadehr. Kotabbe. Nikel. Jerahstak. Misleh. Mohallet-el-Läbben. Dahrygieh Abigg. Kaffr-Dahrygieh. Kufur Bilfee. Annieeh. Kaffr - Osaar. Kaffr - Laihs. Kaffr-Schech Ali. Schabuhr. Munufar. Selam unn. Kaffr-Sayjad. Kaffr-Harimm. Galgamun. Kufur Haffaß. Kaffr - Jacubb. Kaffr - Bagieh. Kafft - Djeddid. Kaffr-Misleh. Misleh. 2. December. Auf dem Nil. Wir badeten uns im Strome, nicht ferne unter dem Grabe zweier Bothenläufer, die uralt wurden und unter dem Volke für Heilige galten. Dieß Grab ist auf dem Damme eines Canals angelegt; eine - weit sichtbare Capelle wölbt sich darüber. Solche Heiligengräber sind häufig im Orient. Das Volk verlobt sich dahin bei der oder jener Krankheit, hängt Fetzchen von Kleidern oder sonst etwas so den kran- 36 ken Körper berührte, an die Bäume und das Strauch- werk, die gewöhnlich um diese Stellen gepflanzt sind. Die Capellen sind jederzeit forgsam geweißet und werden, da sie auch meist auf ragenden Orten angelegt sind, dem Reisenden zu brauchbaren Richt- puncten. Das Waffer des Stromes fanden wir angenehm warm, dessen Farbe röthlich-braun. Vor Machnin geht ein breiter Canal ins Land, welcher den Nil mit dem See Mareotis verbindet. Er macht die Gränze der Wüste, die, von jenem Grabe aus gesehen, auf eine Stunde Entfernung längs den Horizonte wie eine blaßgelbe Lehne hin- zieht. Die Ufer werden nun ärmer an Bäumen, die Orte stehen gedehnter der eine vom andern und im Delta auf höherem Erdschutt. Bei Daridschi greift die Wüste bis an den Nil. Drei Palmen im Sü- den dieses Ortes stehen wie Marken am Rande der- selben. Der schwarze, bebaute Grund und die Dün- nen, feinen, gelben, trockenen Sandes, womit, glänzend hell, die Wüste beginnt, sind ohne Über- gang hart aneinander gereiht. Ich trat auf eine die- fer Sandwellen. Welch ein Ausblick! Mehr als 90% des Gesichtkreises zeichnet eine ungebrochene, sanft- geschwungene gelbe Linie ab, welche die einförmige Lehne begränzt; kein Baum, kein Strauch auf die- fer; das Auge fucht einen Anhaltpunct, aber der Blick eilt unbefriedigt über die zeichenlose Bahn. Z7 Abends erhob sich ein leichter Wind. Wir machten dennoch wenig Weg, denn wir saßen zu verschiede- nen Malen auf. Die Bänke im Nil sind sehr wan- delbar und die besten Schiffer kommen damit nicht ins Reine. Übrigens läuft man keine Gefahr; mit einiger Anstrengung ist man bald wieder flott und die Araber haben Willen, Kraft und Verstand für das Handwerk. Der Araber macht keine Bewegung am Tau- werk, keinen Ruderschlag ohne zu fingen. Dieser Gesang ist nicht ohne Wohlklang; der Tact wird stark bezeichnet, denn die Schiffer arbeiten darnach; die Worte find aus dem Stegreife und meistens Ge- bete. Der Reis, d. i. der Führer der Mannschaft, der an der höchsten Stelle des Bords, am Steuer fizt, beginnt denselben z. B. mit den Worten: »Gott ist groß!« und das Volk antwortet: »Er ist unser Hort.« Dann ruft bei jedem Ruderschlage oder Tauzuge der Älteste aus den Matrosen einen Namen Gottes nach dem anderen, und die übrigen antwor- ten mit dem Lobe des Propheten oder mit was ih- nen font, in Anwendung auf ihre Lage, einfällt. Die Idee ist schön, aber das hindert nicht, daß die Ausführung dem Reisenden nicht manchmal, beson- ders zur Nachtzeit, unbequem werde. überhaupt sind die Araber ein schreiendes Volk. Sie kaufen kein Stück Brot einen Pfennig Wer- ZZ thes, ohne dabei Lärm zu schlagen, als ob es sich um Haus und Hof handle. Die Dörfer künden sich schon aus der Ferne durch eine ansehnliche Maße von Geschrei an. O r t e. Recht es Ufer. - L in Le 8 Ufer. Sahyahra. Nigileh. Tunupp. Sauüd-el-Bachr. El-Chamfin. Sawaff. Amruß. Machminn. Sanüt-el-Bagli. Kom-Scherik. Dana-fur. - Daridschi. Kaffr-Hedschafi. Abu-harvi. Gefiret-el-Hagar. (El-Kamm. Nadir. Dimichle. 3. December. Auf dem Nil. Wir waren nicht so glücklich wie Savary, dem die Mädchen der nächsten Orte bis in die Mitte des Stromes nach schwammen. Auch malt er sie schö- ner (Brief 5), als ich sie fand. Die gefälligste Ein- bildung, denke ich, hat Mühe, das Lumpige ihres Anzuges und den Mangel an Reinlichkeit, von dem ihr Körper zeugt, zu überwinden. Ihre Bewegun- gen sind jedoch nicht ohne Anmuth und sehr gelen- kig. Ihre Augen sind voll eines dunklen Feuers. Wirklich malerisch sind sie aus der Ferne gesehen, wo die langen Falten ihrer dunkelblauen Bekleidung 39 an Härte verlieren und an Einheit gewinnen. Fast alle Reisenden sprechen von dem Bilde des Ab- und Zuwandelns der Frauen und Mädchen, die Waffer aus dem Nil holen. Es ist auch wirklich anziehend, und kann als Zeichnung den Eindruck nicht verfeh- len. Einen großen, unten gerändeter Krug auf dem Haupte – einen kleineren auf der linken Achsel, beide von einfacher, antiker Form und durch die entblößten Arme und zierlich gebeugten Hände ge- halten; hierzu eine lange Bekleidung, die sich vor- theilhaft faltet; leichter Gang und schnelle Wen- dungen, machen ein edles Ganzes. Diesen Anblick hat übrigens der Reisende jeden Tag zu Hundert- malen, denn die Ufer sind nie von Weibern und Kindern leer. Diese sind ganz nackt, und jene nicht felten kaum bedeckt. - - O r t e. Recht es Ufer. - Linke s Ufer. Schabihir. Burakiatt. Damaleh. Kaffr - Dahud. Ghisahi. Teranneh. Sanfaff. El - Achmas. Kom- muß. Abu - Nefchaabe. Sanüt- Rafieh. Sagieh. Tachwyeh. El-Hamum. 4) 4. December. Auf dem Nil. Wir hatten während der Nacht am Dorfe Mnu- fieh angelegt. Als es Tag wurde, und ich das Jagdge- wehr auf der Schulter, die Uferhöhe bestieg; was fah ich über dem Horizont der Wüste ragen? – Die Pyramiden von Dschieh. Ich glaubte meinen Augen kaum – aber sie täuschten nicht. Nur zwei der Pyramiden waren sichtbar, die eine als reines Dreyeck, die andere mit scheinbar etwas eingekrümm- ten Seiten. Die Sonne fiel darauf und sie brann- ten in Licht. Je länger ich sie betrachtete, desto hö- her schienen sie emporzusteigen. Die einzigen Gegen- stände, in der weitgestreckten halben Zone, worin Himmel und Wüste sich vermählten, und zwar mit scharfen Kanten und schwerer Maffe sich ausschnei- dend. Aus dem lichten Hintergrunde konnte das Auge keinen haltbaren Maßstab der Vergleichung an sie legen. Wir hatten Land um uns, so reich an Bäumen wie die Umgebung von Fuah; besonders Wardan liegt in einem reizenden dichten Walde von Dattel- palmen. Oberhalb diesem Orte greift die Wüste wie- der bis an den Nil. Da eben Südwest sich erhob, fo wurden wir von Sandwolken überdeckt und muß- ten uns in das Innerste der Kandchia flüchten. Die Ufer, flach und lang gestreckt, zeigen an dem Bruche 41 die Schichten von Sand und Nilschlamm , wie Bäume die Jahrringe. Die Menge der Turteltauben längs dem Nil, ist erstaunlich. Wir schoffen jeden Morgen, in kur- zer Zeit, so viele, als wir für unseren Tisch brauch- ten. Übrigens fanden wir in jedem Orte Fische, But- ter, Eier, Orangen, Granatäpfel und Brot, das letzte platt und schlecht. -- Niebuhr führt, in seiner Liste der Ortschaften, nach Dschuresch, Liudschib auf. Dieser Ort liegt aber tiefer im Delta und wird vom Nil aus nicht gesehen. Sidi-Ibrahim ist ein Heiligengrab, von einigen Sykomoren beschattet, die weithin sichtbar sind. Hinter el-Katta tritt die Wüste auf mehrere hundert Schritte zurück und läßt diese Strecke dem Dorfe; dann aber greift sie wieder mit hohen Dü- nen bis an den Strom. Das rechte Ufer war in die- fer Strecke wenig bebaut und verlaffen; Reste von Canälen und Bewässerungsmaschinen zeigten, daß dieß nicht immer der Fall war. O r t e. - Recht es Ufer. Linkes Ufer. Mnufieh. El- Hatatbeh. El- Manfieh. - Miniet- Selahme. Dschuresch. Awlatt-Feradschi. Abu - Awuali. At - riß. Sidi - Ibrahim. Wardan. 42 - Schimunn. Abu-Ghalibb. Tahlie. (El - Katta, Gavadi. Gizaijeh. Baranieeh. Nikl. Gonamieh Burraß. Mimet-el-Arusch. Kahauweh. Kaffr- Manfur. Sachfah. Satanoff 5. December. Auf dem Nil. In der Nacht hatten wir die Spitze des Delta erreicht und hielten dort an. Flach streicht sie in den Nil, eine Sandzunge weit vor sich streckend; flach dehnen sich auch die Ufer des nun vereinigten Nil hin, der an Breite den Auge kaum gewonnen zu haben scheint. Das Dorf Schalakan steht am rech- ten Ufer des Armes von Damiatte, Darawueh, eben demselben zugewandt, an der Spitze des Dell- ta's,– El-Achsaß auf dem linken Ufer des Ar- mes von Rosette. Nebel lag mit Tagesanbruch über Land und Strom. Viele Fahrzeuge segelten aus dem Arme von Damiatte herauf, die spitzen Segel gekreuzt. Zwischen Ruffimm und Sihi, halbwegs, zieht ein Canal in die trefflich bebaute, mit Dörfern be- fäete Ebene des linken Ufers, die bis an die Wüste und bis an die Pyramiden sich ausdehnt. Einige 43 hundert Schritte ober der Mündung des Canals steht, unter Sykomoren, das Grab eines Heiligen, Abdarahmon. Von der schön n Bogenbrücke, die Muhnud-Ali, nahe an dieser Stelle, über den Canal baute , unterschieden wir zuerst die dritte Pyramide von Dschijeh. Die beiden großen, bra- chen als dunkle, gewaltige Maßen durch den Nebel und, obwohl mehrere Stunden entlegen, schienen sehr nahe vor das Auge gerückt. Von derselben Stelle erkannten wir auch die Höhe hinter Kairo, den Mokattam, die zweifach gestuft, nach der Nilseite abstürzt. Die Pyramiden nahmen wir nun zur Rech- ten. Um Mittag kamen wir an Schubra vorüber. Das hohe Ufer mit Menschen gefüllt; die Menge von Roffen, Kamehlen und Eseln; das Landhaus des Vicekönigs, das heiter und prächtig aus dem Strome emporsteigt; die gewölbten Mündungen der Canäle, die Bewäfferungsmaschinen und das Ge- triebe daran; die Gärten, die Bäume, die Glas- häuser, Köschk und Maiergebäude : diese Gegen- stände auf dem Hintergrunde des nackten, grauen arabischen Gebirges gelegt, erschienen uns wie Bill- der einer Knabenoptik. Nun sahen wir auch Mafr oder El-Cahira »die Siegreiche, die hohe Pforte der Gläubigen, «wie sie der Araber nennet, Kairo, bei den Franken und bei einem Theile der oriental- fchen Christen. Mit vielen Minarets und hohen 4 Ak 44 - Gebäuden breitete sie sich vom Nil bis an den Mo- kattan hin, der nun fünf Stufen wies, auf deren unteren das Schloß der Herrscher des Landes prangt. Die Pyramiden waren vom Ufer verdeckt; wir fa- hen sie erst wieder, einer Bergmaße mit zwei Spi- zen gleich, da wir Bulak erreichten. Bulak ist der Hafen Kairo's für Unterägypten. Es kündigt sich als die Lände einer großen Stadt durch geräumige Waarengebäude, Fabriken, aus- gedehnte Schiffwerften und durch das Leben auf dem Strome und an den Ufern an. Bald nach 1 Uhr verließen wir unsere Kandschia und ritten, quer durch Bulack, nach Kairo hinauf. O r t e. Recht es Ufer. Linke s Ufer. Darawueh. Om-dinahr. Schalakan. Dikelkom. Charakanieh. El-Achsaß. Abu-el-Gheid. Dschaladnieh. Aliubb. Haffan - inn. Bfuß. Oratinieh. Mid -halfeh. Ruffimm. Damanhur. Sihi. Schubra. Janas. Miniet - el - Sirik, Gefiret-Mohammed, Gefiret - Batran. Waraa. Bulak, - Embabeh. IV. K. a. i r o. D„ Ursprung dieser Stadt, die eine der merk- würdigsten, der dermalen bestehenden, in irgend ei- nem Lande der Welt ist, wird von den Eingebor- nen bis auf die ältesten Zeiten zurückgeführt, und zwar bis auf Misram, Sohn Chams, der sich in Ägypten niedergelaffen und dem ganzen Lande fo wie der Hauptstadt den Namen Masr gegeben ha- ben soll. Die Hauptstadt war aber Memphis. Zu jener Zeit also soll Kairo gegründet worden seyn. Die arabischen Geschichtsschreiber geben den Zeit- punct der Gründung Kairo's genau an. Elmacin in seiner Geschichte der Araber sagt: »Im Jahre 358 der Heg. kam Janhar, Feldherr des Moaz, aus dem Geschlechte der Fürsten von Kiruan, an der Spitze einer furchtbaren Macht nach Ägypten und entriß es den Abaffiden. Von jenem Zeitpuncte an wurde das Gebet im Namen der Fatimiten ge- macht. Der Sieger, der eines Ortes bedurfte, um feine Soldaten unterzubringen, legte den Grund zu El-Cahira, baute dort einen Palast für den 46 Kaiser, und befahl den Herren und Kriegsleuten, die neue Stadt zu bewohnen. Vier Jahre darauf verließ Moaz seine Staaten in der Barbarei und kam feiner Eroberung zu genießen. In diesem Jahre wurde Cahira ausgebaut und das Reich der Fati- miten befestiget.« Moaz, in einem Sendschreiben an seinen Sohn, sagt folgende Worte: »der Augenblick der Gründung dieser Stadt fiel mit demjenigen des Aufganges des Mars zusammen, des Bändigers der Welt. Um die fer Geburtsstunde wegen, habe ich ihr den Namen El-Cahira geben laffen.« El-Cahir ist der Name des Planeten, um wel- chen es sich handelt, und bedeutet auch: der Sieg- reiche. Abulfeda in seiner Beschreibung von Ägypten, drückt sich folgender Maßen aus: »Im Norden von Fostat, ist die Stadt El-Cahira, welche von den fatimitischen Chalifen gegründet wurde. Diese Für- sten, welche sich ein Reich an der Küste der Bar- barei gebildet hatten, machten sich zum Meister Ägyptens. Der Erste, welcher dieß Land eroberte und darin herrschte, war Moaz, der Sohn El-Man- fois . . . . Er legte den Grund zu El-Cahira, in Jahre der Hegira 359.« Kairo schöpfte seine Vergrößerung aus dem Un- tergange Fostats (des heutigen Alt-Kairo). Im 47 Jahre 564 der Hegira, steckte Sultan Schahuar Fostat in Brand, weil er diese wichtige und reiche Stadt nicht gegen die Kreuzritter unter Lusignan vertheidigen zu können glaubte. Die Bewohner von Fostat zogen nach Kairo, das von diesem Zeitpuncte den Beinamen Mafr, der nur der Hauptstadt ge- bührt, annahm. Salah - Eddin, der Besieger der Kreuzfahrer, erst Statthalter, dann Sultan von Ägypten (567 d. H.) schlug in Kairo den Sitz auf. Er baute im Jahre 572 das Schloß und die Mauern der Stadt, die 29,300 Armlängen Entwickelung ha- ben und zum Theile noch bestehen. Er baute auch, im Viertel Karafeh, die Akademie und das Grab Schaffey's. Jene wurde durch die Akademie des Dschami und Aschar (Blumen-Moschee) ersetzt, die bis zur Eroberung Ägyptens durch die Osmanen blühte. Diese Eroberung und die Entdeckung des Vorgebirges der guten Hoffnung, machten aus Kairo das, was es heut zu Tage ist, eine königliche Ruine von Hütten verstellt ein herrliches, obwohl zum Theile verwüstetes und besudeltes Denkmal der Kraft, Kühnheit und Anmuth, des romantischen Schwun- ges und des bewunderungswürdigen Fleißes der Sarazenen. Kairo ist diejenige Stadt, in welcher die fara- zenische Baukunst ihre höchste Entwickelung erlangt hat und ihre größten Werke aufstellte. Kairo trägt 48 auch in allen Theilen den einen und selben Ausdruck; denn was feit dreihundert Jahren verfallen und da- für eingeklebt worden ist, beeinträchtigt den Ge- fammteindruck kaum , so groß, so einförmig, so zahlreich find die Meisterwerke und überhaupt die Bauten aus der Zeit der farazenischen Blüthe. Con- stantinopel ist Dorf und Gemisch alter und neuer Barbarei, auf den schönsten Hügeln der Welt, wie zum Scherze hingebreitet, Bau, von Dienern dem gleichgültigen Herrn vorgezeichnet und ausgeführt, Tändelei im Großen und Prächtigen, keinem Volke, keiner Zeit, keinem Style ausschließend angehörig; Kairo ist Kaiserstadt und Fürstensitz, zwischen Wüste und Wüste geklemmt, ganz aus sich herausgewach- fen, ohne irgend eine Beimischung an Stoff, Zeich- nung oder Farbe, welche der Einheit des Bildes fchade; Kairo ist weder Europa, noch Asien, noch gelungene oder mißlungene Nachbildung griechischer, römischer oder fränkischer Muster; Kairo ist Sara- zenenwerk, und nichts als das, wie das Münster gothischer Bau in allen feinen Theilen ist. Kairo mag von Ost nach West eine Stunde, von Nord nach Süd eine und eine halbe Stunde Aus- dehnung haben. Ein großer Theil des Raumes ist von Plätzen und Gärten bedeckt. Die Häuser sind meist drei Stockwerke hoch, häufig mit geschnitztem und bemalten Holze vertäfelt, haben hohe Fenster, 49 Spitzbogen und Zierath, sind sehr geräumig und zum Theile prächtig im Inneren. Jedes Stadtvier- tel hat seine besonderen Thore, die Nachts geschlos- fen werden, und macht eine Stadt in der Stadt. Die Straßen sind enge, finster und nach dem Schloffe zu aufsteigend; die Bazars reich, ausgedehnt und bedeckt ; die Bäder zahlreich, die Armenanstalten reich und stattlich; die Moscheen von vollendeter maurischer Pracht, voll kühn und klar geordneter, gewaltiger Maffen, voll sorgsamer, reicher und zier- licher Ausführung bei großer Einfachheit im Plane, voll edler Feinheit im Geschmacke. Man zählt an 300 Moscheen in Kairo. Etwa zwanzig Tausend Esel sind fortwährend in Bewegung, denn nur der Bettler und der Sclave gehen zu Fuße. Dromedaire, Pferde, Esel und Ka- mehle, dienen für das tägliche Getriebe. Der Vicekönig bewohnt das Schloß, das auf dem letzten Abfalle des Mokattam angelegt ist und die Stadt großentheils beherrscht. Hohe Mauern und steiler Aufgang trennen es von derselben, so wie von dem Reste des Mokattam. Auf der nächsten Stufe dieses Gebirges, auf derselben Stelle, von welcher Mechmed-Ali den Vicekönig Kosroef-Pa- fcha in feinem Palaste im Schloffe mit Kanonen- kugeln aufjagte, hat er ein geschloffenes Werk anle- gen laffen, dieses ruht auf einer Felswand, die, Prok elf ch: Ägypten. I. 5 5(!) auf eine weite Strecke, über hundert Fuß hoch, senkrecht abgehauen ist; ein breiter, steiler Weg, 260 Schritte lang, und ganz aus dem Thale auf- gemauert, führt zu dem Werke, von welchem aus das Schloß wie ein aufgeschlagenes Buch zu den Füßen des Schauenden liegt. Schubra steht diesem Werke in Nord, die große Pyramide in West. Das Thal zwischen dem Werke und dem Schloffe liegt wüst, und gleicht einem Schauplatze von Zer- störung. Man kann die Anstrengungen ermeffen, welche seit der Anlage des Schloffes, zur Sicher- stellung desselben, nach dieser Seite gemacht wor- den sind. Die Mauern des Schloffes, welches die Gestalt zweier unter sich verbundener, unregelmä- ßiger Vierecke hat, riefig in Anlage und Ausfüh- rung, mit vielen Thürmen verstärkt, ruhen auf Felswänden, die bis auf dreißig Fuß senkrecht, ab- gemeifelt sind. Der Thaleinschnitt ist vertieft, und Haufen leichten Schuttes decken die Annäherung an die Felswände. Es liegen auch mehrere Felsblöcke im Thale, die abgebrochen, aber zu groß sind, als daß dieß durch Menschenhand oder Werkzeuge ge- fchehen seyn könne. Der Boden ertönt unter dem Hufschlage der Pferde an vielen Stellen dieses Tha- les, als wenn er hohl wäre, besonders an der Ost- feite des Schloffes und an derjenigen gegen Nord, wo der Weg nach den Friedhöfen hinabführt. 51 - Der Reisende, der das Schloß besteigt, befieht gerne den ausgedehnten und königlichen Palast Mechmed-Ali's, an welchem er dermalen noch baut; die großen Artilleriewerkstätten und Zeughäuser; den sogenannten Brunnen Josephs, der 280 Fuß tief, und mit 42 Fuß Umfang in dem Felsen ge- hauen ist, und in welchem eine gleichfalls aus dem Felsen gehauene Treppe bis in die Tiefe führt; die Stelle zwischen den Mauern, wo die Mameluken überfallen und niedergemetzelt wurden, und von wo Einer zu Pferde über die Wand setzte und entkam; den Palast Selah-Eddins endlich, der vor weni- gen Jahren durch den Aufflug eines nahen Pulver- magazins zum großen Theile in Trümmer fiel, noch aber eine majestätische und prachtvolle Runnebildet, in welchem 34 mächtige Granitsäulen stehen. Der antike Schaft, 45 Fuß lang, ist mit Blei und Holz auf die fremde Unterlage befestiget, und trägt ei- nen fremden Knauf, jeder von den übrigen verschie- den. Rings um die innere Wand des Gesimses, läuft ein Spruch des Koran, in sechs Fuß hohen Lettern, die bemalt oder vergoldet gewesen feyn dürften, und eine reiche Zierde bilden. - Außer der schlagenden Zusammenstellung alter und neuer Pracht, von Palästen in Trümmern und Palästen im Werden, gibt dem Reisenden die Aus- ficht über die ungeheure Stadt und ihre Todtenäcker, - 5 s 52 über das Nilthal vom arabischen bis zum libyschen Gebirge, von Wüste dießseits bis zur Wüste jen- seits, und der Anblick jener unvergleichbaren, urä- testen Denkmale, der Pyramiden von Sakaara und Dschijeh, reichen Stoff zum Nachdenken über Welt und Geschichte, über Wandel und Vergänglichkeit. Auf dem Platze an dem Eingange aus der Stadt in das Schloß steht die Moschee Sultan Haffans, die ob ihrer Größe, Pracht, Kühnheit und Voll- endung nur mit den vorzüglichsten Bauten der go- thischen Schule verglichen werden kann. Von dem Giebel und den Minarets dieser Moschee, befchoffen die Aufrührer mehrmals mit Kanonen das Schloß, wenn sie die Statthalter des Sultans nach ihren Wünschen zu beugen gesonnen waren. Ich habe diese Moschee, so wie manche andere, nie ohne Bewun- derung und Erhebung betrachten können. Ihr An- blick sprach mich wie die Romanze vom Cid, wie ein Bild aus schönster Ritterzeit an. Ihre mächti- gen Maffen erfüllen die Seele mit Sicherheit, der hohe Schwung in ihrer Anlage und Zeichnung regt dichterische Wärme an, die vollendete Ausführung gibt wohlthätige Klarheit. Niemand hat fleißigere, genauere und reinere Zeichnungen von den farazeni- fchen Denkmalen Kairo's genommen, als Herr Coste, aus Marseille, ein sehr fähiger Mann, der als Vor- steher aller Canal- und Brückenbauten im Dienste 53 des Vicekönigs sich befindet. Als ich im März 1827 ein zweites Mal nach Kairo kam, vernahm ich, daß er feine Sammlung von Zeichnungen dieser Art an ei- nen Engländer verkauft habe. Es wäre Schade, wenn fie in irgend einem Museum vergraben blieben. Die Minister des Vicekönigs wohnen in heite- ren Palästen der Stadt, und zwar der entlegeneren Theile derselben, z. B. der Defterdar-Bey auf dem Platze Esbekieh, der einen Theil des Jahres unter Waffer steht, und in einem andern als Feld benützt wird. Eine große Strecke hindurch sind die Gebäude dieses merkwürdigen Platzes zerstört und verfallen; was noch steht ist entweder maurischen Styles und trägt dann den Ausdruck alter Pracht, oder fränki- fchen und neu-türkischen, und nimmt dann ein hei- teres Ansehen. Der Palast des Defterdar - Bey ist eben derjenige, worin sich zur Zeit der Überrennung des Landes durch die Franzosen, das Hauptquartier Bonapartes und Klebers befand. Ein französischer Mameluke wies uns die Stelle im Garten, wo die- fer General ermordet worden ist.» Der Mörder hat sich rechts gewendet,« das waren die letzten Worte Klebers zu den herbeigeeilten Seinen. Das Anden- ken dieses Mannes ist jetzt noch bei vielen Ara- bern verehrt. Vor dem Palaste, auf dem Platze Esbekieh, steht eine alte, hohe Sykomore, unter 54 welcher Kleber manchmal zu sitzen pflegte; sie heißt heut zu Tage nach feinem Namen. Es ist mehr Leben in den Straßen von Kairo, als in denen von Constantinopel, weil die Frauen dort mehr sichtbar sind. Sie reiten auf hohen Maul- thieren, Eseln oder verschnittenen Pferden (Rachu- ane), in schwarze Seidenstoffe, wie Mumien ver- hüllt, von vielem Gefolge begleitet. Der tägliche Strom der Geschäftleute nach dem Schloffe und von demselben, belebt gleichfalls die Straßen. End- lich ist das Völkergemenge und Getriebe auf den Marktplätzen groß, und legt die seltsamsten Bilder aus. Alle Theile der alten Welt und alle Religionen derselben kreuzen und berühren sich in der Umfrie- dung dieser Stadt. Thibet und die Barbarei, Abys- finien und Europa, Persien und Indien machen da ruhig ihre Geschäfte; der Muselmann, der We- habite, der Jude, die hundert Secten der Christen, der Fetischanbeter wohnen neben einander und ge- nießen Achtung und Schutz. 59 fen, da sie hartnäckig sich weigerte, es zu verkau- fen; da habe er es durch die acht Säulen von dem übrigen Hofe gesondert. – Der Vicekönig mit allen Großen des Reiches und allen Officieren und Be- amten besucht jedes Jahr, am letzten Freitag des Ramazans, diese Moschee. Auf dem Abfalle des Mokattam, oberhalb Fo- tat, steht ein alter, viereckiger oder beffer unförm- licher Bau, den Manche für ägyptisch halten und die Kornkammern Josephs heißen, Andere für per- sich, und wieder Andere für römisch. Abulfeda er- wähnt desselben unter dem Namen des Feuerschlos- fes, weil die Perser darin ein ewiges Feuer unter- halten haben sollen. – Savary hält es für Ba- bylon. – Peter Sicard, welcher Flav. Josephus nach spricht, hält eben deshalb, weil Kambyfes eine Zahl Babylonier in dieser Gegend zurückgelaffen habe, Alt-Kairo selbst für Babylon. Strabo sagt: » Nilaufwärts, oberhalb Heliopolis, steht das Schloß Babylon, durch Kunst und Natur befestiget. Es wurde von einigen Babyloniern angelegt, die sich, mit Erlaubniß des Königs, dahin zurückzogen. Die Rö- mer hielten darin eine der drei Legionen, welche die Besatzung von Ägypten ausmachen. Von dieser Feste an senkt sich das Gebirge fanft bis an den Nil. Hun- dertfünfzig Sclavenarbeiten unablässig, um mit Hilfe _ 60_ von Rädern und einer Leitung das Waffer nach dem Schloffe zu bringen.« - Die Trümmer der Wafferleitung sind noch zu finden, und es ist demnach kaum zu zweifeln, daß dieser Bau aus der Zeit der persischen Herrschaft und derjenige fey, den der Geograph in der angeführ- ten Stelle bezeichnet. Fostat gegenüber, im Nil, liegt die reizende In- fel Ruda, die mit Gärten und Landhäusern bedeckt ist und unter Andern auch die Pulvermühlen und den bekannten Nilometer trägt. Dieser steht in einem Becken maurischen Styles und ist selbst eine mau- rische, achteckige Säule, nicht mit einem korinthi- schen Knauf (wie ich irgendwo gelesen habe), fon- dern mit einem einfachen Viereck über flachen kaum ein paar Zoll hohen Blätterzierath gekrönt. Die Säule reichte 4 Armlängen und 4Palmen über den Wafferspiegel, die Maaße darauf waren roh aber doch klar angegeben und ich fand die Verwirrung nicht, von der einige Reisende sprechen. In einem Garten der Insel Ruda steht der heilige Baum der Fatim e. Er ist von der Gattung, die im Arabi- fchen Nebb genannt wird, und so alt, daß sein Haupt- stamm fast ganz verwitterte. Aber die großen zur Erde gebrochenen Äste treiben nach allen Seiten und zeigen eine Lebenskraft, die Erstaunen erregt. Die türkischen Frauen, welche Nachkommenschaft wün- - 6 fchen, kommen an diesen Baum, verrichten Gebete, schlagen dann einen Nagel ein und hängen ein Fetz- chen daran, weßhalb der Baum auch mit Nägeln befäet ist. Man sagt, daß diese Wallfahrt mehr als Einer geholfen habe. VI. S ch u b r a. Außerhalb der Stadt, dort wo der Weg nach Bulak von demjenigen nach Schubra sich trennt, und auf einer Schutthöhe eine von Bonaparte angelegte und nun in einen Telegraphenthurm, umwandelte Windmühle steht, beginnt eine Allee von Syko- moren und Acacien, breit und ansehnlich, die auf eine Stunde Weges den Zugang nach dem genann- ten Luftorte des Vicekönigs bildet. – Schubra, als kaum geborne Schöpfung betrachtet, ist gewiß einer der schönsten Gärten des Orients. Er ist mit Wegen in geraden Linien, die sich unter verschiede- nen Winkeln schneiden, durchzogen; bald sind es Cypreffen, bald Acacien, bald Frucht- und Gummi- bäume, bald Pappeln und Palmen, welche die Al- leen, die Runden und sonstigen Ruheplätze bilden. Der Boden dieser letztern ist mit farbigen Steinchen, in Nachahmung von Teppichen, eingelegt, und rings- um find Blumen aller Gattungen angebracht. Die Balsaminen, die Jonquillen, die Goldblumen, die Immer schön, die bengalischen Rosen standen in / 63 Blüthe, der Oleander war in der Fülle seiner Far- benpracht und schmiegte sich an die Cypreffen und stand selbst zum Baume aufgezogen. (December.) Die ersten Abtheilungen des Gartens, zunächst am Eingange, enthalten fast nur Orangenbeeten, die weiteren eine Menge Fruchtbäume, welche Ägyp- ten nicht kennt oder wieder vergeffen hat. Diese um- geben einen Pavillon aus weißem Marmor, der Schönbrunn und Versailles zieren würde. Ein Mar- morbecken, achtzig Schritte ins Gevierte, ist von ei- nem dreißig Schritte breiten, Säulen tragenden, be- deckten Gange, gleichfalls aus Marmor und der feinsten Ausführung, umgeben. Aus jeder der vier Ecken des Ganges tritt man in einen prächtigen Saal mit zwei Seitengemächern, nach orientalischem Geschmacke reich eingerichtet und gezieret; aus der Mitte jeder der vier Seiten aber durch ein schönes Thor in den Garten. Dem Eingang in die Säle entspricht, im Winkel des Beckens, ein runder Vor- fprung, worauf ein Löwe ruht und Waffer speiet; rings um den Vorsprung laufen Löwenköpfe, die dasselbe thun. Eben so entsprechen den vier Aus- gängen vier kleine Pavillons, die in das Becken ver- greifen. Die Linie des Vierecks wird durch diese acht Ausbeugungen angenehm unterbrochen und fo das Eintönige vermieden. Längs dem ganzen Becken, an der inneren Seite des Ganges, stehen hohe und 64 reich gearbeitete Blumen-Vasen aus Marmor, und mit dem Boden in gleicher Höhe läuft eine doppelte, breite, in basrelief reich gezierte Rinne aus Marmor herum, damit das Waffer ringsherum geführt wer- den könne, ohne deshalb das Becken zu füllen. Mit- ten im Becken steht ein anderes, das 25 Fuß ins Gevierte haben mag. Deffen Ecken sind eingekrümmt; es ist überaus reich an Arbeit in Stein und von sehr geschmackvoller Ausführung. Wenn alle Waffer spielen, so steigt aus der Mitte des inneren Beckens ein hoher Strahl auf; vier und zwanzig Krokodile speien aus den Ecken desselben, und von dem Rande des großen Beckens werfen Löwen und Schlangenköpfe ihnen das Waffer entgegen. Die Ausdehnung des Baues, der Glanz des Marmors, die Meiselarbeiten in Guirlanden und anderem Schmuck, der von Greiffen und Lö- wen gehalten wird, die Lage endlich des Ganzen, zwischen Bäumen aller Welttheile, mit dem Ausblick auf Pyramiden und Nil, machen die Stelle zu ei- ner erheiternden, und ich möchte sagen, berauschenden. Ganz am Nil ist das Harem des Vicekönigs. Es wurde eben für den Frühling vorbereitet; wir durften also das Innere besuchen. Unsere Frauen- gemächer bieten gewiß nichts dar, was diesen an Pracht sich vergleichen könne. Die Mitte des Ge- bäudes wird durch einen Saal eingenommen, den 65 vier andere Säle umgeben; jeder derselben hat wie- der zwei Cabinette zur Seite. Der Mittelsaal ist während des Tages, derjenige der Vereinigung, und während der Nacht, der Aufenthalt der schwarzen Dienerinnen. Der eine Seitensaal ist der des Vice- königs; der zweite dient als Badesaal; die beiden übrigen werden von den Frauen bewohnt, die Ca- binette aber von Dienerinnen höheren Ranges. – Die Pracht und Feinheit der Wandverzierungen, des Divans, der Teppiche, der Einrichtung geben dem reichsten persischen Dichter Stoff und wären der schönsten Frau auf Erden würdig, die zu nennen, ich mich übrigens nicht unterfangen will. VII. - Das Lager bei Abusabel. Heliopolis. Ein und eine halbe Stunde NO von Kairo, mit- ten in einem Walde von Dattelpalmen, liegt das Dorf Birket-el-Hadschih, wo sich die heilige Kara- vane sammelt, die jährlich, im Frühjahre oder zu Anfang Sommers, nach Mekka zieht. Die Pilger finden Raum in einem Viereck, welches mit einem Erdwall umschloffen und an den Ecken durch Thürme vertheidigt ist. Folgt man diesem Dattelwalde bis zur Grenze der Wüste, und geht längs dieser noch anderthalb Stunden weiter, fo kömmt man in das Dorf Khanka, von welchem eine halbe Stunde rechts, auf einer Strecke der Wüste, die Saara heißt, das Lager der geregelten Truppen des Vicekönigs auf gestellt ist. Dort find große Vorrathsgebäude, Spi- täler und Wohnungen für den Stab und die hö- heren Officiere. Die Regimenter lagern unter Zel- ten. Es herrscht eine rühmliche Ordnung und ein verständiger Fleiß. Mehrere junge Mameluken, die uns entgegen kamen, sprachen uns in französischer Sprache an. Wir besuchten die Schulen und die fon- 67 stigen Anstalten, wohnten den Übungen des 2, 10, 11. und 12. Infanterie-Regiments bei, und wur- den von dem Chef des Generalstabs, Selim-Bey, auf das Freundlichste bewirthet. Auf dem Rückwege ritten wir über Heliopolis. Ein Erdwall zu 800 Schritte ins Viereck und ein Obelisk aus rothem Granit, sind die einzigen Reste dieser berühmten Stadt, wohin die Weisen der al- ten Welt zogen, um Weisheit zu lernen. Der Obelisk steht innerhalb des Erdwalls, der vielleicht den Um- fang des Sonnentempels bezeichnet. Er schien mir mit denen von Alexandria von gleicher Höhe. Seine Richtung ist von SSW nach NNO. Auf jeder der vier Seiten sind dieselben Hieroglyphen. Diese nen- nen als Errichter den ältesten Pharaonen, den wir bis jetzt, auf den Tempeln und Malen Ägyptens und Nubiens gefunden haben: Osortasen, den achtzehn- ten Vorfahrer des großen Remeles, zufolge der im Abydos und Berikanan gefundenen genealogischen Tafeln – das Zeitalter des großen Remefes, oder Sesostris, ist selbst so ungewiß, daß ich mir nicht die Mühe geben will, dasjenige Osortasens zu bestimmen. Die Welt ist alt, aber die Geschichte ist jung. Die Bibel spricht von diesen Obelisken in Jeremias (Cap. 43. V. 13) Weiffagung vom Un- tergange Ägyptens durch Nebukadnezar: »Und er wird - 6 % 68 fie niederwerfen die Säulen, die da aufgerichtet ste- hen vor dem Tempel der Sonne im Lande Ägypten.« Nahe bei Heliopolis steht eine Sykomore, unter welcher, nach der Sage des Volkes, die h. Jungfrau geruht haben soll. Die Türken tragen eine große Ver- ehrung für diesen uralten Baum, von dem nur ein Stück Rinde noch besteht, das auf 16 Spannen Breite nur 4 Spannen Dicke mißt, dabei aber ju- gendlich treibt und weithin den Schatten verbreitet. Pyramiden von Dschijeh. December 1826. Fas vier Stunden brauchten wir, um von Fostat aus, die Pyramiden von Dschifeh zu erreichen. Wir kamen dabei denen von Sakaara ziemlich nahe, und folgten einem hohen Damme, der mehrere Durch- laßbrücken aus Stein, Werke der Araber, von fe- stem und mächtigem Baue zeigt. Die schönste dieser Brücken steht am Dorfe Schobrament. Sie hat eine geschichtliche Bedeutung und ist im Munde des Vol- kes, das jede Vergangenheit, selbst die schlimmste, beklagt. – An dieser Brücke schlug sich Elfy - Bey zum letzten Male gegen Mohammed-Ali. Seine Ma- meluken erlagen. Er wußte, daß ihr Verhängniß gekommen, fein und ihr Reich zu Ende fey. Auf dieser Brücke soll er angehalten, sich gewandt, noch einmal Kairo betrachtet und dabei ausgerufen ha- ben: »O Stadt! sieh deine Kinder! – sie irrenzer- freut und beraubt umher, während du felbst unter dem Säbelfremder Horden schmachtet, während deine 7) Paläste sinken, deine Gebäude einstürzen, während deine Frauen entehrt werden und dein rühmlicher Glanz verblaßt!« . . . . . An dieser Brücke verließen wir den Damm und ritten gerade auf die Pyramiden los. Ein Gehöfe, Kaffr-el-Khran, liegt denselben auf eine Viertel- stunde zur Seite. Dort beginnt die Wüste. Ich konnte nicht klar werden über den Eindruck, den diese größ- ten aller Denkmale auf mich machten; ich kann es noch nicht. Nur so viel weiß ich, daß sie mir höher und mächtiger erschienen aus der Ferne von Wardan, denn aus der Nähe von wenigen hundert Schritten, und daß jener erste Eindruck plötzlich mich überfiel, und zwar mit verstärkter Gewalt, sobald ich am Fuße der großen Pyramide stand und den Versuch machte, nach der Spitze derselben empor zu blicken. Auge und Seele fühlten das Gewicht der ungeheuren Maffe auf sich, und die Zeit und die Geschichte legten das Ihrige dazu.» Vierzig Jahrhunderte betrachten dich!« dachte auch ich, aber mir kam unsere Weltgeschichte wie eine Erzählung von gestern vor. Zuerst besah ich den Sphinx. Die Form des Kör- pers schwillt aus dem Sande empor, aber nur das Haupt und der Hals find entblößt heut zu Tage. Beide erscheinen in allen Theilen und Zügen klar, wenn aus gewisser Ferne betrachtet; Beide verstüm- melt, wenn aus der Nähe. Der Sphinx sieht nach 71 - Osten. Kein Symbol aller Religionen und Zeiten, drückt glücklicher, als dieses ägyptische, unüber- windliche Ruhe und Gedankenernt aus. Deutlich sieht man die rothe Farbe, womit auch dieser Koloß bemalt war. Der Hals ist dünne zu- gehauen, als habe man das Haupt vom Rumpfe sondern wollen und den Versuch aufgegeben. Vor der Brust hat der englische Generalconsul und ver- dienstliche Alterthumforscher, Herr Salt, vor eini- gen Jahren Grabungen vornehmen laffen, deren Ergebniß er mir nach meiner Rückkehr aus Nubien mittheilte. Ihm zu Folge ruht auf der Brust des Sphinx eine große Granittafel, worauf der Ring Thothmosis III. eingegraben steht; zwischen den Vor- dertatzen hält der Sphinx einen kleinen Tempel, vor dessen Eingang ein Löwe liegt. Weiter ist ein Niedergang von 32 Stufen, der zu einem Altar führt, worauf eine griechische Inschrift aus Ptole- mäerzeit zu lesen ist. Zu jeder Seite des Altars ruht ein Sphinx aus Kalkstein. Von der Grundfeste des Tempels bis zur Stirne des großen Sphinx sind 65 Fuß Höhe. Die Tatzen sind 57 Fuß lang von der Brust bis an die Krallen, die 8 Fuß Höhe haben. 45 Fuß vom erwähnten Altar stand ein zwei- ter mit einer Inschrift, die Septimius Severus nennt, und nahe daran fand sich eine andere grie- chische Inschrift , die auf Antoninus Bezug hat. 72 Noch zur Zeit der Römerherrschaft war also der Sphinx unverschüttet und eine geweihte Stelle. Wir verzehrten in der Nische, oberhalb dem Eingange in die große Pyramide, ein kleines Mahl und stiegen dann den ungeheuren Bau bis zur Spitze hinauf. Araber begleiteten und halfen uns. Der Aufgang ist eben nicht schwierig, für Jeman- den, der dem Schwindel nicht unterworfen ist; wohl aber so ermüdend, daß einige unserer Gefähr- ten halbwegs anhielten und den Muth verloren wei- ter zu gehen. Zu oberst ist ein geräumiger Platz. Welch ein Ausblick! Zweihundert Grade des Hori- zonts, von SSO bis N, und allen Raum der Kreis- fläche bis an die Sehne zwischen diesen Punkten, nimmt die libysche Wüste ein, unendlich, einfach, einfärbig. Den Rest des Gesichtkreises begrenzt das Nilthal und das arabische Gebirge; den Rest der Kreisfläche aber deckt bebauter Boden, im frischesten Grün. Mit freiem Auge zählte ich 73 Ortschaften. Dattelwäldchen heben sich, Canäle durchwinden die Ebene, der Nil weitet seinen herrlichen Spiegel, bis wo er im Nord und Südost sich verliert. Kairo prangt, im ONO , mit feinen hundert Moscheen, mit feinen Mauern , Schlöffern, Palästen und Häfen. Die Pyramiden von Sakaara und Dachuhr steigen hoch über die Linie des Horizontes empor, auf 20 Grade ausgedehnt, von SO bis S 10° O. 73 Wie Würmchen aber am Stamme der Cypreffe, so erschienen uns Menschen und Thiere am Fuße der Pyramide. Ich begreife nicht, wie man jemals zweifeln konnte, daß die Pyramiden Grabdenkmale waren, auch bevor man noch das Innere derselben kannte. Sie stehen mitten in dem ungeheuren Friedhofe von Memphis. Der ganze östliche Abfall des libyschen Gebirges ist eine Todtentätte. Wo man gräbt, stößt man auf Gräber und Katakomben. Die Gipfel, die Abfälle dieser Hügelkette weisen, trotz dem Schleier, den die Wüste darüber gelegt hat, die regelnde Men- schenhand. Abgesehen davon, was erblickt man zu- nächst um die große Pyramide? An der Ostseite ste- hen, auf kaum 50 Schritte entfernt, die Reste dreier kleiner Pyramiden und unmittelbar vor ihnen reihen sich Gräber in mehreren Linien bis zum un- tersten Abfall der Höhe. An der Südseite liegt gleich- falls eine Reihe Gräber auf dieselbe Entfernung vor, in gerader Linie eines neben dem andern mit gleichen Abständen geordnet. An der Westseite, abermals in derselben Entfernung, ziehen zehn Reihen Gräber hin, wovon mehrere mit präch- tigem Überbau geziert waren, wie die Reste be- weifen. Da ist insbesondere die Ummauerung gegen Süd und Ost noch sichtbar, welche im großen Fried- hofe diesen kleineren aussonderte. Mir war , als Prokefch: Ägypten I. 7 74 fäße ich auf dem Grabe eines Königs und fähe um - mich diejenigen seiner Angehörigen, feines Hauses. Jede der drei Hauptpyramiden hatte einen brei- ten, prächtigen Aufgang; jede einen mauerumfan- genen Hof. An der Nordseite der großen Pyramide, zeigen sich deutlich die Reste dieses Hofes, und in der Richtung ihrer Nordostecke, längs dem Abfalle, die Seitenmauer des Aufganges. Noch deutlicher weitet sich der eine und der andere an der zweiten großen Pyramide, welche der ersten gegen SW und zwar so nahe liegt, daß zwischen ihr und dem west- lichen Friedhofe nur für eine einstige Straße Raum bleibt. Diese zweite Pyramide hat einen eingelenk- ten, in dem Felsen des Gebirges gehauenen Hof, an der Nord- und Westseite. An der Ostseite ist ihr Aufgang, mächtig gehoben. Am Beginn desselben sitzt eben der riesige Sphinx, und vielleicht faß ein zweiter ihm zur Seite, wie die Koloffe an den Tem- pelthoren zu Theben sitzen. Die dritte der drei Haupt- pyramiden weitet an der Ostseite deutlich den Hof mit Mauern, die noch mehrere Klafter hoch sind. Diese Pyramide steht abermals SW der mittleren und hat, weiter nach S, ganz nahe, wieder drei kleine Pyra- miden, wovon zwei über die westliche Linie vorrei- chen, so daß überhaupt diese neun Monumente zu- sammen in der Richtung von NO nach SW gescho- ben stehen. - 75 So zeigen sich die nächsten Umgebungen der gro- ßen Pyramide von oben. Das Dunkel des Ursprungs, die Erinnerung von Jahrtausenden , die Stille, Ausdehnung und Öde der Wüste, das blühende Land mit feinem heiligen Strome, die Vergänglichkeit und die Dauer so hart aneinander gerückt, verfeh- len den großartigen und wehmüthigen Eindruck wohl auf Keinen, der auf diesen Marken jenseits der Grenze der bekannten Zeit sitzt. Das Niedersteigen scheint gefährlicher als es, Windstille vorausgesetzt, ist. Die Stufen werden, je tiefer man kömmt desto höher, aber sie sind breit und die Araber helfen. Wir stiegen am NO-Winkel herab. Ich zählte hundert Schichten, die oberste ein- gerechnet, bis zu einer ausgebrochenen Stelle in diesem Winkel, die zum Ruheplatze dient, und dann bis zu unterst abermals 103, also im Ganzen 203. Unten angekommen, krochen wir alsogleich in das Innere des Heiligthums. Der hundert Fuß lange, 3 Fuß 3 Zoll ins Gevierte haltende, schief- gesenkte Gang, in welchem man, an deren Nord- feite, 100 Fuß oberhalb der Grundlage der Pyra- mide, tritt, ist wenig unbequem, denn von Schritt zu Schritt findet der Fuß Halt in leichten Einschnit- ten der Sohle. Die Wände sind glänzend abgeglät- tet. Kurz vor dem Ende dieses von N nach S ge- führten Ganges hat man, nach W schief absteigend, - _76 einen anderen an Höhe und Breite dem früheren gleichen Gang, welcher bis zur Grundlage selbst führt, und außerdem einen dritten, der fast senk- recht wie ein Schacht abgetäuft ist. Am Ende selbst verlängert sich der erste Gang wagrecht und führt fo zum Gemache, dem man den Namen des Saales der Königin gab, schief aufsteigend aber durch eine majestätische Galerie zum Saale des Königs. Um diese Gallerie zu erreichen, muß man klet- tern, den Fuß nämlich in die Löcher setzen, wo die Quersteine ruhten. Die Galerie ist steil, acht Schich- ten hoch, von feinster Aneinanderfügung, und hat zu beiden Seiten einen vorspringenden breiten Rand, in welchem sich in gleichen Abständen, längliche, gleichmaßige Löcher befinden. Am Ende der Galle- rie angelangt, tritt man durch einen Thorraum, der mittelsteines Fallsteines geschloffen gewesen seyn dürfte, in ein kleines Vorgemach und dann in den Saal des Königes, der, wie die Pyramide selbst, genau nach den Weltgegenden gerichtet und viereckig ist. Der Eingang befindet sich in der Nordostecke. An der Westseite, etwas von der Wand entfernt, steht der Sarg aus Granit. Aus Granit auch ist die Verkleidung des ganzen Gemaches bis zum Thor- raum an der Gallerie, während die Pyramide selbst aus Blöcken Kalkgesteins, des Kernes des libyschen Gebirges besteht. Neben dem Eingange in der Nord- 77 seite ist ein Loch, nicht über 1 Fuß im Durchmes- fer, unbekannt zu welchem Zweck und wie tief in den Körper der Pyramide gehauen; diesem gegen- über an der Südseite ein ähnliches, anfänglich et- was größeres, aber bald sich zu demselben Maße verengendes, wie ich erfuhr, da ich darin stecken blieb. In der NW-Ecke ist ein Loch im Boden, durch eine Nachgrabung veranlaßt, die in unseren Tagen. Statt hatte, und wodurch man eine senkrechte Verbindung mit dem Saale der Königin auffinden wollte. Die Granitblöcke haben sehr feinen Kitt zur Ver- bindung unter sich. Die Blöcke der übrigen Theile der Pyramide sind im Innern häufig ohne Mör- telfügung, wie thyrinthische Mauern, – meist aber ist Mörtel aus Kalk und Sand, der viele Granit- körner und Muscheln enthält, angewendet. Der Saal der Königin ist mit weißem Mar- mor verkleidet, die obere Decke steigt unter einem Winkel empor, während diejenige des Saales des Königes flach ist. Auch im Saale der Königin ist der Eingang in der Nordseite, an der NO-Ecke. In der Mitte der Ostseite zeigt sich ein Thorraum, mit ge- zacktem Aufsatz fünf übereinander stehender, und gleichmäßig abnehmender, Vierecke geziert. Ein wag- rechter Gang führt, etwa 50 Fuß tief, in den Kör- per und endet im Rohen der Pyramide. Wahrschein- 78 lich stand hierin ein Sarg, und es wurden Nach- grabungen von denen gemacht, welche die Pyramide plünderten. Noch hatte ich die beiden übrigen Gänge, welche in die Tiefe führen, den senkrechten und den schie- fen, zu untersuchen. Ich wählte den Ersteren. Mein Araber kletterte voraus. Niemand folgte. Wir stei- gen tief – tief, die Hände und die Füße in die Vorsprünge der Blöcke oder in eingehauene Löcher fetzend, wie in einem Felsenschachte. Es war ein halsbrecherischer Versuch und mehrmals stand ich daran umzukehren. Die Einschnitte sind feicht, glatt und geneigt; überdieß war ich nicht bereitet für die- den Weg und rathe Jedem, der ihn machen will, die leichteste Fußbedeckung zu wählen, welche das Anklammern nicht hindert. Wenn Hand oder Fuß glitschen, so geht es tief genug, um sich die Ex- zählung zu ersparen. Nachdem der Schacht drei oder vier Mal unter sehr stumpfen Winkeln sich ge- brochen hatte, kamen wir in die Tiefe. Dort führt ein wagrechter Gang in den oben erwähnten schief- abgesenkten, durch den ich wieder in den Haupt- gang hinaufkam. Der schiefgesenkte geht zwar noch tiefer abwärts, aber wir fanden ihn mit Steinen ausgefüllt. Der Boden hallte dumpf wieder unter unserem Fußtritt. Ich hatte damals weder Belzoni gelesen, noch Capitain Caviglia, oder meinen Freund 79 Salt über das Innere der Pyramiden gesprochen. Jetzt (December 1827) sehe ich im Werke des Ersten (Narrative of the Operations and recent disco- veries etc. in Egypt and Nubia etc. London, 1822 Vol. I) die Schilderung dieser Gänge, wie Cavi- glia sie dem italienischen Reisenden mittheilte. Die ganze Tiefe des Schachtes oder Brunnens, wie man ihn zu nennen pflegt, ist 286 Fuß. In diese Tiefe gekommen, fand Caviglia die Verbindung mit dem gesenkten Gange, was also dieselbe Stelle ist, bis zu welcher ich niederstieg. Er drang tiefer und fand unter der Mitte der Pyramide einen in dem Felsen des Gebirges gehauenen Saal. Außer Fledermäusen fand ich kein Thier in die- fen Hallen der Vorzeit. Vom Schweiße triefend, vom Staube fast er- blindet – von Mangel an Luft gepreßt, erreichte ich den Tag und warf mich ermattet neben meine Rei- fegefährten hin. Die französ. Gelehrten, zur Zeit des Einfalles Bonapartes in Ägypten, fanden für die große Pyra- mide folgende Maße, die Verkleidung mit einge- rechnet: Höhe . . 456/ 3“ 2“ Wiener Maß Kante . . 689/ 6“ 6/// » Y) Apothem . 584/ 8“ 8“ » Y) Basis . . 719/ 1/ 7“ » Y 8(!) Winkel der Kante mit der Bafis: . 57° 59/ 404/ » » beiden Kanten an der Spitze . . . . 64' 0/ 40/ Y) » Apotheme . . . . 77° 21/ 504/ » des Apothems mit der Grundfläche 51° 19/ 4“ » der beiden gegenüberstehenden Kanten . . . . . . 97° 6“ 0/ Der Flächeninhalt der Basis der Pyramide ist 9 Feddan Landes, d. i. 57804“ 8“ 3“ Wiener Quadrat-Maß. - Die zweite Pyramide ist, für das Auge, so hoch als die erste. Sie war mit Marmor verklei- det, wie einige Reste dieser Decke an der Spitze noch zeigen. Der Hof derselben ist höchst merkwürdig. An manchen Stellen zeigt sich noch der geglättete Fels, auf welchen wahrscheinlich Marmorpflaster gelegt gewesen war. Die glatte Felswand des Hofes wei- fet eine Menge Löcher in solcher Ordnung, woraus sich entnimmt, daß Bauten daran gelehnt waren. An der Nordseite sind mehrere Hieroglyphen in diese Wand gehauen, unter welchen der Ring des großen Ramefes, an der Westseite sind mehrere Grabge- mächer, worunter zwei ein zweites Gemach haben. Über dem Eingange in das eine steht eine Aufschrift in kleinen Hieroglyphen, und die Decke darin be- steht aus abgeründeten Steinsäulen, wie rohe Baum- 81 stämme gearbeitet. Auf der östlichen Wand sind gleichfalls Grabgemächer und abermals eine Auf- schrift in Hieroglyphen. - Belzoni öffnete diese Pyramide. Er fand den Eingang an der Nordseite, einen Gang, unter 26° geneigt und gerade nach der Mitte führend, der Gang hatte 4 Fuß Höhe, 3 Fuß 6 Zoll Breite, 104 Fuß 5 Zoll Länge bis an die Stelle, wo er durch einen Hebestein geschloffen war. Diese Thor- stelle hat 6 Fuß 11 Zoll Länge, der Rest des Gan- ges aber 22 Fuß 7 Zoll, und ist in den Felsen ge- hauen. Dann kommt man in einen senkrechten Schacht zu 15 Fuß ins Gevierte, neben welchen rechts und links blinde Gänge in den Felsen eingehen und zwar steigt der zur Rechten 30 Fuß auf. Vor sich hat man die Verlängerung des Hauptganges in wag- rechter Haltung, 46“ 3“ lang, 16/3“ breit, 23/6“ hoch, der zur Grabhalle führt. Belzoni überzeugte sich bald, daß die Pyramide vor ihm geöffnet und geplündert worden war. Der Sarg, an der Westseite der Halle, war in den Boden gesenkt. Er ist 8“ lang, 3/ 6“ breit und 2“ 3“ innen tief. Der Stein ist Granit. Granit- blöcke umgeben denselben, um ihn festzuhalten. Die Halle aus dem Felsen gehauen, hat eine pyrami- dalartige, gehobene Decke aus Steinblöcken. Es sind 82 keine Hieroglyphen auf dem Sarge. Auf der west- lichen Wand steht eine arabische Aufschrift, welche sagt, die Pyramide fey unter dem Herrscher Ali- Mohammed geöffnet und aufs Neue geschloffen wor- den. Diese Angabe verträgt sich gut mit dem rau- hen Versuche der Araber von der Nordseite, einen Gang in die Pyramide zu hauen, der über 100“ tief fortgeführt, dann aber aufgegeben wurde. Folgt man jedoch nicht der Verlängerung des Hauptganges, sondern steigt in den Schacht, so fin- det man zu unterst von dessen Sohle einen Gang 48/ 6“ nordwärts streichen, unter 26° geneigt, denn abermals 55“ in derselben Richtung wagrecht fortziehen. Halbwegs, zur Rechten, ist eine Ein- senkung 11“ lang und 6“ tief, zur Linken aber ein unter 26° geneigter Gang, der 22/West läuft, und dann in ein Gemach führt 42/ lang, 9/9/ breit und 8“ 6“ hoch. Am Ende des wagrechten Ganges war ein Fallstein. Von dieser Stelle hebt er sich wieder, gleichlaufend mit dem Hauptgange, und ist nach 47“ 6“ Länge mit einem schweren Steine geschloffen. Dieser Gang fcheint ein anderer Eingang gewesen zu feyn, und zwar an der Grundlage der Pyramide. Die zweite Pyramide hat nach Belzoni: Basis 684“ Apothem 586“ Senkrechte 456“. - 83 Die sogenannte kleine Pyramide scheint die prächtigste aus den Dreien gewesen zu seyn. Ei- nige Granitschichten, die noch bestehen, – Reste von folchen Schichten auf größerer Höhe – Granit- blöcke ringsum im Hofe beweisen, daß sie mit die- fem herrlichen Steine ganz oder größten Theilsver- kleidet war; größten Theils, weil an der Südseite auch so viele Blöcke weißen Marmors liegen, daß man voraus setzen muß, ein Theil dieser Seite, vielleicht ein Theil jeder der drei übrigen, habe in der Verkleidung eine Einlage dieses glänzenden Marmors gehabt. Herodot II. 134. fagt die Hälfte derselben fey aus äthiopischem Stein (so nennt er den Granit, die Richtung andeutend, aus der er kam). An der Westseite findet man, noch in seiner Schichte, – an der Südseite nahe an derselben, Granitblöcke, denen an Maffe kein Block der gro- ßen Pyramide an die Seite gesetzt werden kann." Diese riesigen Blöcke sind gerade in der Mitte der Schichte angebracht worden. Von den übrigen Gra- nitblöcken zeigen mehrere als Zierath einen Hohl- streifen 1“ 6“ tief und breit. An dieser Pyramide weitet jede Seite, daß der Versuch gemacht wurde, sie zu öffnen. Da aber die Verkleidung aus Granit fast erhalten ist, mit wel- cher die Eingänge oder der Eingang, nach dem Sinne der Stifter, wohl für alle Geschlechter und 84 Zeiten, geschloffen werden sollte, so läßt sich ver- muthen, daß sie noch nicht geöffnet worden war. Wenn man die kleine Pyramide besteigt, wird sie ein Riese. Sie ist nur klein, weil sie neben der großen steht. Vor der Ostseite derselben ist ein viereckiger Hof angebracht. Die Blöcke, die defen Umfangmauer bilden, find, mit Ausnahme des Thorsteines, im Schatzgewölbe des Atreus zu Mycenä und einiger Steine in den cyclopischen Mauern von Tyrinth, die größten, die ich irgendwo in Bauten verwendet gesehen habe. Die meisten haben, auf 8 Fuß Höhe und eben so viele Breite, an 14 Fuß Länge. Deut- lich zeigen sich die Reste des majestätischen Aufgan- ges, der, gleichfalls aus Osten kommend, in diesen Hof und zur Pyramide führte. - Die kleinen Pyramiden im Süden sind aus Kalksteinen, wie die übrigen. Ihr Material war den Geschlechtern jüngerer Zeiten handbarer als das der großen. Sie haben daher mehr als diese gelit- ten und find, zum Theile, fast abgetragen. Von den kleinen Pyramiden stiegen wir in eine Schlucht zwischen den Sandhügeln nieder, an de- ren Auslaufe in die Ebene vier Dattelpalmen, eng im Kreise um einen Brunnen, und vier Sykomo- ren zur Seite, stehen. Diese Bäume, schon in der Wüste und so nahe den größten aller Denkmale, 85 laden den Betrachter zur Ruhe unter ihren kargen Schatten ein. Mir schien die Schlucht, von der ich eben sprach, wie eine große Straße ins Reich des Todes. Südlich stürzt der libysche Fels rund wie eine Burg, oder wie ein Tempelwall, nach der Ebene und Schlucht ab.– Menschenhand scheint denselben behauen und er selbst irgend einen mächtigen Bau getragen zu haben. Östlich von demselben zieht der Abhang wie ein Mauerdamm hinab, breit und hoch wie die Aufgänge zu den Pyramiden felbst. Von den Sykomoren nördlich, fast zwischen ihnen und dem Sphinx, deuten andere Mauerreste einen ande- ren mächtigen Bau an, dem obigen gerade gegen- über, vielleicht eine vierte große Pyramide, nun bis auf die Grundfesten zerstört. Wie viel mag nicht, rings um diese ungeheuren und urältesten Male, der Sand der Wüste verhüll- len! Ja, die Wüste wird die Bewahrerin für künf- tige Geschlechter, und das ist vielleicht kein kleiner Dienst. – Granit-, Basalt- und Marmortrüm- mer weisen auf Kunstwerke, die hier bestanden ha- ben, hier in Stücke geschlagen worden sind. Glau- benswuth und Goldgier, das sind die Zerstörungs- teufel, hinter denen Barbarei und Unwissenheit nur als unvermögende Kinder Nachlesen halten. Warum sind die Pyramiden ohne Hieroglyphen, da doch die größten ägyptischen Monumente, die - _86_ nicht weniger als die Pyramiden unter die Welt- wunder gezählt zu werden verdienen, damit bedeckt find? – Sind sie Werke einer Zeit, die noch keine Hieroglyphen kannte, oder eines Volkes, das sich derselben nicht bediente? Ich denke, das Erstere. Die Hieroglyphen in den Gemächern an der mittleren Pyramide, die, um derselben Raum und Material zu geben, und vielleicht auch zu heiligen Zwecken ausgehauen wurden, sind natürlich später als die Gemächer selbst, also sind diese älter als der große Rameses; – der große Sphinx ist älter auch als Thothmoses III.; die Pyramiden von Dschijeh fal- len daher vor die 18. Dynastie der Pharaonen. Der Vater der Geschichte, Herodot, in feiner Einfachheit, die mehr werth ist als die Überklugheit fo vieler der neueren Geschichtsschreiber, erzählt von den Pyramiden gar Manches, nennt auch ihre Er- bauer, da aber feine Nachrichten felbst sehr be- schränkt waren, die Zeitrechnung keinen sicheren Anhaltpunct hat und, nach griechischer Gewohnheit, die Namen entstellt sind, so bringt uns eine Er- zählung dießmal eben nicht viel weiter. Nach ihm ist Cheops Erbauer der großen Pyramide. Die Steine wurden aus dem arabischen Gebirge geholt, und bei hohem Nil auf das libysche Ufer gebracht. Die vorbereitenden Arbeiten beschäftigten zehn Jahre hindurch 100 000 Menschen durch drei Monate jähr- 87 lich; an der Pyramide selbst wurde durch 20 Jahre gearbeitet. Der Aufgang zu derselben, feines Be- dünkens, kein geringeres Stück Arbeit als die Pyra- mide selbst, hatte fünf Stadien, d. i. 3000 Fuß , Länge, war von geglättetem Stein und –fonder- bar genug! – mit Hieroglyphen geziert. Herodot sagt aber nicht, ob diese gleichzeitig mit dem Bau der Pyramide oder durch spätere Könige eingegra- ben worden feyen. Ich vermuthe dieß, denn ich kann nicht glauben, daß die Herrscher der 18. Dyna- stie, welche Ägypten und Nubien mit fo ungeheu- ren Werken bedeckten und deren Hand wir an die Umgebung der Pyramiden rühren fahen, diese Male, die so sehr in ihrem Geschmacke seyn mußten, ohne des Ihrigen beizufügen gelaffen haben, – Vielleicht aber verboten heilige Gebräuche die Anwendung der Hieroglyphen auf Pyramiden? – Nein. Denn He- rodot spricht von einer Inschrift, die in die große gegraben war; und ich habe zu unterst in der ge- stuften Pyramide von Sakaara Hieroglyphen ein- gehauen gefunden. - Herodot besuchte die Pyramiden vor dritthalb tausend Jahren als Reisender, wie wir sie heute besuchen. Damals waren sie noch wenig oder gar nicht vom Sande der Wüste verschüttet, und tru- gen noch ihre Verkleidung. Er maß fie, wie wir sie messen, und seine Angaben, flüchtig genommen, 88 weichen wenig von den unseren ab. Er hatte einen Führer aus dem Volke zur Seite, wie wir – und wiederholte die Fabeln, welche ihm das Volk er- zählte, und in denen sich der Geist und Charakter desselben oft getreuer als in den geschichtlichen Ereig- niffen malt. Das nun freilich thun wir nicht, denn wir sind zu klug dazu. – Unter jene Fabeln ge- hört die, daß eine Tochter des Cheops durch das Geld ihrer Liebhaber die große Pyramide vollenden half und sich die mittlere der drei kleinen baute, die östlich vor der großen stehen, deren ich oben er- wähnte. Die Fabel fündigt wenigstens von Seite der Wahrscheinlichkeit nicht. Nach Manetho, dem Priester, der zu Phila- delphus Zeiten lebte, und seine Geschichte von Ägypten aus den Tempeln nahm, wo er Schreiber war, hat die große Pyramide Pharao Suphis er- baut. Diesen König setzt er in die zweite memphi- tische Dynastie, welche zu Folge der Chronologie der fastes universels acht und vierzig Jahrhunderte vor Christi herrschte. Eusebius nennt diesen Suphis ei- nen Gottesverächter. Soll er mit Cheops ein und derselbe feyn? – Andere Chronologen fetzen Su- phis in das Jahrhundert Abrahams, weil Jofe- phus erzählt, daß dieser Patriarch zur Zeit des Pharao-Suthis nach Ägypten kam und dort die Sternkunde verbreitete. (Hieher die Stelle des Be- 89) rofus: »im 10. Menschenalter nach der Fluth war unter den Chaldäern ein Mann gerecht und mäch- tig und erfahren in der Kunde des Himmels«). Einige arabische Schriftsteller nennen den Pharao des Abraham Tuthis. Die zweite Pyramide läßt Herodot durch Cheops Bruder und Nachfolger Chefren gebaut werden, die dritte durch Mykerinos, einem Sohne Cheops. Diodor gibt die eine für ein Werk des Amafis aus, richtiger Amosis, und wirklich finden sich die Ringe dieses Gründers der 18. Dynastie in den Steinbrü- chen von Torra. übrigens läßt das Mangelhafte in der Zeitrechnung der älteren Pharaonen bis jetzt noch zu keiner Befriedigung gelangen. – Herodot zählt von Mykerinos bis Sethos drei Könige; gegen die- fen aber zog Sanacherib, den auch die Schrift nennt. IX. Reise auf dem Nil von Kairo bis Melani, 20. December. Wir nahmen noch ein Ab- schiedmahl bei dem kai. öster. Consul, Herrn Cham- pion, zu Alt-Kairo und bestiegen endlich unser Masch, ein zweimaßiges Fahrzeug der größten Art, die der Nil trägt. Unser Begleiter Juffuf-Kascheff, der Hauptmann der noch übrig gebliebenen französischen Mameluken, hatte es zu 900 Piaster für den Mo- nat gemiethet. Er war uns vom Vicekönig mitge- geben worden, um uns zu leiten, zu schützen und bei den verschiedenen Statthaltern und Obrigkeiten einzuführen. Bald nach Sonnenaufgang erhob sich leichter Wind aus Norden. Eine Stunde Weges oberhalb Atter-Ennabi, hart am Nil, steht das Kloster Tör. Der Mokattam tritt da nach Osten zurück und bil- det, mit dem arabischen Gebirge, ein breites Thal, wodurch der Karawanenweg nach Suez zieht. Dieß Thal heißt, in feiner Verlängerung, El-Waadi- Tieh, das Thal der Verirrung. Es geht auch ein 91 kürzerer Weg von Kairo nach Suez, der den Mo- kattam rechts lößt. Das arabische Gebirge tritt oberhalb Tör bis nahe an den Strom. Die Wüste behauptet das Thal und das Ufer. Große Kasernen stehen da, vom Vice- könig gebaut, denn diese Stelle ist der Sammel- platz der Truppen, welche zu Unternehmungen ins Innere von Afrika bestimmt sind. Hinter denselben, im Gebirge, sieht man sehr ausgedehnte Stein- brüche; Thore, wie solche, die zu Katakomben füh- ren, zeigen sich in abgestochenen Felswänden. Hier mögen die Bausteine für Memphis und die Pyra- miden geholt worden seyn. In diesen Steinbrüchen fand Salt Hieroglyphen in den Felsen gehauen, darunter den Ring der Pharaonen Okyris und Amofis. Auf der höchsten Spitze des Gebirges steht die Feste Torra, ein rundes Werk, das von einem ähnlichen und dieses wieder von einem dritten, ei- nem Vielecke, umgeben ist. Ismael-Bey baute dieß Schloß, derselbe, welcher Ali-Bey verrieth und nach Abu-Dahab"s Tode zum Schech El-belled ernannt worden war. Noch weisen sich die Minarets von Kairo hinter dem Uferrande, der, wie das Orchester vor der Scene, gehoben hinzieht. Noch glänzt die Burg dieser Hauptstadt von der farblosen Höhe. – Auf dem linken Ufer ist das Land flach. Wäldchen von - 8 k 92 Dattelpalmen schmücken es von Stelle zu Stelle. Auch da steht ein Kloster Tör, welches die allgemeine Benennung für jede koptische, oder überhaupt christ- liche Kirche ist. – Die Pyramiden von Dschieh und jene von Sakaara schauen weit und hoch her- über. Wir hatten bis Abend wenig Weg gemacht, und dabei folgende Orte und benannte Stellen, an den Ufern, hinter uns gelaffen: O r t e. Rechtes Ufer. Infel. Linkes Ufer. Fostat. - Dschijeh. Atter-Ennabi. El-Dachab. - Törretin (Kloster). - Saghiet-Mekke. Beffatin. - Hauwann dihe. Tör - el-Adauwieh. e- Guneffe. El-Gaßr (Kaserne). - Manial. Torra. - Tör (Kloster). Maffara. - Damenoh. - - - Sechet - man. 21. December. Von welcher Seite man die Berge von Torra ansehe, man kann sich des Gedan- kens nicht erwehren, daß Jahrtausende dort gewühlt haben und gehauen: fo unter einander geworfen und voll seltsamer Formen zeigt sich das Gestein. Auch Gräber sind dort, jetzt großen Theils zerstört; denn B 3 mit dem Tag kam der Raub und die Entweihung, und hinter diesen die Verwüstung und die Ode. Eine Stunde höher wird die Ebene am östlichen Ufer wieder breit, aber der Anbau bleibt schmal. Neun Zehntheile derselben deckt Sand. Nicht so das westliche Ufer, wo Ort an Ort sich reiht und die Dattelwälder wie Festons sich durch und um diesel- ben winden. Ein Leichenzug ging an diesem Ufer – das Geheul der Klageweiber tönte heiser und schnei- dend in unsere Ohren. Auf dieser Stelle stand Mem- phis, mit Thebae, die älteste und größte aller Städte der Welt. – Die Pyramiden von Sakaara stehen auf den Hügeln der Wüste hinter ihr, die fünf- fach gestufte in der Mitte, – eine auf allen Seiten mißhandelte zunächst, – eine zu einem Tumulus über und über geworfene; dann höher hinauf zwei andere; – im Süden die beiden großen von Da- schur, im Norden die drei von Dschijeh. Andere birgt der Wald und sie schauen nur von Zeit zu Zeit durch dessen Lichtstriche herein. - -- Der Nil strömt mitten durch eine herrliche Land- fchaft. Das Schloß von Kairo steigt über den mäch- tigen Gebäuden von El-Gaßr empor, mit denen es ein Ganzes zu machen scheint. Die Stadt ist ver- funken, aber unzählige Minarets ragen aus der Tiefe, wie schimmernde Male. 94 O r t e. Recht es Ufer. . Linkes Ufer. Halowan. Bedreschenn. El- Tabinn. Dorfajeh. Abu - Rahuwann. Schuback. Masguhne. 22. December. Am dritten Tage fahen wir das arabische Gebirge immer weiter im Bogen zu- rück getreten. Der Anbau auf dem rechten Ufer ge- wann an Ausdehnung. Wir sahen da häufig Indigo- Pflanzungen. Eine Stunde stromaufwärts von Ga- mazeh bemerkten wir einen freistehenden, abgesto- chenen Hügel, der oben abgeplattet ist und auf des fen Südspitze ein runder Sandkegel wie ein Tumu- lus sich hebt. Vielleicht stand hier die Aphroditopo- lis, wo eine weiße Kuh als Sinnbild der Isis ver- ehrt wurde. Die Wüste, welche bis nahe an den Nil reicht, von welchem jener Hügel etwa eine halbe Stunde Weges entfernt liegt, kann die Reste ver- fehlungen haben. D'Anville und Jomard glauben, daß Altfyeh die Stelle von Aphroditopolis eingenom- men habe, aber das Itinerarium Antonini gibt de- ren Entfernung von Babylon nur auf 32 Millia- rien, was die Entfernung der von mir bemerkten Stelle ist. 95 O r t e. Recht es Ufer. Link es ufer. 1 Minieh. Kaffr - Refaych. Ach-faß. Billehde. Gamazeh - el-Kebir. El-Altf. – el- Sogaër. Bechebech. El-Hay. Maffandi. Mifihjeh, Kaffr-Lajatt. Lekwahs, Itell, Fachmin. Kasleh-el-Sagra. Affaff, 23. December. Hinter den Orten Matanieh und Magatfieh sind noch ein paar Pyramiden sicht- bar, die aber heut zu Tage nur mehr Schutthaufen sind. Bald darauf werden wir die Pyramide von Meidunn ansichtig, die aus einem Hügel von Sand empor und hoch über das flache Ufer steigt. Die Dorfschaften werden kleiner, die Dattelwälder ge- ringer, der Anbau ist seltener. O r t e. Recht es Ufer. In fel. Linkes Ufer. Luskor. - Matanieh. El- Wuadi. - Magatfieh. Godajeh. El Mara. Minieh - Arabb. Righa Sogaér. - Nasleh-el-Minieh. - el-Kebir, - Illibenny. Dolabbit - el - half - Kaffr - Barbut. Altfyeh. - Kuffur - Rafall mit mehreren Gehöfen. El- Katuri. Kaffr-Dschirdscheh. Dschirdscheh - el-hauwa. Righa - el-Kebir. Du wu abb. Meidunn. 24. December. Das rechte Ufer war mit Volk bedeckt, welches seine Erzeugniffe nach Altfyeh, dem Hauptorte der Nazirschaft, zu Markte trug. Das arabische Gebirge nimmt nun wieder einigen Aus- druck in seinen Umriffen an und kömmt unter dem großen, reichbeschatteten Dorfe Sohl bis an den Nil, während auf dem linken die Wüste gleichfalls bis an den Strom greift. Die Pyramide von Meidunn ist anderen Baues als die übrigen; sie besteht aus drei in einander gesteckten Pyramidal-Bruchstücken ver- fähiedener Grundlinie. Das oberste Stück ist bis auf geringe Höhe zerstört. Ober Caramat folgt Wüste zu Dünen geformt. Dagegen sind am linken Ufer die Dörfer mit dichte- ren Dattelwäldern, als die des gestrigen Tages um- geben. Benech der hat den Ruf eines Diebsortes. Die Einwohner sollen geschickte Taucher feyn und mit Fertigkeit die Barken bestehlen. Es sind da mehrere flache Inseln im Nil. Der Wind verließ uns und wir hielten an einer derselben. 97 O r t e. Recht es Ufer. In fel. Linkes Ufer. Sohl-el-Burumbil. El-Oar. El-Wuasta. Nasleh-el-Burumbil. - Sanüt - el-Maslub. El - Hurmann. - Ghemenn. Caramat. - Kom - Ghiride. Benech der. 25. December. Benech der fast gegenüber, auf dem rechten Ufer, steht ein einsames koptisches Klo- ster zum h. Antonius, Tör-el-Meinumm, mit ei- nigen zwanzig Dattelbäumen und einem schmalen Striche bebauten Landes, der Wüste abgerungen. Diese begleitet fortwährend nahe der Nil mit Dü- nenland, das zu abgestochenen Hügeln aufsteigt. Außer Nasleh-Schech-Ibrahim, wo sich eine Wan- derhorde ansiedelte, sahen wir heute kein Dorf auf diesem Ufer. Doch sind noch einige Felder dort und Steinbrüche. Auf einem abgerundeten, niederen Felsvorsprung steht, wie auf einem Fußgestelle, das Grab eines Heiligen. Die Dörfer auf dem linken Ufer ziehen fich tiefer ins Land zurück, das weit- hinein nach dem Fayum sich öffnet. Wir fanden viele Tabakpflanzungen am Ufer. Vom Dorfe auf der Insel Abu-Saleh sahen wir eine Pyramide westlich tief im Lande, die keine andere als die von Ellahun feyn kann. Proke fch: Ägypten I. 9 98 O r t e. Recht es Ufer. Infel. Linkes ufer. Nasleh-Schech-Ibrahim. – El- Meinumm. El-Kaffr. Schimant. - Abu-Saleh. - Beni - Ali, Zeitun. El-Busch. El-Schenauieh. Mangaries. 26. December. Beniuef ist ein elender Ort, der im Vertilgungskriege gegen die Mameluken völl- lig zu Grunde ging. Der Vicekönig ließ die Wohn- häuser derselben dort niederreißen und der Erde gleich machen. Am unteren Ende erbaute er, vor vier Jahren, eine große Kaserne, unter Halyb-Bey, welche einem Theil der Arnauten eingeräumt wurde, die nun in Candia und in der Morea stehen. Die- fer Bau gibt der Stadt ein stattliches Ansehen. Jetzt wohnt der Nazir, d. i. Statthalter, mit seiner Wache darin, die nicht über 50 Mann zählt. Ein paar Kanonen stehen davor und am Nil liegt, zur Auf- rechthaltung der Polizei auf dem Strome, ein mit 9 Kanonen bewaffnetes Fahrzeug. Die Stadt hat eine Wollenspinnerei und aus- gedehnte Zuckerrohr-Pflanzungen. Im Nil liegt die fruchtbare Insel Bajadieh, welche die Dörfer 99 Gabronudi, Bajadieh, El-Ganattle und Nau- waba trägt. Andere Inseln folgen, wovon die größte Gefiret - el-Gajada heißt und oberhalb dem Orte El-Baranka liegt. – Gefiret ist der allgemeine Name für alle Inseln. Diese sind mit Zuckerrohr, Tabak und Baumwolle bepflanzt. Das linke Ufer ist reich an Bäumen und Anbau, das rechte arm an beiden. . . . . . . . . . . - O r t e. Rechtes Ufer. Imfel. Linkes Ufer. Affarah. Bajadieh. Benifuef. Manatieh. Halebieh. . . . El-Baranka. 27. December. Wir hatten die Nacht an der Infel Gajada zugebracht, auf welcher wir des Mor- gens jagten. Es sind ein paar flüchtige Ansiedlun- gen darauf, für die Zeit erbaut, da die Insel nicht überschwemmt ist. Der Südwind warf uns an das rechte Ufer und hielt uns da den ganzen Tag hindurch fest. Ich be- stieg, hinter Rejadeh-Charkieh, die eine halbe Stunde vom Ufer entlegenen, kegelförmigen Hügel der Wüste. Sie sind mit braunem Kiefel, Glasspath und ganz artigen länglichen Krystallen bedeckt. Viele dieser letzteren sind milchfarbig und zerreibbar, wäh- rend die erhärteten den schönsten Glasglanz haben. 9 * 100 Die ersten bieten übrigens dieselben Formen. Nach Osten thut sich weithinein die Ode auf, Flachland, das mit den großen Ebenen von Bakara und Sin- nur, wodurch der Weg nach den Klöstern des h. Anton und Paul führt, in Verbindung steht. Auch auf dem rechten Ufer sind Zuckerrohr-Pflan- zungen. Das Zuckerrohr schien uns sehr schmackhaft und saftig. Das Volk verzehrt defen viel, und bie- tet solches auf allen Marktplätzen feil. Der Rest kommt in die Preffe. - O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. Kaffr - Schech - Hamed. Benemade. Nahgiet-Hahgar. Gajada. Rejadeh - Charkieh. Benegahfem. Tacha. Tarfchub. Nasleh-Dscheddid-Bidabe- beh-Bebeh. 28. December. Nachdem wir die Nacht hin- durch, mitten im Nil vor Anker gelegen hatten, gewannen wir am heutigen Morgen das linke Ufer. „Der Raum zwischen Tacha und Bebeh ist, auf eine Stunde tief, mit Hutweiden ausgefüllt. Da fan- den wir Beduinen eines Hirtenstammes, die eben ihre Zelte aufschlugen und Hürden für ihre zahlrei- chen Kamehle, Büffel und Rinder aussteckten. Der Südwest blies heftig. Es war empfindlich 1()1 frisch. Wir lagen über Plänen, unsere Reise zu be- schleunigen, und entschloffen uns, das Match auf- zugeben und uns in eine Karavane zu umwandeln. Das meinten wir in Bebeh bewerkstelligen zu kön- nen, gingen also dahin und fanden eben vieles Volk, das auf dem Markte zusammenströmte. Man bot Vieh, Hülsenfrüchte, Zuckerrohr, Gemüse, Brot und andere Dinge aus. Der Kaimakan des Ortes, ein Arnaute, empfing uns trotzig; ein Beduine aber versprach uns bis morgen die nöthigen Kamehle. Nachmittags wurde der Wind etwas günstiger. Wir ließen uns verlocken, unter Segel zu gehen und ka- men nur mit Gefahr, gegenüber der Insel Bebeh, ans rechte Ufer. Dieses ist auf eine halbe Stunde Weges mit Klippen gerändert. Das untere Ende springt als Vorgebirge in den Strom vor, worauf das Grab eines Scheik Ibrahim errichtet steht; das obere verliert sich in eine schmale, mit Dattelbäu- men besetzte Wiese, welche den Nil von der Wüste fcheidet. Wir hatten gehofft, das obere Ende zu er- reichen, aber die Strömung trieb uns gegen die Klippenwand. Der Reis (Steuermann) und das Schiffvolk riefen den Propheten und Scheik: Ibra- him an, der, wie sie sagten, ein kräftiger Nilfahrer gewesen war. Wir glaubten das Schiff verloren und machten uns bereit, uns durch Schwimmen zu ret- ten, als unter dem Cap eine kleine Bucht sich zeigte, 102 nicht größer als zweimal unser Fahrzeug. Diese er- reichten wir glücklich – und da uns der Südwind darin festhielt, so hatten wir Zeit, die Wandelbar- keit in unseren Entschlüffen zu bedauern. Das Ufer versprach wenig Stoff zur Ausheite- rung. Wir besuchten es dennoch und fanden einige Ansiedlungen arabischer Hirten, Hütten - aus ge- trocknetem Nilschlamm, die für keine längere Dauer bestimmt zu seyn schienen, als diese Gäste an einem und demselben Orte zu bleiben pflegen. Wir wohn- ten einem Begräbniß bei. Die Leiche, in weiße, dann in graue Leinwand gehüllt, wurde auf einer Bahre aus Palmenzweigen langsam zu Grabe getragen. Kla- geweiber und Männer begleiteten dieselbe. Die Grab- stelle war in der Wüste selbst,– die Grube etwa 14 Fuß tief und nicht breiter. Sobald die Leiche hineingelegt war, was unter dem verstärkten Ge- heul der Weiber geschah, machten die Männer aus breiten Palmenzweigen eine Brücke darüber und fchütteten den Sand zum Hügel auf. 29. December. Der Südwind ließ dennoch etwas nach, so daß wir nach dem linken Ufer lavi- wen konnten. Die Orte Miniet-Hegihr, Fogai und, tiefer im Lande, Sitz, blieben uns zur Rechten. Zwischen den beiden letztgenannten fanden wir Zel- ten und Kamehlherden des Beduinenstammes Fo- gaijeh, der über die ganze Nazirschaft von Beni- 103 fuef ausgebreitet ist. Wir wurden von einer Familie auf das Herzlichste empfangen und bewirthet, und hatten Gelegenheit über ihre Denkweise, Sitten und Gebräuche Manches zu lernen. Das aber will ich an einem anderen Orte erzählen. Fogai gegenüber liegt eine Insel im Nil, die ein Dörfchen Nasleh-el-Fogai trägt. Die meisten Inseln zeichnen sich durch forgsamen Anbau aus. Weiter blieben uns die Dörfer Arabfaat und Sa- rachme zur Rechten. Höher hinauf, Feschn gegen- über, hebt sich am rechten Ufer eine steile Wand, die fast eine Stunde lang ist und Spuren von Steinbrüchen zeigt. Auch das libysche Gebirge bricht gerade dort mit einer Felswand, aber diese ist wohl an vier Stunden Weges vom Nil entfernt. Sie be- grenzt hoch den Gesichtskreis im Westen. 30. December. Nachdem wir die Nacht wie- der vor Anker zugebracht hatten, rangen wir uns während des Tages kaum eine Meile höher hinauf. Auf dem linken Ufer hatten wir die armen Dörfer El-Kotabi und El-Fent. Das Land um dieselben war Hutweide. Auf dem rechten bemerkten wir fünf Hei- ligengräber in einer Schlucht der Wand, die den allgemeinen Namen Dschebel (Berg) trägt und etwas höher das Dorf El-Mandihl. - 31. December. Heftiger Südwind und da- her fast keinen Weg. Auf dem linken Ufer hatten wir 104 Nasleh-Ghedidd, auf dem rechten El-Hebe und Sa- nüt-el-Tschudameh. Der Canopus ging kurz vor 9 Uhr auf. 1. Jänner 1827. Weißer Nebel lag über Strom und Flur, da die Sonne am ersten Tage des Jahres sich hob. Die Dattelwäldchen schwammen wie Inseln auf dieser See, und selbst die Wüste prangte mit Farben des Lebens. Wir gewannen mühsam die Stelle, wo der Dschebel mit gewaltigem Felsbruche in den Nil abstürzt und endet. Das Dorf Schech-Embareh erscheint wie hinaufgerettet vor dem Drängen der Fluthen, auf dem letzten Ab- falle der Höhe, von Gebirgstrümmern umgeben. Der Nil bildet eine ansehnliche Insel. Pelikane umkrei- feten uns in großer Zahl. O r t e. R echtes Ufer. Link es Ufer. Nasleh- el - Tschudameh. Malatieh. Schuh-Embareh. Majameh. 2. Jänner. Die Insel sowohl als die Höhe von Schech-Embareh gaben uns viel zu schaffen. Der Nil macht da eine Krümmung nach West und die Strömung ist stark. Die Barke wurde mehrmals um und umgedreht und in fünf Minuten verloren wir, was wir in zwei Stunden gewonnen hatten. So ka- 105 --- men wir endlich an das Dörfchen Sachfiat am linken Ufer, wo der Nil aus der Richtung SSW strömt. Wir hatten Mühe, den Reis zu bewegen, die Segel zu öffnen; endlich geschah es, und bald erreichten wir Scheraune. Südlich von diesem Orte, auf eine halbe Stunde Entfernung, hebt sich ein runder, nackter Hügel. Dieser trug vor Kurzem noch die Reste eines Tempels, die seither eingeriffen und ver- wendet wurden. Dort stand, nach der Meinung Mehrerer, Cynopolis, nach Pokok aber (II. 1. 3) Musae. Jetzt hat die Wüste schon weit über diese Stelle vorgegriffen und was von Resten etwa noch besteht, bedeckt. Drei Stunden nach Sonnenuntergang erreich- - ten wir die obere Spitze der Insel von Abu-Dschird- fche, und legten am rechten Ufer an, wo eine Reihe Dattelbäume den Saum der Wüste bildet und in einem kleinen Dome Scheik Ibrahim ruht. Die Nacht war mild und schön. Um 3 Uhr 24 Minuten nach Sonnenuntergang stieg der Canopus etwas östlich von Süd auf. Wir hatten in diesem Augenblicke D im Fuhrmann im Zenith. über den Horizont stiegen der Regulus und der mittlere Schwanzstern des großen Bären. Der Drache war ganz sichtbar. Die letzten Sterne des Herkules tauch- ten unter. Die Leyer war noch über dem Horizonte. Dieser durchschnitt weiter den Fuchs, den Delphin, 106 das kleine Pferd und den Waffermann; (3 im süd- lichen Fisch war kaum noch sichtbar; Fomahaud glänzte herrlich darüber. Dann zog der Horizont durch die südlichen Gestirne bis an den Canopus und von diesem durch die Argo noch der Waffer- fchlange, wo Alphard eben emporgestiegen war. Er fand sodann die beiden Löwen wieder. 3. Jänner. Abu-Dschirdsche liegt eine Stunde vom Gestade ab, mitten in einer schönen und reichen Ebene. Dattelwäldchen, ohne Dorf zur Seite, be- zeichnen wenigstens die Stelle, wo sich vormals ein solches befunden hatte. Unter Beni-Mohammed ist abermals eine In- fel. Die Fahrzeuge halten sich gewöhnlich an der Westseite derselben. Aber auch der östliche Arm war um diese Zeit noch fahrbar, wie wir uns überzeug- ten. Das Dörfchen Schech-Haffan steht da am rech- ten Ufer. Die Wüste dringt bis an den Nil und hat sich hoch um die herrlichen Dattelbäume gehäuft. Hier sah ich zum ersten Male den eigentlichen Pal- menbaum, den die Araber Domm nennen. Es ist ein mächtiger, höchst malerischer Baum. Die Blät- ter gleichen denen der Dattelpalme, sind aber wie Fächertheile in einander geschoben. Ich zählte 42 Blätter in Einem Fächer. Der Stiel des Fächers ist mit kurzen gekrümmten Dornen besetzt, die sehr fest sind. Jeder Zweig trägt mehrere Fächer, die er stolz 107 ausbreitet, so wie der Baum nicht eine einzige Krone, sondern mehrere. Der Stamm zeigt Schuppen und Gewebe wie der Dattelbaum. - - Von dieser Stelle fahen wir den Minaret von Samalut hoch über Nil und Bäume mit seinen bei- den Kränzen sich heben. Die Höhen hinter Schech- Haffan sind voll ausgedehnter Steinbrüche. Die Blöcke sind in großen Maßen herausgerollt, so daß die Räume Gemächern gleichen. Ein paar Spitzen der Wüste sind mit Felsstücken gekrönt, die Ruinen nachbilden und das Auge des Vorüberlegelnden feffeln. Wir hielten am Nasleh (Gehöfe) von Schech- Haffan, wo das Ufer mit Selgam bepflanzt war, der in voller Blüthe stand. O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. Schech - Haffan Nasleh-Abu-Asis. Nasleh-el-Scheich-Haffan. Beni-Mohammed. Mataieh - Nasleh-Mataieh. 4. Jänner. Wir arbeiteten uns mit Tages- anbruch auf das linke Ufer, fhoffen uns am Dorfe Kolchan unser Mittagmahl und fuhren dann rasch an Samalet vorüber nach dem Dschebel-el-Teir (Vo- _ 108 gelberg), einem senkrechten Felsen voll alter Stein- brüche, der, fast zwei Stunden lang, die rechte Uferwand bildet und ein koptisches Kloster zur heil. Jungfrau trägt, – dann eben so lange ganz nahe am Ufer, nur mit einem ebenen Streif von einigen hundert Schritten Breite vorfich, hinzieht,–Miniet gegenüber als Vorgebirge ausspringt und fodann bis auf eine halbe Stunde Abstand von Ufer zu- rückblickt. Es war dunkel, als wir Miniet, den Hauptort vormals einer Provinz und jetzt einer Nazirschaft, erreichten. Da der Wind günstig war, fuhren wir weiter. Die Araber, welche im Durch- schnitt viele Kenntniß von den Gestirnen haben, und denen der nächtliche Himmel ein Feld für Mähr- chen ist, erzählten mir heute, da die Nacht so klar und die Luft so lau war, gar Manches über die Na- men der Gestirne, und über die Veranlaffung zu diesen Namen. Unter Anderen kamen sie auch auf den Canopus zu sprechen, der eben wunderschön am Horizonte glänzte. Sie nannten denselben Caravanbattan, den Karawanenverführer, nach der Sage, daß einst * eine sehr reiche Karavane, welche diesen Stern mit der Venus verwechselte, sich in der Wüste auf in- nner verlor. 109 O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. Sirarieh Nasleh-Koloschann. El-Awafe. Kolofchann. Tör - Marian (Kloster) Naffara. Arabit - Teir. Samalut. Tachne. El-Auwafi. El-Hawarte. Sareine. Dahodieh. El- Bejahu. Saowada. Effa - - Tör - bitn - Saowada. Nasleh - Selamm. Nasleh - el - Saowi. Schuchra. Saowi. El - Birkenn. Mataharrah. Lechfaß. Woladinuer. Damariß. Miniet, Maguffe. Ben - Achmed. El-Mehaghar. Sachalleh. 5. Jänner. Des Morgens brachten uns ara- bische Fischer einen Bejadd, der 27 Pfunde wog. Wir bezahlten dafür 7 Piaster, d.i. einen Gulden. Dieser Fisch hat einen platten Kopf und einen Ra- chen, der so breit als der Kopf selbst ist. Statt mit Zähnen sind die Kinnladen mit unzähligen kleinen Spitzen, wie eine Hechel, besetzt. Er lebt von klei- neren Fischen, wovon wir mehrere fast unversehrt in seinem Magen fanden. Von dem Obermunde ge- hen zwei lange Fühlfäden aus, von dem Unter- munde vier kürzere. Die Augen sind hervorstehend, grau, und von der Größe der Lammaugen. Die Farbe des Rückens ist graubraun, der Unterleib weiß. Der Kopf bewegte sich noch lange, nachdem er schon abgeschnitten war. Die Höhen am rechten Ufer treten unter Beni- haffan wieder an den Nil, und begleiten denselben mit steilen Abstürzen. Die Lagerungen sind durchaus wagrecht. In diesen Abstürzen zeigen sich uralte Gräber, zu denen nur eingestürzte und kaum erkenn- bare Aufgänge führten. Ich werde später Gelegen- heit haben, über diese Male zu sprechen. Hier will ich bloß sagen, daß der Vorbeisegelnde auf der hal- ben Höhe der Wand, etwa 36 Gemächer sieht, wo- von der Eingang zu mehreren mit Säulen, aus dem Felsen gehauen, geziert ist. Das Dorf Benihaffan ist, nebst einigen anderen nahegelegenen, auf Befehl des Viceköniges zerstört worden, da die Bewohner dieser unwirthlichen Küste sich vieler Gewaltthaten schuldig machten, die Fahrt auf dem Nil gefährdeten und die Dörfer auf dem linken Ufer bekriegten. Der Raum um Benihaffan und um die anderen vier oder fünf Dörfer bis ans Ufer ist bereits von der Wüste in Besitz genommen. III Die Dattelwälder auf dem linken Ufer werden dichter und ausgedehnter, so wie man den Nil hö- her hinauf kommt. Besonders reich daran ist der Ort Sagiet - muffa, wo beträchtliche Vorrathgebäude aus ungebrannten Ziegeln stehen. Dort liegt auch eine fruchtreiche Insel, und selbst auf dem rechten Ufer breiten sich Dattel-Pflanzungen über ansehn- liche Strecken aus. Mondenschein lag über den Ruinen von Antinoe. Der Glanz stieg nach den Bergen der Wüste auf, die eine dunkle Zone zwischen ihr und dem gestirn- ten Himmel bildeten. Stille lag über dem Waffer, Stille über Inseln, Ufer und Hainen. Bilder der Vorzeit kamen zu uns. O r t e. Recht es Ufer. Linke s Ufer. Benihaffan - el-Arrab. Dlüden. ) el - Omar. MZeni - Ahett, Schech-Timaji. Mataharra. Schech - Abade. Sararra. El-Karna Abu - Omar. El- Menfihe - Dabef. Delidim. Safaj. Sagiet- muffa. Garadum. - Roda. I 12 6. Jänner. Der Wind hatte uns plötzlich verlaffen. Wir ankerten mitten im Strome zwischen Antinoe und Hermopolis. Nebel lag über der Land- schaft an diesem Morgen. Der Nil dampfte. Die Sonne war ohne Strahlen. Fünf Stunden brauchten wir, um eine Stunde Weges zurückzulegen. An Rodamun hielten wir an. Da steht eine Zuckerfabrik, vor 14 Jahren von ei- nem Engländer mit einem Aufwande von 600 Bör- fen für Rechnung des Vicekönigs erbaut. Sie beschäftigt an 100 Menschen. Zu Roda und Sagiet-muffa sind gleichfalls vicekönigliche Zucker- fabriken. Hierüber an einem andern Orte. Von Rodamun nach Melani ist nur eine Vier- telstunde Weges. Dort wußten wir Abdyn-Kascheff, der früher Statthalter in Ober-Ägypten und Nu- bien, und nun Nazir des Bezirkes von Monfalut war, und an welchen wir Empfehlungsbriefe des Vicekönigs und des Kriegsministers hatten. Wir ließen uns durch Juffuf-Kascheff bei im ansagen. Er fandte uns alsogleich Pferde, und wir ritten über Nasleh-el-Rodamun nach der Stelle, wo wir ihn mit feinem Gefolge unter Zelten gelagert fanden, dem Bau einer Wollenspinnerei vorstehend, an dem 500 Menschen arbeiteten. So artig, freundlich, aufmerksam und verstän- dig Abdyn-Kascheff uns von allen Europäern zu UIZ Alexandria und Kairo, die ihn kannten, geschildert worden war: so fanden wir in ihm diese Eigenschaf- ten in höherem Grade, als wir erwartet hatten. Er war einer der schönsten Männer, die ich jemals ge- fehen habe, voll Kraft, Ruhe und Milde im Aus- druck. Der reiche Turban und stattliche Anzug be- kamen ihm gut. Nachdem wir mit Erfrischungen be- wirthet worden waren, schlug er uns einen Spa- ziergang vor. Wir besahen den Bau, der 360 Fuß ins Gevierte einnahm, und wozu die Steine aus dem arabischen Gebirge herbeigeschafft wurden. Die Äußerungen Abdyn-Kascheffs über die Mittel und Bedürfniffe Ägyptens, über die Völkerstämme, die es bewohnen, über die Pläne und Hoffnungen des Vicekönigs waren eben so belehrend, als defen Wün- fche für das Gedeihen derselben warm und anziehend. Er trug uns feine Kandfähia zur Fortsetzung der Reise an, denn unser Marsch schien ihm zu schwer. Wir lehnten das Anerbieten anfänglich ab. Er drang in uns auf eine Weise, die uns erlaubte, es anzu- nehmen. Alsogleich sandte er einen Reitenden nach Monfalut, um das Fahrzeug herab zu holen, und es wurde entschieden, daß wir morgen Hermopolis besehen und dann zu ihm zu Gaste kommen würden. 10 H ermopolis. Abdyn-Kafchef fandte uns Pferde und Begleiter. Wir ritten eine starke Stunde über die wohlbebaute Ebene, fast Nord, auf Hügel und Trümmer los, die ein längliches Viereck von Nord nach Süd bildeten. Diese Hügel von Staub , gebrannten und unge- brannten Ziegeln, Werkstücken und Vasentrümmern bezeichnen die Stelle von Hermopolis, einer der äl- testen Städte Ägyptens, welche Plinius als Op- pidum Mercuri noch unter die merkwürdigern des Landes zählt und Ptolemäus die große nennt, um fie von einer gleichnamigen Stadt in der Gegend Alexandriens zu unterscheiden. Sie war Hauptstadt eines Nomus zu Zeiten der Römer und wurde, mit dem gegenüberliegenden Nomus, von Antinoe zur unteren Thebais gerechnet. Das Dorf Aschmunim behauptet den füdlichen Abhang und die füdlichen Schluchten dieser Schutt- haufen. Der Boden tönte unter dem Hufschlag der Pferde und wir sahen eine Menge Löcher in die Hau- fen, wie Stollen, geschlagen, denn seit Jahrhun- 115 derten nehmen die Städte und Orte der Nachbar- schaft ihre Bausteine an dieser Stelle, was hin- länglich erklärt, wie eine Stadt, die zur Zeit der Einführung des Christenthums noch wichtig genug war, um zum Bischoffize gewählt zu werden, bis auf Staub und Asche verschwinden konnte. Mannert irrt, wenn er im Umfange dieser Hü- gel zwei Städte finden will, Theodoliopolis und Hermopolis. Die Schutthaufen bilden ein nirgends unterbrochenes Ganzes, das wie ein geschloffener Wall in der weiten Ebene sitzt. Jomard hat ihre Ausdehnung angegeben. Nach ihm ist die Länge des Rechtecks von N nach S 6960 Wiener Fuß, die Breite 5220, der Umfang 19930. Das Erste was, in Betreff der inneren Anord- nung der Stadt, aus dem Anblicke der Schuttla- gen hervorgeht, ist, daß sie in Form eines Kreuzes von zwei großen Straßen durchschnitten war. Eine Vertiefung, höher als die Ebene, also nicht das Bett eines Canals, von 40 bis 60 Fuß. Breite, bezeichnet die Straße von Süd nach Nord. An dem füdlichen Ende ragt noch ein Thorpfeiler aus mäch- tigen Blöcken, etwa 8 Fuß über den Schutt, und hat vor sich, wo jetzt einige Dattel- und Suntbäume ein freundliches Gebüsch bilden, mehrere Granit- fäulen liegen; eine derselben steht auch noch aufge- richtet. Es scheint, daß vor diesem Thore ein Säu- 10 * 116 lengang bestanden habe. Folgt man von S nach N . der Vertiefung, so findet man zur Linken bald wie- der einige Säulen aus Muschelkalk, zu Stumpfen verstümmelt; dabei mächtige Grundfesten; zur Rech- ten, wo die beiden Straßen sich schneiden, vier Gra- nitsäulen zu 7“ 4“ Umfang und abermals Grund- festen aus gebrannten Ziegeln und Stein. Diese Reste sind römische. Weiter zur Linken, stößt man auf ein paar eingesunkene Wandstücke aus riesigen Blöcken, daran liegen Säulen, beide aus Muschel- kalk. Kein Knauf war zu finden. Ich stieg unter die Wandstücke in den ausgedehnten Unterbau. In jene und in diesen waren Minen gearbeitet, um sie durch Pulver zu sprengen. Die ehrwürdigen Reste sind nichts als eine unförmliche Steingrube mehr. Die Blöcke waren dicht mit Salniter belegt. Diese Reste dürften Theile des Baues gewesen feyn, zu welchem der Portikus gehörte, der ein paar hundert Schritte nördlich stand und von dem alle Reisenden sprechen. Jomard gibt die Maße dieser majestätischen Ruine. Denon bereite den Le- fer auf dasjenige, was ich ihm zu sagen habe: »En approchant de l'émminence sur laquelle est bati le portique je le vis se dessiner sur l'horizon et déployer des formes gigantesques: nous traversa- mes le Canal d'Abonasst et bientôt après, à tra- vers de montagnes de débris, nous atteignimes à 117 ce beau monument, reste de la plus haute anti quite'.« »Je soupirois de bonheur: c'etoit, pour sinsi dire, le premier produit de toutes les avances que j'avais faites; cetoit le premier Fruit de mes tra- vaux; en exceptant les pyramides, c'etait le pre- mier monument qui fut pur moi un type de l’an- tique architecture egyptienne, les première pier- res qui eussent conservé leur première destination, qui, sans mélange et altération, m'attendissent là depuis 4000 ans pour me donner une idéeimmense des arts et de leur perfection dans cette contrée. Un paysan qu'on sortiroit des chaumières de son hameau et que l'on mettroit tout d’abord devant ' un pareil édifice, croirait qu'il y a un grand in- tervalle entre lui et les e’tresqui l’on construit; sans avoir acune idée de l'architecture, il diroit:- ceci est la maison d'un dieu, un homme n’oserait l’habitanx »Sont-ce. les Egyptiens qui ont inventé et perfectioné un si grand et si bel art? C'est sur quoi il est difficile de prononcer; mais ce dont je n’ai pas douté dès le premier instant que j'ap- pe‘rcus cet édifice, cest que le Grecs n’avaient rien inventé et rien fait d'un plus grand carac- t‘ere. ac , . . 118 Dieser Portikus ist seither durch Pulver ge- sprengt, niedergeriffen und zum Bau einer Salni- terei verwendet worden. Eine Stunde westlich zieht das libysche Gebirge hin, das Stein für eine Welt gäbe; aber es ist wahr, man hätte das Doppelte an Arbeit gehabt. Der Portikus bestand aus 12 Säulen zu 41“ 6“ Höhe und 27“ 10“ Umfang, in zwei Reihen geordnet, mit einer Säulendicke Abstand zwischen den äußeren und 12“ zwischen den beiden mittleren, so daß die Fronte 120“ betrug. Die ganze Höhe war 60“. Der Architrav und das Fries bestanden, der Eine und das Andere, aus fünf Blöcken, jeder 22“ lang. Der Stein der Chornische, welcher noch vorhanden war, maß 34“. Die Säulenfusten stell- ten Bündel vor am Obertheile; am unteren aber die Lotuspflanze. Die Knäufe waren die einzigen in ihrer Art; ernster als die dorischen, aber zugleich reicher. Hieroglyphen und Bilder, dann ein Mäan- der mit gelbrothen Sternen auf blauem Grunde, zierten die überlage. Jetzt bestehen nur die Fußgestelle der 12. Säu- len. Auch diese sind bereits angebohrt, ja zum Theile schon gesprengt. Sie haben die Form eines umge- stürzten Kelches. Die obere Leiste daran war mit einer Reihe Hieroglyphen geziert. Dieselbe Zierde hatten die Seiten des Fußgestelles. 119) Denon irrte, wenn er diesen Bau aus der älte- sten Zeit glaubte. Die Ringe, die ich unter den Hieroglyphen fand, weisen auf die Herrschaft der Ptolemäer. Aber er hatte Recht, wenn er hier den Typus der ägyptischen Baukunst fah, und dem Ur- theile, womit er feine Schilderung schließt, thut der Umstand, daß dieser Bau in die genannte Epoche fällt, keinen Eintrag, denn die griechischen Herr- scher in Ägypten bewahrten in ihren Bauten den Styl aus der Zeit der Pharaonen. Eben deshalb find die Worte Denon's eine würdige und tref- fende Einführung für den Reisenden, der den Schau- platz der wunderbarsten Monumente, die Thebais, zu besuchen geht. Der Bau, dem dieser Portikus angehörte, nahm die Nordwestecke der Stadt ein. Die Schutthaufen enden auf etwa hundert Schritte Welt, und auf kaum das doppelte Nord. Dort kann das Auge noch weit hinaus in die Ebene die Verlängerung der gro- ßen Straße verfolgen. - Die Überschwemmung reicht vom Nil bis an Hermopolis, und vom Joseph.canal ebenfalls bis dahin, so daß diese Schutthaufen bei hohem Nil eine Insel bilden. Jenseits des Joseph.canales, im libyschen Gebirge, sind zahlreiche Gräber, un- ter denen man solche ganz voll mit irdenen Vafen findet, in denen Ibise einbalsamiert liegen. 120 Der Schech von Aschmunim bewirthete uns mit einem Frühstücke; mehrere Fellahs brachten uns ku- fische, arabische und römische Münzen, die wir kauf- ten. Dann befahen wir noch die unglückselige Sal- miterfabrik, die seit vier Jahren besteht, worin aber erst seit dem vergangenen Jahre, nach dem Beispiele einer zu Bedreschen angelegten, die Verdünstung durch Hülfe der Sonnenhitze bewirkt wird. So geht Hermopolis, so Memphis durch den Prozeß der Verdünstung. Abdyn-Kascheff gab uns ein Mal, wobei alle Aufrichtigkeit und Heiterkeit alter Gastfreundschaft herrschte. Ein gebratenes Lamm machte das Haupt- stück; außerdem kamen mancherlei Geflügel, füße Speisen und Beigerichte. Uns fetzte er Bordeaux vor, trank aber selbst nur Waffer. Er erzählte uns feine Feldzüge gegen die Schwarzen, und gegen die Bedunien der Oasen, voll ansprechender Bemerkun- gen über Länder, Sitten und Eigenthümlichkeiten der Völker. Dann ritten wir durch Melani, einer Stadt, die in geschloffene Viertel getheilt ist, einen Bazar und etwa 6000 Einwohner, meist Kopten, hat, besahen noch die Fabrik zu Rosamun und be- fuchten zuletzt einige Fellahs in ihren Häusern. Der Tag war sehr heiß gewesen; die Nacht war mild und angenehm. XI. A n t i n O e. Nach unserem ursprünglichen Reiseplane, wollten wir erst auf der Rückfahrt die Monumente und Ruinen besuchen, aber alle Entschlüffe leiden Aus- nahmen; gut, wenn die Beweggründe dafür nicht schlechter sind, als dießmal die unseren es waren. Abdyn-Kascheff hatte uns eine eigene Barke gesendet. Das Volk begleitete mit Chorgesängen den Ruderschlag. Die Melodie war ernst und leiden- schaftlich, die Dichtung wenigstens das Letztere. So fuhren wir den Nil hinab bis Schech-Abadeh, dem Dorfe, das über den Ruinen der Stadt sich befin- det, welche Hadrian zur Erinnerung an feinen Liebling über denen der alten Besa hatte erbauen laffen. An den ersten Dattelbäumen, oberhalb des Dorfes, stiegen wir aus, und siehe, wir standen an den Mauern der Stadt und an dem Theater. Auch hier hat der neuere Bedarf viele Reste, die noch zur Zeit des Einfalles der Franzosen bestan- den, über den Haufen geworfen. Schutthaufen be- zeichnen den Gang der Ummauerung; Schutthau- Prokefch: Ägypten I. 1 1 122 fen füllen den umschloffenen Raum. Der Nil hat einen Theil des Bodens der einstigen Stadt mit sich fortgeriffen; die Wüste hat von dem Reste fast al- leinigen Besitz genommen; das Dorf mit seinen Dattelbäumen und Zuckerrohrpflanzungen, ist zwi- fchen Nil und Wüste eingeklemmt und behauptet nur einen schmalen Strich Landes. Antinoe lag rein-östlich von Hermopolis und NNO vom heutigen Melaui, im Abstand einer gu- ten deutschen Meile von Beiden. Jomard gibt den Plan der Stadt als ein Rechteck, irrt sich aber. Ich nahm an Ort und Stelle folgende Maße und Rich- tungen: südlich von dem Theater (das gleichsam an die Stadtmauer angelehnt betrachtet werden kann) zieht die Ummauerung, fenkrecht auf den Nil, in gerader Linie SW bei S nach NO bei N 1600 Wie- ner Fuß fort, wendet dann in die Richtung SSO nach NNW 2016, springt fast rechtwinkelicht 120“ aus, bricht unter sehr stumpfem Winkel 2016“ und folgt der früheren Richtung NNW abermals 2328“. Hierauf beugt sie nach WSW ein 2496“, macht ei- nen beinahe rechtwinkelichen Aussprung auf 120, läuft abermals WSW 624, macht zwei rechte Win- kel, jeden zu 168“ Entwickelung, und einen dritten zu 480“, und nachdem sie wieder rechtwinkelich sich einwärts gewendet hat, ist sie wegen des Dorfes und Stromes nicht weiter sichtbar. 123 Hieraus ergibt sich folgende Entwickelung im Ganzen: Südostseite . . . . . . . 1600 W. F. Ostseite . . . . . . . . . 4780 » » Nordseite . . . . . . . . 3230 » » Westseite (beiläufig) . . . 5832 » » Zusammen . 15,442 W. F. Die Ummauerung hatte eine äußere und innere Verkleidung aus Werkstücken mit Mörtel gefügt, etwa 3“ dick. Der Zwischenraum, zu 8“, war mit Erde und streckenweise mit ungebrannten Ziegeln ausgefüllt. Nur an sehr wenigen Stellen ist die Verkleidung erhalten. In der Südostseite 276“ von der Stelle, wo die Ummauerung in den Nil abstürzt, ist ein Thor- raum, 60/ breit. Man kann außerhalb der Stadt eine Straße auf einige hundert Schritte mit dem Auge verfolgen, freilich nur durch den Schleier des Sandes. Sie hat Trümmer einer Vorstadt, oder eines später angebauten Dorfes zu beiden Seiten, und steigt den sanften Abfall hinab, wo dann die Wüfte jede weitere Spur verhüllt. Diese Straße führte nach Antäopolis. Als ihre Verlängerung zog durch die ganze Stadt, von OSO nach WNW, eine breite Hauptgaffe, mit Säulen verziert. Sie führte hart am Theater 11 * 12 vorbei und einige der vorzüglichsten Gebäude standen an derselben, wie die Trümmer zeigen. Noch stehen, vom Theater aus gesehen, einige dreißig Säulen, bis auf 3“ verschüttet, welche die Richtung dieser Hauptgaffe zeigen. Stellenweise findet man deren andere und so bis an die nördliche Stadtmauer in einer und derselben Linie. Alle diese Säulen sind aus Muschelkalk, glatt, und haben nur 1“ 6“ Durch- meffer. Von der Ostspitze der Südostseite zieht füdwärts ein Aufwurf in die Wüste hinaus, der Theil einer Umwallung der Vorstadt scheint. Die Reste der Vor- stadt find denen der Stadt gleich, umwühlte Hau- fen von Werkstücken und anderen Bautrümmern, gebrannten und ungebrannten Ziegeln, Scherben u. f. w. - Die Höhe, worauf die Südostseite steht, ver- läuft sich füdöstlich und scheint nach der Ebene zu abgestochen. Die Ebene, ein Sandsee, aus dem sich wüste Klippen heben, ist nicht über eine Vier- telstunde breit; dann aber vom arabischen Gebirge begrenzt. Die Ostseite steigt in die Ebene hinab. Nach 1272“ Entwickelung ist sie, durch das Bett eines Gießbaches durchbrochen, 240“ breit, der aus einer Schlucht des Gebirges im Osten kommt, und die Stadt nach West durchschneidet, und zwar in schnur- 125 gerader Richtung. Am Durchbruche sind die Reste eines Thores. Eine Straße scheint gerade durch die tiefe Ebene nach der Schlucht geführt zu haben. Man sieht deren Spur und kann diese, jenseits der Schlucht, auf 3 Stunden Weges, immer ostwärts gehend, in der Wüste verfolgen. Die Araber behaup- teten, sie fey bis ans rothe Meer gegangen. Wahr- scheinlich führte sie nach Alabatra und fällt in die- jenige, deren Spur die französischen Gelehrten im Thale von Tarfeh auffanden. In der Ostseite, 480“ von der stumpfwinkelichen Ausbeugung entfernt, trifft man auf einen anderen Thorweg und nach weiteren 912“ auf einen dritten. Von Beiden ziehen wieder Straßen durch die Breite der Stadt und stehen senkrecht auf die Hauptgaffe, welche dieselbe der Länge nach durchschneidet. Be- sonders die erstere dieser beiden Quergaffen, ist voll Ruinen, auf die ich später zu sprechen kommen werde. Die zweite scheint von dem Marktplatze außerhalb der Stadt geführt zu haben. Wenigstens ist, auf 960“ an der nördlichen und östlichen Seite inner- halb der Mauer ein völlig ebener und mit wenigem Schutt bedeckter Platz. Die Nordseite ist so zerstört, daß man nicht mit Zuversicht darin einen Thorweg nachweisen kann, selbst nicht an der Stelle, wo die lange Gaffe an dieser Seite der Umwallung endet. Der Boden au- 126 fierhalb dieser Stelle war mit Zuckerrohr bepflanzt, also keine Spur sichtbar, die vielleicht in einiger Entfernung sich nachweisen ließe, denn nach dieser Richtung lief die Straße nach Aphroditopolis. An dieser Seite lag abermals eine Vorstadt, die eine besondere, aus ungebrannten Ziegeln aufgeführte Umwallung hatte. Die Trümmer eines koptischen Dorfes liegen auf diesen älteren Trümmern. Die West- oder Stromseite zeigt nur die schon oben erwähnten Vorsprünge. Dann folgen Pflan- zungen und Dattelwald, endlich das Dorf Abadeh, mitten zwischen römischen Trümmern gebaut. Der Bruch des Ufers geht durch Trümmer und Scher- ben. Der Nil hat zum wenigsten ein Drittheil des Bo- dens, den vormals die Stadt bedeckte, verschlungen. Über das Innere der Stadt ist wenig zu fagen. Wer findet sich in diesem Wuste entadelter Trüm- mer? Säulen aus Granit oder Marmor, Fußge- stelle, korinthische Knäufe, Mauerreste fieht man in Menge. Nichts ist vorzüglich, wenn ich die schö- nen Granitfusten ausnehme, die wahrscheinlich aus ägyptischen Bauten in die hadrianische Stadt ge- schleppt wurden. Kein einziger Knauf aus Granit war zu sehen; es lagen aber die Marmorknäufe den Granitfuten so nahe, daß ich dachte, die Römer hätten diese auf jene gesetzt. 127 Die prächtigsten Straßen scheinen die lange und die mittlere aus den Dreien gewesen zu feyn, welche die Stadt der Breite nach durchschnitten. Vom Thorwege an der Ostseite in diese letztere, auf einige zwanzig Schritte, stößt man schon auf mäch- tige Granitblöcke und Säulen, alle so untereinan- der geworfen, daß, ohne Nachgrabung, der Plan des Gebäudes nicht zu finden ist. 150 Schritte weiter trifft man Trümmer eines Portikus und Triumph- bogens, der quer über die Straße stand. Der Gra- mit der Säulen ist feinkörnig, glänzend, und dunkle Farben spielend. Einige Knäufe aus Kalk- stein, die zur Seite liegen, zeigen, daß der Bau corinthisch war. Das Fußgestell war Granit, der Unterbau wieder Kalkstein. Auch dieses Denkmal (wahrscheinlich der von mehreren Reisenden er- wähnte Portikus) ist vor ein paar Jahren erst abgetragen worden, um die Steine zu irgend ei- nem Vorrathgebäude zu verwenden. Andere hun- dert Schritte weiter stößt man auf Grundfesten eines Palastes. Die Granitsäulen zur Seite ha- ben 5“ 4“ Durchmesser; einige Pfeilerknäufe co- rinthischer Ordnung 7 / 2“ untere Breite. Die Mauerreste sind aus Werkstücken. Noch findet man mancherlei Ruinen auf diesem Wege und gelangt endlich an die lange Straße. Da hat man die Reste eines großen Tempels vor sich, von dem noch 13 128 Säulen aufrecht stehen, auf die Hälfte ihrer Höhe verschüttet. Viele andere liegen herum. Deren Ver- theilung zeigt, daß der Tempel mit einem viersäuli- gen Portikus umgeben, und eine feiner schmäleren Seiten, wahrscheinlich die vordere, auf die große Straße, der Querstraße gegenüber, wies. Dieser Tempel stand im Mittelpuncte der Stadt. Jetzt klebt sich das Dorf daran und birgt vielleicht einige Säu- len und die Spuren der Cella. Ich fand deren keine. Wo die Triumphsäule des Severus hingekom- men, auf der Jomard eine Inschrift fand, wußte mir Niemand zu sagen. Nicht ferne dem Tempel, an der langen Straße, stehen ein paar hohlgestreifte Marmorfusten, die einzigen dieser Art, die ich in Antinoe sah. Sie scheinen einem schönen Bau an- gehört zu haben, insoferne die Trümmer zur Seite schließen laffen. Daß sich das Theater im südöstlichen Viertel der Stadt befunden habe, ist oben gesagt worden. Die Cavea, nach der langen Straße geöffnet, ist Theil eines Kreises, aber größer als der Halbkreis. Die Sitze sind verschwunden; der Unterbau besteht noch. Die Entwickelung der Cavea ist 576 Fuß; die Tiefe des Orchesters, von der Mitte des Pulpitums nach der Mitte des Bogens, ist 120“. So lange ist auch die Sehne des Orchesters von einem Ende der Cavea zum andern. Im Pulpitum stehen noch 6 129 Marmorpfeiler, nicht über 3“ hoch, je Zwei und Zwei; sie halten zwischen sich die Weite eines Thor- raumes. Vom ersten zum sechsten dieser Pfeiler (die beiden mittleren stehen in der Achse des Orchesters) ist 84“ Abstand; von dort bis an die Außenseite der Cavea in gerader Verlängerung 96“. An der Nil- feite ist das Vomitorium in der Cavea fichtbar, wel- ches nach der langen Straße ging. Vor dem Thea- ter fcheint ein Platz bestanden zu haben. Auf der höchsten Stelle der Stadt gelegen, hatte das auf den Stufen versammelte Volk die ganze Landschaft im Gesichte. - - Das Hippodrom steht außerhalb der Stadt, an der Ostseite, 60 Schritte von der Mauer ent- fernt und zwar von der Stelle, wo diese einen kur- zen stumpfwinkelichen Bruch macht. Es hat die Rich- tung von O nach W. Deffen Cavea war aufgemau- ert und mit Werkstücken verkleidet. An der Südseite ist eine ziemliche Strecke derselben noch unbedeckt vom Sande, dagegen sind die Nordseite und das Innere fast ganz verschüttet. In der Südseite sind drei Thorwege sichtbar; ein vierter steht in der Verlän- gerung der Spina, im Ost. Längs der Spina fchauen Werkstücke zu Haufen aus dem feinen gel- ben Sande der Wüste, Granit- und Marmorblöcke und fast am östlichen Ende der verstümmelte Rumpf eines koloffalen Löwen oder Sphinx aus Granit. 130 Die innere Breite des Hippodroms ist 216“; die in- nere Länge 844/; die letztere vom Thore in Ost bis zum westlichen Ende der Cavea gerechnet. Von die- fem Ende bis zur Runde, womit die Spina be- ginnt, sind 122“. - Die Ebene im Osten und Norden der Stadt wird von Kopten und Arabern als Grabstätte be- nützt. Beide tragen ihre Todten gerne auf das rechte Ufer, und lieben Ruinen und Wüste zur letzten Stätte für sie. Als wir, vor einigen Tagen, an Bajadieh, einem koptischen Orte, vorüberfuhren, hatten wir eine solche Leichen-Überschiffung gesehen. Klageweiber begleiteten ein gestorbenes Kind bis ans Ufer, wo eine Barke wartete. Da fetzten fie sich an den Abhang und heulten: »o mein Kind! o meine Rose! Was wieg' ich nun in meinen Ar- men! O mein Schmuck! was leg ich nun an meine Brust!« u. f. w. Einstweilen trug ein Weib das Kind in die Barke, wo sie es auf ihren Schooß nahm. Das Geheul dauerte fort bis die Barke das jenseitige Ufer erreicht hatte. Dann verstummten die Weiber plötzlich und gingen nach Hause. Antinoe ist zum Theile auf diese Gräber gewan- delt; denn ist die Leiche verscharrt, so pflegt man einen Stein darauf zu legen. Klumpen, wie sie vom Gebirge fielen, waren gleichfalls dazu verwen- det. Es glich dieser Stein dem falschen Granit des 131 Sipylus und Ida. Ganz nahe am Gebirge, da ich unter diesen Gräbern herumschlenderte, fand ich mehrere Klötze versteinerten Holzes, und zwar Baum- stämme, mannsdick, mit Ästen. Die Versteinerung war durch und durch bewirkt. Deutlich schied sich Rinde und Holz, und auf den ersten Anblick hielt ich sie für gewöhnliche Stämme von Sykomoren. Sie klangen wie Metall, da wir mit Steinen dar- aufschlugen, und waren von unüberwindlicher Härte. Auf ein paar Gräbern saßen Frauen und Män- ner, und bevölkerten so die Öde. Sie regten sich stundenlange nicht. Ich glaubte, sie schliefen; aber fie sahen mich mit klaren Augen an, da ich aus Neugierde an ihnen vorüber ging. Es waren An- gehörige der Verstorbenen. Das Besuchen der Grä- ber gehört unter die frommen Pflichten der heuti- gen Ägypter, in denen ein Theil jener übergroßen Sorgfalt für die Todten sich erhalten zu haben scheint, welche den Bewohnern dieses Landes in verfloffenen Jahrtausenden eigen war. Im Norden der Stadt, östlich an den Wall der Vorstadt gelehnt, stehen die Trümmer eines al- ten koptischen Ortes, das mit einem Walle umge- ben war. In der Mitte desselben sieht man noch die Reste einer Kirche. Mehrere Säulen liegen dort. Ich lief auf die nächsten Höhen des arabischen Gebirges. Nackt und schroff begrenzt es im N und - - 132 O die Landschaft von Antinoe, und weitet lange Reihen von Steinbrüchen und Gräbern. Seine Farbe ist gelb. Es trägt keinen Halm. Im Norden springt es, auf eine halbe Stunde von der Stadt, bis an den Strom vor. Da stehen die Ruinen eines Klo- sters und einiger älterer, undeutbarer Bauten. Dann krümmt es sich nach NO ein, wo ein Wetterriß in die Ebene niedersteigt und zur Schlucht sich erwei- tert. Darüber stehen abermals Ruinen eines Klo- sters, an große Steinbrüche gelehnt. Von dieser Stelle geht das Gebirge bis an die große Schlucht in Ost, die durch senkrechte Felswände gebildet wird. Der Sand brannte unter unseren Füßen, da wir auf diesem wüsten Gebirge herumkletterten. Es besteht aus Kalkstein und ist mit Klumpen jenes falschen Granites, mit Wüstenkiefel und sehr rei- nen Krystallen, die in Rhomben brechen, übersäet. Wir krochen in viele Höhlen. Einige waren Grä- ber; andere Steinbrüche, in denen wir häufig halb- fertige Arbeit fahen, als wären die Jahrhunderte Tage. Das zuletzt erwähnte Kloster hatte einen Aus- druck von Einsamkeit, wie ich mich keines ähnlichen entsinne. Eine Reihe alter Gräber war in Zellen umwandelt. Jede Zelle hatte eine Thür gehabt, wie aus den Riegellöchern zu schließen ist; jede ein Fensterloch; Eine überdieß zwei Nischen. In der - - --- IZZ Mitte dieser Zellen war ein großer Steinbruch zur Versammlungshalle umwandelt, denn Bänke und Fenster waren ausgehauen, Decke und Boden ge- ebnet. Vor diesen unterirdischen Wohnungen, im Freien, stand eine Kirche mit Mauern und Zinnen umfangen, schroffer Absturz nach drei Seiten. Der Boden ringsum ist nackter Fels. Das Waffer mußte aus dem Nil geholt werden, d. i. auf eine Stunde beschwerlichen Weges. Wann diese Klöster verlaffen wurden ? Wahrscheinlich vor mehreren Jahrhun- derten. Wir waren von Müdigkeit und Hitze gelähmt, da wir Antinoe wieder erreichten. Die Zunge klebte am Gaumen. Der Hals war mit Sand ausgefüt- tert. Wer die Wüste nicht kennt, kennt auch den Durst nicht. Wir fielen in ein Zuckerrohrfeld und erfrischten uns an dem herrlichen Safte. Der Fel- lah kauet dieses Rohr während des ganzen Tages und trinkt den ausgepreßten Saft, bevor dieser ge- kocht wird. Hart am Ufer des Nil, unter dem Schatten einer Sykomore, deren Stamm, 3“ über dem Bo- den, 24“ Umfang hat, tischte uns der Schech des Dorfes einen gebratenen Hammel, nach Landessitte, auf. Wir luden den Wirth zum Male. Die ganze Dorfjugend war um uns. - XII. Reise von Melaui bis Affuan. 10. Jänner. Abdyn-Kascheff, mit einem zahlrei- chen Gefolge von Mameluken, alle in der Blüthe der Jugend, reich gekleidet, trefflich bewaffnet, mit Dro- medairen beritten, hatte uns gestern Abends einen Besuch gemacht. Als sie den Abhang zum Ufer herun- ter ritten, erblickten wir die Kommenden; ich habe kein schöneres morgenländisches Bild gesehen, als diese Jünglinge, die ihre leichtfüßigen Thiere hinter dem geliebten Herrnbändigten! ... Teppiche wurden am Ufer ausgebreitet, goldverbrämte Sammtkiffen dar- auf gelegt; da, in der freien Natur den Strom vor uns, und hinter uns die blühende Flur, schwätzten wir, bei Kaffeh und Pfeife bis tief in die Nacht. Die Kandschia war gekommen. Schnell überfie- delten wir in dieß leichte Fahrzeug. Der Wind be- "gte uns, wir hatten 18 Ruderleute an Bord: "as ging uns ab 2 – u“ Gastfreundschaft Abdyn-Kaschefs hatte 'ne andere Uberraschung bereitet. Ohne 135 mit einer Sylbe es merken zu laffen, und mit dem Auftrage an den Reis, erst wenn wir abgesegelt seyn würden, uns davon in Kenntniß zu setzen, hatte er die Kandschia mit Vorräthen für uns versehen laffen. Wir fanden 10 Hämmel, fammt Futter für die- selben, 24 Hüte Zucker, 2 Kuffen Brot, 2 Dschia- ren Butter, 1 Dschiare Honig, 60 Hühner, 100 Tauben, 200 Eier; hierzu 2 Säcke Kohlen. Diese Schätze, und was wir felbst mitgebracht hatten, ficher- ten uns den Unterhalt für länger als einen Mo- nat. Das Schiffvolk war gleichfalls verpflegt, und hatte außerdem Anweisung auf die vorzüglichsten Städte Ober-Ägyptens, wo Magazine liegen. Der erste Vorsprung des arabischen Gebirges, oberhalb Antinoe, ist wieder voll Gräber und Stein- brüche, die in späteren Jahrhunderten in Wohnun- gen umwandelt worden sind, und die man jetzt zum Theile zerstört, um Steine für die Fabrik von Me- laui daraus zu holen. Oberhalb dem Vorgebirge liegt das Dorf El-Amarne. Ich fuchte mit dem Fernglase die Ruinen einer großen Stadt auf, welche die Karte der französischen Commission auf dieser Stelle angibt, fand aber nichts als Felsengräber, wie überall, und Mauerstücke aus ungebrannten Ziegeln hinter dem Dorfe Hamam. Während der Nacht hielten wir an der Mün- dung des Joseph-Canals, bei Darut. Der Canal 136 hatte Waffer, aber die Mündung war bereits ver- schlemmt. Bei hohem Nil befahren die schwersten Masch diesen Canal. Das linke Ufer ist flach, das rechte aber felsig und hoch. - O r t e. Rechtes Ufer. Linke s Ufer. El - Till. Machfara. Hadschi-Gantill. Muhele. El - Amarne. Saraht. El-Hauwada. Beni - Amram. El-Gherf Darut. Benahieh. El - Mandara. 11. Jänner. Das arabische Gebirge hält sich hart am Strome; etwas über eine halbe Stunde Weges, tritt dann im Bogen zurück, Raum laffend für das Dörfchen Teir-el-Koffer und dessen Pal- men-, Dattel- und Zuckerrohrpflanzungen, und fin- det mit schroffem Vorsprung und langer Landlehne den Nil wieder. Zwischen dieser und dem nächsten Vorgebirge liegt El-Koffer, worauf abermals eine Wand, eine breite Schlucht, und ein drittes Vor- gebirge, wie das Fußgestell eines Denkmales abge- stuft, und eine andere Wand folgen. Dieses Ge- birge trägt den Namen Abulfeda. Am linken Ufer, auf eine halbe Stunde vom Strome, zeigt sich recht stattlich Kusieh, das Cusä 1Z7 der Römer, wo die zweite thebaische Legion in Be- fatzung lag und Venus-Urania verehrt wurde. Dann tritt auch hier die Wüste bis an den Nil, so daß man sich auf eine Strecke zwischen dem arabischen und libyschen Sande eingeklemmt befindet. Dann trifft man auf dem linken Ufer die Orte Benesgehr und Damanhur; auf dem rechten aber zieht sich die, mit Gräbern ausgehöhlte, Bergwand hart am Ufer bis auf die Breite von Monfalut hin. Wir hatten frischen Wind aus der libyschen Wüste, der seine gefährlichen Stöße jederzeit frühe genug durch Wol- ken Sandes ankündigte. Monfalut, der Hauptort einer Nazirschaft, ist ein Städtchen hart am Nil, das 4Moscheen, eine Okell für Kaufleute, mehrere Magazine und einen ansehn- lichen Bazar hat. Es wird von Arabern, Türken und Kopten bewohnt. Ohne eigens ummauert zu feyn, ist es dennoch geschloffen, indem die Mauern der Höfe und Häuser ein zusammenhängendes Gan- zes bilden, in welches, außer den eigentlichen Stadt- thoren, nur hie und da ein Hofthor führt, das ge- fchloffen werden kann. Die Ebene bis zur libyschen Wüste, etwa drei Stunden breit, ist trefflich bebaut. Die große Oafis liegt von hier nur fünf Tagreifen entfernt, und zwischen ihr und Monfalut ist häufiger Wechsel. 12 138 Es liegt eine Kanonierschaluppe an dieser Stadt, die einen Zwölfpfünder am Vordertheile führt. Der Vordermast hat ein großes Maschsegel, der Hinter- mast zwei Quer- und eine Brigsegel. – Unser Schiff volk nahm einige Lebensmittel und den Vordermast unserer Kandchia ein, dann setzten wir noch heute die Reise fort. Monfalut ist vom Strome sehr bedroht, der aus Osten auf das hohe Ufer anfällt. Die Stadt steht am Absturz. Jenseits dagegen ist niederes Land, auf eine Viertelstunde Breite angespült, das zwei Dör- fer trägt: El-Manabde und Sigilgil. O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. Teir - el - Koffer. Miffarra. El-Koffer. Feffarra. El-Nauwaje Nasleh-Abu-Sinubi. Braß. Sanabo. Tör (griech. Kloster zum Kufieh. heil. Johann). Omu - Kuffur. El - Manabde, Kom - Seid. Sigilgil. Damanhur. Benesgehr. Nasleh - el - Buja. Nasleh- el-Hennenne. Monfalut. 12. Jänner. Wo das angeschwemmte Land endiget, tritt das arabische Gebirge an den Strom- 139 dieser, der erst W. floß, hält die Richtung N bis oberhalb Beni-Mohammed, wo er NW, dann W und weiter oben NO fließt. Das rechte Ufer macht hier eine Ausnahme von der Regel, für eine Strecke wenigstens, es wird nämlich hoch und gut bebaut, während das linke niedrig und fandig ist. So wie der Nil wieder nach W strömt, zeigt sich Schiut in bedeutender Ausdehnung, als eine große Stadt, am Fuße des libyschen Gebirges. Aber die Krüm- mungen des Stromes machen noch einige Stunden Zeit verwenden. Wir erreichten die Lände mit Ein- bruch der Nacht und gingen im Mondenscheine nach der Stadt, die eine kleine halbe Stunde entfernt liegt. O r t e. Rechtes Ufer. Linkes Ufer. Arrab. Gemriß. Beni-Mohammed. Manndara. Iffauwali. El-Hanwatka. Beni - Ibrahim. El-Ghauli. Tör - Minieh. Sogara. Böhitt. El-Naja. Benubb. Beni-Achsen - el - Giffer. Itauhabieh. El- Ohdar. Benifett. Selamm. El-Agrat. El-Hauwatka El-Hamam. Mangabatt. Bab - Umur. Schiut. 12 140 13. Jänner. Schiut ist die größte Stadt Ober- Ägyptens. Zwölf Minarets steigen aus dem Ge- dränge hoher Gebäude hervor, die aus Stein, schwarz- gebrannten oder an der Sonne gedörrten Ziegeln erbaut, durchaus ein finsteres Ansehen haben. Desto schärfer sticht eine von dem Defterdar-Bey wäh- rend seiner Statthalterschaft von Ober-Ägypten, nach dem Muster derer zu Constantinopel, erbaute Mo- fchee ab, die weithin sichtbar ist, und dem Reifen- den einen ungewohnten, angenehmen Anblick ge- währt. Achmed - Bascha, der als Gouverneur der Provinz dem Defterdar-Bey folgte, ließ eine Fa- brik zur Reinigung des Indigo, eine Wollspinne- rei und für sich Palast und Garten bauen. Die Okells (Kaufhäuser) sind geräumig und hoch, – eine Menge anderer stattlicher Gebäude, aus der Zeit der Mamelukenherrschaft, gibt der Stadt ein alterthüm- liches und gewichtiges Ansehen; am merkwürdigsten darin aber find die Bazare, welche die ganze Stadt durchziehen, und wo die Erzeugniffe aus den Oasen, aus den Ländern der Schwarzen und aus Arabien, neben denen Ägyptens und einigen europäischen Waa- ren, ausgelegt sind. Das Innere der Stadt ist finster und mahnt an den Ausdruck der alt-ägyptischen Monumente. Es gehören 140 Dörfer zum Bezirke von Schiut, in welchem über 100,000 koptische Familien wohnen. 141 Die Mehrzahl der Bevölkerung besteht jedoch aus Arabern. In der Stadt wohnen auch viele Griechen und einige katholische Familien. Es gibt keine Juden dort. Achmed-Aga, der Seliktar des Vicekönigs, be- fehligt darin. Er hat eine Compagnie Schwarzer zur Wache, welche ein spanischer Flüchtling, aus Karthagena, Don Bernardo Lescura, nach euro- päischer Weise abrichtete. Außerdem hat die Stadt etwa 40 Artilleristen, 8 Kanonen und eine bewaff nete Schaluppe. Ich kenne kein Volk, das tiefern Ernst in den Gesichtszügen ausspräche, als die Kopten, diese Reste der alten Ägypter. Dieser Ernst ist abstoßend, fin- ster. Auch bilden sie ein Volk im Volke, unter fich auf das Engste verbunden, und fremd gegen alle Ubri- gen. Sie machen die Geschäfte des Landes, sind die Bemeffer des Bodens, die Schreiber und Zahl- meister der Regierung, die Händler und Krämer von Dorf zu Dorf; aber außer den Berührungen in Geschäften vermeiden sie mit Türken, Arabern, Griechen, Europäern u. f. w.jede andere. Ihre Sit- ten sind strenge; ihr Umgang mit Fremden ist kalt, wortarm, gleichgültig, ganz im Gegensatze mit dem Benehmen des Arabers. Ich habe nie einen Kopten lachen gesehen und niemals lud. Einer uns ein, in fein Haus zu treten. 142 Wir hatten an zwei koptische Kaufleute Cre- ditbriefe. Auf unserem Rückwege aus Ober-Ägypten des Willens, hierauf eine Summe Geldes zu neh- men, ging ich freilich etwas spät, denn es war etwa 9 Uhr Abends, nach der Stadt, um den Ei- nen dieser Herrn aufzusuchen, der Andere war, soviel wir wußten, Schulden halber ins Gefängniß geworfen worden. Ich werde mich lange an diesen Gang erinnern, der mir sauer geworden ist. Da er mitunter Land und Leute malt, fo will ich den- selben erzählen. Ich fand das Stadtthor offen, ging an den umgitterten Gräbern der beiden Söhne Ibra- hims-Pascha"s und der drei Kinder Achmed-Pascha's, die da in goldverzierten Särgen an der Straße ruhen, nach dem Bazar hinauf und fand, nach einiger Mühe, das Okell meines Mannes. Ich pochte – pochte, und hatte ein langes, aber vergebliches Zweigespräch durch das verschloffene Thor mit dem Wächter, der mir zu keinem Preise öffnen, noch mich in das Wohnhaus des Kopten führen wollte. Ich glaubte die Lage dieses Hauses zu wissen, entschloß mich also kurz, es zu suchen, irrte lange in den menschenleeren, finstern, krummen Straßen und fand es nicht. Da stieß ich auf eine Schildwache. Diese nahm keinen Anstand, ihren Posten zu ver- laffen und versprach mich zu führen; ich aber fühlte keinen Beruf, ihr die europäische Wachordnung, kraft 143 welcher sie stand, auszulegen, und nahm das Aner- bieten gerne an. Wir gingen abermals Straßen auf Straßen ab, keine Seele begegnete uns,– der Neger gestand, er wisse nicht aus. Wir waren am ande- ren Ende der Stadt, und Mitternacht war vorüber. In dieser Noth fand uns ein Türke vom Hause des Seliktars, der eben die Runde machte. Er gab mir einen feiner Leute und mit Hülfe desselben, ge- langte ich endlich an das ersehnte Haus, im Geiste die Münzsorten überschlagend, die am schnellsten die zu erhebende Summe geben würden. Aber ich hatte die Rechnung ohne Wirthgemacht. Keine Über- redung, keine Versicherung, kein Versprechen bewog die koptische Familie, das Thor zu öffnen. Aus dem Hintergrunde eines Zimmers rief uns eine weibliche Stimme zu, der Herr vom Hause schlafe – und als wir sagten, daß man ihn wecke, – er sei gar nicht zu Hause. Wir hofften, er würde wenigstens von der Straße zum Fenster mit sich reden laffen. Auch dazu verstand er sich nicht. So groß ist das Mißtrauen unter diesem Volke! Der Türke fand nichts Unbilliges in meinem Begehren, das sich dar- auf fußte, daß, da wir am nächsten Morgen abrei- fen wollten, nichts erlaubter wäre, als den Kop- ten, der schon an uns gewonnen hatte und wieder gewinnen sollte, eine Viertelstunde im Schlafe zu stören; er gab aber auch dem Kopten Recht, denn er meinte, der Tag hätte feine Geschäfte und die Nacht die ihrigen. Ich ging also unverrichteter Dinge, aber bevor ich aus dem Labyrinth der Stadt mich wickelte, mußte ich wohl dreißig Thore der verschie- denen Viertel öffnen laffen. Fast an allen diesen Thoren waren die Wächter blinde Greife. Die Verbindung zwischen Schiut und den Oasen ist häufig. Schiut ist auch der Ort, bis wo- hin die großen Karawanen aus Darfur und Senaar, die Tausende von Sclaven bringen, niedersteigen. Es wimmelt von Negern in dieser Stadt. Ich fah dort mehrere Tschellab (Sclavenführer) die eben aus Kordufan gekommen waren und kaufte von ihnen Waffen und andere Dinge, darunter ein silbernes Achselgehänge, in Darfur gearbeitet, das die Für- sten der Stämme als unterscheidendes Zeichen zu führen pflegen. Es gehörte. Einem aus dem unglück- lichen Geschlechte der Herrscher in Kordufan, das vor sieben Jahren, von dem Defterdar-Bey, dem zu Schändy verbrannten Sohne des Vicekönigs, Ismael, zum Sühnopfer, bis auf einen Einzigen nach Abyssinien entkommenen Sprößling vertilgt wurde. - - Zunächst an der Stadt find Gärten und über- haupt die Umgegend ist sehr sorgsam bebaut. Die Canäle, Schleußen, Brücken und Dämme sind gut angelegt und schienen mir sorgfältiger erhalten als 145 in irgend einem Theile Ägyptens. Am Gebirge hin- ter der Stadt beginnt auch die Wüste. Dieß Ge- birge ist voll von Katakomben und Gräbern, in de- nen sich eine Menge einbalsamierter Ibiffe, Katzen und Hunde finden. Man glaubt, daß an der Stelle von Schiut Lycopolis gestanden habe. Der Aufenthalt in dieser Stadt ist ungemein wohlfeil. Die Lebensmittel lagen überall in großer Menge zum Kaufe. Ein Neapolitaner, Dr. Maffara, der von dem Vicekönig mit Einführung der Blat- ternimpfung zu Schiut beauftragt ist und uns in ei- nem kleinen, aber bequemen Hause empfing, ver- sicherte uns, daß er dafür monatlich nur 10 Piaster, d. i. 1 fl. 22 kr. C. M. Miethe bezahle. Die Kopten und Türken ausgenommen, schien der Rest des Volkes so arm, als in den Dörfern. Das liegt auch an dem Anzuge des Arabers, der im Durchschnitt aus wenig mehr als aus einem ge- gürteten Hemde besteht. An einer Kaffehstube fahen wir einige zwanzig Freudenmädchen, die in Seide gekleidet und mit Goldstücken behängt, sich seltsam neben dem nackten Gesindel ausnahmen. Die mei- fen waren von sehr weißer Gesichtsfarbe. Den Preis der Schönheit schien jedoch eine Abyffinierin davon zu tragen, deren Züge, Körperformen und Haltung wirklich reizend waren. Prokefch: Ägypten I. 13 146 14. Jänner. Ober Schiut kömmt der Nil aus Ost, und weiter aus Süd. Die Ufer sind strecken- weise mit Suntbäumen bedeckt, das linke mehr als das rechte, das, wie gewöhnlich, Wüste ist. Am Dorf. Katieh fhoffen wir einen Vogel, der aus dem Geschlechte der Droffeln scheint, und dessen Gefieder von wunderbarem Farbenspiele war. Der Grund davon machte ein glänzendes Schwarz. Dieß wechselte mit Blau, Grün und Gold. Jedes Feder- chen endete mit einer weißen Spitze. Flügel und Schweif waren weiß gerändert. Schnabel, Füße und Größe die einer Droffel. – Auch mehrere der kleinen Vögel, die der Araber Asfur - Gennet, d. i. Paradiesvögel nennt, und deren wir schon zu Melaui gefunden hatten, schoffen wir heute. Ihr Gefieder ist goldgrün; der Schnabel schwarz, fehr spitz und fast einen Zoll lang; das Auge rothgerändert und groß; der Kopf, im Verhältniß zum Körper, der nicht größer als der eines Zeisigs ist, stark; die Füßchen sind schwarz; im Schwanz endlich, defen Länge zwischen 3 und 3 % Zoll beträgt, befinden sich zwei schön geschwungene Federn von 8 bis 12 Zoll Länge, die schmal und äußerst zierlich find. Der Flug dieses Vogels ist schnell und hoch. Kein Land und kein Strom aus allen denen, die ich bis jetzt in drei Welttheilen fah, sind reicher an Gevögel als Ägypten und der Nil. Wir schoffen an jedem 117_ Morgen, was wir eben während des Tages für un- feren Tisch brauchten, und hätten im Nothfalle be- quem davon leben können. In Scharen ziehen Gänse, Enten, große und kleine Reiher, darunter eine Gat- tung ganz weißgefiederter, mit gelbem Schnabel und fchwarzen Beinen. Ich fah dieselben oft mitten un- ter den Ackersleuten und Hirten, ohne Scheu her- umlaufen. Pekikanen begegnet man häufig, meist zu Zweien; Regenpfeifern, gewöhnlichen Seeschwal- ben, Nileltern. Diese Letztern sind von der Größe einer gemeinen Elster. Der obere Theil des Kopfes, die Brust, der untere Theil des Schweifes und die langen Federn der Flügel sind glänzend schwarz; außerdem läuft von der Brust ein schwarzer Strei- fen bis nach dem schwarzen, nicht viel über einen Zoll langen, geraden Schnabel. Der Rest des Hal- fes, der Unterleib, die Seiten und die innere Wand der Flügel sind rein weiß; der Rücken endlich und die Oberdecke der Flügel licht-graubraun und en- den in Weiß. Die spannen langen Füße sind sehr fein; ihre Farbe ist schwarz. Die schwarzen Federn auf dem Rücken bilden ein Schöpfchen, den der Vogel nach Willen hebt oder senkt. Was denselben besonders auszeichnet, ist eine Waffe am Bug der Flügel, nämlich ein 1/4 Zoll langer starker Dorn, womit er Fische und Kröten stößt. Er fliegt schnell und feine Stimme ist kreischend. Der Araber nennt 13 * 118 ihn Ot-at. – Es gibt auch einen kleinen, jedesmal einsamen Vogel, Ghodöß genannt, der äußerst schnell und hart am Wafferspiegel fliegt. Er ist ganz braun, bis auf eine grauweiße Stelle am Bauche, sehr gestreckt, von der Größe einer Lerche. Schna- bel und Beine sind schwarz, dessen Fleisch ist sehr schmackhaft. – Ein anderer schöner Vogel ist der Zigzag, der immer paarweise angetroffen wird. Er hat die Größe einer Turteltaube, lichtgraue Ober- flügel, weiße mit schwarzen Querstreifen gezierte Unterflügel, weiß- und grünfärbigen Leib, weißen Hals, einen dunkelgrünen Kranz um die Brust, eben solchen Oberkopf, von dem ein gleichfärbiger Streifen über den Rücken läuft. Um das Auge sind weiße Ringe, die sich mit einem gleichfalls weißen Schöpfchen am Hinterkopfe verbinden. Die Füße find grau; der Schnabel schwarz und 1/3 Zoll lang. Dieser Vogel pfeift sehr laut und kreischend. Abutig ist ein großer Ort, der zwei Minarets und mehrere Heiligengräber hat, neben denen sich ein Friedhof ansiedelte, in den die Leichen aus allen umliegenden Orten zusammengetragen werden. Er ist ummauert und es steht auch eine Moschee darin. Der bebaute Grund auf dem linken Ufer ist um ein Bedeutendes schmäler als unterhalb Schiut, weil die Bewäfferung fehlt. Das rechte trägt hier meh- rere ansehnliche Orte und der Wüste ist viel Boden 149 abgewonnen auf dieser Seite. Es liegen auch meh- rere Inseln im Nil zwischen Schiut und Abutig. Dem Itinerarium Antonini zu Folge, fiele auf die Stelle dieses letzteren Ortes Klein-Apollonos. Bei Ennehel fanden wir den Seliktar mit zahl- reichem Gefolge. Er kam von einer Bereifung fei- ner Nazirschaft, und schlug unter freiem Himmel sein Lager auf. So reisen alle Großen in Ägypten, wenn sie zu Lande gehen, so der Vicekönig selbst. Ja, häufig verlaffen sie ihre Paläste und wohnen Monate lang unter Zelten am Ufer des Stromes, wie wir aus der Stadt in ein Landhaus zu ziehen pflegen. Sadfeh, auf eine kleine Viertelstunde vom Nil, zeigt einige stattliche Gebäude. Nicht ferne davon, am Grabe Schech-Moyses, stießen wir, mit dem Jagdgewehr die Ebene durchstreifend, auf Beduinen des Hirtenstammes Abd-el-Athi und fanden freund- liche Aufnahme. Jung und Alt lief nach den Zelten und es galt, wer uns zuerst Käse und gewärmtes Durabrot bringen würde. Die Weiber trugen uns ihre Kinder entgegen, und nöthigten uns, am Herde Platz zu nehmen. Wir thaten was an uns lag, um die gute Gesinnung dieser Leute für die Franken aufrecht zu halten. Wo die arabische Kette, unterhalb Kau, ein weites Thal öffnet, saßen wir plötzlich an einer 150 Bank auf und brachen überdieß das Steuer. Mit unsäglicher Mühe arbeiteten wir uns bis Mitter- nacht los – aber noch da wir jubelten, faßen wir auf einer zweiten. O r t e. Recht es Ufer. Linke s Ufer. El-Machjara. El-Uedieh. El-Uafta. El-Hamra. El-Afrak. - Schiut - el - Hamra. El-Hauwanna. Sachaba. - Sargisli. Katieh. Affadni. Bagur. Bedahri. El-Oga. Rahaine. Abutig. Ennechel. El - Dwehr. Migris. Sadfeh. --- Wolatiliaß. Kartusch. El - Barut, 15. Jänner. Wir wandten den Rest der Nacht und einen Theil des Morgens daran, um uns von der Bank loszumachen und das Fahrzeug in Stand zu setzen. Dann fuhren wir nach Kau, das über Ruinen, wahrscheinlich über denen "von Antäopo- lis, liegt. Die Stelle von Kau ist wirklich eine von , I51 den wenigen auf dem rechten Ufer, wo man auf den Einfall gerathen konnte, eine Stadt anzule- gen. Heut zu Tage sind nur unbedeutende Spuren von jenen Resten vorhanden, welche die französischen Gelehrten beschrieben. Der Nil hat einen Theil der Uferstelle weggeriffen, worauf der Tempel stand, und die Menschen haben der Zerstörung nachgeholfen. Zu Haufen liegt das Gestein am Uferabhang und bis in den Strom, ein Monolythtempel, wovon ein Stück ausgesprengt wurde, zu oberst. Daneben sind fünf Kalköfen im Gange, was beweiset, daß die Bewohner von Kau dieß Tempelgestein zu nü- zen wissen. - Während wir bey Kau anhielten, erhub sich heftiger Nordwind, der erste seit 22. November. Er kündigte sich durch den Staub der Wüste an, der wie Gewitterwolken am Himmel aufstieg, und in einem Augenblicke unser Fahrzeug zollhoch überdeckte. Die Wand des arabischen Gebirges, die andert- halb Stunden oberhalb Kau wieder an den Nil tritt, heißt nach dem Schech-el-Haride, oder auch der Teufelsberg, denn der böse Feind soll dort eine Wohnung haben. Es ist wahr, an alten Gräbern und Steinbrüchen fehlt es ihm da nicht. Am Fuße dieses Berges liegt das Dorf Rahaine, und ober- halb desselben, das Grab Schech - Haffans, neben welchem ein Felsblock sich befindet, der, vom Nil 152 aus gesehen, das Haupt des Sphinx von Dschieh nachäfft. Dem Teufelsberg gegenüber, auf dem lin- ken Ufer, ist die Lände von Tachta. Das Städtchen selbst, das wahrscheinlich die Stelle von Aphrodito- polis einnimmt, zeigt sich in Entfernung einer Stunde vom Strome. Höher, da wo der Teufelsberg mit einer abge- rundeten Felswand vom Ufer zurücktritt, liegt eine große, aber wenig bebaute Insel, Gesiret-el-Schan- dauel, mit dem Orte gleiches Namens, einem Ge- höfe und einigen zerstreuten Hütten. Das arabische Gebirge läßt einer breiten Ebene Raum; das liby- sche verhüllte der Sand unsern Blicken. O r t e. Recht es Ufer, Linkes U fer. Schech - Gabor. El - Waadle. Kau. Selamun. Nasleh-el-Kau. Timeh. Nasleh - el-Rahaine. El-Sauwaka. Rahaine. Miste. Haride. Nasleh - el - Miste. Gelauwieh. Sawaika. Ketkuta. Satura. Sagulte. Bankeh. Tachta. Sachil. Sauwamah. 153 El-Helleh. El-Maraga. Giffaß. El-Najagie. - El-Tauuh. 16. Jänner. Sauwatsch ist ein kleines Städt- chen, das einen unbedeutenden Markt, ein paar Okelle und drei Minarete hat. Am oberen Ende des- selben steht eine Kaserne, die den Flächenraum von 369,664 Quadrat - Fuß einnimmt und jetzt mit 400 Reitern belegt ist. Nahe daran baute der Vice- könig kürzlich eine Schleuße, die eine der schönsten des Landes ist, und an 300 Schritte Breite hat. Der Canal, an dem sie angebracht ist, wendet sich nach dem Gebirge, wo das rothe und das weiße Kloster stehen, und bewäffert das Land bis unter- halb Abutig, wo er mit dem Hauptarm nach dem Nil, mit einem anderen aber bis Schiut zieht. In der Moschee El-Harif, der nächsten am Nil, zeigt man das Grab des bekannten Murad-Bey. Er starb zu Sauwatsch an der Pest. Der ganz ein- fache Mauerfarg ruht in einem dunklen Seitenge- wölbe neben der Kanzel. Im Hauptdome liegt der Schech, nach welchem die Moschee heißt. Diese ist gut unterhalten, trägt einen Minaret mit zwei Kränzen und hat eine Schule für 100 Zöglinge. Zwischen Sauwatsch und Akmim liegt eine gut bebaute Insel. Akmim ist der Hauptort eines Be- 15 zirkes, worin Haffan-Bey befehligt, nahe am Nil, mit einer schönen Ebene hinter sich. Das Städtchen zählt nur zwei Minarets, es sind aber mehrere Mo- fcheen darin; auch wohnen dort an 400 koptische und 30 katholische Familien. Pokock setzt an diese Stelle Panopolis, die vielleicht über der Chenmis des Herodot erbaut war, des Danaos und Linkeus Geburtsstadt. (II. 91) Die wenigen Reste, welche die französischen Gelehrten beschrieben, sind seither verschwunden. Zwischen Akmim und Harfeh erreicht das ara- bische Gebirge eine größere Höhe als bis dahin. Wie gewöhnlich, sieht man auch da Gemächer dar- ein gehauen. Es endet mehrere Füße nach dem Nile, alle wüst, so daß für den Anbau nur schmale Stre- cken bleiben. Ganz einsam steht dort das koptische Kloster Tör-Embabag, über dessen Mauer ein ein- ziger Nabackbaum blickt. Gegenüber, auf dem lin- ken Ufer, nur wenig vom Strom entfernt, arm an Bäumen, liegt das Städtchen El-Menschihe, das einen Minaret hat. D'Anville, den Angaben Pater Siccard's folgend, und Pokock setzen Pto- lemais an diese Stelle. Wirklich findet man ausge- dehnte Unterbauten und sonst einige Spuren, die schließen laffen, daß Menschihe über den Resten ei- ner alten Stadt stehe. 155 Oberhalb Harfeh, an der Insel El-Asratsch, fah ich zuerst Krokodille. Es war deren ein Dutzend. Sie lagen im flachen Uferlande an der Sonne, und krochen langsam in das Waffer, so wie unsere Barke sich näherte. Nur Einer, und zwar der größte, blieb noch; er schien zu schlafen; wir schoffen darnach und fiehe, er stürzte sich in einem Hui den Übrigen nach. Die Krokodille lieben vorzugsweise das Gebiet zwi- fchen Dschirdsche und Kom-Ombos. Es ist jedoch nichts Seltenes, deren in der Gegend von Monfa- lut zu sehen, und ich erinnere mich, daß ich auf der Rückreise, zwei auf einer Bank bei Feschn fand. Ist man abermals an einem koptischen Kloster vorüber gekommen, so sieht man die arabische Wand nach Osten zurückgebeugt, auf dem linken Ufer vor sich aber Dschirdische, eine Stadt zu 4000 Ein- wohnern, meist Kopten, darunter aber auch 300 Katholiken. Sie war Hauptstadt einer Provinz, und ist nun die einer Nazirschaft. Es stehen 400 Mann Fußvolk dort, zu Akmim aber 400 Reiter. Auch Menschihe und Tachta gehören zu ihrem Bezirke. Die Stadt liegt hart am Nil und hat 8 Mi- narets. Wir fuchten Pater Ladislaus, von der Pro- paganda zu Rom auf, der seit zwanzig Jahren hier als Miffionär sich befindet und ein Rathgeber und Helfer aller Reisenden ist. Die Straßen der Stadt 156 sind, wo möglich, noch finsterer als die der übri- gen ägyptischen Städte. Die Häuser sind aber auch höher, durchaus von schwarzgebrannten Ziegeln, mit Einlagen von Palmenlatten, und nirgend überkalkt. Jedes Viertel, und in jedem Viertel jedes Haus, gleichen innen und außen den alten farazenischen Burgen, wo man sich bis auf den letzten Mann vertheidigen will und kann. Thore kaum drei Fuß hoch, damit man nur langsam und gebeugt hinein- trete, die Stiegen nicht felten vom Hause gefon- dert und nur durch eine Zugbrücke zeitweise verbun- den, die Fenster zwanzig Fuß vom Boden entfernt, Zimmer, Schießlöcher, Thürme, dicke Mauern u. f. w. In einer dieser Festungen fanden wir Pater Ladislaus. Wie groß war unser Erstaunen, da der Pförtner uns vor einem Saale, längs defen Wän- den eine Zahl Türken und Araber hockerte, mit den Worten stehen ließ: da ist Pater Ladislaus! Wir traten ein, und siehe ein Mann im arabischen Kleide, das Haupt mit rothem Turban umwunden, bewillkommte uns in italienischer Sprache. Das war Pater Ladislaus. Arabische Schriftgelehrte, türkische Officiere, koptische Priester saßen friedlich mit ihm zusammen. Wir erriethen mit. Einem Blicke, was wir später von so Vielen bestätigt hörten, daß dieser Miffionär der Freund Aller, der erste Arzt der Thebais, ein Weiler unter den Ältesten, ein 157 Helfer dem Volke gegen Bedrückungen, ein Rath- geber der Großen ist. Niemand ist wohl über den Zustand des Landes beffer unterrichtet, als eben Er. Wir brachten einen lehrreichen Abend mit ihm zu und gingen nicht von ihm, ohne den Wunsch aus- zusprechen, daß alle Miffionäre so wirksam als Er das Wort des Friedens verbreiten, und so richtig die Würde ihrer Sendung begreifen möchten! – Pater Ladislaus ist der Vorsteher der Mission in diesem Theile Afrikas. Gegenwärtig sind nur sechs Priester der Propaganda in Ägypten, einer zu Kairo, die übrigen zu Tachta, Akmim, Dschiedliche, Na- gada und zu Farschiut. Vormals gingen deren von Ägypten nach Abyffinien und Arabien. Jetzt aber mangeln die Mittel dazu. Auch zu Dschiedliche wird eine Wollenspinnerei eingerichtet. Die Stadt liegt zum großen Theile in Trümmern und ist sehr verarmt. Es wimmelte von Bettelvolk in den engen, krummen, unheimlichen Straßen. Der Bazar ist klein. Als wir durch den- selben gingen, bat uns ein türkischer Kaufmann mit vieler Art, nicht an seinem Gewölbe vorüber zu gehn, ohne eine Taffe Kaffeh zu nehmen. Wir traten ein, er legte uns Kiffen zurecht, und war höchst vergnügt über die Ehre, die wir ihm erwie- fen. Er erzählte uns Manches aus seinem Vater- lande, Armenien, und über den Handel Ägyptens. 15S Seine Knaben brachten uns Kaffeh und Pfeife, in die er einige Körner arabischer Wohlgerüche warf. Er dankte uns, als wir gingen. So ist der Mor- genländer. O r t e. Recht es Ufer. El-Affeb. AEmim. Nasleh - el-Arrab. El-Affaugihe - el- Sogaer. El- Taik. Tör. Lachaywa - el - Sogaer. Harfeh - el - Sogaer. Tör. Link es Ufer. Sauwatsch. Nasleh-el-Scheich-Moham- med. Beni-Asbura. El-Affaugihe - el-kebir- El- Menschihe. Ennaghia. El - Hauwafat. Lachaywa-el-kebir. Harfeh-et-kebir. Wollet - Ghaze. Naga-el-Schech-Achmed. Tör. Duch. Sarak. Wollet-Dschubara. Bendar - it - Ebn - At. Bendar - Adeff. Asbet-el-Gehmiffe. Schech - Juffuf. Dschiedliche. 17. Jänner. Fast alle ägyptischen Städte ha- ben, im Verhältniß ihrer Bevölkerung, eine grö- ßere oder kleinere Vorstadt, die nur von Buhlerin- nen, Tänzerinnen, und was sonst zum Handwerk gehört, bewohnt wird. Diese Vorstädte oder Lager (denn meistens find es nur solche aus Baraken und Zelten) haben ihre Rechte und Ordnungen, über deren Aufrechthaltung das Volk strenge wacht. Die Regierung besorgt die Polizei, oder läßt dieselbe vielmehr, was das Innere betrifft, in den Händen der Gesellschaft selbst, die aus ihrer Mitte sich die Vorgesetzten erwählt. Im Dorfe der Buhlerinnen bei Kauro, Metäria, das außerhalb der Sieges- pforte an der Straße nach Heliopolis - liegt, war eine Königin, welche das Heft in Händen hatte und strenge Zucht hielt. Zu Dschiedliche fand ein folches Lager hart an der Lände auf dem steilen und hohen Uferabhang. Das Singen, Tanzen und Trommeln, nahm die ganze Nacht hindurch kein Ende. – Ein türkischer Soldat erlaubte sich etwas Ungesetzliches. Alsogleich sahen wir das ganze Lager in Aufruhr gegen ihn. Das Volk aus der Stadt lief herbei – alle Araber nahmen die Partei der Mädchen. Man würde den Türken in Stücke ge- hauen haben, wenn ihm nicht gelungen wäre, im Dunkel der Nacht zu entwischen. 160 Diese Gebräuche sind uralten Ursprungs im Morgenlande. Herodot, die Bibel, überhaupt die ältesten Geschichtwerke sprechen hiervon. Das Hand- werk war immer ein verachtetes, aber es wurde als ein Nothwendiges geregelt und ausgebildet. Erst gegen Mittag verließen wir Dschiedliche. Man kömmt an mehreren Inseln vorüber. Pokock nennt die größte aus denselben Dom, nach den Palmen, womit sie bepflanzt feyn foll. Sarasy, der ihn abschrieb, sagt dasselbe. Ich fah aber auf kei- ner Palmen, auch wußte Niemand jenen Namen. Man nennt jene Insel: Gesiret-el-Bardiff. Bei Abu-Dschufa, wo nur sehr wenige Häu- fer um das Grab eines Schech's sich reihen, macht der Nil eine starke Krümmung. Er kommt aus NNO. Bei Nordwinden ist diese Strecke gefährlich. Sie ist die erste der »drei bösen Stellen bis Theben, « wovon die arabischen Schiffer viel zu erzählen wil- fen. Zur Rechten bleibt die Insel Naknak, worauf man Kohlen aus Siffabaenholz brennt. Auf dem rechten Ufer wird die Ebene breit und bebaut, wie fie es seit Altfieh nicht war. - Viele Krokodile lagen auf den Bänken im Nil. Zum Theile waren sie ganz außer dem Waffer; zum Theile hielten sie den Schwanz darin und streckten den Kopf uferaufwärts. Andere schwammen mit au- ßer dem Waffer gehobenem Kopfe. Von denen, die 161 im Schlamme sich sonnten, lagen. Viele auf dem Rücken, das schmutzige Gelb des Bauches uns zuge- wandt; sie hielten auch den geöffneten Rachen em- por und schnappten, wie nach Luft. Die Araber sagten uns, daß die Fliegen zu Tausenden fangen. Wir machten Jagd auf sie. Unsere Kugeln drangen nicht durch den Panzer. Der größte mochte einige zwanzig Fuß Länge haben. Für die Gestalt dieser Thiere ist das richtige Wort: scheußlich. Farschiut gegenüber, tritt das arabische Gebirge nahe an den Nil. Es bildet da große Maßen, mit Flächen zu oberst. Am Ufer bei Hou waren viele Feuer angezündet. Da die Araber an keinem Fahrzeuge und an keiner Versammlung von Men- - fchen vorüber fahren, ohne sich, so weit nur die Stimme reichen kann, Grüße zuzurufen und Fra- gen zu stellen, so erfuhren wir bald, daß Ibrahim Karcheff, Gouverneur von Kiene, dort ein Lager aufgeschlagen habe. O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. Schech-Ghammeh. El - Gora an. El-Garf. El-Maffara. Album ena. s Bardiff. Wollet - Haneff. El - Beljenne. Scherg - el - Hejam. Nasleh-Beljenne. 14 162 Beni - Achije. Sammata. Limbirr. Abn - Dschufa. Nasleh - Schech-Omar. Samhut. El- Sieh. Schech-Mohammed- Hamram. Ahn - Sabad. Nasleh - Sabad. Farschiut. Sach-el-Bachgire. El-Affarra. 18. Jänner. Mit leichtem West legten wir die zweite der bösen Strecken, diejenige von Hou bis Kaffer-Sajad, hart am arabischen Gebirge, ohne Aufenthalt zurück. Die Dörfer sind in dieser Gegend beträchtlich kleiner, der Boden ist ärmer. Wir hielten eine Weile an Refieh, das sparsam von Palmen, Dattel-Naback und Atlebäumen umge- ben ist. Der Naback hat Blätter, die denen des Apfelbaumes gleichen, festes Holz und kleine, rothe Früchte. Er wird auch Nebb genannt. – Der Ätle gleicht unserer Föhre, nur verbreitet er mehr eine Äste. Er hat ein lichtes Grün und kurze Fäden statt der Blätter. Ober El-Machgar tritt die libysche Wüste an den Strom und begleitet denselben bis Dendera, in dessen Nähe die alte Tentyra stand. Einzelne Palmen stehen hie und da am Ufer. Bei Samata, auf dem rechten Ufer, hat der Vicekönig sehr schöne 163 Wafferzüge bauen laffen, zum Behufe der Indigo- pflanzungen. Dendera ist fast nur von Palmen um- geben. Man sieht überhaupt wenige Dattelbäume. Jährlich kommen Leute aus Jerusalem nach Käne und kaufen die Palmenfrüchte, aus deren Kern sie Rosenkränze machen. O) r t e. Rechtes Ufer. Linkes Ufer. El-Gaffer. Hou. Kaffer - Sajad. Nasleh - el-Hou. Nasleh-Schech-Mohammed. Refieh- Nagia - el-Kau. El-Gaffarme. Nagia-el-Belabiff. Affisieh. El-Belabiff. El-Machgar. Fau. Dendera- Disne. El - Darabfe. Nasleh-el-Disne. El-Dahaubieh. Samata. Wollet - Ambar. Nasleh-el-Käne. Käne. 19. Jänner. Käne, nach dem Namen zu schließen, die Neapolis des Herodot (II. 91) ist ein anmuthig gelegenes Städtchen, der Hauptort einer Nazirschaft und der Mittelpunkt des Handels der Thebais mit El-Hedschias, dem Küstenlande von - - 14 * 164 Mekka und Medinah. Koffer, vier Tagreifen von Käne, ist deffen Hafen am rothen Meere. Jedes Jahr wandern Tausende von Pilgern durch Käne, und 160 bis 200000 Ardebb Getreides werden von da, auf Rechnung des Vicekönigs, nach den heiligen Städten geschafft, um dort an die Mo- scheen und Truppen vertheilt oder verkauft zu wer- den. Deßhalb liefert das Gebiet von Käne auch kein Getreide nach Kairo, und zieht in schlechten Jah- ren, dasjenige aus den Nazirschaften Dschiedliche und Schiut an sich. - Auf unserer Rückfahrt verweilten wir in Käne, um uns zu erholen. Wir fanden eine Baumwollen- spinnerei und Zeugfabrik im Gange, und eine zweite im Bau. Aber fast alles Volk, was nicht mit dem arabischen Handel beschäftigt ist, nimmt Theil an der Erzeugung der Bardaken, welche in ganz Ägypten von uraltem und unentbehrlichen Ge- brauche zur Läuterung und Frischung des Trink- waffers sind. Der ärmste Bettler in Ägypten besitzt wenigstens eine solche Bardacke, und sie fehlt auf keiner Tafel vom Sclaven bis zum Vicekönig. Eine Bardacke zu / Maß kostete zwei Para, wovon 40 auf die Piaster gehen; fünfzehn Piaster aber gehen gegenwärtig auf einen spanischen Säulentha- ler. Die Großen und Reichen wechseln die Bardacken mit jedem Tage; der Arme bedient sich der feinigen, 165 bis sie bricht. Dem Reisenden auf dem Nil sind sie unerläßlich, und ich rathe. Jedem sich mit einer guten Zahl davon zu versehen. - In den Magazinen der Kaufleute, die den Han- del mit Arabien in Händen haben, fanden wir Ka- fhemire und indische Stoffe, Kaffeh aus dem Pemen und eine Menge Wohlgerüche, wie sie schon zu den Zeiten der Urväter aus diesem Lande kamen. Auch Balsam und allerlei Waaren aus Aloeholze, was vielleicht eben das wohlriechende Holz Sittim ist, das im zweiten Buche Moyses so oft genannt wird. Die Weise, wie uns der Statthalter Ibrahim Aga empfing, liefert einen Beweis mehr, daß bei diesem Volke, die neue Sitte die alte Tugend nicht verbannt. Sein Boot, eine Pferde, eine Diener- fchaft waren zu unserem Gebote auf den Ausflügen, die wir in die Umgegend machten. Daran waren wir gewohnt. Was uns aber mehr überraschte, war eine ganz europäische Küche- und Tafeleinrichtung zu fin- den. Wir wollten unseren Augen nicht trauen, als wir eines Abends aus den Zelten (denn er wohnte mit seinem ganzen Hausstaate unter Zelten auf einer Wiese) nach einem Wohnhause geführt und von ihm an der Thüre eines Saales empfangen wurden, wo wir einen Tisch, ganz auf europäische Weise, mit Tuch, Servietten, Tellern, Blumen- aufsätzen,"Gläsern und Flaschen u. f. w. gedeckt 166 fanden, ihn aber mit mehreren feiner Officiere auf den Seffeln Platz und an einem trefflichen Male Theil nehmen fahen. Französische Weine standen in Kühlbecken neben uns; es fehlte an Bordeaux und Champagner nicht. Ibrahim und seine Türken thaten uns mäßig Bescheid. Seine Diener waren mit der Art des Auf- und Abtragens, so wie des Zerlegens der Gerichte bekannt. Überhaupt es man- gelte nichts, und wir hätten uns ganz gut einbil- den können, wir wären eine Gesellschaft Freunde, die in irgend einer Stadt Europas, eben vom Mas- kenball kämen. Ibrahim Aga erklärte uns zum Theile das Räthel, indem er uns den Helden des Tages, feinen Koch, vorstellte. Dieser war ein Italiener. Die Scene, fo heiter sie war, artete nicht im ge- ringsten aus. Wir nahmen fiel um fo mehr für eine uns erzeigte Aufmerksamkeit, als Ibrahim selbst gestand, daß er manche europäische Gebräuche kenne und achte, diejenigen seines Landes aber vorziehe. Nach Tische zogen wir wieder nach den Zelten. Der Weg dahin war mit Fackeln erleuchtet. Das Sitzen auf dem Stuhle hatte unseren braven Wirth ermüdet, der sich nun auf einem Divan wohlge- fchehen ließ. Wir nahmen Platz ihm gegenüber. Das Zelt war mit dunkelrothem Sammt aus palliert, an dem lange Goldfransen hingen. Von demselben Stoffe waren die Divans. Den Boden deckte ein 167 Teppich aus Smyrna. Silberne Armleuchter mit Spiegeln waren an den Wänden; andere standen auf niederen, runden Tischen in den Ecken. Während wir plauderten, Kaffeh nahmen und schmauchten, erhob sich Musik und bald erschienen einige Tänzerinnen, die sich erst tief verneigten, dann bis an den Eingang des Zeltes zurückgingen, und dort niederhockerten. Sie fangen, abwechselnd mit einem blinden Manne, mehrere Lieder, meist in Molltönen, klagend, weich. Es waren Lieder der Liebe, des Abschiedes, des Lobes auf Blumen, Dich- tungen, zart wie Frühlingsblüthen, wie der Hauch auf Früchten. Dann warfen sie ihre Oberkleider ab, und tanzten mit mehr Anstand, es ist wahr, als sie vor dem Volke zu tanzen pflegen, und nicht ohne Leichtigkeit und Anmuth in den Bewegungen, aber doch denselben Tanz voll leidenschaftlicher, gewalt- famer Verzerrungen, den die Sinnlichkeit allein erfunden zu haben scheint, so wie sie allein ihn zu würdigen weiß. Diese Tänze und Lieder, im Grunde fo widersprechend die einen den anderen, wechsel- ten bis tief in die Nacht. Das linke Ufer ist hoch und da die alten Canäle verstopft sind, so steigt der Nil selten bis über das Feld von Dendera. Das libysche Gebirge tritt, ober diesem Orte, bis auf eine halbe Stunde Entfer- nung an den Nil, zum ersten Male in solche Nähe I68 auf der ganzen Strecke von Kairo bis dahin. Es ist hoch und zeigt kräftige Umriffe. Auch das ara- bische gewinnt hinter Käne an Ausdruck. Es läßt vor sich eine schöne, mit Orten besäete Ebene. An Käne ist eine Insel, welche den Ort El-Hamatat trägt. Bei Abnud sind zwei andere bebaute Inseln. Von dort aus erblickt man die Berge von Theben. Die alte Koptos, jetzt Keft, bleibt eine Vier- telstunde östlich vom Dorfe El-Barut. Man sieht die Schlucht im arabischen Gebirge, durch welche die Straße von Koffer niedersteigt. Durch dieselbe Ebene , über dieselbe Einfattlung lief die große Handelstraße von Koptos nach Berenike, welche Ptolemäus Philadelphus anlegte, und die sich von jener nach Koffer beim Brunnen El-Kittah fähied. Kuß, einst die kleine Stadt des Apollo, steht vom Nil nicht weiter als Koptos ab. Ein einziger Mi- naret hebt sich darin. Nach diesem Orte zieht ein breiter Canal und bewäffert die schöne Ebene. Wo der Nil sich nach NON wendet, ist die letzte der drei bösen Stellen. Die Menge von Untiefen ma- chen die Fahrt langsam, und bei manchem Winde gefährlich. Es dunkelte schon, als wir uns dem Gebiete der hundertthorigen Theba näherten. Schweigen der Wüste, des Todes, lag darüber, Schweigen und Nacht. Wir selbst wurden stille, als beträten wir 169 heiligen Boden. In solchen Augenblicken ist der Wandel des Lebens und der Zeit näher an das Au- ge gerückt. Die Geschichte selbst wird enge, wo man ihre Grenzen sieht. Der Abgrund, in den die Ver- gangenheit, im Verhältniß als die Zeit vorrückt, versinkt, ist gleichsam aufgethan und man steht an defen Pforte. Schon zu den Zeiten Herodot"s wußte man mit den Gründern von Thebä und mit ihren König geschlechtern nichts mehr zu machen, als sie unter die Götter zu versetzen, denn alle Ge- schichte endet in Mythe. Wir würden Thebä selbst eine Fabel nennen, sprächen die Monumente nicht. Welch Kommen und Gehen von Völkern und Ge- schlechtern, welche Verbreitung und Verzweigung von Ereigniffen war nicht nothwendig seit Jahrtau- fenden, damit am heutigen Tage, Söhne des wü- ten Arabiens drei Neugierige aus Paris, vom Rhein und von den Alpen der Steiermark, in derselben Barke vereint, in dein Gebiet, hundertthorige Thebä, einführen konnten! - O r t e. Recht es Ufer. Linke s Ufer. El-Harb. För, El-Affatieh. Balaff. - El-Sorrafa. Nasleh- el-Balaff. Abnud, Thuu. Prok efch: Ägypten I. 15 I7) (El - (Genenne, Schech - Ali. El-Bafut. - Hattara. Keft. - Kom-el-Schech - Ali. Mohammedie. Kom - Ibd. Nasleh- el-Mohammedie. Nagada. Kuff. Menfieh. El-Helle. El-Harafat. Karagös. El-Affa sieh. El-Affiff. Karmula. 20. Jänner. Wir erneuerten am Abende unsere Abrede, durch Nichts uns abhalten zu laffen, die Reise bis an die Katarakten fortzusetzen, und erst auf dem Rückwege die Monumente zu besuchen. So gewaffnet, traten wir am Morgen ans linke Ufer, da eben der Wind die Barke nur langsam vorwärts bewegte. Sobald wir einen Vorsprung des libyschen Gebirges, der fast bis an den Nil vorgreift, erreicht hatten, und nun der Strom aus SW fließt, ent- deckten wir zwei Obelisken aus einem Palmenwalde sich heben, hohe Mauern, dann hohe Pforten und Pilonen; es war Karnak. Bald darauf zeigten sich auch die Obelisken und Ruinen von Luxor. Wir hatten die Wüste zur Rechten, ganz nahe; der Boden, worüber wir schritten, war unbebautes, mit Dornengebüsch bewachsenes Land. So wie wir die Wüste selbst erreichten, bemerkten wir Katakom- ben. Wir krochen in mehrere derselben. Alle waren vor Kurzem bewohnt gewesen, oder noch bewohnt, 17 I _ und zu unserem gegenseitigen Erstaunen fanden wir Leute darin. Diese Troglodyten gehörten einem Stamme arabischer Hirten an, der sich vor ein paar Jahren gegen den Vicekönig aufgelehnt und alle Schrecken der Gewalt erfahren hatte. Das ganze Gebirge war mit Katakomben durchzogen. Wir stan- den auf der Nekropolis von Theben, und hatten zur Rechten das Felsenthal Bab-el-Melek, die Grä- ber der Könige. - - Auf die Hügel dieser untersten Katakomben tre- tend, entdeckten wir plötzlich, mitten in weit aus- gedehnter Ebene am linken Ufer, die beiden fitzen- den Koloffe. Wir riefen laut auf vor Überra- schung! – Dann ritten wir auf ein Palmenwäld- chen los, woraus ein Tempel emporstieg, Kurnu. Wir konnten uns nicht satt sehen an diesem mäch- tigen, klaren Bau, – an dem Reichthum der Aus- führung und der erstaunenswerthen Gleichheit in Bearbeitung der Hieroglyphen und Figuren. Wir riffen uns nur mit Mühe los und folgten einigen Arabern, die wir im Tempel grabend gefunden hat- ten, nach der Behausung eines Griechen, der, in Auftrag des englischen Generalconsuls Salt, nach Theben gesendet war, um Nachgrabungen vorneh- men zu laffen. Wir hatten Briefe an ihn und er sollte uns als Glied der Kette dienen, durch die wir mit Kairo in Verbindung bleiben wollten. Er 15 * -172 wohnte oberhalb dem Memnonium in einem Hause, aus alten Blöcken und Ziegeln in der Eile zusam- mengeklebt; bemalte Deckel von Mumiensärgen dienten zu Thüren, der Hof schien ein Schlachtfeld, denn er war mit Gebeinen von Mumien bedeckt, alle Theile des Hauses waren voll der Ausbeute fei- nes Handwerks, das mich durch die Art, wie ich es getrieben fah, unangenehm berührte. Der Grieche, Athanasio, empfing uns freundlich, und ging in unsere Wünsche ein. Er wies uns seine Schätze, eine Menge Idole, – Scarabäen, – alabasterne Va- sen, – Halschnüre aus filbernen Muscheln, in Gold gefügt, – andere aus Kugeln, wovon wir die Materie nicht kannten, – einige Papyrus, – Waffen, und zwar Wurfpfeile 6 Fuß lang aus sehr festem Holze, – Beile, darunter eines , defen Handgriff, 2. Fuß lang, aus Silber, die Schneide, 10 Zoll breit, aus Erz, halbmondförmig gearbei- tet war, – ein wunderschönes Stück! – einen Dolch, gleichfalls aus Erz, 5 Zoll lang und oben einen Zoll breit, mit breitem Handgriff aus Sil- ber, u. f. w.; auch mehrere Stücke Leinwand, viele Ellen lang und am Ende gefranzt. Alle diese Dinge hatte er in Gräbern gefunden. Am Gestade von Kurnu, wo unsere Barke war- tete, sahen wir Gesellschaft. Eine zweite Barke war da angebunden, ein Zelt aufgeschlagen, einige Eu- 173 - ropäer mit Strohhüten, traten uns daraus ent- gegen. Es waren englische Reisende, die aus In- dien kamen. Sie hatten Bombey vor 33 Tagen ver- laffen. Wir eilten uns einzuschiffen. Noch schoß ich ein paar kleine Vögel, die ich zum ersten Male hier, höher hinauf aber häufig, gesehen habe. Ein Dritter, der ganz gelb wie ein Kanarienvogel, aber größer, war, entkam mir. Von den beiden Anderen war der Eine fchwarz und weiß, schwarz nämlich die Flügel, der Rücken, der Hals, der Untertheil des Kopfes bis zu den Augen, der Schnabel, der obere Theil der Brust, die Füße; weiß der obere Theil des Kopfes, der untere der Brust, der Leib, der Schwanz. Die Araber nannten diesen Vogel, der die Größe eines Sperlings hatte, Asfur-Dschebel, den Berg- oder Wüstenvogel. – Der Andere hatte dieselbe Größe. Rücken, Obertheil des Kopfes und Brust waren lichtbraun, das am Schwanz und Leib ins Weiße überging. Der Schwanz und die Enden der Flügel spielten schwarzbraun. Der untere Theil des Kopfes hatte schwarze Federchen, die an den Spitzen in Licht- braun endeten. Die Araber nannten ihn Emier. Man brachte uns auch ein junges Krokodil, nicht über 4 Fuß lang, und bot es uns zu ein paar Pia- ster an. Der Preis war billig, aber der Gegenstand lockte uns wenig. - 174 Wir fuhren vorüber an den Ruinen von Luxor, denen an malerischer Wirkung vielleicht keine auf Erden gleichen. Sie schienen mir Königspaläste in Trümmern, auf denen sich Bettler angesiedelt haben. Die mächtigen Pilonen, die schlanken Obelisken, die Säulengänge glänzten im Strahle der Nachmit- tagssonne und schnitten sich mit wunderbarer Rein- heit am klaren Himmel aus. Hütten von Schlamm find zu unterst daran geklebt, – Taubenschläge ste- hen hie und da auf dem Gebälke des Tempels. Wir fuhren vorüber, rasch wie die Zeit, wie Geschlechter und Völker, und sahen sie unverrückt stehen im Glanze des Abends. Wir legten bei Hermontis an, das heut zu Tage Erment genannt wird. O r t e. R echtes Ufer. Infe l. Linkes Ufer. ------- - - - - Saida. - Kurnu. El- Senieh. -a- -m- Karnak. – - Luxor. - - Abul - Hagjad. El - Agalte. Baarad. Bejadieh. - Nasleh-el-Erment. - - Erment. 21. Jänner. Hermontis gegenüber liegt eine angenehme Insel; eine größere, zwei Stunden auf I75 wärts, welche den Namen Reigat trägt. Das rechte Ufer ist seit Theben bebauter als das linke. Die Dorfchaften haben ein besseres Ansehen, als in der Gegend von Käne. Halbwegs von Hermontis nach Esne, kommt man an die beiden Berge Dschebelin, wo der Nil so eingeklemmt wird, als habe die Na- tur hier die Südgrenze der Thebais angeben wollen. Zur Linken ist es das arabische Gebirge, das hart an den Strom tritt; zur Rechten ein freistehender Hügelzug, der mit einer Felswand das linke Ufer begleitet. Auf diesen Hügeln sowohl als auf der un- teren Felsenmaße sind Reste schwerer Mauern aus ungebrannten Ziegeln, die durch Feuer zerstört schei- nen. Zwischen den Klüften sind einige Hütten; auch die Höhlen und Gräber dieser Hügel sind bewohnt. Auf der Spitze aber steht das Grab eines Heiligen. Die französischen Gelehrten suchen an dieser Stelle Krokodilopolis. Vielleicht stand Asphynis hier, wo- hin die Notitia Imperii eine Reiterschar zur Be- fatzung legt. D'Anville glaubt diesen Ort im heutigen Dorfe Asfun gefunden zu haben. Die Namenähn- lichkeit spricht für seine Meinung. Es sind aber keine Ruinen dort. Da uns der Wind begünstigte, so kamen wir bald nach Mittag in die Nähe von Esne. Da er- blickten wir einen Greis im Waffer, von der Strö- mung ergriffen und weggeführt. Wir warfen ihm 176 ein Seil zu, das zu erfaffen er aber nicht mehr im Stande war. Vergeblich schrieen wir unseren Schiff- leuten zu, die Barke zu wenden, – vergeblich ver- sprachen wir Geld; Bann schien auf unseren Leu- ten zu liegen und Keiner regte sich. Einstweilen war der Unglückliche schon einige hundert Schritte weiter hinabgetragen. Was soll dieß unbegreifliche Starren, wo es sich um das Leben eines Menschen gilt, riefen wir, und riffen selbst die Barke herum, warfen auch ein Bret ins Waffer – da befahl der Reis, mit ruhiger Stimme, zweien feiner Leute, um uns zu beruhigen, dem Spuk zu folgen. Die Leute sprangen ins Waffer, und, kecke Schwimmer wie sie Alle sind, sahen wir sie bald den Greis er- reichen, der von Zeit zu Zeit den Kopf oder eine Hand emporstreckte. Einstweilen kam eine Barke den Nil herauf – aber fie, kaum gesehen um was es sich handelte, wich sie aus und versagte jede Bei- hülfe. Lange bemühten sich unsere beiden Schwim- mer, so daß wir schon Angst um sie fühlten – aber der Greis zeigte sich nicht mehr, und sie kamen end- lich unverrichteter Dinge zurück. Diesen Augenblick nahm der Reis, ein Muster von Ruhe, Milde und Redlichkeit, und defen Benehmen uns eben deshalb so unbegreiflich schien, um uns zu sagen: »Unser guter Wille fey in der Irre, was wir für einen Menschen hielten, fey der leidige Teufel. Er und p77 jeder Schiffer auf dem Nil wife, daß dieser zu Zei- ten gerade in der Gestalt sich zeige, wie wir ihn heute gesehen.» Er ließ sodann die beiden Schwim- mer vortreten und diese, wie vom Schauder gefaßt, erzählten: sie hätten es klar gesehen, dieser Greis liefe in einen langen Schwanz aus; er wäre jedes- mal ausgewichen, so oft sie ihn anfaffen wollten – und als sie ihn doch einmal am Arme erwischten, fo hätte er geheult und wäre in die Tiefe gefah- ren.« – So wurde Aberglauben ein Hinderniß, ein Menschenleben zu retten! – Die Leute der anderen Barke hatten Mitleid mit unserer Unwiffenheit und gaben uns eine an- dere Erklärung. Sie behaupteten, es wohne nicht ferne von Esne ein Zauberer, zu dem häufig die Weiber, welche mit ihren Männern unzufrieden sind, Zuflucht nähmen. Der Zauberer verwandle auf be- liebige Zeit den Mann in ein Flußwesen, halb Mensch, halb Fisch, und zwinge es, sich von Fi- fchen zu nähren, wie andere Fische thun. Glaubt das Weib ihren Mann bestraft genug, so kauft sie den Gegenzauber, und alsogleich wird das Flußwe- fen wieder, was es vordem war. Diese Zauber bestehen in beschriebenen Zettel- chen, welche in Amuleten getragen werden. Es gibt wenige Araber, die sich nicht irgend eines angeschafft haben. »- 178 So wie man die Sandzunge am linken Ufer vor Esne umfährt, erblickt man auf dem rechten die Trümmer des Tempels von Contra-Latopolis. Esne selbst steht hart am Nil, hat nur einen Mi- naret, aber mehrere Moscheen, ist ziemlich ausge- dehnt, der Hauptort der südlichsten Nazirschaft von Ägypten , und die Niederlage für alle Lieferungen der nubischen Provinzen. Dort steht eine der schön- ften Ruinen, im ägyptischen Style, wenn auch nicht aus Pharaonenzeit, wie die französischen Gelehrten und die ihnen nachsprachen, meinten. Davon ein andermal. O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. Salamieh. Sifahr. El-Sagab. Isbehr. Schech - Ismail. Schech - Achut. - Tör. Nasleh - el- Dschebelin. El - Helle, Matanne. Nasleh - el - Genann. Nasleh-el-Daphnis. Nasleh - el- Asfun. Asfun. Nasleh - el-Scheich-Mohammed. Nasleh-el-Kaffer - Hetta-Esne. 22. Jänner. Als es tagte, fanden wir uns der Pyramide gegenüber, der füdlichsten in Ägypten, 179 welche am linken Ufer zwischen den Dörfern Maleh und Psaliha, am Rande der Wüste, auf eine halbe Stunde Entfernung vom Nil steht. Diese Pyramide aus Werkstücken mit Mörtelfügung, auf etwas er- höhtem Grunde der Wüste angelegt, scheint Stufen wie diejenige von Meidun gehabt zu haben, ist aber fehr verstümmelt. Nur zwei dieser Stufen sind er- kenntlich. Die Parallele der Grundlinie, 3“ hoch über dem Sandgrunde, maß 56/6“; das Apothem 46/ 6“. Nahe an der Pyramide lagen Wüstenkiesel von 40 bis 50 Zoll Durchmeffer und von äußerst schönen Scherzen und Farbenspielen. Durch die Dörfer Psaliha, Bardak, Zaudiee, Bajad und Grebiee eilten wir unserer Barke nach, die den Ruinen von Eilethyia gegenüber angelegt hatte. – Das arabische Gebirge tritt im weiten Bo- gen zurück und läßt eine Sandebene vor sich, die eine Stunde Länge und eben so viele Breite haben mag. Das Ufer zieht wie eine Sehne durch diesen Bogen. In der Mitte der Sehne erhebt sich ein Hü- gel. Da ist Eilethyia, oder vielmehr, da war sie. Im Hintergrunde der Ebene liegt das arme Dorf El-Lal, das kaum ein Dutzend Palmenbäume und am Ufer einen Streifen bebauten Bodens, kaum einige Schritte breit, hat. Wir kamen an den Inseln Fowafieh und Do- mariee, so wie am Gebirge El-Sarat, am rechten 180 Ufer, und nach zwei Stunden Fahrt an Edfa vor- über, einem Städtchen, aus dem sich riesig die Pi- lonen, das Thor und die Mauern eines der größten Tempel Ägyptens erheben. Da stand die Stadt des Horus, Apollinopolis magna. – Die Ebene an linken Ufer ist breit und trefflich bebaut; die am rechten Wüste. - O r t e. Recht es Ufer. " Linkes Ufer. Nasleh-el- Dschelabieh. " El-Nemmefe. Scharone. Kamen. El- Lal. Tora. Kil - Niffar. Basalie. El - Behehre. El - Mawasat. Fowafieh. El- Saiide. - El-Affauwieh. Gilha - dschebel. Gadjuth. Edfu. El - Dom. Nachleh. Ramadieh. Nasleh- el - Ramadieh. 23. Jänner. Auch Ramadieh hat eine gut be- baute Insel, die nach diesem Dorfe benannt wird; ebenfo Hajangiee. So wie man sich dem Dschebel- Selfeleh nähert, werden die Ufer schmäler. Die Hü- gel am linken Ufer, niedrig und aus durchwühltem, in viele und große Maffen gebrochenen Sandstein, begleiten den Nil, da noch diejenigen des rechten sich 181 auf eine Viertelstunde Entfernung halten. Kommt man an eine Klippe im Nil, dann hat man auch diese nahe am Ufer und ist an der oben benannten Stelle. Die Ortschaften am rechten Ufergebirge gleichen ge- thürmten Burgen. Ringsum ist Öde und kaum eine Spur von Anbau. Die Farbe der Landschaft ist nicht die lichte der Wüste, sondern ein bräunliches Grau. Seit Dschiedliche haben wir jeden Tag Krokodile gesehen. Die schienen uns größer, je höher wir den Nil hinauf kamen. An der Klippe unter Dschebel- Selfeleh – und auf einer flachen Sandspitze ober- halb diesem Paffe, lagen sie in großer Menge und in abenteuerlichen Stellungen des Leibes. Sie hat ten wenige Scheu vor uns. Sie gingen zwar, aber langsam, hielten die Köpfe über dem Waffer und krochen alsogleich wieder in den Schlamm, sobald wir vorüber waren. Der Paß von Dschebel-Seleleh ist eine Strecke von der Länge einer Viertelstunde, in welcher der Nil auf etwa 300 Schritte Breite zusammengedrängt erschien. Die Strömung war heftig, so daß wir ihrer nur mit gutem Winde Meister werden konn- ten. Die alte Sage, daß hier der Nil mit Ketten ge- sperrt worden sey, ist noch im Munde der Fahr- leute. 182 In den Felswänden an beiden Ufern sind viele Gräber und Steinbrüche aus ältester Zeit. Auf dem linken Ufer insbesondere sind einige Male, die ich für geschichtliche halte, und die mir, als solche, unter die merkwürdigsten zu gehören scheinen, welche Ägypten aufweiset. Ich werde später darauf zurück- kommen. Hart am Ufer steht auch ein senkrechter Felsblock etwa 30“ hoch, mit einem natürlichen Dache versehen, auf diesen Block aber das Grab ei- nes arabischen Heiligen. Der Mann muß das Selt- fame geliebt haben. Auf dem rechten Ufer bemerkte ich den Rumpf eines Sphinx. Ist man durch den Paß, fo fieht man die Ge- birge zu beiden Seiten sich öffnen. Man hat bebau- tes, von niederen Hügeln eingefangenes Land vor sich, und der Gesichtkreis nimmt wieder die Farbe der Wüste, die von Zeit zu Zeit bis an den Nil herabsteigt und diesem ihr Gelb aufdringt. So ist das Land bis Kom-Ombos, dessen herrlicher Tem- pel, weitherrschend auf der Höhe des rechten Ufers, schon aus weiter Ferne unsere Blicke auf sich zog. Schöner gelegen als diese Ruine ist keine längs dem ganzen Laufe des Nil, aber der Strom scheint fie zu fuchen, um sie zu zerstören. Richtig bemerkt die französische Karte ober der Insel Mansurieh eine kleinere Insel, aber die Hauptmaffe des Was- fers drängt sich jetzt nicht mehr im Osten, sondern 183 im Westen dieser Insel vorbei, hat einen Theilder- selben weggenommen, und fällt, ohne Wehre, ge- rade auf den Hügel von Ombos. Dieser Hügel ist von der Spitze bis tief unter den Wafferspiegel mit eingestürzten Trümmern be- deckt, voll der herrlichsten Bilder und lebendigsten Farben. Zwei Drittheile eines Tempels der Isis liegen so in gelösten Maffen da, das dritte hängt über dem Abgrunde und wird in wenigen Jahren nicht mehr feyn. Ober Kom-Ombos liegt der große Ort Deraui von herrlichem Grün umgeben, wie eine Oase, denn ringsum ist Wüste. Es zieht ein Canal von Ombos dahin, und es werden auch ein paar Brun- nen zur Bewäfferung benützt. Deraui ist die Ein- bruch- und Zollstation für die Karawanen aus den Ländern der Schwarzen, die nicht tiefer unten bei Esne oder Schiut aus der Wüste brechen. Seit Dschebel-Selfeleh, ja seit Esne fahen wir wenig an- deres Volk, als Nubier, die sowohl an Farbe, als Zeichnung, vom arabischen Bewohner Ägyptens un- terschieden sind. Längs dem Ufer fanden wir jetzt häufig Schilfbündel aufgerichtet, welche die landes- übliche Fähre ausmachen, um von einem Ufer auf's andere zu setzen. Jeder Bündel besteht aus drei Würsten, 8 Fuß lang und unten - Fuß dick, so daß die ganze Breite desselben zwischen 3 und 4 Fuß 134 ausmacht. Diesen Bündel nimmt der Landmann zwischen die Beine; zum Ruder dienen ihm Stäbe oder wohl auch seine Hände, und so reitet er über den Strom. Weiber und Kinder fürchten dabei nicht wenig die Krokodille. Auch die Fahrzeuge sind verschieden von denen unterhalb Esne, und zwar bedienen sich die Leute hier der Nachen aus einfachen Bretern von Syko- moren und Suntbäumen. Die Insel Munsurieh, oberhalb Ombos, zeich- net sich durch Anbau und Reichthum an Palmen aus. Eine andere schöne Insel liegt etwas höher; fie gehört zu Deraui. Wir sahen mehrere Neger darauf, deren eine bedeutende Zahl zu Deraui an- fäßig ist. O r t e. Recht es Ufer Lines ufer. Hajangiee. Hamamm. Siloa. Phariff. Esbekieh. El - Rasras. Fareff. Bin ban. Fatire. El- Sabhait. Dschilitt. El - Ragaba. El-Ädue. Kom - Ombos. Sad - el - Kom Ombos. Deraui. - Schech Ibrahim. El-Duwefe. - 185 24. Jänner. Schon ragen hie und da Klip- pen aus dem Nil, und machen die Fahrt gefähr- lich. Das Land ist schmal, die Dörfer sind arm. Wohl sieht man noch Dattelwäldchen und Pal- men, aber in geringer Ausdehnung und Zahl. Wo irgend ein Thal sich öffnet, stehen Bewäfferungs- maschinen am hohen Ufer, Räder mit Töpfen am Stricke, durch Ochsen getrieben. Auf der Deichsel sitzt gewöhnlich ein Kind und muntert die Thiere auf. Die Sache sieht malerisch aus, um so mehr als, nach der Flußseite, um den Thieren den Ab- grund zu verbergen, Bäume (meist Sunt) zu stehen pflegen. Auf den Hügeln sind hie und da Steine in die Runde gelegt, was einen Herd anzeigt, auch Steinaufwürfe, hinter denen die Neger die Felder hüten. Die Ufer waren mit Ricino bedeckt. Kubanieh ist ein weitläufiger Ort; d. h. Häu- fergruppen, über eine lange Strecke vertheilt, tra- gen diesen gemeinschaftlichen Namen. Affuan zeigt sich bald darauf, und von dieser Stelle wird das Land wieder schöner. Das arabische Gebirge läßt dem Ufer eine Viertelstunde Breite, und schließt mit einer schwarzen Wand den Gesichtkreis im Süden, Palmen, Datteln und Sunt ziehen am Abhange hin, und bilden freundliche Gruppen in der ab- wechselnd mit Sand und mit Grün bedeckten Ebene. Das libysche Gebirge streckt sich mit sanften Hügeln 16 186 bis in den Nil; deren Farbe ist hohes Rothgelb, In wagrechten Schichten bricht der schwarze Sand- stein durch diese warme, makellose Färbung. Auf dem obersten dieser Hügel ist eine Warte errichtet, Kobbet-el-Hauwa, Affuan gegenüber, und wie dieses selbst, voll malerischer Wirkung im Bilde. Die Landschaft erhält durch die Inseln Schech- Amram und Schedia, welche die baumbepflanzten Ufer verbinden, und den Strom, für das Auge, in einen See umwandeln, vielen Reiz. Das An- ziehende dieser einfachen Bilder, im breiten Rah- men der Wüste, – bei dieser klaren durchschimmern- den Luft, bei diesem Himmel, bei dieser Stille, bei dieser Ferne von Freunden und Vaterland, wirkt mächtig und, wenn nicht erheiternd, doch angenehm auf die Seele. - Schedia ist mit einem Luftgebäude des Kriegs- ministers, Mohammed-Laz, geziert, wozu leider Elephantine die Bausteine gab. Diese berühmte Insel hat man vor sich, sobald man Schedia zur Linken läßt. Sie kündigt sich als ein Wald von Dattelpalmen an, aus defen Schatten ein breites, neues Gebäude hervorschaut. Granitklippen schlie- ßen scheinbar den Nil zu beiden Seiten derselben. Die Hügel der Wüste schauen darüber herein. Rechts ragt Kobbet-el-Hauwa empor, mit Trümmern ei- nes arabischen Schloffes auf defen Felswänden; 187 links baut sich Affuan längs einer sanften Höhe hinauf. Den nahen Hintergrund bildet das dunkle Gebirge, welches Ägypten von Nubien fondert, das Gebirge der Katarakten. Wir waren am Ziele (so dachten wir damals), und betraten mit Freude das Ufer von Affuan. O r t e. Recht es Ufer. Linkes Ufer. El- Hellahiff. El - Rehefieh. El-Hanak. Kubauieh. El-Agaba. Befiunn. Nasleh - el-Agaba. Dschedidd. Wodhafim. Garb- Affuan. Hatara. - Schedia. Kakarok. Affuan, 16 * D. heutige Syene ist ein Städtchen, zur Nazirschaft von Esne gehörig, und der Sitz eines Kascheffs, dem das Land bis Wuadi-Halfo, d. i. bis zu den großen Katarakten unterworfen ist. Es gewinnt an Leben und Bedeutung, durch eine Lage an den unteren Katarakten, welche es für die Trans- porte auf dem Nil zur Aus- und Einladungstation macht. Seit die Truppen des Vicekönigs ins In- nere von Afrika drangen, und dort ein Theil der- selben zur Besatzung liegt, sind diese Transporte häufiger, und dieß veranlaßt mehr Leben am Ge- fade von Affuan, als in vielen größern Städten am Nil. Wir fanden einige dreißig Fahrzeuge, welche aus - oder einluden, und mehrere Karawanen zwi- fchen Affuan und Meffid, was der Hafen oberhalb den Katarakten ist, fortwährend im Gange. Der Kascheff Jacub war ein einfacher, etwas finsterer Mann, ein gemeiner Türke. Er schien arm, aber ohne Wünsche. Uns ließ er schalten und walten, wie wir eben wollten, bat uns jedoch auf 189 einen Abend zu sich, um uns mit Kaffeh und Pfeife, Musik und Tänzerinnen zu beehren. - Im Südwest der damaligen Stadt stehen die ausgedehnten, und aus der Ferne sehr maleri- fchen Ruinen der arabifchen Sylene (Alt-A- fuan, oder Suan). Zwei Hügel und das Thal zwischen Beiden sind mit diesen Ruinen bedeckt. Der erste trug das Schloß, defen Mauern noch stehen. Mehrere Moscheen sind noch fast ganz erhalten, aber verlaffen, und Menschen und Thieren Preis gegeben. Die Verbreitung dieser Ruinen, und die- jenige der Gräber im Osten derselben, beweisen, daß Affuan unter den Arabern eine stark bevölkerte Stadt war. Dieß erklärt die Verwüstungen, die fie über ganz Nubien brachten, indem sie aus Affuan, wie aus ihrem befestigten Lager, dieß Land überrannten. Alt-Affuan ist nicht nach und nach zer- stört oder verlaffen, sondern wahrscheinlich, bei der Eroberung des Landes durch die Türken, mit dem Säbel in der Hand erobert und zu Grunde ge- richtet worden. Spuren von Gewalt und Feuer find an den meisten Gebäuden, selbst an den Mo- fcheen sichtbar, nur die Gräber blieben verschont, und zeugen noch mit ihren Domen und zierlichen Aufschriften für die Herrschaft der Sarazenen. Auf dem zweiten Hügel hinter Alt-Affuan, der den ersten, so wie dieser die heutige Stadt über- 190 ragt, stehen ein paar Moscheen und eine schönge- baute Warte, aus neuester Zeit, rund, auf ein Viereck gestellt und kegelförmig zulaufend. Sie ist 38 Stufen hoch, die Stufe zu 10 Zoll. Von ih- rer Höhe überblickt man die Granit gebirge weithin nach Osten, sieht den Lauf des Nil durch die Klip- pen von Elephantine bis Hadschar-Abdog, eine Stelle am Ende der Katarakten, die Spuren der römischen Straße von Syene nach Philä, bis wo sie unter einem Winkel bricht, auf dem linken Ufer das seit Jahrhunderten verlaffene Cenobiten-Klo- ster, wovon Denon und Pokock sprachen, hoch über einer Schlucht der Wüste. Viele Bergspitzen rings- um sind mit Warten gekrönt. Diese Stelle ist die geeignete, um mit. Einem Blicke in der Landschaft sich auszufinden. In der Sandebene im Osten der heutigen Stadt, auf eine Viertelstunde Weges entlegen, steht ein großer Bau, einförmig, wie die Wüste, die ihn umgibt. Es ist die Kaserne, welche der Vicekönig vor einigen Jahren bauen ließ, als ihm der Ge- danke in den Kopf kam, sich Regimenter aus Schwar- zen zu bilden, ein Gedanke, welcher einer der Haupt- gründe zum Zuge ins Innere von Afrika war. Diese Kaserne ist ein Viereck, zu 1500 Wiener Fuß jede Seite; zwei Reihen Gemächer, durch einen Gang geschieden, umfangen einen geräumigen Hof. In 19 der Mitte jeder Seite ist ein Thor, und darüber ein Saal mit Nebengemächern für die höhern Off- aiere. Jede Seite enthält 64 Zimmer und neben je- dem Zimmer ist eine Küche angebracht. Die ganze Kaserne hat 268 Zimmer, wovon 164 zu vier Fen- fern, und überhaupt 532 Gemächer. Sie ist aus Stein und ungebrannten Ziegeln; jeder Ort, bis Dschirdsche hinab mußte fünfzig Arbeiter liefern, als sie gebaut wurde; jetzt steht sie verlaffen. Die römische Syene muß an der Stelle von Alt - Affuan gestanden haben. Seit ältester Zeit galt sie als unter dem Wendezirkel des Kreb- fes liegend, und sie lag auch unter demselben, etwa 2700 Jahre vor Christi. Damals war der Wende- kreis 24" 5/ 23“; das aber ist die geographische Breite von Syene. Man kannte die Verminderung der Schiefe der Ekliptik nicht, und fuhr fort, bis in unsere Tage, Syene auf einer Stelle zu sehen, die es nicht mehr einnahm. - Die Reste aus römischer Zeit sind nicht zahl- reich. Am oberen Ende der heutigen Stadt greift ein römischer Bau in den Nil vor, der zugleich Be- festigung, Damm und Unterbau für Thermen ge- wesen zu feyn scheint. Er ist aus gebrannten Zie- geln und Steinen, unter denen man Blöcke mit Hieroglyphen bedeckt sieht, welche der ägyptischen Syene angehört haben dürften, und als Bausteine 192 in der römischen verwendet wurden. Die Maffe des Baues ruht auf einer Klippe und lehnt sich ans Ufer. Nach 320 Wiener Fuß, auf diesem 20 Fuß breitem Damme zurückgelegt, steigt man eine Stiege hinab, die 11“ 3“ Länge hat, und kommt in einen schmalen, verschlemmten Gang, 36“ lang. An der Stiege steht eine schlechte Säule, mit einer Platte als Knauf. In der Mauer zur Linken sind zwei rechteckige Nischen, zur Rechten aber drei Wölbun- gen, die nach Norden in den Nil sich öffnen. Die erste steht 18/ 9“ von der Stiege ab, ist 7“ breit und 10“ lang, und hat Nischen in der Wand. Das zweite ist von denselben Maßen, das dritte endet als Ruine im Nil. Geht man längs dem Ufer aufwärts, so trifft man, im Thale zwischen Neu- und Alt-Affuan, die Ruinen eines Tempels, fast verschüttet, von gerin- ger Ausdehnung, und der, obwohl im ägyptischen Style, wie ich glaube, aus römischer Zeit ist. Wir werden später Gelegenheit haben zu sehen, daß Griechen und Römer als Herren im Lande im Bau der Tempel den alten Styl beibehielten, welcher auch der Religion der Ägypter der vorzugweife zu- stimmende war. Zwei Gemächer sind in diesem Tem- pelchen sichtbar, und der Eingang zu einem dritten, bis an das Supercilium, versandet. Die Wandflä- chen im Innern der Gemächer sind nicht mit Hiero- 193 glyphen verziert, was beweiset, daß er, wie die meisten römischen Bauten in diesem Lande, nicht fertig geworden ist. In der nördlichen Seitenwand des ersten Gemaches ist ein Fenster angebracht; ein anderes in der Mitte der Decke, was ich in keinem Tempel aus der Zeit der Pharaonen und Ptole- mäer fah. Unter den Hieroglyphen an den Außen- feiten fah ich wohl mehrere Ringe, aber so abge- nützt oder verstümmelt, daß ich die Zeichen nicht mit Sicherheit erkennen konnte. Doch schienen sie mir die Worte Autokrator Nero zu enthalten. Die dreieckigen Pfeiler, wovon Pokock spricht, und ei- nige Granitsäulen, liegen nahe vor diesem Tempel, da wo jetzt Palmen die Niederung ausfüllen. Syene hatte, nach Strabo, drei Cohorten Be- fatzung. Dahin war Juvenal, mit dem Titel des Grenzstatthalters von Ägypten, von Domitian ver- bannt worden. Von der ägyptischen Syene, jener näm- lich aus der Zeit der Pharaonen, ist jede Spur ver- schwunden. Herodot kennetfie unter diesem Namen, und das ist Alles, was wir von derselben wifen. Prokefch: Ägypten. I. 17 XIV. Die Granit brüche. Das Gebirge, welches Ägypten von Nubien fon- dert, hat an zwei Tagfahrten Tiefe. Es streicht von Ost nach West. Der Strom bricht durch dasselbe. Deffen Gestein ist aber jener rothe Granit, aus welchem die größten Werke der Pharaonen- und Ptolemäer-Zeit erbauet sind, und welchen Herodot den »thebaischen Stein« zu nennen pflegt. Obwohl auf den Inseln der Katarakten, und weiter hinauf im Gebirge, Granit gebrochen wurde, so sind doch die eigentlichen Brüche auf dem rechten Ufer, längs der Katarakten, das ist zwischen Syene und der Insel Philä, und breiten sich über eine Strecke von einer deutschen Meile ins Gevierte aus. Schon zwischen dem ersten und zweiten Hügel von Alt-Affuan, stößt man auf solche Brüche, in denen man manche angefangene Arbeit und am Ufer die Betten in den Felsen gehauen sieht, auf wel- chen die Maffen in den Nil, also auf Fahrzeuge, niedergelaffen wurden. Tritt man in die mit Gra- mitfelsen umfangene hohe Sandfläche in Süd von 195 Affuan, so bemerkt man bald, daß alle die Spitzen, welche wie Klippen aus der See, aus dem Sande ragen, zubehauen sind. Auf vielen sind Hierogly- phen und Bilder eingegraben, wahrscheinlich geschicht- liche Angaben frommer Widmungen und manchmal auch Scherze der Arbeiter. Man hat eine Mauer aus ungebrannten Ziegeln, meist 6“ dick, bald mehr, bald weniger zerstört, zur Rechten; sie diente einer römi- fchen Straße zur Schutzwehr. Das Pflaster dieser Straße, aus Granit, liegt kaum ein paar Fuß tief unter dem Sande und ist an vielen Stellen erhalten. Diese Straße führt nach Philä und mitten durch die Granitbrüche. An einem Felsen, worin ein Bild der Isis und des Osiris gehauen ist, verläßt man fie auf eine kurze Strecke und findet sie am Grabe eines Schechs und an einem wafferlosen Brunnen wieder. Man ist in einer furchtbaren Öde. Gewiß, wer in den paar Erdhütten, die man da gewahrt, geboren, mit den Fischen des Nil und mit den Thie- ren der Wüste genährt worden wäre, ohne diese Thalungen und Strecken der Wüste, die fein Auge erblickt, zu verlaffen, der würde nicht träumen, daß es ein Pflanzenreich auf Erden gebe, und daß ein folches überhaupt zum Ganzen dieser Welt ge- höre. Und dennoch hat diese Landschaft ihre Reize. Es find doch wenigstens drei Hauptfarben darin herr- fchend: das Gelb des Sandes, das glänzende Schwarz 17 * 196 der Felsen, und das Roth derselben an den Stel- len, wo sie vor Jahrtausenden behauen worden sind; Stellen, die also noch zu jung sind, um jene Rinde der Zeit angenommen zu haben. Der Sand spielt fogar hier und da ins Weiße, und im Schwarz und Roth heben sich eine Menge Abstufungen hervor, überhaupt man hat nicht die eine einzige Farbe der Wüste um sich, die durch ihre ungeheure Maffe den Beschauer erdrückt. Wir warfen uns zur Linken in die Granitfelsen, die alle wie Inseln im Meere vereinzelt, unter abenteuerlichen Formen dastehen. Fast alle sind be- hauen und lieferten irgend einen Block, der als ein- facher Baustein, als Götterbild oder Obelisk in ei- nem der Hunderte von Tempeln prangte, womit Ägypten bedeckt war. Die Bilder, die sich in manche Felsen eingegraben finden, stellen meist Opfer vor, dem Ofiris der Isis, oder dem Phre, d. i. dem Sonnengotte gebracht. Unter den Hieroglyphen fand ich keines bekannten Pharaonen Vornamen oder Namen, wohl aber ein Paar unbekannte. An meh- reren Orten ist der Vorgang der Arbeit an halb abgelöfeten Blöcken sichtbar, und sehr verschieden von den ältesten Steinbrüchen, die ich in Asien und Griechenland sah. Um einen Block abzuschlagen, hieben die Ägypter längs dem Umriffe Löcher ein, von 5 bis 6 Zoll lang, 2 %.“ breit und 3 bis 4“ 197 tief, unter sich aber bis 2 Fuß abstehend. War dieß geschehen, so mußte irgend ein gewaltiger Stoß die Maffe ausbrechen. Man sieht die Betten vieler ab- getrennten Maffen, darunter auch die von Obelis- ken. Die Löcherhälften sind wenig abgenützt. Welche Kraft brachte den Stoß hervor? – Darauf weiß ich nicht zu antworten. Überdieß scheinen die Ägyp- ter kein Eisen gekannt zu haben. Wenigstens findet man keine Spur davon. Alle Waffen u. f. w. find von Erz; alle Mumienkästen mit hölzernen Nägeln verbunden. Folgt man der römischen Straße, bis wo fie, 1 / Stunde von Affuan, an einem Fels vorüber kommt, wo das Opfer einer Kuh vor der sitzenden Isis dargestellt ist, so sieht man die schwarzen Gra- mitkogel nach Osten und Westen zurücktreten und Raum für eine Sandebene laffen, die im Hinter- grunde höhere, an Farbe gleich dunkle Felsmaffen zeigt, und wie die Welt eines Zauberers, für die Wirklichkeit fast zu seltsam gestaltet, und für die Täuschung zu bleibend, entdeckt man, auf diesem Hintergrunde ein Gedränge von Pylonen, Säulen- gängen, Mauermaffen sich zeichnen, und mehr und mehr hervortreten. Es ist Philä. Man weiß es, und ist noch erstaunt hierüber, denn man sieht den Nil nicht, und hat ihn überhaupt seit Affuan nicht mehr gesehen. Bald entdeckt man auch ein neueres Gebäude 198 im Vordergrunde, dieser an Feierlichkeit unvergleich- baken Ruinen – man erreicht es in einer Viertel- stunde und sieht den Arm des Nil zwischen tiefen Ufern unter sich, der Philä vom Festlande und von dieser Stelle fondert, welche Bahr genannt wird. Zwischen ihr und der Einfahrt in die Katarakten ragt ein seltsam gestalteter Granitfels empor. Er gleicht dem ersten Umriffe eines Riesenbildes, der rohesten Darstellung eines Götzen der Vorzeit. Hie- roglyphen und Figuren sind darauf eingezeichnet und der Ring der Pfam etliche, zu deren Zeit er die Grenzmarke Ägyptens gegen Äthiopien zu sein scheint. Bei Bahr geben einige Dattelpalmen und ein großer Suntbaum Schatten. Wir legten uns darunter; vor uns die wunderbare, geheimnißvolle, mit finsterem Zauber umgebene Insel – zur Rech- ten die Granitfelsen, bis hochauf mit fast verwitter- ten Bildmalen bedeckt, zur Linken Wüste und Öde. XV. Die Katarakten von Syene. E war auf meiner Rückreise aus Nubien, im Früh- jahre 1827, daß ich mich entschloß, die Katarakten zu befahren. Am Orte Meffid, eine Viertelstunde unter Philä, legte die Barke an. Dieser Ort ist der Erste in Ägypten, am rechten Ufer, zwischen Klip- pen geborgen und von Granitfelsen umragt. Es ist der obere Hafen der Katarakten. Dort wohnet der Reis und alles Schiffvolk, das zur gefährlichen Fahrt verwendet wird. Wir fanden mehrere Barken und vieles Treiben am Ufer. Unser Gepäcke wurde also gleich auf Kamehle geladen und unter dem Geleite unseres Schiffvolkes nach Affuan abgeschickt. Der Wunsch, die Katarakten zu befahren, er- regte Widerspruch. Der Reis erschien, ein stattlicher Mann, wie ein Bey gekleidet und von den Schif- fern wie ein solcher verehrt. Ihm ist Meffid unter- geordnet und er ist gewisser Maßen unabhängig von dem Statthalter von Esne, und so nach von dem Kascheff von Affuan. Die Inseln in den Katarakten zahlen an ihn; alle Fahrzeuge die auf- oder nieder- 200 gehen, haben ein Gewifes an ihn zu entrichten; überhaupt das Amt nährt feinen Mann. Es will aber auch einen solchen, denn so oft Fahrzeuge des Vicekönigs über die Katarakten gehen, ist der Reis gehalten, sie selbst zu führen, und mehr als Einer hat in feinem Dienste fein Leben eingebüßt. Die Bewohner von Meffid sind alle Fahrleute und im Solde des Reis. Sie haben ausschließend das Recht und die Pflicht, die Fahrzeuge für die Strecke der Katarakten zu bemannen. Wenn die eigentliche Mannschaft des Fahrzeuges an Bord bleibt, (was felten geschieht, die meisten ziehen vor, die Kamehle zu begleiten), so hat dieselbe während dieser Fahrt kein Wort. - Sobald uns der Reis der Katarakten fest im Entschluffe fand, so erklärte er, in eigener Person uns führen zu wollen, was wir gerne annahmen. Wir kamen mit ihm über das Geschenk für ihn und feine Leute überein; es betrug 300 Piafter, d. i. 20 spanische Thaler. Nun hieß er uns gutes Mu- thes seyn und uns zum Theile entkleiden, nicht eben aus Vorsicht, sondern um nicht ohne Noth die Klei- der durchnäßt zu haben. Achtzehn Ruderer nahmen die Plätze in der gänzlich ausgeleerten Kandchia; der Reis fetzte sich ans Steuer und wir traten an feine Seite. - 201 - Wir hielten uns NNW, drei Felseninseln zur Rechten, Klippen vor und zwischen denselben, Klip- pen zur Linken. Was mir alsogleich auffiel, war die Aufmerksamkeit, das Schweigen und das Zusam- mengreifen des Rudervolkes und die ruhige Strenge des Reis. Ein Wort aus feinem Munde, und die Ruder hielten inne, griffen seichter, griffen tiefer, drängten nach, oder schlugen schnell. Mir war bis dahin gar nie eingefallen, daß es so viele Abstufun- gen im Ruderschlag gäbe, und ich habe auch nir- gends diese Vollkommenheit im Rudern wieder ge- fehen. Nach einer Viertelstunde wandten wir N, und hatten den ersten Fall vor uns. Das Fahr- waffer brauset eine Reihe verborgener Klippen hinab, die Wellen schlagen über, die Strömung ist blitz- schnell, und eigentlich folgen sich drei Fälle hart nach einander, welche Klippen zu den Seiten und vor sich haben. Der Fall des Waffers mag, auf die Strecke von etwa 150 Fuß, 12 Fuß betragen. Man nennt diese Stelle Bab-Kutzuhol. Als wir daran waren, betete alles Volk laut. Das Befehlwort des Reis: Garb! Schery! (Links! Rechts!) durchtönte dieß Gemurmel, den Schlag der Ruder und das Braufen des Stromes. Die Windungen, welche das Schiff machen muß, um den Klippen unter dem Waffer, denen über demselben, und den Wirbeln zu entgehen, sind zahlreich und plötzlich, und man 202 begreift, daß nur eine so strenge Abrichtung und so pünctlicher Gehorsam, wie sie unter dem Volke, dem wir uns anvertraut hatten, bestehen, die ge- fährliche Aufgabe zu lösen im Stande feyen. über diesen Fall gelangt, wendet man auf eine kurze Strecke Ost und kommt durch das Bab-Koror, nach einigen Gehöfen auf dem rechten Ufer so ge- nannt. Dieser Fall ist kurz und wenig gefährlich. Er sieht N bei W. In dieser Richtung folgt schnell darauf der dritte, Bab-Arafchkol, der gefährli- cher als der erste ist, und wo unser Volk eine Ge- wandtheit bewies, die mich ein lautes Bravo! aus- rufen machte. Das Fahrwaffer stürzt zwischen zwei Klippen, in einer Länge von etwa 40“, bei einer Breite von nicht mehr als 30“, an 5“ tief. Die Strö- mung hat eine Kraft, daß man nur schwer Meister der Richtung der Barke bleibt; sie stäubt zur Rech- ten und Linken an den beiden Klippen hinauf und macht sich so selbst ein Thor, in dem das Licht tau- fend Farben spielt. Wir ließen uns gerade auf die zur Rechten treiben, die Ruder halfen nach, das Volk murmelte abermal ein Gebet, wir waren kaum mehr sechs Schritte von der Klippe, im nächsten Augenblicke mußte unser Fahrzeug in Splittern seyn – da rief der Reis: Osbur! und Garb! – Alle Ruder waren gehoben, – die Barke wendete links, glitt an der Klippe vorüber und vom Sturze ge- 203 faßt, schoß sie durch das Thor hinab; – die Wel- len schlugen von allen Seiten hinein, aber schon waren wir hindurch. Der Reis lächelte zum ersten Male. Ich fragte ihn, warum er die Barke so nahe an die Klippe führe, und wie ein verzweifelter Spieler das Glück auf einen Einzigen Wurf herausfordere! – Er antwortete: weil nicht einen Fuß tief unter der Fluth zur Linken Riffe hinziehen, die nur diesen einzigen Weg er- lauben. Nun fuhren wir NNW, eine halbe Stunde lang, mitten zwischen Klippen, welche in unzähl- barer Menge den Strom in hundert und hundert Arme theilen, gerade auf einige Palmen am linken Ufer los. Diese umschatten das Dörfchen Tingar, über das hoch die Sandberge der Wüste herunter schauen, während das rechte Ufer eine senkrechte Wand hoher Granitfelsen zeigt. Diese Strecke zu- rückgelegt, wendet man auf einige hundert Schritte N, und ist dann an dem letzten Falle, dem Bab- Ort fcharti, dem längsten und, wenn der Nil tiefer steht, dem gefährlichsten. – Die Wellen schie- nen das Fahrzeug verschlingen zu wollen – sie bra- chen über wie ein Bergsturz und kreieten in ab- scheulichen Wirbeln. Dieser Fall wies an 200“Länge, bei 60“ Breite und etwa 6“ Gefäll. 204 Diese letzte Gefahr überwunden, stand alles Volk auf und machte mit gehobenen Händen ein Dankgebet. Dann fuhren wir rasch auf einen Fels- block zu, Hadschar-Abdog genannt, eine der vielen Klippen, aber höher als die übrigen und ganz weiß überzogen vom Kothe der Vögel, die gerade diesen vor allen übrigen ausersehen haben. Er steht hart am linken Ufer. Einige Häuser in der Nähe heißen zusammen Berber. Bevor man den Fels erreicht, wendet man O., läßt die Inseln Iffeh und Sechel, beide bewohnt, zur Rechten, die Insel Suludsche zur Linken und hat vor sich die hohe Felswand des rechten Ufers, Bahs genannt, worauf eine verfal- lene Moschee und andere Ruinen stehen. Nach ei- ner halben Stunde NNO, erreicht man Elephan- tine, wo die Klippen enden. Je kleiner der Nil, desto gefährlicher die Fahrt. Es gehört große Erfahrung und Entschiedenheit im Befehle, unverwandte Aufmerksamkeit und lange Übung im Gehorsam dazu , um bei fo niederem Wafferstande, als wir sie machten, die Fahrt glück- lich zurückzulegen. Der Grund des Bettes ist aber auch wie eine Karte gekannt, und die Kraft der Strömung für jede gegebene Stelle erprobt. Ein Augenblick des Zweifels oder des Irrthums, würde das Fahrzeug ohne Rettung an die Klippen werfen, die alle Granit, glänzend schwarz, und in furcht- -, 205 bare Schneiden und Spitzen gebrochen sind. Man hat das Gefühl, wenn man sie anblickt, daß die Paar Bretter, auf denen man sich befindet, wenn mit der Kraft der Strömung auf sie geschleudert, wie Glas zerspringen würden. Von vierhundert Barken der zweiten afrikanischen Armee scheiterten vor wenigen Jahren in diesen Katarakten hundert und einige fünfzig, darunter selbst diejenige Ibra- him-Paschas, des Sohnes des Vicekönigs. Diese war durch den Reis der Katarakten geführt, und er ertrank über ihren Trümmern. Um Fahrzeuge stromaufwärts zu bringen, be- dient man sich starker Taue, gerade so wie Herodot im zweiten Buche S. 29 beschreibt. Wenn der Nil am kleinsten ist, befährt man die Katarakten gar nicht. Bei hohem Wafferstande ist die Fahrt leicht und ohne Gefahr. "Wer die Katarakten vom Ufer aus sieht, kennt fie nicht. Daher auch die Verschiedenheit in der Schilderung derselben. Belzoni z. B. meint sie ge- fehen zu haben, da er auf der Höhe von Alt-Affuan stand. Von dort aus sieht man aber den eigentlichen Tschellal (so werden die fünf Babs, Thore, zusam- mengenommen genannt) gar nicht. Er befuhr fie später und wunderte sich statt Fällen, nur reißende Wafferzüge zu finden. Aber er befuhr sie im August, wo der Nil nahe einer höchsten Höhe ist. Er ver- 206 sichert, die Katarakten auch vom westlichen Ufer bei niederem Wafferstande besehen zu haben und gibt dem Gefälle einen Winkel von 30 zu 35 Graden. » Was denken Sie über die Katarakten? gibt es ein Mittel sie schiffbar zu machen?« – war die erste Frage, mit der mich der Vicekönig bewillkommte, als ich von meiner Reise zurückgekehrt, auf dem Schloffe zu Kairo, zu ihm in den Saal trat. Die- . fer kecke Geist gefällt sich in außerordentlichen Un- ternehmungen, und bricht sich gerne die kürzeste Straße. Es wäre eine unnütz verschwendete Mühe, an das ungeheure Werk der Schiffbarmachung der Katarakten zu gehen, da der nähere Weg der Um- gehung derselben durch einen Canal zugleich der unendlich leichtere feyn würde, um so mehr als die Gestaltung des Bodens ihn angibt und gleichsam verlangt. - In ältester Zeit find schwere Granitmassen über die Katarakten herabgebracht worden, was mit un- ter die Wunder zu zählen ist, mit denen die Werke der Pharaonen die heutige Mechanik beschämen. Solche Maffen aus dem Rosengranit, der ober den Katarakten liegenden Insel Bitsche bemerkte ich in Thebä; aber ich erinnere mich, in keinem der ptole- mäischen oder römischen Werke in Ägypten, andern Granit gesehen zu haben, als solchen aus den Brü- chen von Syene. Auch ist, wie der Finger an der 207 Wand im Königspalaste Belsazars, die Hand der Pharaonen an den Katarakten sichtbar. Auf dem Felsen von Bahr, defen ich oben erwähnte, Philä gegenüber, der wie eine Merksäule von der Natur vor den obersten Eingang gesetzt ist, sind außer den Ringen Plametiks auch diejenigen des vierten Thot- mofes und des Zerstörers Jerusalems, Neco, einge- graben. Auf Klippen im Nil am unteren Ende der Katarakten stehen die Vornamen Thotmoses III. und jenes Atmenopht, den die Griechen Memnon hießen, – auf andern wieder die Ringe Pametiks, des Psammetichos des Herodot. - XVI. Die Insel Elephantine. Der Araber nennt diese einst so berühmte Insel, die blühende, Gesiret - el-Sag, und diese Bezeich- nung verdient sie, ob des reichen Grüns ihrer Flur und der dichten Beschattung der Sykomoren und Dattelpalmen. Man möchte mit dem arabischen Dichter sagen: sie liegt in der Wüste wie ein Sma- ragd eingelegt ins goldne Geschmeide. Die Insel ist nicht über 5000“ lang, und nicht über 1000“ breit. Zwei Dörfer stehen darauf, von Nubiern bewohnt. Eine Schar von Kindern em- pfing uns, da wir die Insel betraten. Wir knüpf- ten Bekanntschaft, und sie brachten uns eine Menge Kleinigkeiten, als Idole, Spielwerk, kuffische und römische Münzen, Körbchen aus Dattelzweigen ge- flochten u. f. w.. . - Wo sind die Tempelgebäude, von denen Pokock, und später Denon und andere französische Gelehrte sprechen? Selbst ihre Spur ist verschwunden. Sie sind zum Behufe einiger Militärgebäude und des 209 Sommerhauses auf Schedia abgetragen worden, und über ihren Grundfesten bebaut der Nubier die Erde. Wir wandten uns nach Süd, wo die Insel am höchsten ist, und dem Ufer folgend, kamen wir an den mächtigen Wall, der die Südostspitze gegen den Andrang des Stromes zu decken bestimmt war. Er ruht auf Granitfelsen, und mag heut zu Tage noch 40 bis 50“ Höhe haben. Die Dicke der Mauer, die aus Werkstücken besteht, ist zu 8/7“ 6“. Es fcheint ein ausgedehnter Palast auf dieser Unterlage geruht zu haben. Ein paar Fensterräume bestehen noch und Grundmauern ziehen sich tief in die Insel hinein. Am nördlichen Ausgange dieses Walles fin- den sich die jetzt zum Theile verschüttete Stiege und der Gang, unter rechtem Winkel nach dem Nil ge- zogen, wo Denon voraussetzt, daß der bekannte Nilometer bestanden habe. Die Werkstücke der Ver- kleidung dieses Walles, den ich für römischen Bau halte, sind älteren Gebäuden geraubt und zum gro- ßen Theile, mit eingehauenen Hieroglyphen bedeckt, in denen sich die Farben in wunderbarer Frische er- halten haben. Diese Gebäude, wahrscheinlich Tem- pel, waren aus der Zeit der Blüthe des Pharaonen- reiches, denn ich fand auf solchen Blöcken des Wales die Ringe Thotmoses III. und des großen Remefes. 18 21(!) Von dort, wo der Wall im SO endet, etwa 50 Schritte einwärts, stehen zwei Thorpfeiler aus Ro- engranit, mit Hieroglyphen bedeckt. Sie haben auf 6“ 9“ Länge, 3“ 10“ 6“ Breite, und stehen 10 von einander ab. Der nördliche besteht aus sieben Blöcken und trägt einen Theil des Superciliums, worauf der geflügelte Diskus sich zeigt, dieß Sym- bol der Gottheit, das über den Thoren aller Tem- pel in Ägypten, der ältesten wie der jüngsten, steht. Neben diesen Pfeilern ziehen bedeutende Grund- mauern hin. Etwas weiter gegen W liegen ein Paar Säulen - aus Sandstein. Die ganze Südseite der Insel ist ein Gehäufe von ungebrannten Ziegeln und Scher- ben, ein Hügel von Unrath und Trümmer, steil abstürzend, dann aber ein ebenes, schmales Ufer laffend, von Granitklippen umgürtet, zwischen de- nen der Nil sich bricht. Steigt man aus diesen Resten römischer und arabischer Zeit nordwärts herab, so findet man am Abhange noch einiges Mauerwerk, das einer älte- ren angehört, Wandreste aus Blöcken von Sand- stein mit Hieroglyphen, unter denen ich die Ringe des 15. Ramefiden erkannte, und mit Bildern ver- ziert, welche den Gott Knuphis oder Kneph, und Athor, die Venus der Ägypter, darstellen. Nicht 2II ferne davon liegt eine Bildsäule aus Granit, eine fitzende Isis. Am Abhang ist das eine Dorf. Als Thürstock eines Hauses darin, fah ich einen Nilometer be- nützt. Das zweite Dorf liegt weiter nach N. Ganz an der Nordspitze aber ist ein großes Spital, vom Vicekönig zum Behufe der Truppen, gleichzeitig mit der Kaserne von Affuan, erbaut, und jetzt wie diese verlaffen. Elephantine war, durch Jahrtausende, die Grenzfeste gegen Äthiopien. Herodot erzählt: »Un- ter König Psammetichos standen Wachen zu Ele- phantine wider die Äthiopier ... ... und noch zu die- fer Stunde stehen der Perser Wachen an denselben Orten «.... Sonderbar, daß in die Klippen im SO der Insel, auf dieselben, die den großen Wall tra- gen, die Ringe eben dieses Psammetichos gehauen find. Die Ptolemäer und Römer, ja selbst die Ara- ber, hielten noch Wachen dort, und wirklich liegt diese Insel auch wie ein Bollwerk mitten im Nil, den Katarakten entgegen. 18 * XVII. K0 m - Omb O 5. D. Tempel in Nubien sind erstaunungswürdiger, die Tempel von Theben sind majestätischer, diejeni- gen von Esne und Tentyra zierlicher, die Lage kei- ner Ruine aber ist malerischer, als diejenige der bei- den Tempel von Kom-Ombos. Durch die Einfach- heit und Größe der Anlage, so wie durch den Adel der Ausführung, eignet sich besonders der Eine dieser beiden Tempel zur Schule für den Reisenden, der mehr als einen flüchtigen Blick auf die Werke der ägyptischen Baukunft werfen will. - - Dieser Eine, der größere dieser beiden Tempel, krönt die Höhe des Uferberges. Dennoch hat ihn der Sand erreicht und zum größeren Theile, bis an die Knäufe verschüttet. Er sieht nach WSW. Vier Säle, die in derselben Achse liegen, und ein Vorsaal sind vom Hauptgebäude noch erkenntlich. Ein kleinerer Tempel, wovon gleichfalls vier Säle in Trümmern sich zeigen, steht vor dem großen zur Rechten; ein Pylon zur Linken. Diese Bauten sind durch einen 213 Wall aus ungebrannten Ziegeln im Rechteck auf drei Seiten, vom Nil auf der vierten eingefangen. Der Vorsaal wird von 15 Säulen, je fünf in einer Reihe, getragen. Die Fusten dieser Säulen, in der Höhe wo sie jetzt aus dem Sande schauen, haben 19“ 6“ Umfang, sind mit Hieroglyphen be- deckt und tragen Knäufe der edelsten Arbeit. Diese Knäufe sind unter sich verschieden, die drei mittle- ren der Vorderreihe ausgenommen. Diese Reihe war durch eine Wand bis zur halben Höhe geschloffen. Zur Linken und Rechten jeder Säule in derselben, nach Außen, ruht ein Sphinx, halberhoben gear- beitet und roth bemalt. Zwei Säulen sind umge- worfen. Die Quer- und Deckbalken des Vorsaales gehö- ren unter die größten Blöcke, die ich in Tempeln gesehen habe. Jene neffen 12/9“ 9“ in der Länge und find 5/4“ 6“ hoch und eben so breit; diese haben dieselbe Höhe, sind aber 6/9“ lang und 20“ 1“ 6“ breit. Die Querbalken der übrigen Säle haben um 6“ geringere Breite und Höhe, sind aber 22“ 1“ 6“ lang; die darauf liegenden Deckbalken aber messen bei 3/ 8“ 6“ Länge und 26// 6“ Höhe, 20“ 1“ 6// Breite *). Diese Blöcke, so wie *) Unter Länge verstehe ich die Achse des Tempels (hier z. B. ONO - WSW), oder was ihr gleich läuft; un- - 214 der ganze Bau, sind aus schwerem, feinen Sand- stein. An den Knäufen, die im Sande lagen und Lotuskelche vorstellen, fand ich die Auffatzfläche zu 7/ 11/ Durchmesser. Der Vorsprung des Kelches betrug an jeder Seite noch 1“ 8“. Gegenwärtig ragt der Vorsaal bis auf 33“ aus dem Sande. Gewiß, der Freund der Kunst und des Alter- thums, der aus Italien, Griechenland oder Klein- afien plötzlich vor diesen Portikus versetzt würde, empfände einen Eindruck, demjenigen ähnlich, den auf mich die ersten Tempel im ägyptischen Style machten. Die Maffe des Ganzen und der Theile, die Anordnung, welche die leicht erscheinen macht und veredelt, die Pracht, die darüber ausgegoffen ist, die Formen in Säulen, Knäufen, Architraven, mir ganz neu, oder nur aus Zeichnungen bekannt, der majestätische, geflügelte Diskus über der Pforte, die Menge und Ausführung der Hieroglyphen und Bilder, die wie mit einem Model in weiche Maf- fen gedrückt, so in den festen Stein gearbeitet sind, die Vollendung des Ganzen, wiesen mir, mit Ei- nem Wurfe, meine Unwiffenheit, und mein Erstau- nen selbst trat wie ein Vorwurf vor mich hin. Mein ter Breite, die wagrechte Linie, die auf ihr senkrecht steht; unter Höhe das auf die Länge oder Breite gefällte Loth. 215 Auge, an griechische Formen gewöhnt, glaubte in dem Kreise derselben Alles in der Baukunst Anwend- bare enthalten. Hier war. Alles anders, und doch voll klarer übereinstimmung , voll Würde und im klaren Ausdrucke seiner Bestimmung. Aus den Zeich- nungen, aus den Broncen, überhaupt aus den Sammlungen ägyptischer Alterthümer hatte ich ein Vorurtheil zur Beschauung der Bauwerke gebracht, ein Vorurtheil, gang und gebe bei denen, welche Ägypten nur aus Büchern kennen, und im Wahne stehen, dieß genüge, um über die größten Bau- werke der Welt abzusprechen. Diese Werke stehen wie Riesen dem Vorurtheile entgegen. Ihr Anblick heilt sicher und schnell die üble Laune, in welche jene Sammlungen versetzen. - Im Ganzen, nichts klarer als der Plan der ägyptischen Tempel, nichts unbegreiflicher als die Menge der Meiselarbeiten, die jedoch dem Haupt- eindruck nicht schaden, denn die großen Linien blei- ben unverletzt und üben ungetheilt ihre Gewalt. Jeder Theil der Oberfläche des Gebäudes, selbst derjenige, welcher nicht bestimmt ist gesehen zu werden, ist mit Hieroglyphen und Bildern bedeckt. Ich hatte, bevor ich Ägypten durchreiste, geglaubt, es gäbe nur vier Ordnungen in den Knäufen, und außer diesen vier Ordnungen fey für dieselben kein Heil. Davon hatten mich nicht einmal die Knäufe -– maurischen Styles abgebracht, an denen ich manch- mal Zierlichkeit, natürliche Entwicklung und Zweck- mäßigkeit erkennen mußte. In Ägypten nun sah ich dreißig oder vierzig Ordnungen, die meisten ge- schmackvoll, edel, reich, fein und großartig. Wie der Akanthus der korinthischen dient, so der Lotus, die Palme, die Rebe, das Schilf, so Blumen und Früchte der ägyptischen. Die Verschiedenheit in den Knäufen in einem und demselben Saale, weit ent- fernt, dem Auge zu mißfallen, erfreut dasselbe, denn aus dem Verschiedenen ist nur das Harmonische ge- wählt und zum Ganzen vereinigt. Es ist mit den Formen, wie mit den Tönen. Aber zurück zu unserem Tempel. Die Decke des Vorsaals zeigt im Mittelfelde das königliche Zeichen, eine Reihe schwebender Adler, mit gespreiteten Flü- geln, das Haupt mit dem Symbol der Herrschaft gekrönt, in jedem Griffe ein Schwert. Schon die ältesten Pharaonen führten dieses Bild der Macht; die Ptolemäer und Römer behielten es bei und wech- selten nur manchmal die Attribute. – Adler und Löwen zieren auch die Fusten der Säulen, – Adler die Querbalken, mit Hieroglyphen und astronomi- fchen Bildern in Gemeinschaft. Der geflügelte Dis- kus, mit dem Agathodämon in Gestalt der Schlange zur Seite, steht über den Thoren, die in die Säle führen. 217 Die astronomischen Bilder zu enträthseln, wäre eine angenehme Aufgabe. Eines derselben zeigt einen Jüngling, das Haupt mit spitzer Haube bedeckt, um die Mitte eine Schürze; feine Stellung ist die eines Gehenden, die rechte Hand ist vorgestreckt, die Linke gehoben; er steht auf einem Nachen. Die- felbe Gestalt ist wiederholt und zwar die kreuzt die frühere, so daß Beiden der Unterleib gemein ist, als habe man die Bewegung um die Achse ausdrücken wollen. Dazwischen sind rothe Sterne angebracht, neun an der Zahl, und zwar drei in der ersten Reihe, vier in zweiter, und zwei etwas tiefer, in dritter, – die zweite Reihe ist keine gerade Linie und macht, mit der ersten, eine der gewöhnlichen Bezeichnung des großen Bären ähnlicher Figur. – Das nächste Bild an diesem ist das einer Göttin, mit dem Dis- kus zwischen flachgekrümmten Rindshörnern, und ei- ner geründeten Haube, über der ein Stern schwebt, auf dem Haupte; die Rechte ruht auf der Brust; die Linke hält einen Bogen vor sich hin. Auch sie steht auf einem Nachen und mit diesem fenkrecht auf Osiris oder Horus, auf einem Gotte nämlich, der eine Sperbermaske und über dem Haupte den Diskus, in diesem aber einen Stern trägt, zur Seite ein Schwert. In diesen beiden Bildern sind die senkrechten Gestalten weniger tief eingegraben, als die wagrech- Proke fch: Ägypten 1. 19 218 ten. Beide Felder sind überdieß mit rothen ange- zeichneten Linien in kleinen Vierecken durchzogen, gerade so, als habe man jene beiden Figuren später hinzugesetzt und fey mit der Arbeit nicht fertig ge- worden. Die Hauptmaske des Gottes in diesem Tempel ist das Krokodillenhaupt. Die Krokodille waren, fo- viel wir aus der Geschichte, und selbst aus Juvenal wiffen, den Ombiten heilig. Krokodille erschienen auch da in einigen Bildern und unter den Hieroglyphen. Der Gott ist sitzend dargestellt, bis zu unterst mit enganliegendem Kleide, das Schwert im Gürtel, den Lituus, oder Stab mit dem Schakalshaupte, in der Hand. Unter den Opfergaben die man ihm bringt, ist häufig ein Netz. Merkwürdig, daß der alte Name des Krokodils, wie ihn Herodot gibt, Champa, in der heutigen Landessprache, der arabischen sich erhält; der Krokodil heißt nämlich Tempfa. Das Bild der Isis ist hier durch den Diskus und die Rindshörner auf dem Haupte bezeichnet. Sie hält mit beiden Händen, zum Bündel vereiniget, den Nilschlüffel (das Symbol der Fülle), den Nilmeffer, den Lituus und die Geißel vor sich hin. Die Opfer- gaben, die man ihr bringt, sind Nilschlüffel, Ni- lometer, Kuchen und Lotusblumen. Das Opfer eines Netzes wiederholt sich im drit- ten Saale. Rothbraune Männer (Ägypter) sind die 219 Opfernden. Die Ringe werden von dem Agathodä- mon gehalten. Im vierten Saale sind die Farben, womit ursprünglich alle Hieroglyphen und Bilder be- malt waren, am besten erhalten. Die Götter sind da hellblau, Augen und Haare schwarz. Der Gott, dem der Tempel gewidmet scheint, Phre-Aroeros, ist jugendlich, mit dem Ausdrucke der Kraft, Klar- heit und Zuversicht, und jederzeit handelnd dargestellt. Die Ringe, welche auf allen Theilen dieses Tem- pels erscheinen, sind die der vier Ptolemäer und Kleopatra's, geschrieben : Ptolmäus und Kleop- tras. Zu meiner nicht geringen Befriedigung las ich, einige Monate später, zu Smyrna, im Werke Hamiltons über Ägypten, daß sich über einem der beiden Thore, die aus dem Portikus in den ersten Saal führen, folgende griechische Inschrift (die mir entgangen war) befinde: "Trép Bar Mo; IroAspakov Alov al Bara- an; KAsorárpa; This ass Äpfs Gay PNopmrópoy warty roüroy révoy"Apoth- per Ges: MeyMast "AröMAoy a rot; XEvy yot; Geot; röy XEmpöy of y ret "Op3rmt Kaú irrel; 22 o. A.Aon ero . e- e 19 * 220 „Im Namen des Königs Ptolemäus, des Gottes, und der Königin Kleopatra , feiner Schwester, Der mutterliebenden Götter und ihrer Kinder , dem Aroeros dem großen Gotte Apollo und den mit verehrten Göttern, den Tempel die Ombiten und die Reiter und die anderen Dankbaren“ - Durch diese Inschrift wird die Entzifferung der Hieroglyphen-Ringe bestätiget, und wir dürfen die drei Ptolemäer den Einen für Epiphanes, den Ande- ren für Philometor, den dritten für Evergetes II. nehmen. Es haben aber auch noch Römer an diesem Tem- pel arbeiten laffen, denn ich erinnere mich (nur weiß ich die Stelle nicht mehr genau anzugeben) einen Ring darin gesehen zu haben, welcher Kaisers (Katarago) enthielt. Der kleine Tempel, zur Rechten vor dem gro- ßen, trägt dieselben Ringe der Ptolemäer. Auch ist der Styl der Ausführung derselbe, wie mir klar in die Augen fiel, auch bevor ich noch die Ringe ver- glichen hatte. Dieser Tempel, defen Achse, von Innen nach Außen NW – SO läuft, ist insbesondere der Isis geweiht, denn sie erscheint in allen Bildern als Hauptgegenstand. Mehrmals ist sie dargestellt, wie sie eben ihren Sohn Horus fäugt. Dieß Sinnbild ist auf allen Tempeln Ägyptens häufig wiederholt. 221 Osiris, mit dem Sperberhaupte, steht ihr manch- mal zur Seite. Auf dem Stück der Außenwand des vierten Saales, das noch besteht, (der Rest liegt in gelöfeten Blöcken auf dem Abhange und im Nil) ist dieser Gott ihr auf einer Bank, mit Löwenköpfen geziert, gegenüber sitzend dargestellt. Er reichet ihr in jeder Hand einen Nilschlüffel, und sie ist im Be- griffe einen davon zu nehmen. Darunter, auf ähn- licher Bank sitzen aber ein Gott und eine Göttinn, zwischen sich eine Menge Opfergaben gehäuft. Oder sollte hier Horus gemeint seyn? – Der Löwe ist die- fes Gottes oftmalige Bezeichnung. Beide stellten bildlich diese Sonne in ihrer vollen Kraft, im Zei- chen des Löwen, vor. Er reicht der großen Göttinn Ägyptens den Segen des Nils – und im zweiten Bilde ist der Ertrag dieses Segens gezeigt. Rothbemalte Männerphinxe sind auch hier am Vorderthore. Adler schweben darüber, in dem einen Griffe ein Schwert, im andern ein Opfermeffer. Die vier Säulen des Portikus haben den Aufsatz mit vier Isisgesichtern, was besonders in die Ferne, ein majestätisches Bild gibt. Unter den Hieroglyphen fand ich hier den Hippopotamos, was eben nicht häufig erscheint. Darunter auch einige Male Har- pocrates, mit dem Finger auf dem Munde. In den vielen Bildern erschien mir immer nur ein und der- selbe Gott dargestellt; die Verschiedenheit beschränkte 222 sich auf die Kopfbedeckung, die in der ägyptischen Religion und Kastenordnung, so wie heut zu Tage noch im ganzen Morgenlande, eine besondere Be- deutung erhielt. Selbst in die Religionen der Abend- länder ist diese Unterscheidungsweise übergegangen. Den Freunden der Geschichte der Musik will ich mittheilen, daß unter den Bildern dieses Jsistem- pels eine junge weibliche Gestalt erscheint, die, fe- hend, auf einer Harfe von 21 Saiten spielt, welche fie vor sich auf einem zierlichen Tischchen gestellt hält. Daß dieß Instrument uralt ist, wissen wir aus der Bibel. Ich hoffe aber, im Laufe dieser Erinne- rungen darzuthun, daß es mehrere Jahrhunderte vor David, an Orten, wo jetzt nur öde Wüste ist, schon gekannt war. Von dem kleinen Tempel sowohl, als von dem Pylon, der links von dem großen Tempel, am Ab- hange stehen, gingen unterirdische Gänge nach dem Nil, die jetzt zu Tage liegen. Die Pylonen sind nur der ägyptischen Baukunst eigen, und geben den Tem- peln eine Majestät des Anblicks, die keine andere Schule keiner Zeit und keines Volkes zu geben im Stande war. Es sind rechteckige, nach oben etwas schmäler zulaufende, bis zu hundert und mehr Fuß hohe Thürme, welche rechts und links an dem in der Achse des Tempels liegenden Haupteingange in den ersten Vorhof stehen. Diese koloffalen Pfeiler 223 oder Thürme enthalten oft in mehreren Stockwer- ken Gemächer, und deren Außenseiten sind jederzeit mit eingehauenen Bildern, Hieroglyphen und Zie- rath der Baukunst bedeckt. Zwei so gewaltige Maß fen, vor sich Koloffe, Obelisken und den mächtigen Aufgang, zwischen sich das Thor, verkündigten schon in der Ferne: das ist das Haus eines Gottes! und schlugen mit Ehrfurcht das Gemüth des Nahenden. – Manchmal ergab es sich, daß spätere Herrscherei- nen Vorhof vor den Vorhof, der schon bestand, fetzten, und so kamen zwei, auch drei Paare von Pylonen vor einander zu stehen. In Theben allein sind deren auch vor Seiteneingänge gesetzt. Die Äthio- pienschen Herrscher geben den Pylonen geringere Länge, die Ptolemäer und Römer größere Höhe, diese auch einige Male, jedoch selten, denselben eine andere Stelle. Dieß ist der Fall zu Ombos, wo die Pylonen entweder als Enden der Umwallung nach der Nilseite, als riesige Schlußsteine derselben gleich- fam, oder nebeneinander, in der Verlängerung der Achse des kleinen Tempels, aufgerichtet waren. Wahr- scheinlich stieg aus dem Nil selbst ein Aufgang em- por zum wallumfangenen, heiligen Bezirke. Davon, fo wie vom zweiten Pylon, ist nichts mehr vorhan- den. Der mit Trümmern bedeckte Absturz und die zu Tage gebrachten unterirdischen Gänge bezeugen 224 hinlänglich die Verwüstungen, die der Nil dort an- gerichtet hat. Der Pylon dürfte gegenwärtig noch 50“ Höhe haben. An der Hinterseite, wo sich die Umwallung an denselben lehnt, ist er nicht verziert. An der Nordwestseite sind nur noch drei eingehauene Bil- der, Opferhandlungen, der Ifis gewidmet. Im un- terten folgt ihr ein Gott, Diskus zwischen Hörner auf dem Haupte, ein Schlängelchen vor der Stirne, abwärts gekrümmte Widderhörner an den Seiten des Kopfes, Bart, die Beine nicht gelöfet, sondern ein- gefacht; über die Schulter hängt eine Vase, – mit beiden Händen hält er Geißel, Lituus (worunter ich jederzeit den Stab mit dem Schakals- oder Hunds- kopfe verstehe) und Krummstab. Die Opfernden vor beiden sind Krieger, in Waffen; sie bringen Gefäße, Früchte und Kuchen dar. Ich bin zu wenig unterrichtet in der ägyptischen Götterlehre, und es fehlen mir (zwischen den vier Wänden eines Schiffes, und mitten in der See) alle Behelfe dazu; ich wage daher nicht darüber abzu- sprechen, ob der eben beschriebene Gott Phtah, oder eine Darstellung von Amon, oder sonst Einer fey. An der SWseite, die nach dem Fluffe sieht, sind zehn größere und zwei kleinere Bilder, zwei in je- der Reihe, erhalten. Isis hat in diesen Bildern nur den zweiten Platz. Den ersten behauptet Amon-Phre 225 (beffer Amon-re), der Sonnengott, vielleicht gleich- bedeutend mit Aroeros und dem griechischen Apollo. Er ist vorschreitend vorgestellt, in Fülle der Jugend und Schönheit, ohne Bart; in der Linken hält er den Stab mit dem Hundshaupte, in der Rechten den Nilschlüffel. Seine Haare sind in ein Netz ge- sammelt; eine hohe Haube, aus dem Diskus und zwei Palmenzweigen bestehend, deckt das Haupt; Brust, Hals und Arme sind mit Bändern und Ge- schmeide geziert; der Rock ist an der Brust geöffnet und reicht bis auf die Schenkel, die festanliegenden Beinkleider strecken sich bis an die Knöchel. Im Gür- tel ruht ein kurzes Schwert. Auch ein dem nächst vorher beschriebenen Gotte ähnlicher erscheint in einem dieser Bilder als Haupt- figur; er hat jedoch den rechten Arm rechtwinkelich gehoben vor sich hingestreckt, die Hand flach haltend über einen Opfertisch. Der linke Oberarm endet in einen Stumpf. Perlenschnüre laufen um Hals und Brust, an der überdieß ein Amulethängt. Das Werk- zeug einer männlichen Kraft steht stracks vor ihm hin. Die Opfer, die man ihm bringt, sind Amulete. Dieser Gott ist Mendes oder Osiris, denn Beide sagt Diodor von Sicilien, sind Eins, und Mendes nur ein verschiedener Ausdruck für Osiris, aus dem Ge- fichtspuncte als zeugende Kraft betrachtet. So sind auch Amon und Herakles, nach Jamblich, nur an- 226 dere Namen für Osiris, eben so Horus, Serapis, Harpocrates und Mendes; denn Jamblich sieht in Osiris die Sonne im allgemeinen, in Harpocrates das eben geborene Jahr, in Herakles (Dom, die Kraft, im Ägyptischen) die Frühlings - Tag- und Nachtgleichen, in Amon die Sonne im Widder, in Horus die Sonne im Löwen, in Serapis die Herbst- Tag- und Nachtgleiche, – in Mendes endlich die Sonne als befruchtende Kraft. – Herodot übersetzt Mendes mit Pan (II.46). Er läßt die Ägypter ein Dionysosfest auf die Weise wie das hellenische feiern, (II.48) und nach ihm, ist Dionysos Osiris (II.42). Auch erwähnt er Hermen, so ausgerüstet wie der oben beschriebene Mendes (II. 51); und die Bilder des Mendes zu Ombos, sind gleichfalls Hermen, in so ferne die Beine nicht gelöet erscheinen. Beide Bilderreihen dieser Seite sind durch eine Nische von oben bis unten getrennt. In dieser sind zehn Reihen. Nachen, zu sieben jede, ausgehauen, je Zwei und Zwei durch ein Feld von Hieroglyphen geschieden. In den Nachen sind die Ringe der Pto- lemäer, von Agathodämon gehalten, und mit der Mitra des Amonre gekrönt, – oder ein weiblicher Genius, der nach Vorder- und Hintertheil einen be- dornten Stab streckt, aus dessen Ende Zweige und Blumen hervorsproffen, – oder endlich einen Nil- 227 schlüssel, von dem Arme ausgehen, die den Lituus halten. - - - - Diese Nische macht mir sehr wahrscheinlich, daß der zweite Pylon so neben dem ersten stand, daß beide das Thor zwischen hielten. Solche Nischen mit solchen Zeichen sah ich an allen ptolemäischen Tho- ren. Diese Wahrscheinlichkeit wird durch den Um- stand erhöht, daß, gerade unterhalb des Pylons, am Nil, unter den Trümmern, der Deckbalken ei- nes Thores (denn er ist mit gespreiteten Adlern ge- ziert) liegt, der von großem Ausmaße ist; er hat nämlich 19/ 9“ Breite, 6/ 9“ Länge und 5/4“ 6/// Höhe. - An der Südostseite des Pylons, sind nur mehr drei Bilder sichtbar, ähnliche Opferhandlungen dar- stellend. - Die Umwallung scheint durch Feuer gelitten zu haben, denn streckenweise sind die (ursprünglich nur an der Sonne gedörrten) Ziegel halbgebacken. Durch die Südostseite der Umwallung führt ein Thor. Es ist älter als der Tempel, denn es trägt die Ringe Thotmosis III. und eines anderen Pharaonen, dem wir auf den großen Obelisken von Theben wieder begegnen werden. Wahrscheinlich war die Stelle schon in ältester Zeit eine geweihte, und es stand wohl auch ein Tempel der Pharaonen dort, dessen Platz später der ptolemäische einnahm. – Die Hie- - 223 roglyphen dieses Thores sind einwärts, die der Tem- pel und des Pylons in vertieftem Raum, erhoben gearbeitet, was gleichfalls den verschiedenen Zeit- räumen entspricht. - Das alte Ombos mag NW vom Tempel außer- halb der Umwallung (die offenbar nur diesem ange- hört) gelegen haben. Der ganze Berg ist mit Rui- nen aus ungebrannten Ziegeln bedeckt, die mir ara- bisch oder koptisch scheinen. Uralt aber ist die Mauer, die eine Strecke längs dem Ufer hinzieht. XVIII. Dschebel- Seleleh. Einige Gräber am linken Ufer sind tief in den Fel- fen gehauen und enthalten im Hintergrunde ver- stümmelte Bildsäulen , wie man deren in vielen ägyptischen Gräbern aus Pharaonenzeit findet. Merkwürdiger als diese, die es höchstens durch ihr Alter und ihre Stelle sind, erscheinen mir mehrere in den Felsen gehauene, von Säulen getragene, reich verzierte Nischen oder Blinten, die sich auf demselben Ufer, gerade wo der Fluß am engsten ist, befinden. Für Gräber sind sie zu leicht. Ich habe keine ähnlichen Nischen von den großen Katarakten bis Memphis gesehen; Dschebel-Selfeleh ist über- dieß von der Natur zu einer Schranke oder Grenz- stelle auf dem Nil gegeben: ich halte daher diese Denkmale für geschichtliche, irgend eine Abmarkung des Landes oder auf die Nilfahrt Bezug habende Anordnung enthaltend. Das Unterte dieser Male ist eine vom geflü- gelten Diskus überragte, in einem Felsblock ge- hauene, eingerahmte Tafel. Sie enthält flach ein- --- 2Z() gegraben, ein Bild und darunter fechzehn Zeilen gedrängter Hieroglyphen, die ich Cursiv-Hierogly- phenschrift nennen möchte. Das Bild zeigt drei Götter, wovon der hinterste den Nilschlüffel und die Schlange, worunter ein Stern schwebt, trägt; der mittlere ist Osiris mit dem Sperberhaupte und Lituus; der vordere tritt mit keckem Schritte, kräf- tigem Ausdruck, und mit zum Empfang gehobener Hand einem Manne entgegen, der zu opfern kommt. Es scheint ein Dankopfer für reiche Ernte, denn die Schlange war das Zeichen für das ägyptische Erntemonat (plusvaS), so wie im Thierkreise für »das fruchtbare Weib,« aus dem die Griechen, da sie die Zeichen von den Ägyptern nahmen, die Jung- frau machten. Der Nilschlüffel aber ist bildlich der Segen des Nil. – Merkwürdig ist, daß jede Zeile Hieroglyphen unter sich eine gewisse Zahl derselben stehend enthält. Ist es phonetische Schrift? Ganz nahe an dieser Tafel steht die erste Nische oder Blinte, deren Hintergrund gleichfalls ein ein- gerahmtes Bild, mit acht Figuren, und darunter 22 Zeilen Hieroglyphenschrift enthält, wovon die ersten zehn durch wagrechte, die übrigen noch über- dieß durch senkrechte Linien geschieden sind, als habe man genau bezeichnen wollen, wie viele von den untereinanderstehenden Hieroglyphen jeder Zeile ein Ganzes bilden. Was das Bild betrifft, so sind 231 die 8 Figuren in zwei Gruppen getheilt; in der ei- nen opfert ein Mann zwei Vasen dem Osiris, der Isis und dem jugendlichen Gotte mit den ungelö- feten Beinen (Pthah-Soceri?) der hier in der Rechten einen Lituus trägt, in welchem der Stab mit dem Hundskopfe , der Nilschlüffel und der Nilometer vereiniget sind. Die zweite Gruppe gibt statt der Jsis den Nil selbst, der als bebarteter Mann, eine Vase in der gehobenen Rechten, dar- gestellt ist; über die Vase beugt sich Lotus; Lotus proffet auch auf seinem Haupte. Der Opfernde bringt zwei kleine Näpfe dar. Die Götter waren, wenn man den Resten von Farbe trauen darf, grün bemalt. An den Seitenwänden dieser Nische sind gleich- falls Opferzüge dargestellt, und zwar an der Rech- ten vor der Isis, an der Linken vor einer langbe- kleideten Göttinn, die beide Hände hebt, in jeder einen Nilschlüffel. Dieser entgegen tritt ein Mann, im weiten Schleppmantel; darin birgt er die eine Hand, während die andere einen Stab mit dem Nilschlüffel trägt. Der Kopf dieses Mannes ist un- gewöhnlich groß. Diskus und Stirnhörner sind über feinem Haupte und über den männlichen und weib- lichen Gestalten, die ihm folgen. Ich halte dieß für einen Opferzug, durch Priester ausgeführt und Volk. Neben dieser Nische ist eine kleinere, gleichfalls mit einem Bilde und Hieroglyphen verziert, dann 232 aber die zweite fäulengetragene, an Größe und Ge- stalt der ersten gleich. Die Bilder sind wenig ver- fähieden, doch erscheint auch Mendes hier, ganz so gezeichnet wie auf dem Pylon zu Ombos. Die vierte Nische, der Reihe nach, ist wie die zweite klein, und ähnlich verziert; die fünfte ist leer, und endlich die fechste ist wie lehnend in die Felswand gearbeitet, mit Säulen, Bildern und Hieroglyphen; ihr zur Seite ist noch eine siebente, nur halb ausgeführte. Diese Male fallen in die Zeit der Remesiden. Wir finden den Ring des größten dieses Geschlech- tes, Mi-Amon-Remeles, (geschrieben Amn Remses) in den beiden ersten fäulengetragenen Nischen, und neben demselben einen anderen Ring, der auf der Tafel von Abydos nicht erscheint, also einem Nach- folger Mi-Amons angehören muß. Und wirklich stellt die Tafel von Medinet-Abu, welche die Rei- henfolge der Pharaonen um ein Paar Könige weiter heraufführt, den erwähnten Ring unmittelbar nach demjenigen Mi-Amons. In der Felsentafel finden sich, im Texte und auf dem Rahmen, dieselben Ringe, und ein dritter, den wir, abermals durch die zu Medinet-Abu aufgefundene genealogische Folge, dem vierten Nachfolger Mi-Amons zugehörig fehen. – Die sechste Nische zeigt den Ring des Königes, den die Tafel von Abydos als unmittelbaren Vor- fahren eben desselben Mi-Amon's angibt. Die vierte 233 Nische enthält, außerhalb dem Rahmen, ein Paar Ringe, die vielleicht späteren Remesiden gehören. Ich konnte sie nicht genau abschreiben, da sie fast unleserlich waren. So auch einige im Texte der Hie- roglyphen. Der Umstand, daß die Tafeln von Abydos und Medines-Abu die Könige, die ich auf den Malen von Dschebel-Seleleh nachwies, als drei von Va- ter auf Sohn und den vierten als kurz darauf fol- gend, darstellen, kömmt demjenigen zu Gute, was ich über die Erklärung der Hieroglyphenringe wei- ter zu sagen Gelegenheit haben werde. - . . . . " - - - - - – – - - - . . . " , : 1 - - - - - - - - - . : - - - : : " 20 XIX. Apollinopolis magna. - - - (Ed fu) – - - - - Der Tempel des Horus zu Edfu wird, in Ägypten nur von denen zu Theben an Größe übertroffen, in Nubien aber von demjenigen von Kelabsche. Zwei Pylonen, noch jetzt 72/ 6“ über den Schutt ragend, der die daran stoßenden Säulen- gänge fast bis an die Knäufe deckt, mit einem ma- jestätischen Thore, bilden den Vorderbau. Es ver- steht sich, daß die ganze Oberfläche innen und außen mit Arbeiten des Meisels bedeckt ist. Der rechte Pylon zeigt auf der Vorderfeite 6 Bilder in drei Reihen, je Zwei und Zwei. Zwischen den Bil- dern aber sind Felder von Hieroglyphen. - Horus erscheint in diesen Bildern mit allen Attributen des Osiris, und ich habe keinen anderen Grund, lieber Jenen als Diesen zu nennen, als den Namen der Stadt. Im obersten Bilde hat Horus den Thot (mit dem Ibishaupte), die Sate (2x ra) und drei Jünglingsgestalten ohne besondere Attri- bute hinter sich und empfängt aus der Hand eines 235 Kriegers das Opfer eines kleinen Nachens, worauf eine weibliche Gestalt hockert. Im nächsten sind die begleitenden Götter Isis und Osiris. Der Opfernde ist dem früheren, bis auf die Kopfbedeckung, ähn- lich. Im Durchschnitt sind in allen diesen Bildern die Götter sitzend, die Opfernden stehend darge- stellt. Jene haben in der Rechten den Nilschlüffel, in der Linken die männlichen Götter den Lituus, die weiblichen eine Lotusblume. - In der zweiten Reihe trägt Horus bald den Pfchent, bald eine Mitra auf dem Haupte, die ganz derjenigen unserer Bischöfe gleicht. Unter den Göttinnen sieht man Isis, die über den Diskus noch einen Thronos hat. Das Opfer ist eine Schale, aus der ein Schlängelchen sich hebt. In der dritten Reihe haben die Figuren über 20“ Höhe. Eine höchst ausdruckvolle Gruppe, die fast auf allen Pylonen das unterste Bild einnimmt, ist auch hier zu sehen. Ein strafender Gott, wuth- entbrannt, hält mit der linken Faust einen Hau- fen Feinde, welche bittend die Hände heben, bei den Haaren zusammen, und schwingt mit der Rech- ten hochgehoben die Art, während seine Füße über schon zu Boden. Geworfene zertretend schreiten. Ein königlicher Adler schwebt, wie ein Schutzgeist, über feinem Haupte, um das die Haare in langen, ge- flochtenen Zöpfchen hängen, gerade so wie heut zu 20 * 236 Tage die Berbern in Nubien die ihrigen zu tragen pflegen. Ist es der ägyptische Mars? ist es der fie- gende Osiris ? ist es ein Sinnbild der königlichen Macht ? mögen. Andere entscheiden. Neben dieser kühnentworfenen und furchtbaren Darstellung, folgt eine Nische im Pylon, worin Horus oder Osiris mit der Sperbermaske zweimal koloffal erscheint; der Raum des zweiten Bildes ist sodann durch zwei andere kolossale Göttergestalten , Isis mit dem Pschent, und Osiris, in der Hand ein Gefäß, aus- gefüllt. Aus dem Gefäß hebt sich eine Schlange, die ebenfalls einen Sperberkopf und darüber den Diskus hat. - Die Vorderfeite des linken Pylons hat eine gleiche Zahl von Bildern und darin ähn- liche Darstellungen. Ich bemerke hier, daß die Kopf- bedeckung des Opfernden sich in demselben Bildeje- derzeit unter denen der Götter, welchen die Opfer gebracht werden, wiederholt. Der Opfernde ist ju- gendlich, in Kriegskleidern, mit königlichen Zeichen; die Götter dürften die zwölf großen seyn. Unter den Dpfergaben sind verschiedene der damals üblichen Kopfbedeckungen, und auch die Ringe der Erbauer des Tempels. Die Vorderfeite des Th o re s hat im Gesimse den geflügelten Diskus, dieselben Ringe, und den Agathodämon, als Bewahrer derselben; 237 im Supercilium zehn Figuren und drei Bilder in den Antifragmenten. Die Achfe des Tempels, von Innen nach Außen, läuft von N nach S. An der Ostfeite des rechten, und eben fo an der Westfeite des linken Pylons find vier Bilder, jedes zu zwei koloffalen Figuren; die Hinterfeite jedes Pylonen enthält aber zwei Reihen koloffaler und eine Reihe kleinerer. Die oberste zeigt im ersten Bilde den Horus, der eine Mitra als Opfer empfängt; im zweiten das Opfer einer Vase und Früchte der Isis und einem jugend- lichen Gotte gebracht; im dritten das eines Auges dem Osiris; im vierten das eines Lituus der Isis und dem Horus. Unter den Opfergaben der zweiten Reihe, in welcher die Götter stehend (in der oberen fitzend) erscheinen, ist ein Bündel Lanzen und Pfeile, welchen der Darreichende löset. Die kleineren Figuren, weniger forgsam als die anderen gearbeitet, (die fammt allen Hieroglyphen und Zierden aus vertieften Räumen gehoben sind) tragen auf Stangen, die auf den Achseln liegen, Nachen, deren Vorder- und Hintertheil mit einem Isis- oder einem Sperberkopfe geziert sind, so wie man noch heut zu Tage die Schiffe am Vordertheile mit irgend einer Bildhauerarbeit ziert. In den Na- chen steht das Nachbild eines Tempels. 2ZZ Im Innern enthalten die Pylonen zehn Stockwerke Gemächer. Die Stiege beginnt mit 9 Stufen, bricht dann rechtwinkelich, nach abermal 6 Stufen wieder fo, und immer so fort bis auf die Höhe. Zu unterst ist ein Gemach, nach 30 Stufen das zweite, nach weiteren 15 das dritte, und in fol- chen Abständen das vierte u. f. w. bis zum zehnten. Dann kommt man mit 9 Stufen auf die Höhe, bis zu welcher gegenwärtig die Pylonen noch bestehen. Die Gemächer bleiben für den Hinaufsteigenden alle zur Rechten; die Stiege läuft also in der Mitte des Pylons. Vom dritten Gemache ist ein Ausgang auf das Thorgesimse. Was den Tag betrifft, so fällt er auf die Stiege und in einige Gemächer durch innen breite, außen schmale rechteckige Öffnungen, die den ägyptischen Bauwerken eigenthämlich und so vertheilt sind, daß sie den Bildern nicht schaden, ja nicht einmal von Außen leicht unterschieden wer- den. In anderen Gemächern sind von Barbarenhand viereckige Fensterhöhlen durchgeschlagen worden, welche mehrere Figuren z. B. die koloffalen der Isis und des Horus auf der Nordseite des rechten Py- lons abscheulich verstümmeln. Im Innern sind die Gemächer offenbar Wohnungen, unverziert. Die Werkstücke in diesem Baue sind mit feinem Mörtel gefügt. - 239 Die Pylonen können nicht viel höher gewesen seyn, wie der Kranz des Gesimses zeigt. Zu den 159 Stufen mögen etwa noch 6 zu zählen feyn. Von oben, welcher Ausblick! Tief unter sich die bis ans Gebälke vergrabenen Tempelreste mit ärmlichen Erd- hütten zwischen den Säulengängen und über dem Tempel; denn ein Theil von Edfu hat sich darauf angesiedelt; ringsum Schutt, der die Ausdehnung der alten Stadt bezeichnen dürfte; weiter nach West, Nord und Süd bebaute Ebene und zuletzt als Rahmen ums ganze Gemälde – die Wüste. Bis zum Thorgebälke, an der Infeite der bei den Pylonen, hat jeder ein großes Bild und einen Saum kleiner Figuren. Im Thorraum stehend hat man sechs Bilder zur Rechten und eben fo viele zur Linken, die übrigen sind verschüttet. Eine breite Nische, in denen Reihen von Nachen, mit dem Nilschlüffel in jedem, dargestellt sind, theilt die Seitenwände. In jedem Bilde sind drei oder vier Hauptfiguren und hier sehen wir auch Harpo- crates. Ihm werden Vasen, Lotus und geflügelte Globen gebracht. Die Decke des Thorraums ist mit ähnlichen Disken oder Globen geziert. In den Ecken bemerkt man die Löcher, worin die Thorangeln sich bewegten. - Durch das Thor getreten, steht man in einem mit bedeckten Säulengängen umschloffenen Hof- 240 raum, und hat vor sich die Fronte des Tem- pels, die selbst durch 2 Pfeiler und 6 mächtige Säulen geziert ist. Wände, Säulen, Gesimse, Decke, Alles ist voll Bilder und Hieroglyphen der edelsten Arbeit. - Die Wände des Portikus, der sich zur Rechten und Linken an die Pylonen lehnt, und von zehn Säulen, fünf auf jeder Seite, getragen wird, zei- gen zwanzig Bilder, zehn in der Breite und zwei in der Höhe. Sechzehn davon find zu zwei, die vier übrigen jedes zu zehn großen Figuren. Unter diesen letztern ist abermals Harpocrates, auf einer Lotus- blume sitzend, die acht alten Götter hinter sich. Eben so haben die Wände der Portiken, die den Hof im Sinne der Länge begleiten und wovon jeder auf eilf Säulen ruht, zusammen acht und achtzig Bilder, in zwei Reihen, davon 72 zu zwei, und 16 zu drei großen Figuren. Die untere Reihe blickt nur oben aus dem Schutte hervor, denn die- fer reicht bis 5“ unter die Knäufe der Säulen. Alle Bilder geben Opferhandlungen. Die Ausführung ist großartig und fein. Auf den Querbalken erscheint mehrmals das herrliche Bild der Netphe mit aus- gefpreiteten, über das Kreuz geschlagenen, Adlerfit- tigen. Jede Säule hat einen anderen Knauf, jede andere Bilder und Hieroglyphen. Die königlichen Ringe, welche sich unzählige Male auf allen Thei- 211 len des Tempels wiederholen, sind auf den Säu- len in Nachen geführt, mit Adlern zur Seite; aber großentheils noch nicht ausgefüllt, welches beweiset, daß der Bau nie vollendet worden ist. Eine zerstörende Hand ist wie in vielen Tempeln Ägyptens auch in diesem sichtbar, denn die Götter- gestalten der Bilder sind zum Theile emsig mit dem Meißel abgeschlagen. Der erste Saal des Tempels ist feines königlichen Vorbaues würdig. Er wird von 18 ko- loffalen Säulen getragen. Nach vorne reicht die Wand nur bis zur halben Höhe, was gleichfalls eine Eigenheit und ein schöner Gedanke der altägypti- fchen Schule ist. Die Seiten sind mit Wänden ganz auf Geschloffen. Die Hinterseite zeigt ein herrliches Portal zum Eingang in die übrigen Säle. Sechzig Bilder zierten, in diesem ersten Saale die Wände. Isis, und fast nur fie, empfing die Ehren des Opfers. Doch sehen wir hier auch Amon, Anubis, und auch Harpocrates auf einem Altare sitzend, der von vier langfchnautzigen Hunden gezogen wird. Der Eingang in die übrigen Tempelfälle war fo verschüttet, daß ich nicht in dieselben gelan- gen konnte. Es dürften dem ersten Saale noch drei oder vier gefolgt feyn. Die westliche Außenwand zeigt fiebzehn koloffale Figuren in einer Reihe. Unter dem zahllo- Proke fch: Ägypten I, 21 242 fen Zierath auf dieser Seite kömmt ein Skaräbäe vor, der, statt eines natürlichen Kopfes, zwei rechts und links gewendete gekrönte Adlerköpfe hat. Auch Spreitet er die Flügel gerade so wie der kaiserliche Doppeladler, dem er sprechend gleicht. Ich habe dieß Bild an keinem anderen Tempel bemerkt. Aus die- fer Wand springt ein Löwe hervor, und so sind auf der nördlichen Außenwand deren zwei. Vielleicht dienten dieselben zum Abfluß des Regenwaffers, ob- wohl, in diesem Lande, Regen unter die Wunder gehört. Schon Herodot sagt, daß es in der thebai- fchen Mark nie regne, und ich erinnere mich, daß mich ein Greis zu Theben versicherte, daß es seit dreißig Jahren ein einziges Mal und dann nur wenige Augenblicke geregnet habe. Auf der nördlichen Außenwand find in der oberen Reihe (zwei andere Reihen verhüllt der Schutt) 28 kolossale Figuren in 12 Bildern darge- stellt. Der Tempel war von einer Mauer aus Werk- stücken umgeben; auch diese ist durchaus mit den herr- lichsten Arbeiten geschmückt. Die nördliche Außen- seite derselben zeigt 16 kolossale Figuren. Unter die- fen Figuren erscheint eine weibliche Gestalt, die Haare in nubischen Treffen hängend, einfach beklei- det; sie opfert verschloffene Vasen. Auch sie trägt 243 den Diskus und Rindshörner, und opfert doch der Ilfis. Die Behauptung, daß die Hieroglyphen und Figuren dieses Tempels nicht bemalt waren, ist ir- rig. An vielen Orten, z. B. im Thore zwischen den Pylonen, sind die Farben erhalten. Die Körperwa- ren durchaus rothbraun bemalt. - Der Tempel von Edfu ist eine Welt. Er gäbe Arbeit für Monate und Bände. Wer sind deffen Er- bauer? – Auf allen Theilen des eigentlichen Tem- pels und des Vorhofes lesen wir den Namen des- felben Ptolemäus Philometor, den wir auch zu Om- bos gefunden haben. Auf den Außenwänden aber, die natürlicher Weise später geendiget wurden, fin- den wir die Ringe eines späteren Ptolemäers und zwar Ptolemäus Alexander (geschrieben: Ptolmäus Alksndrs) denjenigen einer Berenike (geschrieben Bernike), den des Ptolemäus Cäsar in zwei neben einanderstehenden Ringen (geschrieben: Ptolmäus Kaisers), endlich auch diejenigen römischer Impera- toren. Diese allein aber auf der Ummauerung, die sicherlich der am spätesten errichtete Bau an diesem Horustempel war. - - Südlich vom westlichen Pylon (in der Entfernung von 50 bis 60 Schritten nur), bis an die Knäufe verschüttet, steht ein Tempel des Typhon. Er ist nach OSO gerichtet; Hieroglyphen und Bilder sind 21 * 244 genau im Style des großen Tempels; auch trägt er die Ringe des Ptolemäus Philometor. Gespreitete Adler und geflügelte Diskufe zieren die Decke der bei- den Gemächer, die noch bestehen. Vor dem ersten dieser Gemächer findet man zwei Säulen und einen Pfeiler; vier Säulen aber längs den Seiten; diese Reste geben an, daß ein Portikus um diesen kleinen Tempel lief. Die Säulen haben auf dem Abakus einen Aufsatz und auf jeder Seite desselben ist die Zwergengestalt dieses bösen Gottes dargestellt. Im Inneren fah ich denselben in keinem Bilde, dort find Harpocrates, Osiris, die fäugende Isis, oder Osiris und Isis, mit einem oder zwei Kindern an der Hand. Im zweiten Gemache steht eine Säule in der Richtung des Thores; nur der Obertheil des Fustes ist sichtbar; ich begreife nicht, was sie dort foll. Das Typhonium hatte einen Vorbau, wovon ein Paar Säulen und verzierte Mauern noch stehen. Auch einige andere Ruinen find im Umfange von Edfu. In einer derselben liegt ein Sphinx. Am rech- ten Ufer trifft man gleichfalls Spuren alter Bau- ten. Eine Tagreise tief in der arabischen Wüste steht ein kleiner ptolemäischer Tempel. - XX. Eile th y ia. Plutarch behauptet, auf das Zeugniß des Manetho, daß der Göttinn Eilethyia in der nach ihr genannten Stadt Menschenopfer gebracht worden feyen. Die zum Opfer Bestimmten sollen unter dem Namen Typhon, vielleicht zur Beschwichtigung dieses bösen Wesens, verbrannt und ihre Asche in die Winde ge- streut worden seyn. Nach Porphyrius soll König Amafis (Amofis?) diesen Dienst gemildert haben, indem er statt wirklicher Menschen, Bilder von fol- chen als Opfergabe wählen hieß. Eilethyia wird von Einigen auch Bubatis genannt; diese aber nahmen die Griechen für die Artemis. Noch ragen Spuren dieser pharaonischen Stadt, noch Reste des Tempels aus dem Wüstensande. Das arabische Gebirge bewahrt noch Gräber in Menge, die merkwürdigsten nach denen von Theben und Memphis: aber nirgends findet sich ein Bild, das auf den erwähnten furchtbaren Dienst schließen laffe, gegen welchen auch das Zeugniß Herodot"s sich er- hebt, der bei Gelegenheit eines Mährchens der Hel- 246 lenen über Herakles, geradezu sagt, Menschenopfer feyen den Gebräuchen der Ägypter entgegen (II.45). Die Umwallung der Stadt umschließt einen Hügel nahe am Ufer. Sie ist, bis auf eine kleine Strecke im westsüdwestlichen Winkel, erhalten und bildet fast ein Rechteck. Länge der NNWseite . . . . . . 2530 » » SSO » . . . . . . 1680 » » WSW» . . . . . . 1570 » » ONO » . . . . . . 1570 Umfang: Wiener Fuß . . . 7350 Diese Umwallung ist aus an der Sonne gedörr- ten Ziegeln, die fast 1“ ins Viereck halten. Gegen- wärtig beträgt ihre Höhe noch einige zwanzig Fuß, ihre Dicke aber 32“ 3“. Sie war verkleidet. Wo- mit ? davon keine Spur. Durch die Mitte jeder Seite geht ein Thorraum, neben welchem, an der Inseite, Aufgänge sich befinden. Vom Thore in der ONOseite zieht eine Scheide, 5“ 9“ dick und gleichfalls aus ungebrannten Zie- geln, nach dem Hügel und defen Abhang hinauf, als habe man diesen Theil der Stadt abfondern wol- len. Der Abhang ist mit Ruinen aus solchen Zie- geln bedeckt. Vom Fuße des Hügels aber bis an die Umwallung ist keine Spur von solchen Resten. Sand bedeckt diesen Raum. 217 Auf der Spitze des Hügels, fast in der Mitte der Stadt und an deren herrschender Stelle, stand der Tempel, und stehen heute die Reste, die noch davon vorhanden sind. Die Achse des Tempels sah SO bei S. Von Pylonen ist keine Spur. Man fin- det zuerst einen Zugang von 5 Säulen zu jeder Seite, vor dem einige verstümmelte Koloffe aus Porphyr und andere aus Sandstein liegen, zur Seite aber waren Gemächer; dann die Reste eines Thores und eines Vorhofes, der zu jeder Seite zwei Gemächer hatte. Die mit Hieroglyphen bedeckten Mauerreste derselben schauen kaum 2“ hoch über den Sand. Dem ersten Vorhof folgte ein zweiter zu 6 Säulen, und abermals Gemächer auf jeder Seite. Dann trat man in einen Saal von 30 Säulen (in fünf Reihen) getragen und mit einer Pfeilerreihe geschloffen, durch denselben aber, zur Linken, in drei Gemächer. Mehr ist von dem Plane des Tempels nicht mehr zu erkennen. Nach Nord und Ost enden die Trümmer unmittelbar nach dem Saale; beson- ders nach Ost ist Absturz und ein natürliches Becken, das mit Salniter bedeckt war. Aus einigen Spuren im Süd und West erkennt man, daß der Tempel von einer Mauer aus Werkstücken, und noch ins- besondere von einem Walle aus ungebrannten Zie- geln umfangen war. 248 Von den dreißig Säulen des Saales stehen noch fechs aufrecht, wovon einige Knäufe die Lotusblu- me darstellen, die andern die Gestalt eines umge- stürzten Kelches haben. Der Fust hat, zunächst am Knaufe, einen breiten Gürtel von Nilschlüffeln, Ringen und anderem Zierath; dann zwei Bilder: Opfer, einer Göttinn gebracht. Der Opfernde ist ein Jüngling; die Göttinn erscheint bald mit den Attri- buten der Isis, bald mit einem Thierhaupte; die Gaben bestehen in Vasen und Lotusblumen. Diese Figuren haben 4/7“ 6“ Höhe. Darunter ist eine Reihe kleinerer Figuren und endlich ein Saum von Hieroglyphen. Die Fußgestelle der Säulen verbirgt der Schutt. Die Fusten bestehen theils aus 7, theils aus 8 Stücken, und haben 9/ 6// Umfang; die Knäufe aus zwei. Zwischen diesen Säulen liegt eine Bild- fäule aus Porphyr , von welchen auch Reste von Sphinxen unter den Ruinen dort liegen, und den Einige für Basalt halten. Von den Gemächern zur Linken des Saales ist eines noch ziemlich erhalten. Auf derselben Seite, außerhalb dem Tempelumfange, sind Reste eines anderen rechteckigen Baues, der gleichfalls irgend ein Heiligthum gewesen zu feyn scheint. Unter allen Ruinen Ägyptens, von denen man überhaupt noch sprechen kann, ist diese am meisten 249 verwüstet. Der Sandstein, aus dem der Tempel gebaut war, ist auch zerbrechlicher als derjenige anderer alter Bauten und fast verwittert. Die Hieroglyphen sind nicht erhoben, sondern vertieft gearbeitet und oft nur ganz leicht, so viel als genug war, um die Far- ben einzulaffen. Diese haben wunderbar widerstan- den. Man möchte fagen, sie überleben den Stein. Diese Anzeichen hohen Alters werden auch durch die Ringe bestätiget. Ich konnte nur zweierlei fin- den: Mi-Amon - Remefes und Okyr (geschrieben Okr). Manetho führt in der 18. Dynastie zwei Könige unter dem Namen Acheres auf, und in der 24. einen unter dem Namen Okoris, auch Bokoris. Ich halte aber diesen Okyr (oder Akor) für älter als Mi-Amon. Er müßte fonach in die 17. Dyna- stie fallen. Geht man durch das Thor der ONOseite der Umwallung, fo findet man, etwa 30 Schritte vor demselben, einen Haufen Trümmer, der die Reste des Thores selbst zu begraben scheint. Geht man durch das Thor der NNWseite auf etwa 1000 Schritte in die Sandebene, so findet man die Reste eines kleinen, in allen seinen Thei- len forgsam gearbeiteten, Tempels. Er besteht aus einem Aufgange und aus zwei Rechtecken, das eine im anderen. Das innere, oder eigentliche Heiligthum, hat auf 10“ 0“ 6“ innere Breite 19/ 10“ 6“ 250 Länge, die Wand aber 2“ 7“ Dicke. Fünf Querblöcke bilden die Decke dieses Gemaches, dessen Eingang SO schaut, und 5/ 1“ innere, 4“ 7“ 6“ äußere Breite hat. – Im Abstande von 4“ 10“ 6“ um- schließt das Heiligthum eine Wand, 2“ dick, die einen bedeckten Gang mit demselben bildete, der auf der Hinterseite drei, und auf jeder der beiden übri- gen Seiten vier Fensteröffnungen, 3“ 10“ 6“ breit oder lang, und 5“ 9“ hoch, hatte. Der Aufgang endlich, in der Vorderseite des Ganges, hat die äußere Breite des Heiligthums, 14/8/6“, – ist 21“ 6“ 9“ lang und hatte Stufen. Das Heiligthum ist beinahe ganz erhalten. Her- ausgearbeitete Bilder und Hieroglyphen, an denen die Farben zum Theile frisch erhalten sind, bedecken es. Der Styl in den Figuren ist höchst edel, einfach, feelenvoll. Die Zeichnung und Ausführung sind sehr forgsam. Die Figuren an den inneren Wänden ha- ben 2“ 10“ 6// Höhe, an den äußeren 3/10/6“. Die Gangmauer ist an der SOseite fast ganz, an der NOseite zum Drittheile erhalten, der Aufgang da- gegen nur aus wenigen Resten erkenntlich. Stellten die Bilder nicht Opferhandlungen vor, und hätte ich im Innersten großer Tempel z. B. in denjenigen zu Luxor und Karnak nicht ähnlichen Bau der Heiligthümer gesehen, so würde ich dieß wunderschöne Gebäude nicht für einen Tempel hal- 251 ten. Vielleicht machte es nur das Herz eines großen Baues aus, von dem die Wüste die Spuren verhüllt, oder der in griechischer oder römischer Zeit abgetra- ben wurde. Die Ringe, welche ich auf diesem Tempel- chen fand, sind diejenigen des zweiten und dritten Thotmoses. - In den Felshügeln des arabischen Gebirges, hin- ter Eilethyia, sind viele und große Gräber. Bei man- chen zeigt der Eingang ein mit Hieroglyphen bedeck- tes Thor, bei anderen geht derselbe durch ein un- scheinbares Loch. Die erste Halle ist länglich und oben ausgeründet; sie enthält, längs den Wänden am Boden, oft Grabnuschen und andere keilförmig zulaufende wagrechte Nischen, einige Fuß hoch über dem Boden, in welche Opfer gelegt worden seyn mögen; das Haupt der Familie aber ruhte in einer zweiten Halle, die meistens an einer Seite der Vor- halle angebracht ist. - Die merkwürdigten dieser Gräber sind im näch- ften Hügel, N der Stadt. Dieser Hügelhallt überall dem Fußtritt wieder. Auch kettet sich Gemach an Gemach, und wie in Erzgebirgen, sind Schächte in die Felsen abgetäuft, welche wieder zu Gemächern führen. Solche Schächte liegen oft vor dem Ein- - gange in Grabhallen, so daß sie denselben sperren. Heut zu Tage, wo bereits. Alles entheiliget, ver- wüstet und geplündert ist, sind auch diese Schächte 252 ganz oder zum Theile ausgefüllt; einige bestehen noch bis auf 30“ Tiefe, und man muß beim Be- fuche aller ägyptischen Grabstätten wohl aufmerken, wohin man den Fuß fetze. Eine solche Abtäufung, 25“ tief 3/4“ 6“ breit und 7“ 2“ lang, liegt vor einer Grabhalle, die in ihrer ganzen Weite geöffnet, da steht. Im Hinter- grunde ist eine große Nische, darin aber, in Lebens- größe aus dem Felsen gehauen, fitzet ein Mann zwischen zwei Frauen. Diese Gestalten sind verstüm- melt an den Köpfen; die Körperformen sind voll und nicht unedel. Sie waren bemalt. Die Wölbung der Decke war gleichfalls bemalt, ist aber durch Feuer verwüstet. Dagegen sind die Seitenwände der Halle noch ziemlich geschont geblie- ben. Die linke Wand hat zu oberst einen breiten - Saum von Hieroglyphen, dann in verschiedenen Feldern verschiedene Darstellungen von den gewöhn- lichen Geschäften und Verrichtungen im häuslichen und bürgerlichen Leben, in jener uralten Zeit. Die drei unteren Felder, gleich am Eintritt, zeigen das Hirtenleben. Vieh allerlei Art, Schafe, Rinder, Pferde, werden auf die Weide getrieben, dort gepflegt u. f. w. Heut zu Tage ist die Pferde- zucht in Ägypten , in Bezug auf einheimische Pferde, Null. Arabien, Syrien und Dongola versehen Ägyp- ten damit, und was nur immer ein gutes Pferd 253 in Ägypten ist, stammt aus Racen dieser Länder. In ältester Zeit versah, gerade umgekehrt, Ägyp- ten Syrien und die Länder nach dem Euphrat hin, mit Pferden, und der Zoll auf diese Einfuhr wird als eine der Quellen des Reichthums Salamons auf- geführt (Könige I. 8. 28), der übrigens für sich und sein ganzes Land gleichfalls die Pferde aus Ägyp- ten kommen ließ. (Chron. II. 9. 28) Die Menge der Streitwagen und die großen Heere der Pharao- nen, fetzen die einheimische Zucht voraus. Zwei Felder, zur Rechten der früheren und von diesen durch eine Göttergestalt getrennt, geben den inneren Handel. Früchte, Brote u. f. w.wer- den erst gewogen, dann auf ein Fahrzeug geladen, und weggeführt. Das Fahrzeug gleicht dem heuti- gen Match. Es trägt eine Kajüte, gestaltet wie auf diesem; der Griff des Steuers reicht über die Decke der Kajüte weg, wie im Masch, wo der Steuer- mann eben deswegen auf der Decke der Kajüte filzt; die Bemastung ist dieselbe in Beiden; die Gestalt des Steuers aber eine andere. Dasselbe war nämlich ein gewöhnliches langes Ruder mit doppelter Schau- fel. Ich erinnere mich, im schwarzen Meere türkische Schiffe mit solchem Steuer gesehen zu haben. – Auf einem der Fahrzeuge ist ein beladener, zweirä- deriger Karren, und dessen Ladung durch einen Hebe- 25- baum festgehalten, wie man bei uns das Heu zu laden pflegt. Die oberen Felder enthalten den Ackerbau, und zwar das erste, das Pflügen. Zwei Männer, auf den Achseln die Deichsel des Pfluges, ziehen; zwei Andere helfen mit den Händen an der Deichsel nach; ein Fünfter hält den Pflugarm und tritt mit dem Fuße auf die Pflugschar; ein Sechster endlich hält den hinteren Leitsterz. Der Pflug selbst ist eine lange, breite, spitze Schaufel, aus deren Mitte ein Pflock aufgreift ; durch diesen geht die Deichsel (stange oder strick), die am Hintertheil der Schau- fel oder Pflugschar befestiget ist. Dort hebet sich auch der Pflugarm, und von dort geht, so lange als die Schaufel selbst, und mit ihr in einer und derselben Krümmung, der Leitsterz aus, der in ei- nen Knopf endiget. Ein siebenter Mann folgt dem Pfluge; es ist der Säemann; er trägt eine Kuffe aus Dattelzweigen, wie diejenigen, in denen man jetzt noch die Saat zu tragen pflegt.– Im zweiten Bilde wird der Grund mit der Haue gelockert. Im dritten abermals gepflügt, aber dießmal ist der Pflug mit Ochsen bespannt. Im vierten wird die Einbrin- gung der Ernte vorbereitet; auf das Feld führt ein zweiräderiger Wagen, leer, aber mit feinem Hebe- baume. – Im fünften Bilde ist der Schnitt, der mit Sicheln, den bei uns gebräuchlichen ähnlich, 255 geschieht. Krüge mit Waffer stehen zur Seite, und einer der Schnitter, die Sichel unter dem Arm, trinkt. Im sechsten werden die Garben gebunden,– aufgehäuft , – weggetragen ; im siebenten durch Rinder auf einer umrändeten Tenne (wie sie heut zu Tage im ganzen Oriente gebräuchlich find) aus- getreten; im achten endlich wird das Getreide zu Haufen gelegt. - - In den oberen Feldern der zweiten Hälfte der linken Wand ist der Weinbau dargestellt, von der Pflanzung der Rebe, bis zur Traubenlese und der Kelterung. Die Trauben sind blau, und das Kel- tern geschieht durch eine Presse. – Dieses Bild steht im Widerspruche mit Herodot, welcher (II.78) sagt: »Weinbereiten. Sie sich aus Gerste, denn Reben wach- fen in ihrem Lande nicht. «Ich weiß nur nicht, ob er diesen Gerstenwein meint, wenn er, im Leben des Rampfinitos, (II. 121) von Schläuchen mit Wein gefüllt spricht, unter die tägliche Verpflegung eines Mannes der Leibwache des Königs auch vier Aristeren Wein aufnimmt (II. 168). Aber er sagt ausdrücklich, daß bei dem jährlichen Feste in Bu- batis viel Rebenwein getrunken wurde (II. (60) – und, da er von den Priestern spricht, die von dem Ihrigen nichts ausgeben, sondern auf Kosten des Landes ernährt werden, so zählt er unter die Ge- genstände, die ihnen gereicht werden, auch Reben- 256 wein. (II. 37.) Selbst eine Stelle der Bibel deutet auf den Weinbau in Ägypten. Die Kinder Israel, in der Wüste Tsin, schrieen in ihrer Noth gegen Moyses und Aaron: »Warum habt ihr uns herauf- geführt aus Ägypten, auf daß wir kamen an diesen fchändlichen Ort, der nicht zum Säen taugt, nicht für die Feigenbäume, nicht für die Reben, nicht für die Granatäpfelbäume und wo nicht einmal Waffer zum Trinken ist?« (Numeri. XX. 5) Sie beklagten auf ihrer Wanderung so oft Ägypten , und was sie dort befeffen hatten. Unter ptolemäischer und römi- fcher Herrschaft wurde der Wein vom See Mareotis bekannt. Heut zu Tage wird kein Wein in Ägypten gepflanzt. Unter diesen Feldern sind solche, welche die Datte lernte, die Jagd und die Fifcherei vorstellen, dann andere mit gottesdienstlichen Gebräuchen. Gevögel wird zusammengebunden auf der Achsel getragen; Fische werden aus Hand- netzen geschüttet, zum Trocknen aufgefangen u. f. w. Unter verschiedenen Gruppen der letzten Felder sah ich, unter Anderen, einen Schreiber; er hält eine Tafel mit der Linken vor sich hin, und schreibt dar- auf mit der Rechten; dann auch eine Harfenspiele- rinn; das Instrument hat zehn Saiten. Die rechte Seitenwand ist ganz der Fahrt auf dem Nil gewidmet. Da sind allerlei Fahrzeuge 257 dargestellt, die bald stromauf-, bald stromabwärts gehen. Heut zu Tage werden die Masch und über- haupt alle Fahrzeuge, wenn der Wind fehlt oder ungünstig ist, vom Ufer aus durch die Schiffer felbst gezogen, die sich hierzulanger Seile aus Dattel- baft bedienen. Auch in diesen Bildern ist dieß Schiff- ziehen gegen den Strom zu sehen, aber häufig find auch Stiere dazu verwendet. Durch die rechte Seitenwand, ganz an Hinter- grunde, tritt man in ein finsteres Gemach, worin die eigentliche Grabstelle, ein Schacht, sich befindet. Wir fanden darin einige Reste von Mumien. Solche Schächte pflegt man jetzt Mumienbrunnen zu nennen. Nicht ferne von dieser Grabhalle ist eine zweite, an Gestalt und Größe jener ähnlich. In der Nische des Hintergrundes ist die Gestalt eines Mannes ausgehauen. Das Halbrund der Decke, mit kleinen farbigen Vierecken, in welchen ein Stern, macht ein artiges Ganze. Die Vorstellungen an den Sei- tenwänden beziehen sich wieder auf Hausleben, Hand- werke, Spiele u. f. w. Da erscheint abermals eine Frau, die, sitzend, auf einer Art von Harfe spielt. Das Instrument hat sieben Saiten und wird zwischen den Knien aufrecht gehalten. Deffen Körper gleicht einem, im Sinne eines längeren Durchmesfers, durchschnittenen Oval; an jedem Ende mit einem Knopfe geziert. Von dem vorderen geht insbesondere 22 258 ein Steg nach unterwärts, der mit dem Resonanzbo- den in Verbindung ist und demselben zur Dämpfung gedient haben kann. Von dem hinteren Ende greift ein langer Arm aufwärts, von welchem nach der Durchschnittfläche die Saiten gespannt sind. Das Tragen einer Art von Arche, welches zu den festlichen religiösen Gebräuchen gehört zu haben scheint (Herod. II. 63), ist an diesen Wänden gleich- falls dargestellt. Die Figuren an diesen und anderen Gräbern find rothbraun bemalt; die Hieroglyphen eingear- beitet nach ältestem Style. Man findet noch häufig Vasen und Gefäße aus Alabaster, Idole u. f. w. in diesen Gräbern. Die Bewohner von El-Lal brach- ten mir deren, die ich kaufte. Die große französische Karte nennt dieses Dorf El-Kab, ein Name, der dort unbekannt ist. Hart am Nil zeigen sich Reste eines Dammes oder eines Aufganges, aus Werkstücken, der nach dem großen Tempel in Eilethyia geführt haben dürfte. - XXI. L a top o l i s. (Es ne.) Der Portikus von Esne ist der Triumph der Rö- mer in Nachahmung des ägyptischen Styles, ein Werk, das aus der vereinten Anstrengung mehrerer Imperatoren hervorging, und das Einzige, das nicht von den Ptolemäern begonnen und von ihnen nur vollendet wurde, fondern als deffen Gründer sie er- fcheinen. - Dieser Portikus steht an dem jetzigen Markt- platze, im NW-Winkel desselben, und dient als Vor- rathskammer für die Baumwolle der ganzen Nazir- fchaft. Der Schutt deckt von außen drei Viertheile feiner Höhe und der Rest ist mit Lehm verkleistert, damit sich die Kothbuden der Nachbarschaft nicht zu schämen brauchen. Man steigt über Schutt und Schmutz zu dem majestätischen Eingang hinab, der durch die Ostseite (genauer O bei N) führt, denn diese ist die vordere. 22 * 260) Die Länge des Portikus ist 53“ 1“ 11“, defen Breite 111/ 11/ 8“. Er wird durch 24 Säulen, zu 5/4/4“ Durchmesser, in vier Reihen im Sinne der Breite vertheilt, getragen, wovon die der ersten durch eine Mauer bis zur halben Höhe verbunden, und in dieselbe aufgenommen, die Vorderseite bil- den; die übrigen drei Seiten sind durch Wände ge- schloffen. Der Abstand der Säulen von der südli- chen und nördlichen Wand beträgt 12“ 1“ 9“, von der westlichen oder Hinterwand aber 8“ 3“ 9“, – die Breite des Mittelfeldes 20/ 8“ 10“, – der Abstand der Säulen in den übrigen Feldern unter sich 8“ 8“ 4“. Die Höhe der Säulen fammt Knauf, in so ferne sie gegenwärtig aus dem Schutte ragen, ist 32“. Darauf ruhen Würfel, auf diesen die Quer- balken und sodann die eigentliche Decke. Der ganze Bau ist aus hartem Sandstein. Jeder der 24 Knäufe stellt irgend einen Blu- menkelch vor, und jeder ist von den übrigen verschie- den. Die Muster aus dem pharaonischen Tempel sind dabei getreu nachgeahmt. Die Seiten des Knaufes tragen als Zierath das der Blume zugehörige Laub. Die Ausführung davon ist fein und glänzend. Un- ter dem Kranze des Knaufes folgen senkrechte Strei- fen, dann Ringe von Amon und Ifis gehalten, mit geflügelten Schlangen zur Seite, endlich Hie- roglyphen zwischen senkrechten Linien eingefangen. 261 Die Farben, besonders die rothe, blaue und grüne, haben sich besonders in den Kränzen gut erhalten. Die Wand der Vorderfeite ragt etwa 7/ 8“ über dem jetzigen mit Ziegeln ausgepflaster- ten Boden, also ist der Portikus auch im Innern fast bis auf die halbe Höhe verschüttet. Das Thor ist an der Inseite so verstümmelt und verkleistert, daß ich nichts davon zu sagen weiß. An den Resten der Wand sind Bilder, welche wie gewöhnlich Opfer- handlungen, und zwar dem Gotte Amon geltend, vorstellen. Der Gott erscheint in der Gestalt des Widders. - Diesem Gotte war der Tempel vorzugsweise ge- weiht. In einem Kreise eingefangen, steht er in menschlicher Gestalt, aber mit dem Widderkopfe, so wie sich Zeus, nach der Fabel, dem Herakles zeigte (Herodot II.42), über dem Thore, das durch die Hin- terfeite in die übrigen Säle führte. Die Säle find bis auf die Spur verschwunden, aber der Por- tikus kann nicht allein bestanden haben und das Thor besteht. Es ragt gegenwärtig, im Innern, 15/8“ über den Schutt. Die Antifragmente, nur wenig aus der Wand gehoben, haben 274/ Breite. Das Super- cilium zeigt den geflügelten Diskus; es greift mit feinem Blätterzierath aus der Wand vor und hat eine ähnlich verzierte, etwa 45“ hohe, Borte über sich, womit das Thorgesimse endet. Zwischen diesem aber 262 und dem insbesondere eingerahmten Felde, worin der Gott des Tempels steht, ist abermals ein großer geflügelter Diskus. Die drei inneren Wände des Portikus, die nördliche, westliche und füdliche nämlich, ha- ben zu oberst eine drei bis vier Fuß breite Borte Hie- roglyphen, dann folgen, an der ersten und letzten, drei Reihen großer Bilder, fünf in jeder Reihe, oder fünfzehn auf jeder dieser beiden Seiten, auf der dritten aber deren zwölf. Dann ist wieder eine Borte Hieroglyphen gezogen. Das Weitere verdeckt der Schutt. Die 42 Hauptbilder, wovon jedes fammt seiner Einrahmung, 94“ Höhe und 135“ Breite hält, stellen gleichsam eine fortlaufende Opferhandlung vor. Ist es Sate, die Juno der Ägypter, – ist es Athor, die Venus derselben, – oder ist es vielmehr Isis, die Göttin, in deren Namen sich alle übrigen vereinigen, genug eine Göttin, die auf herrlichem Thronos sitzt, empfängt in allen diesen Bildern das Opfer. Bald trägt die menschliches Antlitz, bald ein Thierhaupt, darunter auch dasjenige eines Ibis. Ihre Attribute find höchst verschiedenartig, eben fo reich an Verschiedenheit ist ihr Anzug und würde allein schon den Künstler lange angenehm beschäf- tigen. Ihre Gesichtzüge sind edel und von großer Schönheit; die Haare geschmackvoll geflochten; ein 263 Schleier deckt das Hinterhaupt und hängt in lan- gen Falten über den Nacken; das Geschmeide an Händen und Brust, der Schmuck des Kleides, über- haupt das Einzelnste und Geringste ist reizend ge- dacht und gearbeitet. Die Zeichnung des Körpers ist vernachläffiget. Es wäre lächerlich, im römischen Zeit- alter und bei der Vollendung in anderen Theilen des Bildes, die Kindheit der Kunst hierin sehen zu wollen, sondern man muß sagen, was Denon sagte, der den Portikus für ein Werk der Pharaonen hielt, und Jeder sagen wird, der an Ort und Stelle sieht: das Muster war gegeben, und davon abzuweichen unerlaubt. Die Göttinn hat meistens hinter sich eine Beglei- terinn, manchmal auch einen Begleiter. Das Opfer wird in allen Bildern von einem Manne gebracht, der eben so verschieden in seiner Gestalt und in fei- nen Attributen als die Göttinn selbst ist. Er trägt im Gürtel eine Waffe, festanliegend, und einem Schleuderfabe ähnlich, – Stiefel, die bis unter die Knie reichen, – ein Kriegskleid, am Halle aus- geschnitten und festanliegend. Er ist meist vorschrei- tend mit keckem Schritte dargestellt; der Ausdruck des Antlitzes ist kräftig, kühn und jugendlich. Manch- mal hat er einen Thierkopf, z. B. den eines Kroko- dills, eines Hundes u. f. w. _264_ Nur in wenigen Bildern kömmt eine vierte Fi- gur vor. Diese Figuren haben zum wenigsten Le- bensgröße. Im Felde der Bilder, neben den Figuren und über denselben, so wie auch im Rahmen, stehen kleine Hieroglyphen, eine Schrift zur Erklärung der Bilder. - Die Decke besteht aus Blöcken, welche auf 3 bis 4“ Länge die Breite des Säulenganges, von Achse zu Achse gerechnet, haben. Sie war in der nörd- lichen Hälfte des Portikus so geschwärzt und be- staubt, daß ich kein einziges Bild zur Genüge aus- nehmen konnte. Im Mittelschiffe schweben 24 Adler mit gespreiteten Flügeln, wie gewöhnlich einer hin- ter dem anderen und die ganze Breite des Schiffes einnehmend. Im nächsten daran find Götterzüge; im mittleren der südlichen Hälfte aber, steht der Thierkreis, über welchen so viel Gelehrtes von den Franzosen und Anderen geschrieben worden ist. Hie- roglyphen und Bilder darin sind eben so meisterhaft, wie alle übrigen dieses Portikus gearbeitet, aber Dank dem Staube der Wollsäcke, ich hatte nicht wenig Mühe bei der Betrachtung derselben. Dieß merkwürdige Feld ist nach der Länge in zwei gleiche Theile getheilt. Die nördlichere der bei- den Reihen beginnt mit zwei schwarzen Männern, die sich gegenüber stehen und die Hände reichen. Dann folgt, senkrecht auf die beiden Männer, eine _265 weibliche Gestalt, in der einen Hand einen Zweig, in der anderen eine Frucht, zwei Sterne unter den Füßen. Unter ihr ist der Löwe, schreitend, einen Stern vor sich. Dann folgt der Nilkrebs, mit 13 Sternen in drei Reihen über sich, einen Stern kurz vor sich. Weiter eine dreifach gewundene Schlan- ge, das Haupt dem Krebs zugewendet, unter und neben sich drei kleine Schlangen. Sodann ein Adler mit vier gespreiteten Flügeln, zwei geflügelte Schlan- gen über sich; drei Gestalten gleichen Ausdruckes und ohne Attribute, acht Sterne in zwei Reihen über sich; weiter der Stier, der Widder, die Fische, endlich eine Reihe schwarzer, sich die Hände reichender Männer, mit Krokodil- und Stierköpfen, Götter auf Stühlen sitzend u. f. w. Diese Bilder also nehmen die eine Hälfte des Schiffes ein. Eine Borte mit kleinen sehr verdor- benen Zeichen, die mir die abgekürzten für die Zei- chen des Thierkreises schienen, scheidet diese Hälfte von der anderen. Darin erscheint, unter dem Lö- wen der nördlichen Hälfte, auch in der südlichen ein Löwe mit 5 Sternen über und eine vierfach gekrümmte Schlange unter sich; dann zwei Götter, vielleicht Osiris und Apis, dieser mit Stierkopf, 6 Sterne über sich zu 4 und 2. Dem Krebs gegen- über ist die Wage von einem Manne mit Thierkopf gehalten; dem Adler der Scorpion, 12 Sterne Prokefch: Ägypten I. 23 266_ über sich; dem Stier der Schütze. Die Zeichen, gegenüber dem Widder und den Fischen, welche der Waffermann und der Steinbock feyn müffen, konnte ich nicht ausnehmen. Auch dieses Feld schließet mit schwarzen Männern und Göttern. - Die Epoche, mit welcher dieser Zodiakus beginnt, und die am wahrscheinlichsten der Anfang des Jah- res ist, fällt in den Löwen. Ich weiß nicht, warum die französischen Gelehrten es in der Jungfrau fe- hen wollen. Da die von den Zeichen des Thierkrei- fes eingenommene Strecke, in beiden Hälften gleiche Länge hat, und in der zuerst beschriebenen offenbar 6 dieser Zeichen stehen: der Löwe, der Krebs, die Zwillinge, der Stier, der Widder und die Fische, fo fallen die anderen fechs Zeichen auf die andere Hälfte, und es folgen in aufsteigender Ordnung: Waffermann , Steinbock, Schütze, Scorpion, Wage, Jungfrau. Diese Hälfte endet aber nicht mit diesem Zei- chen (hier durch die vierfach gewundene Schlange gegeben), sondern mit dem Löwen, und damit fängt die erste Hälfte an, also Jahres Anfang im Zeichen des Löwen. Die weibliche Gestalt, welche vor dem Löwen in der ersten Hälfte sich befindet und wahrscheinlich die Meinung der französischen Gelehrten bestimmt hat, ist keine Hauptfigur, kein Zeichen, welches die - 267 Gründer dieser Darstellung des Thierkreises als ei- nes der zwölf wollten angesehen wissen, denn sie ist kleiner als diese, und nicht ohne Gewalt unter diese zu ziehen; sie ist Beiwerk. Wäre sie eines der Zei- chen und fonach der Löwe das zweite, so würde in die zwei gleichen Hälften eine ungleiche Zeichenzahl gesetzt feyn, was unwahrscheinlich ist; und in die- fem Falle würden die Zeichen der einen Hälfte ent- weder nicht in der Ordnung unter den Zeichen der anderen Hälfte stehen können, in welcher sie doch stehen, oder es müßte der Raum für zwei Zeichen in der unteren Hälfte leer geblieben feyn, d. h. ohne zwei entsprechende Zeichen des Thierkreises, was nicht der Fall ist. Welche von beiden Hälften den Jahresanfang gebe, das beginnende Zeichen bleibt der Löwe. Daß aber die südliche die beginnende fey, ergibt sich aus der natürlichen Ordnung der Zeichen und aus dem Umstande, daß die Gestalten der nördlichen Reihe nach West, die der südlichen nach Ost, also der Zeit entgegen schreitend, dargestellt sind. Obwohl Monument aus römischer Zeit, darf man im ägyptischen Tempel wohl das ägyptische Jahr fuchen, das aber begann mit dem Sommersolstitium. Wir werden Gelegenheit haben, über die Epoche dieses Thierkreises bei Gelegenheit desjenigen von Tentyra zu sprechen. 23 *** 268 --- Die Decke des südlichsten Schiffes gibt andere - astronomische Bilder, im Styl der früheren: Schlan- gen mit Doppelgesichtern; andere, aus deren Schweif ein Baum proßt; Amon bald mit einem, bald mit zwei Widderhäuptern, bald als geflügelter Widder; Typhon, u. f. w. Die Farben sind frisch. Alle Men- schengestalten sind von schwarzer Körperfarbe und meist weiß bekleidet. Was die Außenseite des Portikus betrifft, so kann ich im Allgemeinen nur sagen, daß die Haupt- linien der ägyptischen Schule streng beibehalten sind. Die Ausführung aber ist reicher an Zierath. Das Gesimse ist mit Akanthusblättern geziert, in deren jedem ein königlicher Ring eingezeichnet ist. Die Südseite ist verkleistert; die Westseite konnten wir nur durch ein Paar Löcher eines daran gekleb- ten Gebäudes, die Nordseite gar nicht sehen. Ich fand unter den Hieroglyphen dieses Porti- kus mehrere Thiere, die ich mich nicht erinnere in den Tempeln aus Pharaonenzeit als solche ver- wendet gesehen zu haben, z. B. den Apis, das Kro- kodil, den Löwen, Fische u. f. w.– und eben so in den Ringen einige Zeichen, die ich sonst nirgends in den Ringen angewendet fah, z. B. Harpöcrates, Krokodille. Die Menge der Hieroglyphen ist betäu- bend für Denjenigen, der in einen ägyptischen Tem- Pel tritt; es entfällt ihm der Muth, sobald er in - - 269 dieß aufgerollte Buch blickt, das mit Einem Male vor seinem Auge liegt, beschrieben mit aller Schön- heit, welche die Schrift erlaubt und dulden darf. Dennoch glaube ich, daß die Zahl der Hieroglyphen bei weitem nicht so groß ist, als man voraussetzt. Ich weiß, nachdem ich einmal eine gewisse Menge gesammelt und in Claffen geordnet hatte, wie fel- ten ich einen neuen Beitrag fand. Unter den Rö- mern hat man hierin weit mehrere Veränderungen und Zusätze sich erlaubt, als unter den Ptolemäern. Im Nord von Esne, 1 / Stunden Weges, am Gebirge, stand ein kleiner Tempel, den Denon als den am meisten verwüsteten beschreibt. Man wies mir einen der Ringe desselben, und dieser enthielt die Worte: Autokrator Cäsar Hadrianus ; also gleichfalls ein Bau aus Römerzeit. Jetzt ist dieser Tempel fast vertilgt, denn dessen Gestein wurde verwendet. XXII. Anti-Latopolis. Mitten unter Ruinen aus ungebrannten Ziegeln, liegt, auf dem rechten Ufer, auf eine kleine Viertel- funde vom Nil, Esne gerade gegenüber, ein klei- ner Tempel des Knubis (Kyov814) von Ptolemäern begonnen und von Römern fortgeführt. Noch bestehen ein Vorsaal und drei Gemächer, die in derselben Achse liegen; der Rest ist zerstört. Der Vorsaal (und somit der Tempel) sieht nach W. Acht Säulen trugen denselben; zwei davon liegen am Boden. Die vordere Reihe war, wie gewöhn- lich, bis zur halben Höhe in eine Wand eingesenkt. Darauf sind Opferhandlungen, mit welchen dem Knubis, Amon, Osiris, der Isis, Athor u. f. w. gehuldiget wird. über dem Eingange in das erste Gemach schwebt der Diskus mit dem Agathodämon zur Seite. Darunter wird ein doppelt geflügelter Scarabäe durch Anubis (in Hundsgestalt) auf ei- ner Barke geführt, vor welcher ein Mann einher- geht, der mit der Stange den Grund prüft, wie dieß in den Wintermonaten noch jetzt häufig durch 271 den Reis des Fahrzeuges zu geschehen pflegt. Hul- digende Gestalten begleiten die Barke und folgen. ihr; man sieht, es ist ein Festzug. - - Das erste und dritte Gemach sind gar nicht, im mittleren ist nur die Hinterseite, mit Meißelarbeit geziert. Der Tempel ist also nie ganz fertig gewor- den. Auch die Ausführung in den bestehenden Bil- dern und Hieroglyphen ist ungleich und zum Theile mittelmäßig, zum Theile aber schön. Die Ringe, die ich fand, gaben Ptolemäus (wahrscheinlich Ever- getes II), Autokrator Cäsar Verus, und Auto- krator Comodus. Dieser Tempel sowohl, als auch der Ort rings um denselben, von dessen Umwallung noch Reste bestehen, ist durch Feuer zerstört worden, wie die streckenweise halbgebrannten Ziegel bezeugen. - XXIII. H e r m o n t i s. D. Reste zweier Tempel und Schutthaufen, das ist, was von dieser Stadt noch übrig blieb, die un- ter den Römern einer Provinz den Namen gab, und in welcher, nach Strabo, Zeus und Helios verehret wurden (XVII). Sie liegen eine kleine Viertelstunde vom Nil. - - Der füdliche der beiden Tempel, wenn man anders aus den wenigen Ruinen, die dort stehen, auf einen Tempel schließen darf, ist offenbar spät- römischen Ursprungs. Ein Rechteck von 170“ Länge und 96“ Breite, von Ost nach West gerichtet, von einer Mauer aus Werkstücken umfangen, die nur wenig aus dem Schutte sieht, ist mit corinthischen Knäufen, Piedetalen, Granitsäulen, Werkstücken, mit und ohne Hieroglyphen, übersäet. An der West- feite steht ein geringer Rest, aus alten, mit Hie- roglyphen bedeckten Trümmern nachläffig zusam- mengefügt, mit Nischen und Runden, in denen einige Farben sich erhielten. Ich denke, daß hier eine koptische Kirche in römischem Bau sich ange- 273 fiedelt hatte. Vielleicht ging dem römischen ein ptolemäischer voran, denn auf einigen Baustücken, so wie auch auf Blöcken einiger Reste, die östlich liegen und ein Wafferbecken umgaben, sah ich Theile von Ringen des Epiphanes und Evergetes II. An der Westseite des füdlichen Tempels führte eine Straße vorüber und gerade nach dem Haupt- tempel. Vor diesem findet man ein gegrabenes Be- cken zu 90“ ins Gevierte , aus Werkstücken aufge- mauert. Sieben Stufen führen daraus auf einen ebenen Raum, und von diesem in den Tempel, der nach WSW gerichtet ist, und aus Gemächern und Sälen besteht. Dieser Bau ist einer der zierlichsten und jüng- ften aus Ptolemäischer Zeit, denn er trägt auf allen feinen Theilen die Ringe: Kleopatra und Ptolemäus-Cäsar, also der jüngsten aus den drei Königinnen dieses Namens und ihres Bruders und Mitregenten. Der Vordersaal hat zwei Säulen an den Ecken und zwei Pfeiler in der Mitte, eine Abweichung von der allgemeinen Regel. Der zweite Saal ist ein Portikus von 12 Säulen, die am Gestelle 5, 11, Durchmesser haben, und schlanker als gewöhnlich find. Ihre Knäufe nach altem Muster, Lotus und Palmen nachbildend, sind reich und fein. Hierauf kommt man in ein schmales, vom Portikus gefon- 274 dertes Gemach, woraus, zur Rechten, eine Stiege aufs Gesimse führt. Weiter tritt man in den ei- gentlichen Tempelsaal, und zuletzt in ein ganz en- ges Gemach, von der Breite des Tempelsaales aber kaum 5“ lang. Der erste Portikus oder Vorsaal ist gar nicht mit Hieroglyphen verziert, und wahrscheinlich erst von den Römern hinzugefügt. Der zweite zeigt auf feinen wenigen Wandresten Athor und Horus als Aphrodite und Apollo, auf den Säulen aber, die nur zur Hälfte verziert find, außer diesen, Harpo- crates und Epafos (Apis), dieser in Jünglingsge- falt, Rindshörner und Diskus über dem Haupte, die Haare in langem Geflechte über das Ohr herab- hängend, Waffenrock, Schwert an der Seite, Nil- fchlüffel in der Rechten und den Lituus in der Linken. Die äußere Nordseite des Tempels zeigt noch viele Bilder, viele aber sind zerstört. Im ersten der obersten Reihe sehen wir eine Göttinn mit gesprei- teten Flügeln und Diskus ohne Hörner, vielleicht Netphe, die Mutter des Osiris; hinter ihr Typhon, in dreierlei Gestalt, nämlich mit dem Haupte eines Nilpferdes, mit einem menschlichen und mit dem eines Esels. In den Händen trägt er zwei Opfer- meffer, wenn es anders nicht Hälften von Palmen- blättern sind. Hierauf folgt Isis und siebenmal Harpocrates, den Finger auf dem Munde, Geißel _ 275_ - und Krummstab in der anderen Hand; in jeder Darstellung mit anderer Kopfbedeckung. Diese Göt- ter sitzen und erwarten einen Opferzug, der sich ihnen naht. Das zweite Bild zeigt Amon, mit dem Widder- haupte, Nilschlüffel und Krummstab, der sitzend von einem Opfernden einen Becher empfängt. Hin- ter dem Gotte steht Nephthys, eine jugendliche Göt- tinn, auf dem Haupte einen kleinen Pfeiler, der ei- nen Nachen oder eine Schale trägt. Im dritten wird dem sitzenden Thot, mit dem Ibishaupte, ein Apis- bild geopfert. Auch hier steht hinter dem Gotte Neph- thys, die Haare zierlich wie Athor und Isis geord- net, darüber eine Vase, in ein Rechteck eingefan- gen. Im vierten empfängt Isis das Opfer eines Schwertes; hinter ihrem Stuhle steht Harpocra- tes. Im fünften sitzt Osiris, mit dem Sperberhaupte, hinter sich Isis; ein Mann mit einem Stierkopf opfert drei verschloffene Vasen. Das Ende, so wie der Anfang, dieser Reihe ist zerstört. In zweiter Reihe sind drei Bilder zur Linken nicht klar. Das vierte zeigt Harpocrates, hinter sich Nephthys, wie im zweiten der oberen, aber statt des kleinen Pfeilers eine kleine Säule als Träger der Schale; der Opfernde bietet leere Hände. Das fünfte weitet Osiris, eine Göttinn hinter sich 276 mit den Attributen der Ifis, diese auch vor sich und im Begriffe, ihm ein Kind zu reichen. Vier Män- ner folgen sodann und sieben Frauen, alle der Ilfis selbst ähnlich, und Cymbeln in den Händen. Ich halte diese für Priester und Priesterinnen, mit den Attributen der Gottheit, der sie dienten angethan, und irgend einen Festzug haltend. Ich weiß zwar, Herodot behauptet, daß kein Weib Priesterdienst versehen durfte, weder bei einem Gott noch bei ei- ner Göttin (II. 35), aber dieß Zeugniß kann nur für die Pharaonische Zeit gelten. Der Rest, so wie eine dritte Reihe sind unkenntlich. An der südlichen Außenseite erscheinen, mit ge- ringer Verschiedenheit, dieselben Götter und Hand- lungen. Hier zum ersten Male, bemerkte ich unter den Opfergaben einen Kranz, unter den ganz klei- nen und schlecht eingegrabenen Hieroglyphen der Westseite aber, eine Giraffe. Das Gemach vor der Tempelhalle hat zur Rech- ten drei Bilder, eben so viele zur Linken. Isis, Ost- ris, Horus, Amon, Athor, Herakles und Tafne, mit dem Löwenhaupte, sind die Götter derselben. Im Tempelsaale selbst sind viele und herrlich aus- geführte Bilder; die säugende Isis, hinter sich Leto und Tafne; Mendes mit Isis und Harpocrates, auf welchen jene die Hände legt; Horus und Ost- ris sich die Hände reichend, hinter jenem Isis, hin- 277_ ter diesem Typhon und ein anderer Gott, zwei ge- hobene Arme auf dem Haupte, vielleicht Pthah; Horus, Harpocrates, Isis und Osiris; Thot, Har- pocrates und Ifis, u. f. w. über dem Thore steht ein gekrönter Falke. Die Decke ist mit Adlern, welche die Flügel fpreiten, geziert. Das innerste Gemach und so auch die Tempel- halle, waren durch eine Fensteröffnung über dem Thore erleuchtet. Diese ist zwar im ägyptischen Style, aber in keinem ältern Tempel sah ich sie angebracht an dieser Stelle. Im innersten Gemache wiederholt sich oft das Bild der säugenden Isis, mit menschli- chem Antlitz bald und bald mit dem Kuhhaupte; Priesterinnen mit den Attributen der Göttin , te- hen zur Seite. Die Decke dieses seltsamen, mit größter Sorge geschmückten Gemaches, das wie der Verwahrungsort eines heiligen Thieres oder die Zelle einer Pythonuffe erscheint, ist mit Bildern des Thierkreises versehen. Die Mitte nimmt ein, mit ge- fpreiteten Beinen auf einem Nachen stehender, Mann ein. Über sich hat er den Stier, den Widder, einen Sperber, den Scorpion, ein geflügeltes Kind; un- ter sich zwei Gestalten auf Nachen, einen geflügel- ten Skarabäen und einen geflügelten Löwen. Zur Seite sind Tafeln mit Hieroglyphen, im schönsten Style, gearbeitet. Strabo, Alian und Makrob laf- 278 fen im Osiristempel zu Hermontis den Stier Onu- phis verehrt werden. Nun ist der Tempel als Harem benützt, und zum Theile verbaut. Auf demselben aber steht ein Taubenhaus. Der Kascheff von Erment war gefäl- lig genug, die türkischen Frauen für die kurze Zeit aus dem Tempel zu nöthigen, die wir verlangten, um denselben zu besehen. Die Schutthaufen rings um den Tempel sind sehr ausgedehnt. Von ihrer Höhe überblickten wir die weite Flur von Theben, aus der die Memnons- fäulen riefig sich heben. XXIV. T h e b ä. 1. Der Boden der Mythe ist unsicher und schwan- kend; er wechselt, er weicht jeden Augenblick unter den Füßen. Etwas Ähnliches empfindet man, wenn man denjenigen von Thebä betritt. Die älteste Ge- schichte überliefert diese Stadt nur als eine gewe- fene. Man würde ihr Bestehen unter die Fabeln der Geschichtenerzähler werfen, hätten ihre Reste nicht die Zeit bis zum heutigen Tage überdauert. So sind - wir gezwungen zu fagen: sie war; aber wir wissen nicht wann sie begann, nicht einmal, wann sie endete. Die Bibel ist zu jung, um sie zu kennen. Moy- fes kannte nur Unter-Ägypten; wenigstens paffen sich alle feine Erzählungen nur diesem Theile des Landes an. Die Urväter selbst, deren Einwanderung und Wirken in Ägypten wir aus dem ersten Buche Moyses ersehen, haben darin keinen andern Schau- platz, als Unter Ägypten. Die späteren jüdischen Geschichtsschreiber kennen Memphis (Ofeus IX. 6); Thebä wird von ihnen nicht genannt. 2 R() Und sie war doch. Homer, der um ein Paar Jahrhunderte vor Oseus lebte, kannte sie, und legt ihr die vielbekannte und vielbestrittene Bezeichnung der hundertthorigen bei. In dem ältesten Religions- cultus der Griechen, dem Pelasgischen, finden wir ihre Spur, denn die Weissagung zu Dodona war, nach dem einstimmigen Zeugniß der ägyptischen Prie- ster und der Priesterinnen zu Dodona, aus derjeni- gen im Tempel des Amon zu Thebä hervorgegan- gen (Herod. II. 54–58). Herodot endlich kannte fie als die Hauptstadt Ober- Ägyptens, d. i. der thebaischen Mark. Nach dieses Geschichtsschreibers Meinung, und nach den Angaben, die er fünfthalb Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung an Ort und Stelle fam- melte, war in ältester Zeit, das Land vom Meere bis ins heutige Fayumm Sumpf (II.4.). Damals aber bestand Thebä und war der Mittelpunct, die Hauptstadt Ägyptens. Im Verhältniß, als Land nach Norden gewonnen wurde, stiegen die Bewoh- ner herab (II. 15); Menes gründete Memphis; das untere Land wurde das zu erschaffende, also das vorzugsweise geliebte, und von jenem Zeitpuncte an, war Thebäi entweder Hauptstadt eines eigenen Reiches, oder, nachdem die Pharaonen von Mem- phis sich nach Süden ausdehnten, zweite Stadt des Reiches. - 281 Die Priester des Amon zu Thebä, zeigten dem Vater der Geschichte die Reihenfolge ihrer Ober- priester (II. 143.), und diese geht nicht weiter in die Vergangenheit zurück, als die Gründung von Memphis. Hieraus läßt sich schließen, daß diese in Folge eines jener Vertilgungskriege Statt fand, welche die Völkerströme der ältesten Zeiten führten, und wovon wir in den Büchern Moyses die pre- chendsten Beispiele in der Hand haben. Die Prie- fer wußten also nichts weiter über den Zeitraum vor Menes zu sagen, als daß Theben damals war und daß Götter dort herrschten (II. 143.). Aus die- fem Dunkel geht die Geschichte aller Völker hervor, die einiger früher die anderer später. Die Gründung von Memphis aber fällt, nach Herodot, auf 341 Menschenalter vor Pfammetikos, d. i. auf 11,340 Jahre (II. 142.) und fonach auf etwa 12,000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Sein Beweis dafür ist die unter sich übereinstimmende Liste von 341 Königen, und 345 Oberpriestern, welche die Priester ihm vorlasen und in Bildern zeigten. Diese Zahl von Jahren erschreckt. Wir kön- nen sagen, daß ein Menschenalter ein zu breiter Durchschnitt für die Regierung eines Königes fey; aber selbst die Hälfte führt den Ursprung von Mem- phis auf 6000 Jahre hinauf. Wir können fagen, das Jahr der Ägypter war kürzer als das unfere, W4 282 aber drei Menschenalter auf ein Jahrhundert, wie Herodot berechnet, fetzt Jahre wenig verschieden von den unseren voraus und dieser Geschichtsschreiber sagt ausdrücklich, das ägyptische Jahr fey auf 365 Tage berechnet, was auf die Zahl von 6000 Jahren nur einen Unterschied von 4 Jahren gibt. - Aber warum diese Scheu vor den Zahlen? Der Natur fehlt die Zeit nicht, sagt richtig Volney, und alle Forschungen im Reiche der Elemente, der physischen sowohl, als der moralischen, sagen das- selbe. Daß wir mit unserer Geschichte nicht weit hinaufreichen: je nun, das will nur sagen, daß die Buchdruckerei um einige Jahrtausende zu spät er- funden wurde. Wir werden die künftigen dafür schad- los halten. Damit Wien ist, was es ist, hat es etwa sechs- zig Menschenalter gebraucht; damit Paris, Constan- tinopel, Rom sind, was sie sind, – noch mehrere. Damit Berlin und Petersburg sind, was sie sind, war als Grundlage die Civilisation eines ganzen Welttheiles nothwendig. Warum wundert man sich, daß die Hauptstadt eines Landes, das vermög feiner geographischen Lage in Bezug auf bürgerliche Ge- staltung und geistige Entwickelung ganz aus. fich selbst herauswachsen, ohne Wegweiser, rathlos, das größte aller Labyrinthe, das der Erfindung durch- wandern mußte; warum wundert man sich, daß sie 283 drei- oder sechsmal mehr Dauer für sich fordere, als die unserer Hauptstädte ist, dieser Pflegekinder und Erben der Erfahrung aller Zeit und aller Völker? Es haben auch sicherlich unsere Hauptstädte, ob- gleich in der Fülle ihres Lebens und ihrer Blüthe, in Beziehung auf öffentliche Werke, welche als Maßstab der Kraft der bürgerlichen Vereinigung und der errungenen Kenntniffe dienen können, keine grö- ßeren aufzuweisen, als Memphis und Thebä, noch heut zu Tage, das ist, Jahrtausende nach ihrer Zer- förung aufweisen. Von der Höhle im Felsen bis zum Tempel von Karnak, und vom Verkehr mit dem Vieh bis zur Ausbildung eines Reiches, wie das der Pharaonen war, ist der Weg so unabseh- lich weit, daß mir die Jahrtausende dafür zu kurz werden. Wahr ist, daß in keinem Lande die Vorsehung den Menschen sichtbarer an die Hand nahm, und ihn die Wege abkürzen half, als in Ägypten. Das Land besteht nur durch den Nil. Der Nil kann nur ver- breitet werden durch große Bauten. Große Bauten fordern Zusammengreifen. Vieler. Einmal gezwungen am Nil zu leben, war frühe Vereinigung der Fa- milien zum Volke, frühe Auffindung mechanischer Kenntniffe, frühe Entwickelung eines bändigenden Religionssystemes, frühe Herrschaft eines Einzigen, - unausbleibliche Folge. Eben diese Angewöhnung - - 24 k 284 - einer Seits vom Volke, zu großen, der Gemeinde nützenden Werken sich zu vereinigen, und anderer Seits vom Herrscher, große Mittel zu folchen in seiner Hand zu sehen, mußte auch Werke hervor- bringen, welche wie die Pyramiden, die Königs- gräber zu Theben u. a. nicht mehr von Vielen für Alle, sondern von Vielen für Einen gearbeitet wur- den. Der Nil ist der Vater der riesigen Bauten, die wir in Ägypten heute noch bewundern. In kei- nem Lande, welchem nicht ein Canalsystem, wie diesem nothwendig ist, werden solche ausgeführt wer- den können. - Die Bauten von Thebäi sind nun freilich nicht aus jener Epoche, vor Gründung von Memphis. Die Priester sagten ja selbst, daß damals Götter dort herrschten. Es ist nicht billig, nach ihrem Rück- zuge in den Himmel. Spuren ihrer Wohnstätten auf Erden zu suchen. Auch haben, allem Anscheinenach, diejenigen, die unmittelbar nach ihnen Herren von Thebä wurden, für die Vertilgung defen , was früher war, gesorgt. Die Tempel und Male, zu Thebä, find aus der blühenden Epoche des Pharao- nischen Reiches, aus der Zeit der Dynastie des Amofis und Remeles, und herab bis auf die Pharaonen, welche gleichzeitig mit den Königen von Juda und Israel waren. Der Untergang dieses Reiches ist mit furchtbaren Zügen in die Monumente von Thebä 285 geschrieben, und die Perser haben sich durch die Zer- störungen, die sie verübten, dort Male gesetzt, jetzt die einzigen, welche ihr Dageweseneyn dem Auge bezeugen. Ptolemäer räumten am Schutte auf, rich- teten die Heiligthümer aufs Neue ein, setzten auch manchen Bau hinzu, denn sie liebten für die Wie- derhersteller der alt-ägyptischen Religion, für die gesetzlichen Erben und Rächer der Pharaonen zu gelten. Die Römer thaten nur wenig vom Noth- wendigsten. Sie hatten zu nahe unter den Augen, was sie nicht erreichen konnten, und bauten daher lieber zu Latopolis und Tentyra. So sehen wir denn in den Monumenten von Thebä die Werke von etwa zwanzig Jahrhunderten neben einander gestellt; die fünfzehn nicht gerech- net, die feit dem jüngsten römischen Bau dort, bis heute, vergangen sind. Auf dem rechten Ufer werden wir den Tempel von Luxor und das Tempelgemenge von Karnak; auf dem linkenden Tempel von Kurnu, das Memnonium, die Memnonsäulen, die drei Tempel von Medinet-Abu, den der Isis am Gebirge, den im Thale Affaiff, die Gräber in und an diesem Thale, endlich die Königsgräber in Biban-el-Mo- luk (Bab-el-Melek) besehen. Die Ruinenfelbst ge- ben der alten Thebäeinen Durchschnitt von 2 Stun- den von O nach W und um ein Geringes weniger von N nach S. Sie lag in einer herrlichen Ebene, 286 an das libysche Gebirge gelehnt, das dort eine höchste Höhe in Ägypten hat. Mitten durch die Stadt floß der Nil in majestätischer Breite. 2. L. u r o r. Ich besah diese Ruinen das erste Mal im Abend- dunkel, und nie werde ich den Eindruck vergeffen, den sie auf mich machten. Die Dämmerung hatte ihnen die Farbe ihres Alters gegeben und ihre Ma- jestät in schauerliche Größe umwandelt. Der Tem- pel von Luxor, nun auf ein Paar hundert Schritte ins Land gerückt, war hart am Nil erbaut, denn noch sieht man hinter dem südwestlichen Ende der Ruinen, den Damm aus Werkstücken, auf eine Strecke von 80 Klaftern, der jenen Bau gegen den Nil vertheidigte. Daran ist in späteren Zeiten ein Sporn aus Backsteinen gesetzt worden, 24 Klafter lang und 3 breit. Die Achse des Tempels, von Innen nach Außen, läuft von SW nach NO. Vor dem Eingange zwi- fchen zwei mächtigen Pylonen, sitzen zwei Koloffe, vor diesen aber sind zwei Obelisken aus rothem Granit aufgerichtet, an welchen die Arbeit in Bil- dern und Hieroglyphen, als die vollkommenste an- - 287 gesehen werden darf, die man auf irgend einem Monumente findet. Jeder dieser Obelisken ist aus einem einzigen Blocke. Hamilton gibt der Grundfläche, nach Wie- ner Maß berechnet, 6/ 94/ 4/// Breite und 7 / 84/ 11“ Länge; die ganze Höhe aber setzt er über 80“, was (den Kubikschuh Granit zu 184 Pfund) den kör- perlichen Inhalt eines solchen Obelisken, d. i. des schon behauenen und bearbeiteten Blockes, über 3000 Centner Last bringt. Die Bilder und Hiero- glyphen sind mit einer Schärfe eingearbeitet, und die Oberfläche im Allgemeinen, und ins Besondere die Flächen der eingegrabenen Zeichen, haben einen Glanz und einen Grad von Glätte, daß ich nicht glaube, daß in irgend einem Lande zu irgend einer Zeit, in Granit etwas vollkommener gearbeitet wurde, als diese Obelisken und diejenigen von Kar- nak, von denen ich an ihrem Orte zu sprechen Ge- legenheit haben werde. Wäre die ganze Maffe der feinste Kitt, so hätte man die Zeichen nicht weicher ausrunden, und wäre der Stein Karniol, sie nicht schärfer abkanten können. Alle vier Seiten sind be- schrieben. Ich vermuthe, daß von diesen Monumen- ten im Werke der französischen Commission genaue Zeichnungen vorkommen und bedauere, daß ich meine Aufmerkungen nicht damit vergleichen kann. So viel ich mich erinnere, sitzt im obersten Bilde, Amon 288_ mit Nilschlüffel und Lituus, vor sich einen Opfernden, der knieend zwei kleine Näpfe darreicht, dann folgt eine Reihe behaupter Sperber oder Adler, mit Dis- kus zur Seite, weiter eine Reihe Stiere. Dieß ist auf beiden Obelisken und auf jeder Seite derselben gleich. Von dort an werden die Zeichen verschieden. Die königlichen Ringe auf beiden Obelisken geben den Namen: Mi-Anon-Remeles, mit zweierlei Vornamen. Die Vergleichung der Tafeln von Me- dinet - Abu und vom Mennonium mit jener von Abydos, läßt jedoch keinen Zweifel, daß beide Vor- namen demselben Namen zugehören. Die Koloffe, so weit sie über den Schutt ra- gen, von den Achseln nämlich zur Spitze der Haube, meffen 21“ Höhe. Um den Maßstab für ihre Größe zu geben, bemerke ich, daß das Ohr 20 Zoll Höhe hat; von Einer Achsel zur Andern, beträgt die Breite 10/7/ 6“. Das Gesicht ist gewaltsam verstümmelt. Sie sind aus grauem Granite, ich weiß nicht aus welchem Gebirge, denn ich habe von der See bis zu den großen Katarakten des Nils, keine Lagerung grauen Granites gesehen. Der an der Flußseite, lehnt sich an einen Obelisk, der andere an einen Pfeiler. Ich vermuthe, daß sie sitzend dargestellt sind, nach dem Beispiele so vieler Anderer. Die Lehnen tragen herrliche Arbeit in Hieroglyphen und Bildern, die abermals Opfer dem Amon vorstellen. Auf den Ach- - 289 feln der Koloffe sind die Ringe: Mi-Amon-Remeses eingegraben. Die Pylonen stehen gegenwärtig 57/ 3“ 6“ über dem Schutte. Ihre ganze Höhe dürfte 90“ be- tragen. Sie haben sehr gelitten; ihre Bilder sind kaum mehr kenntlich, ihre Hieroglyphen und Ringe abgeflächt, die Steine selbst an manchen Stellen aus- einander gerückt, als hätte Erdbeben diese Maffen erschüttert. Dennoch erkennt man geschichtliche Dar- stellungen darauf, Schlachten und Triumphe und darüber die Ringe des großen Remeles. Ich durch- fuchte ihre Gemächer und bestieg sie. Zu oberst ha- ben sie noch 33 Schritte Breite. Von dieser Höhe überblickt man die ganze Ebene der hundertthorigen Stadt und sieht fast alle ihre Ruinen. Im NW hat man, als wirres Gehäufe von Trümmern, Me- dinet-Abu im Horizonte, hinter welchem sich das Gebirge, kahl, bleich, verstöret, aber als hohe Maffe, darstellt; es zieht nach N und fällt hinter der Ne- kropolis und hinter Kurnu, deffen Säulenreihen im N. aus der Ebene sich heben, ab, aber die ent- fernteren Zweige des libyschen Gebirges greifen bis NNO vor, und brechen dort teil. An das Haupt- gebirge N 30° W. schmiegt sich das Memnonium. Im N40° W fitzen mitten in der grünen Ebene, die beiden Memnonskoloffe. Bleiche Hügel, Ruinen an Ruinen ziehen bis W, wo sie mit lichter Zunge Proke fch: Ägypten I. 25 29() im Grün endigen. Von W bis S zeigt der Nil fei- nen gewundenen Lauf, wie er kommt aus der höhe- ren Thebais; Inseln, Dörfer und Palmenhaine gruppieren sich da zu einer reichen Landschaft. Im S bei O ragen aus dem arabischen Gebirge drei Spi- zen empor, die höchsten des Halbkreises auf diesem Ufer. Das Gebirge zieht sich im weiten Bogen bis O, wo es sich abermals ansehnlich hebt, und fällt dann sanft bis NO bei O ab. Dort lieget im Vor- dergrunde, auf Schutt und vom Schutt umgeben, Karnak mit feinen Trümmern; – Pylonen, Obe- lisken, Mauermaffen, Koloffe, Palmen und Hütten. Das Thor zwischen den Pylonen ist zerstört; so auch find die Säulengänge, welche sich an dieselben gelehnt und den ersten Hof umschlos- fen haben. Von dem zur Linken stehen noch Reste, 18 Säulen zu sechs im Sinne der Breite, fast bis an die Knäufe verschüttet, zwischen denen nun eine Moschee und ein Paar Hütten des heutigen Dor- fes sich angesiedelt haben. – Zur Rechten sieht man nur eine einzige Säule und Wandreste. Dort liegt auch eine kolossale Priesterhaube aus rothem Granit. - Dieser Hof scheint fehr geräumig gewesen zu feyn; ein Drittheil des Dorfes steht jetzt darin. Man erreicht sodann das zweite Thor, von dem einige Reste bestehen und hat zur Linken einen 291 Säulengang, der auf 5 Säulen Breite, 4 Säulen Länge gehabt zu haben scheint. Wohl dürfte zur Rechten des Thores ein ähnlicher Gang und somit ein zweiter Hof bestanden haben. Die Wand- reste an diesem Portikus sind vorzüglich bearbeitet. Ein Bild mit Thot, ein anderes, das einen jugend- lichen Krieger mitten zwischen den Zweigen eines Sajatbaumes zeigt, einige Hieroglyphen und Ringe, die auch auf den Knäufen (Lotusblumen) sich wie- derholen; das ist was man dort noch sieht. Die Ringe find von denen, die nur auf wenigen Monumenten erscheinen. Die Tafel von Abydos zeigt sie uns als diejenigen, die dem ersten und dritten Vorfahrer des großen Reme es zugehören. Durch das Thor getreten, kommt man an einen 14fäuligen Zugang, der durch den dritten Hof führte; dieser ist der koloffalte Theil des kolos- falen Baues. Wo die Fusten der sieben und sieben Säulen aus dem Schutte ragen, schauen koloffalle Figuren auf denselben eingegraben hervor; dennoch sind diese Fusten, die an dieser Höhe 29/ 2“ 6// Umfang haben, noch etwa 30“ über dem Schutte. Sie tragen Lotusknäufe und ihr Gebälke. Die Hie- roglyphen auf allen Theilen dieses Portikus sind ver- hältnißmäßig wenig tief eingegraben, oft gleichsam erst angegeben, aber sie waren dennoch bereits be- malt, wie die Reste der Farben beweisen. Er war 25 * 292 vielleicht zu keiner Zeit als ganz geendet betrachtet worden, und man möchte sagen, er ist zu riesig, um zu Ende gebracht zu werden. Die königlichen Ringe, den Agathodämon zur Seite, der als Schlange mit feinem Schweife der Segen des Nil, den Nilschlüs- fel, festhält, geben den zweiten und den fünf- ten Remefiden. Dieser riesige Säulengang führte in ein ein vierten Hof; – der hat 22 Säulen zur Linken und eben so viele zur Rechten, je Zwei und Zwei, und war mit einer Wand, wie das gewöhnlich, ge- schloffen. Er greift über die Breite der übrigen Theile des Tempels, wie man sie heute sieht, beträchtlich vor, welches darthut, wie viel an dem Baue zerstört wurde. Die Hieroglyphen auf den Würfeln, die über den Knäufen ruhen, und auf dem Gebälke find von weit edlerer Ausführung; die Ringe weisen den Ramen Amenopht (geschrieben Amnopht) und der Beiname desselben thut dar, daß dieser der vierte Vorfahrer des großen Remeses fey. Dieser Ame- noph ist eben der Memnon der Griechen. Nun tritt man in eine Säulenhalle, die 8 Pfeiler in der Vorderreihe und 4 Reihen Säu- len, jede zu 8, also im Ganzen 32 Säulen hat. Auf der Decke dieser Halle, so wie des 22jäuligen Portikus, steht ein Theil des Dorfes Luxor. Vieles Volk wohnte auch zwischen den Säulen in ärmlichen 293 Hütten, die es an dieselben geklebt hat. Die Hiero- glyphen der Säulen sind so rein gearbeitet, als die früher erwähnten; selbst die Säulen waren bemalt, wie hier an vielen Orten sichtbar ist; die Wandbil- der find im edelsten Style. In einem derselben be- merkte ich eine Antilope. Ein Mann hält sie an den Hörnern. Die Ringe dieser Halle beweisen, daß sie von demselben Amenopht gegründet wurde. An den Außenwänden erscheinen aber auch die des fieben- ten Reme fiden. Von dieser Säulenhalle ist gegenwärtig ein freier Raum, der ein Zwischenk of gewesen zu feyn scheint. An der Flußseite sind Schutt und Zerstörung, an der entgegengesetzten drei kleine Gemächer, wo- von zwei die Breite des dritten ausmachen. Vor sich hat man eine Wand und kein Thor darin, wie doch natürlicher Weise feyn soll, sondern an der Stelle deffen eine Nische, halbrund und nicht behauen aber bemalt, eine Abweichung vom ägyptischen Style, fo zwar, daß das Auge dadurch verwundet wird. Auch überzeugt man sich bald, daß hier eine kop- tische Kirche Platz genommen und sich die Stelle nach Gutdünken zugerichtet hatte. Die Malerei ist auf Mörtelgrund ausgeführt und dürfte den frühe- sten Zeiten des Christenthums angehören. Durch einen Durchschlag der Wand, nahe am vermauerten Thore, kommt man in einen Tempel- 294 fa al von vier Säulen getragen, mit zwei säulen- getragenen Gemächern zur Seite, wovon man aus dem zur Rechten wieder in kleine Gemächer tritt. Man ist dem Heiligthum nahe, die Pracht und der Reichthum der Arbeit in diesem Tempelsaale verkün- det es. Hochauf reicht Sand und Schutt, so daß die Säulenfuten nur 9/daraus hervorschauen. Sie glei- chen denen der großen Säulenhalle und des 22jäuligen Portikus, d. h. jede Säule stellt einen gegürteten Bündel vor, acht gehobene senkrechte Streifen im Umfang, zum Theile mit Ringen und Hieroglyphen verziert. Unter dem Knaufe, der ein Viereck ist und worauf abermals königliche Ringe stehen, beginnt dieser Bündel, dann folgen fünf wagrechte Bänder oder Ringe, dann senkrechte glatte Streifen und endlich der untere Bündel oder eigentliche Säulen- fut, denn was ober den fünf Ringen, möchte man zum Knauf rechnen. Diese uralte Säulenform ist nach meiner Meinung, die dem Auge am wenigsten gefällige. Die Wände des Saales sind voll der schönsten Darstellungen. Die Hinterwand, durch die man 9“ kommen ist, zeigt den nun vermauerten Durchgang, einen Adler mit gespreiteten Flügeln darüber Men- des, als Jüngling ohne Bart gezeichnet, empfängt ein Opfer. Ein König oder Gott, mit prachtvoller Mitra gekrönt, führt an zusammengehaltener Zeile 295 Rinder und Schafe; in der Rechten aber hält er einen Hirtenstab. Auch Opfergaben liegen da in Menge gehäuft; Brote und Früchte in Körben, darunter Birnen und Bananen, zwei Gattungen, wovon die eine gegenwärtig in Ägypten nicht wächst und von der anderen die Meinung herrscht, sie fey erst in neueren Zeiten dort eingeführt worden. Die rechte Seitenwand weitet Amon, blau be- malt, auf reichem Thronos sitzend. Vor ihm kniet ein Held mit königlichen Zeichen, dessen Namen zu hundertmalen die Ringe dieses und der anstoßenden Säle wiederholen, Amenopht. Er berührt den Thron des Gottes. Hinter ihm steht Phre, mit dem Sper- berhaupte, die Hand auf des Königs Helm legend. Dann folgt ein Knabe, der nach rückwärts winkt, wo sechs Männer knieend, mit festanliegenden, grü- nen Kleidern und gelbem Gürtel, die selbstrothbraun, was auch des Königes und Horus Farbe ist. Drei dieser Männer haben Schakals-, drei Sperberköpfe. – Neben diesem Schutzbilde folgen ein Opfer des Mendes und andere Opfer darstellungen, worin mir die eines Mannes auffiel, der im vollen Laufe, dem eben genannten Gotte eine Vase bringt. Unter die- fen Bildern sind kleinere; Männer, welche Kuffen und Tische auf schweren Balken tragen; Opfer von Lotusblumen und Sceptern, 269 Die Wand zur Linken zeigt fast dieselben Dar- stellungen. Mendes erscheint darin von schwarzer Gesichtsfarbe; die übrigen Götter sind blau oder rothbraun; die Opfernden jederzeit das Letztere. In den unteren Bildern werden Archen, worin ein Sca- rabäe sich befindet, auf Nachen, die mit Sperber- und Widderköpfen geziert sind, von nackten, roth- braunen Männern getragen. Das sind wohl Fest- züge, wie Herodot derer in II. 42, erwähnt. Unter den Wandzierden sind häufig Adler mit gekreuzten Flügeln, bald blau, bald grün. Bevor ich von der vierten oder südwestlichen Wand dieses Saales spreche, will ich Einiges über die Seitengemächer sagen. Das dreisäulige zur Lin- ken zeigt kein Thor. Es ist aber auch bis an die Langstreifen unter den Knäufen verschüttet. Säu- len, Knäufe, Bilder, Hieroglyphen, Ringe find denen im Tempelsaale gleich oder ähnlich. Doch fin- den wir hier auch Ifis und Harpocrates, Athor und Nephthys Die Gesimsezierde sind zum Theile erst eingezeichnet. – Zur Rechten des Tempelsaa- les, unter dem Bilde Amons, führt ein Thor in ein ähnliches schmales Gemach, das aber nur zwei Säulen hat. Um den Unterschied der Länge zwischen diesem und dem linksstehenden Gemache auszuglei- chen, ist an die nordöstliche Wand desselben ein schma- les Gemach angelehnt, das sich bis hinter den Tem- 297 pelsaal selbst verlängert, also in die Wand zwischen demselben und die koptische Nische fällt. Dieß Ge- mach, oder vielmehr dieser Gang, ist unverziert, hat kein Thor und scheint ursprünglich ein geheimer ge- wesen zu seyn. An der Flußseite von den zweisäuli- gen Gemächern, sind die reich verzierten Wandreste von drei ganz kleinen Zellen, wovon jede ihren beson- deren Eingang hatte. Man sieht auch, daß, gleich- laufend der Achse des Tempels, also in der Verlän- gerung des zweisäuligen Gemaches, ein ähnliches drei- fäuliges steht, das längs dem nächsten Tempelsaale hinläuft und auch dieses hat eine Reihe solcher Zel- len, wovon die wenigsten mehr in ihren Spuren erkenntlich sind. Auf ähnliche Weise hat das linke dreisäulige Gemach ein solches vor sich, so daß also der nächste Tempelsaal, von dem ich bald sprechen werde, zu beiden Seiten folche längliche, fäulenge- tragene Gemächer hatte. Es bestand aber keine un- mittelbare Verbindung aus jenem Saale in diese. Die südwestliche Seite des ersten Tempelsaales enthält den Eingang in den eben genannten zwei- ten. Dieser Eingang kündigt mehr als einen ge- wöhnlichen Tempelsaal an, denn er ist reicher an Schmuck, denn alle anderen. Auf dem Thorgesimse stehen 25 Ringe, die dreizehnmal den Vornamen und zwölfmal den Namen Amenopht enthalten. Hierauf sieht man die beiden Flügel, die dem Dis- _ 298 kus zugehören; aber der Diskus fehlt. Dagegen sind im Raume den er einnehmen mußte, Löcher, welche an- zeigen, daß er auch wirklich da angebracht war. Dieß ist das einzige Beispiel, meines Wiffens, eines Dis- kus über einem Thore, der nicht aus dem Stein herausgehauen, sondern angefügt war, und ich glaube, nach dem Augenscheine und nach Allem was Diodor von Sicilien über die Bauten des Olyman- dis, der eben jener Amenopht ist, erzählt, daß die- fer Diskus von Gold war. – Von den Bildern auf den Antifragmenten ist nur eines über dem Schutte, ein Opfer dem Amon gebracht. Auf der Wand aber zu beiden Seiten des Thores sind Schilderungen der Gnade, womit der große Schutzgott Thebais den Herrscher des Landes überhäuft. Amon, blau bemalt, auf seinen Throne sitzend, reicht dem Priester, der vor ihm steht, den Nilschlüffel; als wollte er sagen: Nimm hin den Segen des Nil! Hinter dem Prie- ster aber führen. Mendes und Isis mit dem Löwen- haupte den jugendlichen König heran. Im anderen Bilde überreicht der Gott den Nilschlüffel dem Hel- den selbst, der in höchst malerischer Kleidung prangt; Amon faßt dabei dessen Linke und Phre deffen Rechte. – In welch inniger Vereinigung hier Amon und Phre (eigentlich Re) gedacht wurden, geht daraus hervor, daß der Name des einen Gottes, der häufig 2)) neben defen Bild in phonetischen Zeichen steht, stets Amn - re geschrieben ist. Durch das eben geschilderte Thor tritt man in den zweiten T. e mp e lf a a l. In diesem aber steht, als abgesonderter Tempel, das H e il ig- th um. Dieses, die eigentliche Wohnung des Got- tes oder wenigstens die Stelle, wo er seine Orakel zu ertheilen oder die geweihtesten Opfer zu empfan- gen pflegte, ist ein Rechteck im Rechteck, so daß vom zweiten Tempelsaale nur Raum für einen Gang ringsum bleibt. Die Wände dieses, bis auf eine vordere und eine hintere Pforte ganz geschloffenen Saales sind mit allem Aufgebote alter Kunst und Frömmigkeit geziert , jetzt aber so besudelt, und solcher Besudlung ausgesetzt, daß mir unmöglich wurde, fiel Stück für Stück zu betrachten. Das Heiligthum ist, dem Thore aus dem ersten Tempelsaale gegenüber, geöffnet und der Ein- gang fast so breit als es selbst. Der Diskus darüber ist weggenommen; die Flügel aber, grünbemalt, waren aus dem Steine gehauen und sind noch dort Ein zweiter Diskus, über dem ersten, hatte das- felbe Schicksal. Dann folgt ein Feld länglichen, mit Kugeln gekrönten, Zieraths und weiter das Bild ei- nes Tempels mit drei Gemächern unten und zwei oben, in deren jedem eine Gottheit sitzt. Sphin- ren ruhen neben dem Tempel; Schlangen und Ad- Z00 ler ober demselben. Zwei Ringe, das königliche Sie- gel sich zugewandt, sind in die Seiten der oberen Gemächer eingezeichnet; in die oberen Ecken aber Augen, dieß Sinnbild des Osiris; worauf ein Saum von Hieroglyphen die ganze Vorderseite des Hei- ligthums umfaßt. Die Hieroglyphen und Bilder der Antifragmente sind kaum erkenntlich. Die äußeren Seitenwände haben in 6 Bildern zwölf Figuren; Opfer dem Amon und Mendes ge- bracht, sind der Inhalt dieser Bilder. Das Fries ist mit Blau und Roth in verschiedenen Übergän- gen beider Farben bemalt. Die Hinterseite, insoferne sie sichtbar ist, weitet nur Hieroglyphen. - Im Innern ist Unrath und Schutt gehäuft. Größere Entwürdigung kann kein Heiligthum ge- funden haben, als dieses. An der Decke war ich nicht im Stande, außer einigen Sternen, irgend etwas zu erkennen. Unter derselben läuft ein doppelter Saum Zierath; dann folgt eine Reihe Adler mit gekreuzten Flügeln, welche Ringe halten; weiter ein Saum schöner Hieroglyphen, und endlich kom- men Bilder, wovon jedoch nur die Köpfe aus dem Schutte schauen. Es scheint, daß auch die Hinter- feite einen Ausgang hatte. Auf den Antifragmenten bemerkte ich einen Widderkopf mit dem Diskus, eine sinnbildliche Vereinigung von Amon und Re, Z)1 Die Ringe auf und in dem Heiligthume geben einen geschichtlichen Wink, so natürlich aus den Verhältniffen der Zeit folgend, so angemeffenden- selben, daß er mir eine höchst angenehme überra- fchung machte. Das Heiligthum trägt die Ringe des Pharao Amenopht; an den vorzüglichsten Stel- len aber diejenigen des macedonischen Helden Ale- xandros (geschrieben Alksandrs); es ist natürlich, daß die Perser, da sie Theben im Wahnsinn der Religionswuth verheerten, vor Allem die Heilig- thümer zerstörten; es ist eben fo natürlich, daß der Wiederhersteller des Reiches und der Religion die Heiligthümer aufrichtete. Ich glaube, daß dieses Heiligthum des Tempels zu Luxor, auf Alexanders Anordnung gebaut und deshalb sein Name und der des ursprünglichen Stifters darauf gesetzt wurde. Aus dem Tempelsaale, welcher das Heiligthum umgibt, kömmt man in der Verlängerung der Achse, in einen zwölff äuligen Saal. Der hat zur Rechten ein Thor, wodurch man in den Gang mit den anstoßenden Zellen ging; durch die Hinterseite aber drei Thore, wovon das mittlere in einen vier- fäuligen Saal führt, dem zu beiden Seiten andere Gemächer gestanden haben müffen, um die Breite des zwölfjäuligen auszufüllen. Nun aber sieht man zur Linken nichts als einen hohen Schutt- hügel, zur Rechten die Grundfesten und zwei Säu- Z02 len des anstoßenden Gemaches, und die eines drit- ten. Durch diese Gemächer muß abermals eine Ver- bindung mit dem Zellengange bestanden haben. Weiter ist Schutt und Sand. - Die seit dem Heiligthume genannten Theile des Tempels sind höchst reich verziert, aber sehr mit- genommen von Zeit und verwüstenden Menschen. Die Körperfarbe der Figuren ist rothbraun; an dem Zierath der Farben ist Blau und Goldfarbe erkennt- lich. Die Säulen gleichen denen der Gemächer und Säle an der NO-Seite des Heiligthums. Die könig- lichen Ringe nennen nur Amenopht. Der Tempel war noch weiter nach SW ausge- dehnt; die Spur davon ist an den Enden der Rui- nen sichtbar, auf dem Boden selbst ist jede verhüllt. Das ist, was man heute noch von diesem könig- lichen Baue sieht, der dem Auge so wohlgefällig als dem Geiste bewunderungswürdig erscheint. 154 Säulen und 8 Pfeiler stehen darin noch aufrecht, vom großen bis zum größten Maße. Das Dorf Lu- xor, an dem nichts als der Name schön, und die Stelle merkwürdig ist, drängt sich dazwischen und bis aufs Gebälke. Ja, über dem Heiligthume selbst hat sich ein türkischer Aufseher der Magazine ein Haus gebaut. Nachdem wir, im Heiligthume, über ihn entrüstet und erzürnt waren, hatten wir die seltsame Genugthuung, daß er uns, über demsel- 303 ben, einen Festtanz der Ghazien gab, dem an un- züchtigem Ausdruck nichts mehr hinzuzusetzen blieb. Diese Feier ist das sichtbare Weltgericht. Der Tempel von Luxor ist also das Werk neun aufeinanderfolgender Könige. Amenopht begann und endete den Haupttheil desselben. Deffen erster Nach- folger (und wahrscheinlich deffen zweiter, wovon ich jedoch keinen Ring fand) setzten die nächsten Vor- höfe daran; deffen dritter arbeitete an dem koloffa- len Zugange, den aber selbst deffen sechster noch nicht geendet hatte; defen vierter, der große Remefes, fetzte die Pylonen, Kolloffe und Obelisken vor den Tempel; deffen achter endlich vollendete einige Sei- tengemächer und Arbeiten an den Außenwänden. Der macedonische Held rührte nur an das Heiligthum, und setzte seinen Namen neben den des Stifters. Am Nil liegen auch sieben, aus Karnak herbei- geschleppte, Frauenstatuen mit Löwenköpfen und ein Koloßstück aus rothem Granit. Dieses hat auf Arm und Gürtel den Vornamen des großen Remefes; jene tragen Namen und Vornamen des Pharao Amenopht. Z()- 3. K. a r n a. k. Von den Obelisken von Luxor bis zur nächsten Tempelpforte von Karnak sind 3200 Schritte. 450 Schritte von den Obelisken stehen die letzten Dat- telpalmen von Luxor. Man geht in der schönen Ebene fort, und kommt nach weiteren 840 Schritten an einen neuen Canal. 350 Schritte jenseits desselben sind die ersten Palmen von Karnak; ein kleiner, freistehender Hügel bleibt rechts, worauf das Grab eines Schechs steht, und der vielleicht Trümmer der äußersten Pforte des großen Tempels von Karnak begräbt. Denn von diesem Puncte angefangen be- merkt man zu den Seiten verstümmelte Sphinxe. Dieselben werden häufiger, sobald man, nach 670 Schritten, das Dorf erreicht, wo eine Vertiefung, die jetzt zur Bewäfferung dient, deutlich den vor- maligen Hauptweg vom Tempel zu Luxor nach je- nem zu Karnak anzeigt. Diesem Wege folgt man, und erreicht, nach 1320 Schritte Abstand vom Grabe Schechs, d. i. dem Punkte, wo die äußersten Spu- ren der Sphinx en alle e jetzt zu finden sind, eine Stelle, wo eine andere Allee nach Südost aus- geht, die erste aber gerade auf einen der Tempel- eingänge führt. Da sind die Sphinxe größer und stehen näher aneinander. Die früheren hatten nur 305 7/ 1“ Länge, diese 10“ 8“. Ihre Zahl ist 53 zur Rechten und 52 zur Linken. Ihre Breite ist 4“ 10“ 6“; ihr Abstand an 5 Fuß; ihre Höhe bis zum Halle 4/2/ 6“. Die Köpfe, alle abgesägt und abgeschlagen, liegen zur Seite und in der Straße, die 45/ breit ist. Die Pforte, worauf sie führt, ist von etwa 60/ Höhe, mit den edelsten Arbeiten ge- ziert, und dennoch nur eine Seitenpforte. Wir wollen einstweilen an ihr vorübergehen, um die westliche Ecke der Umwallung, welche den großen Amonstempel von Karnak umgibt, beugen, und vor den Haupteingang treten, der nach NW sieht. Diese Umwallung aus ungebrannten Ziegeln, an den übrigen drei Seiten großentheils erhalten, ist es an der nordwestlichen, wo der Anbau des Grundes sich hart an den Tempel legt, nicht. Doch fieht man noch die Spuren des äußersten Tho- res, Löwen liegen darneben und Sphinxe, diese, wie alle an diesem Tempel, mit Widderhäuptern und den Vornamen zu Amenopht auf der Brust. So ging man auch hier durch eine Allee von Sphin- ren zum eigentlichen Eingange, zum Thore zwi- fchen zwei ungeheuren Pylonen, die unverziert find, also niemals fertig wurden. Sie enthalten viele Gemächer, in denen Fenster, wie in den Py- lonen von Edfu, hier aber zu geringerem Schaden, durchgeschlagen sind. 26 306 Ins Thor getreten, genießet man des unver- gleichbaren und erstaunlichen Anblicks einer Reihe von Thoren, eines mächtiger als das andere, zwi- fchen ungeheuren Pfeilern und Säulen, überhaupt des Durchschnittes des Tempels nach seiner Achse von SO nach NW. Man kömmt in den Vorhof. Dieser hatte zur Rechten und Linken, an die Pylonen gelehnt, drei Gemächer. Seine linke Seite ist durch einen Por- tikus von 17 Säulen geschloffen. Seine Rechte durch einen Portikus von 8 Säulen und einen besonde- ren Tempel, dessen lange Achse auf diejenige des Vor- hofes senkrecht gezogen ist; dem aber folgt noch ein Thor. Wo in der Mitte, die Begleitung der Ge- mächer aufhört, bis an ein mächtiges Thor und ein anderes Pylonen-Paar, welche den Hintergrund des Vorhofes bilden, standen fechs Säulen, die größten, die irgendwo auf der bekannten Erde sich befinden, aber nicht die einzigen ihrer Art, und bilden je Drei zu Drei den Zugang. Diese Säulen sind mit Hieroglyphen und Bildern bedeckt und waren bemalt. Ihre Knäufe sind Lotusblumen. Wäre ein Beispiel in der ägyptischen Baukunst, das mich hierzu berechtigte, so würde ich sagen, sie trugen Thier- oder Menschenbilder, denn ich glaube nicht, daß die Gebälke getragen haben. Fünf davon liegen am Boden; die sechste steht noch aufgerichtet. 307 Die sechs Gemächer im Vorhofe, präch- tig verziert, sind heut zu Tage fast ein Steinhaufen. Die Säulengänge hinter den Gemächern, sind unvollendet geblieben, denn die Fusten der Säulen find noch unverziert; die Form der Knäufe ist die eines umgewandten Kelches. Durch den zur Linken geht ein Thor ins Freie. Unter den Blöcken des Gesimses sind zwei, die auf 5“ Höhe, 4/ 10“ 6// Breite, 30“ Länge haben, was jedem eine Maffe über 700 Kubikfuß gibt. Der abgesonderte Tem- pel in der Südwestfeite des Vorhofes, zeigt an der Außenwand die furchtbare Gruppe des fiegenden Osiris, die ich bei Gelegenheit der Py- lonen von Edfu beschrieb. Hier ist die Waffe des Gottes eine Keule. Der Vorhof dieses Tempels ist ein Portikus von 18 Koloffen getragen, die an Pfeiler gelehnt sind. Die Koloffe scheinen mir Prie- fergestalten; sie haben eine Mitra auf dem Haupte, find bekleidet, und halten die Hände kreuzweis über der Brust, in der einen den Krummstab, in der an- deren die Geißel. Der Hintergrund dieses Portikus vertieft sich, fo, daß noch zwei Säulen das Gebälke tragen, dann kommt man in einen Saal von 8 Säulen und in einen dritten, wo, heut zu Tage, dieß Gebäude in Schutt und Trümmer endet. Alle Wände dieses Tempels sind verziert: aber die Ar- beit in Hieroglyphen ist nicht die ausdruckvolle, 26 * 308 - - reine Zeit des großen Renees und feiner Vorfah- ren, noch die zierliche der Ptolemäer. Das Thor durch die südwestliche Wand zwischen dem eben beschriebenen Tempel und dem zweiten Pylo- nenpaare, ist in großem Style gebaut und gleicht einer Triumphpforte; zwei Säulen stehen davor, etwas weiter die Reste eines Pfeilers. Der Meißel ist sorgsamer als im nebenstehenden Tempel, aber der Styl wenig verschieden. Die Maffen der zweiten Pylonen findein- gebrochen und bilden hohe Wälle aus Blöcken, die mit Hieroglyphen, Bildertheilen und Farben be- deckt sind. Verstümmelte Koloffe aus Granit stehen vor dem Thore, die eine bedeutende Höhe ge- habt haben müffen, da der Unterschenkel (vom Knie zum Fust) 6“ 3“ mißt. Das Thor selbst ist eine jener riesigen Pforten, die nur Karnak zeigt, und die allein Stoff für Bände gäben. Die Antifrag- mente zeigen 6 Bilder über dem Schutte, jedes Bild zu 10“ 1“ 6// Höhe, und eines über das an- dere gestellt. Das Supercilium, das Fries und Ge- fime find eingestürzt. Der Styl und die Arbeit find fein und zierlich, haben aber nicht den Nerv der ältesten Blüthenzeit. Durch dieß Thor tritt man in die Riefen- halle, den erstaunlichsten Saal, den Menschen- hände ausgeführt haben, und der, was man sonst 309 Großes in Ägypten gesehen hat, so sehr überbietet, daß es ins Gewöhnliche zurücktritt. Es genügt zu sagen, daß dieser Saal ein Rechteck ist, von 134 Säulen getragen, wovon 122, zehn Fuß ober dem Fußgestelle, noch 27“ Umfang haben, die 12 übri- gen aber 37/ 6“. Diese zwölf größten Säulen der Erde, ziehen, in Verlängerung der sechs, die im Vor- hof standen, und mit ihnen von gleichen Maffen waren, durch die Mitte des Saales im Sinne der Länge, von Pforte zu Pforte, sechs zur Rechten und sechs zur Linken. Die übrigen Säulen bilden zur Rechten sieben Reihen zu 7 und zwei zu 6, eben so viele zur Linken. Daß zwei Reihen nur sechs Säulen Breite haben, folgt aus dem Raum, den die Pfeiler der füdöstlichen Pforte einnehmen. Die Gestelle der Säulen (an ein Paar ist der Schutt bis an dieselben durchgebrochen) sind Würfel und ragen 14“ über die Fusten vor. Die Höhe der Ge- fimfe der kleineren Säulen über dem gegenwärtigen Grund ist 59/ 5“ 6“. Diese Säulen tragen Kelch- knäufe. Die zwölf großen Säulen ragen über dieß Gesimse noch um die ganze Höhe ihrer Lotusknäufe und selbst noch um ein Paar Fuß des Schaftes. Wie tief der eigentliche Boden des Saales unter dem gegenwärtigen liege, wie hoch also diese Rie- fenhalle war, ergibt sich aus der Vergleichung der Pompejusäule, mit den kleineren dieser Halle. Jene 31() hat (bloß Gestelle, Schaft und Knauf) nach Nor- ry's Meffung, über 100 Wiener Fuß, und doch ist der Durchmesser ihres Schaftes um 30“ geringer als der derjenige der kleineren Säulen der Riesen- halle, und fast vierthalb Fuß geringer, als derje- nige der großen Säulen. - Die Decke der Riesenhalle besteht aus Deck- und Querbalken, jeder aus einem einzigen Blocke. Jeder Querbalken über den kleineren Säulen mißt 17/ 6// Länge, 6“ 2“ Höhe, 6/4“ Breite. Auf den Querbalken ruhen Fensteröffnungen mit doppeltem Steingitter. Die Riesenhalle trug also einen Oberbau. Diese ungeheure Halle nun ist in allen ihren Theilen der Oberfläche, auf das vollkommenste im heiligen Style bearbeitet. Die Gestelle, die Schäfte der Säulen, das Gebälke, die Decke, die Wände sind mit Hieroglyphen und Bildern bedeckt, an de- nen die Farben sich noch hie und da frisch erhal- ten haben. Denkt man sich alle diese 134 Schäfte zur Fläche entrollt, sieht man überdieß diese Wän- de, welche die Halle zu beiden Seiten schließen, und allein schon vier Flächen, jede an 20.000 Quadrat- Fuß, boten, und Alles mit dem Meißel bearbeitet: so fragt man sich, wer die Idee eines solchen Baues, der Jahrhunderte und Völker zu fordern scheint, denken konnte; und erstaunt mehr über die Kühn- heit dieses Gedankens, als über die Verwirklichung 311 selbst. Überhaupt, man müßte unter der Größe der Bauten zu Karnak erdrückt werden, würde man nicht zur stolzesten Empfindung eben durch sie erho- ben. Die Bilder im Innern stellen Opferhandlun- gen, die der Außenwände Schlachten und Trium- phe vor. Ein größeres Siegesmal ist wohl niemals aufgerichtet worden. Die Triumphbauten aus unse- ren Tagen erscheinen wie Kinderspiel, oder wie Scherze daneben. Das unterste Bild an der linken Seitenwand, zeigt eines Heeres Untergang. Es stürzt in Fluth und Abgrund, eingeengt zwischen die Streitwagen des Siegers. Daran stehen Burgen, welche die Ringe des zweiten Remefiden und Amenopht's tra- gen; dieselben Ringe sind neben dem Sieger einge- zeichnet, der hoch herab vom zweiräderigen Wagen kämpft. Seine Körperfarbe ist braun, seine Haare find hellblau; hellblau ist auch der Adler, der wie ein Schutzgeist, wie ein Bringer der Kraft und des Sieges, über ihm schwebt. Das nächste Bild ist Krie- gesende. Der Held lenkt den Wagen nach Hause. Seine Linke hält das Zeil und die Geißel, feine Rechte einen kurzen Spieß und ein krummes Beil. Die Haare sind rothbraun, und seltsam genug, der Kopf ist eingesetzt, als habe man den ursprüngli- chen herausgeschnitten, um einen späteren Herrscher zu ehren; so fägte man in Griechenland und Asien Z12 zur Zeit der römischen Imperatoren, und so in un- feren Tagen in mehreren Ländern, den Statuen die Köpfe ab, und setzte an die Stelle des Kopfes Des- fen, der unterlag, den des Siegers. – Am Wagen vorn und rückwärts, werden Gefangene, an Hals und Händen gebunden, geschleppt. – Im dritten Bilde erreicht der heimkehrende Sieger den Nil, deffen blaue Waffer zwischen Palmen und zehn Tem- pelthoren oder Burgen, dahin fließen; Krokodile schauen daraus hervor. Ein Haufen Volkes eilt auf dem anderen Ufer den Kommenden entgegen, mit Früchten und anderen Gaben, die Hände in Erstau- nen und zum Willkomm hebend. Im blauen Strei- fen des Nil stehet eine kleine Hieroglyphengruppe eingegraben, die ich für eine Zeitangabe halte. – In den Bildern der oberen Reihe ist gleichfalls Ra- fen der Schlacht, Kriegswagen gegen einander und Sieg. Die überwundenen sind zum Theile nackt, zum Theile aber mit weiten Röcken bekleidet; ihre Kopfbedeckung ist festanliegend, mit und auch ohne Nackenschild. Es können nur asiatische Völker da- mit gemeint seyn. – Nun ist der Held heimgekehrt und bringt, im nächsten Bilde der oberen und un- teren Reihe, dem Amon, der Isis und dem Men- des Dankopfer. Noch ist er gewaffnet mit Schwert, Köcher und Bogen. Die Opfer bestehen aus zierli- chen Vasen, mit Thierhäuptern als Deckel, wie die 313 kanopischen (unter den Thierhäuptern auch die von Gemen) aus größeren Vasen, von Gefangenen ge- tragen; aus Lotus, unter welchen Hunde stehen. Gefangene folgen gebunden dem Sieger. – Das nächste Bild ist die mehrerwähnte Darstellung des fiegenden Osiris, Horus, Dschom (Herakles), oder des ägyptischen Ares. Dann folgt ein Thor (die Mitte der Seitenwände), dem Lotusopfer zur Rechten und Linken angebracht sind, und abermals das obener- wähnte Sinnbild der Kraft und des Sieges. Unter den kleineren Figuren, die kaum über den Schutt ragen, sind da mehrere gebundene Gefangene, welche Schilde tragen, auf diesen aber sind Namen einge- zeichnet. Ich vermuthe, daß dieß die Namen der eroberten Städte oder überwundenen Stämme sind. Der Schlüffel zu merkwürdigen geschichtlichen Ent- deckungen, liegt in diesen Schilden, deren ich nur zwölfabzeichnen konnte. – Unter den Hieroglyphen (nicht unter den Bildern) fand ich hier abermals die Giraffe. Die weiteren Bilder der zweiten Hälfte der nordöstlichen Außenwand, sind Opfer, Kampf und Sieg; lange Züge von Gefangenen mit ganz fremdem Gesichtausdruck; bewaffnete Scharen in Reihe und Ordnung; Flucht auf Streitwagen und Nachjagen des Siegers; Schlachtgedränge zu Wa- gen und zu Fuß; der Wagen des feindlichen Heer- führers gebunden an den des Siegers und fortge- Prokefch: Ägypten. I. 27 314 schleppt von diesem, während jener noch kämpft und ringt. – In allen diesen Bildern ist eine ungeheure Einbildung offenbar, die Handlung reich und le- bendig, die Bewegung keck und rasch, der Ausdruck sprechend, lebendig, ergreifend, die Zeichnung ohne Perspective, aber die Ausführung des Details un- begreiflich reich und schön. Die Pferde z. B. haben eine Wahrheit im Kopfe, welche an die berühmten Raphaelischen erinnert. Gebiß, Zaum und Geschirre sind prachtvoll und zweckmäßig; die Wagen sind wie aus Elfenbein gedrechselt, mit erhobener Arbeit und Schmuck, fest, leicht und schön. Die füdwestliche Außenwand der Riesen- halle ist mit ähnlichen Bildern von Kampf und Sieg, Gedräng und Flucht, Tod und Untergang geziert. Der König, der jederzeit vom Streitwagen ficht, führt bald den Bogen, bald das Beil, und hier auch einmal eine Keule von der Art, wie sie noch heut zu Tage in Nubien gebräuchlich sind. Auch auf die- fer Wand sind Gefangene mit Namensschilden, drei Reihen, jede zu 13. In einem Bilde tragen auch die Flüchtigen Schilde, Rechtecke, die sie an einer Schlinge tragen. Die Höhe des Schildes ist etwa % des Körpers. - Die füdöstliche Außenwand endlich, zeigt in ihren Bildern Amonsfeste, Barken, worin Opfer und kleine Tempel von vielen Ruderern geführt wer- 315 den; mehr nach Außen aber geschichtliche Darstel- lungen, wie die erst beschriebenen. Der Held raset mit seinem Wagen über Besiegte weg. Er steht im Begriffe, einen Pfeil vom Bogen zu schnellen. Der Köcher hängt an einer Seite. Zwei Adler und der Diskus des Sonnengottes, mit Nilschlüffeln, fchwe- ben über seinem Haupte. Die überwundenen sind rothbraune Männer. Sie krümmen sich von Pfeilen durchbohrt, mit dem Ausdruck des tiefsten Schmer- zens, unter dem Hufschlag der Roffe. Sie fliehen mit Lanzen, Wurfspieß und Beil, einen steilen, mit Bäumen bepflanzten Berg hinauf, wo eine Veste mit Zinnen sie aufnimmt. Eine Legende steht darneben. In einem anderen Bilde ist der Kriegswagen heim- wärts gewendet. Der Held, abgestiegen von demsel- ben, reicht einer Schar von Flehenden die Hand und gewährt den Frieden. Diese Bilder führten den Fluch Ezechiels gegen Ägypten vor meine Seele, denn ich sah die Größe, die Macht, die Kraft und den Stolz der Pharao- nen. »Menschensohn!« – läßt der Prophet den Ewigen rufen, – »ich habe den Arm Pharaos ge- brochen, des Königs von Ägypten! ... Sieh mich stehen gegen dich Pharao, König von Ägypten! – der du liegst, wie ein großer Wallfisch inmitten dei- ner Waffer, und der du sagtest: die Waffer sind mein und ich habe sie gemacht! – Sieh, ich werde 23 316 - - deine Arme brechen, den der noch stark, und den der schon gebrochen ist, und ich werde das Schwert aus deinen Händen fallen machen....« (XXIX.XXX). Diese Riesenhalle ist unter den vielen Beweisen für die Einerleiheit des großen Remeses mit dem Sesostris einer der stärksten. Sie trägt die Ringe mehrerer Remefiden, aber hauptsächlich den des Drit- ten oder Großen, der seinen nächsten Vorfahren und sich selbst ein Siegesmal hierin setzen wollte, das feine Nachfolger vollendeten. Herodot kann in der Bestimmung des Zeitraumes, wenn dieser Kö- nig regierte, irren (und er irrt gewiß darin), aber nicht über dessen Geschichte im Ganzen und Gro- ßen, die eine Epoche in Ägypten und Asien macht. Auch hat er mit eigenen Augen Male gefehen, die Sesostris auf feinem Zuge durch ganz Vorderasien und bis nach Europa aufgerichtet hatte, und erzählte dieß Leuten, die sich jeder Tagen von dem Bestehen dieser Male überzeugen konnten, ja dieselben ken- nen mußten, da sie in den bewohntesten Ländern der damaligen Zeit, in Jonien und Syrien, stan- den. Herodot erzählt auch einen Kriegszug dieses Kö- nigs gegen die Äthiopier und siehe, auf einem Tem- pel in Nubien sind Siege und Triumphe über äthio- pische Völker, wie zu Luxor und Karnak über asiati- fche, eingehauen und die Ringe des großen Remeles stehen neben jenen Bildern. Herodot erklärt uns zum Z1" Theile das Räthel, wie so vie Arbeiten unter einem und dem nommen und großen Theils ausgefu, ten, indem er erzählt, daß die überw ßer Zahl nach Ägypten geschleppt und dort , lichen Bauten verwendet wurden (II. 102–, Die Chronologie hat keinen Anhaltpunct für die Zeit, wann dieser König herrschte. Nach Herodot lebte derselbe etwa 500 Jahre vor Kambyfes, d. i. etwa tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung. Die Bücher Moyses führen aber bis auf das Doppelte dieser Zeit zurück, und man fragt billig, würden diese oder die anderen der Schrift ein so großes Er- eigniß, als die Unterjochung oder wenigstens über- rennung ihres ganzen Landes durch die Ägypter, übergangen haben, während sie getreu alle ähnli- chen Ereigniffe, die Einfälle der Mesopotamier, As- syrer, Babylonier u. f. w. aufführen? ... Der erste ägyptische Einfall, von dem die Bibel redet, fällt in die Zeit kurz nach Salomon, wo uns die Geschichte wenigstens für Palästina, schon mit Zuversicht an die Hand nimmt. Anderer Seits machten, höchst wahr- scheinlich, die Kinder Israel, Philitäer, Chaldäer u. f. w. eben die Hycos aus, welche zur Zeit der 14. bis 17. Dynastie Unter-Ägypten überschwemm- ten, zuerst geduldet, dann Herren darin waren, und die Pharaonen nach Thebä zurückdrängten. Herodot - 318 eichen, wo er von dem Hirten „t, nach welchem die Pyramiden ge- 1 (II. 128). Dieß Wort ist ähnlich Philisti der Hebräer – und wahr- Ich wollte der Vater der Geschichte in jener Stelle sagen, daß philiftinische Hirten damals ihre Herden um die Pyramiden weideten (deren Errich- tung fonach vor die oder in die Zeit der genannten Dynastie zu fetzen käme). – Es war die 18. Dy- nastie, welche die Hycos besiegte und vertrieb. Nach aller Wahrscheinlichkeit fällt die Auswanderung der Israeliten aus Ägypten in die Zeit Amenopht II. Nach der Bibel fand dieß Ereigniß 1509 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Statt. Aber zurück zu unserem Tempel. Der Porti- kus in SO der Riesenhalle, ist ein würdiger Vorbau derselben. Zwanzig Koloffe trugen dieselben, und vor dem Eingange in die Halle sind zwei Obe-. lisken aufgerichtet, gegenwärtig über 60“ hoch, und unten 6“ ins Gevierte. Ein drittes Pylo- nen-Paar scheidet diesen Portikus von dem Vor- hofe des Heiligth ums, der abermals von Koloffen, und zwar von 18, getragen wurde, den früheren ähnlich, d. i. Männer im Priestergewande, mit auf der Brust gekreuzten Armen, in den Hän- den Nilschlüffel. In diesem Vorhofe standen gleich- falls zwei Obelisken, 7/ 3// ins Gevierte und Z1$) gegenwärtig 70 Fuß hoch, wovon der eine nieder- geworfen ist. Die ganze Höhe dieser Obelisken be- trägt 95/ 6“. Die beiden Vorhöfe der Koloffe hat- ten auch durch die Seitenwände Thore. Durch die fünfte Pfort e (in der Richtung der Achse , die nun in Trümmern liegt) getreten, hat man eine fechste vor sich, woran zwei kleinere Obelisken sich hoben, nur bis auf einige Fuß hoch zertrümmert. Diese sechste Pforte führt in den Saal, der das Heiligthum in sich faßte, und mit schmalem Gange umgab. Sie ist aus Granit. Zur Rechten unv Linken führten Thore aus dem Saale in nun zerstörte Seitenfälle, und durch zweite Thore, die noch stehen, in andere Säle und Gemächer, von denen nur die Grundfesten noch erkenntlich sind. Vor dem Eingang ins Heiligth um heben sich zwei abgestumpfte Obelisken, worauf Lo- tusblumen und in mehreren Bildern Isis und Ost- ris dargestellt sind, welche sich umarmen und die Hände reichen. Die Bilder auf den Außenwänden des Heiligthums scheinen mir Einweihung, oder Einführung des Königs zu dem Gotte anzudeuten. Dieser sitzt, hinter sich die säugende Isis, vor sich einen Priester, der zu seinen Füßen hockert, und winkt dem König, welchen Priester (so glaub' ich) mit Ibis- und Sperbermasken, führen. Im ersten Bilde überschütten diese Begleiter den König aus - - _320_ Vasen mit Wohlgerüchen und Salben ; im zweiten haben sie ihm eine Mitra aufgesetzt und legen die Hände auf ihn; im dritten ist er mit goldener Stirn- binde, und empfängt aus ihren Händen den Nil- fchlüffel; im vierten endlich steht ein Priester mit Ibismaske und Nilschlüffel (oder ist es Thot selbst) im Vorgemache des Gottes und winkt dem Kom- menden einzutreten. Die unteren Bilder enthalten Festzüge. Die Fahrzeuge sind mit Amonshäuptern geschmückt. Im fk ebenten Thorwege, oder demjenigen des Heiligthums, sind größere Hiero- glyphen und Bilder, aber Schutt verdeckt sie fast ganz. Mendes erscheint unter den Göttern, denen geopfert wird. Eine Reihe Nilschlüffel ist da erst an- gezeichnet, mit rother Farbe. -- Das Innere des Heiligt hums bestand aus zwei Gemächern. Amon, Mendes und Re sind die Götter, deren Gestalten an den Wänden einge- hauen sind. über dem Thore aus dem ersten Gemache ins zweite, fehlt auch hier der Diskus, und war, wohl wie zu Luxor, aus Gold. Die Decke des Hei- ligthums war blau, mit goldenen Sternen. Das ganze Heiligthum ist aus Granit, und zwar aus mächtigen Blöcken, die auf 3/4/6“ Breite,5“ 9“ Höhe, 17“ 3“ Länge haben. Nach hinten ist es geschloffen. Z21 Der Saal, in welchem das Heiligthum steht, und der also einen Gang um dasselbe bildet, trägt zum Theile noch eine Decke. Auch diese ist mit gold- farbigen, fünfeckigen Sternen auf blauem Grunde verziert. Die Wände sind voll kleiner Hieroglyphen und Bilder, darunter eine große Menge von Ge- fäßen aller Art und Formen, wahrscheinlich Nach- bildungen derer, die zum Tempeldienste gebraucht wurden; Bilder von Tempeln, Pylonen, Obelis- ken u. f. w. - Die Gemächer zu beiden Seiten des eben be- schriebenen Saales, scheinen mit großer Pracht ver- ziert gewesen zu feyn, aber sie sind fast bis aus dem Grunde zerstört. Doch steht noch ein Thor aus Porphyr, das aus dem Saale in die nordöstlichen führte. Auch dieses ist reich verziert und auch auf diesen Steine waren Hieroglyphen und Figuren bemalt. Mitten unter den Trümmern auf dieser Seite, liegt einer der größten Quarzkrystallblöcke, die ich jemals gesehen habe; er ist 14“ lang und 12 breit, oben gerundet, unten flach und mit Hiero- glyphen bezeichnet. Er war so vergraben und ver- stümmelt, daß ich aus dem Gebrauche desselben nicht klar wurde. Eine bedeutende Strecke hinter dem Heiligthume ist nur Verwüstung und Schutt. – In der Achse liegen ein Paar Granitmaffen, vielleicht Reste ande- _322 rer Obelisken, auch ein Altar aus Porphyr. Dann schließt ein Portikus von 48 Pfeilern und Säulen; jene machen die Einfaffung dieser, so daß 12 Pfeiler in erster und vierter Reihe, 10 Säu- len aber in zweiter und dritter stehen, die mit einem Pfeiler zu beiden Seiten enden. Diese 20 Säulen haben niedere Kelchknäufe und erschienen nur wenig gefällig dem Auge. Das Christenthum hatte von die- fer Halle Besitz genommen, denn dieselbe ist durch- aus überklebt und überweißt, dann aber mit Heili- genbildern übermalt worden. Diese sind größten Theils wieder abgefallen und Amon und Isis be- haupten ihr Recht. – Der Portikus hatte Gemä- cher zu den Seiten. In der Achse folgte der äußerte Portikus, vier Säulen tief und acht breit. Von diesen 32 Säu- len stehen nur 15 noch. Dann schloß eine Reihe Zellen den eigentlichen Tempel. Dieser Zellen find 7 zur Rechten und 7 zur Linken, und halten das zehnte Thor in der Achse zwischen sich. 42 solcher Zellen (21 auf jeder Seite) schloffen auch den Raum von den Endpunkten dieser vierzehn bis an die Ge- mächer zu beiden Seiten des Heiligthums. Ihre Au- ßenwand macht eine ununterbrochene Linie bis an die Riesenhalle, die zu beiden Seiten über den dar- anstoßenden Portikus der Koloffe vorsteht. Alle diese Zellen waren prächtig mit Hieroglyphen und Bil- - Z23 dern behauen; jede hatte ihr Thor nach einem Gange, der wahrscheinlich von Säulen getragen ward und gleichlaufend vor denselben, nach der Inseite, ge- zogen war; keine hatte ein Fenster. Waren es Prie- sterwohnungen, – Verwahrungsorte heiliger Ge- fäße, Opfergaben, Schätze oder Thiere? Das laffe ich Anderen zu entscheiden übrig. Gegenwärtig sind fie fehr verwüstet. Aus dieser Umschließung, durch das zehnte Thor getreten, hat man einen freien Raum und dann, in der Achse, einen kleinen aber vorzüglich schönen Portikus vor sich, 4 Säulen breit und 3 tief. Statt der mittleren Säulen aber sind Pfeiler mit Koloffen. Aus diesem führt ein Zugang von 24 Säulen, fünf Reihen im Sinne der Länge, zur füdöstlichen Pforte in der Umwallung, die über 60“ Höhe hat, und deren Verzierung niemals ganz geendigt worden ist. Nun haben wir den Tempel in einer Länge von NW nach SO durchwandelt. Die nordwestliche und füdöstliche Wand der Umwallung, 1000 Schritte breit, hatten jede nur eine einzige Pforte, die in der Achse des Tempels gelegene. Nicht so die Umwallung nach NO und SW, deren Länge etwas über 700 Schritte beträgt. - Durch die nordöstliche Seite der Um- wallung führten wahrscheinlich 3 Pforten. Die 32- mittlere ist in ihren Trümmern, die untere ganz erhalten. Diese steht 220 Schritte vom Ost- winkel der Umwallung ab. Ihre Höhe ist gleichfalls über 60“. Sie ist reich verziert. Da der Stein nicht fein genug war, so wurde eine Art Gypsmörtel aufgelegt, um den Farben Haltung zu geben. Die- fer Mörtel, dem wir in den ältesten Bauten begeg- nen, überdauert die Jahrtausende und legt sich so fest an den Stein, daß er kaum von demselben zu trennen ist. Eine Allee von Löwen sphinxen zieht 200 Schritte lang in der Verlängerung der Achse der Pforte nach außen hin, und endet in den Re- sten einer anderen Pforte. Es scheint also nach die- fer Seite noch ein äußerer Wall bestanden zu haben. Zu den Seiten der Sphinxenallee sind auch Trümmer von Gebäuden. Es bestand aber auch noch ein in- nerer, also ein dreifacher nach dieser Seite, und zwischen diesem und dem Hauptwalle sind die sehr verwüsteten Reste eines abgesonderten Tempels. Zu diesem Tempel im NO, dessen Achse auf die- jenige des großen Tempels senkrecht steht, kam man durch die eben beschriebene Pforte im Hauptwalle. Vierzig Schritte vor der Pforte standen zwei Obe- lisken, jetzt nur in Trümmern noch sichtbar; dann trat man in zwei Portiken, jeder von 8 Säulen getragen; aus diesen in einen kleinen Saal, mit zwei Sälen zur Linken und eben so vielen zur Rech- Z25 ten, endlich in den Tempelsaal, der das Heiligthum enthielt; weiter in einen Säulengang, der vier Ge- mächer zu jeder Seite hatte, und endlich durchs Thor der inneren Umwallung. Sehr viele Porphyrstatuen mit Thierköpfen, auch der Rest einer Statue aus weißem Marmor, lagen in diesen ansprechenden Ruinen. An die Inseite des inneren Walles lehnen sich 6 reich verzierte Gemächer, mit einem Eingangssaale zu 4 Säulen mit Lotusknäufen. Es scheinen noch viele andere dort gestanden und so einen Theil des Raumes zwischen dem Wall und dem großen Tem- pel eingenommen zu haben. Der mittleren Pforte durch den nordöstlichen Hauptwall, entspricht im inneren Walle gleichfalls ein Thor mit viersäuligen Portiken und Gemächern an der Inseite. Weiter nach Nord, und bis an die Riesenhalle und die nordöstliche Wand des Vorho- fes des Haupttempels hin, ist der Grund mit Trüm- mern bedeckt. Beffer sind die Monumente an der Südwest- feite erhalten. Da führen zwei Pforten durch die Umwallung, die obere in einen abgesonderten Tempel der schönsten Ausführung, die andere war die Verbindung zwischen dem Typhonium und dem großen Tempel. Beide verdienten in eigenen Auf- fälzen auf das Genaueste beschrieben zu werden, aber 326 mir fehlen Zeit und Kraft. Auch treibt mich ein Geist der Eile durch Karnak, weil ich das Riesige der Aufgabe, die meinen Schultern zu schwer ist, fühle. Die obere der beiden füdwestlichen Pforten ist eben diejenige, zu welcher der Weg von Luxor führt. Diese Pforte ist nicht die gewal- tigste, aber wahrscheinlich die prächtigste, die irgend- wo besteht. Diejenigen im Innern des großen Tem- pels mögen prächtiger gewesen seyn, aber diese ist beffer erhalten. Ihre Höhe ist dieselbe der übrigen Pforten, etwa 60“. Zu oberst, unter dem einfach verzierten Kranze, schwebt der geflügelte Diskus, von Schlangen gehalten. Darunter tritt eine um- wundene Leiste vor, die unter sich eine Reihe klei- ner Figuren und einen zweiten geflügelten Diskus hat, kleiner als der obere. Vier Bilder, jedes zu 4 Figuren, zieren das Supercilium. Der Sonnengott, Mendes, Athor und Isis, dann eine Göttinn, mit einer Nachbildung einer Tempelpforte auf dem Haupte, um das ein Kranz aus Lotusblumen ge- schlungen ist, sind diejenigen, so Opfer empfangen. – Die Antifragmente enthalten an der Vorderseite 10 Bilder zu drei Figuren. Mendes empfängt als Opfergaben: Widder, Geißel und Krummstab und eine Barke mit Nilschlüffel, Nilometer und Lituus; Amon , Harpocrates u. A. empfangen Früchte, 327 Näpfe u. f. w. Die Bilder sind, jedes für sich, mit Hieroglyphen umrahmt. Zu unterst zieht ein Saum von solchen hin. – Die Außenseiten nach NW und SO sind nicht verziert, denn daran stieß die Umwal- lung. – Der Thorraum hat in der Decke den ge- flügelten Diskus und 18 Adler mit gespreiteten Flü- geln. Die Farben daran sind sehr frisch. An den in- neren Wänden sieht man 20 Bilder, 5 der Höhe nach und je. Zwei in der Länge, durch eine Nische - getrennt, die von oben bis unten zieht und in 12 Reihen, wie gewöhnlich, Nilschlüffel, Ringe und Genien eingeschifft enthält. Zu unterst läuft eine Reihe Hieroglyphen und kleinere Figuren. Die Hin- terseite ist der vorderen ähnlich. Die Köpfe, und ge- rade nur die Köpfe aller Figuren, auch der kleinsten, find verstümmelt. Durch diese Pforte getreten, hat man, auf 50 Schritte, vor sich zwei Pylonen. Sie halten den Eingang zum abgesonderten Tempel im SW zwi- fchen sich. Von der Pforte bis an die Pylonen ging die Fortsetzung der Sphinxenallee. Auch die Sphinxe waren bemalt. Vor der Brust hält jeder ein Idol, die Arme übereinander geschlagen, Nilschlüssel in der Hand, längs der Mitte einen Saum, einer Lamina ähnlich, mit Hieroglyphen bedeckt. Die Pylonen sind sehr verwüstet. Sechs Reihen Bilder zeigen dieselben, aber sie sind hoch verschüt- _328_ tet, wie man im daran stoßenden Vorhofe er- kennen kann. Dieser ist von 28 Säulen getragen, deren Schäfte nur 12“ aus dem Schutte ragen; dort haben sie 18“ 3“ Umfang. Die Knäufe gleichen um- gestürzten Kelchen. – Wände, Pfeiler, Schäfte, Knäufe, Gebälke: Alles verziert in reinem Style, der mehr Nerv hat als derjenige der eben beschrie- benen Pforte, obwohl dieser zierlicher ist. Im Thor- *gesimse wiederholt sich häufig die Darstellung eines sitzenden Knaben, bedornte Krummstäbe in den Hän- den, Nilschlüffel und eine Haube hängend im Arm- bug, den Diskus über sich. Die Lotusblume macht den Hauptzierath dieses Portikus. Sie erscheint bald als Opfer, bald in Windungen und Kränzen. Sie wächst aus Säulen empor; sie umschlinget solche; sie wird auf Barken geführt, in artigen Körbchen getragen; sie krönet die Häupter; sie liegt einzeln und in Bündeln auf Tischen; sie steht vor den Göt- tern in schöngeformten Vasen. Leider ist dieser Portikus sehr geschwärzt und verwüstet. Die zerstörende Menschenhand neben der kunstvoll erbauenden – dieß böse Princip neben dem guten – ist überall sichtbar! freilich, wenn Menschen nicht der Zeit nachhälfen, wann würden diese Werke untergehen? - Aus dem Portikus führten zwei Thore zur Rech- tem und zwei zur Linken in anstoßende, nun ganz --- 329 verschüttete Säle. Durch das Hauptthor aber tritt man in einen achtfäuligen S. a a l. Auf der Wand neben dem Hauptthore sind (unter einer dop- pelten Reihe von großen Bildern) Priester in falti- gen Mänteln dargestellt, welche Barken tragen. An den Füßen haben sie genau die Schuhe, wie man deren noch manchmal in den ägyptischen Gräbern findet, und heut zu Tage noch in einigen Gegenden des glücklichen Arabiens im Gebrauche hat. – Die vier mittleren Säulen im letztgenannten Saal ha- ben Lotusknäufe; die vier anderen sind denen des Portikus gleich. In diesem Tempel ist abermals fei- ner Mörtel gebraucht, um die Steinarbeiten zu ver- tiefen und den Farben eine bequemere Grundlage zu geben. Was in diesem Saale besonders auffällt, find drei Fenster über dem Gebälke der zweiten Säu- lenreihe rechts. Dieses Gebälke steht tiefer als das der ersten, und bis zur gemeinsamen Decke des Saa- les sind eben die Fenster angebracht. Sie bestehen aus Steingittern mit 12 länglich rechteckigen Öffnun- gen in zwei Reihen. Die Gemächer zu beiden Seiten des Saales sind verfallen und verschüttet. In der Richtung der Achse kommt man in den Saal des Heiligthums. Das Gebälkei ' Theils eingestürzt, und die Wandzierden, hier von einer Schönheit denen der Obelisken nahe, s häufig verwüstet. Die Hierogly- - - - 23 33(!) hen sind hier von 1“ bis 1“ 6“ eingearbeitet, die Kanten scharf, eben so die Linien der Figuren rein und weich. Opfer vor Amon sind der Hauptstoff der Bil- der. Knieende Gestalten opfern auch Idole einem anderen bärtigen Idole, das an die Hermen der Grie- chen erinnert.– Vom Heiligth um selbst stehen nur ein Paar Wandstücke. – Noch folgen in der Achse zwei andere Gemächer, mit Gemächern zur Seite – alle verschüttet und zertrümmert. – Die Hin- terwand dieses Tempels steht nicht ferne von der Hin- terwand des abgesonderten Tempels im Vorhof des großen ab. Die Seitengemächer sind der Breite nach von den Pylonen etwas überragt. Auch die Außen- wände sind bearbeitet. Ich glaube, daß auf diesem Tempel ein zweites Stockwerk stand. Gerade in der Westecke der Umwallung, fast an den nordwestlichen der beiden Pylonen des eben beschriebenen Tempels gelehnt, und gleichsam der Stelle aufgedrungen, steht ein Typ honium, mit der Vorderseite nach NW, aus einem Saale und eilf Gemächern bestehend, gar sonderbar in feiner Ausführung. Die Außenseiten geben 10 Bilder und kolossale Figuren auf der Hinterwand. Die Vorder- seite ist unverziert, das Thor ausgenommen. Durch dieses tritt man in einen Saal, getragen von zwei Säulen, mit Knäufen aus Lotus und Palmen, auf denen Würfel mit vier Isisköpfen liegen. Die 331 Decke hat die gewöhnliche Zierde gespreiteter Adler, das Gebälke Hieroglyphen, aber die Wände sind glatt. Das nächste Gemach, und seine beiden Sei- tengemächer, sind sehr reich bearbeitet. Dort sehen wir Mendes, Harpocrates, Amon, Thot, Typhon, den todten Osiris auf eine Bank mit Löwenköpfen als Zierath, gestreckt, hinter ihm Ifis, vor ihm eine andere Göttinn, über ihm ein schwebender Ad- ler; endlich eine Göttinn, sitzend mit Nilschlüffel und Lotusstab, einen Scarabäen oder Scorpion auf dem Haupte, vielleicht Pthah, in weiblicher Gestaltung – das innerste Gemach des Tempels ist klein und ähnlich verziert. Anubis steht da neben Amon wie ein lachender Faun, und die Säule des Tphon füllt die Nische des Hintergrundes. – In die übrigen Seitengemächer geht man vom Saale aus, und sie haben mit den erstbeschriebenen keine Verbindung, obwohl drei davon an diese stoßen. - - Es war aber noch ein zweites, weit älte- . res Typhonium am Tempel zu Karnak, denn das erst beschriebene ist offenbar jung, wie der Um- stand, daß es nicht vollendet ist, – der Styl der Hieroglyphen und Figuren, – und dessen Lage auf - einem Raume, wo die Umwallung gewesen seyn . . " muß, beweisen. Zu diesem älteren Typhonium führt eben aus dem großen Portikus der Koloffe an der Riesenhalle ein Zugang, der nach allem Großen 28 * 332 und Erstaunenswürdigen, was ich bis jetzt im Tem- pel zu Karnak aufgezählt habe, den Beschauer mit einer Bewunderung erfüllt, die an Scheu grenzt. Wenn auf diesem Boden die abenteuerlichsten Zau- berfagen entstanden, so würde ich wissen warum. Aus dem Thore, durch die südwestliche Seitenwand des großen Portikus der Koloffe, getreten, hatte man vor sich zwei Obelisken, nun in Trümmern, und ein Thor zwischen Pylonen, vor welchem Ko- loffe saßen; kurz darauf ein zweites Thor, ein zweites Pylonen-Paar – so ein drit- tes, – so ein viertes; jedes riesig an Höhe und Maffe; im vierten die Pforte durch die Um- wallung. Die zwei ersten Pylonen-Paare waren unter sich und mit dem Haupttempel durch Schlußmauern verbunden; eben so das dritte und vierte Pylonen- Paar, unter sich und mit der Umwallung, nicht aber unter sich das zweite und dritte. Es dürften zwischen den Pylonen Vorhöfe bestanden haben. Welch ein Feld von Zerstörung heut zu Tage! Die acht Rie- fenmaffen der Pylonen, waren mit Bildern und Hieroglyphen in ihrer ganzen Oberfläche bedeckt. Sie find zum großen Theile eingestürzt, wie die verstüm- melten Pyramiden von Memphis, und decken weit- hin das Feld mit ihren bemalten und bearbeiteten Trümmern; zum Theile aber halten sie dennoch bis zum Kranz sich aufrecht. Wie groß war mein Er- _833 staunen, da ich, über die Trümmer des dritten Pylo- nen-Paares nach der Spitze steigend, als Bausteine im Inneren benützt und nun wieder zu Tage ge- bracht, durch die abgerollten Maffen, Blöcke älterer Bauten sah, Blöcke, die ihre Hieroglyphen, selbst ihre Farben noch klar erhalten haben, und doch sind diese Pylonen ein Paar Jahrhunderte älter als der große Remeles! – Und dennoch sind diese be- arbeiteten Blöcke nicht die ältesten, welche Ägypten uns weitet, wie wir Gelegenheit haben werden, im Laufe dieser Blätter zu erfahren. Was die Koloffe betrifft, so waren die vor dem ersten Pylonen-Thore sitzenden von Granit. Vor dem zweiten faßen zu jeder Seite. Zwei, denn die zur Rechten sind noch vorhanden. Der nächste am Thore ist aus röthlichem fettglänzenden Stein, der andere aus dem trefflichen Kalkstein aus dem Gebirge des linken Ufers von Theben, dessen Farbe milch- weiß, dessen Korn sehr fein ist und der sich wie Kreide arbeitet. Dieser Koloß war bemalt. Die Höhe vom Kopf bis zum Schooß ist an 13“, die ganze Höhe von der Grundlage des Stuhles gerechnet, dürfte 28“ betragen. – Vor dem dritten Thore liegen noch die Trümmer von Granitkoloffen. Vor dem vierten endlich saßen innen und außen Koloffe; die äußeren aus röthlichem, die inneren aus weißem thebaischen Stein. Diesen Koloffen sind die Köpfe abgesägt. Die Z3 Länge von der Hand zur Achsel ist 9/ 11/ 6 ///. Pokock fand das Haupt 5“ 4“ lang, (II. 21) was, wenn die Koloffe ständen, ihnen eine Höhe von mehr als 40“ gäbe. Sie sitzen aber. Ich halte diese Koloffe für Königsbilder. - Dieses vierte Thor steht in der Umwallung. Es ist aus Granit, im edelsten Style, aber nicht auf der ganzen Oberfläche bearbeitet. Nur zwei Bil- der sind gegenwärtig über dem Schutte. Bevor ich von der Umwallung mich entferne, will ich noch er- wähnen, daß zwischen ihr und dem großen Tempel, im Südost des Pylonen-Zuganges, ein mit verzier- ten Werkstücken umfangenes, rechteckiges Wafferbe- cken war, etwa 150 Schritte breit und so lang, als der Abstand von den großen Obelisken, bis an den Ausgang hinter dem acht und vierzig fäuligen Portikus im Südost des Heiligthums. Von der Granitpforte zieht eine Allee von Wid der fphinx en SW, wovon auf jeder Seite deren 60 waren, und 54 noch zu fehen sind. Dann steht man vor dem ersten Thore des Typho- niums, das in seinen Resten eine große Pracht verkündigt. Die Allee der Sphinxen wendet sich vor diesem Thore zur Rechten und Linken, verbindet sich dort, nach 260 Schritten, mit der oberen füd- westlichen Sphinxenallee, und verliert sich zur Lin- ken unter Trümmern und Schutt. Durch das Thor 335 getreten ist man in einem, von 36“ starker Umwal- lung umschloffenen Rechtecke, 10 Sphinxe zur Rech- ten, 10 zur Linken, die drei ersten mit Widderkö- pfen, die anderen mit menschlichem Antlitz (freilich alle abgeschlagen); am Ende dieser Spalier stehen reichverzierte abgesonderte Säle. Vor sich hat man den Eingang in eine umwallete, erhöhte viereckige Halbinsel mit tiefem Waffergraben nach drei Sei- ten. Vor dem Eingange liegen die Trümmer von Gra- mitkoloffen; fechs Widderphinre zur Rechten, und eben fo viele zur Linken schauen von diesem zweiten Thore, denen an dem ersten entgegen. Die Gestalt des Typhons ist fast das Einzige, was sich am zwei- ten Eingange noch erhalten hat. Das Rechteck der Halbinsel war auch im Rechteck von einem Gange eingefangen, in welchem hart an einander lebens- große Weiberstatuen mit Löwenköpfen (Tafne?) aus Porphyr aufgestellt waren. Ihre Zahl muß einige Hundert betragen haben. Ich zählte noch einige ech- zig, Alle wohl erhalten, manche find in Trümmern, viele deckt gewiß der Schutt. Belzoni schleppte ei- nige dieser Statuen weg und ließ sie dann am Ge- fade von Luxor stehen. Die Franzosen, während des Feldzuges in Ägypten , haben gleichfalls meh- rere weggenommen, die, so wie die Eroberungen Belzoni's, in’s britische Museum wanderten, weil das Schiff, das sie trug, gekapert wurde. Belzoni Z36 nahm 6 Sphinxe und eine Statue des Amon, Dro- vetti 4 Sphinxe aus diesem Typhonium. Ich be- merkte unter Schutt und Trümmern eine Porphyr- - tafel mit Hieroglyphen beschrieben, die mir sehr ein kostbares Stück schien, und wunderte mich, daß nicht auch diese im brittischen Museum sich befände. Der tiefe und breite Graben, der sich nach der Thorseite einkrümmt, so daß eben für den Ein- gang der nöthige Raum bleibt, enthält noch Waf- fer. Wie er es erhält, weiß ich nicht. Eine Menge schwarzer, kleiner Reiher mit rothen Füßen und gelbrothem Schnabel, trieb sich da herum. Ich habe diesen Vogel, den ich (ins Ohr fey es gesagt) für den Ibis halte, nur ein einziges Mal wieder gesehen. Zwischen dem inneren und dem Außenwalle (durch welchen das erste Thor führt) liegen Koloß- trümmer und stehen ein Paar Bauten, an denen sich Vorstellungen von Schlachten und Siegen er- kennen. Übrigens ist dieses höchst merkwürdige Ty- phonium sehr verwüstet. Rings um die Umwallung von Karnak, beson- ders, aber auf der Südwestseite, ist der Schutt zu Hü- geln gehäuft, und Spuren mancher Bauten sind sichtbar; andere stehen in Süd und wieder andere in Südost. Diese letztern scheinen einem kleinen verzierten Tempel angehört zu haben. Noch er- 337 kennt man einen Vorsaal und drei Säle in der Achse, die nach den großen Obelisken gerichtet ist. Die Ruinen von Karnak sind nach so ungeheu- ren Maßen, daß die Einbildungskraft dabei auf die Folter gespannt wird. Ich glaube nicht, daß jemals ein größerer Bau gedacht worden fey – und wie viele Jahrtausende muß ein Volk nicht alt feyn, bis es an die Ausführung eines solchen Gedankens gehen kann! Die Maße, welche Diodor von Sicilien für diesen Tempel gibt (denn er kann unter dem älte- ften und größten in Diospolis magna nur diesen ge- meint haben), find, weil sie zu groß schienen, lange für Übertreibung gehalten worden, so wie es gegen- wärtig noch diejenigen desselben Geschichtsschreibers für die Ausdehnung von Thebäi gehalten werden. Die Wahrheit ist aber, daß jene Maße zu gering find, denn er gibt dem Tempel nur 13 Stadien Umfang, was, wenn er das kleine Stadium als Maßeinheit nahm, etwas über 4100, und wenn das große 7600 Wiener Fuß gibt. Der Umfang der Umwallung beträgt aber 5 bis 600 Fuß mehr. Der älteste Name, den wir auf den Ruinen dieses Tempels des thebaischen Zeus (Herodot. II.42) lefen, ist derjenige Thotmoses I., des neunten Kö- niges vor dem großen Remeles. Sein Vorname steht auf den großen Obelisken im zweiten Portikus der Koloffe, und auf dem Pylonen-Zugange zum ersten Proke fch: Ägypten 1. - 29 338 dieser Portiken; fein Name auf den Obelisken, die eben dort, vor dem südöstlichen Eingange in die Riesenhalle, aufgerichtet sind. Abgesehen davon, daß Werkstücke in diesen Pylonen auf noch ältere Bau- ten an dieser Stelle deuten, können wir also Thot- moses I. als den ersten Gründer dieses Tempels an- nehmen. Neben feinem Vornamen lesen wir auf den großen Obelisken Namen und Vornamen eines an- deren Königes, der in keiner genealogischen Tafel erscheint. Er ist geschrieben Amn-nth und siehe, wir finden in Manetho's Liste, als letzten König einer Dynastie, die zu Thebä herrschte, gleichzeitig mit Thotmofes I., welcher ganz Ägypten vereinigte, Amuthartäos genannt; jene Hieroglyphen aber le- fen sich natürlich Amonnathoth und entsprechen so der geschichtlichen Angabe. Die Nachfolger Thotmoses I., Thotmofes III., Amenopht II, Thotmoses IV. bauten an dem Werke fort. Der Name des Ersten steht gleichfalls auf den kleineren Obelisken, der Vorname der beiden Ande- ren auf dem Pylonen-Zugange. Dieser Zugang scheint damals der große gewesen zu seyn, der Haupt- weg in den Tempel. - Aber des vierten Thotmofes Nachfolger Ame- nopht III., eben derselbe, welcher des Tempels zu Luxor und überhaupt der größten Werke zu The- ben Gründer war, Er, dessen Name weit über Ägyp- 339_ ten hinaus erklungen feyn mußte, da ihn die Grie- chen – obwohl nach ihrer Weise zu Memnon ver- stümmelt – kannten, Er scheint den Tempel nach ei- nem größeren Plane begonnen zu haben. Von ihm scheint die Umwallung, denn seinen Vornamen tra- gen alle Sphinxe mit Widderköpfen; feine Ringe stehen auf den Trümmern des nordöstlichen, abge- sonderten Tempels und auf den Porphyrstatuen, die dort gefunden werden. Er scheint auch den Pylo- nen-Zugang vollendet zu haben, denn wir sehen auf dem dritten Pylonen-Paare, den Vornamen des zwei- ten Amenophr ausgemeißelt (jedoch bleibt er noch leserlich) und den Namen des dritten dafür hinein gehauen. Amenopht überließ den Bau unvollendet seinem Nachfolger Amonnemeth. Dieser setzte das Granit- thor zwischen das vierte Pylonen-Paar, (denn noch immer scheint der Hauptzugang diese Richtung ge- habt zu haben) und dürfte die Umwallung und die Vorhöfe zwischen den Pylonen vollendet haben. Die Ringe des ersten Remefes, der nach Amon- nemeth folgte und wahrscheinlich als der Gründer einer neuen Dynastie wenig Muße zum Bauen hatte, fand ich zu Karnak nicht. Remeses II. erscheint nun in den Schlachtbildern der Riesenhalle, die aber of- fenbar erst von dessen Sohne Remeses III. (M- Amon) erbaut worden ist. 29 * _310 Dieser gewaltigste aller Pharaonen scheint in der Anlage des Tempels den Plan seiner Vorfah- rer verlaffen, und denjenigen angenommen zu ha- ben, nach welchem wir die Ausführung sehen. Von ihm sind die Pylonen im NW wenigstens angefan- gen, von ihm ist die Riesenhalle, denn unter den Ringen, die darin erscheinen, sind die feinigen die ältesten, und die an den vorzüglichsten Stellen stehen- den; er setzte die Koloffe vor die Granitpforte in der füdwestlichen Ummauerung, wie er, nach Hero- dot (II. 110) vor dem Hephäftostempel zu Mem- phis sechs Koloffe zu 20 und 30 Ellen Höhe, Bild- niffe einer selbst, seiner Frau und Kinder, setzte; er endlich baute das Typhonium im SW. Sein zweiter Nachfolger führte die Pforte durch die Umwallung im NW aus, wovon nur höchst we- nige Reste bestehen. Diese tragen eben feine Ringe. Die Dynastie der Remefiden betrachtete den Bau der Riesenhalle als eine Verpflichtung des Hauses. Wir finden, im Innern dieser Halle, auf “ Gebälken und Säulen, die Ringe fast aller Könige bis zum XV. dieses Geschlechtes. Außerdem bauten Remeses der Fünfte und Siebente die Ge- mächer im Vorhof, welche sich an die Pylonen leh- nen; der Achte baute die nordöstliche Pforte durch die Umwallung, und setzte seinen Namen auf die kleineren Obelisken, wo auch derjenige des neun- _311_ ten Remesden eingegraben steht. Dieser und der Zehnte, begannen den abgesonderten Tempel in SW. Aber als das Geschlecht der Remesiden zu Ende gegangen war, folgten andere Pharaonen. Der alte Geist der Verherrlichung dieses Tempels schien in ihnen fortzuleben. Die südöstliche Pforte der Um- wallung ist von einem Könige der 21. Dynastie ausgeführt, Nefertheres, wenn derselbe nicht etwa richtiger in die 29. zu setzen kömmt. Der Tempel in der südwestlichen Wand des Vorhofes, der mit einem Portikus von 18 Koloffen beginnt, zeigt den Namen Amon-mi-Schichonk (geschrieben: Amn- m-Schschnk), gewiß der Sefonchis der 22. Dyna- stie des Manetho, und wahrscheinlich der Schischak der Schrift, zu welchem Jeroboam floh (Kön. XI. 40) und der, fünf Jahre nach Salomon's Tode, Jerusalem eroberte, und alle Schätze des berühmten Tempels mit sich nach Ägypten nahm. Von diesen mag er einen Theil auf die Verschönerung des Tem- pels von Thebä gewendet haben. Er richtete auch die sechs Riesenfäulen im Vorhof auf, vollendete fie aber nicht; er scheint die Zellen und was zwi- fchen diesen, dem Heiligthum und dem südöstlichen Portikus stand, gebaut zu haben, denn dort begeg- net man einen Ringen auf Werkstücken. 342 Das hohe Thor in der Südwestseite des Vor- hofes, angebaut an den Tempel Schichonkºs, zeigt den Namen Osorkon (Amn-m-Orkn) Manetho nennt einen solchen kurz vor Sefonchis, in der 21. Dynastie, und einen anderen in der 23. Dieser fällt etwa 160 Jahre nach Sefonchis. Die Schrift (2 König. XVII. 4.) nennt, fast in demselben Zeit- abstande nach Schischak, einen Pharaon So. Nach Eusebius Chronologie Manethos ist Osorchon der Sohn des Sejonchis. - Pametik I. vollendete die sechs Riesenfäulen im Vorhof, und dieser ist der letzte Königsname vor dem Umsturz des ägyptischen Reiches durch die Per- fer, den wir zu Karnak finden. Kambyles und feine Magier thaten an dem Amonstempel, wie Schichonk und Neko an demje- nigen Jerusalems. Unter dem Arm der Perfer bra- chen die Pforten nieder, wurden Heiligthum, Obe- lisken und Koloffe in Trümmer geschlagen, die Bil- der ganzer Wände verstümmelt, den Tausenden von Sphinxen die Köpfe abgesägt. Sie verwüsteten ein Jahrhundert hindurch, aber sie konnten damit nicht zu Ende kommen, und es blieb noch immer so viel, um sie anzuklagen und zu verdammen. Kaum hoben einheimische Dynastien wieder das Haupt, so legten die Hand an das Heiligste ihrer Gotteshäuser, und suchten herzustellen, was her- 343 stellbar war. Ein Paar Namen aus diesen jüngsten ägyptischen Dynastien, finden wir im abgesonderten südwestlichen Tempel. Aber erst mit dem Umsturz des persischen Reiches und der Besitznahme von Ägyp- ten durch die Griechen, konnten Wiederherstellungen nach größerem Maßstabe ausgeführt werden. Auch hier, wie zu Luxor, fehen wir den macedonischen Helden das Heiligthum aufrichten, das schon Po- kock jünger schien, und das wirklich auf den ersten Anblick als jüngerer Bau sich zeigt. Es ist, als wenn bei Bearbeitung des Granites das Mark aus den Händen gewichen fey. Neben Alexander's Ringen stehen diejenigen Philipp's, von dem Sohne wohl aus Verehrung für den Vater aufgerichtet; oder auch Philipp Aridäus. Der Name ist Philipos ge- schrieben und demselben einer der Vornamen des großen Remefes (mit Verwandlung eines einzigen Zeichens in ein anderes, N in M) beigegeben. Das altere Heiligthum war wohl von Thotmoses III., denn defen Ringe finden wir auf Obelisken, in den Hieroglyphen der Außenwände des Heilig- thums; diese Hieroglyphen enthalten vielleicht die Geschichte des Tempelbaues. – Der Vorname des- felben Thotmofes ist auch auf dem Quarzkristallklum- pen, der nahe am Heiligthume liegt. - Die Ptolemäer folgten diesem Beispiele, wie ihre Stellung es gebot. Epiphanes und Philo- 344 metor stellten das Thor aus dem Vorhof in die Rie- senhalle her, an dem schon Schichonk gebaut hatte. Evergetes I., richtete die herrliche südwestliche Pforte in der Umwallung auf. Philometer, Kleopatra, und vielleicht Lathur, begannen das Typhonium im West- winkel der Umwallung. Römer führten diesen klei- nen Bau weiter, ohne ihn jedoch zu endigen. Auto- krator Cäsar ist der jüngste Ring in diesem Typho- nium und im ganzen Tempel, wo Thotmoses I. der älteste war. Zwischen diesen Namen liegen wohl 16 Jahrhunderte. A - - 4. K U r n U- Eine Stunde im Osten von Karnak sind die fehr verwüsteten Reste eines Tempels, der wenigstens die Ausdehnung der Stadt nach dieser Seite bezeugt. Von dort in der Richtung nach Luxor, findet man Spuren eines runden ummauerten Beckens zu 160/ Durchmesser, mit Trümmern eines Thores darneben. Ich sah diese Ruinen nur im Vorüber- eilen, denn ich war erschöpft durch Luxor und Karnak. Schlafend wurde ich an die Sykomore von Kurnu gebracht, um dort meinen Wandel durch die Grab- hallen der Zeit fortzusetzen. – Palmen umschatten A. einige Hütten, und diese nennt man Kurnu. Dabei stehen Reste eines Tempels oder Palastes, im schönsten Style der Pharaonen. Er sieht nach Südost. Deffen Pylonen und Vorhallen bestehen nicht mehr. Haufen von Werkstücken bedecken den Vordergrund, aus denen man die Reste zweier Thore herausfin- det, die in der Achse fünfzig Schritte, das eine vom anderen, lagen. In gleichem Abstande trifft man sodann einen majestätischen und dabei sehr gefälligen Portikus, der zehn Säulen und zwei Pfeiler Fronte hat. Die Schäfte gleichen Bündeln, die Knäufe umgestürzten Kelchen. In den feinsten Hieroglyphen und Bildern ist die innere Wand ver- zieret, durch welche drei Thore in eben so viele Säle führen. Der zur Rechten ist verwüstet, der zur Lin- ken, den zwei Säulen stützen, hat weiter drei Ge- mächer im Hintergrunde. Den Mittelsaal endlich, von sechs Säulen getragen, begleiten zu jeder Seite gleichfalls drei Gemächer, durch deren erste die Ver- bindung mit den Seitenfäulen besteht; in der Ver- längerung der Achse liegen noch zwei Gemächer, das hintere zu vier Pfeiler. Der Rest des Baues ist in schwer verständlichen Trümmern, und mit koptischen Bauten, ebenfalls seit lange schon in Trümmern, überfüllt. Alle Oberflächen dieses Tempels sind mit Bil-" dern und Hieroglyphen bedeckt, feiner ausgeführt 346 oder beffer erhalten, als in den übrigen Tempeln des linken Ufers von Thebä.. Auch dieser mag dem Amon geweiht gewesen seyn, wenigstens erscheint deffen Bild häufig, mit ihm dasjenige des Sonnen- gottes, der Isis u. a. Amonsfeste sind unter den Darstellungen. In einem der Opferbilder überreicht ein König dem Gotte den Scepter. Der linke Seitensaal ist, wo möglich, reicher als der mittlere; die Hintergemächer aber sind am reichsten. Die Thorräume schmückten Sterne und königliche Ringe im blauen Felde. Die Gemächer felbst sind, im Verhältniß zur Breite, lang, und empfangen ihr Licht nur durch die Thüre. Es ist etwas Eigenes um diese schmalen, so äußerst sorg- fam geschmückten, finstern Gemächer, die wir in mehreren ägyptischen Tempeln finden: die erscheinen wie das Allerheiligste eines geheimnißvollen Dienstes. Phre und Mendes find, in denen von Kurnu, die darin abgebildeten Götter; sie empfangen Lotus- blumen, Vasen und Idole. Ringe, wovon ich den einen nirgends und den andern nur selten wieder fah, stehen im mittleren Hintergemache des linken Seitensaales; es sind die- jenigen des ersten und zweiten Remeiden. Der Name des Ersten ist ganz einfach »Remff« geschrieben. Der Andere trug neben einem schwer zu lesenden Namen die Bezeichnung Mi-Pthah: »Liebling des Pthah.« Z47 In demselben Gemache finden wir eben so die Ringe des zweiten und dritten Remefiden vereiniget. über dem Thore des mittleren Hintergemaches find auch 20 Ringe neben einander gereiht, zur Hälfte Namen , zur Hälfte Vornamen, die sich aber wiederholen, so daß nur die Ringe von drei Königen darin erscheinen, des ersten, zweiten und dritten Remefiden. Der Letzte dürfte der Erbauer dieses Tempels feyn, der dem Vater und Großvater, dem Gründer der Dynastie, und sich felbst hierin ein Denkmal setzen wollte. Diese kleine Tafel dient denen von Medinet-Abu und Abydos zur Bestätigung, und lehrt uns mehrere Schreibweisen desselben Namens. Dieselben Ringe find in den anderen Gemächern der Säle und sonstigen Theilen des Tempels, in vereinzelten Paaren. 5. Memnonium. Das Memnonium, oder das Grab des Olyman- dias, wie es Einige heißen, lehnt sich an den Fuß des Gebirges. Es sieht nach S 40° O, scheint eine äußerte Umfaffung aus ungebrannten Ziegeln ge- habt zu haben, und ist nach der Weise der übrigen '- 348 thebaischen Tempel gebaut. Die Pylonen sind ein- gestürzt. Opfer der Isis, dem Amon, Phre und Mendes gebracht, Heereszüge, Schlacht, Sieg und Friedengewährung, im Style der Bilder von Kar- nak, zeigen sich auf den Resten. Die Antifrag- mente des Thores waren aus dem weißen Gestein des Gebirges hinter dem Tempel. Etwa 150 Fuß vom Thore stehen die Wände des ersten Portikus. Zwischen Beiden liegt ein zertrümmerter Koloß aus einem einzigen Blocke rothen Granites. Das Gestell, gleichfalls ein Granitblock, hat 27“ 10“ 6“ Länge (wie es nämlich gegenwärtig be- steht, denn es ist abgeschlagen, so daß defen ganze Länge nicht mehr zu sehen ist), 17/ 9“ Breite und steht 8“ 7“ 6“ über den Schutt. Figuren und Hie- roglyphen auf dem Gestelle, sind im Style der Obelisken. – Der Koloß liegt auf dem Rücken, das Gesicht ist zerschlagen. Man hat auch angefan- gen es zu durchschneiden. Die Länge des Kopfes be- trägt 10 9/ 6“; die des Ohres allein schon 3“. Die Trümmer dieses Koloffes füllen den Vorhof. Der Portikus hatte in der Breite 2 Säulen, je Einer in den Ecken, und 8 Pfeiler mit Koloffen, in der Stellung derer im Tempel des Vorhofes zu Karnak, in der Tiefe aber noch fünf Säulenreihen, zusammen 8 Pfeiler und 52 Säulen. Dann führten 12 Stufen zu einem zweiten Portikus, abermals 349 zu 8 Pfeilern mit Koloffen und 2 Säulen Breite, eine andere Säulenreihe hinter sich. Neben den Stie- gen, wovon eine zwischen dem 3. und 4. Pfeiler noch erhalten ist, scheint eine andere Säulenreihe gestanden zu haben, so daß beide Portici eigentlich nur einen Einzigen ausmachten. Von diesen 74 Säu- len und 16 Pfeilern, stehen nur wenige aufrecht. An der Stiege zur Rechten liegt in Trümmern ein Koloß aus Porphyr. Zwei Thore, wovon Porphyrpfeiler noch stehen, führten durch die Wand in den ersten Tempel- faal. Die Inseite dieser fast ganz zerstörten Wand, zeigt in den Bildern Wagenkämpfe, Erstürmung einer Burg mittelst Leitern. 36 Säulen trugen die- fen Saal, je 6 in der Breite und Länge, die mitt- leren mit Blumen, die anderen mit Kelchknäufen. Die Decke war mit gespreiteten Adlern verziert. Aus diesem Saale tritt man in den zweiten zu 8 Säulen. Festzüge der Isis, Opfer dem Amon, Osiris und Mendes, sind der Inhalt der Bilder. Vom dritten Tempelsaale, gleichfalls zu 8 Säu- len, stehen nur Reste und alles Weitere ist zerstört. Gräber und Gebäude, von denen noch einige Rui- nen erkennbar, umgaben diesen majestätischen Bau, der in allen feinen Theilen und selbst auf den Ober- arm des großen Koloffes die Ringe des Mi-amon- Remeses trägt. - 35(!) Auch die Reste von zwei genealogischen Tafeln findet man im Memnonium. Die Eine zeigt nur mehr fünf Ringe, nämlich die Vornamen der fünf Pha- raonen, die dem ersten Remesiden unmittelbar vor- ausgingen, Thotmoses III., Amenopht II., Thot- moses IV., Amenopht III. und Amon-nemeth. Die Andere gibt 14 Vornamen vom großen Remeses aufwärts und zwar nach dem 12. Amos (geschrie- ben: Ams), dem Amofis des Mentho, zwei, die mit denen der Tafel von Abydos nicht übereinstimmen, was voraussetzen macht, daß vor Amos, dem Grün- der der 18. Dynastie, die Gebiete von Abydos und Theben nicht unter denselben Herrschern vereiniget NPQ (2N. 6. Die Memnonsfäulen. Vom Memnonium nach den beiden Bildsäulen, wovon die eine für die Memnonsäule gehalten wird, sind 900 Schritte S bei W. Das Gestell der einen wie der anderen Bildsäule besteht aus einem einzigen Blocke 33“ 1“ 6“ lang, 17“ o“ 6“ breit, und gegenwärtig 7“ 3“ aus dem Grunde ragend. Von Gestell zu Gestell ist 56“ 6“ Abstand. Z51 Die Höhe der Bildsäule selbst, mag etwas über 60 betragen, da der Unterarm und die Hand zu- sammen 15/ 10“ 6“ Länge haben. Die südliche der beiden Bildsäulen ist aus einem einzigen Blocke, die andere über der Mitte abgebrochen und mit fünf Steinlagen ergänzt. Beide stellen sitzende Jünglinge vor, in deren Antlitz (soweit dieses trotz der absichtlichen Verstümm- lung erkenntlich bleibt) und Haltung der Ausdruck vollendeter Ruhe herrscht. Das Gesicht ist nach SO bei O gerichtet, die Hände liegen auf den Knieen. Der Thronos hat an den Vorderarmen zwei stehende Gestalten, etwa 15“ hoch, und am Vordertheile, zwischen den Beinen des Koloffes eine dritte klei- nere. Die Seitenwände des Thronos sind mit Bill- dern und Hieroglyphen verziert, mit Hieroglyphen auch der Rücken und das Gestelle. Das Bild an den Seiten zeigt zwei Männer, welche mit Stricken eine Säule aus Lotusgebüsche heben, aus Sümpfen also oder aus dem Nil; eine Anspielung auf den Bau. Drei Mal auf der Rückseite ist der Name und vier Mal der Vorname Amenopht III., Ein Mal auch ein Frauenname, und ein anderer Frauen- name zwischen den Beinen, jener Athm und dieser Teiti, geschrieben. Auf den Beinen und Füßen der nördlicheren der beiden Bildsäulen sind, in großer Zahl, Inschrif- _852_ ten in griechischer und lateinischer Sprache eingemei- ßelt, von denen Pokock viele abschrieb. Besonders auf dem linken Beine sind jedoch viele in eine Liste nicht aufgenommen. Alle diese Inschriften enthalten Namen der Personen, Tag und Stunde, in wel- cher sie die Stimme des Memnon gehört zu haben vorgeben. Die meisten dieser Inschriften sind aus den Zeiten Domitian's, Nerva's, Trajans und Ha- drian's, und zum Theile von angesehenen Personen, wie Statthalter, Befehlshaber der Truppen, Ober- richter und solche aus dem kaiserlichen Gefolge. Aus einer der Inschriften des linken Beines erhellt, daß auch Kaiserinn Sabina eine Wallfahrt zu diesem Wunderbilde gemacht hatte. Die Stunde, in welcher die Stimme gehört wurde, ist bald die erste, bald die erste und eine halbe, bald die zweite. Eine römische Dame, Cäcilia Trebuma, versichert den Gott sogar mehrere Male gehört zu haben; eine andere, Clelia, Africani uxor, fagt, daß sie die Stimme erst nach ihrem dritten Besuche vernahm; ein Stra- tege, aus Hadrian's Zeit, Kelei, klagt in Versen, daß der Gott zwar eine Andacht gesehen, aber doch nicht gesprochen habe; sobald er sich aber auf zwei Tage entfernt hatte, vernahm er im Zurückkommen die Stimme des Gottes. Diese Aufschriften beweisen, daß zur Zeit der Römerherrschaft diese Bildfäule für die Memnons- 353 statue genommen wurde. In einer Aufschrift des linken Beines ist das »die fe« eigens bezeichnet . . azovska ro v5 - Ms voy og . . . Manche an- dere Beweise für die Einerleiheit dieses Koloffes mit der Memnonssäule, ergeben sich aus den alten Schrift- stellern selbst. Philostratus (im Leben des Apollonius von Thyane VI. 3) sagt: die Memnonssäule stelle einen Jüngling vor, dessen Haupt nach Sonnen- aufgang gewendet fey. Dieß spricht für den filzen- den Koloß, denn der im Memnonium liegende, den Einige für die Wunderfäule nehmen, fah, da er an feiner Stelle war, 59 S von SO. Philostratus sagt auch: Echo habe den Laut der Memnonsäule wie- derholt, und ich habe selbst versucht und gefunden, daß der Schall unserer Stimmen, da wir auf der Memnonsäule redeten, an dem anderen Koloffe sich brach. Kambytes soll die Memnonssäule entzwei gesägt haben (Pausanias I. 42) und siehe, auf dem linken Beine stehen unter Anderen auch folgende Verse: "ESpavas Raßlons ple révös röy A Soy: Baçãos Sov eiéva Spepayuéyoy. Pop 8 6M - 0; *) » Aargot Mégyoyos TC Trä9m yoga, Hy per Ae Kaußlans. *) Die beiden durchschoffenen Worte find ungewiß. 3() 354 "Ayaz op dé üy is aaf rd. Sézpara, "OAogpopa ris póSex 0 am 5 Tüxem. „Kambyfes zerbrach mich, diesen Stein, „Im Glauben, daß ich eines Königes Bildniß darstelle, „Die verlorne Stimme war einst die des Memnon's, „Sie beseufzte Leiden, Kambyfes aber raubte sie mir. „Nun mit Ausrufen in unsichern. Lauten „Beklage ich das vergangene Loos.“ Unter den Ptolemäern soll die Bildsäule wieder ergänzt worden seyn (Manetho) und siehe, sie ist ergänzt, denn die obere Hälfte ist aus mehreren Blö- cken, während wohl nicht zu zweifeln ist, daß auch fie ursprünglich aus einem einzigen Blocke bestand, wie der andere Koloß, ihr zur Seite, noch aus einem einzigen besteht. Der Koloß des Memnon soll neben sich zwei kleinere gehabt haben und mit diesen aus einem und demselben Blocke gewesen seyn : dieß spricht gleichfalls für die oben beschriebene Bildsäule. Ein, auch in Beziehung der Hieroglyphenschrift, merkwürdiger Beweis und der zugleich über die Per- fon des Memnon abspricht, ist in der Versicherung des Pausanias enthalten, daß die Bewohner von Theben sagten, diese Säule fey ein Bildniß des Phamenophts, eines ihres Landes (I. 42), was mit den Hieroglyphenringen auf diesen Koloffen ganz und gar übereinstimmt, da überdieß das Ph, vor einen Worte, im Koptischen noch heut zu Tage 355 - das männliche Geschlechtswort bezeichnet. Nach obi- gem Epigramm nahm auch Kambytes diese Bildsäule für die eines Königes. Die Griechen bemächtigten sich des Memnon's und ließen ihn von der Aurora dem Tithon geboren werden, über Äthiopien und Ägypten herrschen, den damals bekannten Theil Asiens durchziehen, Susa bauen, von Achilles vor Troja überwunden und in Syrien begraben werden. Da ich gestimmt bin, der- lei dichterischen Erzählungen ältester Zeit einen ge- fchichtlichen Grund zuzutrauen, so halte ich nicht ganz für unmöglich, daß Amenopht III. eine und dieselbe Person mit Sesostris fey, gestehe aber, daß der Anspruch des großen Reme es auf diesen Namen, mir überwiegend scheint. Übrigens ist, was Lautähn- lichkeit betrifft, von Mi-Amon zu Memnon nicht weiter, als von Amenopht eben dahin. Die Römer machten gar eines Gottes Bildniß aus dem des ägyptischen Königes, wie die Aufschrif- ten bezeugen. Nach der Verwendung solcher Koloffe vor andern ägyptischen Tempeln zu schließen, und aussorgsamer Untersuchung des Bodens hinter den Memnonsäu- len, glaube ich, daß diese beiden Koloffe vor dem Eingange eines großen Tempels angebracht waren, der seit Jahrtausenden, vielleicht in der Verheerung des Landes durch die Perser, zerstört wurde. 115. 30 * _356_ Schritte hinter den Memnonssäulen liegt ein Stück eines umgeworfenen, sehr abgenützten und verstüm- melten Koloffes; man muß ihn auf den ersten Blick für einen Felsblock halten, bemerkt aber bei näherem Besehen, daß er der obere Theil eines Koloffes von der Größe jener Beiden ist, und findet endlich auch die Ringe Amenopht III. auf dem Rückenblatte. – Ist es die von Kambytes abgesägte Hälfte? – Ist es einer der Koloffe, die vor einem zweiten Thore aufgerichtet waren? - In gleichem Abstande von diesem Koloffe, in der Achse, liegen verstümmelte Blöcke, tief eingesenkt in den Grund, mit Spuren von Hieroglyphen; vielleicht Koloffe vor einem dritten Thore. Da der Nil jährlich das Feld, worin die Memnonssäulen stehen, bewäffert (er reicht 4“ am Gestelle hinauf, in so ferne jetzt deffen Spur daran sichtbar ist), fo mögen wohl manche Unterbauten bedeckt seyn. Nach weiteren 1so Schritten liegen die Rückenblätter zweier Koloffe aus demselben Steine, wie die Memnonssäule. Jedes enthält in zwei Bildern die überreichung des Nilschlüffels von einer sitzenden Gottheit an einen Herrscher. Darunter stehen 24 Zeilen schöner Hieroglyphen und die Ringe Ame- nopht III. Jedes Rückenblatt hat 28/ 9 Länge und 13“ Breite. – Trümmer anderer Koloffe aus Granit liegen zur Seite. Nur 20 Schritt weiter _ 357 stößt man auf ausgedehnte Grundmauerung, und auf die Säulenvasen eines Portikus zu 12 in der Breite und 5 in der Tiefe. Die Schäfte waren ge- baucht; die Basen sind denen im Portikus zu Her- mopolis ähnlich und halten 10“ 1“ 6“ Durchmes- fer. Viele Koloßtrümmer aus Porphyr, Serpentin- stein, Granit und aus rothem Steine, wie ein Paar Koloffe zu Karnak, liegen zwischen den Werkblö- cken. Zehn weibliche Gestalten mit Löwengesichtern, an Stein, Größe und Form denen zu Karnak gleich, fand ich noch ganz unter diesen Resten, viele Andere in Stücken. Reste von Schlachtbildern, mit Gefan- genen, die Schilde mit Namen tragen (darunter, merkwürdig genug , derjenige einer bekannten syri- fchen Stadt Azotos, welche die Bibel Aschdoth nennt, hier Aschthot geschrieben) sind auf den Wandresten erkennbar. Etwas zur Rechten im Felde, liegt die Büste von Isis und Osiris, Beide aus einem Blocke und an den Armen zusammenhängend. Von dort 80 Schritte, etwas rechts der Achse, am Fuße des Gebirges, sind mächtige Unterbauten aus thebaischem Stein. Darin liegt wieder eine weibliche Bildsäule mit Löwengesicht. – Auf diesen Bauten aus theba- schem Stein, findet man abermals die Ringe Ame- nopht III., dort aber sowohl als im Portikus die- jenigen auch des vierten Reme iden. Alle diese Baureste scheinen ein Ganzes gemacht zu haben, einen riesigen Tempel, jener beiden Rie- 358 fensäulen würdig. Hierin bestätigt mich, daß Belzoni eine Statue daraus wegnahm an 10“ hoch, die ein völliges Nachbild der Memnonssäule war, und die- selben Hieroglyphen und Ringe trug. Warum soll dieser große zerstörte Tempel nicht das Memno- nium feyn? So fragt auch Belzoni; ganz richtig, wie mir scheint. Durfte ich in Thebä seyn und nicht einen Son- nenaufgang an der Memnonsäule abwarten? – Ich that besser, denn ich lag eine ganze Nacht zwi- fchen ihren Beinen. Es ist etwas Eigenes um die Empfindung, wenn man diese Koloffe, im Halb- lichte der Nacht, das sie, bis ins Ungeheure vergrö- ßert, betrachtet. Jahrtausende sitzen sie da und Jahr- tausende werden sie noch sitzen, Beschauer des Wan- dels, aber nicht Erdulder desselben. Ihre Zeit ist vorüber, aber für sie kommt kein Kambyles mehr. Die Nacht war lau und die Sterne glänzten herrlich. Eine Herde von Schakals kam und erhob die klägliche Stimme. Mit einem Pistolenschuffever- scheuchten wir diese Thiere. – Eidechsen, braun und breitleibig, und eine Menge Kröten, kamen aus allen Fugen des Bodens und des Koloffes hervor.–Der Wind machte die Memnonsäule klingen, aber als die Sonne aufging, blieb sie – stumm. -------- - 359 7. Med in et - Ab u. Eben tausend Schritte W von den Memnons- fäulen steht ein Hügel, mit Trümmern einer ganz ver- laffenen koptischen Stadt bedeckt. Aus diesen Trüm- mern steigen zwei, oder, wenn man will, dreiherr- liche Monumente empor, zwei Tempel und ein Pa- last, an den füdlicheren der beiden Tempel angebaut. Dieser füdliche Tempel war, auf eine Ent- fernung von 200 Schritten, von einem Walle aus ungebrannten Ziegeln umschloffen. Er sieht nach SSO. Der erste Vorhof ist außen mit Bildern und Hieroglyphenverzierung, innen ohne solche; Thore gehen durch die Seitenwände. Dieser Hof ist offenbar Zubau, auch trägt er die Ringe des An- toninus. Auch der zweite Vorhof ist ein fol- cher, denn die Pylonen folgen hinter demselben. Der erste Vorhof ist vom zweiten durch einen Portikus zu 8 Säulen in einer Reihe, geschieden. Diese Säu- len sind zierlich; ihre Lotusknäufe fein und edel. Auch dieser zweite Vorhof hat Seitenthore. Die Ringe die er trägt, sind diejenigen zweier Ptolemäer, vielleicht Epiphanes und Evergetes II. Aus diesem zweiten Vorhof tritt man durch das Hauptthor, das zwischen zwei Pylonen ruht, 360 in den eigentlichen alten Tempel. Dieses Thor ist reich verziert und bemalt; die Pylonen aber sind fo abgenützt, daß keine Zeichnung darauf erkennt- lich ist, am wahrscheinlichsten waren sie gar nicht verziert und sind überhaupt eines anderen Styles, als irgendwo deren in Ägypten zu finden sind. Man möchte die halbe Pylonen nennen, denn sie haben gerade die Hälfte der ihnen, nach dem Muster der ägyptischen, zukommenden Tiefe, und an den äu- ßeren Seiten, Pfeiler, die über diese Tiefe vorstehen. Mit Hieroglyphen bedeckte Blöcke sind als Bausteine bei diesen Pylonen benützt worden, und zum Theile verkehrt und barbarisch eingemauert. Es ist wirklich eine erfreuliche Genugthuung für den Forscher, diese Abweichungen auf genügende Weise durch die Hie- roglyphen gerechtfertigt und erklärt zu sehen. Auf den Trümmern des Thores zwischen diesen ausländi- fchen Pylonen nämlich, steht ein Paar Ringe, wo- von der des Namens in vier Zeichen Tork vielleicht Toraka ausdrückt. Nun aber gibt Manetho in der Dynastie der Äthiopier, die ganz Ägypten mit Aus- schluß des Delta überrannte und an fünfzig Jahre darüber herrschte (Herod. II. – 137–140), einen König Tharaea, und die Schrift erwähnt in mehre- ren Stellen eines äthiopischen Königes Tirhaka, der gegen den affyrischen König Sancherib aus Ägypten nach Syrien einbrach und diesen die Belagerung von 361 Jerusalem aufzugeben zwang. (2. Könige XIX. – Esaias XXXVII) Der Zug Tirhakas gegen die Affy- rer würde ohne die vorausgegangene Unterjochung Ägyptens durch die Äthiopier unwahrscheinlich. Über- dieß stimmen die Zeitangeber der Schrift und die- jenigen Herodots über die Epoche der äthiopischen Herrschaft ziemlich zusammen. Nach Beiden fällt die- felbe in das 8. Jahrhundert vor Christi. Wir kön- nen aus der Entdeckung dieses Baues schließen, daß die Religionssysteme der Äthiopier und Ägypter je- ner Zeit sich ähnlich, wenigstens nicht feindlich un- ter sich waren. Der nächste (dritte) Tempelhof schließet sich nicht unmittelbar an die Pylonen, sondern es ist eine Wand gleichlaufend denselben gezogen, an welche die Seiten des Hauptthores reichen. Vier Säulen tragen jede der Seitenwände dieses Vorho- fes, und durch jede Seitenwand geht ein Thor. Auch dieser dritte Hof ist Zubau, denn nun folgt ein zweites Pylonen-Paar, und weiter ein Saal mit einem Portikus zu 6 Säulen auf jeder Seite und Fensteröffnungen, denen zu Karnakähn- lich. Zwei Thore gehen durch die linke Seitenwand, eines durch die rechte dieses Saales. Die Hinterseite dieses Saales wird von 4 Pfeilern getragen und durch dieselbe gelangt man in den Mittelf aal, in welchem das Heiligthum als abgesondertes Proke fch: Ägypten I. 31 Z62 Viereck sich befindet, in der Anlage dem von Kar- nak gleich. Der Mittelsaal wird von 6 Säulen gestützt, und hat zwei kleine Gemächer zur Rechten und Linken. Es versteht sich, daß die äußeren und inneren Wände mit Hieroglyphen und Bildern ge- schmückt find; ausgenommen jedoch die 6 Säulen, die im ersten Saale noch aufrecht stehen und das linke Seitengemach des Mittelsaales. In der Richtung der Achse folgen noch zwei Gemächer, wovon jedes wieder eines zur Seite - hat, also sechs im Ganzen, alle sehr sorgfältig verziert. Die Ringe, welche auf den meisten Theilen des eigentlichen Tempels, d. h. auf dem zweiten Pylonen- Paare, in dem Mittelsaale, im Heiligthume, und in den Hintergemächern sichtbar sind, sind diejeni- gen Thotmosis II. und III., dem des siebenten Re- meiden, außerdem aber noch die Ringe zweier Pha- raonen, wovon wir dem einen schon zu Karnak be- gegnet sind und die folgender Maßen geschrieben sind: Nfrthrs und Akori. Nun aber finden wir in der 29. Dynastie (nach Eusebius) zwei Namen, Neferites und Akorie, welche, wenn wir die Schriftzeichen des Ei- nen mit Selbstlauten ausfüllen, dieselben scheinen. Nefertheres und Akori, diese Herrscher gehören den Dynastien an, die während der Unterjochung des Landes durch die Perser sich erhoben, und den _863_ alten Thron der Pharaonen durch einige Jahrze- hende behaupteten. Da aber auch in der 19. Dy- nastie ein Nephelcheres und Ofokor genannt wird, fo hat mich das verleitet, die Ringe dieser Könige in meiner Reihenfolge der Pharaonen vor die Dy- nastie des Sejonchis zu fetzen. An die linke Seite dieses Tempels war ein Pa- last angebaut, wovon noch einige Trümmer stehen, die von einstiger großer Pracht zeigen. War es ein Königspalast, war es der eines Hohenpriesters, das will ich nicht untersuchen. Daß er mit dem Tempel in unmittelbarer Verbindung stand, zeigen die Reste zwischen Beiden und die vielen Pforten durch die Wände des Tempels eben nach dieser Seite hin. Der eine äthiopische Halb-Pylon lehnet sich an die rechte Seitenwand des Palastes, der dem Tempel gleich nach SSO gerichtet ist. Von dem Vorhofe des Palastes sind nur wenige, aber ungemein reich verzierte, Spuren übrig. Aus diesem durch das erste fast verschüttete Thor kömmt man in den innern Hof, der zwei Pylonen im Hintergrunde hat, aus deren Nischen Löwen und Sphinxe vorspringen. Der fiegende Kriegesgott, diese Lieblingsdarstellung auf Pylonen erscheint auch auf diesen in riesiger Größe. Der ganze Eingang ist majestätisch, pracht- voll, wirklich königlich, nach dem Maßstabe jener Zeit nämlich, denn die Paläste unserer Könige, 31, * Z64 wenn sie einmal Jahrtausende in Ruinen gelegen haben, wie die Pharaonischen, werden um so gewis- fer nichts Ähnliches aufweisen, als sie jetzt an An- lage, Pracht und Reichthum der Ausführung nicht neben diese Werke gestellt werden können. Auf den Wänden, welche sich an die Pylonen schließen, stehen Fensteröffnungen. Es bestanden zwei Geschoffe. Das obere ist gewaltsam eingeriffen und überhaupt Zerstörung durch Menschenhand klar sicht- bar. Im Hintergrunde sieht man noch zwei Gemä- cher, und zwei Fenster der oberen, breit und hoch, mit wunderbar-schön behauenen und bemalten Fen- sterstöcken, und blauen Adlern mit gespreiteten Flü- geln schwebend in der Decke. Die Hinterwände zei- gen drei Reihen Opferbilder. Die Decke des Gebäu- des war mit gerundeten Zinnen eingefaßt, wie an einigen Stellen noch sichtbar ist. Auch dieser Palast ist ein Werk des Thotmofes, und scheint von dem siebenten Remesiden vollendet oder ausgebeffert worden zu feyn. Sechzig Schritte hinter dem ersten Tempel und zwar in der Achse des Palastes, also so wie dieser nach SSO gerichtet, steht ein zweiter Tempel. Zwei mächtige Pylonen bilden deffen vordere Ansicht. Auf jedem das kolossale Bild des siegenden Kriegesgottes oder des Osiris. Derselbe Gott ist im Thorraume sitzend dargestellt. Man tritt in einen - 365 Vorhof, der zur Linken einen Portikus zu 7 mit Palmenknäufen, zur Rechten einen anderen zu 7 Pfeilern mit Koloffen hatte (nicht eingerechnet die Wandpfeiler). Die Säulen sind bis auf die Knäufe verschüttet, die Koloffe fast ganz zertrümmert, die Wände mit 4“ tiefen Hieroglyphen bedeckt. Die Hinterseite dieses Vorhofes bildet ein zweites Py- lonen-Paar mit Darstellungen von Schlacht und Sieg. Die Besiegten sind hier, ebenso wie im Mem- nonium, mit Palmenhauben auf dem Kopfe vorge- stellt, und ich bemerke hier, daß diese Völker keine Baktrer, überhaupt keine vorder- oder mittelasi- atischen, sondern füdliche Indier oder Abyffinier feyn können. Dagegen sind die in den Schlachtbil- dern zu Karnak dargestellten, wahrscheinlich asiatische. Das zweite Thor ist aus Granit. Der zweite Hof hat an der Inseite, ringsum einen Portikus und zwar 8 Pfeiler mit Koloffen vor der Vorder- und eben so viele vor der Hinterwand, hinter die- fen letzten 8 Pfeilern auch noch 8 Säulen und eben fo 5 Säulen an jeder Seitenwand. Die Schäfte find ausgebaucht, und tragen Kelchknäufe. Auf der Hinterwand sind die großen Götter dargestellt; in der Decke schweben blaue Adler mit schwarz und gel- ben Flügeln. Die Hieroglyphen sind bis an 6“ tief, denn da der Stein nicht fein genug war, so gab man erst eine Lage Mörtel. Dieß half nun wohl 366 die Farben sehr frisch erhalten, aber die Linien büß- ten an Zierlichkeit und Schärfe ein. In diesem Vor- hofe ist auch eine Reihe kleiner, schlechter unverzier- ter Säulen ringsum, offenbar aus sehr jungen, wohl aus christlicher Zeit, denn man erkennt an mehreren Stellen, daß der Tempel als Kirche be- nützt war. Zwei Thore führen durch die Seitenwände des hinteren Portikus, drei aber durch die Mittelwand desselben. Das linke dieser drei, führt weiter zu fünf verzierten, ganz finsteren Gemächern, das rechte wahrscheinlich zu ähnlichen, die aber verschüttet sind; das mittlere zu den gleichfalls verschütteten und ver- bauten Tempelfällen. Tritt man durch das rechte Seitenthor des Portikus, über welchem Horus mit Krummstab und Geißel auf der Lotusblume hockert, so kann man den Außenwänden des Tempels fol- gen, und hieraus schließen, daß der größte Theil des Tempels noch erhalten ist und nur ausgeräumt zu werden verlangt. Die Außenwände geben eine Reihe herrli- cher Darstellungen des Krieges zu Land und hier auch zur See. Wir sehen den König hier, von sei- nem Wagen gestiegen, zu Fuße mitten im Schlacht- getümmel kämpfen, während ein Diener die fam- pfenden Roffe bändigt. Hinter dem König ist, hier wie im Memnonium, jedesmal ein Mann, der eine 367 Art Schirm über ihn hält, den Hamilton für die königliche Fahne ansieht. Die Schiffe gleichen de- nen in Karnak und anderen Orten dargestellten, sie sind lange und haben vieles Rudervolk an Bord; aus der Mitte steigt ein Mast auf, an dem zwei etwas gekrümmte Ranen befestiget sind; das Tauwerk ist grob und dicht; Leute schwingen sich darin herum. Am Vordertheil ist als Verzierung ein Löwenrachen angebracht (so wie die phönizischen Schiffe einen Zwerg und die famischen einen Sau- kopf am Schnabel führten (Herodot III. 37. 59.), wir aber gewöhnlich das Bild dort haben, nach wel- chem das Schiff benannt ist); über dem Hintertheile ist die Kajüte, auf welcher der Steuermann sitzt. Der Mast hat zu oberst einen Korb, aus dem ein Wächter ausblickt. Die Sieger führen festanliegende Helme und am Obertheile gerundete Schilde (»von Ägypten behaupte ich, ist auch Schild und Helm zu den Hellenen gekommen.« Herod. IV. 180), die Besiegten Palmenhauben und ganz runde Schilde. Auf diesen Außenwänden ist auch die gräßliche Scene der Verstümmlung der Gefangenen dargestellt; es werden denselben die Hände abgehauen und diese zu Haufen hingeworfen, ein Schreiber aber steht dabei, und merkt die Zahl derselben auf. Wir dürfen uns über diesen Mißbrauch des Sieges in Ägypten nicht wundern ; die ganze älteste Welt scheint den Z68 Krieg nicht anders verstanden zu haben, wie die Bibel auf jedem Blatte beweiset. Dieser Tempel trägt die Ringe des fieben- ten Remeiden, und gibt überdieß ein Stück einer genealogischen Tafel vom 7. Remefiden aufwärts durch neun Könige, nämlich bis zu Amenopht III. Diese Tafel ist um vier Könige jünger, als die- jenige von Abydos, welche sie in den übrigen fün- fen bestätiget. Durch die nordöstliche Außenwand des verschüt- teten Theiles des Tempels sind in christlicher Zeit 12 kleine Pforten geschlagen worden; neben jeder aber stehen zwei Kreuze. Medinet-Abu muß in dieser ersten Christenzeit, in welcher die Thebaide eine so bedeutende Rolle spielte, ein stark bewohn- ter Ort gewesen seyn. Die Reste von Gebäuden aus ungebrannten Ziegeln sind gehäuft und ausgedehnt. Weithin nach SW bei W streicht durch die grüne Flur das Dammwerk eines breiten Canales, der nicht ferne von Hermontis eine Mündung gehabt, und einen Theil seiner Waffer in ein großes Be- cken, gerade unter Medinet-Abu, geführt zu haben scheint. Die Spur dieses Beckens zeigt sich deutlich. An demselber steht ein kleiner, unvollendeter Ten- pel, abermals nach SSO gerichtet, aus einem Vor- hofe und drei Sälen bestehend, wovon der erste un- verziert, der zweite bemalt und zum Theile erst an- 369_ gezeichnet, und der dritte mit Hieroglyphen und Bildern geschmückt ist. Die hintere Außenwand die- fes letzten Saales zeigt Bilder von Schlacht und Sieg. Dieser Bau ist römisch. Merkwürdig schien mir, da ich auf dem Hügel von Medinet-Abu stand, welcher der nächste am Gebirge ist, in der Richtung SSO ununterbrochen und mit scharfen Kanten vier andere Schutthügel auf eine bedeutende Ferne hinstreichen, dort unter rechtem Winkel gebrochen, gleich einem Wall von Schutt eine Linie bilden, abermals unter rechtem Winkel brechen, und endlich sich im heut zu Tage bebauten Grunde verlieren zu sehen. Wie kommt es, daß kein Reisender hierin die Reste der alten Umwallung von The bä fah? Ich nehme sie dafür. Der Anblick und das Beispiel von Eilytheia ließen mich in diesen Resten eine solche erkennen, und feit ich die Umwallung zu Sais gesehen habe, zweifle ich gar nicht mehr daran. Am Ende dieses Restes von Umwallung, steht ein anderer kleiner, römischer Tempel; auch die Trümmer eines Thores find dort zu finden. Z7) - 8. Ifistempel am Gebirge. Von Medinet - Abu, das an dem Saume der Wüste liegt, bis ans Gebirge ist ein Sandfeld, hinter diesem aber steigen die weißen Felsmaffen empor, die mit Schichten von Kieselknollen durch- zogen sind. Diese Kiesel brechen mit den herrlich- ften Spielen und Farben, wie Opale, Chalcedon und gewöhnlicher Carniol. Folgt man dem Fuße des Gebirges nach der Richtung des Memnonium's, fo überzeugt man fich, daß diese Strecke mit mächtigen Gebäuden bedeckt war. Man kommt an die Stelle, wo die Spuren am Gebirge enden, die in der Achse der beiden Memnonssäulen liegen. Weiter findet man Unterbauten aus thebaischem Stein, voll Trüm- mern sitzender Koloffe aus demselben Stein, und andere aus Porphyr. Dort ist das Gebirge auch zu einer großen Nische ausgehauen, um einem Baue Raum zu geben. Näher am Memnonium liegen mehrere verstümmelte Sphinxe, Reste ei- ner Allee wahrscheinlich, die vor dem Eingange jenes verschwundenen Baues gestanden haben mag. Unter so vielen Jahrtausende alten Trümmern übt sich das Auge dennoch Alterstufen zu unterschei- den. Diese Sphinxe sind älter als das Memno- Z71 nium. Neben den Sphinxen sind wieder Koloß- trümmer aus thebaischem Stein, der Arm eines Koloffes mißt da 14“. Die Faust scheint eine Rolle gehalten zu haben. Es ist offenbar ein Königsbild. Aber eilen wir zum Ziele. In einer Schlucht des Gebirges, die sich nach dem Memnonium öff- net, steht ein mit einem Walle von ungebrannten Ziegeln umschloffener , sehr zierlicher Tempel der Ilfis. Das Thor im Erdwall ist durch einen Pylon geführt. Diese Abweichung von der Bau- art beweiset schon, daß der Tempel nicht aus Pharaonenzeit fey. Der Pylon ist überdieß unver- ziert. Auch die Außenwand des Tempels, mit Aus- nahme des Thores, ist es. Eine Menge neugrie- chischer und koptischer Inschriften sind da einge- kratzt. Der Vorsaal wird von zwei sehr artigen Säulen getragen, und hat an der Hinterseite ei- nen Portikus von 2 Säulen und 2 Pfeilern. Die Knäufe stellen Lotus und Palmenblätter vor, und sind allerliebst gezeichnet. Aus dem Vorfaale tritt man in drei Gemächer, alle reich und schön verziert und übermalt. In den Bildern erscheint hier auch Apis, der in einer Barke geführt wird. Isis wieder holt sich am häufigsten. Die Flur der Gemächer ist gar zierlich mit Lotus und anderen Stengelblumen geschmückt. - 372 Dieser artige Tempel ist nach SSO gerichtet. Als deffen Erbauer nennen die Ringe Ptolemäus und Kleopatra. Q- Die Nekropolis. Das Thal Affa fiff. Die Gräber der Könige. Von dem Schauplatze der Trümmer traten wir in den der Gräber. Der ganze Abfall des Gebirges nach Süd und Ost ist Grabstätte, und birgt eine unzählige Menge von Syringen , Katakomben, Mumienbrunnen und Gräbern aller Art, die man in Jahren nicht finden, und wovon man die gefun- denen in Jahren nicht völlig kennen lernen würde. Ich habe, im Laufe dieser Blätter schon einmal der Nekropolis erwähnt, und will hier vorerst nur Dasjenige schildern, was mir auf den südlichen Abfällen vor anderen in die Augen fiel. In einer Felsschlucht, Medinet-Abu gegenüber, wo viele Gräber in den Felsen gehauen, die mei- sten aber wieder verschüttet sind, fand ich unter An- deren, ein nicht mit Meißelarbeiten geschmücktes, aber sehr zierlich bemaltes, das aus einem Gange, einem Saale und drei Seitengemächern besteht. Es sieht nach ONO und trägt die Ringe einer Frau, 73 und zwar derselben, deren Namen wir zwischen den Beinen der Memnonsstatue lesen. Wahrscheinlich war sie eine Gemahlin Amenopht III., und dieß ist ihr Grab. Im Ost derselben Schlucht sind andere Gräber, neben deren Eingange breite Tafeln mit Hierogly- phenschrift eingehauen sind. Darüber stehen die Ringe des 6., 7., 8. und 9. Remefiden. Auch diese Gräber scheinen mir solche für Königinnen, doch erinnere ich mich nicht mehr genau der Zeichen über den Rin- gen. Am Isistempel vorübergekommen, und in der Richtung des Memnonium's hinabsteigend, wo man hundert und hundert Eingänge, wie Gänge ins Gebirge gehauen, bemerken kann, zeichnet sich vor Allen ein sehr großes reich verziertes, aber auch sehr verwüstetes Grab aus, vor dessen Eingange man weithin die Flur von Theben überblicken kann. Dieß Grab trägt die Ringe Thotmoses III., ist al- fo die Ruhestätte eines der größten Pharaonen, und vorzüglichen Gründers derjenigen Thebä, deren Ruinen wir heut zu Tage noch sehen. Da nach dem Glauben der Ägypter die Seele des Menschen nach drei tausend Jahren wieder erwachen sollte, so war Thotmoses Grab so gewählt, daß der erste Blick nach dem Erwachen aus dem langen, langen Schlafe die heilige Thebä überschauen konnte. 374 Weiter hin, auf den Abfällen nach Kurnu sind reichverzierte kleinere Gräber, die noch älteren Zei- ten angehören. Darin finden wir die Ringe Ame- nopht I., und seines Vorfahrers Amos. Ich glaube, auch diese Gräber sind solche von Königinnen, doch weiß ich es nicht für sicher anzugeben. Diese Vorhügel scheiden das Thal von Affe fiff von der Ebene von Theben. Dieses geht vom Haupt- stock des Gebirges aus, und öffnet sich gegen Kurnu. Es scheint durchaus zum heiligen Gebrauche bestimmt gewesen zu seyn, und eine Menge der großartigsten Werke in sich geschloffen zu haben. Heut zu Tage bieten Thal und Höhen nur weißen Sand oder weiße Felsmaffen dar, und scharf scheiden sich von diesem Grunde einige koptische Ruinen aus ungebrannten Ziegeln ab. Mitten durch das Thal, das nach SO bei O ausläuft, war eine breite Straße geführt, bis zu einem Tempel, der ganz im Hintergrunde in der Achse und an der höchsten Stelle des Thales, an die Felswand des Hauptgebirgsstockes sich lehnte und noch in feinen Trümmern sichtbar ist. Es läßt sich wenig über die Anordnung des Baues sagen; nur wenige Mauern schauen aus dem Schutte; ein Granitthor hebt sich dazwischen; ein zweites mit zwei Seitenthoren, lehnt sich an den Absturz der Felswand, woraus sich schließen läßt, daß eine Folge von Gemächern in den Felsen gehauen war. Der 375 Styl der Hieroglyphen und Bilder ist kräftig, die Ausführung rein und schön. Das eine Seitenthor führt in ein Gemach, worin die Farben sich treff- lich erhalten haben. Die Decke ist blau mit goldenen Sternen, die Körperfarbe ist die rothbraune; über den Helden schweben Adler in Blau, Roth, Grün oder Schwarz. An dieses Gemach reihet sich ein an- deres, hohlrund gewölbt. Dieß Gewölbe und ähn- liche zu Abydos sind die einzigen gebauten, die ich in Ägypten gesehen habe; eingehauene dieser Art, fah ich mehrere. Die Steine sind wagrecht eingelegt und jeder höhere etwas vorgeschoben, so daß die Wölbung herauskommt. Ungeachtet dieser wesentli- chen Verschiedenheit von römischen Gewölben, würde ich das erwähnte, da es das erste dieser Art mir un- ter die Augen gekommen war, für nicht Pharaoni- fchen Zeiten angehörig betrachtet haben, wäre es nicht mit Hieroglyphen in unbestreitbar altem Style bedeckt. Es hat auch in christlichen Zeiten als Kirche gedient, denn es war überweißt und mit Heiligen- bildern bemalt. Auf diesen Tempelresten stehen die Ringe Thotmofes II. und III., auf dem Vorthore auch diejenigen Mi-Amon-Remeses und im ge- wölbten Gemache, die das Amonnath oth, dessen als letztem Herrscher der thebaischen Dynastie, welche in diejenige der Thotmofes unterging, ich schon zu Karnak erwähnt habe. 376 Von dem Tempel, der wie auf einem majestäti- fchen Schaugerüste in der fenkrecht abgehauenen Felsnische stand, gingen Stufen an die Straße hinab, die den Zugang durch das Thal bildete. , Aus der Fläche des Thales selbst steigt man in viele, und so bewunderungswürdige Gräber nieder, daß Pokock dieselben im ganzen Ernte für unterir- dische Königspaläste nimmt (II. 1. 23), das wird denen unbegreiflich scheinen, die sie nicht gesehen haben. Es sind eben die Syringe, deren ich oben Erwähnung that, und wovon ich nun ein Paar beschreiben will. Mitten im glänzenden weißen San- de, der wie Brand auf die Augen wirkt, sah ich eine Stiege, die in einen eingesenkten Vorhof führt, der zur Rechten und Linken Pfeilergänge und ein Thor, im Hintergrunde aber gleichfalls ein Thor in den Felsboden des Thales hat. -- Durch das zur Rechten kommt man in zwei schöne Gemächer, auf das reichte mit gehobener Arbeit und Malerei verziert, wovon das zweite zur Rechten wendet und wieder zur Rechten. An dieser hintersten Stelle befindet sich ein Grab. – Durch das zur Linken, kömmt man in einen Saal, aus diesem in ein Gemach, dann in einen Gang, der nach einer weiten Strecke endet und wahrscheinlich das Grab enthielt. Alle diese Räume sind auf das Feinste mit unsäglichem Reichthume verziert. – Das 377 Mittelthor führt in einen großen Saal, dessen Pfei- ler eingebrochen und weggeführt wurden, um Kalk zu machen. Alle Wände sind auf das Edelste ge- schmückt. – Ein Saal von vier Pfeilern getragen, folgt dem ersten. In die Thorpfeiler gehauen (ge- hoben, auf vertieftem Grunde wie alle Bilder des besten ägyptischen Styles), ist das Bild eines Kö- niges, auf einem Throne sitzend. – Aus dem zwei- ten Saale kommt man in einen dritten, der zur Linken ein Gemach, zur Rechten über ein unglau- bliches Labyrinth von Gängen hat, unglaublich, ob des Entwurfes, unglaublich ob der Ausführung, denn alle diese Gänge sind so wie die Säle selbst in das Leben des Felsens gehauen und auf das Sorgsamste mit gehobener Arbeit verziert, und den- noch waren sie niemals bestimmt von dem Tage er- leuchtet zu werden. Die Gänge wenden unter rech- ten Winkeln und haben von Zeit zu Zeit Thore und Seitengemächer. Ich stieg darin zwei Stiegen, die eine zu neun, die andere zu acht und zwanzig Stufen hinab, die fanft, wie alle ägyptischen, hier überdieß getheilt sind, so daß zwei Stiegen neben einander laufen. Nach der zweiten Stiege kam ich an einen tiefen Mumienbrunnen, lange schon ge- öffnet und beraubt, wie die Gebeine und Hüllen, in den Gängen ausgesäet, beweisen. Weiter im Gange trifft man auch zwei verstümmelte Wandtatuen und -- 32 - Z78 hat dann einen Saal vor sich, worin ein Altar steht und Koloßtrümmer liegen. Dort endet diese Ver- zweigung, welche die unterste ist. Geht man aber die Stiegen zurück herauf, so hat man an der obe- ren, zur Linken, einen Saal – aus diesem führt weiter ein Gang, aber wo Saal und Gang sich scheiden, ist wieder ein tiefer Brunnen abgetäuft, der kaum einen fußbreiten Raum läßt, um vorbei zu kommen. Senkt man sich in den Brunnen mittelst Seilen hinab, so findet man dort wieder einen Gang, - an defen Ende eine Sargstelle. Klettert man aber am Brunnen vorüber und folgt dem früher erwähn- ten Gange, so sieht man ein Thor vor sich, und durch dieses gekommen, theilt sich der Gang in zwei Arme, wovon der eine in gerader Verlängerung des frühe- ren fortzieht, der andere unter rechtem Winkel nach der Linken sich streckt. Beide Arme brechen, nach ziemlicher Länge wieder rechtwinkelich, vereinigen sich und bilden fonach eine, ins Viereck gezogene Galerie. Diese Stelle ist, wo möglich, noch reicher als die übrigen Theile dieses Labyrinthes; wahrlich, man fragt sich: träume ich? oder haben sich Bilder der Feenwelt verwirklicht? – Die Hieroglyphen und Bilder sind gehäufter und noch feiner gearbeitet, als in der unteren Verzweigung. An der inneren Wand find überdieß in kurzen Zwischenräumen Nischen, in denen bald ein, bald zwei, bald vier, bald acht, Z79 bald zwölf Figuren sitzend ausgehauen erscheinen. Durch die äußere Wand kommt man in Gemächer, deren ich jedoch nur drei besuchte – denn ein ab- scheulicher Gestank von Moder, Mumien und Fle- dermäusen, lag wie ein Last auf unserer Brust; die Lichter brannten kaum, und einige erloschen wirklich; jene scheußlichen Thiere schwirrten zu Hunderten aus allen Ecken hervor, von allen Wänden herab, um unsere Häupter und Lichter – eine ungeheure Angst erfaßte uns, daß diese verlöschen könnten; wir flo- hen gleichsam aus den Gemächern und zurück bis an die Stiege, da wir einen Gang schon besucht hatten, der weiter aus der Gallerie vorgreift, und wo diese Verzweigung endet. Dort ist abermals eine verstümmelte Menschengestalt, in mehr als natürli- cher Größe sitzend, ausgehauen. Der Boden hallte dumpf wieder, so wie wir schritten, als verbürge der Bauch des Felsens noch ganze Reihen von Ge- mächern. - - Was in der Galerie nicht wenig die Christen in Erstaunen setzt, ist auf einer der Ecken der in- neren Wand (und zwar auf derjenigen, die dem Eingange gegenüber steht) eines Gekreuzigten Bild zu sehen, eine Darstellung sehr ähnlich derjenigen, die wir von Christum zu geben pflegen. Er ist an 4“ hoch und etwa zu zwei Drittheile Körperdicke her- ausgehoben. Das Haupt wendet er nach einer Seite, 32 * _380 die Arme sind gespreitet, die Füße übereinander ge- schlagen. Der nächste Gedanke wäre wohl, daß die ersten Christen diesen Zusatz den Darstellungen des Ganges gegeben haben, aber die Arbeit widerlegt diese Meinung entscheidend; der Styl ist ägyptisch; das Bild paßt in die angereihten und zeigt noch die Farben, womit es, wie alle übrigen Darstellungen dieses Labyrinthes, bemalt war. Auch sind die Arme des Gekreuzigten mit ägyptischen Bändern geziert. übrigens steht dieß Bild in keinem anderen als Theil, sondern macht, mit Hieroglyphen umgeben, für sich ein Bild aus. – Eine Kreuzigung uralter Zeit, was weiter? – Ich verliere den Muth in das Ein- zelne der Bilder dieses Labyrinthes einzugehn, und fchweige hierüber. Doch will ich bemerken, daß ich keinen königlichen Ring im Labyrinthe auf- zufinden im Stande war. Und doch kann es nur eines Mannes oder einer Familie Grab seyn, die Völker zur Arbeit aufbieten konnte. Wohl aber stehen in einem der Grabhallen im Vorhofe die Ringe einer Königinn, welche aus dem Vornamen zu schließen, Gemalinn Pfametik III. war. Ein zweites Königsgrab im Thale Affaffiff, beginnt gleichfalls mit einem Vorhofe, hat drei Säle, wovon den ersten zehn Gemächer begleiten, den dritten aber auf jeder Seite eines. Im linken dieser Beiden ist ein tiefer Mumienschacht und wei- 381 ter geht eine Verzweigung von Gängen aus, welche (nahe an einer anderen Grabhalle vorüber, wie ein Loch in der Scheidewand zeigt) zu Gemächern mit anderen Mumienbrunnen oder Schachten, und nach verschiedenen Wendungen durch ein Seitenthor wie- der in den Vorhof führt. Auch an diesem Syring fand ich keine königlichen Ringe auf; wohl aber in einem dritten, wenig entfernten. Die Bilder die- fes Königgrabes sind mit wunderbarer Feinheit und Haltung im Style gezeichnet und zeigen in den vor- deren Gemächern, die allein unverschüttet waren, Abbildungen aller Handwerke und Künste. Da sind Zimmerleute, welche die Stämme behauen, – Tischler, welche Schränke, Tische, Bänke und al- lerlei Geräthe machen, – da sind Gärber, Schuh- macher , Sargbesteller , Leichen - Einbalsamierer, Baumeister, Bildhauer; da sind weiter Bäcker und Marktwieger; da sind Schreiber, eine Rolle Papy- rus und den Griffel in der Hand; da sind solche, welche Barken, Schiffe, Masten, Tauwerk machen u. f. w. Da find auch Scharen von Tänzern, die bald einzeln, bald zu Zweien tanzen, Männer mit Männern, aber Frauen sind die Zuseher. Darneben filzen Harfenspieler mit neun- und zehnsaitigen In- strumenten. Da sind Königsbilder mit Scepter und Halsschmuck, darüber die Ringe Pametik II. und seiner Gemahlinn. Wie die nächsten Abfälle des Ge- Z32 birges an der Ebene von den älteren thebaischen Dynastien, so scheint das Thal von Affaffiff vorzüg- lich von den faitischen als Ruhestätte auserlesen worden zu feyn. - In manche andere Gräber in diesem Thale stieg ich nieder, viele unverziert, manche nur bemalt, andere zugleich mit erhobener Arbeit ausgeschmückt, alle mehr oder weniger verwüstet. Aber ich habe un- ter den bekannten die wichtigeren genannt. So wunderbar nun auch die Gräber im Thale Affafiff sind, so habe ich doch noch wunderbarere zu schildern, diejenigen im Thale Bab-el-Melek (ge- wöhnlich Biban-el-Moluk ausgesprochen), was fo- viel als »Hof der Könige« sagen will. Diese Gräber find es, welche die Reisenden bis jetzt unter dem Namen »Gräber der Könige« bezeichnet ha- ben. Das Thal oder vielmehr die Verzweigung von Felsschluchten, in denen diese unvergleichbaren Wun- derwerke sich befinden, ist nur durch einen Gebirgs- arm vom Thale von Affaffiff geschieden, nimmt wie dieses den Ursprung im höchsten Gebirgsstocke, und läuft mit dem letztgenannten Thale fast gleich. Es führt ein Fußpfad aus dem Thale Affaiff auf die Höhe des Gebirges, den ich jedem Reifen- den deshalb empfehle, nicht weil er dreimal kürzer als der Weg über Kurnu ist, sondern, weil die Aussicht über die Wüste und über die heilige Thebä, - 383 die wie ihre Mumien hie und da Gebeine aus dem Grabe streckt, eine höchst befriedigende ist, und ohne welche gleichsam das in jenem Bezirke Gesehene Stück- werk bleibt, das schwer zum Ganzen sich ordnet. Die- fer Pfad führt zwischen Abgründen hin, denn wie die Felswand abstürzt ins Thal von Affaiff, so stellen- weise auch in das Thal von Bab-el-Melek. Man findet aber schon Sandriffe, durch welche man sich ohne Gefahr in dieses hinabglitschen laffen kann. Die Gräber der Könige! – Wo? – In dieser Öde, in der kein Halm sichtbar ist, in diesen engen Felsenschlünden? . . . Und doch hier sind sie. Nichts kündigt von Außen die Prachtlabyrinthe an, die das Innere dieser Gebirgsmaffe durchziehen und denen die bekannte Erde keine ähnlichen an die Seite fetzt. Ich stieg in 16 dieser Gräber nieder. Ohne Zweifel bestehen mehrere, aber theils sind sie noch nicht aufgefunden, theils wieder verschüttet; einige find wohl auch zerstört. Die Führer versicherten mich, daß sie gegenwärtig nicht mehr als sechzehn kenneten. Diodor von Sicilien sagt, daß zur Zeit des Ptolemäus Lagus noch 17, in früherer Epoche aber 47 waren; Strabo erzählt ganz kurz, daß über 40 dieser Königsgräber feyen. Jener setzt bei, daß dieselben von keinem späteren Baue jemals über- troffen worden sind, und Dieser: daß Obelisken davor errichtet waren, auf welchen die Macht dieser Könige 384 uber Scythien, Baktrien, Indien und Jonien, – ihre großen Einkünfte und Kriegesheere beschrieben waren (Diod. I. Str. XVII). – In neueren Zeiten hat man über die Bewunderung, welche alle alten Schrift- steller und alle Reisenden den ägyptischen Bauwerken zollen, die Achsel gezuckt und die Schilderungen fämmtlicher als übertrieben verworfen. Das ist freilich bequem und belegt die lächerliche Eitelkeit, das bis zum Wahnsinn gesteigerte Selbstgefallen unserer Zeit. Die Leute, welche sich mit dieser Ehrenrettung des Jahrhunderts beluden , waren solche, welche die Riesenhalle von Thebä und die Gräber der Kö- nige im Winkel ihres Zimmers, oder, noch schlim- mer, unter dem Trödel der ägyptischen Museen un- ferer Hauptstädte studiert hatten. Ihr Schluß ist ganz einfach folgender: Unser Jahrhundert ist das vor- trefflichste von allen; also was heut zu Tage nicht gebaut werden könnte, konnte zu keiner andern Zeit gebaut werden; also sind alle die Schilderungen der Wunder in Ägypten weit übertrieben, die Alten begannen zu lügen und die Neueren fahren darin fort. – Ich wäre neugierig zu wissen, was wohl eine türkische Bande von Musikern, die, recht aus vollen Kräften lärmend, sich für die Blume der Kunst betrachtet, und außer ein Paar europäischen Leyerkästen keine europäische Musik gehört hat, sich für einen Begriff von Mozarts Requiem und Beet- _385 hoven's Oratorium machte und was sie von dem Men- fchen dächte, der ihr beide nach Wahrheit schilderte. Jedes der sechzehn Gräber, in die ich stieg, ist abgesondert. Ein einfaches hohes Thor in einer mehr oder weniger tiefen Nische, bildet den ersten Ein- gang. Darüber ist in einem Kreise ein Scarabäe eingefangen und neben ihm ein Gott mit dem Scha- kalkopfe; jener ein Symbol des Phtah, dieser der Seelenführer Anubis. Huldigende oder betende Ge- falten knien zur Seite. Die Nische ist mit Hiero- glyphen verziert. – Durch das Thor gelangt man in einen breiten Gang, der in einigen Gräbern kleine Seitengemächer, in allen aber kurz vor dem Ende eine Nische zur Rechten und eine zur Linken, vor sich aber einen kleinen Saal hat. Aus diesem kommt man in einen größeren – das Weitere ist in den verschiedenen Gräbern verschieden. Der Sarg ist, bald in den Boden eingesenkt, bald über dem- felben aufgerichtet, jedesmal in einem gewölbten Saale. Bei weitem das schönste und am besten erhaltene dieser Gräber ist dasjenige, wozu Belzoni den Ein- gang ausräumen ließ. Wer es genau schildern wollte, müßte Bände darüber schreiben, und würde, wie getreu er auch der Wahrheit bliebe, dem Leser ein Träumer scheinen. Diese Menge von Gängen, Ge- mächern und Sälen, zwei Stockwerke tief und tiefer Prokefch: Ägypten I. 33 386 noch, in das Leben des Felsens gehauen,– diese Mil- lionen Bilder und Hieroglyphen der feinsten Aus- führung, dieser Glanz, diese Unverletztheit der Farbe, als wäre dieselbe eben erst aufgelegt worden, gehen weit über den heutigen Maßstab des Leistbaren hin- aus. Der Aufwand von Kraft und Arbeit, von religiöser Gewissenhaftigkeit in der Ausführung des Kleinsten wie des Größten, des Gesehenen wie des Ungesehenen, ist so ungeheuer, daß ich nicht be- greife, wie irgend ein Herrscher, und war er der mächtigste der Welt, auf den Gedanken hat verfal- len können, einen ähnlichen Bau anzubefehlen. Py- ramiden sprechen zu allen Völkern und zu allen Zei- ten; aber hier ist der namenlose Fleiß mit dem Tod- ten selbst in Finsterniß begraben, und der Ober- fläche der Erde entrückt. Ein Paar Fuß Sand mehr und einen Zufall weniger – und diese unvergleich- baren Hallen ahnet kein menschliches Auge. Die Gräber der Könige in Bab-el-Meleck sind diejenigen der berühmten Dynastie der Reme fiden, wie die königlichen Ringe über den Thoren und an vielen anderen Stellen beweisen. Ei- len wir in dasjenige Belzonis niederzusteigen. Neun und zwanzig Stufen führen eine Felsenniche hinab und zu einem Thorraum; darüber sind die allen gemeinen Zeichen, der Scarabäe nämlich und Anu- bis, dann die beiden Ringe des zweiten Reme- _887_ fiden. Diese Ringe, und nur diese, sind auf allen Theilen dieses Grablabyrinthes. Man tritt in einen Gang 36“ lang, 8“ 6“ breit und um ein Geringes höher, der unter einem Winkel von 18° sich neigt. Die Wände sind mit Hieroglyphen verziert, aus dem mattweißen, weichen Steine mit größter Rein- heit geschnitten. Man hat eine zweite Stiege vor sich, 26 Stufen tief, die steigt man hinab und folgt weitere 37“ dem gesenkten Gange, bis man in einen Raum 14“ breit und etwas über 12“ lang kömmt, welcher wahrscheinlich den Schacht unter sich hat, deffen Belzoni erwähnt und der, nach feiner Meinung, zur Aufnahme des einsickernden Waffers bestimmt war. Der weitere Eingang war nicht nur mit einer Wand geschloffen, sondern sogar mit Hieroglyphen versehen, so daß es aussah, als ob die Halle dort endete. Diese Wehr schützte den heiligen Raum nicht. Belzoni ließ sie durchbrechen. So kommt man jetzt in einen von vier Pfeilern getragenen Saal, 26/ 8“ breit und 25“ lang. Hier kann man die Kraft und Frische der Farben bewundern; sie schei- nen mit Glanzfirniß überzogen und übertreffen weit Alles, was man in dieser Art auf irgend einem Mo- numente in Ägypten oder Nubien sehen kann. Rings um den Saal läuft eine Schlange, die Mumien auf ihrem Rücken trägt. Auf jedem Pfeiler sind Isis und Osiris dargestellt, die Hände verschlungen. Z88 Häufig sind, auf den Wänden, Barken dargestellt, in welchen der Seelenführer schifft. – Vier Stu- fen abwärts führen in den nächsten Saal (27/6“ zu 24“ 8“), worin die Figuren und Hieroglyphen noch nicht bemalt, sondern erst angezeichnet sind. Aber aus dem Saale der vier Pfeiler führt zur Rechten auch eine Stiege zu 18 Stufen in einen weiteren gesenkten Gang (36“ lang und 6/10“ breit), pracht- voll bemalt, und zwar liegt feiner Mörtel auf dem Steine, darauf aber sind die Farben angebracht. Dieser Gang führt zu einem Thore, auf dessen Pfeilern der König im Waffenkleide, auf einem gold- verzierten Throne sitzend, dargestellt ist, den Zep- ter in der Hand, ein Halsband mit Amulet auf der Brust, die in weiten Falten von dem Gekröse bedeckt wird; Gürtel und Fußbekleidung sind vor allem Übrigen herrlich. Ein Adler schwebt über ihm und trägt in seinen Klauen den königlichen Sie- gelring. - - Die Pracht der Kleidungen, des Geräthes, de Wagen, der Pferderüstungen u. fw, deren ich schon einige Male erwähnt habe, beweisen auch ihrerseits die großen Vorschritte der Kultur unter den Pharao- nen. Ich kann nicht umhin hier eine Stelle Herodots anzuführen, welcher das Panzerhemd schildert, das König Amafis, der Zeitgenoffe des Cyrus und Gastfreund des Polikrates, den Lacedämoniern zum 38.) Geschenke gesendet hatte. »Dasselbe ist von Linnen und sind viele Bilder hineingewebet und ist geschmückt mit Gold und Baumwolle. Was es aber bewunde- rungswürdig macht, das ist jeder einzelne Faden; nämlich die Fäden sind gar nicht grob und doch be- steht ein jeder wieder aus 360 Fäden, die kann man alle unterscheiden. Eben so ist auch das Panzerhemd, das Amafis der Athenäa zu Lindos weihte.« (III.47.) Die Waffenröcke der Könige und Helden in den Gräbern und auf Tempeln, sind häufig mit Bildern durchwirkt und voll reicher Stickerei dargestellt. Nach diesem Thore dauert der gesenkte Gang noch 16“ 8“ mit 16/4/ Breite fort, worauf man acht Stufen hinabsteigt und in einen Vorsaal (26 9“ zu 25“ 11“) mit zwei Seitengemächern tritt, wovon in den Wandbildern des einen (10/2/ zu 8“ 6“) die Verehrung des Apis, in dem ande- ren (10“ 2“ zu 8“ 8“) die Seelenfahrt und ein Gehäufe von Opfergaben erscheinen. Endlich kommt man in eine hohe, gewölbte, von vier Pfeilern ge- tragene Halle (30“ 9“ zu 26) – in dieser aber stand der Sarg, den Belzoni nach England gebracht hat. Er beschreibt denselben als von orientalischem Alabaster, 9/5“ lang, 3/7/ breit, 2/ dick und ganz durchsichtig. Auch soll er mit mehreren hundert Figuren in gehobener Arbeit geschmückt gewesen seyn. Der Deckel fehlte und man fand Trümmer dessel- 39 (!) ben außerhalb dem Grabe, ein Beweis, daß es bereits geöffnet und beraubt worden war, als Bel- zoni es wieder öffnete. Die Decke der Halle ist mit farbigen Bildern geschmückt, welche Typhon von einer Schlange überragt; Götterzüge, Apis und die anderen Genien des Todtenreiches in mannig- fachen Handlungen darstellend. An den Wänden wie- derholt sich die Seelenfahrt. Zur Rechten ist ein unvollendetes, unverziertes Gemach, zur Linken eine von zwei Pfeilern getragene Halle (15/6“ zu 22/6“) mit Darstellungen von Urtheilssprüchen, Strafen, Hinrichtungen. – Hinter der Sarghalle folgt eine andere, nicht vollendete, von vier zum Theile ein- gebrochenen Pfeilern getragene Halle (42“ zu 17“ 14“); darin fand Belzoni einen einbalsamierten Stier und eine große Menge Idole. Der Sarg ruhte über einer Stelle, wo jetzt aus der Halle ein Gang ins Gebirge sich absenkt und barg denselben. Belzoni fand nach 300“ den Gang fo verfallen, daß er nicht weiter konnte. Wohin die- fer Gang führte? – wahrscheinlich unter dem Ge- birge weg, nach Thebä. Die Richtung desselben ist SW – die Achse des Grablabyrinthes selbst, von innen nach außen, liefen SW bei W nach NO bei O. – An vielen Stellen haben durch die neuerliche Aus- räumung die Gemälde und Arbeiten sehr gelitten. Z9)1 In derselben Gebirgsschlucht stehen zwei an- dere Königsgräber. Das eine ist nach 30 Schritten, die man im Gange macht, verschüttet. Die Gangwände sind reich verziert und über dem Eingange stehen die Ringe des dreizehnten Re- m e fid e n. Das zweite, welches dasjenige des neunten derselben Dynastie ist, hat zwei Säulen mit Stierköpfen an jeder Seite des Einganges. Nach wenigen Schritten im Gange hat man, zur Rechten und Linken, kleine Gemächer, dann tritt man durch ein Thor, auf dessen Pfeiler der König und defen Gemahlinn, Beide auf Thronen sitzend und im voll- len Schmucke ihrer Würde abgebildet sind. Ein wei- terer Gang hat acht Seitengemächer mit Darstel- lungen von Waffen, Vasen, Geräthen allerlei Art geschmückt, darunter auch zwei Harfen, die eine 11 die andere 13 faitig. – Ist man abermals durch ein Thor getreten, so kommt man in einen Saal," der sich in zwei Gänge theilet. Der linke ist nicht fertig geworden, der rechte führt zu einem Thore, neben welchem zwei Nischen angebracht sind, dann in eine Vorhalle und weiter in einen Saal zu 4 Pfeilern, mit einem Seitengemache zur Rechten. Ge- rade vor sich hat man einen sanft gesenkten, langen Gang, gelangt durch diesen in einen großen von 8 Pfeilern getragenen Saal mit 4 Seitengemächern, steigt aufwärts zu zwei kleinen Gemächern und kommt 392 endlich in die Grabhalle, welche sechs lange Nischen enthält. Es versteht sich, daß alle Oberflächen mit bemalten Meißelarbeiten geschmückt sind. - In einer anderen nahen Schlucht des Gebirges, ist das vierte, fünfte, fechste und siebente dieser Königsgräber. Das vierte geht nach W bei N ein. Nachdem man 80 Schritte im Gange zu- rückgelegt hat, hat man die Opferniche zur Linken und kömmt nach weiteren 20 in einen Saal zu vier Pfeilern, längs defen Wänden eine Bank läuft. Dieser Saal hat zwei unvollendete Gemächer im Hintergrunde und zwischen denselben einen weiteren Gang, durch welchen man nach etwa 50 Schritten in die Grabhalle kömmt, die wieder von vier Pfei- lern getragen wird. Da steht ein großer Granit- farg, geöffnet und mißhandelt; auf defen innerer Fläche ist Isis, die Königinn des Armentis (Tod- tenreiches) eingezeichnet. Zwei Seitengemächer sind an dieser Halle und der Gang läuft im Hintergrunde noch auf 15 Schritte weiter, worauf er endet. Die- fes Grab zeigt die Ringe des sechsten Reme- fiden und zwei andere Paare, welche, wenn es nicht etwa Namen von Frauen sind, Söhnen des Hauses anzugehören scheinen. Das Fünfte, nahe an dem früheren, ist so sehr verschüttet, daß ich nach einer kurzen Strecke wieder heraus mußte. Ich fand keine Ringe dort. _393__ Das Sechste beginnt, wie die übrigen, mit einem Gange, der nach 70 Schritten Länge, in ei- nen Saal von 4 Pfeilern führt; aus diesem fenkt sich der Gang wieder, 70 Schritte lang, zur Grab- halle, die 4 Pfeiler und im Hintergrunde drei Ni- fchen hat. In der Halle steht ein Granitsarg. Dieß Grab ist fast nur bemalt, und weit weniger zierlich, als die früheren. Es ist dasjenige des 14. Reme- fiden. - Das Siebente ist am wenigsten tief, denn nach 70 Schritten im gesenkten Gange, kömmt man an die Opfernischen und in die Grabhalle, welche die gewöhnliche Pfeilerzahl hat. Darin liegt ein Koloßstück mit denselben Ringen bezeichnet, welche das Grab selbst trägt, mit denjenigen des fünf ten Remeliden. Der Gang führt noch 33 Schritte weiter, und endet dann. Die Halle ist nur bemalt; im Gange aber gleichen die Bilder und Hierogly- phen der feinsten Arbeit in Marmor. Das Achte ist nach 30 Schritten und 10 Stufen verschüttet. Ich konnte die dazu gehörigen Ringe nicht auffinden. Das Neunte ist sehr zierlich bearbeitet, aber leider fast ganz verschüttet. Doch weitet es die Ringe des dritten Remeiden, d. i. des großes Re- mefes. Dieser Name genügt, um in diesem Grabe das reichte von Allen zu erwarten. Es steht am Wege 394 nach einer dritten Schlucht, worin sich das Zehnte befindet, welches dasjenige des vierten Remest- den ist. In diesem gelangt man nach 70 Schritten gesenkten Ganges aus einem Vorgemache in einen Saal, der bemalt ist, und ein unverziertes Gemach zur Rechten hat. Der Gang läuft in der Achse noch etwas weiter und ist dann eingestürzt. - Das Eilfte, nicht ferne vom früheren, ist das Grab des zwölften Remeiden. Im Gange trifft man auf vier Seitengemächer, kommt weiter an die Nischen, in den Vorsaal, in einen Saal zu 4 Pfeilern, und in die Grabhalle. Alle Wände sind mit Bildern und Hieroglyphen bemalt. Das Zwölfte, dasjenige des fünfzehn- ten Remefiden, ist fast ganz verfallen; das drei- zehnte Grab, welches das des siebenten, ist wenigstens sehr verwüstet ; es besteht aus einem Gange, drei Sälen und vier Gemächern. Diese Bei- den sind abermals in einer besonderen Schlucht. Das Vierzehnte und Fünfzehnte, das des zehnten und eilft ein Remeiden, zeichnen sich durch hohe Eingänge aus. Die fes ist ärmer an Wandverzierungen als die übrigen; selbst die königlichen Ringe über dem Eingange, find nur ge- malt. Nach mehreren Gängen und Sälen kommt man darin an einen tiefen Schacht, worein der Sarg versenkt war. – Jenes hat, nachdem NON 395 52 Schritte im Gange gemacht hat, die Nischen. Man kömmt aus der Vorhalle in den Todtensaal. Darin steht ein Sarg aus Granit, 11“ 1“ 6“ lang, eben so hoch, und 6“ 7“ breit, der noch den Deckel trägt, aber an der Seite eingeschlagen ist. Darauf sind wilde Hunde gegraben, diese Wächter der Todten, deren Darstellung häufig in den Grä- bern vorkommt (gewöhnlich ruhen solche wie Sphinxe zu den Seiten der Thore darin), Bilder und Hie- roglyphen und endlich die königlichen Ringe. Hinter dem Saale geht eine lange bemalte Nische ein. Dar- stellungen von gefeffelten Männern, von Strafen und Hinrichtungen erscheinen in diesem, wie in meh- reren anderen der Königgräber. Die Gefeffelten und Geköpften sind auf der einen Wand schwarz, die Schergen und Ausrichter aber rothbraun. Auf der anderen sind alle von dieser letzten Körperfarbe. Das fechszehnte Grab steht abgesondert. Deffen Eingang ist gleichfalls hoch, aber der Saal mit einem Granitfarge folgt unmittelbar auf den Gang. Hier war der Sarg in den Boden eingesenkt, und der Granitdeckel darüber gelegt. Auch in diesem Grabe find eine Menge Gewaltscenen. Die Zahlen der Erschlagenen sind in eigenen Nischen angegeben. Dieß Grab ist dasjenige des achten Remesiden. Hoch ragen die Felswände über diese Schluchten und Niemand ahnet, was sie verbergen. Der Weg - 396 durch das Thal ist gewunden, und der eines Waf- ferriffes; das Thal ganz nackt, ohne einen Halm. Es sieht aus, als wenn mächtige Gebirgswäffer es vor Kurzem noch durchwühlt hätten, und dennoch regnet es hier in zehen Jahren kaum ein einziges Mal, und dann nur einige Tropfen. Auf welchem Wege wurden die Särge, die Koloffe nach den Grä- bern geschleppt, auf welchem die Könige in ihre stille Behausung gebracht? Der Weg, durch das Thal, zwischen Felsen eingeklemmt, ist viel zu enge hiezu, und keinen anderen gibt es, und kann es auf der Oberfläche des Bodens gegeben haben. Es ist dem- nach nicht zu zweifeln, daß unterirdische Verbin- dungen zwischen Theben und diesem Thale bestehen. Ich kann von dem Boden der heiligen Thebä nicht scheiden, ohne einige Worte über den schändli- chen Handel zu sagen, der, natürlich unter Leitung von Europäern, dort getrieben wird, und welcher der Versäumniß der Zeit in ihrem Amte als Zer- störerinn, mit großem Erfolge nachhilft. Ich spreche hier nicht von den Nachgrabungen, die wahrhaftig aus wissenschaftlichen Zwecken unternommen wor- den find, sondern von den Verwüstungen, die un- ter dem Schilde der Liebe zur Wiffenschaft, von der schmählichsten Goldsucht verübt wurden, und täglich noch verübt werden. Die ganze Nekropolis ist Berg- Z97 werkgrund für die Mumiensucher, und gleicht ei- nem Schlachtfelde, denn er ist mit Gebeinen und Stücken von den Leichentüchern bedeckt. Die herr- lichsten Särge werden in Trümmer geschlagen – die Mumien mit der Axt gespalten und in Stücke gehauen, zerriffen, durchwühlt, weggeworfen: war- um? – um ein Halsband, einen Scarabäen oder ein paar Blättchen Goldes zu finden, womit die Nägel manchmal überdeckt sind. Dieser Ertrag wird von dem nackten Volke, das in den Gräbern wohnt, und das non plus ultra des Elends scheint, an die Bergherrn ausgeliefert. Deren waren, zu meiner Zeit, zwei, die auf eigene Rechnung gruben, ein Zantiote und ein Italiener. Jeder hatte zwifchen 100 und 200 Arbeiter im Solde, welche das ganze Jahr regelmäßig das Raub- und Zerstörungshand- werk betrieben. Ich wohnte der Öffnung mehrerer Mumien bei, und denke mit Ekel an das gottlose Verfahren dabei. Eine der reichsten war eine weibli- che (die, sonderbar genug, dennoch in einem Mannes- kasten lag). Auf der Brust lag ein schöner in Gold gefaßter, beschriebener Scarabäe, an 3“ lang. An den Seiten fanden fich eine Menge Idole. An den Fingern trug sie goldene Ringe; weiter Armbänder und Halsschmuck. Nach der ersten Umwicklung mit Leinenzeug, die unmittelbar auf dem Körper ruht, hatte sie auf dem Kopfe eine Perücke aus künstli- 398 chen und natürlichen Haaren, diese in Locken über die Stirne, jene in nubische Zöpfchen geflochten, über Achseln und Rücken hängend. Nachdem sie durch- wühlt, beraubt, ich möchte fagen geschändet war, warf man die Stücke zu einem Haufen anderer, die schon durch den Prozeß gegangen waren. Da Wände, mit Meißelarbeiten bedeckt, nicht verkaufbar sind nach Europa, so gelten sie den Berg- herrn auch wenig. Kaum wird ein Grab aufgefun- den, so werden die Wände durchgeschlagen, um auf den Sarg zu kommen, und aus diesem das herrliche Gold, dieses Ziel der antiquarischen Profeffion der er- wähnten Herrn, zu holen. Auf ähnliche Weise wer- den nicht selten die Tempel und andere Monumente behandelt ; den Vorzug haben jedoch entschieden die Gräber. Aber damit ist es nicht abgethan. Das Hand- werk bildet Talente, und diese bringen ihre Werke zu Tage. Es sind ganz artige Betriegereien einge- richtet, um den Reisenden das Geld aus der Tasche zu holen, und die Leichtgläubigkeit der Sammler für die Museen zu besteuern. Besonders mit den Papyrusrollen muß man auf der Hut seyn; häu- fig sind sie aus Stückwerk zusammengesetzt, und dann mit Pech überkleistert, auch fehlt es an Schwü- ren nicht, daß sie gerade so an der oder jener Mu- mie gefunden worden seien. 399 "Jeder Schulknabe glaubt sich bei uns berufen, den Türken und anderen Mahomedanern, die Zer- störung der Monumente des Alterthums vorzuwer- fen, und wer das nicht für eine ausgemachte Sache annimmt, kann von Glück reden, wenn er mit dem Titel eines Unwiffenden davon kommt. Ich habe ganz Griechenland, einen Theil von Asien, Ägyp- ten und Nubien durchreiset, und an vielen Monu- menten Zerstörungen verüben sehen: die Zerstörer waren aber jedesmal Europäer; Wiffenschaft war ihr Aushängeschild; Gewinnsucht ihr Beweggrund. Ende des ersten Theils. - Gedruckt bei I., P. Seitinger, Österreichische Nationalbibliothe ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| +Z205831102 - - - -- --- - - |