--- title: Z178425800 author: source: publication-date: layout: narrative --- - - T L | O C X E T E T L | A M E T N E M H (D) F B | B L | O T H E K ÖSTERR. NATIONALB | BLIOTHEK K. K. - - - - Samuel Gottlieb Gmelins, Doctors der Arzney - Gelahrheit, der Kayser. Academie der Wiffenschaften, der Königl. Großbritannischen zu London, der Holländischen Societät der Wiffenschaften zu Harlem, und der freyen Oeconomischen Gesellschaft zu St. Petersburg, Mitgliedes Feife durch Fußland Untersuchung der drei Natur-Reiche. D r i t t e r T. h. e il. Reise durch das nordliche Persien, in den Jahren 1770. 1771, bis im April 1772. Pfeiffer gestiegsgefgesetzt. Fºtº: K. St. Petersburg, gedruckt bey der Kayser. Academie der Wissenschaften 774. - - --- 3.- z z- ls ich von St. Petersburg abgefertiger, und, wie den übrigen Herren Reisenden, auch mir ein allgemeiner Err" Plan vorgeschrieben war, nach welchem ich mich F in den Haupt-Touren zu richten hatte; so war hinge- gen, was den Verfolg der Reise von Astrachan aus nach den Persi- fchen Grenzen und den Kaukasischen Gebürgen betraff, nichts bestimmt worden. Es fund in dem Plan nur so viel: die Astrachanische Expeditionen sollten sich bei ihrer abermaligen Zusammenkunft in dieser Stadt nach den Umständen, der Möglichkeit und Sicher- heit erkundigen , die dißfalls eingezogene Nachrichten der Kay- ferlichen Akademie der Wißenschaffen unterlegen, daraus selbsten eine Marschroute machen, und solche nach Petersburg zur Ge- nehmigung einschicken. Herr Güldenstedt und ich berathschlagten uns also in dieser Sache mit einander. Wir fahen bei einer angestellten Vergleichung der bisher gemachten Beobachtungen, daß keine große Verschiedenheit in denselben statt hatte; und wie konnte man sich auch wohl eine vermuthen, da wir in ähnlichen Ge- genden immer nahe bei einander gereift hatten? Wir begriffen wohl, daß wann wir uns nicht genug am trennen, und in der Fortsetzung unserer Reise verschiedene Gegenden wählen würden, gleiche Klagen allzeit zu erwarten stünden. Da nun die Mannig- faltigkeit der Beobachtungen den Hauptzwek der Reifen ausmacht, indem durch dieselbe die Wiffenschafften am allermeisten er- weitert werden, so dachten wir auf nichts anders, als wie wir jenseits des Tereks die Rußischen Grenzen verlaßen, und der eine nach Georgien, der andere aber nach Persien reisen könnte. Dritter Theil. - A „Neben M 4: r: r H - •A, § „F- Neben dem, daß wir bey Vollziehung dieser Reisen unsere Ab- ficht gewis zu erreichen hofften, glaubten wir zu denselben um fo mehr verbunden zu feyn, da Rußland aus Gelegenheit des gegenwärtigen Türkischen Kriegs so vielen Antheit an Georgien und den ganzen Kaukasischen Gebürgen bekommen das, Nord- liche Persien hingegen vor nicht gar langen Jahren fich unter den Zcepter desselben gebükt hat. Nun mußten wir nur noch um unsere Sicherheit bekümmert feyn. Wir wandten uns wegen derselben an den Astrachanischen Herrn Statthalter Nikita Afa- maßjewitsch Beketoff, und legten demselben einige Fragen zur Beant- wortung vor, welche, da sie nach unserm Wunsch ausfiel, folgen den Plan veranlaßte. - „Profeffor Gmelin besteigt zu Anfang des May ein Schiff, auf dem er ein halbes Jahr hindurch die Kaspische See zu be- reisen und das angrenzende feste Land von Rußland und Persien zu sehen gedenket. Den May hofft er nehmlich zwischen Astra- chan und der Mündung des Tereks; den Junius zwischen der Mündung des Tereks und Derbent; den Julius zwischen Derbent und Baku; den August zwischen Baku und Recht; den Sep- tember aber zwischen Recht und Astrabad zuzubringen. Nach dem er diesen äußersten an der Kaspischen See gelegenen Ort erreichet, will er im October auf die Rückfart nach dem Terek, Fluß denken, und daselbst weitere Verabredung mit Herrn D. Güldenstedt treffen. D. Güldenstedt wird im May Kißlar verlaßen, die Tawlistan, Kuba und Kabarda, wie auch die übrige an dem Fuß des Kaukasischen Gebürges gelegene, und vielen kleinen Tatarischen Fürsten gehörige Dörfer besuchen , alsdann ins Ge- bürge selbst, und bis zur Georgianischen Hauptstadt Teflis gehen, und von da im Spät-Jahr nach Kißlar zurückkommen, um sich mit dem Profeffor Gmelin zu vereinigen, Mit diesem Plan fertigten wir zu Anfang dieses Jahrs einen unserer Studenten, H. Carl Ludwig Habliz, an die Kayserliche Akademie der Wissenschaften ab, binnen der Zeit seines Ausbleibens verließ Herr D. Güldenstedt Astrachan, und weißte nach Kißlar; der Student aber kam zu Ende des ' - Ps - PC, Der Grund der Kaspischen See ist hier voll kleiner zerschlagenen Muscheln, und an einigen Orten ganz feinicht und felsicht. Dieser macht das Derbentische Ufer so beschwerlich, daß die Schiffe nur in einer ziemlichen Entfernung ankern, und niemalen vollkommen landen können. Eine der Haupt- Ursachen, warum dieser Hafen wenig besucht, und daselbst wenig aus- wärtiger Handel getrieben wird. U - N1 A. - „F- j - Um mit dem großen Fahrzeug nicht allzuweit vom Lande abzustehen, rückten wir den dreyzehenten mit demselben etwas näher an die Stadt , jedoch mit der Vorsichtigkeit, den Boden unaufhörlich genau besichtigen zu laßen. " Wir begrüß- ten die Festung mit fünf Kanon-Schüffen, und aus derselben wurde mit eben so viel geantwortet: endlich ankerten wir aber- mahl , und ich schickte den Tatarischen Dolmetscher mit dem Studenten Klutscharew und einem Soldaten in der Schiff-Schalouppe zu dem Befehlshaber der Stadt, ihm meine Ankunft zu wissen zu thun, mich selbsten bei ihm anzumelden, in dieser Absicht meine Empfehlungs-Briefe von dem Astracha- mischen Hn. Statthalter zu übergeben. Die Abgeordnete wurden wohl empfangen. Sie kamen mit der erwünschten Nachricht zurück, daß schon ein bequemes Quartier für mich in Bereitschafft stehe, und daß noch denselben Abend der Landes- Herr von Schirvan Fetch Ali Chan aus Kuba, allhier erwartet werde. Mit unsern Abgeordneten erschie- nen auch drei andere aus der Stadt, die uns bewillkommten, und zum Zeichen ihrer Zufriedenheit über unsere Ankunft, Der- bentischen Wein und wohlriechende Blumen nach Landes-Art um Geschenke mitbrachten. Nun dachte ich, es wäre keine ' mehr zu verliehren. Ich verließ das Schiff, bestieg eine Chalouppe, und ruderte mit meinem ganzen Gefolg selbst nach der Stadt. Der Chan war kaum angekommen, als er mir einen Adjutanten zuschickte, mich willkommen zu heiffen, und nach der angewiesenen Wohnung bringen zu laffen. Es geschahe noch selbigen Abend vor angehender Nacht. Zu gleicher Zeit wur- de ich versichert, daß ich den Chan selbsten den andern Mor- gen zu sprechen bekommen folte. Vom vierzehenten. Ich war nicht so bald erwacht, als mich schon der Chan zu sich ruffen ließ. Er wohnt im obern Theil der Stadt oder der Festung, und ich verfügte mich mit dem Herrn Rath Kafaraffow und dem Studenten Habliz, als meinem Rußischen Dolmetscher zu ihm , versah mich auch mit den Geschenken, die für ihn bestimmt waren, und in Hollän- dischem Tuch, Zuker, Confituren und einem Kompaß befunden. In dem Audienz-Saal war nichts weniger als etwas vrächtiges zu fe- zen. In dem Vorzimmer, welches von des Chans seinem nur vermit- F «A, H „se telsteiner kleinen Treppe abgesondert war, befand sich eine Menge Volks stehend mit abgelegten Ueberschuhen, die man um der Reinlichkeit willen in dem Eingang stehen läßt. Der Chan faß in der Mitte der Stube auf der Erde in einer Tatarischen Kleidung, aus einem Kalian Tobak rauchend: Neben sich hatte er eine geladene Pistolette liegen, die er, wie ich es nachmahls öffters gesehen und gehört habe, niemahls von seiner Seite läßt, gegen ihm über saß der Befehlshaber der Stadt, und ein be- nachbarter Tatarischer Fürst; neben diesen wurde für mich ein Stuhl hingesetzt, meine Herren Dolmetscher aber mußten sich das stehen gefallen laffen. Das Empfelungs-Schreiben von dem Hn. Statthalter in Astrachan wurde dem Adjutanten des Chans eingehändiger. Dieser öffnete das Siegel, und über- gab es dem Chan, der es sogleich durchlas, bei Erwänung des Höchsten Nahmens Ihro Kayserl. Majestät sich tief bükte, und mich darauf seiner Gewogenheit und allen möglichen Bey- fands in meinen Geschäfften versicherte. Er merkte, daß ich von dem Medicinischen Handwerk etwas verstehen müße, und da er in seinem Gesicht nächst den Ohren eine verhärtete Geschwulst hatte, von welcher er glaubte, daß sie von einem Menschen , wie ich bin, zu vertreiben wäre, so ersuchte, er mich, den andern Morgen wieder zu kommen, meine ganze Ge- felschafft mit zu bringen, und ihm den Puls zu fühlen. - - Vom fünfzehenten. Das Pulsfühlen ist bei den Per- - fern nicht nur eine wichtige, zur Beurtheilung und Heilung der Kranckheiten höchst nothwendige, sondern auch zugleich nach ihrer Meinung eine mit Schwierigkeiten verbundene, die größte Einsicht eines Raths verrathende, diesem aber auch, wann er im prophezeien glücklich ist, sehr ruhmwürdige Sache. Die Persianer , wie sie zum Aberglauben sehr geneigt sind, suchen überall etwas aufferordentliches. Sie unternehmen nichts von Folgen, der Astrologische Liebling muß herhalten, und zuvor bestimmen, ob die Constellation ja dazu sage oder nicht. Heute war also der bedenkliche Tag , wo ich mit einer gelehrten tief finnigen Mine dem Chan den Puls fühlen, und ihm das Schiksaal feiner Gesundheit wegen der Baken-Geschwulst, mit welcher er behafftet war, bestimmen sollte. Ich gieng also abermal zu ihm, nahm alle zu meinem Gefolg gehörige # - - ONEN •-A, - „F- --- 9 fonen mit mir, und wurde von demselben mit eben der Höf lichkeit , als gestern , empfangen. Mein Gefolge bleib wie- der in dem Vorzimmer stehen , und mir wurde in dasjenige, wo der Chan faß, ein Stuhl zum niederfetzen gebracht. Es hatte derselbe Lust Coffee zu trinken , er trug aber Bedenken, solches zu thun, ehe er die Erlaubniß von mir erhalten hatte, da der Puls noch nicht untersucht worden war. Ich machte mir bey Ertheilung meiner Antwort weniger Sorge, als er bei seiner Frage: Der Chan trank Coffee, und nach und nach schikte ich mich an, mein Doctors-Gesicht in feine gehörige Falten zu brin- gen, um mit gemeffenen Schritten auf des Chans Hand los- gehen zu können. Das Pulsfühlen hat immer das Wahrsagen zu seiner Absicht. Ein Wahrsager aber ist allezeit angenehm, wann er seine Kunst fo einzurichten weiß , daß derjenige, bey dem er solche anbringt, eher zufrieden, als mißvergnügt ist: daher sagte ich dem Chan, daß sein Puls weder zu ge- fchwind noch zu langsam, weder zu stark nach zu schwach gehe; daß es daher ein Puls fey, wie es bei einem gesunden Men- fchen verlangt werde. Wie er aber wissen wollte, was es denn mit feiner Geschwulst für eine Bewandniß habe, so sagte ich ihm, daß ich dieselbe eben sowohl, wie den Puls fühlen müff, um ihm meine Meinung vollkommen sagen zu können. Er zeigte sie ohne Anstand. Ich befand, daß es ein Scirrhus wäre, der schon ein Paar Jahre zu einer Reiffe nö- thig gehabt haben mochte; ich wünschte, daß ich bey diesen Umständen mit dem Pulsfühlen, ohngeachtet ich es gewis mit allem nöthi- gen Anstand verrichtete , verschont geblieben wäre, sagte, was allenfalls zu gebrauchen fey, und verheelte indessen nicht, daß eine gründliche Genesung mehrere Zeit erfordern würde, als ich hierzu- bringen könte; und daß ich noch nicht zu bestimmen im Standefey, auf was für eine Art dieselbe bewerkstelliget werden müffe. Da ich überhaupt nicht nach Persien gekommen bin, um einen Arzt abzugeben, so schob ich den Chanischen Scirrhum auf die lange Bank, tröstete ihn mehr mit Worten als mit Arzeneyen, von welchen ich ihm doch einige mitzutheilen mich nicht ent- ziehen konnte, und nach Verfluß zwoer Stunden beurlaubte ich mich wieder. - Dritter Cheil, B Ent- 10 <>, < „F- Entweder seine Hochachtung auf das erhaltene Empfeh- lungsschreiben zu bezeugen, oder auch mich, als Arzt, zu den gehörigen Pflichten zu ermuntern, und vielleicht für die erhaltene Presente nicht unerkentlich zu seyn, schickte der Chanden sechs- zehnten feinen Adjutanten zu mir, und ließ mir hundert Rubel in Persischem Gelde anbieten unter dem Vorwand, in Ermange- lung dafiger Münze die nohtwendige Ausgaben damit zu bestreiten. Diese Höflichkeit, oder Grobheit, lehnte ich mit der Entschuldigung also von mir ab, daß ohngeachtet ich noch nicht mit Persischem Gelde versehen wäre, dannoch einige Waaren bei mir vorhan- den feyen, welche mir solches leicht verschaffen könnten ; zudem empfienge ich mit allen bei mir befindlichen Personen von der höchsten Gnade Ihro Rußisch-Kayserlichen Majestät so viel, daß wir fremder Hülfe keines Weges bedürften. Der Chan ver- fand meine Antwort wie er sie verstehen sollte, behielt seine hundert Rubel in der Tasche, und überfähikte mir einige Schaa- fe und Feder-Vieh, welches Geschenk anzunehmen ich kein Be- denken trug. . - Nach diesen Vorfällen war es Zeit , mich um die Merck würdigkeiten von Derbent, als ein Reisender und als ein Naturaliste zu bekümmern. Hier ist der Kern meiner Anmer- kungen für das Publicum. - Beschrei- . Von sechszebnten Junius bis zum fiebenten Julius. bung der Derbent , diese uralte und merkwürdige Stadt, soll von Ale- Stadt. Der xander, dem Groffen, welchen die Morgenländer Iskender zu bent, nennen pflegen, erbauet worden fyn : wenigstens soll derselbe den beträchtlichsten Anfang dazu gemacht haben. Sie liegt dicht an der See, an dem Fuß eines Gebürges, welches zu den Derbentischen gehöret , und eine Fortsetzung der Usmeinischen ist, ist der Länge nach aufgeführt, und wird in folgende Theile, abgesondert. Der erste und oberste begreifft die Festung oder das Schloß in sich , ist unter den übrigen der kleinste , gibt die Wohnung des Chans, wann er gegenwärtig ist, und ver- fähiedener Armenianer ab: Von diesem obern Theil der Stadt können die übrigen beschoffen werden, und daß dieses schon mehrmalen geschehen feyn müffe, bezeugen die häufige, überall vorhandene Ueberbleibsel eingefallener Häuser. Als eine Festung betrachtet, hat das Derbentische Schloß alle, natürliche Eigenschaffen. In- dem V A, § „A- N dem es den erhabensten Platz an dem Fuß eines Gebürges aus- macht, so ist es sehr schwer, solches von der Stadtseite zu be- stürmen. Gegen Westen schützt sie die Kette hoher Berge und also ist nur die See-Seite übrig, von welcher eine Gefahr zu erwar- ten steht. Daher hat auch die Stadt den Nahmen Derbent er. halten, welcher in der Persischen Sprache so viel, als eine feste Stadt bedeutet. Die Kunst hat zu diesen natürlichen Festungs- Anlagen das ihrige hinzu gethan. Das Schloß ist eigentlich die größte Citadelle zu Derbent , in deren Nachbarschaft auf den daselbst befindlichen Anhöhen , besonders nach der See- Seite zu, sich noch verschiedene andere kleinere befinden. Eine groffe , mit Eisenblech dik beschlagene, Pforte führt in dieselbe, da dann rechts eine enge bergichte Straffe befindlich ist, die zu den Wohnstuben des Chans führet, linker Hand aber der Eingang in einen Hof, welcher ganz geräumig, viereckigt und rings um mit tüchtigen Mauren versehen ist, zu bemerken kommt. Auf beyden Seiten des Hofes, welcher auch zugleich eine Anticham- ber des Chans vorstellt, gehen Eingänge zu den andern Zimmern des Chans, und besonders zur Audienzstube: Man sollte denken, es wären dieselbe Vorbothen von unterirrdischen Löchern, so enge und dunkel find fie. Oberhalb des Hofes zur rechten ist ein groffer leerer Platz, auf welchen Kanonen und Mörser aufge- pflanzt stehen. Diesem gegenüber fieht man auch welche, fammt den erwähnten kleinen Citadellen oder Wachhäusern, die schon ziemlichen theils eingefallen find. Neben dem Schloß nach der Stadtseite, den Berg hinunter , liegen noch einige Gebäude und ausgewölbte Thürme, in welchen Pulver und Artillerie-Ma- terialien aufbehalten werden. Nach den Gebürgen zu ist die Festung noch mit einer kleinen Pforte versehen. Das allermerkwürdigste, ja fast das unbegreiflichste ist das Mauerwerk, von welchem das Derbentische Schloß den Mittelpunct ausmacht. Nehmlich von da an lauffen die Mau- ren aus, die mit einer unglaublichen Mühe aufgeführt sind. Die eine läuft an der nordlichen Seite der Stadt, bis dicht an die See, und dient anjezo wieder die Usmäner. Die andere ist an der südlichen Seite befindlich; beyde nähern sich dem Schloß, und da dieses in der Mitte liegt, so machen sie mit demselben ein Dreyeck, Vermittelt dieser n hangen nun freilich alle Thei- - 2, le z •A, § „F- le der Stadt zusammen; allein die häufige Scheidemauren, die in die quer gehen, machen die Absonderungen aus, von welchen ich unten reden werde. Sie find von ungleicher Höhe, und aus Felssteinen, in welchen eine erstaunliche Menge sowohl verstei- nerter, als auch nur kalcinierter Muscheln und Schnecken ein- gegraben ist , so wie alle Häuser in der Stadt erbaut. Von diesen Felssteinen mit den erwehnten Petrificationen sind die benachbarte Gebürge gänzlich angefüllt, und ist daher keine Fra- ge, wo man die Materialien zum Bau hergenommen habe; aber die dazu nothwendig gewesene Anzahl an Menschen und Vieh läßt sich bei alle dem, daß die Gebürge vor der Thür liegen, kaum begreiffen. Die Mauren, von denen ich freche find beyde mit einer guten Brustwehr versehen, und an genug- famen Schießlöchern fehlt es ihnen auch nicht. Von der Fe- fung läufft gerade nach Westen durch Berge und Thäler die dritte Maur, von welcher die Innwohner behaupten , daß fie bis an die schwarze See gereicht haben soll, und die noch bis jezo vorhandene Ueberbleibsel scheinen für diese Meinung sehr vorheilhafft zu seyn. - - - - Ich ritt mit einigen meines Gefolges nach denselben, nicht ohne Gefahr von den benachbarten Lesgiern beunruhiger zu werden, welche Reisende, wann fiel ihnen überlegen find, als eine ihnen sehr angenehme Beute, mit sich nehmen, und fiel als Sclaven verkaufen. Ermeldte Ueberbleibsel find anderthalb Meilen von der Stadt entfernt, und bestehen aus einer dreißig Schuh hohen, dicken, von einer mit den Derbentischen Stadt- mauren ähnlichen, aber nur noch festeren Steinart aufgeführten Mauer, welche einen ziemlichen Strich Landes in die Landschafft Tabaßeran hinein läufft, in der Entlegenheit einer Werft manchmal fö unversehrt ist, als wann fiel nur erst erbaut wäre, an andern Stellen sich ganz, halb oder nur etwas eingefallen zeige, die nicht nur in einem gehörigen Zwischenraum spizige, oder Pyramidenförmi- ge Wachthürme aufweist, sondern fogar an verschiedenen Stellen in einem Abstand von zwei oder mehreren Meilen Ueberbleibsel von ganzen Festungen zu betrachten giebt. Zwo derselben bestiegl ich selber. Die eine, welche die entfernteste war, ist auf der Mauer selb- fen angelegt gewesen, die andere in einer solchen Entfernung von derselben, daß von der Mauer auf solche zugerufen werden konnte. > Sie «A, H „F- 13 Sie waren vierekigt aufgeführt, unterhalb mit unterirdischen Ge- wölben versehen, ziemlich hoch; und von ihnen können die Kauca- fische Gebürge in Augenschein genommen werden, so daß man auch den Schnee auf deren Gipfeln sehen kan. Nahe bei der Stade findt man von dieser Mauer keine Ueberbleibsel, tiefer aber nach Westen desto mehrere, und es hangen sowohl noch ansehnliche Stücke eine Strecke Wegs gänzlich zusammen , anderwärts aber ist nur noch der traurige Rest eingefallener Steine vorhanden. Man kan diese Mauer nicht beffer, als mit einer Linie verglei- chen, die von der Kaspischen See nach dem schwarzen Meer zugezogen war, und die Wachthürme und Festungen, find ver- muthlich die Mittel gewesen, Derbent, als den Haupt-Garnisons- # von alle dem, was in den Gebürgen vorgieng, zu benach- richtigen. - In der Derbentischen Festung, welche den kleinsten Theil der Stadt ausmacht , wohnen in den neben dem Schloß be- findlichen Gebäuden mehrentheils Armenianer, über welche ein Orischbek die Aufsicht hat. Mit andern Nationen vermischt be- wohnen dieselben auch den untern Theil der Stadt. Dieser und der mittlere folgen in einer geraden Linie auf die Festung, längst dem Berge, daß daher die Stadt ganz abhängig zu liegen kommt. An die Seiten hangen fie, wie ich gesagt habe, durch die nordliche und südliche Hauptmauren zusammen, durch wel- che die Stadtmauren gehen, die schöne Bogen haben, und mit vielen Löchern versehen find, um durch ". auf den Feind schieffen zu können; die Quermauren aber machen die Abson- derung aus. In dem zweiten Theil der Stadt wohnt der Maip, oder der Persische Statthalter , der in Abwesenheit des ' das Kommando hat. Es erstreckt sich daffelbe über die übrige Innwohner, welche sowohl Perser als Tataren find. Es giebten den auch einige Indianer allhier. Man kann überhaupt nicht sagen." wer die derbentische Innwohner feyen? Die verschiedene Schick-derben. fale und Verheerungen, welche diese Stadt in einer an einan- der hangenden Reihe von Jahren erfahren hat, laffen mit allem Recht an ursprünglichen Persern zweiflen. Gegenwärtig ist daselbst nur noch ein Mischmasch von verschiedentlich unter einander ge- mischtem Tatarischen und Persischen Geblüt. Man rechnee in allem vier Tausend Familien, und unter diesen befinden fich B 3; hun- I4 - A, K. „F- hundert Armenische. Sie ernähren sich theils mit Handwerken, theils mit dem Akerbau und der Viehzucht. Die Armenianer bezahlen dem Chan keine Abgaben, müssen aber hingegen die Polizey-Beschwerden tragen, vom Korn- Korn wird sehr wenig, und nicht einmahl zur höchsten bau in Nothdurft, nach Maloroßianischer Art, gebaut. Daher wird hier P“n das Meel mit größtem Nutzen abgesetzt, und man bezahlt gerne für einen Kul sieben bis zehen Rubel, Oeffters steigt der Preiß uoch höher. Auf fünfzehen Rubel kommt er bei dem geringsten Friedensbruch eines Persischen Fürsten mit einem benachbarten sehr leicht und noch ist es in frischem Andenken, wie sich vie- le Armenianer zu Nadir-Schachs Zeiten bereicherten, da der- felbe auf zwanzig und dreißig Rubel gestiegen ist, Das wenige Korn, welches in Derbent gepflanzt wird, Von einer pflegt man auf eine besondere Art zu dreschen. Das Korn, besondern wird auf dem Felde, wozu ein geraumiger Plaz ausgesucht wird, Art Korn etwan einen Zoll dick "ä dann find zwey ablängliche, " "mehr oder weniger breite, zu diesem Endzweck verarbeitete Bret- ter , die mit einander vermittelt eines Balken verbunden sind, in Bereitschafft. An ihrer vordern Endung ist ein hohes vier- eckiges Holz feste gemacht, welches dazu dient um ein Paar Pfer- de oder Ochsen anzuspannen. Hinter daffelbe stellt sich ein Mensch, zu welcher Verrichtung gemeiniglich ein junger Knabe gebraucht wird. Dieser treibt das Vieh an, jagt es in die Runde auf dem aufgeschütteten Korn herum, und durch die Bewegung fällt der Kern aus der Aehre. Es ist aber zu wissen, daß die Bretter unten rauh, oder vielmehr, daß auf ihrer untern Fläche, gerade in der Mitte, kleine Viereckchen ausgehölt sind, in de- ren jedem ein spiziges Stäbchen angebracht ist. Durch dieses Mittel wird nicht nur die Absonderung des Korns befördert, fondern auch, wann diese schon geschehen ist, die leere Aehren auf die Seite geschafft, daß fo dann das Korn, desto leichter in die Säcke gebracht werden kan. Es ist mir diese Art zu dreschen nicht nur besonders, sondern auch einigermaffen nachahmungswür- dig vorgekommen, daher ich von dem ganzen Verfahren eine Zeichnung besorgt habe. S, Pl. 1, - Ich - - - •A, § „s- 15 Ich habe schon gesagt, daß wegen des schlechten Ufees bey von den Derbent keine Schiffe daselbst, oder doch nur sehr selten anlan- Derbenti den, daher dann auch der Derbentische Handel von keiner groffen " 3“ Erheblichkeit fey. Indeffen ist er doch auch nicht ganz und “ gar nichts. Die Provinz Gilan und die Schamachie ver- sorgt Derbent mit verschiedenen baumwollenen und seidenen Zeu- gen, als Kutna, Kannawat, Kißin, Burmet 2), und diese wer- den an die Legischen und Gorskischen Tataren, gegen eine Art dünnes Laken, das von ihnen in ihren Gebürgen verfertigt und Kubetschi Schal genannt wird, abgesetzt. Nach Gilan und der Schaunachie wird von hier aus viel Safran gebracht, der hier in großer Menge gebaut, und davon das Pud zur Zeit feiner Erndte ohngefehr für Hundert Rubel verkauft wird. Ein Preiß, um welchen Rußland feinen Safran aus Europa nimmer- mehr erhält.“ Des Kram- Handels zu erwähnen ist der Mühe nicht werth. - Hierauf und aus der schlechten Beschaffenheit des Hafens er sieht man, daß Derbent bey der Kaspischen Handlung nicht viel in Betrachtung kommt. Jedoch sollte Rußland dereinst auf den Wachsthum derselben ernstlich bedacht feyn, und wäre sie zum Nutzen des Reichs würklich hergestellt, so könnten dannoch jährlich ein Paar mit Meer, Eisen, Stahl, und Bley beladene Schiffe allhier mit großem Vortheil fanden. Dann da der Acker- bau so sparsam getrieben wird , die Leute aber doch alle Tage effen wollen, so ist das ersterer beständig in gutem Preiß; die letztere Waaren aber werden von den Lesgiern und andern Tc- taren begierig gesucht und gut bezahlt, welches 3) aus der hier angefügten Note hinlänglich erheller. Nur kommt es darauf an, ob es rachsam fey, Materialien zu Waffen unruhigen Völkern in 2.) Die Bedeutungen dieser Zeuge werden nebst vielen andern bey der Beschreibung der Stadt Räscht, wo ich auch von den Persil- fchen Fabriquen rede, erklärt. 3.) Der Astrachanische Hr. Statthalter gab mir etwas Eisen, Stahl, und Bley zum Absatz mit. Von dem ersteren brachte ich das Pud für 250. Kop. von dem zweiten ein ähnliches Quantum für a Rubel 50, Kop. und von dem letzten das Pud für 3. Ru- QUI- 16 «A, + „F "Pon Fetch in die Hände zu geben, und Lebens-Mittel aus dem Reich zu führen. Man muß auch noch ferner bedenken, daß die hiesige Silbermünze manchmalen gänzlich verfälscht ist, von welcher Sache ich aber ein andermahl bey Gelegenheit des Persischen Geldes reden werde. Neben der angezeigten Haupt-Eintheilung wird Derbent noch in achtzehn Sloboden abgesondert , die zu Nadir - Schachs Zeiten ihre besondere Nahmen gehabt haben sollen. Nunmehro ist keiner mehr von denselben bekannt, und man nennt sie schlechtweg die obere, die mittlere , die untere , und-f. w. Ueber eine jede derselben ist ein Starosta gesetzt, der in der Türckischen Sprache Karkchoda genannt wird. Mamed Seid Chan war zu Nadir-Schachs Zei- Ali Chan,ten Statthalter in Derbent. Nachdem die Schachswürde in dem Be- Persien aufgehoben worden, so blieb er als herrschender Chan in herrscher zu Derbent, dieser Stadt nach 4). Aber er verfuhr mit den Innwohnern sehr übel. Er legte ihnen ungeheure Abgaben auf, und wann sie dieselbe nicht erlegen konnten, so straffte er sie auf das grausamste. Dadurch wurden sie mürrisch gemacht, und dachten auf Mittel und Wege fich von ihm zu befreien. Es gelung ihnen auch gar bald. Sie wandten sich nehmlich an den Chan zu Kuba , Fetch Ali Cham, sie baten ihn um Hülfe, und versprachen ihm die Stadt in die Hände zu liefern. Fetch Ali Chan rückte mit einer Kriegsmacht vor dieselbe, und im Jahr 1760. bemei- ferte er sich ihrer ohne viele Mühe. Mamed Seid Chan schickte er unter Arrest nach Baku; allwo er auch im Jahr 1768. verstarb. Fetch Ali Chan ist ein Sohn des Uffein Ali Chan, welcher zu WNadir-Schachs Zeiten in Kuba herrschte, und schon von Peter dem Groffen, als sich Derselbe in dieser Gegend be- fand, zum Beherrscher dieses Districts erklärt wurde, seinem Sohn aber, Fetch Ali Chan, nach seinem Tod das Land zur Erbschafft hinterließ. Dieser ist ohngefehr dreißig Jahr alt, hat sechs Frau- en, und ist nach der hiesigen Weise dem Trunk sehr ergeben. Soviel ich merken konte, wird er von den Derbentischen Inn- - woh- - 4.) Von der Theilung des Reichs in Chanschaften fiehe den Abschnitt von der gegenwärtigen Verfaffung Persiens. A. - - 17 wonern so ziemlich geliebt. Seine Herrschafft ist uneingeschrenckt, aber feine Einkünfte lassen sich nicht ganz genau bestimmen, dann er legt die Abgaben nach Erfoderung der Umstände auf, und diese bestehen in Pferden, Vieh, Korn, Weizen, Reiß und andern Früchten. In allen Städten hat er auch seine eigene Gärten und feinen eigenen Ackerbau. Seine Kriegsmacht soll sich auf vierzig tausend Mann erfreken: sie bestehet nicht nur aus Persianern, welche, wann sie Kriegsdienste thun, und von dem Chan Besoldung erhalten, Kul (5.) genannt werden, fon- dern hauptsächlich aus gemietheten benachbarten Tataren, wozu sich besonders die Lesgier gebrauchen laffen. Dieses gemiethete Kriegsvolk verursacht die beträchtlichste Ausgabe des Chans. Was die Unterthanen auftreiben können, das wird demselben zu Theile, und ohngeachtet zwar der Chan bey feinen Untertha- nen Liebe hat, so fehlt es eben doch auch an Klagen nicht; "ünd ganz Derbent wünscht die glückliche Zeiten zurück, da Schir- van dem Rußischen Zepter gehorsam gewesen war. Dem Chan hingegen ist wegen der beständigen Unruhe seiner Nachbarn eine Kriegsmacht nöthig. Seine Uutherthanen reichen zu derselben bey weitem nicht zu. Er muß sich also um fremde Völker bekümmern. Diese wollen tüchtig bezahlt feyn; das Geld aber entrichten samt andern Erfoderniffen die Unterthanen, denen dann eine solche Pflicht genungsam beschwerlich fällt. Ein neuerliches Beispiel der Nothwendigkeit von Kriegs- völkern für den Chan, hat der Chan der Chaitaken, welche Derbents nordliche Nachbarn sind, abgegeben. Dieser, welcher ge- meiniglich der Usmeinische Chan genennet wird, und jetzund Abrehensa heißt, war vor fünf Jahren bey dem Chan von Kuba in Derbent zum Besuch. Vor ihrem Abschied ritten fie mit einander auf die Jagd. Nachdem diese vorbei war, fo kehrte Feth Ali Chan nach Kuba zurück, und Abrahema Dritte Theil, C wandte 5.) Diß ist der wahre Nahmen der Perfischen Soldaten. Kyfilbach bedeutet einen Rothkopf, und ist ein Schimpfnahme, mit welchem alle Persianer wegen ihrer rothen Turbante von den Sunniern belegt werden. Denn überhaupt, die hier zu Land wohnende Ar- menier, und andere Völker, wann sie die Religion eines Alianers benennen wollen, so heissen sie solche die Kyfilbaschische. 18 •A, - „F- wandte sich nach feinen Gebürgen. Aber er glaubte nicht so bald für der Gegenwart des ersternficher zu feyn, als er gegen Der- bent anrückte, von dem Schloß Befiz nahm, und fogleich die Thore verschließen ließ. Die Innwohner hatten jedoch ein Mit- tel ausfindig gemacht Feth Ali Chan von dieser Sache zu be- nachrichtigen; der fich dem Usnei mit einer ziemlichen Kriegs- macht entgegen fzte, und ihn binnen vierzehn Tagen aus Der- bent verjagte. Die Feindseligkeiten dauerten inzwischen unter diesen beyden Orientalischen Fürsten fort; fiel brachen auf beiden Sei- ten in Gewaltthätigkeiten aus: nun aber haben sie fich entschlos- fen, Friede zu machen, und dieser Friedenschluß ist in diesen Ta- gen, während meiner Anwesenheit zu Derbent, ins Werk gestellt worden. Der Usmei kam nach der Stadt, und wurde in dieselbe, von dem Kubinskischen Chan eingeholet, so wie ihn auch letzterer nach verrichteten Sachen zurück begleitete. Sie verglichen sich mit einander, und währendem Vergleich dauerte das Zechen beständig fort. Worinnen die Tractate befanden habe ich nicht erfahren können. So viel hörte ich, daß der Zoll der durch die nach Norden gelegene derbentische Stadt- ehore aus- und eingehenden Waaren inskünftige dem Usneizufallen soll. Des Usmei Schwester ist eine von den Gemahlinnen Feth Ali Chans. Jener wird für einen falschen, Beute begierigen Mann mit seinem Volke gehalten, und sicher ist es, daß er es mit Rußland gar nicht aufrichtig meinet; da fich hingegen dieser redlicher bezeugt, vielleicht aber auch nur, weil ihn eine kluge Vorsicht darzu nöchiget. Fremden Reisenden versagt der Usmei eine Begleitung nicht, aber man weiß aus der Erfahrung, daß er dagegen in der Stille eine grössere Mannschaft ausschickt, um die Reisenden mit ihrer kleinen Begleitung aufzuheben. Die Grabe Ueberall um die Stadt Derbent herum, nur die füd- eine su liche Seite derselben ausgenommen, findet man eine unglaubliche P“ Menge Grabsteine (6.) die sowohl senkrecht als quer stehen mit UNte 6.) Bey meinen ferneren Reifen in Persien habe ich bemerkt, daß alle Todten-Höfe in diesen Gegenden, Perfische nemlich sowohl, als Tatarische und Armenische durch ähnliche Grabsteine, als wie zu Derbent das Angedenken der Verstorbenen erhalten, A, B „Fe 19 untermischten andern ovalen, welche auf der Erde liegen, und die Gestalt eines Sargs haben. Diese Grabsteine führen Inn- schriften, welche in verschiedenen Morgenländischen Sprachen ab- gefast find, den Nahmen und das Alter der Verstorbenen be- schreiben, und auch manchmahl ein dienliches Stoß-Epigramma ent- halten. Es ist bey den Persianern , wie an andern Orchen Europens, üblich, daß sich Familien eigene Plätze wählen, wor- auf fiel sich nach ihrem Tode begraben laßen. Ein jedweder Tod- ter bekommt einen Grabstein; der reichern ihre find mit man- cherley Zierathen und grob ausgehauener Arbeit versehen. Das merkwürdigste Grabmahl ist nahe bei der Stadt an dem Fuß eines westlichen Gebürges, mit welchem der entseelte Körper des- jenigen Chans, oder damaligen Statthalters, prangt, der Peter dem Großen Derbent überliefert hat. Es gleicht einer steiner- nen Kapelle, in welcher der Todte liegt; als eine orientalische Merkwürdigkeit (7.) heile ich davon eine Zeichnung mit (S. Pl. 2. ) die statt einer weitlauftigen Beschreibung dienet. Auf der nordostlichen Seite der Stadt sind noch zwo zweynert, besondere Stellen, deren ich bei Gelegenheit der gedachten Grab-würdige Al- feine erwehnen kann. Die eine, welche unterhalb der Berge terebbimer auf der Ebene liegt, besteht in vielen bei einander versammle-ber. Der ten und dicht an einander liegenden Grabsteinen, die eine Maus" er von Grabsteinen umgiebt, durch welche ein Viereck aus dem Plaz gebildet wird, in dessen Mitte eine ausgewölbte Pyramide aufgerichtet ist, worinnen andächtige Persianer Lichter anzuzünden und Opfer an Geld zu legen pflegen, das dann nach der Hand denjenigen zu Theil wird, welche kein Bedenken tragen, sich mit einem geheiligten Gelde etwas zu gut zu thun. Die Persianer geben vor , es feyen an diesem Ort vierzig Märtyrer von ihrer Religion seit vielen ihnen unbekannten Jahren begraben; und auf die Frage, warum dann die Anzahl 2, der 7.) Aehnliche Epitaphia angesehener verstorbenen Personen, die man sonsten mausolea zu nennen pflegt, habe ich überall in Perfien angetroffen. Bei der Architectur derselben ist immer einerley “ angebracht und fiel unterscheiden fich nur durch ihren ang. - 20 - »A, - „e der Grabsteine die Zahl vierzig weit übersteige, wurde mir geantwor- tet, daß von dem Begräbniß selbiger Märtyrer an bißjezo auch an- dere rechtschaffene eifrige Alianer und wolverdiente Leute nach ih- rem Tode auf dieser Stelle ihre Ruhestätte bekommen. Die in Derbent wohnende armenische Christen wollen behaupten, daß keine Perfische sondern vielmehr Christliche Märtyrer auf besag- tem Plaz ruhen: allein die Opfer-Pyramide, welche, so wie der ganze Ort, den Persern heilig ist, scheinet mir dieser ihre Tradition zu bestätigen. Zunächst diesem Grabmal ist ein Hauß befindlich, welches den Reisenden zu lieb erbauet worden , daß fie sich darinnen aufhalten können, wann sie sich so verspätet ha- ben, daß sie die Stadt zu erreichen niche mehr im Stande sind: dann es ist zu wissen, daß die derbentische Pforten mit Unter- . gang der Sonne geschloffen und auch niemand geöfnet werden. Die andere besondere Stelle ist von dieser nicht weit ent- fernt, und auf einem Berge zu bemerken. Es ist eine unterir- dische Hölle, mit einem acht # langen und anderthalb Schuh breitem Eingang , auf dessen linker Seite ein Kamin ausge- graben ist. Bey dem Ende desselben find mit einigen kurzen und fchmalen Schnekengängen zwo Wohnungen, als wann es Stuben gewesen wären, auf jeder Seite nemlich eine, angebracht. Sie find kaum 14 Schritte lang, und man erblickt darin nicht das geringste Tageslicht. Der Eingang in diese Hölle ist , so wie die Stuben, feinern, und die Steine sind durch Leim befesti- get. Zwischen den unterirdischen schnekenförmigen Zimmern befindet sich ein breiterer, aber ganz kleiner Platz, gleichsam als eine Antichamber zu beyden. Hier sollen 40. georgianische Jung- fern begraben worden seyn, denen man auch als Märtyrinnen das Leben gewaltsam genommen habe; die Georgianer aber sollen von da ihre Gebeine nach ihrem Vaterlande gebracht haben. An- noch liegen in der Hölle einige Menschen-Knochen (8.); ich will aber nicht bürge fyn, ob man sie nicht zum Schein hingelegt hat? 3.) Ich habe in der Hölle zwey Hüft - ein Schienbein- und einen Schul- ter-Knochen angetroffen; fie kamen mir aber alle fo frisch vor als wann sie erst neulich darein gelegt gewesen wären, - •A, - „z- hat? indeffen ist auch der Eingang der Hölle oberhalb von auffen mit einer in einer Morgenländischen Sprache geschriebenen In- schrift versehen, deren Innhalt von meiner erzehlten Jungfern- Geschichte handeln soll (9.). - Die derbentische Brunnen verdienen Aufmerktmkeit. Die Derbenti- Quellen find auf den benachbarten Gebürgen in einer sehr beträchtlichen sche Brun- Anzahl. Von denselben wird das Waffer durch Röhren und gewölbte nen- Kanäle in die Festung, und von dar in die übrigen Theile der Stadt gebracht. Die Wafferbehälter sind sowohl sichtlich, als bedekt. In dieselben fließt das Waffer nur durch eine einzige Röhre; die Anzal aber von jenen ist groß, und nicht nur nahgelegene, sondern auch ganz entfernte Quellen liefern den derbentischen Jan- wohnern das zuverläßigte Mittel wieder den Durst. Von der Bauart, die bey Derbent beobachtet worden ist, Derbenti- kann gegenwärtig ein Reisender nicht mehr viel sprechen. Es ist sche Bau- eine Seltenheit ein ganzes Haus in dieser Stadt zu finden,“ fo verstört und verheert sieht alles aus. Indeffen bemerkt man doch so viel, daß der morgenländische Geschmak den Baumeister abgegeben hat. Ein jedwedes Haus stellt ein Viereck vor, und hat seine eigene Mauer. Auf der einen oder mehreren Seiten dieser Mauer sind die Wohnstuben angebracht, welche längst derselben lauffen. Die Stelle der Fenster vertritt ein hölzernes Gegitter, und statt der Wandkasten sind viereckige Löcher rings in der Stuben in die Mauer ausgehauen. Durch Kamine werden die Zimmer erwärmet. Von Kellern weiß man nichts. Die meiste Häuser bestehen, oder befunden vielmehr, aus einer einzigen Eta- ge; andere haben auch zwo und mehrere. Ordentliche Küchen sind nicht vorhanden. - - Auf der südlichen Seite der Stadt längst der See, und Derbenti- auf der nordlichen nach den Uneinischen Gebürgen zu, befinden sche Gärt sich die treffliche Derbentische Gärten, welchen zwar die Kunst" wenig reizendes gegeben hat, bei denen aber die Natur desto verschwenderischer gewesen ist. Auffer einigen wenigen Gartenge- wächsen, als Gurcken, Kohl, und so weiter werden hauptsächlich Weinreben und allerley Früchte gepflanzt. Der Wein, welcher in der Türckischen und P Sprache Tschiechir oder Tscha- 3 - chir 9.) Meis Erachtens sollte man dieser Sache halten zu Ergänzung der Geschichte in Georgien Nachfrage thun- 22 •z, M. „F• chir genannt wird, ist nicht nur von gutem Geschmack, sondern auch von gehöriger Stärcke, und langer Dauer. Es giebt sowohl rothen, als weißen und röhlich weifen, welcher an einigen Orten von Deutschland den Nahmen, Schieler , führt. Er hat zwar den Fehler, daß er selten rein, und mehrmalen dick ist; aber hieran ist nicht das Gewächse, sondern die Sorglosigkeit und Un- wiffenheit der Menschen schuld, welche nicht verstehen den Wein gehörig zu behandeln, die Gährung nicht vollkommen abwarten, und, wann sie geendiget ist, den Wein von feinen Unreinigkeiten abzusondern unterlaffen. Es kömmt auch besonders der groffe Mangel der Fäffer und die schlechte Beschaffenheit derselben in Betracht, geschweige, daß man daran gedencken folte, bey der Weinerndte die Trauben aus einander zu lesen. Das Pflanzen der Reben ist so einfach, als es nur feyn kan, dann die Wein- föcke werden der Natur anvertraut, wie sie solche wachsen laffen will; man befestiget sie nicht einmal an Pfällen, und des Win- ters werden sie nicht unter der Erde bedeckt; es wäre ja auch unnöthig: dann hier fängt sich das Vaterland der Weinreben an, da solche auf den benachbarten Gebürgen, mit ihren Ranken über alle Bäume steigend, wild wachsen. Die Früchte, welche man in den hiesigen Gärten pflanzt, find allerley Arten der schmackhaftesten Apfel, Birnen, Quitten; fer- Gebrauch des Kna, Oder der Garten- Balsamine. - ner Pfersiche, Aprikosen, Mandeln, Feigen, und Granaten. Diese Bäume stehen in unordentlichen Alleen, oder natürlichen Irrgär- ten mit, neben und unter einander und find in einem aufferordent- lichen Grade fruchtbar. Unter Blumen beobachtete ich meisten- theils solche, welche einen angenehmen Geruch haben; doch find schön gefärbte nicht gänzlich ausgeschloffen. Balsaminen fieht man hier in häufiger Menge. Man nennet die Pflanze in der Tür, kischen Sprache. Kna, und sie dient zu einem wunderlichen Ge- brauch. Ueber des Kraut mit seinen Blumen wird Waffer ge- goffen, und solches in demselben eine Zeitlang eingeweicht. Da- mit waschen sich die Persianer und Tataren die Nägel der Hän- de und Füße, und diese werden darauf Safrangelb, oder gelbröhlich, welches für schön gehalten wird. (10.) State 10.) Der Gebrauch des Kna ist auch zu Astrachan unter den Arme, nianern bekannt. Man pflanzt die Blume, zu diesem Ende in «A, P. „F- 23 Statt Erbsen pflanzt man zu Derbent ein anderes Ge- Tochotta wächste, davon der Saamen aus dem innern Persien gebracht oleracea wird. Man nennt solches Nochotte, und in der Kräuterkunde scheint es mir noch ein fremder Gast zu seyn. Der Kelch ist einblätterig, in fünf Theile gespalten, haaricht, und an einer Grundlage etwas bauchig, die Einschnitte find lanzenförmig, gleich und spizig, die Blumen sind, wie bei andern Pflanzen, welche Schoten haben, Papilionaceae. Das Vexillum ist weit an seiner Spize ausgezakt, an den Seitentheilen zurückgeschlagen, in der Mitte Carinatum. , Die Flügel sind kurz, breit, lanzen- förmig, unterhalb zwiefach gespalten, und oben zurückgebogen. Die Carina ist noch kleiner als die Flügel; von auffen auf ihrer Mitte ungemein höckerich, inwendig aber auf beiden Seiten ge- flügelt. Der Staubfäden find zehn , welche sich an ihrer Grundlage in eine weiße Haut vereinigen, aber nach oben zu, und gleich in der Mitte von einander trennen; ihre Spitzen find gelb, und sehr klein. Der Eyertok ist oval, der Stil Fadenförmig, und unten rauh: das Stigma ist länglich, gelb und einfach. Die Schote, welche diese Pflanze bekommt, ist ab- länglich, und von hinten nächst ihrer Spitze bauchig. Sie öff net fich mit zwo Klappen. Der Saamen ist herzförmig, und in der Mitte gefurcht. Mich dafigen Gärten. Außer dem Färben der Nägel an Händen nud Füßen färbt man auch die Kopfhaare der Kinder beyderley Ge- schlechts damit, unter dem Vorwand, daß sie nach öffterem Ge- brauch schwarz werden. Jedoch ist das aus Persien gebrachte Kraut, welches man in der Gestalt eines feinen Pulvers verkauft, stärker und kräftiger, als das astrachanische, dem man allzeit etwas Alaun beygesellet. Die Armenier verfahren damit fol gendermaßen. Sie gießen auf das verpulverte Kraut warmes Waf fer bis zur Confistenz eines dünnen Breys , und mit diesem Brey beschmieren fiel die Finger und Zehen, soweit man solche gelb ver- langt, die beschmierte Theile aber werden mit kleinen Stücken dünn aufgeblasener Schafsdärme umwickelt. Will man die Haare auf dem Kopf färben, so werden fiel mit dem Brey eingerieben, mit einem Tuch in die Höhe gebunden, in diesem Zustand zwölf Stunden lang gelaßen, und als dann ausgekämmte 24 - - »A, H. „F- Mich dümckt, daß eine solche Beschaffenheit der Be- fruchtungstheile hinreichend fey, die Schoten - Pflanzen mit einem neuen künstlichen Geschlecht zu vermehren. Die ober- halb abgesonderte Faden, die bauchige Saamen-Capsel, und der in derselben enthaltene einzige Saame, sind gar zu besonders, als daß ich diese Pflanze zu einem andern Geschlecht hätte brin- gen können. Der Persische Nahme. Nochotta taugt rech gut, das neue Geschlecht zu betiteln. Hier ist noch die Beschreibung der Vegetations-Theile, die wie sie bey der ersten bekannten, in der zukünftigen Flora Caspica unter dem Nahmen N. oleracea vorkommenden Gattung desselben beschaffen sind. Die Wurzel ist länglich, ganz, einfach und senkrecht; der Stil nicht ganz aufrecht, doch auch nicht niedergeschlagen, winkelicht, haaricht und ältig; die Aeste tragen nur Blätter, und bei ihrem An- fang sind sie mit zween Stipulis versehen, die haaricht und fünf fach gespalten sind, da dann die mittlere Einschnitte die übrige sowohl an Länge, als Breite übertreffen. Die 25lätter sind Pin- nata, von drey zu fünf Paaren; die Pinnä sind rund, eiförmig und wechsels weise geordnet, eingeschnitten, stumpf und haaricht. Die Blumen kommen aus Flügeln der Sckpulä hervor; sie sind einzeln, und mit einem Stil versehen, welcher wieder haaricht ist. Der Kelch bleibt beständig, und umgiebt noch die reiffe Schoten. Die Persianer effen dieselbe so wohl gekocht, wie ein Zugemüse, als auch roh. Sie werden auch zu Confituren gebraucht, näm- lich als Mandeln und Pistacien verzuckert, und bey Vornehmern statt eines Zubiffes bei starken Getränken herum gegeben, wie unter andern bei Erwähnung der Perfischen Speisen angemerkt werden soll. (S. Pl. 3.). - - Gebrauch Nigella sativa wird hier auch gepflanzt, und der reiffe der Nigel Saamen statt des Mohnsaamens mit ähnlicher Wirkung, auf Brod " gefreut, gegessen. Wie nahe ist Nigella mit Papaver, ver- - möge des botanischen Characters, verwandt! Und ungeachtet an- jezo in ganz Persien kein Botaniste zu finden ist, wissen sich damnoch unwissend die Persianer des botanischen Fingerzeigs zu bedienen. - - 7atürliche Derbent liegt unter dem 42ften Grad nordlicher Breite. Beschaffen. Eine Lage, von welcher sich nichts anders als vortheilhafte Be- beit von griffe machen laffen. Die Fruchtbarkeit der Felder ist sehr be- Derbent. - trächt- •A, + „F- 25 trächtlich, und das Erdreich verlangt nichts anders als einen gröffern Fleiß der Innwohner (11.). Von Düngen weiß man nichts, sondern man verbrennet nur Stroh auf den Feldern (12.) betreuet fiel mit der nachgebliebenen Asche, und die Wirkung davon ist vortrefflich. Für einen Botanisten ist Derbent ver- möge seiner Lage gleichfalls erwünscht. Jedoch da ich, wie in der Vorrede erinnert worden, anjezo in diesem Tagebuch nur fol- cher natürlichen Gegenstände gedenke , welche das Publi- kum reißen können, oder einen Einfluß in die Haußhaltuug und Arzeneikunst haben, so enthalte ich mich etwas von meinen gemachten Beobachtungen anzuführen, und verspare, um mich mit einem Wort und ein für allemal zu erklären, die natür- liche Geschichte von der westlichen Seite des Caspischen Meers auf ein größeres Werk, zu defen gänzlicher Ausarbeitung der- einsten mehr Zeit als zu einem solchen, wie das gegenwärtige ist, erforderlich sein wird. Die Sonnenhitze in Derbent ist ungemein groß: dic- fes hindert aber nicht, daß der Winter nicht eben so beschwerlich seyn sollte; und hieran ist nicht so wohl eine durchdringende Kälte, als vielmehr die Näffe und der in un- glaublicher Menge fallende lokere Schnee schuld. Weil die Häuser keine würkliche Dächer haben, sondern statt derselben auf ihrer Ober-Fläche nur schlecht weg mit Leim beworffen werden, welchen Umstand ich bei der hiesigen Bauart anzuführen ver- geffen habe; weil statt der Fenster nur hölzerne Gegitter vorhan- den sind, die meiste Wohnstuben aber unten auf der Erde ange- bracht werden, so dringt die feuchte Luft und der Schnee über- all durch; letzterer versperrt den Eingang in die Häuser, kommt durch das Gegitter in die Zimmer, und verursacht, daß die Leute manchmal in ihren Häusern weder ein- noch ausgehen können: der Weinachts-Monath, der Jenner und der Hornung ist mir als die eigentliche Winter-Zeit angegeben worden; fonten pflegt die- Dritter Theil. D - felbe, 11 ) In einer besonderen Abhandlung von der natürlichen Beschaffen- heit des Nordlichen Persiens wird erinnert werden, daß der Derben- tische District in mancherley Betracht vorzüglich fruchtbar genant zu werden verdient. - e 12) Wie man zu gleichem Gebrauch in Rußland die Steppen anzündt. 6 A, St. „F- ZDie Kala- fa-Staude. felbe, wie an andern Orten, nach der Verschiedenheit der Jahre bald gelinder und bald heftiger zu seyn. Ich glaube wohl, daß die Straffen in Derbent ehema- len gepflastert gewesen find; allein auf den meisten Stellen find kaum noch die Spuren davon vorhanden: dieser Umstand macht dieselbe im Winter, denn der Frost ist niemalen so stark, daß der Schnee halten sollte, so wie bei regnichtem Wetter, fast unwegsam. Die benachbarten Gebirge haben viele Waldung, ja sie bestehen nur aus Holz und Gesträuch, welches mitten aus den Felsen herauswächst, und recht gut fortkommt. Die Baum-Ar- ten find Eichen, Birken, weiße, schwarze und zitternde Aeschen, weise und schwarze Maulbeerbäume, Haselnüff, Welsche-Nußbäu- me, Buchen und verschiedene Weiden-Gattungen. Unter den Stauden ist eine besonders merkwürdig, deren Beschreibung auch hier einen Platz verdiener, dann sie könnte mit allem Recht in die Europäische Luftgärten aufgenommen werden. Man nennt fie im Türkischen Kalaf, und die Persianer betiteln dieselbe eben so. Sie hat, von ferne betrachtet, vollkommen die Gestalt ei- ner Weide; mit derselben kommt sie auch in ihren Blättern und durch die Beschaffenheit ihrer Aete überein. Diese sind rund, weiß, woflicht, und nach ihrer ganzen Länge mit Stacheln besetzt. Die Blätter sind lanzen-eyförmig, mit einem Stil versehen, ganz unten schneeweiß , und oben mit weißen Puncten gedüpfelt. Die Blumen sind überall an den Aesten befindlich, einzeln, wechselsweise geordnet, und mit eigenen Stilen versehen; sie ha- ben einen ungemein starken angenehmen Geruch, bedient man sich aber desselben zu viel, so empfindt man, wie von den Tuberosen, eine Betäubung, und es erfolgen leichlich Kopfschmerzen darauf, Ihre Farbe fällt ins gelbliche. Sie haben keinen Kelch, sind einblätterich, trichterförmig und vierfach gespalten; die Einfetynitte find ganz, und, wann die Pflanze eine Zeit lang geblüht hat, zurükgeschlagen. Die vierfadenförmige Staubfäden fiesen mit ihren Spitzen zwischen den Abtheilungen der Blume. Der Ex- erstok ist länglich; die Röhre von der Länge der Blume, das Stigma einfach. Die Frucht besteht aus einer wollenen eyför- migen acht winkelichen Drupa, die eine längliche Nuß in sich enthält. Die Persianer ziehen von den Blumen ein trefflich rie- hendes Waßer ab, welches sie als ein Nerven- und Herzstärken- - des -, E- „A- 27 des Mittel nicht genug anzurühmen wifen. Die Botanik aber - bekommt an dieser Pflanze vermuthlich wieder ein neues Ge- schlecht, welches ich nur darum noch nicht bestimmen will, weil zu Festsetzung der Geschlechte wiederholte Beobachtungen nöthig find (S. Pl. 4.). - Ohnerachtet in Derbent an Bäumen kein Mangel ist, fo muß man doch das Brennholz in einem aufferordentlichen Preiß bezahlen. Die Lebensmittel überhaupt sind alle sehr theuer, und ich glaube, daß daran nichts anderes, als die Armuth der Innwohner schuld fey. Wo will man aber reiche Glieder eines Staats fluchen, wo die Herzen der Menschen von keinem innerlichen Trieb beseelt sind, wo der Beherrscher kein Vater seiner Unterthanen ist, und die Beherrschte in einer wilden Blindheit leben? Aber diese Betrachtungen verspare ich auf das Kapitel von der gegenwärtigen Beschaffenheit Persiens. An Wild fehlt es dieser Gegend nicht. Haasen, wilde Schweine, Rehe, Füchse , Bären, Wölfe, gibt es in groffer Menge. Hermeline, und das kleine Hermelin, welches im Win- ter seine Farbe nicht verändert, keine schwarze Spitze an seinem Schwanz hat, und auf rußisch Lastotschka (Macmonika) heißt, wur- den mir auch gebracht. Zwischen den Felsen und in zerfallenen Häusern hält sich auch der Choriok (xophokb) mustela pulorius auf. Die Schakallen waren mit ihrem jämmerlichen Geschrey auch beschwerlich genug. Ich konnte aber noch keinen zur Be- schreibung bekommen. Die Menge der Heuschrecken sowohl nach ihrer Anzahl, als nach ihrer Verschiedenheit ist sehr beträchtlich. Ueberhaupt wer Infecten fammlen will, der muß nach dem Orient gehen, um seine Begierde zu befriedigen. - Von achten Julius. Ich dachte nicht in Derbent so lange zu verweilen, als es die Umstände mit sich brachten. Ich hatte schon gegen den Ausgang des vorigen Monaths alle Gegenden durchgestrichen und konnte mich versichert halten, daß mir wenige natürliche Gegenstände entwischt feyn, deren man in dieser Jahres-Zeit habhaft werden kan. Ich dachte also schon dazumal ernstlich an meine Abreise, und wandte mich deswegen an den Chan. Ich fahe wohl ein, daß mir, wann ich immer zu Waffer reiste, die natürliche Beschaffenheit des Landes unbe- kannt bleiben würde; ich nahm mir also vor, mein Schiff bis nach Baku zu verlaffen, und, um nach dieser Stadt zu kom- - - - - D 2 men, E3 •z, - „F- - men, den Landweg zu erwählen. Der Chan versprach fünfzehn Pferde für mich und meine Gesellschaft zum reiten, und drey Arben zu dem allernothwendigsten Geräht, und ich wartete seit vielen Tagen auf nichts als auf die Erfüllung seines Ver- sprechens: allein er verzögerte dieselbe von einem Tag zum andern, davon die Urfach diese war; er dachte, weil ich einen Puls ge- fühlt, und ihm gezwungen ein Pflaster auf seinen Scirrhus gelegt hatte, so müffe dieser nothwendig vergehen, und weil er es nicht thun wollte, so beliebte er mich aufzuhalten, dann er vermuthete, es fey mein rechter Ernst nicht, ihm zu helffen, und durch die- fes Mittel werde ich mich schon genöthiget sehen, alle meine Kräfte aufzubieten, um seine Absichten zu erreichen. Schon manchmal in meinem Leben bin ich auf das Medicinische Hand- werk nicht am besten zu sprechen gewesen: dießmal verwünschte ich daffelbe mit allen Facultäten in den tiefsten Abgrund. Ich faste mich. Ich ging öfters zu dem Chan. Ich suchte ihm einen Begriff von einen Scirrhus beyzubringen; allein, entweder verrichtete mein Dolmetscher sein Amt nicht gehöriger maffen, oder eben der Chan war mit meiner hypokratischen Philosophie nicht zufrieden. Er wollte die Verhärtung vertrieben haben; ich sollte das Werkzeug dazu abgeben: ich aber befand mich dazu auffer Stand, und jetzo in seiner Gewalt, wenigstens hieng es von ihm ab, mir keine Pferde zu geben, welche mir die Botanik fo nö- thig machte. Die Aerzte helffen sich sonsten mit Vertröstungen. Hier würde ich schlecht damit angekommen feyn; dann mein Trost hätte von einer Wirkung feyn müffen. Nachdem ich ge- nug aufgehalten war, so bedeutete ich dem Chan, daß fein Scir- rhus weder mit Pflastern, noch mit Salben zu vertreiben fey, fon- dern daß er ausgeschnitten werden müffe, darzu aber hätte er einen Wundarzt nöthig. Diese Antwort gefiel ihm freilich nicht; denn kaum verließ ich ein Zimmer, so redete mich der Adju- tant mit ziemlich unhöflichen Worten an, und verlangte gleich- fam Rechenschaft von mir, warum ich nicht dem Chan feine Beschwerde benähme? Hier kostete es etwas meinen Verdruß zu verbergen: aber ich mußte es thun. Ich wiederholte, was ich mehrmalen gesagt hatte, es gäbe Krankheiten, welche die Würksamkeit aller Arzneien bemeisterten; ich setzte hinzu, da ich nun sähe, daß blos die Krankheit des Chans an dem Aufschub meiner Reise schuld fey , so müffe ich nun erinnern, daß # Nicht •A, - „F- 29 nicht als ein Arzt diese Gegenden besucht habe: blos auf mein überbrachtes Empfehlungs-Schreiben von dem Astrachanischen Statthalter wäre ich von der Freundschaft des Chans und von aller Hülfleistung versichert worden; er möchte den Chan um feinen endlichen Entschluß wegen der Pferde, die er mir so oft auf das heiligste angelobt hätte, zu bitten nicht unterlassen, und es mir nur gleich ankündigen, woferne ich solche nicht erhalten könnte. Hierauf reiste der Perianische Fürst aus Derbent ab, ' daß ich es einmahl erfahren hatte. Der nachgebliebene tatthalter versprach die Pferde noch immer, und nicht nur von Tag zu Tag, sondern beynahe von Stunden zu Stunden. Endlich lies er mir sagen, es feyen keine vorhanden, und mit dieser erbaulichen Nachricht lies er mich dann auf mein Schiff wandern, das ich heute Mittags bestieg. Auf der fünften Plat- te ist Derbent und die umliegende Gegend dieser Stadt beffer vorgestellt, als es bisher von den Reisenden geschehen. Von Neunten. Es war heute ein ganz stilles Wetter und wann fich ein Wind erhob, so wehete er aus Osten und uns also zuwieder, daher wir vor Anker liegen bleiben musten. Ich hatte deswegen Gelegenheit über mich, über meine Verschik- kung, und die damit verbundene Schicksale, nach dem Hergang der Derbentischen Umstände, welche mir in so frischem Gedächt- niß waren, in der Stille zu denken. Es ist an dem, daß der Chan böse auf mich zu sprechen gewesen ist, und eine Hauptur- fache war, weil ich ihm seine Verhärtung nicht benehmen konn- te. Es war aber nicht die einzige. Noch niemalen ist ein Schiff aus Rußland in diese Gegend gekommen, das in derje- nigen Absicht abgefertiget worden wäre, welche bey dem meinigen das Hauptaugenmerk abgegeben hat. Der gnädige Wille unf- rer weisen und großen Kauferin wollte Persiens natürliche Producten der Wissenschaft Europens nicht länger vorenthalten. Ibro Kayserliche Majestät genehmigten nicht nur den Höchfdenen selben von des Herrn Grafen Wladimir Grigorje- witsch Orlos Erlaucht, in dessen erhabenen Person Petersburg mit einem Münchhausen und Tessin zugleich prangen darf, unterleg- ten Plan, einer zur Beförderung der Naturgeschichte nach den west- lichen Küsten des Caspischen Meers anzustellenden Reise, sondern 30 A, 1. A- Zöchstdiefebe erheilten so gleich, wie aus dem Anfang dieses Theils erhellt, dem Astrachanischen Statthalter den Be- fehl, diese Reise also zu beordnen, daß die Anstalten Rußlands Ehre und dem Entzweck gemäß sein. Mir kam es nur zu, esjenigen Vertrauens nicht unwürdig zu werden, welches in mich gesetzt worden: aber anders dachten die Persianer. Die nord- liche Provinzen Persiens waren acht Jahre lang unter der Ru- ßischen Botmäßigkeit gewesen: Rußland ist gegenwärtig mit der Pforte in einem Krieg verwickelt. Nach den ehmaligen Friedens- Tractaten dieser beiden Mächte, sollte das nordliche Persien we- der von der einen noch von der andern angegriffen werden, ohne daß auf einen wiedrigen Fall entweder Rußland, oder die Pforte, - zu einem Friedensbruch Gelegenheit gäbe. Ein öffentlicher Krieg hebt die Tractaten auf, und während demselben wurde ich nach Persien abgefertiger, um die Naturgeschichte desselben zu beschrei- ben, eine Arbeit auf mich zu nehmen, die eine durch den Lauff der Zeiten von der erhabensten Stuffe menschlicher Weis- - heit in die tiefste Unwissenheit geratene Nation nicht im geringsten faffen konnte. Was war also natürlicher, als daß sie auf un- richtige Gedancken verfiel? Was ist ihrer Denkungsart gemäffer, als Argwohn zu schöpfen; was, um mit einem Wort alles zu fagen, für dieselbe bey gegenwärtigen Umständen glaublicher, als dieses, ich feye ausgeschickt worden, um eine Nachricht von der Verfaffung und von der gegenwärtigen Beschaffenheit dieser Länder einzuziehen; anzuzeigen, was für Veränderungen in denselben seit dem fie von den Ruffen verlaßen worden, vorgegangen seyn, damit man wiffe, ob es der Mühe Werth fen, sich ihrer wiederum zu bemächti- gen? Oftmals wurden mir dergleichen Vorstellungen von den Armeniern in Derbent, die immer um den Chan waren, be- kannt gemacht; niemalen wollte ich ihnen Glauben zustellen; dann das glaubt man nicht gerne, was man nicht wünscht: da fie mich aber heute noch einmal besuchten, da sie zuverlässig mir versicherten, daß man durchaus keine andere als Spionen-Begrif- fe von mir habe: da fie hinzu fetzten, fiel unterstünden sich nicht mir alles dasjenige zu fegen, was sie gehört hätten, so wurde ich endlich von der Wahrheit genugfam überzeugt: das letzte Be- zeugen des Chans und fein so schlecht gehaltenes Versprechen, wo durch er mir die Kenntniß des Landes von dieser Gegend ver- sagen wollte, wurde mir begreiflicher, und ich kann auf nichts QN: - -A, - „A- 31 anders, als was ich für Maßregeln auf die Zukunft ergreifen wollte, um mit diesen wunderlichen Leuten zu rechte zu kommen. Vom zehnten. Der Wind wurde N. W. N. und wir fegelten also in der Meinung, nach der Mündung des Fluffes Samura zu kommen, die nach der Derbentischen Aussage nicht weiter als 20. Wert von der Stadt entlegen feyn sollte. Die Reise gieng zimlich geschwind, und als es Abend zu werden be- gunnte, erinnerten wir den Steuermann, er folte Anker werffen laffen damit wir nicht unwiffend in der Dämmerung die Mündung vorbeykämen. Von eilfen. Die Matrosen stiegen auf die Spitze des Mastbaums, ob sie nicht die Mündung zu Gesicht bekommen möchten ? sie sahen nichts. Dem ohnerachtet aber wurde die Schiffs-Schaluppe ans Land geschäft, dieselbe zu suchen. Sie kam erst auf den Abend zurück und berichtete, daß sie einen Fluß gefunden habe, der sich allhier in die See ergiest. Vom zwölften. Heute in aller Frühe fuhr ich mit den meisten meiner Gesellschaft selbsten ans Land. Der Fluß deffen Mündung die Matrosen gesehen hatten, war nichts weniger als die Samura, sondern ein kleiner Bach ohne Nahmen, der von dem Gebürge kam und ein weißes unreines Waffer führte. Ich merkte, daß wir die Mündung der Samura längstens vorbeige- gekommen waren: zu allem Glück, daß wir noch anders süffes Waffer fanden, das Schiff damit versehen zu können, als um welcher Ursache willen wir die Mündung der Samura gesucht hatten. Auch war Holz genug vorhanden, um zu unserer Be- dürfuß davon zu fällen; (3) dann gleich hinter Derbent ist das westliche Ufer der Caspischen See mit einem dicken Walde besetzt, der uns biß hieher begleitete. In demselben wachsen weiffe und schwarze Maulbeerbäume, Pflaumen, Reben, Quit- ten, Aepfel und Birn, in größter Menge. Das Ufer ist voll vom groben und halbdurchsichtigen Kieselsteinen, von viel- 13.) Wer den Derbentischen Hafen besucht, und von daraus weiter nach Persien reifer, der muß sich nohtwendig mit Holz versehen: dann man sieht aus dem Verfolg meiner Reise, daß das angren- zende Land von Derbent bis Räscht so kahl und holzlos ist, daß Reisende um mur etwas warmes effen zu können, sich des Schilffs und in Ermanglung defen des Pferdemists bedienen müffen. - - 32 A, - „Fe - vielfältigen Farben und Gestalt. Man trift auch unter denselben Karniole und Opale an. So lange die Schiffs- leute mit Waffer schöpfen und Holz hauen beschäftiget wären, botanisierte ich mit meinen Studenten in dem Wald, und un- tersuchte denselben in die Länge und Breite. Ich hatte das Glück binnen zween Tagen eine hübsche Beute zu machen. Jetzo aber gedenke ich nur einer einzigen Medicinal-Pflanze, die der in seinem Fleiß unermüdete und durch seine gesittete. Auf führung sich beständig empfehlende Student, Hr. Carl Ludwig Befährei- bung der China wur- 3el. Hablitz, in ihrem Vaterlande zuerst entdeckt hat. Es ist dieje- nige, welche in den Apotheken unter dem Nahmen der China- Wurzel bekannt ist, also zwar nichts neues, aber doch etwas feltenes, und davon noch keine so deutliche Beschreibung vorhanden ist, als die welche ich jetzo liefere, und mit einer genauen Abbildung für die Liebhaber der Materia Medica verbinde (S. Pl. 6. (14.) Die China - Wurzel gehört unter das Geschlecht des Smilax und ist ein rankiges Gewächs, welches sich gleich wie der Weinstock, über die Gipfel der höchsten Bäume schlingt. Es hat eine dicke, holzigte, und überaus knotichte Wurzel, welche quer in der Erde kriecht, mit einer Menge sehr langer, knotigten und horizontal lauffenden Fasern versehen ist, auffen dunkel und innwendig röhlich aussieht, und die einen sehr bittern, mit ei- ner eigenen Schärffe verbundenen Geschmak hat. Aus dieser Wurzel kommen die Stengeln hervor, die anfänglich holzig, Fingersdik und darüber find, eine vierwinkelichte Gestalt besitzen, und viele von einander stehende Gelenke haben, welche oberhalb weich werden, und viele Stacheln bekommen, die theils wech- felsweise geordnet, theils einander entgegen gesetzt sind, oder auch wie in einem Zirkul mit einander verbunden stehen. Die Blätter- fiele find gekrümmt, und an ihrer Grundlage mit zwo Schup- pen, die gleichsam aus einer Scheide heraus kommen, versehen. Die Blätter selbsten sind auf beiden Seiten glatt, ey-herzför- M19, *- 14.) Bey Kämpfern Amoen. exot p. 7 Fr. hat diese Pflanze den Chinesischen Nahmen Sankira oder quaquara. So vollständig die Zeichnung scheint, die er davon giebt, so undeutlich ist fie “ Ich habe daher die meinige nicht zurückbehalten O e A, P. „F 33 mig, und endigen fich mit einer Spitze. Die Blumen hatten schon völlig Abschied genommen. Die Frucht aber, welche ich häufig fand, befund aus Beeren, die kugelrund, und trauben- förmig bey einander versamlet, und innwendig in drey Fächer abge- eheilt waren, welche zween cylindrische Saamen in sich enthielten. Die Granatenbäume traf ich hier zum erstenmal wild an. Vom Vierzehnten. Da wir gestern und vorgestern keinen" Menschen zu Gesicht bekamen, und die Dörfer, welche in und hinter dem Wald lagen, ganz leer stunden, so hielte ichs nicht für ratham, hier lange zu verbleiben. Ich bestieg heute aber- mal das Schiff, und mit einem günstigen Wind ankerten wir des Abends bey einen Armenischen Dorf Barahun genannt, ohnweit dem Hafen Niezabad, allwo wir auch übernachteten. Hier gieng ich ans Land, miethete Pferde nach Kuba, und beorder- te das Schiff nach Baku zu segeln, allwo ich es wieder er- warten wollte. Vom Funfzehnten. Wir erreichten heute Abends die Stadt, und kamen durch die Perfische Dörfer Dedali und Schechvar. Ich fahe wenig merkwürdiges. Die Bauren le- gen sich auf die zahme Bienenzucht. Die Körbe find sphärisch, bestehen aus zusammengeflochtenem Strauchwerk, und find über und über mit Leim bezogen. Die oben angebrachte Oefnung find mit einem Deckel geschloffen, und nur eine kleine Oefnung zum Ausgang für den Bienen-Schwarm übrig gelaffen. Die Getreide-Magazine find groffe und weite Cylinder, ebenfalls ausge- flochtenem Strauchwerck aufgeführer, und auffen mit Leim über- zogen. So einfach öconomisiert man hier zu Lande. - Kuba, die eigentliche Residenz-Stadt des Feth Ali Chans Kuba ist sehr klein, und hat kaum eine Werft in ihrem Umfang. Sie ist ringsum mit einer vor dreißig Jahren von Bruch-Steinen erbauten, mit Wachthürmen und Schießlöchern versehenen Mauer umgeben, und nur auf der Nordwestlichen Seite, wo sie von dem Fuß Kuba benetzt wird, offen. Es hat aber dieser Fluß ein unge- mein steiles Ufer, welches bis an die Stadt-Thore reichert, und daher beffer als eine Mauer dient. Jenseit des Fluffes, der aus den Gebürgen entspringt, und nun von dem auf den- selben schmelzenden Schnee fehr angelauffen war, ist eine weitläufige Slobode befindlich, in welcher meistens nur Juden Dritter Theil E (15.) 34 - «A, H. „Fer (15.) wohnen. Dießeits nahe bei der Stadt sind etliche Arme- niche Hütten, von denen auch mir eine zum Quartier angewiesen wurde. Das Schlos des Chans, auf defen Hoff ein Paar Kanonen stehen, hat auffer einer Fontaine nichts besonders. Die Buden sind blos dem Kramhandel gewidmet. Die Innwohner find meistentheils Tataren von Sunnischer und Schahischer Secte, dann Feth Ali Chan ist beyden Theilen gewogen. Oeffentlich bekennt er sich für einen Schahier; weil er aber so viel mit den Lesgiern und andern Tataren zu thun hat, so find ihm die Sun- nier eben so lieb. Leute, welche ihn durch einen genauen Um- gang beffer kennen, wollen behaupten, seine Religion fey gar kei- ne. Der District von Kuba besteht aus verschiedenen größern und kleinern Dörfern, und die Innwohner in denselben ernäh- ren sich vom Ackerbau und von der Viehzucht. Ein Maip ist in Abwesenheit des Chans der Befehlshaber der Stadt. Das Gebär. Vom Achtzehnten bis zum Zwanzigsten. Das Schat-Ge- ge Schatt. bürge hängt mit seinen ewig weißen Gipfeln so nahe über die Stadt, daß man meinen sollte, es wäre nur wenige Werte davon ent- fernt. Es ist aber gleichwohl eine gute Tagereise bis zu dem Fuß dieses berühmten Gebürges. In diesen drei Tagen besuch- te ich daffelbe mit den Studenten Hablitz und Klutschareff, in der Begleitung einiger mir aus Kuba mitgegebenen Tataren. Die Reise gieng westlich nach der Provinz Kulachan, und zwar den District Tokus Para zurück. Sie war äußerst beschwerlich, weil wir nur zwischen und an dem Fuß der Gebürge halb zu Fuß und halb zu Pferde fortkommen konnten. Wir kamen durch fünf Dörfer, davon das erstere ein Erbgut Feth Ali Chans ist; die übrigen aber von den Nieder-Dagestanen bewohnt werden. Die Leute find von einer besondern Art, reden die Lesgische Sprache, ver- stehen aber auch die Türkische, find zwar dem Chan zu Kuba unterwürfig, doch kann dieser nicht allzu viel Staat auf dieselbe machen, denn es ist ein unbändiges Volk, welches keine Ober- herrschaft erkennen will. Mit uns giengen fie unbarmherzig um; zur Noth, daß sie ein Paar Nachtquartiere neben Viehställen für gute Bezahlung hergaben: etwas von Lebens-Mitteln für Geld 15.) Von den im mitternächtigen Persien wohnenden Juden werde ich noch bei einer andern Gelegenheit handeln. A, JF• 35 Geld zu bekommen war unmöglich, nöthig aber für uns gute Wache zu halten, daß wir nicht als Sclaven verkauft werden möchten. Längst dem Wege sieht man auf den steilesten Gebür- gen, mitten in den Felsen unterirdische Löcher, und neben densel- ben manchmal kleine Schanzen aufgerichtet. In diese Oerter pflegt dieses und anderes Gesindel, zur Zeit einer Rebellion fei- ne Zuflucht zu nehmen, und weiß sich daselbst in vollkommener Sicherheit, da es auf keinerley weise möglich ist ihnen hier beyzu- kommen. Als ich an dem Fuß des Schatt-Gebürges angekommen war, kurz davor einen Halt machte, und die unterwegs gefundene Kräuter in Ordnung brachte, wollte ich auch nun den Schat selbsten besteigen. Die Kubische Begleiter weigerten sich mit uns zu gehen, und gaben vor, daß weiter den Berg hinaufzukommen ohne die äußerste Gefahr unthulich fey. Da wir es für ein Glück zu halten hätten, sagten sie, daß wir bißher mit ganzer Haut davon gekommen; so müssten wir wissen, daß sie nun für den guten Ausgang eines einzigen gewagten Schritts nicht stehen könnten; dann hinter diesen Gebürgen, an deren Fuß wir be- befindlich waren, feyen Dörfer an Dörfern, in welchen noch auf rührerische und raubbegierigere Leute wohnen, als diejenige, die wir gesehen haben; und welche, wenn sie uns nur von weitem zu Gesichte bekommen sollten, uns entweder gefangen zu nehmen, oder niederzumachen sich ganz gewiß unterfangen würden. In der That, das Ansehen dieses Orts ist fürchterlich : Berge über Berge, lauter theils bewachsene, theils kahle Berge, deren Spitzen höher als die Wolken sind, und zwischen welchen fruchtbahre Felder und dürre Heiden die Wohnstätte barbarischer, bewaffneter Völker abgeben, die sich eines ankommenden auch nur mit Steinen bemäch- tigen könnten. Das find Umstände, welche mehr die Unvorsichtig- keit, als die Herzhaftigkeit eines Botanisten verrathen würden, wenn er im wagen das Maas überschritte. Ich für mein Theil bemühte mich soweit auf das Gebürge zu klettern, als ich die zurück gebliebene Begleiter im Gesicht behielte; nach Verwei- lung einiger Stunden eilte ich wieder zu ihnen zurück, und wir begaben uns auf die Rückreise nach Kuba, allwo wir den zwan- zigsten ankamen. Den Ein und zwanzigsten verlieffen wir die Stadt, und erreichten des Abends das Persische Dorff Erech, ben, welchem sich der Kubische District endiger, allwo wir über- nachteten. Nicht anders, als wann wir die schrecklichste Miß- - - - E 2 - gebur- 35 «W, - „so geburten des menschlichen Geschlechts wären, betrachteten uns die Leute. Was nur von Männern und Knaben im Dorfe war, das fürmete auf unsere aufgeschlagene Gezelte zu, und wann sich nicht der Dolmetscher mit Händen und Füßen darwieder gesetzt hätte, so würden sie solche niedergeriffen haben. Anfänglich woll- te man uns durchaus nichts verkauffen; endlich brachten sie einen Krug Milch, zwanzig Eyer und etwas Gerstenbrodt, und forderten davor zween Rubel. Den Zwey und zwanzigsten ka- Schabran. men wir die traurige Ueberbleibsel des ehmaligen Schabrans vor- bey, welche in Steinhauffen, verheerten Festungen und einigen unbewohnten Häusern bestehen: wie dann überhaupt keine einzige lebendige Menschen-Seele in ganz Schabran mehr anzutreffen ist. Wir übernachteten bey dem Fluß, der dieser Gegend den Nahmen gegeben hat. Ueber denselben hat Nadir Schach, als er den Zug gegen die Lesgier vornahm, eine Brücke schlagen las- fen; von derselben sind nur noch einige Steine übrig, und gegen- wärtig ist der Fluß so leicht, daß man mit Karren darüber fahren kann. Den Drey und zwanzigsten kamen wirtheils durch die Dör- Sches Pa- fer Sches Para, theils lieffen wir seitwärts liegen. Einige waren KO ganz leer, weil die Leute des Sommers nach den Gebürgen ziehen; in andern fanden wir noch einige Bauren. Einige find dicht unter- halb der Berge angelegt, andere mehr nach der See-Seite "zu. Alle find überaus klein, und von schlechter Beschaffenheit. Die Armuth der Innwohner verräth fich überhaupt aus ihrem Gesich- ke. Wir übernachteten in dem Dorf Diewitfähi. Den Vier und zwanzigsten. Heute früh verlieffen wir das Dorf Diewitschi und hatten Ursache mit unterm Nachtlager zufrieden zu seyn, dann die Innwohner beunruhigten uns mit ihrem unaufhörlichen Lermen nicht allzu sehr, und ver- kaufen gerne, was in einem Persischen Dorfgekauft werden kann; allein der Preiß war abermal entsetzlich hoch. Wir reiseten längst den Gebürgen, welche nunmehr so kahl waren, daß man auch nicht die geringste Pflanze auf denselben antraf; die auf dem Weg nach der Seeseite wachsende Wermuth- und Kali- Arten, nebst andern schönen Kräutern, mit denen ich das Glück hatte die Flora zu bereichern, waren so ausgetroknet, daß auch diese kaum kenntlich waren. Hin und wieder zeigte sich auch schon der Convolvulus Perficus, der an dem Gilanischen und Masanderanischen sandigten Ufer das hauptsächlichte Gewächs ist (S. Pl. - (s «A, - „Fe - 37 Gegen Mittag erreichten wir den Flus Atta, wel- cher aus den Bergen hervorquillt, aber auch, ohne die See zu erreichen, vertroknet, nachdem wir zuvor die Ueberbleibsel einer alten, an der See erbaut gewesenen Stadt, die noch ge- genwärtig ihre Grabstätte hat, auf welcher der Leichnam des heiligen Perechalil in einer besondern Capelle pranget, besich- tiget hatten. Bei einer fast unerträglichen Hitze fetzten wir unsere Reise fort; und kamen gegen Abend an einen Bach, der aus dem vorigen fließt. An demselben sind drey Mühlen und ein Zollhaus, in welchem alle vorbeigehende Waaren Tribut entrich- ten müffen. Dieses geschieht fackweise. Ein jeder Sack , er mag gros oder klein feyn, oder, es mag auch darin enthal * ten feyn, was da will, bezahlt einen halben Abas, und ein Me- schok mit Bakuscher Naphta die Hälfte. Die Zollbedienten ma- chen sich aber kein Gewifen, auch für ihren Beutel mehr ein- zufodern. Ohnweit dieses Zollhauses, wo der Arm der Atta vertroknet, ließ ich die Gezelte aufschlagen, damit es nicht Menschen und Vieh an Waßer gebrechen möchte. Vom fünfundzwanzigsten. Sobald ich mit der Beschrei- Der Berg bung einiger Pflanzen fertig war, begab ich mich mit verschiedenen Bischbar- von meiner Gesellschaft auf den Berg Bischbarmak, defen Fuß mak zwo Werte von meinem Nachtlager abfund. Wirklich bedeu- tet dieses Wort in der Persischen Sprache fünf Finger, und alle Reisende haben die Gestalt dieses Berges mit einer Manneshand verglichen. Diesem Umstand, und daß er in einer groffen Entfer- nung weit in der See zu sehen ist, hat er auch feinen Ruhm zu verdanken. Den Gipfel dieses Berges zu besteigen fiel uns sehr beschwerlich; dann die Wege, die nach demselben führen, find nicht allein steil , sondern die Höhe des Berges selbsten ist ungemein beträchtlich, und wird des Schats feiner nicht viel nachgeben; die Hitze aber war überdiß gut Perfisch, und für mich wenigstens so beschaffen, daß ich bei einem jeden Schritt zweifelte, ob ich meine Absicht, die Spitze zu erreichen, erfüllen." würde: die Füße müffen es sich gefallen laffen, einen Berg nach dem andern hinter sich zu bekommen, zwischen den Ge- bürgen befinden sich aber tiefe Abgründe, die man hinunter zu klettern, und auf der andern Seite wieder hinauf zu kriechen genöchiget ist. Endlich erlange man dann die Spitze. Man ist immer begierig, eine Mannshand zu sehen. Aber meine : - 3 38 •-A, - „F- bildungskraft war nicht so stark, nur die geringste Aehnlichkeit mit dieser Gestalt herauszubringen. Die größte Höhe des 2Bischbarmaks besteht aus zween ungeheuren, aber durchaus ungestalteten Felsen; davon der etwas mehr erhöhte spiziger und schmähler, der niedrige aber breiter und abgestumpfter ist. Noch unordentlicher gestaltete, kleinere und zum Theil zerfallene Fel- fen befinden sich an der südlichen Seite des höchsten spizigen Gip- fels, und andere sind gleichfalls von der Mitte des Gebürges an bis nach oben zu zerstreut. Dieser obere, spizige, und der ihm entgegen gesetzte breite, abgestumpfte, an seiner nordwestli- chen Seite befindliche Gipfel find oberhalb ausgezakt; und das möchte zur Vergleichung mit einer Mannshand Gelegenheit ge- geben haben; aber der Zacken find an der Anzahl mehr als fünf, und ihre Ungestalt beweiset also die Ungereimtheit des Namens Bischbarmak nicht allein. Das Gesteine dieses Ge- bürges ist wahrer Felsen; Seleniten aber und Crystallen find mit untermischt. Also kann ich dem Verfaffer des Tagebuches von der Fürst Galizinischen Ambaffade, die Hanwai feiner Reise-Beschreibung einverleibet hat, nicht beypflichten, wann er daffelbe mit dem Gesteine der Derbentischen Gebäude ver- gleicht. Auf dem Bischbarmak konnte ich weder Ueberbleibsel von einer Mauer, noch Spuren von einer Treppe entdecken ; diese können aber binnen der Zeit, daß die Rußische Gefand- fchaft hier gewesen ist, verlohren gegangen feyn, dann das gan- ze Gebürge ist mit überall zerstreuten Ruinen angefüllt. In der That scheint es, als wenn auf demselben ehmals eine Festung angelegt gewesen fey, aber, wann man das fürch- terliche Ansehen dieses über so viele durch Abgründe abge- sonderte Berge erhöhten Orts erwäget, so bleibet es ein Rä- zel, wie eine von Natur unüberwindliche Festung in einen so jämmerlichen Zerfall gerathen fey. Wann man unten bey dem Gipfel in die Hölle desselben rufft , so antwortet ein treffliches Echo dreyfach zurück. Den Persern ist diese Hölle heilig, es fey nun darum, weil einige glauben, der Prophet LElias habe sich darinnen, um vor dem König Ahab sicher zu fyn, geflüchtet, oder weil, wie man mir gesagt hat, viele Heilige dahin ihre Zuflucht genommen, oder andachtige Wall- farten dahin angestellt haben: wie denn ehmalen ihrer Grab- mähler in der Nachbarschaft von Bischbarmak zu sehen gewesen sein follen. •z, § „se 39 sollen. Auch den zur See fahrenden Ruffen ist der Orte nicht gleichgültig: dann fie schreiben die in dieser Gegend ent- stehende Stürme dem Bischbarmak und zwar aus einem ganz guten, aber sehr wohl verständlichen Grunde zu. Wir wollten eben etwas ausruhen, als uns einige Tataren durch ihre unver- muthete Ankunft beunruhigten; dann wir dachten, daß ohnge- achtet ihre Anzahl ganz klein war, so könnten ihrer in der Nach- barschaft mehrere feyn. Wir eilten also den Berg hinunter, so flinck wir konnten: dann wir wuten, daß den Tataren in dieser Gegend nicht zu trauen ist, und erholten uns in einem an dem Fuß des Bischbarmaks befindlichen Karawan-Sarey (16) Daffelbe ist ein Vierek, und vor Reisende gebaut. Innwendig ist ein groffes langes Gewölbe mit ausgehauenen Zellen von verschie- dener Gröffe, und andere ähnliche find auf dem Hof ringsum angebracht. In einem elenden verheerten Lande ist es etwas tröstliches, eine solche Gelegenheit zum Ausruhen anzutreffen. An der Pforte der Karawan-Sarei sowohl, als auffen an den Mauren fieht man Deutsche, Lateinische und Morgenländische Nahmen der- jenigen in Steinen eingeätzt, die ehmalen hier gewesen find: und mit Vergnügen sah ich auch des berühmten Kämpfers feinen unter dem Dato December im Jahr 1683. und eben also das Gedächt- niß des verdienten Herrn Collegien-Rath Lerchs unter dem Dato die 25sten August 1738. nachgeblieben. Ich folgte dem Beispiel zweener Naturalisten, und vermehrte die Anzahl der Nahmen mit dem meinigen. (S. Pl. 8.) Die zween Felsen in der See, welche die Ruffen, diva Bratia ( zween Brüder) und die Perfer mit gleicher Bedeu- tung Chardasch nennen , und dem Bischbarmak gegenüber stehen, haben ihre vollkommene Richtigkeit, dann ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen. Sie stehen in einer ziem- lichen Entfernung von einander ab; derjenige, der dem so ge- - M0Mnken 16.) Dergleichen Gebäude sind eigentlich Ruhe-Plätze für Reisende, Dieser ist von Derbent aus der erste. Nachgehends trifft man dieselbe zu einer und zu zwei Tagereisen von einander entfernt an. Man kann darinnen in der größten Sommerhitze ausruhen, und sich des Winters zur Noth für der Kälte bergen. Ihre Bauart ist überall einerley, und unterscheidet sich nur durch die Größe. Viele davon sind schon gänzlich zerfallen. Auch können die Karanvanen in denselben ihre Pferde beherbergen, 40 «A, K. „F- nannten fünf Finger - Berg gerade gegen über liegt übertrifft den andern weiter nach der See zu liegenden an Gröffe, und wird von den Persern eigentlich der Bruder des Bischbarmqks ernannt. $ Wir reiseten um die Mittagstunde weiter; und eben die jenige ausgetrocknete wüste Heide, deren ich gestern gedachte, begleitete uns. Wie wir aber bißher in der Nachbarschaft der Ge- bürge gewandert hatten, so entfernten wir uns nun von denselben, fo, daß wir nur eine Wert von der See entfernet waren. Unterwegs hielten sich viele Störche auf, die so zahm waren, daß man fich zu ihnen ' konnte, ohne daß sie hinwegflo- gen. Gegen Abend erreichten wir einen Brunnen, der von ei- nem gutherzigen Bakuschen Kaufmann, Nahmens Adschi Maho- met, durstigen Reisenden zum Besten, da binnen 40. Werte in dieser Gegend keine reine Wafferquelle anzutreffen ist, gegra- ben, und mit einer steinernen Capelle versehen worden. Ich verwunderte mich daselbst über die ungeheure Menge Erdhasen, die ungescheut aber unglaublich geschwind vorbey hüpften, und beschloß biß gegen Mitternacht an diesem Ort zu bleiben. Vom sechs und zwanzigsten. Ohne einen Menschen zu fehen und ohne zu einer Quelle zu kommen reiteten wir heute etliche 40 Werte und meistentheils zu Fuß. Die Hitze war noch un- leidlicher als gestern, dann der Wind hatte sich ganz gelegt, und das durch die Hitze ausgemergelte und geborstene Erdreich hatte nur diejenige Pflanzen am Leben verschont, die entweder von trokener Natur find, oder so viele Säffte bei sich führen, daß sie vermöge derselben von der Hitze nicht so leicht verzehrt werden können. Daher war dieser Tag gedoppelt kläglich für mich. Die See blieb noch immer in unserer Nachbarschafft , und das Gebürge entfernt; dieses aber spielte mit allen erfinnli- chen Farben. Gegen den Nachmittag erreichten wir die zweite Karawan - Sarei, die von den Bischbarmakischen neben dem in obiger Note angeführtem Unterscheid auch dieses besondere hatte, daß sie mit einer feinernen Treppe versehen war, die von dem Hof auf die obere Mauer führte. In demselben war das Ge- feine voll von versteinerten und calcinierten Muscheln, oder es befund vielmehr aus denselben allein. Mit anbrechender Nacht kamen wir in einem groffen Dorf, Sarai genannt, an. In dem- selben wohnt niemand als Soldaten des Chans von Kuba, über welche «A, H. „F 4 - - - - - - welche ein Sotnik gesetzt ist. Es sind Unterhalten des Fürsten, an der Anzahl hundert. Sie bekommen einen jährlichen Gehalt von 50 Rubel und heiffen in der Land- Sprache. Nurker: ihr Sotnik hat eine Besoldung von 200 Rubeln und heist Jus- basch. Wir setzten unsere Reise in der Nacht fort, kamen noch drei Dörfer vorbei, langten den sieben und zwanzigsten früh in Baku an, und traffen daselbst unser Schiff wohlbehalten in dem Hafen. Ich schickte sogleich einen perfianischen Dolmet- fcher mit dem Empfelungs-Schreiben aus Astrachan an den Chan und ersuchte ihn um eine gute Aufnahme. Ein Quartier wurde mir ziemlich geschwind angewiesen, doch ehe ich daffelbe bezog, begab ich mich auf das Schiff, welches eine halbe Wert von dem Ufer vor Anker lag, um mich mit dem nöthigsten zu meinem Auffenthalt am Lande zu versehen, als sich auf einmal ein Sturm aus Nordwesten erhob, welcher verhinderte, daß ich denselbigen Tag nicht wieder ans Ufer zurückkommen konte. Vor Baku können die Schiffe vortrefflich landen, dann der Grund bestehee aus reinem Sand, welcher mit kleinen zerschlagenen Muscheln gemischt ist. Jedoch der Steuermann, der feiner Sache nicht am gewißesten war, hielt es für rathamer, entfernt zu blei- ben, und ankerte in einer Tieffe von fünftehalb Faden. Son- ften pflegen die Schiffe dicht vor den Stadtmauren sicher zu fe- hen, und einige Sandalen, die kurz angekommen waren, um Nephta und Salz zu holen, waren mir Beweis genung, daß der Steuermann allzu vorsichtig gewesen sey. Vom acht und zwanzigsten. So bald es stille worden, fuhr ich mit der Schiffs-Schaluppe ans Land und ver- fügte mich zum Chan, mit einem Geschenk von feinem Laken, so viel die Persianer zu zwey Kleidern gebrauchen, Schießpulver, Zuker und Thee. Schlechter, oder vielmehr unverständiger hätte ich nicht aufgenommen werden können, als es heute geschah. Der Chan ließ sich in eben der Positur sehen, wie der Kubanische zu Derbent. Mir wurde ein Stuhl gebracht, und das Gefolge, welches ich bei mir hatte, hatte die Ehre zu stehen. Kaum hieß er mich willkom- men: sondern bezeugte seine Verwunderung über meine Ankunft, indem er keine unschuldige Ursache, welche dieselbe hätte veran- laffen sollen, begreiffen könne. Ich antwortete ihm, es fey kei- ne andere, als diejenige, die ihm in dem Astrachanischen Schrei- den gemeldet worden, diejenige nemlich, daß ich, wie an der Dritter Theil. F west- 4. - •-A, - „F- westlichen Seite der Kaspischen See, also auch bey und um Baku die natürliche Producten untersuchen, dieselbe beschreiben, und den Liebhabern der Seltenheiten in Europa bekant machen soll; mein übergebenes Schreiben habe keine andere Meinung, als daß es mir bey den Chan theils zur Beglaubigung dienen möchte, und theils, damit ich mir von demsel- ben, desto freymüthiger die mir zu meinen Verrichtungen nö- ehige Hülfe und Schutz erbitten könne. Entweder war der Chan so einfältig, daß er meine Erklärung zu faffen nicht vermochte , oder so argwöhnisch , daß er dieselbe als eine bloffe Ausflucht ansah, oder auch beyde Umstände mögen dar- an schuld gewesen sein, daß er hierauf erwiederte, es feyen schon sieben Jahre verfloffen, daß kein Rußisches Schiff vor dieser Stadt gelandet habe, der Rußische Consul habe sich von ' hinweg, ohne beleidiget geworden zu feyn, nach Sallian egeben; nun komme ich an; ich bekenne, daß ich weder wegen Handlungs- Geschäfte gegenwärtig fey, noch könne ich eine andere verständliche Ursache anführen, es bleibe ihm also nichts übrig als den gerechtesten Argwohn dißfals zu schöpfen. Ich erwiederte, meine Aufführung und die Art meiner Geschäfte werden ihm genung zu erkennen geben, daß nur die angegebene Gründe die Triebfeder meiner Reise feyen , bat ihn noch- mal um seine Freundschaft , und begab mich wieder nach Hause. - Von neun und zwanzigsten. Der heutige Tag wurde mit Besichtigung der anliegenden Gegend zugebracht: diese kann man sich nicht elend genug denken ; dann , wie ich schon von den Bischbarmafischen Gebürgen an, bis an die Stadt nichts als eine dürre Steppe angetroffen hatte, also er- frekte sich dieselbe von der Südseite der Stadt bis nach Salli- an; und das steinerne Erdreich verbante die Gewalt der Flora fest gänzlich. Auch diejenige Kräuter, welche sonsten in einem unfruchtbaren Boden fortzukommen pflegen, waren hier durch die Sonnenhitze so abgebrant, daß nur noch ausgetrocknete Stängel übrig geblieben waren. Die Innwohner fagen, es wären bey angehendem Sommer häufig erschienene Heuschrecken, die ih- ren Strich aus Süden genommen, an dieser traurigen “ hauptsächlich schuld: Ihre Anzahl fey unbeschreiblich groß ge- wesen, und, wie sie auf den Akern und Feldern alles verhee- res •-A, - „F- 43 ret haben, also hätten sie auch der wild wachsenden Pflanzen nicht geschonet. Was ihnen noch entgangen fey, das wäre von der Sonnenhitze verwelkt, weil den ganzen Sommer über nicht der geringste Regen gefallen fey. Vom dreipzigsten. Die Naphtaquellen bei Baku find Beschrei. viel zu berühmt, als daß man nicht auch von mir eine, die-bung der selbe betreffende, Nachricht erwarten sollte. Ich werde ihrer Naphta - erwähnen, als wann ich der erste wäre, der davon zu schreiben aucen. " hat, und daher manches bereits bekante wiederholen. In der “ That hat Kämpfer fast vor hundert Jahren eine so vollkom- mene Beschreibung derselben geliefert, daß ich sie nur zu be- stätigen, und an einigen Stellen zu erläutern und vollständiger zu machen im Stande bin. Die an der nordostlichen Seite von Baku sich biß an die See erstreckende Halbinful Abscheron, welcher der erstbelobte Kämpfer den anjezo nicht mehr übli- chen Nahmen Ocetra gegeben hat, ist die unerschöpfliche Mut- ter der Naphta, oder der Nephta, wie dieses natürliche Berg- Oel in der Landessprache genennet wird. In drei Stunden mit telmäßigen Ritts gelangt man zu dem immerwährenden Feuer, und auf der Hälffte Weges von Baku aus komt man ein zur linken Hand gelegenes Dorf Refchlar vorbey, dem zur rechten Hand gegen über ein alter Mahumetanischer Tempel von unge- meiner Höhe und großem Umfang aufgerichtet ist. Ohngeachtet er noch nicht zerfallen, so thut er doch gegenwärtig keine Dien- fe mehr, und die Anhänger Mahumetscher Schahischer Secte scheuen sich nicht denselben, wenn sie auf der Reise find, als einen Ruheplatz zu gebrauchen, welches ein eifriger Sunnier nimmermehr thun würde. Auf dem fernern Weg find ver- fähiedene eingefallene Gebäude vorhanden, unter welchen zwey eine Aehnlichkeit mit ehmals befestigten Plätzen haben, und unter denen auch eine befestigte Hölle befindlich ist, in welcher sich der bekannte Rebell Stenko Rafin aufgehalten haben soll. Das Grabmahl, dessen Kämpfer erwähnet, suchte ich vergebens. Die Stelle des immerwährenden Feuers verräth ihre Gegenwart, noch ehe man sie erreicht, durch den Naphta-Geruch, welcher den Rei- fenden entgegen kommt. Befindt man sich auf derselben, so be- merkt man folgende Wunder der Natur. Ein an Gröffe un- bestimmter Platz, dann derselbe verändert sich mit dem Lauff der Jahre, ist fähig Feuer zu wann er mit einer Kohle oder ei- 2. - MEN 44 •A, - „F- nem andern brennbaren Wesen berühret wird; die Flamme dau- ert beständig fort, wann sie nicht mit Fleiß gehemmet wird, wel- ches durch Aufschüttung der Erde oder Aufgieffung genugsamen Waffers veranstaltet werden kann. Die Erde, durch welche die Naphta dringt, gehört unter die Thonarten, und ist ein unrei- ner Mergel; dann fiel braust mit Mineralischen Säuren heftig auf, verhärtet im Feuer, und läßt sich im Waffer aufgeweicht bearbeiten; sie ist aber rauh anzufühlen, weil dem Thon etwas Sand beigemischt ist. Ihre Farbe ist weiß, mehr oder weniger grau, und sie fällt auch ins gelbliche. Sie wird von der Naph- ta-Materie gänzlich durchdrungen , welches sowohl durch ganze Stücke, die Kohl schwarz aussehen, als auch besonders durch die Destillation erhelet, die ein Waffer von höchst wiedrigem Geruch gibt, das mit der beigemischten Vitriol-Säure feine Ei- enschaften so gleich zu erkennen gibt. Diese Erde nun, wann # ein Paar Zoll tief aufgeschürft wird, es mag an einer Stelle dieses berühmten Orts feyn, wo es will, entzünde sich augenblicklich, so bald man fiel mit einer brennenden Kohle, oder einer andern Materie, welche Feuer gefangen hat, berührt; die Flamme ist blaulich gelb, bey fillem Wetter oder einem gün- figen Winde erhebt sie sich einige Schuh in die Höhe, und löscht, wie ich schon gesagt habe, von felbsten nie aus. Der von derselben aufsteigende Rauch ist sehr unangenehm, und denen, die eine Beschwerde auf der Brust haben, unerträglich. Die würk- sich brennende Stellen, an denen es aus gleich anzuführenden Gründen niemals zu fehlen pflegt, find theils länglich, eheils lauffen fiel in der Quere, theils aber find sie zirkelförmig und ästig. Sie find mehr oder weniger breit, und die Flamme er- hebt sich aus denselben mehr oder weniger stille, manchmalen aber auch so heftig, als wann fiel von einem Blaßbalg in Be- wegung gebracht wäre. Dennoch verzehrt fiel die Erde nicht, fo gewiß als fiel solche dergestalt erhizet, daß sie nahe an der brennenden Stelle mit den Händen nicht berührt werden kann, Unter derselben konnte ich zwey Schuh tief nichts, einem Binn- fenstein ähnliches finden, wohl aber war die Erde den Fingern etwas zarter anzufühlen, vermutlich weil der Mergel reiner ist; von untermischtem Sande, der fich zu der obern Erde, wie wohl etwas sparsamer, gesellet, ist in der angegebenen Tiefe gar nichts zu bemerken. Dieses immerwährende Feuer kömmt s“ - Ms •A, - „F- 45 Innwohnern in Baku zum Kalckbrennen trefflich zu statten. Man schürft einen Platz bey demselben auf, so groß als man will, wirft auf demselben die zum Kalck bestimmte Steine (17.) bedekt fiel mit der aufgeschürften Erde, und der Kalck ist bir- nen zween oder drei Tagen fertig. An diesem Ort bereiten die Innwohner des Dorfes Srogann, welches von dem Platz des umverzehrlichen Feuers, die Ales Gawa heit, etwan eine halbe Werft nach Westen entfernt liegt, ihre Speisen: überhaupt, worzu das Feuer nöthig ist, dient das Naphta - Feuer. Der Auffenthalt, den einige Indianische Pilgrime an diesem Ort er- wehlt haben, macht denselben noch berühmter. Es find Nachkömm- linge der alten Gebers. Der Nahme Derwischt, den sie vom gemeinen Volk bekommen, gebührt ihnen gar nicht, wie aus dem Abschnitt von den Persischen Bettlern erhellen wird. Sie sehen dieses immerwährende Feuer als etwas ungemein heiliges, als ein Zeichen der Gottheit an, die sich den Menschen in nichts reineres, in nichts vollkommeneres darstellen könne, als im Feu- er und Licht, einer Materie, die fo gereiniget fey, daß man fie nicht mehr unter die Körper rechnen könne. Aus Indien, ihrem Vaterlande, fielen diese andächtige Leute Wallfarten nach dem immerwährenden Feuer in Baku an, und daselbst weyhen fie dem ewigen Wesen ihre Ehrfurcht auf eine so rührende Art, daß man bei Betrachtung derselben von diesen Leuten ganz andere Begriffe bekommt, als man fich fonten von Heiden zu machen pflegt. Rings um den Ort des beständig brennenden Feuers haben fie feinerne Tempel errichtet, wetche zu zwölf bis zwan- zig Schuh hoch find, eine ungleiche Breite haben, und inwendig Gewölben gleichen. Sie sind dauerhaft gebaut, dann ohner- achtet sich die erste Anlage derselben von vielen Jahren her- schreiber, so ist doch nur hin und wieder der Anfang eins Zerfalls vorhanden. In den Tempeln find Altäre; gegenwärtig aber wird nur noch einer gebraucht, in welchem nahe bey dem Al- ear eine zwei Schuh hohe Röhre ist, aus welcher eine schöne blaue, mit rohgemischte, nicht den geringsten Geruch von fich gebende Flamme hervorgeht. Sie ist oben enge, daß man Töpfe dar- F 3. - auf - 27.) # um Baku herum befindliche Feldsteine find alle Kalck- III. 46 A, J. „F- auf setzen kann, dient daher in Winter zur Wärme, und das ganze Jahr über zum Kochen der Speisen. So bald ein bren- nender Halm hingehalten wird, so bald steigt die Flamme durch die Röhre hervor, und wird, wann man es haben will durch das Aufwerffen eines Stück Tuches oder eines Filz-Lappen wie- der gedämpft. Die Indianer, wann sie sich bei dieser Röhre oder auch bei einer jeden andern, in den von ihnen den Tempeln angebauten unterirdischen Wohnungen befindlichen auf halten, beobachten ein genaues, mit andächtigen Seufzern unter- brochenes Stillschweigen; entweder fitzen sie dabey, oder sie schla- gen beyde Hände über den Kopf zusammen, (in welcher Richtung einer von ihnen, der erst vor einem Jahr gestorben, zwanzig Jahre lang unveränderlich geblieben ist, und Effen und Trinken zur Noth- durft von andern bekommen hat) oder sie halten auch nur einen Arm in die Höhe, davon einer, der sich sieben Jahre also müh- felig gemartert hat, zur Belohnung steif worden ist. In ihrer An- dacht laffen sie sich von keinem andern Gegenstand stören: in was sie bestehe, bin ich nicht anders zu fagen fähig, als daß die Stellung ihres Leibes, ihre Geberden, ihre ernsthafte Gesichts- bildung, bey derselben die größte Stuffe einer der Allmacht ge- widmeten Hochachtung verrathe. Gegenwärtig find von diesen Pilgrimen nur noch drey (18.) vorhanden, welche von einem andern Indianer in der Schamachie erhalten werden, für den und in dessen Nahmen sie auch beten; dann es ist andem, daß dergleichen wallfartende Leute nicht nur für sich allein, sondern auch um anderer willen wallfarten. Sie gehen ganz nackend, mit geschornen Häuptern : nur die Schaam - Theile bedecken fiel mit einem Lappen Leinwand. Sie nähren sich mit rohen Wurzeln und Früchten. Wenn man sich ein Skelet vor- stellt, über welches eine schwärzliche Haut gespannt ist, so hat man einen Begriff von der Gestalt eines bey 2Haku betenden Indianers: so sehr martern fiel ihren Leib, so schlecht pflegen fie 18.) Es ist genugfam bekannt, daß die Feuer-Anbeter von den Persianern, als die Verabscheuungswürdigsten Götzendiener angef- hen werden. Daher wurden sie vom Schach Abas gänzlich ver- trieben. Dennoch find bey dem heiligen Feuer immer welche übrig geblieben, oder haben sich vielmehr nach veränderten Um- fänden wieder eingefunden, •-A, - „se -- 47 fie ihn. Wann ich dieses bedenke, wann ich den Eifer in ihrer Andacht erwege, so dünkt mich, die Christen sollten in Beur- theilung dieser Leute etwas milder feyn (19.). Die heilige Röhre der Indianer erinnert mich noch des "Umstands zu erwehnen den Gärber und Hanvai (20.) an- geführet haben, daß nehmlich eine Röhre, sie mag nun von Schilf, oder auch nur von Papier feyn, in einer unbestimmten Tieffe in die Erde gefekt, unten mit Erde wohl zugedeckt , und oben mit einer brennenden Kohle berühret, den herauf stei- genden Naphta-Dampf augenblichlich entzünde, welcher fo fort wie ein Licht fortbrennt, und nicht aufhört, bis er mit Fleiß ausgelöscht wird, oder die Röhre hinweggenommen wird. Die- fe Röhren dienen des Nachts statt der Kerzen. Vermittelt derselben wird, wie gesagt worden, das Waffer siedend gemacht, und Speisen gekocht. Die Röhre selbsten leidet keinen Schaden, wann sie nur unten mit der Erde wohlbedekt ist; findet aber dieses nicht statt, so wird begreiflich, daß sie nothwendig mit verzehret werden müffe. Der Brunnen, aus welchem die weiße Naphta geschöp- fet wird, ist nahe bei dem immerwährenden Feuer, und kaum eine halbe Wert südwestlich von demselben entlegen. Ehe man denselben erreicht, kommt man einen etliche und fünfzig Faden langen, etliche und zwanzig breiten und etwan ein Paar Faden tieffen See vorbey, der meistens ausgetrofnet und nur bei regnerischem Wetter mit etwas Waffer angefüllt ist. Diesen See vergleicht Kämp- fer mit einem Fisch-Teich gar eigentlich. An der westlichen Seite defelben ist ganz auf der Ebene unterhalb einem kleinen - Hügel T – 19.) Die Indianer, auch andere fabulieren von dem Bakuschen - Feuer gerade auf eine der im Text angegebenen Theorie entgegen gesetzte Weise, nemlich es fol schon viele Tausend Millionen Jahre brennen; Gott habe den Teufel, welcher den Menschen vielen Schaden zugefüget, in daffelbe geworffen um sie zu be- freyen. Das Feuer bekomme von dem Fett des Teuffels feine beständige Nahrung und fie wallfarten hierher, um Gott zu bit- ten, daß er doch ja den Feind des menschlichen Geschlechts fer- merhin also eingekerkert halten möchte: go.) Jener in des Herrn Kollegien-Rath Müllers Sammlungen Ruß. Gesch. 1ften und 2ten Stück v. 136. dieser in Beschreibung seiner Reisen durch Rußland und Perfien 1. Theil p. 281. 43 «A, - „se Hügel die weisse Naphtaquelle, ein Brunnen, etlich und drey- zig Schuh tief, und zween im Umfang breit, in dessen innersten die Naphta aus der Erde Tropfen weise hervorquillt, und in dem- selben, biß man sie auszuschöpfen gedenket, aufbehalten wird. Gegenwärtig ist - nur noch eine einzige Quelle vorhanden. Al- ein, wie mich angeseiffene Innwohner versichern, so ändert sich vieles von Zeit zu Zeit. Bald geht die eine Quelle ein, und bald zeigt sich eine andere. Es geschieht auch, daß eine von der andern an Reichthum übertroffen wird. Der gegenwärtige Brunnen ist mit Steinen zugedeckt, und zwischen den Zusam- menfügungen ein Kitt aus Leimen angebracht, auf dem der Nahme des Chans von Baku eingegraben ist, daß sich daher Niemand der Naphta bemächtigen kan, wann nicht derjenige, der von dem Chan über die Naphta gesetzt ist, die Quelle ent- fiegelt. Man muß nicht glauben, daß diese weiße Naphta also genannt werde, weil sie weiß von Farbe fey; sie hat diesen Nahmen nur im Gegensatz der schwarzen, und ist nur durchsichtig und gelb. Ihre Flamme ist feiner und reiner, und der von ihr aufsteigende Dampf bei weitem nicht so unangenehm als von der andern. Sie brennt aber auch viel geschwinder, und fängt das Feuer, fast ehe sie von demselben berührt wird, noch geschwinder, als die schwarze Naphta. Ein Batman, zu acht Pfund gerechnet, wird für anderthalb Abaffen oder dreyzig Kope- ken verkauft, welche Einkünfte der Bakusche Chan aus Ver- günstigung Feth Ali Chans, wie ich bald fagen werde, zieht. Die Naphta, von welcher die Rede ist, wann sie über den Helm gezogen wiro, bekommt jedennoch eine weiße Farbe; wiederholt man die Operation ein bis zweymahl, so wird sie äußerst concen- trirt. Diese destillierte Naphta pflegt man in Persien als ein durchdringend auflösendes Mittel in Gliederschmerzen, andern unter den Nahmen der Gicht bekannten Krankheiten, in dem Dripper, in krampfigten Zufällen und so weiter zu einer halben bis anderthalb Unzen eingenommen zu gebrauchen, und fie giebt derowegen ein bei den Mahumedanern und Armeniern durch- gängig übliches Hausmittel ab; deßwegen auch ehemalen Baku von Kranken aus dem entlegensten Persien besucht worden, welche Gewohnheit jedoch gegenwärtig in Abgang gekommen ist. - Die schwarze Naphta hat der mehrmalen gelobte Kämp- fer nach ihrem Ursprung, Beschaffenheit und andern u O •A, „z- - 49 fo deutlich beschrieben, daß mir bei der Untersuchung derselben nur noch dieses zu bemerken übrig geblieben ist, es fey der nach Westen gelegene Theil der Halbinsel Apscheron eben nicht der einz- ge Orth , an welchem sie gefunden wird, sondern zwei Werte von der Stadt auf der Südostlichen Kante derselben, auf der Halbinful, (welche die Perser Bael und die gemeine Ruffen Tfa- chow Rinock, oder auch Schachow Rinock „das ist des Schachs- Markt nennen, und welche der Infill UNarwin gegen über liegt,) feyn gleichfalls in neuern Zeiten verschiedene andere ent- dekt worden. Der Brunnen habe ich etlich und fiebenzig ge- zählet ; sie find gleichfalls senkrecht , der Gestalt nach cylin- drich, zwölf Faden tief und unordentlich unter einander ge- mischt. Unter denselben ist einer, der die andern an Gröffe und Breite übertrifft. In diesen wird die Naphta der übrigen Quellen, als in einen Behälter gegoffen, und dieser wird auch versiegelt, da man es hingegen nicht der Mühe werth hält solches bei den übrigen zu thun. Diese Naphta ist nicht so gut als die Apscheronische: denn sie ist stark durch das See- waffer verdünner, und daher weniger feuerreich. Man bringt fiel auch nur nach Sallian, dahingegen ganz Persien mit der - andern versehen wird. Auch fagen die Leute, daß diese Quellen nicht so ergiebig feyn. Vermuthlich dringt das Seewaffer zu sehr in dieselbe, reißt Naphta mit sich fort, und schwächet die nachgebliebene. - A Ich reisete zu denselben in einem kleinen Fahrzeug längst dem Ufer; unterwegs fahe ich in der See Ueberbleifel von Mauren, die der Rest eines ehmaligen Karawan - Serai, waren, die das Meer, dem Land entriffen hat. Die Ma- erosen mufen fich in acht nehmen in einiger Entfernung von denselben zu bleiben; dann der geringste Stoß, den das Fahr- zeug erlitten haben würde, könnte daffelbe gänzlich zu Grunde gerichtet haben. Die schwarze Naphta wird allein zum Verbren- - nen gebraucht, und aus diesem Grund ein großes Gewerbe mit derselben getrieben. Das Batman zu 15. Pfund bezahlt man mit 5. Kopeken und die Einkünfte zieht davon der Chan, so wie auch die Einkünfte von Salz, wovon das Pud sieben und ein halb Kopeken kostet. Sowohl, weife als schwarze Naph- ta wird in ledernen Säken verwahrt und verführt; in hölzern Gefäßen verliert sie vieles am Gewicht: irdene find beffer, am Dritter Theil. G taug- So «A, H. „F- - täuglichsten aber gläserne. Die jährlichen Einkünfte, welche der '' in 23aku von diesem Landes-Product geniest, haben mir erfahrne Armenier zu vierzig tausend Rubel angegeben. Vom ein und dreipzigsten. Das Bakusche Berg-Oehl ist würklich eine fo merkwürdige Sache, daß ich im stande zu feyn wünschte, die Entstehungs-Art defelben etwas genauer ent- wickeln zu können. Allein, wer dringt in das innere der Ge- heimnisvollen Werkstätte der Natur? Und wem ist es vergönnt, bey den Operationen, die daselbst nach ewigen Gesetzen unauf- hörlich vorgehen, gegenwärtig zu sein? Die Scheidekunst beweist zwar durch die Zergliederung der Körper, daß das brennbare Wesen, dieser allgemeine, dieser vorzügliche Urstof aller erschaffe- nen Dinge, gar verschiedene Gestalten annehme, nachdem es in verschiedenen Verhältniffen mit dem Waffer und der Erde verbunden wird; allein fielehret auch zugleich, daß die Verschie- "denheit dieser Gestalten nur scheinbar, keineswegs aber wesent- "lich fey; und die Erfahrung bestätiget solches , indem die viel- -fache Schwefel-Gattungen sehr gerne gemeinschaftlich erzeugt wer- "den. Wir wissen dann also, daß die weiße, dünne, durchdrin- gende Naphta eine Zusammensetzung des brennbaren Original- Wesens mit etwas weniger Erde und mit Waffer fey, wozu fich die Vitriol-Säure gesellet, jener allgemeine Dunst, der nicht in der Luft schwebet, sondern der auch das innerste der Erde durchwandert, der aber allezeit diese Eigenschaft hat, daß er durch das entzündbare Wesen flüchtig wird. Wir wissen, daß das Berg-Oehl, (dann mit keinem andern Nahmen sollte man bil- -lig die schwarze Naphta belegen ) von der reinen und hellen -Naphta nur darinnen unterschieden ist, daß es mehrere Er- de und weniger Waffer bei sich führt; daher es schwarz, dick und unrein ist, ja auch das Feuer etwas langfamer zu fangen pflegt. Wir können die Ursache, daß bey Baku in geringer Entfernung der Plätze Naphta und Berg-Oehl zugleich entstehe, gar "leicht einsehen; dann wir nehmen entweder an, beyde feyn - an- fänglich gleich rein erzeugt, und letzteres in feinem Lauf durch häufig beigemischte Erdrheilchen verdickt worden, da die erster, vermöge ihrer Richtung, einer solchen Gemeinschaft entgangen ist; oder wir glauben, es fey gleich anfänglich das Berg-Oehl und Naphta als Naphta entstanden; oder auch wir vermuthen mit Grund, und wahrscheinlicher Weise finden alle drey # statt, N, P. „A- Fr. fast, Naphtofen ursprünglich Berg-Oehl gewesen und nach und, nach habe sie fich zu reinigen Gelegenheit gefunden, nicht an- ders, als wie aus dem Blut, wenn es den ganzen thierischen Kör- per durchwandert hat, endlich eine Lympha abgesondert wird: weil so wohl das Berg-Oehl nicht gleich dick und schwarz ist, und die Naphta nicht gleiche Reinigkeit besitzt, so schlieffen wir daraus, daß diese angeführte Muthmaßungen genugsam gegrün- det fayn: allein mit alle diesem ersehen wir nur so viel, daß Naph- ta und Berg-Oehl erzeugt werden; allenfalls begreiffen wir auch diese Erzeugung, aber nur obenhin. Wir laffen es uns nicht befremden, daß man schon an manchen stellen in Schirwan Schwefel ausge- graben hat. Jedoch die Frage, woher kommt es, daß das brennbare Wesen in dieser Gegend seine Residenz aufgeschlagen? warum ist es hier so unveränderlich in Hervorbringung der Körper, bei welchen es seine Würkung am allerkräftigsten zeigen kann, beschäftiget ? diese Frage, sage ich, muß wohl uns beantwortet bleiben. Das Caucasische Gebürge, welches in ein ner ununterbrochenen Kette die ganze westliche Seite des Cass pischen Meers begleitet, ist zwar der Gegenstand unserer Ver- wunderung; ist der Wohnplatz vieler tausend muthigen Völker: allein wie wir diese nur sehr unvollkommen, öfters kaum nach ihrem Nahmen kennen, so wifen wir auch kaum die Oberfläche ihres Vaterlands. Wer hat jemals Gelegenheit gehabt, oder, wer hat es wagen dürffen, den geringsten Theil dieser Berge zu öffnen? Wem sind die Schätze bekannt, die darinnen liegen? und wenn war es also erlaubt, die Ursache zu ergründen, nach welchen sich in denselben das brennbare Wesen unaufhörlich Gea fchäfftig erzeigt, und unaufhörlich seine Herrschaft ausübt? ge- nug, diese Gebürge sind die Werkstätte, in welcher die Natur Naphta hervorbringt; dann die Naphta-Quellen werden an ihrem Fuß ausgegraben, die Naphta vermischt sich mit dem Waffer, das aus den Bergen hervorquillt, und verunreiniget daffelbe; und weil man die erstaunliche Menge derselben nicht verbrau- chen kann, weil Naphta-Brunnen, oder Vorrathskammern derselben, nur an gewissen Orten vorhanden sind, so ergießt sich der größte Theil dieses Oehls durch unterirdische Gänge in das ihnen nächst zur Hand gelegene Meer, macht das Seewaffer vor andertin Meerwaffer vorzüglich bitter, und giebt zu einem Salz Gelegen. heit, das man in Rußland unter dem Nahmen des Astracha- G 2 nischen Beschrie- bung der ku. nischen Bittersalzes kennt; einer Sache, von welcher ich in ei- nem besondern Kapitel handeln werde. . . Den ersten August. Ich gieng heute abermal zum Chan. Er hatte bereits erfahren, daß ich zu den Naphta- Quellen geritten war, und stellte mich darüber zu Rede, fragend, ob man auch wohl in Rußland einem Fremden gestatten wür- de, solche Dinge zu besehen. Ich antwortete ihm, wie sich auf eine solche alberne Frage zu antworten gebühret: alle meine Antworten hatten bei diesem Herrn nicht die geringste Würkung, sondern seine ganze Gegenrede bewies hinlänglich, daß er mich für einen ausgeschickten Ausforscher ansahe. In Ansehung des Geschenks, welches er von mir erhalten hatte, machte er die An- merkung, daß er mit solchen Dingen versehen fey, und nur durch die Gesetze der Höflichkeit fey er abgehalten wor- den , sie zurücke zu schicken. Er beliebte zu fragen, ob ich keine Rpetier-Uhren, keine reiche Stoffen, oder sonst etwas schönes Europäisches bei mir hätte, und wie ich ihm mit Nein antwortete, so begab ich mich auch sogleich von ihm hinweg. Heute Abend bemerkte ich, daß zween Kerls von ihm beordert waren, aufferhalb der Pforte meiner Wohnung, auf alles acht zugeben, was in derselben vorgehe: Leute waren bestellt, alles zu bemerken, was von dem Schiff und nach demselben gebracht würde: eben so wurden alle Tritte der Matrosen und Soldaten belauret. Dieses Bezeugen verursachte in mir heils verdrieß- liche Vorstellungen, theils machte es mich auch lachen: ich war in- deffen entschloffen alle Beschwerlichkeiten zu ertragen, wann ich nur die Haupt-Abfichten meiner Reife erreichen könnte. - Vonn zweyten bis zum neunten. Die Stadt Baku föst nordlich an den Berg Bischbarmak, westlich am Stra- Stadt Ba-machie, füdlich an Sallian, und ist eine uralte, ungefähr un- ter dem 39fen Grad 30. Min. in einem ungleichen Viereck erbaute Stadt. Sie ist, oder sie war vielmehr, mit gedoppelten Mau- ren umgeben, die von Kalcksteinen aufgeführet find. Die in- nere Mauer übertrift die äußere an Gröffe, und diese ist durch die Gewalt des Waffers verlohren gegangen, fo, daß nur noch an der südostlichen Seite einige Ueberbleibsel Zeugen von der ehmaligen Herrlichkeit abgeben. Die Mauren von Baku rei- chen also bis in die See hinein. Sie haben ihre ordentliche Brustwehren, die sich aber in einem schadhaften Zustand befin- - - - A den, •, “„F- 53- den, und an ihren Spitzen find in gehörigen Entfernungen Oefnungen für Musketen und Pfeile angebracht. Der Graben liegt an der nordwestlichen Seite der Stadt, auf einem dürren Hügel, und hat keine Verbindung mit der See. Auf demselben sind etlich und vierzig Mörfer und Kanonen aufge- pflanzt. Die von den Ruffen ehmals angelegte Schanze ist noch in einem guten Zustand. Vier bis acht Werte von der Stadt sieht man auf den häufig um dieselbe herum zerstreuten Ge- bürgen, Wachthürme von verschiedener Groffe und Dicke, die ohne Zweifel, wie zu Derbent, ehmals darzu gedient haben, daß die Stadt von der Herannahung und Bewegung fremder Völker, benachrichtiger werden könnte. Des Schachs Pallast, der in dem höchsten Theil der Stadt befindlich, und von den Ruffen. bei der General Matuschkinschen Belagerung ziemlich mitgenom- men worden ist, zeiget noch deutliche Spuren von der Orienta- lischen Pracht, und der maßiven in Morgenland so sehr belieb- ten Bauart. Der Platz zwar, den derselbe einnimmt, ist von einem kleinen Umfang; aber die Gebäude, aus welchen er be- steht, sind so schön, und neben ihrer Schönheit so dauerhaft , durch die künftlichste Gewölbe befestiget , daß es mich wundert, warum man noch nicht daran gedacht hat, eine solche Zierde, der Stadt wieder auszubessern. Mein Begleiter hatte den Be- fehl, mich nicht in die innere Zimmer des Palasts einzulaffen, und ich kan dahero von der Beschaffenheit derselben nichts er- wehnen. An der Pforte war kein Zeichen von einem Löwen oder Kameel vorhanden. Vermuthlich ist es ein Raub der Zei- ten geworden; Kämpfer hat viel zu viel Glaubwürdigkeit, als daß er in einer so gleichgültigen Sache, etwas, was er nicht gesehen, als gesehen angegeben haben sollte. Neben diesem Palast ist auch zur Rechten eine Mesched befindlich: da sie aber nicht mehr besucht wird, so glaube ich, daß sie nur eine Hof-Ca- pelle gewesen und daher mit dem geendigten Gebrauch des Königlichen Hauses eingegangen ist. Sonsten giebt es in Baku der öffentlichen Kirchen an Anzahl ungemein viele. Ne- ben dreyen derselben sind hohe Thürme aufgerichtet, von welchen die Priester das Volk zum öffentlichen Gebet auffordern. Ein ohnweit der Schanze dicht an der See von ungeheurer Gröffe - und Umfang aufgeführter anderer Thurm läst kaum mit Wahr- fcheinlichkeit die Ursache “ , warum er erbauet worden 3“- - - - - - - - - - - - ist. z- «A, H. „Als ist. Die Jungfern-Geschichte, (20) welche der gemeine Mann da- von erzehlt, scheint eine bloße Fabel zu sein: Aber zu einem bloßen Wachhurm ist er augenscheinlich zu gros. Von der See hat die Stadt ein vortreffliches Ansehen: kommt man hingegen in die selbe, so sieht es nicht zum besten aus. Enge, meistens unge- pflasterte Straffen, und in denselben Häuser mit platten Dä- chern, meistens von einer Etage, die aufgethürmten Steinhauf fen gleichen (21), machen den größten Theil von Baku aus, und da der Ort noch über dis , aber bei weitem nicht , wie Der- bent, abhängig liegt, so find auch die Straffen durch ihre steile Anhöhen beschwerlich. Die Wohnung des Chans, die dicht an der See befindlich ist, und gegenwärtig ausgebeffert wird, unterscheidet sich von allen andern Gebäuden, und prangt mit einem anmuthigen Garten; allein eine noch schönere, geräu- migere, mit einem Orientalisch-Europäischen Geschmack angelegte, andere Wohnung hat ganz neuerlich der jetzige Chan aufferhalb der Stadt an der nordwestlichen Seite derselben, unterhalb dem Graben, ohnweit der See erbaut, in welcher er sich zu mei- mer Zeit mit seinen beiden Weibern aufhielt. Das Kara- wan-Serai verdient noch angeführt zu werden. Es liegt dicht an dem Hafen , und daher können die Schiffwaaren mit aller Bequemlichkeit in dasselbe gebracht werden. Es besteht aus 20.) Es ist fast eine Schande dieselbe zu erzehlen. Die Tochter ei- nes Perfianischen Fürsten wurde von ihm, ihrem Vater, mehr mahlen zu einer unreinen fleischlichen Vermischung aufgemun- tert. Allein fie verweigerte dieselbe immer mit einem standhaften Muth. Der Vater wollte sie endlich durch Drohungen über- reden; und, wie sie denselben nicht zu entgeaen wußte, fo bedung sie sich die Erbauung eines solchen Thurms aus, in welchem sie ihm zu Gefallen zu leben versprach. Da sie ihn aber, wie er fertig war, bestieg, stürzte fie fich von demselben in die See. So erzehlen gemeine Persianer den Ursprung dieses ungeheuren Thurms. ar.) Der Steinhauer nemlich hat bei den Häusern gemeiner und wohl auch vornehmer Leute nichts zu thun, die Steine werden, wie fie wachsen, über einander aufgethürmt, kaum diejenige, die fich am besten zusammen fügen laffen, zu einander gethan, und mit Kalck oder Thon unter einander befestiget; daher find solche Häuser von keiner langen Dauer, und haben überhaupt auch ein fehr rostiges Ansehen. - - - - A, H „F- 95 aus einem steinernen Gewölbe, das durch treffliche Säulen unter stüzt wird. Neben demselben find die Kaufbuden. Die Innwohner in Baku find Perser und Tataren, oder ei- ne von diesem vermischten Blut entsprungene unverschämt grobe Raze: einige wenige Armenische Familien halten fich hier gleichfalls auf. Von Indianern aber ist auffer den drey eifrigen Pilgrim- men, deren ich beym immerwährenden Feuer gedacht habe, nicht ein einziger hier. Die herrschende Religion ist die Mahometanisch Schahische Secte: doch werden die Sunnier auch geduldet. Die Armenier halten ihren Gottesdienst in der Stille. Die Produs- ten des Landes find Naphta und Salz, und dieses letztere ist fo- wohl Felsenfalz als auch hauptsächlich folches , fo ich auf der Oberfläche der häufig um Baku herum befindlichen Seen von selbsten crystallisiert und forein gefunden, daß es der künstlichen Reinigung nicht viel bedarf. Diese Producten werden nach ganz Persien verführer. Die Seeplätze bekommen dieselben durch Fahrzeuge, ( Kirchims und Sandalen) und Land einwärts werden ganze Karawanen damit beladen. Gilan und Masan- daron versieht hingegen die Stadt mit Reis; Schamachie, mit Seide und seidenen Zeugen. Der Handel ist in neuern Zeiten von geringer Erheblichkeit. Ich habe schon gesagt, daß ge- genwärtig keine Rußische Schiffe allhier zu landen pflegen; daher dann die in den Buden befindliche Europäische Waa- ren zu Land hergebracht werden. Safran wurde hier ehmals stark gepflanzt und noch gegenwärtig ist der Bau defelben üblich; doch wird solcher nunmehro in Derbent emfiger betrie- ben. Hin und wieder fieht man auch Baumwoll-Schulen. Von dem Bau dieser nützlichen Pflanze aber, so wie von der Cultur des Safrans handele ich in besonders ausgearbeiteten Auffäßen. Zu Nadir-Schachs Zeiten war ein ganz gemeiner Gla- ner, Nahmens Salem, Befehlshaber oder Cham zu Baku, der bey feinem Oberhaupt in groffen Gnaden fund. Nach dem Tode des Schachs bemächtigte sich einer von den bei der Armee und dem Lager nachgebliebenen vornehmsten Myrf, Ma- med Chan der Stadt; vermuthlich eben derjenige, der fein um- treues Persianisches Herz auf das äußerte gegen Kanawat be- wiesen hat. Er starb vor 6 Jahren. Nach dem Tode defel- ben trat defen Sohn, der jetzige Cham Melik m die -- ega- 56 «A, H. „F- Regierung an, und steht derselben seit dieser Zeit vor. Ss ist solcher dem Kubanischen Beherrscher Feth Ali Chan unter- würfig, mit welcher Sache es folgende Bewandnis hat. Feth Ali Chan, als der mächtigste nach Nordwesten gelegene Fürst, ist genöthiger, seine Gränzen und vermittelt derselben die mehr füdlichen Provinzen anderer Perfianischen Chane, für den Ein- fällen der Caucasischen Tataren sicher zu halten. Er ist daher schon seit geraumer Zeit gewohnt, für diese Gewehrleistung vön dem Chan in Schamachie, Baku, und andern ihm benachbar- ten Chanen eine jährliche Abgabe an Geld, Proviant und Mannschaft einzuziehen. Wir werden bald hören , daß, weil solche von dem Schamachieschen Chan dem Kubanischen ver- fagt worden, die ganze Schamachie dem lezteren zu Theil wor- den. Der Chan in Baku ist also eben so wie die andern ver- pflichtet, dem Chan in Kuba zu zollen: doch gegenwärtig ist er dieser Pflicht entledigt, weil er die Schwester Feth Ali Chans zur Frau, und, wie die Bakusche Innwohner sagen, zu einer Beherrscherin hat, wodurch er nicht nur diesen Vortheil genießt, sondern sich von Feth Ali Chan noch vieler anderer zu erfreuen hat, wie zum Exempel der beträchtlichen sich auf fünf und dreißig bis 40. tausend Rubel erstreckenden Einkünfte von Naphta und Salz. Indeffen ist er doch nichts anders, als ein Vasall des Kubanischen Fürsten. Legt ihm gleich dieser keine Geld - Abgaben auf, so fordert er doch im Fall der Noth mit Proviant versehene Mannschaft von demselben , oder er gebraucht ihn und feine Dienste, wie er es nutzen kan; wie ich denn bald anführen werde, daß ich ihn bei meiner Abreise aus Schamachie als Statthalter verlaßen habe. Me- lik Mamed hat bey feinen Untergebenen wenig Liebe. Sie klagen über die ihnen beständig auferlegte fast unaufreibliche Geldsummen. Diejenigen, die ihm noch gut zu sein scheinen, oder welche fich nicht getrauen, die Wahrheit zu fegen, beschrei- ben ihn als ungemein reich, und bestätigen dadurch die Kla- gen der Mißvergnügten. Ein Geldgieriger Richter wird nimmermehr anders als ungerecht verfahren. Was wunder, wann man in Baku höret, man könne nimmermehr Gerechtig- keit erhalten. Sonderlich seufzen die Armenier, und wünschen nur so viel Geld zu erhaschen, daß sie sich von dem Bakuschen, Joch loskauffen könnten. Aufferhalb den Stadtchoren nach - - N, «A, + „se F N. N. W. ist noch eine Merkwürdigkeit, deren ich erwehnen muß. Sie besteht in Ueberbleibseln von einem ehmaligen Baku. Ein anderthalb Wert im Umfang habender Platz, der gegen- wärtig in eine Heide verwandelt ist, weist überall zerfallene Häu- fer auf; oder es sind vielmehr auf demselben überall zerstreute gröffere und kleinere Steinhauffen befindlich. Gegen drey hun- dert Schritte von der nordlichen Stadtmauer entfernt ist eine feinerne Treppe von etlich und dreißig Stuffen, bey deren En- de sich eine Wafferquelle befindet , deren man sich noch gegen- wärtig bedienet. Diesem Brunnen zur rechten gegenüber sieht man Reliquien von einem alten Schloß, welches sich aber nur durch zwo groffe Pforten verräth. Neben und um dieselbe bemerkt man Ueberbleibsel von verschiedenen andern groffen Ge- bäuden, die aber gänzlich unkenntlich sind. Ob ehmalen Baku auf dieser Stelle gestanden, oder ob dieselbe eine Vorstadt gewesen sen , welches letztere defiwegen glaublich ist , weil zwischen diesem Ort und der gegenwärtigen Sadt eine bewohnte Slobode befindlich ist, habe ich nicht erfahren können. Auf der neunten Platte ist Baku mit der umliegenden Gegend in perspec- tivischer Aussicht vorgestellt. " Den zehnten. Ich verließ die Stadt nachmittags um drey Uhr, und richtete den Weg nach Schamachie; der Steuermann aber wurde befehligt, nach Sallian zu segeln, alwo ich das Schiff wieder erwarten wollte. Ich reiste mit einem Theil meiner Gesellschaft zu Pferde, und auf diese lastbare Thie- re mute ich auch die allernöthigste Geräthschaft, packen laffen; dann der Weg geht manchmal über solche steile Anhöhen, auf denen kein Karren, geschweige ein anderes Fuhrwer“, fortkom- men kan. Nach Schanachie reitet man von Baku aus westlich, und also seitwärts zurück, da wir von Norden gekem- men waren. Eben diejenige dürre Heide, welche die nordliche und südliche Gegend dieser Stadt so unfruchtbar macht, beglei- tete uns heute wieder. Auf den Abend erreichten wir das Dorf Alecnetli, wo wir übernachteten. Kurz zuvor fahe ich die Erde brenren. Die Ursache ist abermal eine Naphta-Ader, die i“ ren Ausgang gefunden hat; wie nun die Oberfläche der Erde da- durch ganz pechich wird, dieses Pech aber zu Pulver trocknet, und sich, so bald das geringste Feuer in feine Nachbarschaft kommt, entzündet, so dauert die Flamme fort, wann sie nicht Dritter Theil. H ge- 58 A, H „Fe gelöscht wird. Aus der westlichen Lage dieses neubeobachteten Feuers fieht man, daß daffelbe einerley Ursprung mit dem schon lange berühmten Apscheronischen haben müffe. Dadurch wird die Unbeständigkeit der Naphta-Brunnen bestätiget. Dann fo wie durch den Lauf der Zeiten andere entstehen, und einige ver- fiegen, so kan aus ähnlichen Gründen die Erde in einer mit dem brennbaren Wesen so reichlich versehenen Gegend an ver- schiedenen Stellen in Brand gerathen. Wir kamen auch etliche Salz - Seen vorbey, in welchen sich das Salz in feinen voll- kommenen Cubischen Crystallen, aber beständig mit folchen ver- mischt, die dem Wunder-Salz beykommen, auf der Oberfläche und an den Seiten angesetzt hatte. Den eilfen. Mit Anbruch des Tages wurde die Reise fortgesetzt. Wir sahen ganze Heerden von Rehen (Cervus Ca- preolus) auf den dürresten Feldern, daß ich nicht begreiffen kam, wovon fiel die Nahrung finden können, die dannoch, sie mögen solche herbekommen, wo sie immer wollen, das Fleisch dieser Thiere so schmakhaft macht. In der Tatarischen und Perfischen Sprache werden sie Tschairan genannt. Das Thier ist von der Capra gutturoß, campestri Gmel. nicht unterschieden, und ge- hört unstreitig zu den Antilopen des Hrn. Prof. Pallas. Et- wan fechs Werte von unserm Nachtlager kamen wir ein altes eingefallenes Karawan-Saray vorbey, in dessen Nachbarschaft ei- nige Tatarische Bauern, die von der Viehzucht und dem Aker- bau leben, ihre Kibitken aufgeschlagen hatten. Sie find unter- thanen des Bakuschen Chans; jeder muß ihm einen jährli- chen Tribut von 15. Rubel erlegen, und eine jede Familie auf Verlangen einen tüchtigen Mann zum Kriegs-Dienst liefern. Wir lagerten uns des Abends bey einem Bach, unter dem Fuß ei- niger Thon-Gebürge , in denen eine gelblich rothe Trippel- Erde häufig erzeugt wird, welcher ein überall zerstreuter Selenit einen Silberglanz verschaft , deren Thon in chiffrigen Schich- : ist, und mit rohen, weißen und gelben Farben lelek. Den zwölfen. Vierzig Werte wurden heute zurüf- gelegt, ehe wir wieder zu einer Quelle kamen. Diese aber war auf einem Berg mitten unter Felsen befindlich. Sie heißt Tschairan Gulach, oder der Reh-Brunnen, weil sich diese Thie- re bey demselben häufig einfinden, um ihren Durst zu '' - - - - - ahe «A, + „se 59 Nahe dabey quillt abermal eine schwarze Naphta aus einer Wafferquelle, und mit dem Waffer hervor, das dadurch einen fo unangenehmen Geschmack bekommt, daß unsre durstige Pfer- de nicht einmal Luft bezeugten, davon zu trinken. Gegen Abend kamen wir auf ein Dorf Tschalan genannt, und über- machteten daselbst. Den dreyzehnten. Ohne uns zu verweilen, dann durch die Hitze fahe das Erdreich den ganzen Weg wie verbrannt aus, und weder auf den Bergen, noch in den Steppen war etwas tröstliches für einen Botanisten anzutreffen, eilten wir nach Schannacthie, und erreichten die Stadt gegen Abend, nachdem wir uns zuvor bey dem Bach Pufahar gelagert hatten. Es führt derselbe eine erstaunliche Menge Schildkröten bei sich, und zwar eine Gattung von diesem Geschlecht, die noch nicht be- kannt, von dem fleißigen Studenten Klutschareff zuerst gefun- den worden ist, und eine verläufige Anzeige verdienet (S. Pl. 10. und 11.). Die Rafpische Schildkröte. Die obere Schaale hat acht Zoll, und fieben Linien in der Länge; in ihrer Mitte, wo sie am breitesten ist, beträgt sie sieben Zoll und acht Linien; die untere Schaale ist sieben Zoll und sechs Linien lang , und fünf Zoll drey Linien breit. Der Rumpf ist ungemein erhaben, halb schwarz uud halb grün, rings an dem Rande herum in fünf und zwanzig Schild- chens abgesondert, wovon das erste das kleinste ist, alle aber die Gestalt eines Parallelogramms haben. Die Mitte des Tellers theilt sich in fünf Schildchen , die ziemlich gleich viereckigt find; die Nathen, welche die Schildchen bilden, sind bald gerade bald krummlinig, und anastomofiren unter einan- der. Die drey ersten Schildchen übertreffen die zwey letztern et- was an Gröffe. Auf der vordern Seite beobachtet man fünf, und auf der untern vier Schilde; von denselben haben einige die Gestalt eines Rhombus, und andere die von einem Quadrat. Das Sternumm ist sehr glatt, schwärzlich, weiß geflekt, nach hinten zu zweifach gespalten, stumpf, vorwärts mit einer dreywinkelichten Furche bezeichnet, auf beiden Seiten mit vier Querfurchen, und einer andern in die Länge laufenden versehen, welche letztere viele Schnekenförmige Gänge macht. H 2 Die 6o •A, § „X- Schama- chie. Die Füße sowohl als die Hände find halbschwimmför- mig; jene haben vier, und diese fünf Zehen. Es ist mir diese Schildkröte nachmals mit andern Gattungen in den meisten Gilanischen füßen Wäffern zu Ge- ficht gekommen. Sie wird manchmal so groß, daß einige Men- fchen auf ihrer obern Schaale stehen und sich von dem Thier fortschleppen laffen können. - Die Persianer verabscheuen die Schildkröten in einem groffen Grad, und wann man ihnen sagt, daß es Provinzen giebt, in welchen fiel nicht nur gegessen, sondern so gar als ein Leckerbißen genoßen werden, fo schütteln sie den Kopf nicht anders dabei, als wir, wann wir von Menschenfreffern hören. Von vierzehnten bis zum neunzehnten. Wann Derbent von undenklichen Jahren her ein beständiger Schau- platz der Verheerung gewesen ist, so hat Schamachie die Grau- famkeit des Schicksals noch, empfindlicher erfahren. Ich rede nicht von alten Zeiten, von denen die Geschichte handelt. Mei- ne Pflicht als eines Reisenden, ist nur diese, daß ich den Zu- fand erzehle, in welchem ich diese Stadt angetroffen habe, und, weil ich diesen nicht beschreiben kann, ohne auf die Regierung des Nadir-Schachs zurück zu gehen, so erinnere ich meinen Le- fer an das 34fte Jahr dieses Jahrhunderts, in welchem dieser Persische Rehabe am alt Schamachie gänzlich zerstöret, und fatt desselben, eine Tagereise davon entfernt eine andere, mit einem gleichen Nahmen belegte Stadt in südwesten angelegt hat. Entweder noch bey der Regierung Schach Adils, oder schon unter Schachs. Ibrahim feiner, wurde Adschi Mamed Ali Chan Anno 1748 als Beherrscher in dem neuen Schamachie eingesetzt, und diese Würde behauptete er bis Anno 1761. Alt Schamachie war von Tämas Kult Chan, dann dieß war Na- dirs Nahme, ehe er die Schachs-Würde angenommen hatte, nicht fo verheert, daß nicht noch einige Ueberbleibsel defelben nachgeblie- ben wären. Ali Berdi Beglebte als ein vornehmer Edelmann unter der Regierung U7adir Schachs, dann erbefaß viele Dörfer, welche in der Nachbarschaft der zerstörten Stadt Schamachie herumlagen, fo, daß sich seine eigenthümliche Güter gegen Süden und Südwesten bis an den Fluß Achfin, gegen Westen bis an den Fluß Kokschei, gegen Nörden bis zu dem Dorf Alda- gatsch und gegen Osten bis zu dem Dorf markt: - - «A, - „A- 6r Er starb unter der Regiernng des Nadir Schachs, und hin- terließ seinem Sohn Uljene Said alle feine Güter. Dieser begab sich mit einigen seiner Bauern nach dem alten zerstörten Schanathie, und bezog daselbst im obern Theil der Stadt ohngefähr fünfzehn Häuser, welche bey der Zerstörung nachge- blieben waren. Kaum hatte er sich niedergelaßen, so kamen aus verschiedenen Persischen Städten allerley verlauffene Leute, die fich ihm unterwarffen. Er, der sich schon mit der Hof nung, angesehener zu werden, schmeichelte , nahm sie nach Wunsch auf, und dieses reizte andere, dem Beyspiel der ersten zu folgen. Diese Schamachiesche Kalonisten suchten die Stadt nach und nach in ihren vorigen Zustand zu bringen, und, wie fie mit Erbauung einer großen Anzahl. Häuser fertig waren, schickten sie einige Abgeordnete an Kerim Chan, und baten ihn , er möchte Miene Said zum Chan in Alt - Scha- machie machen, wozu er fich auch willig finden ließ. In- deffen fingen die Unterthanen und Einwohner in dem neuen Sthamathie an, über ihren Beherrscher Adschi Mamed Ali Chan mißvergnügt zu werden und faßten den Entschluß, den- selben abzusetzen. Derowegen giengen die Aeltesten aus ihrem Mit- tel im Jahr 1761. zu lenc Said Chan nach dem alten Scha- unachie, und unterlegten ihm, daß sie Aidschi Mamed Ali Chan- keinen Gehorsam mehr zu leisten gesonnen wären, weil solcher wieder alle Gesetze handle, dem Trunk sehr ergeben fey, und noch andere Laster besitze; sie stellten sich deswegen ein, um ihm die Beherrschung von Neu-Schamachie anzubieten. Me- me Said Chan bedachte sich nicht lange, sondern zog ein Kriegsheer zusammen, gieng mit demselben nach dem neuen Schamachie, bemächtigte sich des Orts, und schickte Adfähi UMTamed Ali Chan unter Arrest nach Alt - Schamachie allwo er auch nach Verfluß eines Jahrs in dem 80sten Jahr feines Alters verstorben ist. Nach dieser Einnahme gieng Menne Saud Chan nach dem alten Schamachie zurück, und setzte in dem neuen einen Naip. Sein Glück aber dauerte nicht allzu lange; und die Unbeständigkeit desselben, die er erfahren hat, muß er sich billig allein zuschreiben, dann bey ihm traf die Wahrheit“ des Apostolischen Ausspruchs, daß der Geiz eine Wurzel alles Uebels- fen, vollkommen ein. Dieser verleitete ihn nähmlich, nicht nur einen Materhanen solche Abgaben aufzulegen, die sie kaum mit dem - H 3. - äufferten 62 •A, - „F- äußersten Verlust ihrer Habseligkeiten entrichten konnten, sondern auch dem Feth Ali Chan, als Beschützer von Schamachie gegen die Lesgier und Tataren , den schuldigen Tribut zu versagen; daher dann sowohl jene als dieser über ihn aufgebracht wurden , und letzterer auf die Gedanken fiel, Schamachie feindlich anzufallen. Er rückte zu verschiedenen mahlen vor die Stadt ; allein er wurde jedes mahl, und zwar manchmal mit Verlust zurückgetrieben, weil Meme Said Chan von dem Tschakinischen Chan Uffein unterstützt wurde, fo, daß auch schon der Kubanische fast allen Muthfinken ließ, bis endlich auf einmahl eine Feindschaft zwischen Miene Said Chan und Uffein Chan entfund, und letzterer im Jahr 1766. Feth Ali Chan sagen ließ, daß es nunmehro Zeit fey , Schaunachie einzunehmen, wozu er ihm bey vorgefallenen ver- änderten Umständen alle mögliche Hülffe zu leisten gedenke. Konnte wohl dem Feth Ali Chan eine Nachricht erfreulicher fyn, als diese ? Er rückte sogleich mit seinem Kriegsheer vor Schaunachie und es dauerte kaum drey Tage, so nahm er daffelbe mit Hülffe Uffein Chans in Besitz, bekam den Meme Said Chan mit seiner ganze Familie gefangen, und schickte ihn unter Wache nach Derbent, wo er sich auch bei meiner Anwe- senheit in einem Alter von 60. Jahren befand. Meme Saids Bruder, welcher Agae Chan heißt, und während der vorigen Regierung in den hiesigen Gegenden tüchtig geraubt hat, so, daß er sich durch diese Kunstgriffe ein Kapital von sechzig tau- fand Rubel erworben, ließ er beide Augen mit einem Dolch ausstechen, und ihm alle seine Güter wegnehmen; doch fand der blinde Agaffe Clban kurze Zeit darauf Gelegenheit aus Scha- maktie zu entwischen , und nach Karabaach in der Mo- gane zu flüchten, allwo er sich auch gegenwärtig aufhält, und von wo er vermittelt eines zusammengebrachten Anhangs , schon manche Anfälle auf Schamachie, wiewohl vergebens, gewagt hat. Es befindt sich derselbe in einem Alter von 30 Jahren. tl fein Chan hielte sich nach der Einnahme der Schamarchie noch drei Monathe bey dem Kubanischen Chan auf, bekam auf die lezt Händel mit ihm, und begab sich unzufrieden nach Hau- f. Anno 1769 ließ Feth Ali Chan das neue Schamachie gänzlich zerstöhren , und befahl den Innwohnern derselben sich in dem alten niederzulaffen, wozu ihn verschiedene Gründe - - - be- - - AP - 6 bewogen haben. Erstens wird der Ort für ungesund ausgege, ben, wenigstens find viele Innwohner daselbst gestorben, und diesen Umstand hat man der bösen Luft zugeschrieben. Zwey- tens litt derselbe einen groffen Mangel an Waffer. Die dritte hauptsächliche Ursache aber war wohl diese. Ferh Ali Chan ist für einigen Rebellen unter feinen Unterthanen nicht gar sicher, und die Gefahr, in welcher er sich zu befinden glaubt, hielt er für gröffer, wann sich letztere nicht an einem Ort aufhielten; daher er sie alle durch Aufhebung des neuen Schamachie nach dem alten zog. Auf solche Weise ist dann diese Stadt nach und nach aus ihren Trümmern wieder entstanden. Man muß jedoch nicht glauben, daß anjezo in derselben diejenige morgenländische Pracht anzutreffen fey, welche ihr in ehmaligen Zeiten ein so groffes Ansehen gegeben hat. Sie liegt nach Olearius, der sie nun gar nicht mehr kennen würde, unter dem 40sten Grad 50 M. nordlicher Breite. Sie stößt nach Norden an den Berg Bischbarmak, nach Westen an Kaballa, nach Osten an das Gebürge, Rutan, und nach Süden an Sallian. Sie ist die Hauptstadt der ganzen Provinz Schirwan, welche in alten Zei- ten unter dem Nahmen des Königreichs Medien bekannt war: wann die Persianer aus den verschiedenen Städten des Irans- kischen Reiches nach Schamachie reisen, so sagen sie sogar, fie reisen nach Schirwan. Die Nord-Ost und Westseite der Stadt ist mit Gebürgen umgeben, oder liegt an diesen Kanten viel- mehr an dem Fuß lauter Ketten weiß mit einander verbunde- ner Gebürge, und nur an ihrer Südseite ist flaches dürres Land befindlich. Ihrer Gestalt nach stellt sie ein in die Länge wiewohl sehr unordentlich gebautes Fünfeck vor. Ich kann nicht fagen, daß ich ein einziges ordentliches Gebäude in derselben gefunden hätte. Die vorhandenen find aus Leim und unbehaue- nen Steinen zusammen gefügt, von einer oder zwei Etagen. Kein offentliches, wie zum Exempel Moscheen, deren zwar eine groffe Anzahl ist, und Karawan-Saraien, verdient die geringste Aufmerksamkeit, ja nur die in dem obern Theil der Stadt auf einem Berg befindliche Wohnung des Chans hat vermöge ihrer Gröffe und Umfang etwas besonders. Dieser obere Theil ist auf eine gewisse Art befestigt, und mit einer, aber an manchen Stellen schadhaften, Mauer umgeben, bey welcher rings um ein mit einigen Kanonen besetzter Wall angelegt ist. Zur # (M 64 A, § „F Hand des Berges, auf welchem die Wohnung des Chans liegt, ist ein groffer Markt, alwo Kramwaaren, Victualien und be- fonders Garten-Früchte verkauft werden. An dem einen Ende deffelben ist der Basar, oder die Kaufbuden. Sonsten wird Sthamachie in neun Sloboden eingeheilt, deren Nahmen folgende find: Intharae Ral:, Saran Tarpach, Kala Ba- far, Dschuda Melle, Iman Melle, Maidan Melle, Schanpiri Melle, Kellan dibli, Maragatsch. Die Straffen in Schama- chie find meistentheils sehr enge, theils geflattert, theils nicht. Die Innwohner der Stadt bestehen ohngefähr aus 1000. Persischen und Tatarischen Familien, wozu man 50. Armenische rechnet. Eine jedwede zahlt dem Chan jährlich 100. Rubel, von den Armenischen aber erlegt noch eine jede jährlich aus- fer diesem 240. Kopeken Kopfgeld , ein unverheirateter giebt 120. Kopecken , junge Leute entrichten nichts , bis sie zwanzig Jahr alt sind. Diese Gelder werden durch einen vom Chan bestimten Schreiber eingesammler. Auffer den 50. erwähnten Armenischen Familien, sind noch fünf Armenische Dörffer in der Gegend zwischen Alt- und dem ehmaligen neuen Sthanna- chie befindlich, welche aber alle von dem Kubanischen Chan bey der Einnahme der Stadt ziemlich zerstöhrt worden. Die Nahmen derselben sind folgende: Mersani, Madraff, Sagi- an, Kerkensch, und Reluchoni. Die Innwohner geben dem Chan jährlich eben so viel, als die in der Stadt wohnende. Bey zweyen dieser Dörfer sind zwey Klöster befindlich, deren Errichtung die Holsteinische Gesandschaft ausgewürkt hat. Feth Ali Chan übt eine unumschränckte Herrschaft in Stha- machie aus und über den ganzen District dieser Stadt. Die reichsten Kaufleute in derselben, welche sich durch eine Reise nach Mecca und Medina den Beynahmen, Adschi, erworben haben, besitzen keine andern Vorzüge, als daß sie wegen ihres Geldes vom Chan geehrt werden. Bei den vorigen Chans hat- ten sie mehr zu sagen, so daß solche ohne ihre Einwilligung nichts wichtiges zu unternehmen vermochten: jedoch der gegenwärtige hat ihnen alle Macht benommen. (a) In a. ) Nach mei er A reise aus Scham achie sind diese Li i von Feth Ali Chan aller ihrer Würde entsetzt, aus der Start vertrie- ben, und nach Derbent und Kuba gefänglich gebracht worden. - •, F. „Es 65 In seiner Abwesenheit versieht ein Statthalter feine Stelle. Diese Würde bekleidete seit der Eroberung der Stadt Feth Ali Chans Bruder Abdula Beg; allein schon ein Jahr lang ist der Principal mit seinem Bedienten nicht zufrieden. Man fagt, es soll letzterer in verschiedenen Stücken dem Chan untreu gewesen. feyn, die ohnehin groffe Auflagen der Innwohner ohne Wiffen des Chans noch mehr vergrößert, und noch manche schädliche Handlung ausgeübt haben, unter welchen ihm vor- züglich eine mehrmalen vollzogene, gewaltsame Bemächtigung schöner Weibs-Personen, wann sie ' schon verheiratet gewesen, zugeschrieben wird. Abdula Beg wurde also seines Amts ent- setzt, und solches von Feth Ali Chan dem Chan in Baku an- vertrauet, welcher auch daffelbe während meiner Anwesenheit an- nahm (b.) Feth Ali Chan sieht Schannachie mit feinem Di- frict als eine durch das Recht der Waffen ihm zu Theil gewor- dene Provinz an. Daher herrscht er in derselben mehr wie ein Ueberwinder, als ein Vater des Volks. Von der Gröffe der Auflagen habe ich schon gesprochen. Hat er Geld, Lebensmittel an Getreide und Vieh, Pferde, oder sonsten etwas nöthig, so muß solches aufgebracht werden, es mag auch herkommen wo es immer will. Insbesondere find die Armenier diesen Beschwer, den ausgesetzt. Kurz vor meiner Ankunft musten ihm die er. wähnte Klöster ein Geschenk von tausend Rubel machen, und fie besorgen täglich, er werde ihnen bald wieder ein ähnliches, oder noch größeres Dongratuit abzwingen. Wie Feth Ali Chan in Erpreßung des Geldes zimlich unbarmherzig ist, so beweist er sich nicht weniger strenge in andern Sachen. Fordert er Geld von einem feine Unterthanen, und dieser entrichtet die Summa nicht auf das behendete, so kann er sich einer schwehren Leibes-Strafe versichert halten. Als vor kurzer Zeit der oberste Armenische Priester einigen von dem Anhang des in der Moganischen Steppe herumirrenden blinden Agaffe Chans etwas Mehl verkaufte, ließ ihn Feth Dritter Theil. J Ali - «b) Bald darauf wurde auch der Bakusche Chan, weil die Inn- wohner mit ihm gar nicht zufrieden waren, von seiner Statt- halterschaft wieder abgesetzt. - 66 - •A, - „se Ali Chan davor öffentlich auf die Fußsolen peitschen. Die Muselmänner in Schamachie führen noch mehrere Klagen über die Grausamkeit dieses Tyrannen. Auffer dem Naip, oder Statthalter, ist hier in einer jeden Slobode ein Starost, der auf Persisch Ketchenda heist und sein College ist ein Defiatnik, dessen Verrichtung eben dieselbe wie in Rußland ist. Auffer der Eintheilung der Stadt in Slobo- den findet keine andere statt; und die Armenier, Persianer, und Tataren, wohnen vermischt unter einander. Die Polizey - Be- fchwerden müffen die Armenier und Muselmänner gemeinschaft- lich tragen, nur mit dem Unterschied, daß die erstere auffer dem Quartier, welches fiel einem jeden Durchreisenden geben müffen, auch die Stadt an ihren Thoren zu bewachen haben, letztere aber nehmen nur Einquartierung, und brauchen nicht auf die Wache zu ziehen: dann man äußert hier eben so, wie in Derbent, mehr Vertrauen zu den Armeniern, als zu den Persianern und Tataren. Man kan aus dem vorhergehenden leicht schlieffen, wie weit die Unterthanen in Schamachie mit Feth Ali Chan zufrieden feyn? ob sie sich unter feine Gewalt mehr aus Nothwendigkeit und Furcht, oder aus einer wahren Unterthanen-Liebe und Ehrfurcht demüthi- gen? und ob es nicht bei einer jedweden Gelegenheit, die ihnen mehrere Freiheit versprechen dürfte , um Feth Ali Chan ge- fchehen wäre? Alles dieses ist auch diesem Herrn nicht verborgen. Bey der Einnahme der Stadt verlegte er diejenige, auf die er nur das geringste Mißtrauen hatte, nach Kuba und Derbent. Kommt er nach der Stadt, fo wohnt er selten in derselben, sondern meistens auf einem etliche Werte davon entlegenen Dorf, wo er sich mit der Falken-Jagd belustiger. Da hält er sich ganz in der Stille auf, läst manchmal nicht einmahl wissen, daß er da ist, sondern das falsche Gerücht ausbreiten, er fey bald in die- fer, bald in einer andern seiner Provinzen. Des Nachts getraut er sich so gar nicht einmahl ein Licht zu brennen, um dadurch den Ort seines Auffenthalts gänzlich unbekannt zu machen: jedoch glauben erfahrne Leute, daß ihn alle seine Vorfichtigkeit für fei- nem Untergang, der früh oder spät nicht ausbleiben wird, schwehr- lich schützen werde. In einer geraden Linie über die Gebürge liegt Scha- machie eine Tagereise von der See ab: der Weg aber ist so feil A, H. „F- 6) feil und schmahl, daß man sich defelben fast ganz und gar nicht bedienen kann. Von Derbent gerade nach Schamachie zu reisen, ist nur vermittelt einer groffen. Bedeckung möglich. - Schamachie hatte seinen ehmaligen Ruhm und Reich-Handlung hum allein der Seide , die in dem District dieser Stadt zu Scha- und besonders in der Provinz Kaballa erzeugt wird, zuzuschrei-machie- den, und eben dieses nützliche Product ist es auch, welches der selben noch jetzo den Schein ihrer vorigen Herrlichkeit, und da- durch einen Vorzug vor andern Städten des nordlichen Per- fiens nachgelaffen hat. Die Seide nemlich hat die vielfältige Schamachiesche Fabriquen veranlafet, und sie hat aus der Stadt einen beträchlichen Handels-Ort gemacht. Wie beyde Stücke jetzo beschaffen sind , will ich kürzlich erzehlen. Aus Schama- chie wird die Seide nach ganz Persien und Rußland verführt. Aus dem innern Persien bringt man nach der Stadt verschie- dene daselbst verfertigte feidene und baumwollene Zeuge: als Kutna, Kanawat, Muchojar, Mof, Petran, Baeß, Burmet, Kattun, allerley Sorten von Bettdecken, Saffian, und Schiraßische Schaf-Felle. Aus Rußland bringt man Indigo, Zucker, Thee, Holländische Laken, Leinwand, Zinn, Stahl, Eisen, Bley, Fer- nambok, Bleyweiß, und allerley Kleinigkeiten als Spiegel, Mes- fer , Scheeren, Korallen und so weiter. Zu Zeiten des vorigen Chans wurde die Seide auch nach der Türkey verführt und gegen Stahl, Fernambok und Korallen vertauscht; seit vier Jah- ren aber ist dieser Handel gänzlich aufgehoben. In den Kaufbuden werden auffer den obgedachten Waaren auch die in den hiesigen Fabriquen verfertigte seidene und baumwollene Zeuge an Ruffen und Tataren verkauft. Aber die ganze Hand- lung, welche noch unter Name Said Chan in einem weit blühendern Zustand war, ist anjeßo in äußerstem Verfall; weil durch die starke Auflagen Feth Ali Chans die Kapitale der hiesigen Innwohner so vermindert worden, daß die we- nigsten unter ihnen im Stande sind zu handeln, und die noch übrig sind, es nur in der Stille hun, aus Furcht, es möchte ihnen ein guter Theil der Waaren ohne alle Bezahlung von dem Chan weggenommen werden. Es halten sich auch gegen- wärtig auffer einigen Ruffen und drey Indianischen Kaufleuten keine andere ausländische in der Stadt auf, dahingegen in vori- gen Zeiten die Anzahl der sehr stark gewesen ist, so # K 2 6ß •, „sº fich hier gleichfalls viel Türkische Handelsleute niedergelaffen hat - - ten, von denen nun kein einziger mehr vorhanden ist. Fabriken zu Nach der im Jahr 1720. geschehenen Verheerung der Stadt, Schama- find die Fabriquen zu Nadir - Schachs Zeiten erneut worden. - f. Weinbau chie. Die meisten und besten waren von der Zeit an, bis jetzt in MTNeu - Schannachie angelegt. Unter Miene Said Chan befanden sie sich in einem ungemein blühenden Zustand; dann hundert Tawrische Fabrikanten , welche die berühmteste in ganz Persien find, hatten sich allhier niedergelaffen, kehrten aber, so bald"Feth Ali Chan die Stadt eingenommen hatte, wieder nach Tawris zurück. Gegenwärtig sieht es mit denselben sehr elend aus. Die Zeuge, welche jetzund in dem alten Schamachiever- fertiget werden, find zwar der Gattung nach eben dieselbe, wel- che die ehmaligen Weberstühle lieferten; man macht nemlich noch jetzund Kutna, Muchojar, Mof, Kanawat, und fo weiter: aber an Güte kommen die neuen den alten nicht im geringsten bey. Ich befahe eine große Anzahl in verschiedenen Fabriquen, aber ich kann nicht sagen, daß ich ein einziges gefunden hätte, wel- ches nur ein wenig erträglich gewesen wäre: allen fehlt die Dauer und eine gute, fandhaltende Farbe. - Schamachie ist mit seinem ganzen District wegen fei- ner Fruchtbarkeit berühmt: ja, will man sich ein irdisches Para- diß, welches nach und nach verwildert ist, vorstellen, so hat man von der Schamachischen Gegend keinen uneigentlichen Be- griff. Auserlesene Aepfel, Birnen, Aprikosen, Pfirschen, Grana- ten, Feigen, Kastanien, Nüffe und andere Früchte vom besten Geschmack belästigen durch ihren Ueberfluß die Bäume in den Gärten. Reben-Plantagen haben die Armenier in groffer An- zahl angelegt, und der Wein, welchen sie fast alle Jahre reich. lich erndten, ist von besonderer Güte, ja alle dem andern, der in dem übrigen nordlichen Persien gepflanzt wird, vorzuziehen. verdient dieser Artikel, daß ich mich dabey ein wenig auf, (llte. zu, Die Armenier sind es , die fich mit dem Weinbau Schama- hauptsächlich abgeben : dann ohnerachtet es unter den Persia- nern sowohl, als unter den Tataren eine beträchtliche Menge gibt, die kein Bedenken tragen Mahumeds Gebot im Ge- brauch geistiger Getränke zu überschreiten, so ist doch kein Ben- spiel, daß ein einziger unter ihnen jemals einen Weingarten, an- ge- • A, K - - 69 gepflanzt hätte, davon vermuthlich keine andere als folgende Ursache angegeben werden kann. Die Persianer nemlich fowohl, als die Tataren bedienen sich zwar zum Theil des Weins und des Brante- weins, ja sie berauschen sich so gar darinnen ; allein sie zechen niemals, als in der Nacht, oder wann es etwan einmahlbey Tage ge- schieht, so thun fie es gewiß ganz verborgen. Wie könnten sie sich nun selbsten mit dem Bau der Trauben abgeben, da so- dann jedermann wüßte, daß sie sich des Weins als eines Ge- tränks bedienten? Sie überlaffen diese Beschäftigung den Ar- meniern, und kauffen Wein und Brandtewein von ihnen. Wie oft wurde ich von Muselmännern besucht, die es beklagten, daß andere ihrer Religion zugleich gegenwärtig gewesen waren und fie an dem Gebrauch geistiger Getränke verhindert hatten, wenn auch gleich diejenige, die ein Stein des Anstoffes waren, eine ähnliche Begierde hegten? Sie schämen sich voreinander, aber vor Gott und ihrem Mahumed schämen sie sich nicht, wann sie taumelnd zur Erde sinken. Die Armenier machen es ihnen nach, dann obgleich jedermann weiß, daß sie trinken, so thun sie es dannoch auch nur bey Nacht. Sie richten sich also entweder nach den Alkoranisten , weil sie unter ihnen leben, oder sie werden zu dieser Gewonheit durch den Trieb der Verstellung verleitet, welcher in allen Herzen der orientalischen Völker herrscht. Auch ist dieser letzte Grund der wahrscheinlichste, dann sogar in Astrachan betrinken sich die Armenier nur bey Nacht. Ich bitte mir diese kleine Ausschweiffung zu gute zu halten, und erzehle nun was es mit dem Wein-Bau in Schamachie für eine Beschaffenheit hat. Die Schamachiesche Reben sind keine andere, als die in der Nachbarschaft dieser Stadt wild wachsen, und aus ihrer Wildniß in die Gärten verpflanzt worden. Wie eine jede wildwachsende Frucht, wann sie gut gewartet wird , einen beffern Geschmack erhält, fo trägt sich ebendaffelbe mit den Schamachieschen Reben zu. Wann wild wachsende Trauben in dieser Gegend einen herben, oder doch wenigstens merklich zusammenziehenden Geschmack haben, und der daraus gepreßte Wein zwar geistig genug, der Zunge aber nicht viel angenehmer als Eßig vorkommt, so liefern die gepflanzten einen Nektar, welcher manchmal einem Pontak zuweilen auch, je nachdem das Gewächs ist, einem Clairet bey- kommt. Man hat rothe und man hat weiße Weine. Diesen I 3 letzteren. 70 2. - - lezteren pflegt man dem erstern vorzuziehen. Sehr vernünftig handeln die Armenier, daß sie die Reben in ihren Gärten nie- malen anders, als nach der Ordnung wohl eingerichteter Alleen, die oben vermittelt eines Bogens mit einander verbunden find, (en berceaux) zu pflanzen pflegen. Diese Ranken-Staude erfodert solche Art. Man verhütet bey derselben die Gefahr Trauben zu verlieren. Dieses faftige Gewächs hat dabei mehreren Raum, in welchem es sich ausbreiten kann. Also darf man auf eine reichli- chere Erndte richtige Rechnung machen. Die Weinlese fällt in die Mitte des Septembers ein. Möchte es doch bey derselben eben so ordentlich zugehen , als bey der Pflanzung des Wein- stocks! Aber da, und bey den darauf folgenden Verrichtun- gen kann wohl Noah, der erste Winzer, nicht einfältiger zu Werke gegangen seyn, als jetzo die Schamachiesche Armenier thun. An eine Auswahl der Trauben wird nicht gedacht. Rothe und Weise, und beide von allerley Arten, werden zusammen in einen Trog geschüttet, und mit den Füßen zertreten oder ge- fampft und der ausgepreßte Saft in groffen irrdenen Töpfen, die vermittelt einer Oefnung mit ihrer Mündung auf die Tröge paffen, aufbehalten. Die töpferne Gefäße gräbt man zehn oder meh- rere Fuß tief in die Erde. Zu Anfang des Frühlings schüt- tet man den ausgegohrnen Wein in andere, und verwahrt ihn auf eben die Weise, als das erstemal; da vermischen ihn einige mit Waffer, und andere mit Brandtewein, damit er nicht fauer werde. Einige bedienen sich, um ihre untaugliche Me- thode noch schädlicher zu machen, kupferner Geschirre. Aus dem nach dem Stampfen übergebliebenen Magma wird Brandtewein abgezogen. Bei meiner Anwesenheit wurde der Wedro ( 8. Stoffe oder 12. Bouteillen) Tschachir für neunzig Kopeken verkauft, der fonsten nur fünfzehn gekostet haben soll: wird er über Land verführt, so geschieht es in Schläuchen, worin Bakusche Naphta gewesen; dadurch bekommt der Wein einen sehr bittern, und pyrevmatischen Geschmack, den er nimmermehr verliert, hingegen hält er sich länger. So machen die Armenier unwiffend von Chynischen Lehrsäßen Gebrauch. Vom zwanzigsten und ein und zwanzigsten. Ich war begierig, die zerstöhrte Stadt Neu-Schamachie zu sehen, und be- gab mich deswegen heute dorthin auf die Reise. Die Stadt lag von dem alten, oder auch jetzigen Schamachie in Südwesten, und (N4 •-A, - „ze 71 anderthalb Tagereisen von derselben entfernt. Nach einem Paar Werten kamen wir die Ueberbleifel eines Gebürges, welches den g Nahmen Kala Kulüstan, oder wie es der berühmte Herr Kol- Kaia Külü- ligien-Rath Müller ganz eigentlich übersetzt hat, die Festung" des Rosenthals, führte, vorbey. Le Bruns Zeichnung mag zu derjenigen Zeit, da sie verfertiget worden, natürlich gewesen feyn, jetzo sieht man nichts mehr als unordentlich zerstreute Steinhauffen, und die Innwohner, welche von mir öfters befragt worden, find nicht im Stande, einige Nachricht mitzu- theilen, durch welche auch die ältere Geschichte von Schamachie etwas mehr erläutert, oder bestätiget werden könnte, was Olea- rius davon (p. 313.) angemerkt hat. Bald auf diese Ueber- bleitel folgt das von den meisten Reisenden angemerkte Jung- fern-Schloß, oder Kyß-Kalla. Nemlich auf dem Gipfel eines Kyß-Kalla, Berges, welcher über andere merklich hervorragt, sieht man Ruinen eines ehmaligen Schloffes, zu dem man nur vermittelt feiler und schmaler Wege gelangt. " Man findt noch deutliche Spuren von Zimmern, Gewölben, und Kaminen. Als die Ur- fache der Benennung wurde mir von alten Leuten folgende Ge- fähichte angegeben. Schach Abas, der Groffe, foll sich in die Tochter eines vornehmen Persianers so verliebt haben, daß er, da sich dieselbe , feinem Verlangen Genüge zu leisten bestän- dig weigerte, zwei Jahre lang alle nur erfinliche Mittel angewandt habe feine unbarmherzige Schöne zu überwinden : wie aber diese in ihrem einmahl gefaßten Entschluß fest ver- harrte, so fey er, um sich zu rächen, auf den Einfall gekom- men, ermeldtes Schloß zu bauen, und in demselben die Dirne, als in einem ewigen Gefängniß zu verwahren, worinnen fie auch ihr Leben geendiget habe. Ich sagte oben, daß zwischen dem alten und neuen Schamachie fünf von mir benennte Armenische Dörfer, und zwey Klöster befindlich feyn. Von denselben ka- men wir durch drey, bey deren einem ein Kloster angelegt ist. Die Leute leben kümmerlich. Die Mönche getrauen sich nicht, ihre Kirchengefäße, Bilder und andere Zierathen zu öffentlichem Gebrauch anzuwenden, aus Furcht, sie möchten derselben mit Gewalt beraubt werden. Daher fieht man in den Gottesdienst- lichen Häusern dieser Klöster auffer dem Bild der heili- gen Maria nichts. Ehe man nach Neu - Schamachie kommt , fieht man das ehmalige Ansehen derselben einige - - Werte 72 «A - „H- Werte zuvor an den vielen - vortrefflichen Gärten, welche besonders die Armenier angelegt hatten, die aber jetzo mehr ei- mer furchtbaren Wildniß gleichen. Gelangt man an die Stadt, fo sieht man einen kleinen Bach Athin, von dem die Stadt ihren Nahmen hatte. Hanway schreibt Agow; dieses ist falsch. Ach fit bedeutet so viel als weißes Waffer, und ein solches führt dieser Bach mit sich : ebendaffelbe gab daher zu der Benennung des Bachs, und dieser zu der Benennung von dem neuen Schamachie, als der Stadt Achsu Gelegenheit. Der Bach Achsu ist ungemein seicht, und ein Waffer fast gar nicht zu trinken. Auffer demselben aber ist in der Entfernung einiger Werte von dem neuen Schamachie keine Quelle noch Strohm befindlich. Daher litten die Innwohner ehmals groffen. Man- eher kleiß, gel, aus welchem viele Kranckheiten entstunden, und dieses war, fel von dem wie ich schon erinnert habe, eine Ursache mit, warum das neue neuen Scha-Schamachie zerstöhrt wurde. In der Tat traff ich nichts machie. als eingeriffene Mauren und Häuser an, aus welchen sich nur schlieffen ließ, daß eine Stadt an dieser Stelle vorhanden ge- wesen. Man konnte auch fehen , daß sie ganz eben gelegen, etwan eine Meile im Umfang gehabt habe, und nach der Mor- genländischen Weise aufgebauet gewesen fey. - - Eine so kurze Zeit dauerte die Würkung, welche sich von Nadir Schaths unmäßiger Rache herschrieb. Mit der Zerstöhrung von Acthfin wurde das Vermögen vieler angefeffe- nen Innwohner aufgeopfert, und manche, die bey dem Ruin des alten Schamachie um das ihrige gekommen waren, befeufz- ten nun ihren neuen Verlust, nicht ohne Empfindung an MTa- dirs und feiner weniger mächtigen Nachfolger Regiment, zu gedenken. Vom zwey und zwanzigsten bis zum fechs und zwanzigsten. Feth Ali Chan war, während meinem Auffent- halt in der Stadt, auch daselbst; und ich war öfters bei ihm. Er ließ sich darüber, was in Derbent vorgefallen war, nicht das geringste merken. Er bezeugte sich in allem fo, wie ich es wünschte. Aber zuletzt vergönte er doch der Sprache feines Herzens ihren Lauff, dann er ließ sich durch einen, in der Stille zu mir abgefertigten Staatsbedienten verlauten: sowohl in Derbent als hier hätte er es deutlich verstanden, wie mein politisches Kräutersammlen eine betrügerische Absicht zum - - (s - «A, H „s- 73 habe, er für sich fey nicht bange, dann er fühle sich von der Gnade Rußlands allzu sehr überzeugt, als daß er an derselben bey irgend einer zukünftigen Vorfallenheit zweifeln sollte, daher habe er mir bisher nichts in den Weg gelegt , werde es auch hinführo nicht thun, und deswegen biete er mir nun auch eine sichere Begleitung nach Sallian an. Feth Ali Chan hat auffer dem Derbentischen Vorfall, meine Reise würklich beför- dert; vermuthlich aber fluchte ihn sein Schwager, der Bakusche Chan, auf andere Gedanken zu bringen; mir konnte es endlich gleichgültig feyn, ob sich der Chan wahre oder falsche Begriffe von meiner Verschickung mache, wo er sich nur nicht meinen Absichten und der nothwendigen Vollziehung meiner Pflichten entgegen zu setzen gesonnen fey ? Indeffen fuchte ich denselben durch die überzeugendeste Bewegungsgründe feinen irrigen Wahn zu benehmen; ich merkte aber aus allem deutlich, daß er bei dem selben verblieb , doch eben so blieb er auch bei seinem Wort, dann er schickte mir den sechs und zwanzigsten einen Jusbache mit zwölf Soldaten zur Begleitung nach Sallian. Den 27fen machte ich mich auf den Weg. Moganische Räuber machen ihn unsicher, und insbesondere derentwichene blinde Bruder des unglüklichen, zu Derbent gefangen fitzenden letzten Scha- machieschen Chans. Ganze Karawanen werden geplündert, ja diese Unsicherheit hat schon manchem das Leben gekostet. Ich hatte also alle Ursache auf meiner Hut zu feyn. Die ganze Gesellschaft blieb beysammen, und von der Begleitung wurden immer einige ausgeschickt, die auf allen Anhöhen Achtung geben mußten, ob nichts verdächtiges zu bemerken fey ? der Weg von Schamachie bis Sallian ist recht dazu gemacht, ein raube- risches Gesindel zu unterhalten. Man muß einen steilen Berg über den andern paßiren, wo es öfters nicht einmal möglich ist reitend fortzukommen. Zwischen den Bergen find mehr oder weniger eiefe Gruben, oder doch erhebliche Vertiefungen mit allerley natürlichen Schlupf-Winkeln, in welchenraubbegierige Menschen die Vorbeyreisende sowohl belauren, als auch wann es ihnen mis- linge , in selbige flüchten können. Wir übernachteten heute bey einer Mühle, und setzten den 28sten mit Anbruch des Tages unsere Reise fort. Nun kamen erst die gefährlichsten Stel- len. Eine entfzlich tiefe Grube , über welche es fürchter- lich zu reiten war, und zehn Werte darauf eine über einen Dritter Theil. K - - fump- 74 •-A, - „R- Sallian - sumpfichten Bach von Nadir Schach erbaute steinerne Brücke, der rechts gegenüber ein den Persianern heiliger Ort (22.) bey dem sie zu opfern pflegen, zu bemerken ist, waren diejenige Plätze, wo am meisten Unglück vorgegangen seyn soll. Wir verdoppelten also unsere Wachsamkeit. Dieser, oder vielmehr dem wachenden Auge der göttlichen Vorsehung, hatten wir es zu verdanken, daß wir ganz ungehindert durchkamen, und auf den Abend ein durch einen Erdwall befestigtes, groffes, aber meist verföhrtes Dorf, MTawai genannt, erreichten, allwo wir übernachteten. Sobald wir die Pferde gewechselt hatten, reiseten wir den neun und zwanzigsten weiter. Das Gebürge verlohr fich nach und nach. So wie auf dem ganzen Weg, so war auch hier alles von Holz und Gesträuchen entblöst, das Feld dürre und wüst, die Hitze aufferordentlich groß; und den ganzen Tag über fehnten wir uns vergebens nach einer Wafferquelle. Auf den Abend erreichten wir den Kur, und lagerten uns an dem Ufer defelben, allwo eine groffe Anzahl vermischter Persianer in Kibitken wohnen, die uns mit einigen Nothwendigkeiten des Lebens willig versahen. Den 3osten reiseten wir weiter einige Werte von dem Ufer ent, fernt: gegen Abend hielten wir an demselben wiederum stille, und Tages darauf fuhren wir in einem Kirchim nach Salian, diese Insul vorbey und noch eine andere, die vier Werte davon ent, legen ist, auf welcher der rußische Consul wohnt; das Fahrzeug aber kam zween Tage darauf glücklich an. Vom ersten September bis zum lezten. Theils das Verlangen Sallian und seine Nachbarschaft kennen zu lernen, eheils ein neuer Anfall von einem intermittierenden Fieber, welcher mir 22.) Der Ort heißt Pirchanange. Chanange ist der Nahme eines gewißen Muselmanns, der es in der Frömmigkeit so weit gebracht haben foll, daß es ihm in der Gewährung feiner Bitten bei Gott niemahlen fehl geschlagen habe. Hier bauete er fich einen Tempel und wohnte in demselben, als einem Gott geheiligten Hauß. Daher verfah er auch daffelbe mit einem Thurm; und Pirchanange bedeutet also den Thurm des heiligen Mannes Cbanange. Aus diesem Grund wird der Ort für heilig gehal- ken. Dafelbst pflegen die Persianer zu beten und Schafe opfern, wann sie krank sind, oder sich in einer andern Angela genheit den Bepfand des Himmels erflehen wollen, - «A, „F- 75 mir vierzehn Tage einen Haus-Arrest verursachte, waren die Bewegungsgründe, daß ich mich hier diesen ganzen Monath aufhiel- ee. Ich nutzte indessen die Zeit, wie es die Umstände erlaub- ren. Dasjenige was für dieses Tagebuch bestimmt ist, folgt anjetzolin derjenigen Ordnung, wie ich es während meinem Auffenthalt ent- weder selbst niedergeschrieben, oder andern in die Feder dictirt habe. Geographische Anmerkungen sollen den Anfang machen. Der Kur, der bei den ältern Geschichtschreibern den Der Kur: Nahmen Cyrus führte, entspringt bekannter maßen in den Caus eafischen Gebürgen, ohngefehr drei Tagereisen von der Georgi- anischen Hauptstadt Tiflis, bei welcher er dicht vorbei fließt, und einen ungemein schnellen Lauff hat. Hier ist eine in vie- len Ausflüffen bestehende Mündung , die zu eben so vielen, durch besondere Nahmen unterschiedenen, im Frühjahr der Ueber- schwemmung ausgesetzten Infuln Gelegenheit geben, und fich endlich - in zween groffe Arme vereinigen , davon der obe- re auf der nordwestlichen , und der untere auf der südlichen Seite in die See fällt. Der Sallianische District bestehe aus vielen auf beiden Seiten des Kurs unordentlich zerstreuten Dör- fern, die von Persianern und Tataren, sowohl Schahischer als Sunnischer Secte, wie auch von einigen wenigen Armeniern bewohnt werden. Er ist fruchtbar, erzeugt besonders Reiß und Baumwolle, erstreckt sich nach Norden bis 23aku, nach Süden bis Gilan und nach Westen bis an das Gebürge. Eben deswe- gen, weil wenige Armenier in demselben vorhanden sind, ist es auch mit dem Gartenbau schlecht beschaffen; und ohnerachtet auch hier die Reben wild wachsen, so wird dennoch aus denselben, wenigstens gegenwärtig, kein Wein gepreßt. Sallian erstreckt fich in der Länge den Kur hinauf ohngefähr fünfzig Wert, die Breite dieses Districts, welche die beiden Seiten des Kurs be- stimmen kann, ist kaum auf zehn angegeben. Der Kur ist in fich und in feinen Armen ungemein fischreich. Er ernährt Störe, Sewrugen, Belugen, Lachse, Fettfische, die in der Landes- sprache Schamaja heiffen, eine Art von Heeringen, die von mir an einem andern Ort als eine Gattung der Cyprinen beschrieben wird, Sandarte, Aspen, ( Cyprinus Aspius, Kuli Perfisch) Ußatschen (Cyprinus barbus) Rothaugen, Karpfen, Hechte, und verschiedene andere kleine Fischgattungen, besonders einige neue aus dem Geschlecht der er In Sallian ist s - 2. 76 A, M „F- der Sammelplatz dieser Geschöpfe; dann dafie füffes Waffer lie- ben, so begeben sie sich von dem gesalzenen in dasselbe; die vielen Aeste des Kurs kommen ihnen zu statten, und glaubwürdige Nachrichten belehren mich, daß mitten in dem Kur bey der Stade Ganscha, welche sieben Tagereisen von Sallian entfernt ist, groffe Feldsteine in der Quere befindlich find, welche den aus der See kommenden Fischen den Zutritt frohm aufwärts versagen, so daß nur kleine über dieselbe zu schwimmen Gele- genheit finden. Warum ist man noch nicht auf den Einfall gekommen, diese Steine hinweg zu welzen, oder zu sprengen. Georgien hat ja Fische nöthig, und Sallian kan von einem überflüßigen Vorrath dieser natürlichen Waare eine reichliche Abgabe liefern. Meinen Nachrichten zufolge steht Sallian schon lange un- ter den Befehlen der Vorfahren von Feth Ali Cham. Unter der Regierung Madir-Schachs wurde zwar ein besonderer Chan, der Mamed hieß, als Beherrscher nach dieser Provinz geschickt. Allein gleich nach dem Tode dieses Regenten bekam Ibrahim Chan, Feth Ali Chams Halbbruder, das Regiment über den selben. Ob nun dieser schlecht gewirtschaftet, oder ob er sich aus einer andern Ursache Feinde zugezogen haben mag, weiß man nicht. Man suchte ' bey Uffein Ali Chan verdächtig zu machen und es gelung. Der Vater stürzte seinen Sohn, und bestellte seinen an- dern Feth Ali zum Chan. Der angränzende District Kaballa war zu Madir-Schachs Zeiten ganz frey: die Innwohner wählten nemlich einen Beherrscher über sich nach ihrem Gefallen, ja diese Mode gilt auch noch gegenwärtig bey denselbe, doch mit dem Unterschied, daß dieser mit feinem ihm untergebenen Volk Feth Ali Chans Oberherrschaft erkennen muß. Die Einkünfte, welche Feth Ali Chan von den Innwohnern des Sallianischen Districts zieher, bestehen in Kopf-Geldern, und Ab- gaben von Reiß; man versicherte mich, sie sollen kaum fünf und zwanzig tausend Rubel betragen. Die Leute sind mit ihrem Herrn mehr zufrieden, als in Schamachie. Die Anmerkung, wel- che ich bei dieser Stadt gemacht habe, bekommt durch diese mehrere Wahrscheinlichkeit. Mit der Fischerey in dem Rur hat es folgende Bewantnis. Wer da fischen will, der kan es thun: für einen Belugen und für einen Stör bekommt der Chan fünf, für einen Sewrugen drittehalb, für einen : - UN •A, - „F 77 fünf und zwanzig, und für drey Fettfische fünf Kopeiken: an- dere Fische werden obenhin berechnet. Die Lachse und die Fett- fische werden nach Derbent, Kuba, Baku, und nach andern umliegenden Städten verführt; wegen des Belugen-Sewrugen- und Stör-Fangs kommen auch jährlich einige Rußische Fahrzeuge an, und sie befinden sich gut bei ihrer Fahrt. Zum Einsal. zen der Fische wird das Salz aus den in Sallians Nach- barschaft befindlichen Seen herbei gebracht und solches Chay- waren-Weise verkauft. Ein Chaywar aber, der zwanzig rußi. schen Puden gleich , kostet 2- Rubel. Dieses Sallianische Salz bringt mich auf einige merkwürdige Eigenschaften des Sal. lianischen Bodens und nachdem ich dieselbe erzehlt haben werde, will ich ihnen einige andere natürliche Schönheiten beyfügen. In verschiedenen Stellen um Sallan herum trift man Kochende kochende Salzquellen an, deren Waffer bitter schmeckt, auf der Salzseen. ren Oberfläche und an deren Seiten das Salz in seinen gewöhn- lichen Crystallen anschießt, von denen das Waffer aus der Tief fe mit Gewalt in die Höhe steigt, und sich mit einem mehr oder weniger erheblichen Fall, sowohl in die in der Nähe befind- lichen Bäche ergießt, als auch zu andern Seen Gelegenheit gibt, welche mit der Zeit vertroknen, und in diesem Zustand ihr Salz liefern. Die Bakusche Naphta-Quellen haben mir schon Gelegenheit gegeben meine Gedanken über das Caspische See- Waffer zu äußern. Werden sie nun nicht bei dieser Erschei- nung bestätiget? Ich leitete damals die Ursache des bittern Geschmaks , der zwar auch andern Seen eigen ist , den aber die Caspiche vorzüglich befizt, von der in den Caucasischen Ge- bürgen so verschwenderisch entstehenden, dieser durch unterirdische Gänge beigemischten Naphta her; nun treffe ich Seen an, und Seen dicht an dem Caspischen Meer, zwischen den Gebür- gen und demselben , die Salzwaffer bey sich führen , das wie ein wahres Schwefel-Bad kocht, das mit einer auffrordentlichen Kraft in die Höhe getrieben wird, so gar, daß solches noch ei- nen Fall verursachen kann : das Salz aber, so man aus denselben erhält, hat nicht nur Cubische sondern Rautenförmige, den Cubischen häufig bei gesellte Crystalle. Woher entsteht die Wärme in diesen Seen? Ich glaube von nichts anders als von der beigemischten Naphta, von welcher diese ganze Gegend angefüllt ist. Woher die Rautenförmige er 3 - - 78 «A, P. „F- Kuntschut- Oehl. , Ich glaube von nichts anders, als von eben derselben. Dann hinlängliche Versuche belehren mich, sie unterscheiden sich von dem Wundersalze nur darinnen, daß die Vitriol - Säure, die den einen Theil derselben ausmacht, mit dem brennbaren Wesen verbunden fey. Möchten nicht die Chymisten auch aus dem Grunde, daß man Naphta und Salz so gesellschaftlich bey ein- ander antrifft in ihrer Meinung bekräftiger werden , es ge- be nur eine einzige allgemeine Säure, die zu den übrigen bekannten durch verschiedene Modificationen Gelegenheit gibt? Warum klagen die Astrachanische Kaufleute so oft über die Untauglichkeit des Astrachanischen Salzes bei dem Einsalzen der Fische? Vermuthlich weil es durch das Bitter-Salz verun- reiniget ist. Haben nicht die Sallianische Salz- Seen viele Aehnlichkeit mit dem St. Peters-Brunnen bei dem ehmaligen Terki? Alle diese Fragen werde ich in dem Abschnitt von der Beschaffenheit des Caspischen Seewaffers ausführlicher berühren; gegenwärtig erinnere ich nur noch, daß sich viele gemeine Leute in ermeldte Seen zu stürzen pflegen, indem sie ein solches Ba- den für gesund halten , und besonders in den Unreinigkeiten der Haut für ersprießlich ansehen. Der ganze Sallianische District ist überhaupt, wegen des vielen Salzes, das er ä vorbringt , merkwürdig. Hauptsächlich hat das westliche Ufer des Kurs an demselben einen groffen Ueberfluß. Das Salz wächst aus der Erde hervor, wie in einigen Provinzen des Rußischen Reichs der Salpeter: wann es geregnet hat, so schmeckt daher das Pfützenwaffer falziger. Hier, wie an andern Orten Persiens, wird aus einer Gattung vom Antirrhinum (23) ein vortreffliches Oehl gepreßt, welches an Farbe und angenehmen Geschmack dem besten Italienischen fast nichts nachgiebt, und in der Türkischen Sprache Kunschut Jag, in der Per- fischen aber Kunschut Rogoe heißt. Die Samen dieser Pflanze werden vermittelt eines willkührlichen, in Bewegung gebrachten Mehl-Steines gepreßt, das Oehl welches herauslauf, ' dur 23.) Antirrhinum (majus) corollis ecaudatis, floribus spieatis, cally- eibus, rotundatis, L1NN: Sp. pl. 2. p. 89. n. 35. Antirrhinum majus alter um folio longiore Bauk. pin an. Antirnhinum flare rubro et albo vario. H. Elf. - - A, J. „Es 147 / dem menschlichen Verderben rege gewordenen Empfindung gewahr werden. Der Zorn und defen abscheuliche Geburt, die Grau- famkeit, find das verabscheuungswürdige Mittel, wodurch die ge- waltigen ihre Unterthanen, und die Vornehmen die Geringere unter den Persianern im Zaum halten. Um die Unterthanen auffer Stand zu setzen, fich zu empören, benehmen ihnen die Re- genten von ihrer Habseligkeit, ohne Mitleiden so viel, daß sie von dem nachgebliebenen Rest kaum noch das Leben behal- ten. Statt sie zu ihren Pflichten durch Wohlthun zu er- muntern, müffen jährlich ein paarmal derbe Schläge auf die Fußsolen, die Stelle desselben vertreten. * Dieser und anderer empfindlichen Leibes-Straffen bedient man sich, um sich bei der geringsten Gelegenheit zu erkennen zu geben: dann größere Fehler werden unvermeidlich mit dem Tod bestraft. Dem Beyspiel der Regenten folgen die Vornehmen, und erhalten sich dadurch in Furcht. Es ist andem, daß das erstaunende Verderben, wel- ches in ganz Perfien herrscht, ein strenges Regiment bey nahe nothwendig gemacht hat; dann läßt man dem elendesten Per- fer nur ein wenig zu viel Willen, so ist es leicht geschehen, daß auch sein beständig im verborgnen loderender Stolz und Zorn in lichterlohe Flammen ausbreche, und sich zu erst an fei- nem Oberbefehlshaber, dem er gezwungen gehorcht, räche: da es aber mit der Sache solche Beschaffenheit hat, so ersieht man daraus bey der Grausamkeit die Allgemeinheit dieses Cha- racters unter den Persern: und denselben zu verbeffern, steht in keines Menschen Gewalt. Man sollte dencken, daß Bluts-Verwand- te, Eltern und Kinder, Geschwister und so w. dem Zorn und feinen Folgen unter fich keinen Raum vorgönnen würden. Allein nichts weniger, als dieses, die blutigsten Händel find diejenige hier am gemeinsten, welche die nächste Bluts-Verwand- te untereinander führen. Kerim Chan ließ seinem nahen Verwandten, der ihm große Dienste geleistet hatte, Tschich Ali Chan, die Augen ausstechen, damit er nur nichts von ihm zu befürchten haben möchte. Bey angesehenen und weniger bedeu- renden Personen ist es eben fo: dann den Persern fehlt die Lie- be, - Des Persischen Geizes habe ich schon mehrmalen ge- dacht. Das ist ihr einziges Dichten und Trachten, Schätze zu fammlen, um dadurch nie zu werden. Darauf finnt der 2, PO's 348 «R, - „Fe vornehmste, bis zum geringsten, und keine Handlung ist ihm zu niederträchtig, wann er nur eine Absichten erreichen kan. Der Erpreffungen, welche die Regenten befehlen, habe ich schon oft erwehnt. Eben diese Herren und sowohl ihre Vor- nehmere als geringere Unterthanen sind auffer dem, daß sie Soldaten-Dienste versehen, insgesammt Handels- Leute ; wer den andern am feinsten betrügen kan, der ist der verständigte Handelsmann; dann er wird dadurch reicher. Wer Geld auf borgt, der denckt felten daran, es wieder zu bezahlen. Aus- wärtige Kaufleute, die ihre Waaren absetzen, find froh, wann sie nach Jahr und Tag zu ihrer Foderung gelangen. Den ihrigen nehmen die vornehmen solche mit Gewalt weg, und find wegen der Bezahlung, unbekümmert. Ist der Regent einer Summe Geldes benöthigt, so erhöht er den Werth feiner Münze, und fo- bald fiel bey einander ist, so setzt er fiel wieder herunter. Alle mir bekannt gewordene Beyspiele der Perstanischen Habsucht, mit welcher ein jeder Iranskier gebohren zu werden scheint, zu erzehlen, würde zu weitläuffig und auch unnöthig feyn; ge- nug, daß man weiß, die Perser fehn geizig, sie seyn es in aufferordentlichem Grad, und sie feyn es deswegen, weil fie glauben, alles Anfehn und alle Glückseligkeit bestehe in dem Befiz der Güter dieser Welt. - Bisher habe ich von der Ehrbegierde, dem Stolz, der Falschheit, der Unbeständigkeit, der Grausamkeit und dem Geiz der Perfer gehandelt, und bei dem Anfang dieses Abschnittsha- be ich auch ihrer Höflichkeit gedacht, und sie aus guten Grün- den dem Eigennutz und dem Ehrgeiz zugeschrieben: bisher gab ich also keinen Panegyristen dieses Volks ab: follte ich es noch werden, so müßte ich ganz andere Erfahrung haben. Die Perfer find von einer hitzigen Complexion, und ihr vornehmstes Temperament ist unstreitig das Cholerische. Man fieht dieses deutlich aus ihrem Ehrgeiz , ohngeachtet folcher einen falschen Gegenstand hat, dann er ist von dem Stolz fast nicht unterschieden: man sieht es auch aus ihrem zornigen und grausamen Wesen. Ein Cholerischer sucht immer den Vorzug einem andern streitig zu machen. Ein Cholerischer zeigt sich muthig mit dem Schwerdt an der Spitze einer Ar- mee. Ein Cholerischer vertheidiget fein Lehrgebäude gegen die Einwürffe seiner Gegner beherzt: aber ein Cholerischer füh- Test 2. - - 149 ret auch eine Bande kühner Mörder und Straffen-Räuber an. Die Temperamente und die Verschiedenheit derselben gründen fich nach meiner Meinung auf bloffe körperliche Ursachen, auf eine besondere Mischung der in den Säfften enthaltenen Be- fandtheile, und auf das Verhältniß derselben zu den festen Thei- len der menschlichen Machine. Aber diese körperliche Ursachen würken so sehr auf den unkörperlichen Theil des Menschen, daß - es bey nahe scheint, er richte sich nach denselben. Es wird ei- ne Canone in der Nachbarschaft eines Phlegmatischen Menschen von dem Feind, als ein Zeichen seines Angriffs abgefeuert. Je ner besinnt sich, ob er von seinem Lehnstuhl aufstehen, und entfliehen soll. Der Cholerische hört von weitem eine ihm dro- hende Gefahr; aber er bleibt nicht lange fitzen, sondern gürtet feine Lenden, und setzt sich als ein Held in den Stand der Ver- theidigung. Die Säffte des Phlegmatischen haben einen Ueber- fluß an Waffer, und seine feste Theile find schlapp, dann sie bekommen eine wäßerige Nahrung. In demjenigen Theil des Menschen, wo die Seele ihre größte Krafft ausübt, da meyne ich, wo sie denkt, werden die nach derselbigen Stelle getriebene wäfferige Säffte und davon schlapp gemachte feste Theile auf das unkörperliche Wesen keinen andern, als einen schwachen Ein- druck machen können; wie solches durch den ganzen Körper die Unwirksamkeit eines wäßerigen Gesellschafters zu erkennen gibt; also zeigt auch feine edelste, eine denkende Eigenschafft eben die jenige Verbindung an: und daher bleibt ein Phlegmatischer fit- zen, wann nahe bei ihm die feindliche Armee zu donnern an- ängt. - fäng Die Säfte des Cholerischen haben wenig Waffer, wenig grobe Erde, mehr von dem brennbaren Wesen; und ziemlich viel Eisen. Seine feste Theile sind stark, dann fiel genießen eine ansetzende, fandhabende Nahrung: dahin also, wo die denkende Seele ihren Sitz hat, kommen electriche Materien, das unkörperliche beständig geschäfftige Wesen wird mehr geschäft tiger, und ein Cholerischer rennt über Berge und Thäler, rüstet fich, flieht entweder bei Zeiten, oder biethet feinem Wiedera- cher die Spitze. Diese Begriffe habe ich voraus gesetzt, in der Absicht zu zeigen, daß ein Cholericus aus körperlichen Ursachen ein Chlericus fey. Nun kommt es darauf an, wie ein Chole- rischer, als Cholericus handelt. Das Grundwesen des Chole- T. 3 - rischen 750 «-A, - „H- rischen besteht in einer hitzigen Complexion. Nach derselben wird er alle Sachen, die er zu unternehmen hat, mit einem gs- wiffen nach den Umständen mehr oder wenig gemäßigten Feuer angreiffen. Er wird aber nicht nur einen bloßen Angriff wa- gen, sondern auch von seinem Unternehmen nicht eher abstehen, bis er von der Unmöglichkeit, solches auszuführen, überzeugt ist. Man kan ein Feuer in löblichen und tadelhaften Dingen an den Tag legen; dann ich habe schon gesagt, daß tapfere Feldherren und Anführer von Räuber-Comploten Choleriker seyn müffen. Nun wollen wir sehen, auf was für eine Weise die Perser ihr Cholerisches Temperament gebrauchen. Die Sache wird durch das vorgehende bald entschieden feyn. Alle Reiche der Welt, selbst die mächtigsten und dieje- nige, die den andern Troz bothen, find von undenklichen Zei- een her den wundersamsten Veränderungen unterworffen gewe- fen. Endlich mußte sich die Republicanische Verfaffung des Römischen unter den Zepter des Julius Cäsars demüthigen, und sich von ihm Monarchisch beherrschen laßen. Epaminondas fahe den bevorstehenden Untergang seiner Thebaner ; allein fo weise und so tugendhafft er auch immer war, so konnte er denselben dannoch nicht verhindern. Kaum war Alexander, der Macedonier, mit Griechenland fertig, so gieng er über Nato- lien auf Persien los, und die Kriegs-Macht des Darius konnte es nicht verhindern, daß er nicht über dieses Reich vollkommen Meister worden wäre. Wenn wir alle berühmte Veränderungen der Reiche mit einem aufmerksamen Auge betrachten, so finden wir daß eine geraume Zeit vorher, als dieselbe zu ihrem würk- lichen Ausbruch gekommen, die Herzen der Menschen verdorben gewesen sind. Bald der Mangel der Vorsichtigkeit, bald Hoch- muth und Schwelgerey, bald das Uebergewicht mit Vorurtheilen und Betrug angefüllter Personen, bald andere Ursachen machten jedesmal einen gebahnten Weg zu dem Gewitter, welches sich nach und nach in finstern Wolken über die Provinzen zusammen zog, und als dann mit verstärkten Kräfften wüthete, wann es zum Ausbruch gekommen war. Nicht ein Fehler, sondern eine Kette an einander hangender, und aus einander entspringender Thorheiten war es, die in alten und neueren Zeiten das gegen- wärtige in Persien herrschende Elend erregt hat, welche den Iranskischen Thron jetzt in die Hände eines Helden, ein anders- mas •A, L. „F- 15 mal in die Hände eines rauberischen Eroberers überlieferte, wes- che endlich das Zepter von diesem Reich gänzlich entwandte, und es kläglicher zertheilte, als der Anbetungswürdigte Oberherr mit dem Salomonischen zu thun in seinem gerechten Zorn be- fchloßen hatte. Das Herz der Perfer war verdorben, und war es schon in einem großen Grade, als der unglückliche Huffin Shach. Mir Machmud, dem Afgahner, den Königlichen Feder- busch an seinen Turban befestigen mußte. Dazumal fehlte es ihnen hauptsächlich an nöthiger Klugheit, und dem Hof an ge- treuen Ministern. Die Perfer waren verdorben unter der Regie- rung des Schachs Thanas; dann ohngeachtet es scheint, die Verjagung der Afganer, die oftmalige Demüthigung der Tür- ken, und die in den innern Theilen verschiedentlich gestillte Unru. hen, lauter Umstände, die unter derselben vorgefallen, feyn Merk, male von einer Verbefferung des Reichs, umd also auch ihrer Sit- ken gewesen; so hat doch der Erfolg bewiesen, daß die göttliche Vorsehung alles dieses nur zugelaffen habe, um bald darauf dieses lasterhafte Volk durch die Tyramey des UNadirs zu züch- eigen. Die blutige, kurze Regierungen der Gebrüdere Adil Schachs umd Ibrachim Chans, die darauf erfolgte Unruhen, und Trennung beweisen fiel wohl was anders, als daß die Per- fer in ihrem Elende noch gar nicht über dasselbe aufmerksam worden, noch nicht über die Ursachen defelben nachgedacht, und also auch noch keinen Weg gefunden haben, fich von demselben zu befreien? Und damit ich einmal zum Schluß komme, sieht man nicht deutlich, daß ihr Cholerisches Temperament, ihr schon lange verderbt denkendes Wesen auf eine sehr unglückliche Wei- . fe bestimme, daß sie ihr Feuer blos dazu gebrauchen, um ihr Anglück zu vergrößern, und daß es daher ein Laster fey, deß sie fich bei allen ihren Handlungen theilhaftig machen, als einer Quelle aus der sie immer neuen Zufluß erhalten. Neben dem Cholerischen Temperament besitzen die Per- fer auch eine ziemliche Dofin von dem fanguinischen. Entweder agiert das Haupttemperament, oder sie find aufgeräumt. Sehr deut- lich konnte ich eine Melancholische Mischung des Bluts anmerken, und, wo fiel mir vorkam, war sie wieder natürlich. Von dem Selbstmord hat man deswegen in Persien nur sehr wenige Beyspiele, und bei denjenigen, die man hat, ist man genöthiger, die 152 •-A, - „F- die Ursache einer Cholerischen Raserei zuzuschreiben. Das fan- guinische Temperament ist eben so wie das Cholerische allgemein; der reiche ist lustig bei seinen Reichthümern, und der Arme grämt sich bei einer Dürftigkeit auch nicht; nicht, als wann er zu- frieden wäre, sondern weil ihn körperliche Eigenschafften lustig machen. Man fieht manchmal, daß diejenige, welche sich eben auf das fürchterlichste mit einander herumzankten, bald dar- auf ausgelaffen aufgeräumt sind. Aus dieser Veränderlichkeit läßt sich eine Harmonie mit der schon angeführten Unbeständig- keit der Perfer bemerken. Veränderlich höflich und unbestän- dig seyn, ist einem fanguinischen Temperament eigen. Ein San- guineus verspricht gern und viel, aber er hält wenig. Warum kan man so leicht die Freundschaft eines Franzmanns erhalten? warum hält es so schwer, bis man das Herz eines Britten ge- winnt? aber warum kan man auch auf dasselbe in allen Fällen ficheren Staat machen? Weil den Persern der Gebrauch eines wahren Vergnügens unbekannt ist, so sind es nur elende Gegen- fände, mit denen sie sich belustigen. Sie find gewohnt, viel zu fingen, sie mögen allein seyn oder in Gesellschafft; aber für ei- nen andern, der zuhören muß, gereicht dieses Vergnügen zu ei- ner Beschwehrde: dann das fingen eines Persers ist nicht ton- mäßig, immer gleichlautend, und daher für ein europäisches, nur ein wenig musikalisches Ohr etwas unaußstehliches. Sie balgen sich mit einander scherzhaft herum, und versuchen da- durch ihre Stärke. Diejenige, welche am Wein und andern hitzigen Getränken Geschmack finden, hören nicht eher auf, sich derselben zu bedienen, als bis ihnen die Trunkenheit die Krafft benommen hat, weiter zu trinken. Da ihre Zechereyen nur des Nachts angestellt werden, so dauert ihr Lärmen bis zum An- bruch der Morgenröthe, welche fie nöthiget, auszuschlaffen, das mit nicht jedermann ihre saubere Lebens-Art erfahre. Bey demselben erscheinen auch in vornehmen Gesellschafften ihre Mu- ficanten; Auswärtige werden sich aber an ihrer Kunst eben so wenig ergötzen können, als an ihren Sängern. Jedoch von der Persischen Musik werde ich bei einer andern Gelegenheit etwas um- fändlicher handeln können. In nichts zeigt sich das sanguinische Temperament der Perser deutlicher als in der Begierde zu den fleischlichen Lüften. Ein Perser glaubt deswegen hauptsächlich auf der Welt zu seyn , daß er dieser freien und ungehin- - derten A, S. „F- 153 derten Lauff laße. In der Befriedigung derselben sucht er sein vornemstes Vergnügen: ja weil er glaubt, daß der Genuß des- felben von dem Bewußtseyn der Menschlichkeit in diesem Leben ohnmöglich getrennt werden könne, so gibt er vor, daß ein Pro- phet Ulahomed aus diesem Grund von Gott befehliget worden, die Lehre, welche Jesus gepredigt hat, zu ändern, und aus derselben eine solche fest zu setzen, die der menschlichen Natur angemeffener wäre , nachdem der Meßias schon zuvor das Mosaische Gesetz, als welches gar zu strenge Vorschrifften ent- ' aufgehoben habe. Wie nun ein Perfer vermöge seiner eligion berechtiget ist, den fleischlichen Leidenschafften nachzuhän- gen, also weiß er dabey keine Maas zu gebrauchen. In dem folgenden Abschnitt werde ich der Hochzeits-Ceremonien und der Concubinen erwähnen, welche sich die Perfer neben den ange- trauten Frauen beylegen. Man erstaunt über die Anzahl bey- der, die der Luft eines einzigen Manns zu Befehl stehen müffen, und ein Gegenstand einer unbändigen Eifersucht werden. Das wahre Reizende einer ehlichen Verbindung ist einem Perfer un- bekannt: feine Triebe sind blos thierisch, und diese toben so lang, bis er denselben vor der Zeit alle Kräffte aufgeopfert hat, in welchem Fall treibende Mittel zu größern Schaden der Ge- fundheit herhalten müffen, um den bereits versiegenden Brunnen nach ihrer Einbildung zu erfrischen; wie dann ihre meisten Ar- zeneyen von dieser Art find, und wie ich mich wohl erinnere, daß mir bey meiner Perianischen Reise lauter solche Hülfs-Be- dürftige Patienten vorgekommen sind. Das weibliche Geschlecht ist für die ausgelaffene Triebe der Perser nicht hinlänglich. Sie halten auch vielfältig mit dem Vieh zu und die Knaben-Schän- derey ist überall im Schwang, daher die Lesgier die geraubten jungen Georgianer bei ihnen gut abzusetzen wissen, dann es wird mancher, wann er jung und schön ist, für tausend Rubel ver- kaufft. Also agiert auch das fanguinische Temperament auf feine vorrheilhafte Weise bey den Perfern, oder sie gebrauchen es eben fo schlecht, wie ihr Cholerisches: und wegen diesem gedop- pelten schlechten Gebrauch liegt die ganze Nation in einem solchen Verderben, welches ihr über kurz oder lang den völligen Garaus machen muß, wann sie nicht bald so glücklich ist, aus ihrem langen Schliff zu erwachen. - Dritter Theil. U - Die 154 «A, I. „H / Die Perser find von groffer Statur, und corpulent. Ihre Farbe ist weiß bräunlich, jedoch die Schiraffer, die Inn- wohner zu Kandahar, und alle, die nahe an den Gränzen von Indien wohnen, sehen schwärzlich aus. Sie haben schwarze Haare, eine hohe hervorragende Stirne, schwarze Augbraunen, schwarze und blaue Augen, eine Habichts-Nase, volle Baken, und ein großes Kinn. Ihr Angesicht ist länglich, und hat viel reizendes. Ihr Hals ist lang. Ihre Ohren filzen nicht wie bey uns an dem Kopf feste, sondern hangen gemeiniglich herun- ter, woran ihre schwehre Müzen, die sie zu tragen pflegen, und die sie nimmermehr von dem Kopf abnehmen, vernuthlich mit fchuld find. Die Araber besitzen Ohren, die sowohl eine anseh- liche Gröffe als Breite haben, und die so straff, als ein ausge- spanntes Segeltuch befestiget find; es ist aber nicht andem, daß sie mit denselben einige Bewegung machen, und also auf ei- ne vielfältige Art die Straten des Schalls auffaffen könnten; als wovon ich hinlänglich überführt zu werden Gelegenheit ge- habt habe. Alle Perfer haben, mehr oder weniger merckliche, fähiefe Beine, welches von ihrem sitzen komt, da sie sich also auf der Erde niederzulaffen pflegen, daß die ganze Last des Leibes auf den Füßen ruher, indem sie dieselben also zurückbiegen, daß die Fußsohlen mit dem Hintern einerley Lage bekommen. Die Natur hat dem schönen Geschlecht nicht in allen Ländern denjenigen Vorzug eingeräumt, den solches in Europa genießt. Die Arabische Weiber sind durch die Wärme ihres Him- melstrichs fo garstig geworden, daß sie noch häßlicher, als die Mohrinnen aussehen. So find auch die würckliche Persianerin- nen, die in dem innersten des Reichs wohnen, von der Sonnen- hize gleichfalls so ausgebrannt, daß sie schwehrlich bei unsern Schiedsrichterinnen für Schönheiten paßiren würden; es ist auch nichts feines, nichts regelmäßiges an ihnen. Das Per- fische Blut aber hat durch die Einführung des Tscherkäßischen und Georgianischen Frauenzimmers eine sehr vortheilhafte Ver- änderung erlitten. Die Harems der vornehmen Herren sind mit demselben angefüllt. Sie finde es nicht nur neuerlich, sondern seit etlich hundert Jahren zurück, und es ist dadurch nach und nach - geschehen, daß die Würfung allgemein wurde, und daß man jezofagen kan, auch die Perianerinnen feyn schön, und recht schön. Ein voll- kommen schönes Frauenzimmer muß nach dem Persischen Geschmack fol- •A, H „F* ISS . folgende Eigenschaften besitzen: Sie muß eine mittelmäßige Län- ge und eine mit derselben proportionierte Dicke, ein schwarzes und langes Haar, eine kleine Stirne, schwarze Augen und Aug- braunen, lange Augenlieder, ein weis röthliches Gesicht, eine kleine Nase, einen kleinen Mund, ein kleines Kinn, kleine weis- fe Zähne, einen langen Hals, kleine Brüste, kleine Hände und Füße, einen dünnen Unterleib, und eine zarte Haut auf dem ganzen Leib haben. - Die Perser sind stark von Natur, ja sie besitzen sehr oft eine aufferordentliche Stärke. Sie find im Stand, die größte Strapazen auszustehen, und werden doch nicht ermüdet. Sie sind nicht nur gesund, sondern ihre Gesundheit ist auch dauer- haft, und sie erreichen ein hohes Alter. Es ist fast unglaublich, wie bei ihrem beständig unruhigen Leben, bei dem unmäßigen Gebrauch der Weiber, bei andern der Gesundheit sonst so nach- theiligen Dingen ihre Natur aushalten könne; aber sie thut es; und wir find genöthiger, bei diesem Umstand sehr viel der Ge- wohnheit zuzuschreiben. Jedennoch werden auch die Persianer sehr oft kranck; die Innwohner in Gilan und Masanderan sind wegen des platten Landstrichs, den sie inne haben, viel mit Fiebern und fibrischen Zufällen, mit übelm Gehör, mit Schwindel und Geschwulsten des Leibes geplagt, sie haben auch alle eine blas- fe, gelbe Farbe. Die Perfer insgesammt müffen sich fast ihr ganzes Leben hindurch mit allen Gattungen von Augenkranckhei- ten, viele auch mit dem Staar, mit haemorrhoidalischen und allen daraus entstehenden Beschwehrden schleppen, und nur ihre viele Bewegungen machen ihnen solche leidlicher. Auffer diesen find fie zu hizigen Fiebern geneigt; jedoch werden solche selten gefähr- lich. Weil sie viel Blut haben, fo müffen sie auch alle Folgen ertragen, die mit der Vollblütigkeit verbuben sind. Die Gelb- fucht ist in Persien fast wie endemisch. Von außerordentlichen Krankheiten hört man nichts. - Der kriegerische Muth herrscht in allen Persianischen Seelen; ich glaubte, ein junger Persianer bringt ihn mit fich auf die Welt. Aber eben derselbe ist es, der auch alle Liebe zu den Wiffenschaften unterdrückt. In Persien weiß man nicht einmal was Wiffen schafften, wenigstens was reelle Wissenschaft ten find? Glückliche Europäer, die ihr den Vorhang der Fin- ferniß schon lange abgezogen, und zu eurem blühenden Nutzen U 2 ein- 156 •A, P. „F- eingesehen habt, die Wissenschaften seyn der einzige Weg, durch welchen man zu der Erkenntniß Gottes und seiner Werke, zu der wahren Glückseelichkeit, zu einem nützlichen und gesellschaftlichen Leben, und zu der Zufriedenheit, ein würdiges Mitglied der Welt zu seyn, gelangen könne. Von diesem Vergnügen wifen die Persianer nichts. Sie gestehen, es auch selbsten, daß sie nichts wiffen, und räumen hierinnen den Ausländern allen Vorzug ein. Sie wollen aber auch nichts davon wissen, dann weil sie von den Wißenschaften keinen Nutzen für ihren Säbel erwarten, so können sie nicht begreiffen, was man dann mit den Wissenschaf- ten haben wolle ? gleichwohl gibt es Gelehrte unter ihnen, und diese sind ihre Geistlichen, deren einziges Augenmerck aber die Astrologie ist. Wann eine Sache von Wichtigkeit unternommen werden soll, sie mag von einer Art feyn, von welcher sie will, fo müffen die Geistlichen, aber unter denselben diejenige, welche den größten Ruhm haben, den Tag zu der Ausführung nach der Constellation bestimmen. Wann ein Kind gebohren wird, so müffen diese ihm das Prognosticon ausfertigen. Wann einer geträumt hat und er will wissen, was ein Traum zu bedeuten habe, fo geht er zu den Geistlichen, und diese vertreten Josephs Dienste. Will ein Vater seinen Kind nicht selbst einen Nahmen bey der Beschneidung geben, so erheilt ihm der Priester einen, nach dem Planeten, unter welchem das Kind gebohren ist. Alle gu- te und böse Dinge, alle wichtige Veränderungen, Glück oder Un- glück, Ehen, u. d. g. bestimmen, entwikeln und verbeffern die Geistlichen nach den Sternen. Und diese Sternwissenschaft, wel- che mehr fehlschlägt, als eintrift, ist die einzige Gelehrsamkeit der Perfer. In Gesellschaften oder auch nur bey gemeinen Zu- sammenkünfften lesen sich auch wohl dieselbe unter einander et- was aus den Büchern ihrer Gelehrten vor. Ihre berühmteste find Sirich Chodsia Hafes und Sirich Säadi Siraft, davon der erste vor 431. und der andere schon vor 600 Jahren ge- storben ist. Die Perfer laffen sich den ganzen Kopf bescheeren, und nur junge Personen auf beiden Seiten defelben an den Schläfe fen eine Locke herabhangen, die zu einer Zierath dienen soll: man findt es aber nicht durchgängig. Sie tragen hohe Müzen von Lacken, wozu sie das Cramoisinrothe besonders lieben, welche von auffen mit schwarzen Schafs-Felle bebrämt sind. Diese Müzen hal- ten A, R. „F- 157 ten den Kopf ungemein warm, und sind deswegen im Sommer - - sehr beschwerlich. Vornehmere Leute tragen eine Binde von - Kirmannischer Ziegen-Wolle, welche sie sich, gleich als einen Tur- ban um den Kopf wikeln. Diese Binden kosten sehr viel. Man hat welche zu zwey hundert Rubel, und die zu dreyßig sind von den schlechtesten. Den Bart halten die Perser heilig, und warten feiner mit vieler Sorgfalt. Weil er schwarz feyn muß, so fär- ben ihn diejenige, welche keinen schwarzen haben, oder bey wel- chen er Alters halber schon grau zu werden beginnt. Zuerst machen sie ihn roth, und nehmen zu diesem Ende eine gewisse Quantität zu Pulver gemachten Kna, thun zu derselben so viel warm Waffer, daß das Pulver zu einer Salbe wird, und mit dieser schmieren sie den Bart; wann solcher nach einer halben Stunde trocken worden ist, so kämmen sie mit einem Kamm die Salbe wieder aus den Haaren heraus, und diese haben als dann eine rothe Farbe erhalten. Es gibt einige, hauptsächlich alte Leute, die den Bart roth haben wollen , und diese haben also auffer diesem Mittel nichts weiter nöthig; die ihn aber schwarz verlangen, die nehmen hierauf noch eine Quantität von dem zu Pulver gemachten Kraut Renck oder Anil (Indigotera tinctoria leguminibus arcuatir incanir, racemir folio brevioribus, Linn Sp. pl. 2. p. 106. n. 1. Anil. 5. uil. inodorum color. Bauh. hf. 2. p. 945.) machen daraus auf eben die Weise, als aus Kna, eine Salbe, und beschmieren mit derselben den fhon roth gefärbten Bart, wann sie troken ist, so kämmen sie dieselbe aus, und die Haare haben alsdann ihre gehörige schwarze Farbe , welche aber aufs allerhöchste vierzehn Tage dauert; daher sie gemeinig- lich alle acht Tage in den Badstuben dieses beschmieren mit ihren Bärten vornehmen. Die Weiber färben auf eben diese Weise ihre Haare. Die Perser tragen gemeiniglich drei oder vier leichte Kleider, die ihnen entweder bis an oder etwas unter die Knie gehen. Vornehme tragen seidene, mit Baumwolle ausgestopfte Unterkleider, und das Oberkleid ist von Goldstück, über welches fie einen Zobelpelz hängen. Mittlere und gemeine Leuthe tragen ihre Kleider von Seiden und Cattun, beides nach der Verschie- denheit der Menschen von verschiedener Güte; der Oberrock bey diesen ist feines oder s Lacken. Die Röcke sind ganz - 3 21 N- 158 -A, - „F* - einfach, ohne viele Umstände, vernünffig, und nach der Natur gemacht. Sie haben ihre gehörige Länge, fiel sind an der Hüffte mit einem Haken befestiget; um die Gegend der Lenden schnallen sie ein seidenes Band, damit sie paßen, und über demselben tragen sie einen Gürtel von Seide und Kattun, oder von Kir- wanischer Ziegen-Wolle. Die Ermel des Oberrocks gehen ihnen herunter bis auf die Finger; die Knöpfe an demselben sind sehr klein, und an der Zahl viele. Unten find sie auf beiden Seiten offen. Die Hosen sind weit, wie eines Holländischen Matrosen, und wegen der Sommerhitze bequem. Vornehme tragen Carmoi- finlakne Strümpfe, andere bedienen sich nur der Soken von ge- blühmter Wolle, die nur über die Knöchel reichen. Sie tragen Pantoffeln mit hohen Absätzen, wie Weiber-Pantoffeln, und wer fen solche von sich, wann sie in ihre oder andere Zimmer gehen. Ihre Hembde find von Kattun oder von Seide, aber nicht ganz von Seide, dann das Gesetz verbietet ihnen, in einem solchen ihr Gebet zu verrichten. Sie sind entweder an der rechten oder an der linken Seite feste, und haben weite Ermel. Unter dem Gürtel tragen sie ein langes spiziges Meffer in einer Scheide. Ihre Hälse sind bloß. Sie lieben besonders große Mäntel, und wählen sich darzu das dickste rohe Tuch. Sie tragen sie zum Staat sowohl, als wieder den Regen. Die Perfische Damen umwikeln den Kopff mit großen feidenen Tüchern, die über zwei Schach Archinen im Vierek haben, und von verschiedenen Farben gewebt sind. Die Art, wie sie dieselbe umbinden, ist diese; sie legen sie in der Gestalt eines Dreyeks doppelt zusammen, und die Mitte davon also auf den Kopf, daß ein Ende hinten herabhängt, dahingegen die übri- gen zwey Enden von beiden Seiten umwunden, und hinten zu- fammen gebunden werden. Ihre Hembber sind von der Männer ihren darin unterschieden, daß sie erftlich unter dem Hals und nicht auf der Schulter zugemacht werden, zweitens daß die Oefnungen viel größer, als jener ihre find, dann sie gehen vom Halse bis unter den Nabel, werden drittens rundherum mit einem schwarzen seidenen Band und filbernen Schnüren be- brämt, wovon jenes über und über mit dünnen runden oder vierekigten Stücken Silberblech oder Meßing belegt ist. Ihre Röke sind viel kürzer, als der Männer ihre, und werden bei den Vornehmen aus reichen Zeugen, bei gerin- gern «A, K „F- - 159 gern aus Laken, Burmet, oder auch von Producten der Seiden- Fabriquen verfertiget. Die Armen tragen sie noch viel kurzer, als die angesehene Frauens-Leute. Sie sind eng wie der Män- ner ihre, und unter den Ermeln aufgeschlitzt, die Ermel find auch nahe an den Händen mit Knöpfen versehen. Bei den Reichen werden sie auf beiden Seiten vom Hals an bis zum Nabel mit goldenen und filbernen Lizen und groffen Knöpfen besetzt, so, wie eben dieses auch bei den Männern gewöhnlich ist. Gürtel tragen die Frauenzimmer, wie die Männer. Ihre Hosen unterscheiden sich darinnen, daß sie enger um die Füße find. Anstatt der Strümfe bewikeln fiel die Füße bis an die Knie mit weißen baumwollenen Tüchern, eines über das andere, und legen auch noch wohl Baumwolle dazwischen, damit fiel recht dicke werden, ihre Schuhe sind wie die Manns-Schuhe beschaffen, oder eigentliche Europäische Weiberschuhe, Pantoffeln, ohne Quar tiere mit hohen Absätzen. Wann sie ausgehen, umhüllen fie fich mit großen, aus feinem oder groben weißen Kattun verfertig- ten Schleyern, welche vom Kopf bis an die Erde herabhangen gerade, wie es noch an einigen Orten Deutschlands Mode ist, daß in solchen das Frauenzimmer von Stande, vornehmen Lei- chen-Begängnißen beywohnet. Ihre Haare hangen in Locken ohne viele Ordnung. Sie zieren ihre Arme mit Armbändern von Perlen, und ihre Häupter prangen mit Juwelen. Sie eragen groffe Ohr-Ringe; aber eine einfältige Mode ist es, die viele mit den Tatarischen Weibern gemein haben, daß sie ihre beyde Naslöcher aufschlitzen, und in denselben filberne und an- dere metallene Ringe zu einer besondern Zierath tragen. vierten 160 - -A, - „F- Vierter Abschnitt, Von dem Essen und Trinken der Perser; der Grobheit des Pöbels, ihrer Reinlichkeit; von der Beschneidung, den Hochzeiten und Begräbnißen. D, Perser effen täglich zwei oder dreimal. Das erstere ist am gewöhnlichsten, wenigstens bey vornehmen, und geschieht Mit- tags nach zwölf Uhr, des Abends aber, wann es beginnt dun- kel zu werden. Die Abendmalzeit ist die hauptsächlichte, und dauert am längsten. Wann die Zeit zum Speisen vorhanden ist, fo gehen zuvor die Bediente bei allen herum, die da speisen wollen, und reichen ihnen Waffer, um sich zu waschen. Sie find auch mit Servietten versehen, mit denen man sich wieder abtrocknen kan. Gewöhnlicher weise wird auch zugleich Rosen- Waßer herum gegeben, damit man sich damit wohlriechend ma- chen möge; dieses kommt auch schon bey ganz gemeinen Visiten zum Vorschein. Wann das Waschen vorbey ist, so werden große Präsentier - Teller in den Speise-Saal gebracht, und einem jeglichen vorgesetzt. Von den vornehmsten bekommt ein jeder ein eigenes, die übrigen haben zu zwei und drey eines mit einander. Man sieht genau darauf, daß im Rang keine Irrung vorgehe, und die angesehensten ihre Teller zu erst bekom- men, so wie sie denselben auch nach vollendeten Malzeit zu letzt hinweggenommen werden. Die Speisen trägt man zu gleicher Zeit auf, und füllt damit die erwähnten Teller an. Wann ihr Um- fang nicht hinlänglich ist, allen Schüffeln Raum zu geben, so pflegt man die übriggebliebene mit Hinwegsetzung anderer nach und nach zum Vorschein kommen zu laffen. Das Hauptgericht der Perfer besteht in dick gekochtem Reis, dessen Körner ganz bleiben, und unter sich nicht zusammenhängen. Ist solcher mit Butter zu bereitet, so hat er den Nahmen Plof, ist er ohne dieselbe gemacht, wird er Schloff genannt. Man bringt diese Asiatische Speise, welche bei den vornehmsten sowohl, als den geringsten zur Erhaltung des menschlichen Lebens für : lich, 2. - - - r61 lich, als der nahrhafteste Lekerbissen, und als ungemein gefund angesehen wird, entweder für sich allein auf die Tafel, oder man füllt ihn mit gebratenem und gekochtem Schaffleisch, Hüh- nern, Gänsen und Enten, mit großen und kleinen Rosinen auch andern sowohl frischen als getrokneten Früchten aus. Man würzt ihn auf verschiedene Art. Er wird, um ihm eine ange- nehme, den Geschmack reizende Farbe zu geben, auf seiner Ober- fläche mit Safran bestreut, oder es wird derselbe auch mit an- dern Farben ausgeziert. Im Sommer wird Schloff dem Plof vorgezogen, dann man hält zu dieser Jahres-Zeit alle Fertigkei- ten, nicht ohne Grund, für schädlich. Im Sommer enthalten sich auch die meisten Perfer des Fleisches. Es ist zu verwundern, was für eine erstaunliche Menge von dieser Speise die Perser zu sich zu nehmen fähig sind. Ganze Hände voll kneten sie zu- sammen, und schluken die Maße hinunter, ohne sie zu kauen. Das Fleisch ist mürbe gekocht, daß sie es mit den Fingern zer- eheilen können; das rollen sie mit ihrem Plof in ganzen Stü- cken just fo hinunter, als wann ihnen unbekandt wäre, warum die Natur dem Menschen die Zähne gegeben hat? Aber es ist auch andem, daß es den Gesetzen ihrer Religion zu wieder lauf, sich der Meffer und Gabeln bey dem Effen zu bedienen; daher auch alle Speisen hauptsächlich aus diesem Grund also zubereitet werden, daß sie derselben entbehren können. Jedoch ist ihnen der Gebrauch der Löffel nicht verboten, und dannoch greiffen sie in ihre Ploffhüffeln mit den Händen ohne Löffel, bekümmern sich nicht darum, wann dadurch der Bart und das ganze Gesicht also beschmieret wird, daß Fett-Tropfen wie Schweiß von den Lippen herunter rollen, und erregen dadurch denen, die eine solche Eßart nicht gewohnt sind, einen würklichen Eckel. Auffer dem gekochten Reiß mit oder ohne Fleisch auf getragen, sieht man auch auf den Persianischen Tafeln allerley Zugemüse von Garten-Gewächsen, Wurzeln und Früchten. Man erblickt gebakene Reiskuchen, eingeschlagene verhärtete Eyer und allerley Arten von verzukerten Früchten, als Pistacien, Mandeln, Nochotta u. f. w. überhaupt von unterschiedlichen Confitu- ren, in welchen sie sich besonders verschwenderisch aufführen, weil fie Süßigkeiten ungemein lieben, auch diejenige nicht ausgenom- men, die an Wein und geistigen Getränken ein Vergnügen finden. Schalen mit künstlichen süßen und säuerlichen Waßern, die fie Dritter Theil. ZE allein 162 «A, M „Fs allein vermittelt hölzerner dünne verarbeiteter Löffel zu sich neh- men, find in gleichem Ueberfluß vorhanden. Die Schüßeln, in welchen die Speisen aufgetragen werden, find meistens von Por-, zellain: die Stelle des Tischlakens ersetzt das morgenländische dünn gebakene Brod (S. meine Reise-Beschreibung 2ten Theil) oder Tschurek, welches in langen und breiten Fladen über die Prae- sentierteller ausgebreitet ist, so daß man sich feiner ohne viele Um- stände bedienen kan, und wer trinken will der fieht immer Bediente mit Waßer-Krügen vor sich stehen. Die Perser sprechen wenig oder gar nichts über Tisch: fie effen sehr geschwind, und die Mahlzeit dauert längstens eine Stunde. Nach derselben wird abermal Waßer zum Abwaschen herumgegeben; Coffee, Thee und der Kallian gereicht. Vorneh- me Perser speisen ordentlicher weise nur zweimal, des Mittags und des Abends. Bey dem Mittagsmal pflegt es still und fittsam herzugehen; bey dem Abend-Brod erscheinen ihre Mu- ficanten und Sänger ; da opfert man auch dem Bacchus mit vollen Pokalen so lange, bis man nicht mehr opfern kan: es ist ja Nacht, und weil es Nacht ist, so hat es durchaus nichts zu bedeuten. Geringere Leuthe find auch gewohnt zu frühstücken, und des nachmittags zu effen. - Die Grobheit des Pöbels gegen die Europäer ist ziemlich groß. Man kan nicht läugnen, daß das Ungewöhnliche vieles zu derselben beiträgt; aber der Haß kommt auch noch dazu. Die Ausländer müßen sich gefallen laßen, auf den Straßen von einer Menge Volks so umgeben zu werden, daß sie oft nicht wiffen, wo sie aus oder ein sollen; sie müßen sich über ein höhnisches Lachen, über Schimpf und Schmachreden nicht ent- rüsten, sondern vielmehr zufrieden feyn, wann ihnen durch die von allen Seiten herbey fliegende Steine kein sonderlicher Schaden zugefügt wird. Die Ausländer müßen fich ferner nicht befrem- den laßen, wann Tag aus Tag ein ihre Wohnungen von dem neugierigen Pöbel gleichsam bestürmt werden, wann er sich so gar in die Wohnzimmer dringt, sich weder durch höfliche Worte noch durch Ernst angeredt wieder hinweg begeben will. Der Pöbel hat nicht nöthig, auf eine Gelegenheit zur Beleidigung für Europäer zu warten, er macht solche selber, so viel ihm beliebt; jedoch find ihm auch Gelegenheiten angenehm. Ich erinnere mich, daß mir an dem Huffins-Fest nachgeschrien wurde: den Fluch, mit. «A, H „Fs 163 mit dem wir anjezo Jesib belegen, verdienest du eben sowohl, als er. Jedoch zu gutem Glück ist es nur der Pöbel, der - auf solche Weise beleidiger. Ein feiner, gesitteter Perfer verabscheuet folche Aufführung, und denkt er vielleicht in seinem Herzen nicht beffer, so wird er doch äußerlich gegen Ausländer allzeit eher Achtung als Verachtung zu erkennen geben. - Wann sich einige Provinzen Europens in der Reinlich- keit besonders hervorthun, so können sie es doch damit unmög- lich so weit treiben, als die Perser. Ich rede anjezo nicht von der Reinlichkeit, welche zu dem Abschnitt von der Perianischen Religion gehört, die in allweg mehr lächerlich ist, als daß sie einige Aufmercksamkeit oder Nachahmung verdienen sollte. Je- dannoch muß ich voraussetzen, daß die Reinlichkeit, in einem allgemeinen Verstand betrachtet, einen Hauptpunct unter den Perfianischen Religions-Sätzen ausmacht, und daß daher dieses Gesetz der hauptsächliste Bewegungsgrund feyn mag, warum die Perser so erstaunend viel auf die Reinlichkrit halten, und eher Leib und Leben verliehren, als hierin den geringsten Ein- griff zu thun sich unterstehen. In ihren Häusern und Wohn- zimmern dulden fiel nicht das geringste Unfaubere: der mittlere Teil der Stubenböden ist bey den Vornehmen mit vortrefflich gewirkten Teppichen belegt, und an den Seiten derselben sind Filze von Kamel-Haaren ausgebreitet, auf welche fiel sich nach ihrer weise niederzusetzen pflegen ; dahingegen bei geringern Schilfrohr-Matten, und diese wiederum nach Beschaffenheit der Umstände von verschiedener Güte, die Stelle der Teppiche und der UNämets, ( so werden die filzerne von Kamel-Haaren auf Perfisch genannt ) vertreten müffen. Kein Perser tritt in seine eigene oder eine fremde Stube, er habe dann die Pantoffeln, deren sich alle statt der Schuhe bedienen, und die hohe Absätze, wie bey uns die Toffeln des Frauenzimmers haben, welche aus viel- fach gefärbten Chagrin verfertigt und sehr hart find, in dem Vorhaus abgelegt, und solche an einen solchen Ort hingesetzt, wo er sie leichtlich wieder finden kan. Kein Perfer wird feinen Spei- chel in eine Stube auswerffen, ohnerachtet sie so erstaunlich viel Tobak rauchen, und den Rauch so stark in sich schluken, daß er bis in die Lunge dringt, und wieder durch die Nase hervorkommt. Gleichwohl haben sie auch keine Speytöpfe, und der Schnupf- tücher bedienen sie sich auch nur selten. An ihren Kleidern muß - 3E 2 alles 164 «A, - „F- alles nette und unbefleckt feyn. Sie waschen sich sehr oft, nicht nur ehe sie beten, nicht nur wann sie ihre Nothdurft verrichtet haben, nicht nur wann sie zu Tische gehen, sondern so oft fie glauben, etwas angerührt zu haben, wovon irgend was unrei- nes zurückgeblieben feyn möchte. Sie gehen fast täglich in die Badstuben; nach einem jeden Beyschlaff muß es unausbleib- lich geschehen, und deswegen geschieht es manchmal in einem Tag zwei bis dreimal. In einem jeden Ort find theils öffent- liche und theils besondere Badstuben. Jene find stattlich aufge- führt, und durchgängig gewölbt. Es werden eigene Leuthe da- zu bestimmt, die an gewissen Tagen der Woche und zu gewifen Stunden derselben die Liebhaber öffentlich in gewissen Formuln, zu derselben einladen, so, wie täglich von den Thürmen eine dreyfache Aufforderung zum öffentlichen Gebet geschieht, und am Freytage laßen dann ermeldte Leute ihre Stimme besonders leb- hafft ertönen. Das Alter, in welchem bey den Persern die Kinder be- schnitten werden, ist verschieden. Bei einigen verrichten fie die Beschneidung gleich nach sieben oder zehen Tagen, und bey an- dern erst nach zehen Jahren. Es wird solche von einem Feld- fcheerer, und nicht von einem Priester vollzogen. Die Ceremo- nien, welche bey derselben vorgehen, find diese, daß der Vater des Kindes, so beschnitten werden soll, an dem Tage der Be- schneidung ein großes Gafmal anstellt, zu welchem er alle seine Freunde und Bekannte einlädt. Sobald sie abgegessen haben, geht die Operation vor sich. Es ist kein Gesetz, daß bey dersel ben ein Priester zugegen feyn müße; das steht allein im Belie- ben des Vaters: keine besondere, zur Aufnahme eines unbeschnitt, tenen in die Mahummedanische Gemeine bestimmte Gebetsfor- muln, oder, um nach unserer Art zu reden, keine Legenda find deßwegen bey dieser Gelegenheit üblich. Den Kindern werden die Nahmen auf drei verschiedene Arten beigelegt. Die eine beruht auf dem Belieben des Vaters, der Macht hat, seinem Kind einen zu geben, was er für einen will. Die andere läßt es auf das Schicksal ankommen, welchen es dem zu beschneidenden Kinde zugedacht hat, und wird, fo- gender maßen ins Werck gerichtet. Der Vater des Kindes fekt fechs oder sieben Lichter auf einmal an, giebt einem jeden einen besondern Namen, und nach demjenigen, welches am längsten POs) •A, - „F- 165 von allen feine Flamme erhält, wird das Kind genennet. Die dritte Weise ist, daß wann einem Vater nach diesen beyden Arten das Kind zu nennen nicht gefällig ist, er einen Priester ersuchet, den Nahmen des Kindes zu bestimmen, welcher sodann in feinen Büchern nachsieht, unter welchem Planeten das Kind gebohren fey, und nach demselben seinen Priesterlichen Ausspruch thut. Die Nahmen, so die Kinder zu bekommen pflegen, find insgesammt die Nahmen ihrer Propheten oder anderer Heiligen, als z. e. Mahumed, Ali, Moyßes, Isaac, Smail, Hußen, Ephraim, u. f. w. Wann Reiche ihre Kinder beschneiden laßen, so besorgen fiel auf ihre eigene Kosten aus einem Trieb der Barmherzigkeit und in der Meynung, es werde die Operation bey dem Ihrigen desto beffer und beglückter von statten gehen, solche auch an einer ungleichen Anzahl anderer armer Kinder. Es wird nicht die ganze Vorhaut, sondern nur die Spitze der- flben abgeschnitten. Die Wunde heilen die Perfer entweder so wie andere Mahumedaner, mit pulverisiertem alten Eichenholz, und betreuen damit dieselbe; oder ihre Feldscheerer bedienen sich auch zu diesem Ende eines eigenen Pflasters, welches fie felbsten verfertigen. Daß Kinder an der ihnen zugefügten Wuns de sterben sollten , hört man wenig ; daß sie aber öfters lange an derselben kranck liegen und große Schmerzen ausstehen müßen, giebt es desto mehrere Beyspiele. Die Ursache schreibt man der Unvorsichtigkeit zu, nach welcher man den neu beschnittenen Kindern viel zu trinken giebt, woraus geschwülste entstehen sollen, die manchmal über dreyßig oder vierzig Tage dauren. Von der Beschneidung ist kein Perfer männlichen Ge- schlechts ausgenommen; die Araber verrichten dieselbe auch bei den Mädchen, aber von diesem wißen die Kyfilbaschen nichts. Der Beschneidungs-Tag ist ein großer Tag der Freude in einer Familie, dann der beschnittene wird an demselben ein wahres Mitglied der Gemeine und ein ächter Anhänger ihres großen Propheten und Gesetzgebers Mahomeds. Die Luftbar- keiten, die hierbey angestellt werden, dauren öffters etliche Tage hinter einander, und sind um so feierlicher, je größer das Ver- mögen ist, so die Väter der Neubeschnittenen befizen. - Die Hochzeiten der Perser und die dabei übliche Ce- remonien verrathen einen gänzlichen Orientalischen Geschmack, ja man bemerkt dabei eine groffe Aehnlichkeit mit den alten, 3E 3 und 66 •z, R. „F- und aiso ursprünglichen Hochzeit-Gebräuchen der Rußen, als welche nun aufgeklärte und auf Europäischen Fuß gesetzte Nation überhaupt vermöge ihrer Nachbarschafft mit dem Morgenland ehmalen nichts als Morgenländische Sitten und Gebräuche geheget hat, und zum Theil, besonders etwas in weiter Entfernung von Petersburg und Moscau, noch heger. Ist nicht die wahre alte Rußische Kleidung fast ganz orientalisch? Die alte Rußische Musik und Rußische Tän- ze haben sie nicht eben denselben Ursprung? Die Hochzeiten der Perser mögen einen neuen Beweis davon abgeben. Das Alter, in welchem bey den Persern die Männer sich zu verheiraten pflegen, ist unbestimmt; Bemittelte thun es früh und Arme spät, dann die letztern müßen sich erst so viel erwor- ben haben, daß sie eine Frau unterhalten können. Demnach ge- schieht es auch selten, daß sich reiche Leuthe vor dem fünfzehen- ten Jahr verehlichen. So aber nun jemand in den Ehstand zu treten gedenkt, so geschieht die Anwerbung auffolgende Weise. Derjenige, der sich zu verloben willens ist, schickt von feiner Sei- te eine alte Frau in das Haus seiner zukünftigen Braut mit dem Auftrag, solche in Augenschein zu nehmen, und fich nach allen Umständen zu erkundigen. Nach verrichteten Dingen be- giebt sich die alte Frau zu dem Freyer zurück, und stattet ihm vom demjenigen, was sie gesehen hat, gebührenden Bericht ab; um sich von der Wahrheit der Sache zu überzeugen, fertigt der Freyer nach einigen Tagen drey andere Frauen in eben dersel- bigen Absicht, in welcher die erste abgeschickt wurde, nach dem Hause feiner verhofen zukünftigen Braut ab, und wann dann diese gleich der ersten, mit erwünschten Nachrichten zurück kom- men, so sendet er zween angesehene Männer an die Eltern, oder falls diese nicht mehr am Leben sein sollten, an die Anverwand- ten der Braut mit der Anfrage ab, ob sie gesonnen wären, ihre Tochter oder Befreundtin an ihn ehlich zu verheirathen? Erfolgt auf die Anfrage eine Antwort mit ja, so erkundigen sie sich weiter, wie viel Geschencke die Braut vom Bräutigam verlange, und wie viel fiel dagegen ihm zu geben gesonnen fey ? Die ge- schenke aber bestehen bey den gemeinen in zwanzig bis dreyzig Rubeln, bey vornehmen aber in 6. 10. bis 20. Paar Kleidern, goldenen Knöpfen, Treffen und so weiter. Ohngefähr so viel als der Bräutigam der Braut schenkt, muß diese ihm wieder schencken, Ist man nun auch über diesen Punct einig, so kehren die Abge- - ordner «A, - „F- 67 ordneten mit ihren Nachrichten zu dem Brautigam zurück, und die ganze Sache hat fast ihre vollkommene Richtigkeit. Das Verlöbniß, bei welchem aber der Bräutigam, der seine Braut vor der Hochzeit-Nacht nicht zu sehen bekommt, keineswegs ge- genwärtig sein darf, besteht in der leeren Ceremonie, daß lezte- rer feiner Braut einige Schüffeln mit Confituren, einen Dia- mantnen, goldenen oder silbernen Ring, und ein Paar mit Edel- gesteinen besetzte, oder aus Gold und Silber verfertigte Armbän- der überschickt. Diese Dinge werden der Braut von einigen Wei- bern eingehändiget; sie verzehrt die Confituren mit einigen ihrer Freundinnen, steckt hernach den Ring an, und bindt auch die Armbänder um die Hände, welche sie sammt dem Ring nicht eher, als nach der Hochzeit ablegt; die Gesellschafft geht, wann alles dieses geschehen ist, vergnügt aus einander. Die Zeit zur Hoch- zeit bestimmen die Eltern oder nächste Anverwandte von beyden Personen. Die zu den Geschencks-Kleidern bestimmte Zeuge werden einander von beiden seiten einige Tage vor der Hochzeit übersandt, und wann sie beiderseits gefallen, die Kleider daraus verfertiger." Am letzten Tage vor der Hochzeit wechselt man die fertige Klei- der nebst den andern Geschenken mit einander. Zu dem Hoch- zeits-Fest selbsten wird eine große Anzahl Personen beyderley- Geschlechts eingeladen, und ein jedes besonders bewirthet; die von dem männlichen halten sich bey dem Brautigam, und die von dem weiblichen bey der Braut auf. Die Unkosten dieses doppelten Tractaments trägt der Bräutigam, und erwählt zu diesem Ende zwei eigene, durch eine Scheidewand von einan- der abgesonderte Häuser. Sobald alle Gäste bey einander, wel- ches des Nachmittags zu geschehen pflegt, versammlet find, fo- wird auch ein Priester herbey geholt, dessen Verrichtung darin- nen besteht, daß er erstlich einen Zeugen von denen mit und un- er einander gewechselten Geschencken abgiebt; zweitens, daß er mit den Eltern der beiden Partheien eine gewife Summa Gel- des, die sich von dreißig auf fünfhundert Mindeneares erstrecke, befimmt, die der eine Theil dem andern auszahlen muß, wann er sich scheiden lassen will, und drittens, daß er fich an diejenige Thür begiebt, welche die Scheidewand zwischen dem Zimmer des Bräutigams und der Braut ausmacht, und dafelbst mit heller Seimme einige Gebete verrichtet. Wann dieses alles vollzogen ist, so setzt man sich zu Tisch, ißt und trinkt sich fatt, der Bräuti- - - / Y 8am - 168 •A, E. „F- - gam aber verfügt sich darauf unter der Begleitung aller seiner Gäste in sein eigenes Haus, die Gäste beurlauben sich bald von demselben, und begeben sich nach ihren Wohnungen. Auf dieses wird die Braut unter der Begleitung vieler Frauen in das Haus des Bräutigams geführt, die nachdem jene ihren Ab- schied genommen haben, ihre erste Visite bei dem Bräutigam in seinem Schlaffzimmer abstattet, das von der ersten Unterhänd- lerin geschloffen und solange bewacht wird, bis den andern Mor- gen die jungen Eheleute solches selbst eröffnen. Sie nimmt das Betlacken, auf welchem die Braut die vergangene Nacht über gelegen, in Empfang, mit demselben geht sie bey den El- tern und Anverwandten der gewesenen Braut und des Bräuti- gams herum, und beweißt ihnen mit demselben die Keuschheit der erstern. . Für diese Bemühung wird sie von einem jeden nach Vermögen beschenckt und damit haben auch alle Hochzeits- Ceremonien ihre Endschafft erreicht. Mahumed schreibt den Persern in seinen Gesetzen vor, sich nicht mehr, als vier Frauen antrauen zu laßen; dabey aber giebt er ihnen die Erlaubniß, unangetraute zu miethen, und so viel zu miethen, als es eines jeden Beutel verstattet. Reiche glauben sich daher bei Gott verdient zu machen, wann sie eine groffe Anzahl derselben unterhalten, dann fiel geben vor, daß indem sie dieses thun, fiel ja dieselbe fähig machen, dem menschlichen Geschlecht einige Dienste zu leisten, da sie sonsten unnüzliche Mitglieder der Gesellschafft bleiben würden. Wann sich ein Perfer mit mehreren Frauen antrauen Iäßt, so find die Ceremonien eben dieselbige, die ich in dem vor- hergehenden angeführt habe; und zwischen allen angetrauten Frauen ist kein anderer Unterschied, als daß die zuerst verlobte einen beträchtlichen Vorzug nach den Glaubens-Gesetzen behaupten kan, und auch ihre Kinder, falls sie welche gebiehrt, eben den selben vor den Kindern der andern Frauen besitzen. Bey ge- meinen Leuthen wird sie auch mehr geachtet, ist definvegen von allen schweren Arbeitern befreit, und ihr nur die Besorgung der Haus- haltung aufgetragen. Allein unerachtet sich dieser Vorzug felbst auf die Lehre des Corans gründet, den die Perser doch sonsten als die einzige gewisse Richtschnur ihres Lebens ansehen und ansehen müßen, so geschieht es vielfältig, daß derselbe über die maßen geschmälert wird. Ein gröfferer Reiz der Jugend, eine mehr - - •A, S. „F- - 169 mehr gefallende Schönheit, oder auch ein mehr geschärfter Ver- fand lenken das Herz der Männer öffers weit kräftiger zu einer oder der andern von neuerlich angelobten Frauen, und es kann daraus nichts anders erfolgen, als daß der Vorzug der ersten auf den mehr geliebten Gegenstand zurückfällt. Es kan sich ein jeder Perser von seiner angetrauten Frau, oder diese von ihrem Mann, ohne einige Gründe anzugeben, scheiden laffen. Der unzufriedene Theil geht nur zu dem Priester, und meldet ihm feinen Entschluß, welcher solchem die bey, der Hochzeit ausgemachte Reukaufs - Summe dem andern auszu- bezahlen, anbefielt, ihm alle empfangene Geschencke zurück zu geben auferlegt, und so dann einen gültigen Scheide-Brief ertheilt. Hat ein Mann mit feiner Frau Kinder gezeugt, und er läßt sich von ihr scheiden, so steht es in seinem Willen, ob er dieselbe behal- ten, oder ob er sie der Frau überlassen will? und so verhält ' sich auch mit der Frau, wann sie sich vom Mann scheiden äßt. Die unangetraute Frauen stehen mit den angetrauten in einem solchen Verhältniß, daß sie vom Mann schlechter, als die- fe gekleidt werden, und daß sie nach des Mannes Tode auffer ihren Lohn nichts erhalten: da die vier angetraute hingegen, fo, wie es unten folgen wird, den siebenden Theil des Vermögens bekommen. Sie werden auch von dem Mann ohne alle feyer- liche Scheidung abgelaffen. Er mietheit dieselbe entweder auf eine bestimmte oder auf eine unbestimmte Zeit; jene besteht manchmal in Jahren, manchmal auch nur in Monaten und Wochen. - - - Das Haus, worinnen bey den Vornehmen die Weiber wohnen, besteht aus vielen Zimmern, wovon zwei oder drey ei- ner jedweden zum Gebrauch dienen. Wann die Mutter, Schwe- fer, oder auch sonsten eine nahe Anverwandtin des Herrn am Leben ist, so hat diese das Commando über alle Frauen, und diese müßen sie auch als ihre Vorgeseztin erkennen. Sie schlich- tet alle Streitigkeiten, die unter denselben vorfallen; mit einem Wort, sie stellt eine Oberaufseherin vor. So, wie die Männer alle Tage des Morgens und Nachmittags bei ihrem Vorgesetz- ten ihre Aufwartung machen müßen, so machen es auch die Frauen bei ihrer Oberaufseherin. Ist niemand von den An- verwandtinnen des Herrn am Leben, so versieht die erste Frau Dritter Theil. Y diesen 17» •A, § „F- diesen Posten. Sonsten ist keine Subordination unter den Frau- en, als daß sie für diejenige, die der Herr am meisten liebt, ei- nigen Respect bezeugen müßen. Die Beschäftigung aller dieser Frauen besteht täglich darinen, daß sie mit Gold, Silber und Seide allerley Sachen ficken, daß sie fein nehen und stricken, und daß sie einige feine Zeuge aus Seide und Baumwolle ver- fertigen; man hält es auch für gar keine Schande, die Arbei- ten. der Chanischen Frauen auf dem öffentlichen Marckt zu ver- karifen. Eine jede Frau wird von zweyen Weibern bedient, von denen die eine beständig in der Küche, und die andere im Zimmer ist. Das Perfische Frauenzimmer wird in der Jugend von den Priestern im Lesen und Schreiben, wie nicht weniger, in den Grundsätzen der Religion unterrichtet. Von Kämpfers lüster- nen Spitznahmen, mit welchen die Damen bei den Herren in den Harems belegt werden sollen, ist gegenwärtig nichts bekannt; es kam aber seyn, daß sie zu Schachischen Zeiten Mode gewe- fen find. fi Es wird bey den Persern gar nicht für schimpflich ge- halten, eine Witwe zu heirathen, zumalen, wann sie Schönheit und Verstand befizt. - - Die Stelle der Hebammen vertreten bei den gebähren- den Frauen alte durch die Erfahrung geübte Weiber. Sie be- dienen sich auch gewisser Wehestühle, und gebrauchen bei der Geburt treibende Mittel, unter welchen folgendes das gewöhn- lichte ist. Der Priester schreibt einige Gebetsformuln auf ein Papier, legts ins Waßer, bis es aufgeweicht ist, und giebt dieses Waßer der gebährenden Frau zu trinken. Bey wieder- natürlichen Geburten und Lagen müßen die Hebammen zu hel- fen suchen, so gut fie können. Von unglücklichen Kindern und Geburthen auf Seiten der Mutter und des Kindes hat man nicht gar viele Beyspiele. Die Nabelschnur schneiden die Perfer erst nach sieben Tagen mit einem Meffer ab. Die Nachge- burth wird gleich nach der Geburth mit Gewalt heraus geriffen die Natur mag dazu sagen, was sie will. Die Kindbetterin- men halten ihre Wochen, wie bei anderen Nationen, verschieden. Die Armen stillen ihre Kinder selbst, und die Reichen halten sich, nach der verkehrten in und unweit vom Orient nur allzu übli- chen Mode, eigene Ammen. Die Zeit der Entwehnung ist gleich- falls verschieden. Einige Kinder genießen die Milch ein, andere zwey •-A, - „F- 171 zwey ganze Jahre. Von Zwillingen hat man sehr viele Exem- pel, von Trillingen aber sehr wenige, und es wird auch bey den Persern als ein schlechtes Zeichen von dem zukünftigen Glück der Kinder angesehen, wann eine Frau drey zu gleicher Zeit auf die Welt bringt. Ueber drey hat man gar keine Beyspiele, da es hingegen bei den Arabern sehr gewöhnlich sein soll, daß eine Frau vier bis fünf Kinder auf einmal ans Licht bringt. Die Persianischen Weiber sind ungemein geil: es ist ihnen aber bey nahe diese Unart nicht übel zu nehmen, da sie die Reihe so sparsam trifft, ihre Lust befriedigen zu können. Wann sie mer- ken , daß ihnen dieses Glück bevorsteht, so wifen sie sich nicht genug aufzupuzen, und allen Theilen ihres Leibes, beson- ders den finnlichsten, einen solchen Reiz zu geben, daß ja der Mann bewogen werden möchte, seine Besuche öffters zu wieder- holen. Sie find ziemlich fruchtbar, doch hören sie gemeiniglich mit dem Gebähren zwischen dreyzig und vierzig Jahren, auch wohl noch früher, auf - Sobald bey den Persianern jemand stirbt, wird er ab- gewaschen. Ist es ein Mann, so wird er dieser wegen nach einem Fluß oder Brun-Waffer gebracht, ist es aber ein Weib, fo verrichtet man diese Arbeit zu Hause. Hierauf wird er noch felbigen Tags begraben. Sie halten es aus einer thörichten und vielleicht manchmal höchst fhädlichen Meinung für besonders gut, wann es gleich ein Paar Stunden nach dem Tode geschehen kan. Ihre Sterbe-Kleider bestehen in einem, aus feinem weiffen Bäß verfertigten Hemd, welches bey den Knieen zusam- men gebunden wird, und einem aus eben dieser Materie gemach- ten Tuch, mit welchem man den Kopf umbindet. Die Reichen unterscheiden sich in diesem Fall von den Armen nur darinnen, daß sie dem Verstorbenen mehr als eines oder zwey Hemder an- legen, ja wohl bis zu sieben eines über das andere. Ihre Grä- ber machen sie folgendermaßen. Sie graben erstlich einige Ellen in die Tiefe, und bereiten dadurch den Eingang zum würcklichen Grab, der sehr oft mit Staffeln versehen ist; dann graben fie nach der Länge eine Höhle, die mit Steinen ausgemauert und mit einer Thüre verschloßen wird. In diese Höhle legen sie den Todten fo hinein, daß er nicht auf den Rücken, sondern auf die Seite, mit dem Gesicht nach Mittag gerichtet, zu liegen kommt. Man bringt ihn von dem Sterb-Hause nach dem Grabe in Y) 2 einem 172 . •-A, - „F- einem bretternen Sarg, aus diesem aber wird er vor dem erstern heraus genommen, und in seinem bloßen Hemde beigelegt. Die Leiche wird von allen Anverwandten und Freunden eben so wie bei uns, zur Beerdigung begleitet. Die Prie- fer gehen auch mit vollem Gesang vom Sterb-Hause bis zum Grabe mit, allwo sie sowohl vor der Einsenkung als nach der selben einige Gebete verrichten. Die Seelen-Meffen sind bey ihnen auch im Gebrauch; Reichelaffen gemeiniglich dieselbe sieben Tage lang über dem Grab unaufhörlich lesen, und während die- fer Zeit kam auch sonsten niemand, er mag feyn, wer er will, auffer dem Priester, zu dem Grabe kommen. Die Geistlichen besuchen auch die Sterbende, und thun alles dasjenige, was in diesem Fall unter andern Religionen üblich ist. Die Leid- tragende machen bei der Proceßion und dem Grabe einen gros- den Trauer-Lermen, und drücken ihre Betrübniß mit mannigfalti- gen Gebährden und wunderlichen Bewegungen des Leibes aus. Die Perser machen ihre meisten Grabstätte definvegen am öffent- lichen Wege, damit ein jeder Vorbeigehende Gott um die Er- lösung und das Heil der Seele des Verstorbenen anruffen möge. Wann ein vornehmer oder geringer Persianer stirbt, und Frauen oder Kinder hinterläßt, so wird sein Vermögen folgen- dermaßen unter dieselbe verheilt. Die vier oder weniger an- getraute Frauen bekommen erstlich den fiebenden Theil deßelben; die übrig gebliebene fechfe fondert man in drey andere ab. Von diesen dreyen bekommen die Söhne zwey, und die Töchter einen; aber der unangetrauten Frauen Kinder bekommen nur halb so viel, als der angetrauten ihre, es fey dann, daß der Vater auf feinem Todt-Bette solche den andern gleich gesetzt hätte. Der älteste Sohn hat bei der Erbschaft aufferdem, daß er das beste Pferd, so der Vater hinterläßt, das beste Buch und den besten Säbel, den er findt, zu sich nimmt, keinen Vorzug. Testament- liche Verordnungen sind bei den Persianern eben so, wie bei uns im Gebrauch, und fiel müßen durch Zeugen bestätigt seyn, wann sie ihre Gültigkeit haben sollen. - Wann ein Vater stirbt, und unmündige Kinder hinter- läßt, fo fzt er noch in den letzten Stunden feines Lebens einen feiner Freunde zum Vormund über dieselben ein, und dieser muß dem sterbenden Vater die Hand geben, daß er statt feiner als ein rechtschaffener Vater für eine nachgebliebene Kinder sorgen - wolle. •-A, - „AF- - 173 wolle. Der Vormund hat niemand, als den heranwachsenden Kindern von seiner Haushaltung Rechenschafft zu geben. Wann die Mutter sich nach des Vaters Tode nicht mehr zu verhei- rathen gesonnen ist, so wird kein Vormund gesetzt, sondern fie erzieht ihre Kinder selbst und besorgt auch deren häusliche Um- fände. Wann Vater und Mutter schnell mit Tode abgehen, und zuvor keinen Vormund über ihre unmündigen Kinder be- fimmt haben, so werden dieselbe auf Kosten der Sloboden, oder Gemeinden, zu welcher dieselbe gehören, erzogen: daß sich aber vornehme Personen, als Chane, Veziers, Sultane, zu gleich fol- cher Waisen annehmen folten, hat man nur sehr seltene Beyspiele. - Im Fall ein Mann ohne Leibes-Erben das Zeitliche verläßt, fo erben die nächsten Blutsverwandte; und wo der fer- bende den Bluts-Verwandten nichts mit ausdrücklichen Worten vermacht, sondern ein Vermögen unter fremde Leute austheilt, fo können die Verwandte, wann sie es erfahren, sich bey der Obrigkeit beschwehren, und ihre Gebühr zurückbekommen; hat aber der Verstorbene feine Habseligkeit an die Metscheden vermacht, so wird schlechterdings nichts mehr zurückgegeben. P 3 - Fünf 174 •», + JF- Fünfter Abschnitt. - Von dem gegenwärtigen Gilanischen Chan, Hedatet, dessen Einkünften, Regierung und Hofstaat. Aus einer andern Stelle meines Tageregisters erhellen, daß Maho- med Chaffan Chan einen gewissen Perfer, Adschi Schamal, zum Befehlshaber in Gilan eingesetzt habe, als er sich bei seinen glück- lichen Umständen dieser Provinz bemächtigt hatte. Dieser Adschi Schamal (*) war der Vater des gegenwärtigen Chans Hedaer, schon zu Madir Schachs Zeiten Ketchuda zu Fomin, und besaß ansehnlichen Reichthum. Nach der Aufhebung der Schachischen Würde in Persien und mitten unter den darauf erfolgten Un- ruhen, erwarb er sich gelegentlich eine Partey, und fuchte mit derselben Gilan unter feine Botmäßigkeit zu bringen. Sein Vorhaben gelung ihm auch, aber das Glück dauerte nicht lang: dann nach zwei Jahren, den 6ten November 1752. nem lich, wurde er, da er sich zu Schaft befand, von dem dortigen Sta- roten Hadschtschef, mit zwey hundert Mann überfallen und getödtgt. Dieser Hadschischef und der Kestärische Naip, Mirsa Saki, eigneten sich nach dieser Begebenheit die Beherr. fchung über Gilan gemeinschaftlich zu, wurden aber nach drey oder vier Monathen von dem damaligen Masanderanischen Chan, Mahoned Haffen, überfallen und ums Leben gebracht. Zedaet, Adschi Schamals Sohn, wurde von Mahoned Haffan Chan - zum ( * ) Der Mörder des Eltäns Schamal, nicht Gemal Begs der zu Somili im Jahr 1751. erschoßen worden. Schamal bedeutet schön und Beg einen Edelmann, •A, - „F 175 zumr Naip in Gillan erklärt, und der Kesminische Naip, Adschi Nadbi, mute, weil jener noch minderjährig war, feinen Pfleger abgeben. Als Mahomed Haffan Chan immer von Alfad Chan beunruhiget wurde, und der letztere sich einmal der Provinzen Gilan und Masanderan bemeistert hatte, so gefiel es ihm wäh- rend seiner kurzen Regierung Heda er dem Naip, die Chans- Würde zur ertheilen, und dieselbe behauptete er sowohl zu den Zeiten, da lahomed Haffan Chan wieder zum Besitz seiner Herr- fchaften gelangte, als noch bis jetzund unter der Oberherrschaft Kerim Chans. Die Chans oder Naips aus den kleinern Städ- ken der Provinz Gilan, Lagidschaan, Langorod, Keßnin, Keskär und so weiter, die sonst ganz freye Beherrscher ihrer Districte waren, muten sich vor 9 Jahren auf Befehl Kerin Chans dem He- daer unterwerffen. Hedaer Cham ist wie alle andere Chane, die an Ruß- land gränzende Gorskische ausgenommen, ein Vafall von Kerim Chan. Er bezahlt demselben jährlich 2500. Batman Seide, und zweimal hundert Tausend Rubek an Gelde. Manchmal verlangt man noch aus Schiras aufferordentliche Abgaben. Er muß sich äußerlich gefallen laffen, allen Befehlen zu gehorsamen, die von daher an ihn einlauffen; und wann Kriegs-Völker ver- langt würden, so kann er sie nicht versagen, denn ungeachtet an und vor sich selbsten wider einen ungehorsamen Vasallen Ke- wim Chan nicht viel zu thun vermag, so nimmt man sich doch bey feinen Lebzeiten in acht etwas abzuschlagen, was vor der Zeit eine widrige Gesinnung verrathen könnte. Indessen hat Hedaet bald nach seiner Gelangung zur Chanschaft mit Kerim Vekil angebunden. Er war verpflichtet, einem Oberherrn wie- der den Tawrifischen Chan mit Truppen zu Hülffe zu kommen; er versprach, solche von Zeit zu Zeit, hielt aber niemals Wort; und endlich zog er von der Sache heimtükisch feine Hand völ- lig ab, bis dieselbe endlich in zimliche Gewaltthätigkeiten von Kerim Chans Seite ausbrach, wie ich bei meinem Auffenthalt in Maffula erwehnen werde. Hedaer Chan hat in der That bey den Umständen, von welchem ich rede, vieles verlohren, und sich vorgesetzt, lieber so lang ein Vasall zu bleiben, bis es Zeit feyn möchte das Joch abzuschütteln. - - Was die Chans in den Persischen Provinzen unter der Regierung der Könige bedeutet haben, das sollen noch gegen- wärtig - wärtig die jetzige vorstellen. Kerim Chan nemlich nimmt die Person eines Schachs an, und sie find eine vornehmste Be- dienten. Rerin Chan wohnt in Schiras. Hedaet Chan z. E. bezahlt an ihn an Seide und Geld für Gilan so viel, als ich angezeigt habe, und erhält von Kerim seine Besoldung. Gut, wann dasjenige sich allzeit so verhielte, wie es den Nahmen führt. Da schon zu Schachischen Zeiten die Provinzial-Chane fast einen Schachischen Staat geführt haben, was ist wohl von den gegenwärtigen zu erwarten, die sich selber so gut Herren zu feyn düncken, als ihr Principal ? die von ihrem Verfahren ihrem Herrn wenig oder gar keine Rechenschaft geben dürffen? Denn wann sie auch äußerlich keinen Staat machen wollen, auf ihre Bereicherung dencken müßen, um bey der nächsten besten Gele- genheit von ihrem Gelde Gebrauch zu machen? Kerim Chan schindet seine Unterthanen und versparet das Gold für das Schwerdt feines Sohns. Hedaet Chan versteht gleichfalls die Kunst Geld zu erpreffen, aber er wendet solches zu einer glänzenden Hofstaat an , und vergißt dabei nicht feinen Sparbeutel zu spicken ; und nun betrachte ich ihn in diesem Abschnitt nicht mehr als einen Vasallen, der von der Besoldung feines Herrn leben sollte, sondern als einen Chan jetziger Zeiten, der Kerim den gesetzten Tribut liefert, und übrigens für sich allein sorgt. - Es ist schwehr zu bestimmen, wie hoch sich die Einkünf ter des Gilanischen Chans belauffen, und eben deswegen ist es schwehr, weil sie nicht rechtmäßig sind. Die dem Chan aus- gemachte Besoldung soll zwar derselbige an 1500. Batman Sei- de, an 25000. Rubel Geld, und 5000. für seine Hofstatt erhal- ten; dieses nemlich ist ihm von Kerim Chan zu seiner Bestallung ausgesetzt. Aber wie könnte dieses für Hedatet oder einen jeden andern Persischen Chan zureichend feyn, der groß thun und famm- len will wie er? Gar nicht milde gerechnet zieht der Gilanische Chan aus seiner Provinz jährlich zwo Millionen Mindenars und er erhält diese Summa hauptsächlich durch den Verkauff der von feinen Unterthanen eingesammleten Seide, von demjeni- gen was die Straffen abwerffen, von Abgaben, die er von Zeit zu Zeit aufbringt, von dem Commerz-Wesen mit Rußland, und von den Einkünften des Zolls, den er nun für siebenzig tausend Rubel verpachtet hat. Von den Armeniern, die unter ' Ot- •A, F. „F 177 Botmäßigkeit stehen, und zu Räscht, Enzelli, Keskär, oder an- derwärts in Gilan leben, bezahlt eine jede Familie 100. Rubel, die unverheirathete erlegen nichts. Die Juden find von allen Abgaben befreit, jedoch stellen fiel sich alle Jahr mit einem Geschenck von etlichen hundert Rubel bey dem Chan ein. Die Anzahl aller Gilanischen Truppen mag sich auf 8. bis 10000. Mann belauffen , wovon aber nur 1500. diejenige nem- lich, die beständig um den Chan find, eine Besoldung genießen; nicht, daß sie ihnen vom Chan selbsten ordentlicher Weise ge- reicht würde, sondern weil sie zu einträglichen Verschickungen ge- braucht werden. Der Chan Z. E. verlangt Abgaben an Geld, Proviant, Bau-Materialien und so w. Er schickt seine Officiers und Soldaten aus um seinem Verlangen genüge zu leisten. Die- fe wiffen mit Genehmigung ihres Herrn die Commißionen so aus, zurichten, daß sie auch für sich bei einer einzigen Gelegenheit mehr erhalten, als vielleicht die reichlichste Besoldung eintra- gen würde. Nicht nur genehmiget der Chan feinen Soldaten diese Einkünfte; sondern manchmal geht es mit der Sache gar Befehls weise zu. Ich war einmal an einem Gilanischen Orth, wo ich so viel unrecht erlitte, daß ich mich genöthiger fand bey dem Chan schriftlich mit einer Klage einzukommen. Der Ort muste wegen feiner Vergehungen an den Chan 10000. Rubel Straffe bezahlen, und derjenige Officier, der zur Eintreibung dieses Geldes auf Execution erschien, hatte noch überdiß Befehl, von einem jeden der ältesten, deren nicht wenige waren, für fei- ne Bemühung 50. Rubel zu fordern. - Der Chan stellt bey feinen Soldaten den Sipah Solaar oder Generalißimus selbsten vor, und in wichtigen Fäl- ken erscheint er mit demselben im Felde. Vornehme Kriegs-Be- diente hält er, wie andere Chane, gar nicht. Es ist hinlänglich, daß Mimbafi, Panatbasi, Juus Bafi, Panfha Bafi und Onbasi Officiere, die über tausend, fünf hundert, hundert fünf zig und zehen Mann das Commando führen, vorhanden seyn, um sein Corps zu ordnen. Die Gilaner bedienen sich so, wie andere Perser, entweder ordentlicher Schieß-Gewehre, oder fol- cher, die mit Lunten abgebrandt werden müßen. Pfeile und Bogen sind nicht mehr viel gewöhnlich. Sie haben keine ein- förmige Montirungen, wie die Europäische Soldaten. Ein jeder wählt diejenige Farbe, die ihm gefällt. Alle sind mit einem Dritter Theil. Z großen 178 •A, P. „F großen Säbel versehen, der meistentheils krumm ist. Auf die fen halten sie ungemein viel , und vermögliche Leuthe zahlen für schön ausgezierte manchmal einige hundert Rubel. Zwischen das Kleid und den Paß stecken noch die meisten einen Dolch, und an dem Rock hängt die Patrontasche. Uebrigens putzt sich ein jeder nach eigenem Belieben aus. Einige tragen an den Müzen Federbüsche, andere find gepanzert. Einige bringen an Riemen, die wie Ritterbänder über den Leib hangen, verschie- dene Zieraten an, und andere laßen fich mit prächtigen Turbanen sehen. Ueberhaupt wird in dem äußerlichen Aufzug die Schön- heit geliebt; dann man richtet sich nach dem Chan, dessen Bey- spiel dieselbe empfiehlt. Die Gilaner haben schon mehrmalen Proben ihrer Tapferkeit abgelegt, wann man das tapfer nennen kann, wenn ein Perfer über andere Perser oder über Gorskische Völker Meister wird. Freylich würden sie wieder einen ordent- - lichen Feind nichts ausrichten können. Wann fiel würkliche Dienste thun, fo beobachtet man, wie bei allen Persischen Sol- daten, weder im Lager noch auf dem Streit-Plaz selbsten, nicht das geringste regelmäßige. Ihre Feld- Musik macht einen fo verwirrten Lermen, daß man lieber davon lauffen, als dadurch zu einem muthigen Angriff ermuntert werden sollte. - Man kann überhaupt fagen, die Innwohner von Gilan fyn mit der Regierung ihres Chans zufrieden: dann ungeachtet fie mit schwehren Abgaben belegt werden, und ein groffer Theil derselben fast nicht im Stande ist, solche aufzutreiben, fo wiffen sie doch, daß kein einziger Persischer Unterthanen ist, der nicht eben dergleichen Schicksal mit ihnen erfahren sollte; hingegen bringt die Liebe zum Aufwand, die dem Räschtischen Chan eigen ist, vielen seiner Unterthanen ansehliche Summen ein. Eine fich in manchen Fällen zeigende großmüthige Freigebigkeit thut ein gleiches, und ein billiges Verfahren in gerichtlichen Dingen hat schon in vielen Gemüthern Liebe erregen müßen. Der Landmann hat es wohl am schlimmfen; dann der muß Seide und Geld schaffen, wann man es haben will, und an ihn wird weiter nicht gedacht. Der Landmann gewinnt auch nichts durch die Handlung, die besonders in Betracht der Rußischen, die Reichtümer der Inn- wohner zu Räscht so ansehlich vermehrt. Es scheint würcklich, Hedaet Chan hege den Grundsatz, daß wann es mit dem Ver- mögen feiner Unterthanen gut stehe, er selbsten eben dadurch reich «A, - „F- 179 . . reichfey: dann von allzugroßen Gewaltthätigkeiten, die er an den Güthern seiner Leute verübt hätte, sind wenige Beyspiele bekannt. Er findet sich nun in einem Alter von 34. Jahren, ist mit sechs Frauen ordentlicher Weise angetraut, befizt zween noch ganz jun- ge Söhne, ernährt in seinem Harem eine sehr große Anzahl gemietheter Dirnen und Weiber, hat auch eine ganze Bande Georgianischer Knaben, vermehrt solche noch jährlich, liebt haupt- sächlich nächtlicher weile den Gebrauch farcker Geträncke auffer- ordentlich, giebt sich viel mit der Jagd ab, und sucht in allen Stücken sein Leben unter dem Genuß aller möglichen Lustbarkeiten zuzubringen. Er läst etwas besonders angenehmes und feines in feinem Umgang blicken; und weil er beständig in den prächtigsten Kleidern, Gold- und Silber - Stoffen erscheint, der Natur aber eine schöne Gesichts-Bildung und männliches Ansehen zu danken hat, so machen alle äußerliche Umstände seine Person mit der Würde, die er bekleidet, übereinstimmend. Die geistlichen sowohl, als die weltlichen Bedienungen find in gegenwärtigen Zeiten nach Aufhebung der Schachischen Würde in dem Iranskischen Reich diejenige nicht mehr, die sie vormals gewesen. Einige derselben sind gänzlich aufgehoben. Ich kann zwar nicht Bürge feyn, wie es dießfalls im innern Persien aussieht; aber ich habe doch Nachrichten, die mich belehren, daß es daselbst mit weniger Veränderung eben die Beschaffenheit habe, wie in dem nordlichen. Von einem Mudschi Tehid weiß man nichts mehr; nichts von geistlichen Pflegern und Verwaltern; dann schon Ladir hat durch die Einziehung der geistlichen Güther diese Aemter unnöthig gemacht. Zu Räfcht besteht die Geistlichkeit in einem Schilchalichstan, in Pifinanmaas, in Haffis und Mulla. Muwafins können auch noch zu diesen Leuten gerechnet werden. Der Schilchalichstan stellt den vornemsten Priester oder den Bischoff vor. Es kommt mir vor, er habe eben das- jenige zu bedeuten, was ehmalen der Kafi zu sagen gehabt hat. Er richtet nemlich in denjenigen Dingen, wo bei uns Christen geistliche und weltliche Beamte zugleich erfodert werden, wie Z. E. Ehe-Sachen, wird aber auch zu andern Geschäften ge- braucht. Der Chan Z. B. hätte was zu schlichten, wo er auf keinerley weise hinter die Wahrheit kommen kann, so schickt er den schuldigen und unschuldigen zum Schichalichstan. Die fer muß beide scharff auf ihr Gewissen ausfragen, im Fall der Noth Eide schwöhren und also nach theologischer Stren- - 2. -- ge 186 «A, „F- ge die Sache zu Ende bringen. Er spricht selbst unter den Priestern das Recht, wann bey ihnen Streitigkeiten vorfallen. Er ist der Oberste Aufseher in den Medcheten und Melaaren. Nichts kann in geistlichen Dingen vorgehen ohne ihn. Pisina- maas bedeutet so viel als einen Ober-Priester, und so viel es Medcheten giebt, so viel giebt es derselben. Diese halten den ordentlichen Gottesdienst, und geben bey den Gebeten die auf mercksamste Aufseher ab. Nach ihnen richtet sich das Volk in den Kirchen. Werffen sie sich auf die Erde nieder, so thut es auch dieses. Bücken sie sich nur mit dem Kopf, so thut auch das Volk nicht ein mehreres. Beten sie laut, leise, mit unter- mengten Seufzern, so ahmt auch das Volk mit feiner Stim- me nach. Ein Hafis ist derjenige Priester, der bey den Grab- stätten der Verstorbenen die Seel-Meffen für Geld liest. Ein Mulla ist ein gemeiner Pfaff, welcher keinen Gottesdiensthal- ten kann. Das Wort Muwafin druckt so viel als einen Sän- ger aus. Diejenige Leuthe nemlich, die auf den, neben den Medcheten errichteten Thürmen täglich viermal, beim Auf- und Untergang der Sonne, zur Mittags-Zeit, und um Mitternacht, öffentlich zur Kirche ruffen und dabey einige Gebets-Formuln hersagen, verrichten ihr Amt fingend, und mit einer solchen hel- ' Stimme, daß man sie in einer zimlichen Entfernung hören (UNM. Eben so, wie die geistliche Bedienungen vermindert worden sind, ist es auch mit den weltlichen zugegangen, weil die Chane denjenigen Staat nicht führen können, der in Scha- chischen Zeiten möglich und nothwendig war, und weil durch die Verrichtungen, die ein jeder Chan auf seine eigene Schultern nimmt, die Hülfe anderer überflüßig wird. Jedoch ist bey dem Räschtischen Chan noch ein ziemlicher Schein Schachifber Herrlichkeit nachgeblieben, und wann gleich feine Staats, Be- diente dasjenige natürlicher Weise nicht zu bedeuten haben, was fie in den nemlichen Aemtern bei einem Schach vorstellen wür- den, so führen sie gleich wohl eben dieselbe Tittel, und wissen durch sie ihrem Stolz vieles zu gute zu thun. Es find mir aber folgende Bedienungen bekannt worden. Der Mafir, Oberhofmeister, der alles dasjenige zu be- sorgen hat, was zu der Hofstaat des Chans im öconomischen Verstand, gehört. Der Wakaheurwäs, oder der Staats- Se- cretär, A, H „Fs 18r cretär, der alles, was schriftlich behandelt wird, dem Chan un- terlegt, und dessen Entschluß über die in den Papieren enthal- tene Materien empfängt. Der Munedfim Basi, erster Astrolog. Der Mahmandaar Bafi, ober Ceremonienmeister, der Dienste thut, wann Asiatische Völker und Abgeordnete bei dem Chan Verrichtungen haben. Der Mir Achuur Bafi, Oberstallmeister. Der Solbat Jeffaunwul Basi, oberster Jeffaul, der dem Chan den Marschalls-Stab vorträgt, und sich mit demselben in dem Zimmer befindet, wo der Chan ist, an der Spitze des Volks, unterhalb den Gästen. Der Muhtefib, oder Markt-Inspector, Polizeimeister, bem die Aufsicht über die zum Verkauf gebrachte Victualien, die Untersuchung des Gewichts und so w.obliegt. Ein sehr vortheil- hafter Posten, den ein jeder gerne bekleiden möchte. - Der Hokin 25afi, Leibarzt, welche Stelle zu meiner Zeit der unwissendete Mensch verwaltete. Auffer ihm bedient fich der Chan noch anderer, die sich für Aerzte ausgeben, aber eben so wenig als der Hakim Bafi verstehen. - Der Mür Aab, oder Waffer-Meister, der die Aufsicht : alle Canäle und Springbrunnen, Gärten und Luftschlös- fer führt. h Der Mielick Tudiaar, oberster Kaufmann, Commißionair des Chans, der für den Chan handelt, und die Streitigkeiten, die unter andern Kaufleuten vorfallen, schlichtet. Ein sehr ein- trägliches Amt, das viele Ehre bringt, weil derjenige, der dem- selben vorsteht, beständig um den Herrn ist, und daher den Ad- vocaten derer, die ihm am meisten bezahlen, und den Ankläger derer, denen er nicht gut ist, abgiebt. Der Mianaan-Basi, oder Baumeister. Det Nafir Dawaah, oder Vieh-Inspector. Der Dhiaartfi XSafi, welcher die offentliche Befehle des Chans auf den Straßen bekannt macht. Der Gilanische Chan, wie er in vielen Stücken einen wesentlichen Vorzug über andere Chane behaupten kann, also ist er auch in den Wiffenschaften nicht ganz und gar fremde Man muß nicht vergeßen, daß ich allbereits gesagt habe, es Z 3 habe - 13 - «A, L. „F habe nunmehro das Ansehen, als wären die Wiffenschaften aus Persien gänzlich verbannt worden, und, daß ich berührte, was noch von denselben übrig geblieben fey. Man muß daher von mir nicht erwarten, daß ich aus Hedaet Chan einen Europäischen Gelehrten machen wolle. Aber doch stellt er sich auch nicht ganz unbekümmert um die Wiffen schafften an. Es find ihm nicht völlig Böhmische Dörfer, wann man von Europäischen Entde- kungen spricht; er mag seine geringe Kenntniß herhaben, wo er will. Die ' Verfaßung von unserm Welt-Theil ist ihm nicht unbekannt, und er wird niemand fragen, wie ich von einem feiner Collegen gefragt worden bin, ob ein oder mehrere Chane in Europa das Regiment führen? Den Zustand Per- fiens von den ältesten Zeiten bis auf die neuesten weiß er voll- kommen gut. Er ließt viel, und kauft alle gute Bücher auf, deren er habhaft werden kan. Er versteht nicht nur, sondern spricht auch Arabisch, und feinen verständigten Priestern legt er manchmal Fragen vor, deren Beantwortung sie nur von ihm erwarten müßen. Schon aus dem, daß er gar keine abergläu- bische Meinungen hegt, läßts sich sehen, daß er klüger ist als andere, und man kan dazusetzen, daß er sich eben deswegen, weil er etwas von Wiffenschaften weiß, vernünftiger im Um- gang aufführe, als man sonsten in Persien erfährt. Sechster •-A, - „F- z Sechster Abschnitt, Von der Jahrs-Rechnung der „Perser und den das Jahr über vorfallenden Festtagen. Dr. Perfer ihre Jahre find Monden - Jahre, die eine Zeit beschreiben , binnen welcher sich die Sonne mit dem Mond zwölfmal vereiniger, oder, binnen welcher zwölf Neu-Monde an dem Himmel erscheinen. Sie rechnen also von einem Neu-Mond zu dem andern; und die Zeit zwischen zween macht bei ihnen einen Monath aus. Die Neu-Monde bestimmen die Zeit der Feyertage bei ihnen. Wie aber die Mond-Monathe in der An- zahl der Tage ungleich, und meistens um einen Tag kürzer verlauffen, als unsere Sonnen-Monatehe, so find die Feste der Perfer sehr beweglich, und fallen alle Jahre zehen bis eilf Ta- ge früher ein, welches nach verschiedenen Jahren einen ansehlichen Unterschied in der Zeit ausmacht. Der erste Monath hat den Namen Muharrem, defen zehn erste Tage dem Gedächtniß des gewaltthätigen Todes eines ihrer größten Imame, nemlich des jüngsten Sohnes von Ali, dem Tod des Huffins, gewidmet find. Zehn Tage feiern fie das Angedencken dieses traurigen Schicksals, weil Huffein zehn Tage lang in einem Streit mit Jesib verwickelt gewesen und fich zuletzt der Streit mit Huffins Untergang geendigt. Sie nennen diese Feyer Afhuur, welches Wort in der Arabischen Sprache eine Zeit von zehn Tagen bedeutet, und in die Per- fische um diese zehn klägliche Tage auszudrücken, aufgenommen worden ist. Ich werde der Ceremonien, die in diesen Gedächt- niß-Tagen bey den Persern üblich find, an einem andern Ort gedenken, und erinnere anjezo nur noch dieses, daß Olearius recht habe, wann er bey dem Tode Huffins fagt, es fey derselbe vor seinem Tode von allen Lebensmitteln abgeschnitten, durch viele Wunden verletzt, und endlich erst von zweenen des feindlichen Heeres getödtet worden. Der zweite Monath hat den Namen Sephir, und den zwanzigsten Tag desselben : 16- „184 •-A, - „F* die Perser, weil sie glauben, daß an demselben vermittelt eines Wunders die Vereinigung des Hufeinischen Leibes mit dem Kopf defelben, der davon im Streit getrennt worden, vorge- gangen fey. Der acht und zwanzigste Tag dieses Monaths ist ihnen heilig, weil sie vorgeben, daß an selbigem ein anderer Sohn vom Ali, Hafen, durch beigebrachtes Gifft sein Leben verlohren habe; und endlich glauben sie von dem letzten, darzu von einer Aussage Mahumeds beredet, daß er der unglücklichste im gan- zen Jahr fey, und sich an solchem die Gestirne wieder das be- fe der Menschen verschwohren haben. Der dritte Monath heit Rebia Awil, an dessen neuntem Tage fich die Schias des be- rühmten Müllers erinnern, der den Omer in seiner Mühle umgebracht, und sich darnach auf die allerseltsamste Weise geflüchtet hat. Einige Stellen des Korans sagen, Ali habe ihm sein Wunder-Pferd geliehen, und mit demselben sei er in Zeit von vier und zwanzig Stunden aus Kaschan nach Medina gekommen: andere, der Weg hätte sich auf das Wort des Ali also zusammen gezogen, daß er in vorgemeldter Zeit die- fe Reise gemacht habe, wovon man andere Reise-Beschreibungen nachsehen kan; dann meinen Lesern würde nicht viel daran ge- legen feyn, wann ich unnöthiger weise fabelhaftes Zeug von dem Koran zur Vermehrung dieser Blätter entlehnte. Der vierte Monath wird Rebia Achir, der fünfte Dschemmadi Awil, der sechste Dschemmadi Achir, und der siebente Redfcheb ge- nannt. Der achte heist Schaaboon. Die Perser glauben, daß an dem fünfzehnten Tag dieses Monaths einige Engel von Gott befehliget werden, das Buch zu eröffnen, in welchem die Nahmen der auf dem Erdboden lebenden Menschen und ihre entweder gute oder böse Thaten , aufgezeichnet stehen. Der neunte Monath führt den Nahmen Romafaan und ist so wie bey den Türcken und Tatarn, also auch bei den Persern feinen ganzen Verlauff über dem Beten und Fasten allein gewidmet. Von der Morgendämmerung an bis in die finstere Nacht hat kein Muselmann die Erlaubniß, das geringste von Speise oder Getränke zu sich zu nehmen, man erscheint in den Medcheten häufiger als gewöhnlich; unter den Persern laffen auch dieje- nige, welche ich bei einer andern Gelegenheit Sauff-Brüder nennen werde, eine größere. Andacht blicken, als sonsten; jeder- mann will in diesem Monath für seine Sünden büffen, jeder- MQNN «A, P. „F- rF mann sich mit seinem Schöpfer versöhnen. Es gibt Leuthe die ihr Angesicht während dieser Zeit umhüllen, damit nicht mit der Luft etwas in den Mund fallen möge, welches diese so strenge Fasten verletzen könnte. Wie nemlich die ganze Religion der Perfer ins Lächerliche fällt, und bei vernünftigen Christen nur zum Mitleiden Anlaß giebt, so müffen auch ihre Fasten lächer- lich seyn, und Mitleiden erregen. Das Lächerliche erhellt von selb- fien und das Mitleiden erfolgt gewiß, wann man das, was ich sagen werde, erwäger. Nur die Tage in diesem Monath find den Muselmännern so heilig. Nur so lange die Sonne den Horizont erleuchtet, wird ans Beten und Fasten gedacht. So bald die Nacht einbricht können diese armen Menschen nach Mahumeds Gesetzen thun, was sie wollen. Da werden alle bei ihnen übliche Speisen zur Stillung des Appetits aufgetra- gen. Da laffens sich die Sauf-Brüder bey dem Gebrauch be- rauschender Geträncke so lange schmecken, bis sie von Stell und Ort taumlend hinweg gehen, oder geführt werden müffen. Da laffen sich die Musikanten hören. Da ist es erlaubt, den Lüsten des Fleisches ihren Lauff" zu laßen, gleich als wann Gott des Nachts wie ein Baal, schliefe, oder mit dem ihm des Tags über geleisteten, gezwungenen Dienst zufrieden feyn könnte, die nächtliche Zeit möchte dem zuwiederlaufen oder “ nicht. - - - - Der zehnte Monath heist Schawal und der erste Tag * deffekben ist zum Almosengeben bestimmt. Ein jeder Hauß- Vater rheilt unter seinem Gesinde am Lebensmitteln und Gelde“ fo viel aus, als es sein Vermögen zuläßt. Wer Religionsmäßig verfahren will, dann die Mahumedanische Glaubens-Lehre befiehlt überhaupt gegen die Dürftigen ein weiches Herz zu äußern, der beweist sich an diesem Tage besonders freigebig an ihnen: die Derwische rechnen daher solchen für ihr Neu-Jahrs Fest. Der eilfe Monath führt die Benennung Sülkaadeh und der zwölfte Sülhadfiyeh. An dem zehnten Tag des leztern begehen, wie die Türcken und Tartaren allzumahl, also auch die Perfer ein Fest, welches bei allen diesen drey Nationen das fröhlichste ist. Es wird angestellt, um die dem Patriarchen Abraham zur letzten Prüffung des Glaubens anbefohlen gewesene Aufopf- rung seines Sohns im Gedächtniß zu erhalten. Es ist zu wis- Dritter Theil, A a sen, 36 •-A, - „F- fen, daß die Mahumedaner nicht den Sohn der Sara, son- dern der Hagar ihren für das bestimmte Schlachtschaaf aus- geben. So wie ich die Umstände, die bey des Müllers Wunderflucht erdichtet worden, zu erzehlen für überflüßig hielt, fo kan ich mich auch nicht überwinden, der verfälschten und mit den ungereimtesten Erdichtungen angefüllten Nachrichten zu ge- denken, welche der Koran bei dieser Geschichte erzehlt. Genug die ungläubigen Mahumedaner beehren diese Begebenheit mit einer sonderbaren Feyer, und diese besteht darinnen, daß solche in den Gottes-Häusern an dem zehnten Tage des gedachten zwölf- ten Monaths Panegyrisch erzehlt wird; daß sich bey dieser Erzehlung die ganze Muselmännische Glaubenszunft jedes Orts einfindet; und daß ein jeder, der sich zu derselben bekennt, verpflichtet ist, auf offentlichen darzu bestimmten Plätzen, die gemeiniglich unweit den Medfcheten erwählt werden, so viel Schaafe und Lämmer zu schlachten, als es feine öconomische Umstände zulaßen. Vermögende Leuthe laffen sich dann bey dieser Gelegenheit manchmal besonders sehen, dann das, was öffentlich geschlachtet wird, kommt den Armen zum Besten. Es bleibt jedoch bei den öffentlichen Opfern nicht allein, eine jede Familie opfert auch für sich, wann fiel es thun kam, stellt in ihrem Hause, um mich eines bei uns gebräuchlichen Ausdruks zu bedienen, Ostermale an, und nicht nur der zehnte Tag des Sülhadscheh, sondern auch noch einige darauf werden in vol- lem Vergnügen zugebracht. Das Fest wird mit dem Nahmen Bairam Kurbaan belegt. Des Neu-Jahrs-Fests der Perfer, welches, wie bei uns, nicht befohlen ist, sondern der Gewonheit nach und Calender- mäßig gefeiert wird, gedenke ich an einem andern Orthe. Sieben- - -A, - „H- Ry Siebenter Abschnitt, Religion der Perfer. Mahm, der im Jahr 50 nach Christi Geburth als ein Gözendiener auf der Welt erschienen ist, Mahummed, der Stiffer einer Religion, die fich nach der Zulaffung des höch- fen Wesens fast weiter verbreitet hat, als die Christliche, dieser in der Kirchen-Geschichte so berühmte Mann, sowohl von dem Licht seiner Vernunft, als von einer ganz aufferordentlichen Ehrbegierde getrieben, erkannte die Irrthümer des Götzendien- fes, und bildete seinen Lands-Leuten ein, er wäre nach Mose und Jefin Christo der dritte göttliche Gesandte, welcher von dem Allmächtigen, feinem Principalen, ein ganz neues Gesetz für die Menschen, ein solches, welches für ihre verderbte Natur recht angemeffen fey, zu ihrer Richtschnur bekommen habe. Der Koran, der mit dem Wort Schrift übersetzt werden muß, enthielte daffelbe, und um das ihm mangelnde Creditiv fich selbsten zu geben, so wußte der verschmitzte Betrüger durch falsche Wunder, zu denen ihm seine Leibes-Beschaffenheit und sein erster Anhang behülflich waren, sich gar bald das Ansehen eines Propheten zu verschaffen. Man wird nicht von mir erwarten, daß ich allhier die Grundsätze der Mahometanischen Religion vortrage. Diß gehört nicht zu meinen Zweck, und ich würde auch nur eine Arbeit unternehmen, die schon längst vor mir vollendet worden ist. Ich rede nur von der Religion der Perser; und diese Secte der Mahometanischen Glaubens-Lehre erfoderte blos wegen dem Zusammenhang diese Einleitung. Drey'Arabische angesehene und mächtige Männer Abubecker, Osman und Onner gesellten sich nicht so bald zu Mahumed, als sie viel- mehr zugleich eine vertrautesten Freunde und Collegen wurden. Ali war der Geburth nach ein Bruders-Sohn von Mahumed, und nachhero wurde er auch fein Tochter - Mann. Wie sich - nun mit dem Tode Mahumeds sein Pabstthum in der Mahu- A a 2 Umeda- MZ8 •A, H „F- - medanischen Kirche endigte, so war die Frage, wer fein Nach- folger seyn folte? Von den erst erwehnten drei Männern folg- te einer nach dem andern: anfänglich Abubecker, der Mahu- meds Schwieger-Vater war, dann VDsman und Omer, der es auf sich nahm, Ali und seine Nachkömlinge, die auf das Pa- eriarchat noch immer ihren gegründeten Anspruch machten, mit dem Schwerdt zu bekriegen, bis er endlich durch die List eines Müllers sein Leben verlohr, (welche Begebenheit die Perser an dem neunten Tag des Monaths Rebia Awill feyren) und darauf Ali als das Haupt der Kirche erkannt wurde. - Die Perser nemlich, welche Mahumed fowohl, als viele andere Völker auf seine Seite gebracht, und von dem Gözen- Dienst sowohl, als der Ehrfurcht gegen das Feuer, wieder Zo- roasters Einfälle und feiner, auch noch heutigen Tags anzutreffen- den, unter dem Nahmen der Gebers bekannten Anhänger, auf die Erkenntniß des einzigen wahren Gottes geleitet hat, die Perser, sage ich, sind es allein, die Ali, als den rechtmäßigen Nachfolger Mahumeds erkanten, ihn als ihren ersten Imam verehrten, dessen Nahmen fie, wie es auch noch gegenwärtig vollkommen gebrauchlich ist, bei allen ihren Verrichtungen anruf fen. Sie waren es, die sich unter der Benennung der Schas von den Türcken, von den Krimmern, den Arabern und dem größten Theil der Usbecker, als den Sunniern, die Omers Nachfolgung vertheidigen, unterscheidten, und solche als abgesagte Feinde mit einem auch jez und noch unversöhnlichen Haßbelegten, davon schon die Perfische Ableitung des Worts Sonni von Sonnet, welches nach Kämpfer er. p. 148. so viel als eine überflüßige, von Mahumed nicht befohlene Lehre bedeutet, einen deutlichen Zeu- gen abgeben kan: sie führten vermöge dieser Trennung Religions- Kriege, und mußten manchmal dieselbe führen. - Es ist zwar andem, daß die Nachfolge in dem Ma- humedanischen Pabstthum, als die erste Ursache, zu dieser Trennung Gelegenheit gegeben hat, aber zu dem unauslöschlichen Haß zwischen den Schias und den Sunniern war sie nicht die ein- zige. Ali selbst machte Veränderungen in dem Koran, und Omer schränkte die fleischliche Begierden nur auf den Besitz weniger rechtmäßig angetrauten Frauen, mit gänzlicher Aus- fchlieffung aller Kebsweiber oder gemietheten Dirnen ein. Je- nes brachte den Eifer der Sunnier, und dieses die Geilheit des •, „so 189 des fleischlichen Persers in die äußerste Bewegung. Dannoch würde darauf keine solche erhebliche Absonderung erfolgt seyn, woferne sich nicht zu Ausgang des fünfzehnten Jahrhunderts die Familie der Seffer, die in dem gegenwärtigen durch den gewaltthätigen Eroberungs-Geist Tämas Kuli Chans, oder des nachmaligen UNadir Sibachs, ihre Endschaft erreicht hat, so gewaltig erhoben hätte. Tamerlan, die Ehre der Usbecker, hatte kaum etwas über hundert Jahre die Erbfolge für das Heldenrecht seinen Nachkömmlingen überlaßen, als Haidar, der von der Familie des Ali war, die zwischen den Schias- und den Somaliern obwaltende Streitigkeiten, erneuerte, zu den Alianischen Veränderungen des Korans noch mehrere beyfügte, und fich bey feinen Anhängern durch eine außerordentliche Fröm- migkeit empfohl, bis er endlich, als ein Opfer "ä" Rache, von Rustan erschlagen wurde, nachdem er drei Söhne hinterlaßen, von denen der jüngste, Ismael der erste, um die gemeldte Zeit das Propheten-Amt antrat, und den weltlichen Thron zugleich bestieg. Ismael, der Stifter der Seffer, den die unglückliche, - und die wegen ihres seltenen Unglücks fo merckwürdige Regie- wung Schach Huffins ihr bestimmtes Ziel gesetzt hat, Ismael, der Groß-Vater von Abas dem Großen, hierg den Lehrsäzen feines Vaters so sehr an , daß er sich zwar dadurch mit den Sonniern in die blutigste Kriege verwickelte, aber auch sich dadurch den Ruhm eines der größten Persischen Könige - erwarb, und daher einen Vorbothen von einem noch größeren Enckel abgab. Von diesem Regenten an bis auf 1733, nach unserer Rechnung ist die Secte der Schias, wo nicht unange- fochten, doch in ihrer Macht und Ansehen geblieben: da aber wagte es Madir, als er den Königlichen Schmuck genommen hatte, derselben einen neuen, ja den letzten Stoß zu verfzen, indem er, entweder in feinem Herzen als ein Sonnier gesinnt, oder von einer entsetzlichen mehr als Hypothetischen Ehrbegier- de getrieben, eine Vereinigung zwischen den Omeranern und Alia- nern zu Stande bringen wollte. So glücklich er aber in allen fei- nen Unternehmungen gewesen, so mißgünstig war ihm das Vor- urtheil in dieser Sache, die gleichwohl den Oberpriester das Leben kostete. Die Persianer blieben Anhänger des Ali, abge- A. a 3 sagter 190 - z, H. „MF- fagte Feinde der Sonnier, wie sie waren. Laßt uns nun, ihre Grundsätze erzehlen. - Es ist ein einziger Gott, das Wesen aller Wesen, der Schöpfer und der Erhalter aller Dinge, der Vater der Men- schen, gerecht, allmächtig, allwissend; dieses ist der eigentliche Be- griff, den sich die Perser von der göttlichen Majestät machen: diß sind ihre wahrhaftig Christliche Gedanken von Gott. Dieser allein, sagen sie, und kein anderer muß von den Menschen ver- ehrt werden, diesem nur gebühret Lob, und Ruhm, und Danck: dem muß man sich ganz aufopfern, ihm allein dienen, und feine Gegenwart im Herzen durch ein beständiges Gebet unterhalten. Betet ohne Unterlaß, befiehlt Mahumned, dann das Gebet be- wahret vor den Sünden. Stellet euch ja nicht Gott unter einem Bild vor, damit ihr nicht in die Abgötterey verfallet. Was die Propheten - Würde des Mahumeds und was die Würde des Korans anbetrifft, so hegen die Schias durch- aus einerley Gesinnungen mit den Sonniern. Der in der Ara- bischen Sprache verfertigte Koran, von dem Mahumed vorgege- ben, daß er ihm aus dem Himmel zugesendt worden fey, der aber vielmehr von ihm selbsten mit Beyhülfe eines aus Constan- einopelverlauffenen Mönchen, Namens Sergius, zusammen geschrie- ben worden ist, der Koran, sage ich, hat die heilige Schrifft, und insbesondere das alte Testament, weil sich zu Mahumeds Zeiten mehr Juden als Christen in Arabien aufhielten, zu einer Grund- lage, oder um mich beffer auszudrücken, was in demselben gu- fes enthalten ist, wurde aus dieser Quelle geschöpfft; dieses gu- ke aber ist mit einer so ungeheuren Menge rasender Verfäl- fähungen und mehr als abentheuerlichen Erzehlungen angefüllt, daß davon ein Buch entfund, welches nur das Mitleiden, die Verachtung und den Spott der Vernünftigen erregen kan. Der Koran enthält die Kirchengesetze sowohl als die Civilver- ordnungen: er enthält alle Glaubens-Lehren und die Vorschrift fromm, glücklich und weislich zu leben. Die Perfer beobachten gegen dieses Buch die tiefste Hochachtung. Sie öffnen es nie mals ohne es zuvor über dem Haupt gehalten zu haben, als welche Ceremonie, die auch fonten bei andern Gelegenheiten, als z. E. bei dem Empfang von Befehlen und Briefen erhabe- ner Personen üblich ist, die größte Ehrerbietung unter ihnen bedeuten soll. Es ist ihnen auferlegt, Neißig in demselben zu - - - lesen, •F, P. „H - 91 lesen, und die Belohnung einer gewißen Seeligkeit auf die Be- folgung dieses heilsamen Geboths gesetzt. - Die Perser beten alle Tage viermal, des Morgens, beim Aufgang der Sonne, des Mittags, beim Untergang der Sonne, und des Nachts gegen zwölf Uhr. Die Uhuwalins laden zu dieser gesetzmäßigen Andacht öffentlich ein, und be- geben sich, wie ich schon gemeldt habe derowegen auf erhabene, neben den Mescheden aufgerichtete Thürme. Die Gebets-For- mul, deren fie, sich zu ihrer Einladung bedienen, hat Hamwey Reise durch Rußland nach Persien Hamb- und Leipz. 1754 . 1. S. 250.) ganz gut aufgezeichnet. O Gott, ruffen oder fingen sie vielmehr, zu drey malen, es ist nur ein Gott, Mo- “ ist ein Prophet und Ali ist sein Freund. Auf dieses eten sie folgendermaßen. - „Ehre fey dem Beherrscher der ganzen Welt, und dem „Richter des jüngsten Tages! Wir ehren deinen Nahmen, und „bitten dich, uns in unsern Nöthen beizustehen, uns die Pflich- „ten der Gerechtigkeit ausüben zu lehren, und uns zu bewahr „ren, damit wir nicht ins Verderben gerathen. MTadir Schach, der angezeigtermaßen auf eine Verei- nigung der Schias und der Sunnier bedacht gewesen, wollte in dieser Gebets-Formulauch eine Aenderung vornehmen, und die den letztern anstößige Worte Ali ist sein Freund, ausgelaßen haben; allein, wie sein ganzes Vorhaben nimmermehr würck am geworden ist, also fand auch diese Aenderung bey feinen Unter- hanen keinen Eingang, und es bleib dißfalls alles, wie zuvor, Die Ruffer zum Gebet nöchigen also durch ihre öffent- Miche Aufmunterungen ihre Glaubens-Genoßen nach den Metsche- den zu gehen, um daselbst ihre Andacht zu verrichten, oder auch in ihren Häusern den Gesetzen der Religion nachzuleben. Die jenige, die sich auf Reisen oder fonsten auf dem Felde befinden, wiffen die zum Gebet verordnete Stunden allzu wohl, als daß sie ihre Pflicht aus der acht laßen sollten, wenn sie auch gleich die öffentliche Einladung der Ruffer nicht hören können. - Die ordentliche Gebete der Privat-Personen bestehen fo- wohl in der öffentlichen Gebetsformul, als in dem Lesen einiger Stellen aus dem Koran, und eigenen, auf gewiße Umstände eingerichteten geistlichen Reden, W - (Q1 - 192 z, „s- Wann die Perser beten, so waschen fiel sich zuvor, dann Mahumed befiehlt ausdrücklich: „Wann ihr beten wollt, so waschet zuvor euer Ange- „sicht, eure Hände, eure Arme, und eure Füße. Verheirathete „Personen follen sich baden, wann sie nach dem Beyschlaff ihr „Gebet verrichten wollen. Wann Krancke, wann Reisende kein „Waßer bekommen können, so sollen sie sich statt desselben eines „reinen Sandes bedienen, dann Gott liebet die Reinlichkeit. Er „will haben, daß unsere Gebete vollkommen sein; daß wir ihm „für diejenige Gnade, die er uns erweiter, pflichtmäßig dancken, „und daß man seinen Nahmen offmals anruffe. ( Tournefort „relation d'un voiage du Levant, Amft. 1718. 4. T. 2. p. 41.) Jedoch das Waschen der Perfer, ehe sie beten, verdient etwas weitläufigere Anmerckungen, die ich sogleich in diesem Abschnitt machen werde. Nachdem sie sich gewaschen haben, fo kämmen sie ihre Bärte mit der größten Sorgfalt aus, und alsdann zählen sie öffters die an ihrem Rosenkranze auf Baum- wollenen oder zwirnen Fäden angereihte Knöpfe (das thun fie auch - öffers zum bloßen Zeitvertreib, da sie damit spielen, wie unsere Damen mit dem Fächer) deren Gebrauch ihnen die Morgenländische Christen abgelernt haben, und von welchen fie vielleicht bey andern Christen, besonders den Katolicken, durch die daher zurückgekommene Mißionarien, Mode worden sind. Der Gebrauch der Rosenkränze ist den Persern ganz und gar nicht unbekannt. Noch was besonders führen die andachtigern Perfer bey fich, nemlich lange, schmale, fast in der Gestalt eines Cylinders auf Holz oder eine andere feste Materie zusammen gerollte Papiere, auf welchen Gebete und Gebets-Formuln geschrie- ben find; sie tragen solche gemeiniglich an dem obern Theil ihres lincken Arms bey fich, inwendig fest gebunden, zugleich mit ei- nem aus Mecca vorgeblich oder würcklich gebrachten, im Um- fang so viel als einen Rubel austragenden Stückgen Leins, dem fie deßwegen eine besondere Kraft beylegen, und auf welches fie ihre Stirne niederlegen, wann sie sich im Beten auf die Erde werffen. Die Perser nemlich stehen bei einigen Stellen, wann fie beten, bei andern beugen sie sich auf die Knie, und abermals bei andern werffen sie sich mit dem ganzen Leib nieder. Wann fie fich bücken, so thun sie solches von einem bis zu dreymalen nach dem Verhältniß der Umstände. Sie beten fille, : QUILLs A, H. „Es 193 äuerliche Getöse, unerachtet man nicht in Abrede seyn kan, es re- giere sie während ihrer Andacht ein durch ihre Gebährden unge- mein mercklicher Enthusiasmus. Sie beten lange, aber weit ge- fehlt, daß sie die Kräffte ihrer Seele im Gebet zusammen fam. mlen, daß sie die eigentliche Kunst zu beten verstehen sollten, vielmehr sieht man, daß sie sich binnen dieser heiligen Verrich- tung durch den geringsten Gegenstand föhren laßen, und sich gar kein Gewißen daraus machen, mitten unter derselben gegen andere, von denen sie etwas nur berührt werden, in die schändlichste Worte auszubrechen, worauf sie dann da wieder anfangen, wo fie es gelaßen haben. Heißt nun aber das gebetet, wann man und ohne die gehörige Faffung seines Herzens etet Es ist den Persern nicht erlaubt, wann sie ihr Gebet verrichten, etwas von Gold oder Silber bey sich zu tragen, oder mit reichen Kleidern bedeckt zu feyn. Sie dürffen auch während dieser Zeit keine ganz seidene Zeuge an sich haben: mit Kattu- nen-Fäden vermischte, als Kutna und d. g. find erlaubt. Sie leiden kein Bild um sich, wann sie beten, um ja keinen Schein einer Abgötterey von sich zu geben. - Auffer dem, daß die Perser täglich zu bestimmten Stun- den beten, so befiehlt der Koran bey besondern Gelegenhei- *ten eigene auf dieselben eingerichtete geistliche Unterredungen. Einige sind schlechterdings nothwendig, andere aber beruhen nur auf Kirchen-Gesetzen. Von den erstern giebt es der Anzahl nach zwölfe, und von den letzteren vier und zwanzig. Die nothwendige besondere Gebete sind folgende. Ein Gebet an der Fasten-Feyer des neunten Monaths Ramafaan. Ein Gebet an dem zehnten Tage des zwölften Monaths Sülhadscheh, auf welchen die Gedächtniß-Feyer von der Aufopferung Ismaels einfällt. Ein Gebet bei der Wall- fahrt der Hadschier nach Mecca, wann sie um die Riaba (*) herum wandern. Ein Gebet, wann sich am Himmel eine schrök- liche Lufft-Erscheinung zeigt, oder, wann die Erde bebt. Ein Gebet für die Verstorbenen. Ein Gebet, wann man ein Gelübde Dritter Theil. B h VOT (*) Kiaba oder Kaba ist das Tempel-Gebäude zu Mecca, wo den uralten Vorgeben nach des Patriarchen Abrahams Bett-Haus steht. 194 «A, - „Fe- vor Gott thut. Ein Gebet wann einer einen andern für sich zum Beten miethet, indem er solches selbsten zu verrichten sich auffer Stand befindet, oder auch solches wegen einer andern Ursache zu thun nicht vermag. Ein Gebet, wann einer einen Eid ablegt. Ein Gebet zur Wiederherstellung des Friedens und Festhaltung der Tractate , nach welchen man mit einander überein gekommen ist. Ein Gebet, welches der älteste Sohn bei dem Tode seines Vaters verrichten muß, wann nemlich der selbe lange Zeit krank gelegen und wegen seiner Krankheit das Gebet versäumt hat, oder wann er in der Fasten - Zeit seiner Pflicht nicht nachleben können, in diesen Fällen befiehlt der ster- bende Vater vor seinem Hingang dem ältesten Sohne, daß er statt einer den Gesetzen der Religion genug, thue. Die Gebete des Tages und des Nachts, Nachstehende Gebete verordnen die Kirchen-Gesetze. - Die Gebet des Tages und des Nachts. Ein Gebet zu dem Ali. Ein Gebet an die Fatma, Tochter des Mahumeds und Eheweib des Ali. Ein Gebet, welches Dschafar oder Diafer der Bruder des Ali, und der Ordnung, nach der sechste Jmaam verfertigt hat. Diesen Dschafar halten die Perser unter allen Imaanen nach Ali, Hufen und Huffein in den größten Ehren. Ein Gebet von einem: gewißen. Araber verfertiget. Ein Gebet um Regen. Ein Gebet an dem Fest Kadir, des Gefz-Gebers. Ein Gebet zu Anfang, eines jeden Monaths. Ein gebet in der Nacht, da Mahumed zu prophezeihen anfieng. Ein Gebet den Tag darauf. Ein Gebet an dem sieben und zwanzigsten Tag des Monaths Redfieb. Ein Gebet den 24sten des Monaths Zil Hadfche. Ein Gebet zur Zeit, wann die Ueber- bleibsel der verstorbenen Heiligen angeruffen werden. Ein Gebet zu Anfang des Monath Redfieb. Ein Gebet den fünf ehnten eben desselbigen Monaths. Ein Gebet in der ersten. ächt der Raumafaam-Feyer. Ein Gebet bey einer außerordent- lichen unerwateten: Begebenheit. Ein Gebet der Reisenden. Ein Gebet, wann einer Gott gelobt, von dieser oder jener bösen Handlung abzustehen. Ein Gebet, wann bey Leichen-Be- gängnißen Almosen ausgeheilt werden. Ein Gebet an der Feyer - Aschuur, allwo der durch Jesib veranlaßte Tod der: Söhne. des. Ali, Hafen und Huffin theatralisch vorgestellt: wird - wird. Ein Gebet am fünf und zwanzigsten des Monaths Zülka. # Gebet am Naururus oder dem Neu-Jahrs Tag der 2'IE", - Das Waschen ist wie bei den Sunniern also auch bei den Schias eine unumgänglich nothwendige Sache, ehe fie be- ten wollen, aber es giebt verschiedene Arten desselben. Weu ist diejenige Wasch-Art, wo nur die Hände und Füße biß zum Ende des ersten Arm- und Fuß-Knochens durch das Waffer gereiniget werden. Rusl nennen fie, wann man fich mit dem ganzen Leib in das Waßer stürzt, oder eigentlich sich badet : Teimen aber, wann man sich vermittelt des Sandes reiniget. In gewißen Fällen ist vor dem Gebet ein einziges Wefit, mit Ausschließung des Rusl hinlänglich; in andern kan und muß man das Kusl allein gebrauchen; wiederum ist das ZKusl ohne Wefin gänzlich unnüz und verboten; abermal muß man sich anderwärts des Wein und des Tainen bedienen, manchmal ist weder NPesi, noch Kusl und Teimen noch- wendig. Ein Wefin ohne Rusl ist hinlänglich, wann ein Mensch im Schlaff unwißend seinen Harn gelaßen, oder feine Ercuremen- ten von sich gegeben hat, wann laute Blähungen von ihm ge- gangen find, oder wenn eine Frauens-Person auch etwas von der monatlichen Reinigung an sich bemercket. Ein Kusl ohne Wesu ist nach dem Beyschlaf hinlänglich, ja das Wesu ist in diesem Fall sogar verbothen. Wefin und Rusl find nothwendig, wann bei einer Frauens-Person das monathliche Blut aufhört zu fließen; nach der Geburt, und wann jemand mit einem Theil seines Leibs den Lieichnam eines todten Menschen berührt hat, jedoch nur in folgenden Fällen. 1) wann der Leichnam schon erkaltet, 2) wenn folcher noch nicht abgewaschen 3) wann es den Leichnam eines folchen Menschen betrifft, der von den Ungläubigen seiner Re- ligion halber umgebracht worden, und jemand denselben wißent- lich oder unwissend, was für einen Leichnam er vor fich habe, abgewaschen hätte, dieser muß sich für solche That mit Wefin und Rusl reinigen; dann die Leichname der Märtyrer dörffen nicht abgewaschen werden. 4) Wann das Glied des lebendigen Menschen, mit welchem er den Leichnam berührt, empfindlich ist, B b 2. daß 196 - •z. As- vaß alsö wann solches Z: E: mit dem Nagel oder dem Bart geschehen wäre, keine Reinigung erfodert wird. Wefin und Teilnen find nothwendig, wann eine Weibs- Person ihr monathliches verliert, nach der Geburt, und wann jemand den Leichnam eines Menschen berührt hat. In so ferne aber nur so viel Waßer vorhanden, als das Wesu erfodert, dann vertritt Sand, die Stelle des Kusl. Auf gleiche Weise bedient man sich des Rusl und Teimen, wann man nur so viel Waffer haben kan , als der Rusl erfodert und das Gebet verliert bey beyden diesen Arten fich zu reinigen, feine Krafft nicht. Kommt der Fall vor, daß man sich weder mit Waffer noch mit Sand reiniger, so können alsdann keine andere Gebete gethan werden, als die für die Verstorbene; ferner diejenige, die ein Mann nach dem Beyschlaff, und solche, welche ein Frauenzimmer, die binnen dem monathlichen Fluß viele schmerzen ausgestanden hat, verrichten darff- Endlich ist zu wissen, daß alle Gebete vor Gottes Angesicht, nach der Perser Meinung, nichts taugen, wann man sich bey der Reinigung eines unerlaubten Waßers und Sandesbedient hat; wann man fich an einem rechtmäßigen Ort zu reinigen unterlaßen oder, wann man während demselben die Pantoffeln an den Füßen getragen hat; dann das Pantoffel-Tragen während dem Waschen ist so verbothen, als ein unerlaubter Ort, Waffer und Sand. Sollte aber einer die Pantoffeln also tragen, daß fie nicht an den Füßen aufliegen, sondern so wie Z:. E: im Reiten eine abhängige Lage haben, so kan man ohne Bedencken von dem Wefin sowohl als dem Teimen den gehörigen Ge- brauch machen. Ingleichem wann jemand an einem ungezie- menden Ort ins Gefängniß geworffen wird, so ist Wefin, Kus, Teimen und das darauf erfolgende Gebet gültig, Die Art und die Weise, nach welcher man sich des Wefin bedienen muß, so wie auch die damit verbundene. Um- fände , werden von den Persern folgendermaßen erzählt. Zwanzig Dinge find dazu unumgänglich nothwendig, und zu denselben rechnet man folgende. Der Ort wo man sich, ver- mittelt des Wefin reinigen will, muß erlaubt sein, er muß memlich eines rechtmäßigen, allgemeinen Gebrauchs feyn, oder wann er einen Eigenthums-Herrn hat, so kan man ohne defen Einwilligung, das Wefit daselbsten nicht verrichten. Kein '' ßer z, N. „Es 197 Waßer ist tauglich, als reines, natürliches, kein über den Helm gegangenes, kein über Rosen, oder etwas anders abgezogenes kan dazu gebraucht werden. Sollte es kommen, daß man zwey mit Waßer angefüllte Gefäße anträffe, in deren einem reines, und in dem andern unreines Waßer befindlich wäre, fo, daß man nicht wüßte, welches das reine und das unreine ent- hielte, so muß man in diesem Fall statt des Wesu das Tei- mem gebrauchen. – Das Waßer selbst muß gleichfalls nie- manden zugehören; wann man sich aber desselben ohne Erlaub- niß des Besitzers vom Brunnen zugeignet hat, so gilt das damit verrichtete Wefin nichts, und dennoch muß der schuldige für das entwendete Waßer dem Besitzer des Brunnen eine Zah- kung leisten. Die Gliedmaßen, mit welchen man das Wein verrichtet, müßen keusch und unbeflekt feyn, widrigenfalls sollen fie zuvor gereiniger werden. – Mit dem Wesu selbsten ver- fährt man aber alsdann folgendermaßen: man wäscht das Angesicht zugleich mit dem Bart von den Kopf-Haaren an bis auf das Kinn, fo, daß man ja in dem Bart nicht die geringste Unreinlichkeit entdeken kan. – Dann wäscht man die Hände, und fängt dißfalls bey dem untern Arm-Bein an, in beiden Fällen dergestalt, daß das Waßer von dem Angesicht und den Händen tropfen weise auf die Erde falle, jedoch mit der äufer- sten Sorgfalt, daß ja kein Pläzgen trocken bleibe. – Endlich veibt man den Kopf und die Füße mit von neuem naßgemachten Händen, macht bey den Zehen den Anfang, und befolgt alles nach dieser angezeigten Ordnung. – Wann einer Kranckheits- halber alles dieses selbsten zu vollbringen nicht im Stande ist, fo kann er einen andern ersuchen, daß er ihm Waßer reiche; er ist aber verpflichtet, solchem dafür denjenigen Lohn zu zahlen, den er allenfalls verlangt. * - - - - -" Folgende Gesetze befehlen, in Anlehung des Wefin, die Kirchen-Verordnungen. - - - - Ehe man zu den Handlungen schreitet, von denen wir in dem vorhergehenden Abschnitt gehandelt haben, werden fol- che Gebete gesprochen, die auf eine erwünschte Vollziehung des Wefin eingerichtet sind. – Dann wählt man sich ein solches Waßer Gefäß, deßen Mündung weit genug ist, wäscht zuerst die Hände, fängt definvegen von dem untern Arm-Bein an, und fährt mit der Bis bis zu der äußersten Spitze der Fins int b 3, ger 98 •A, - „F- ger fort. Es ist hinlänglich, dieses Geschäffte ein einzigesmal unternommen zu haben: sollte aber einer kurz zuvor von seinen Ercrementen befreit worden feyn, so muß er solches dreymal wiederholen. – Das Waßer-Gefäß muß demjenigen, der sich wäscht, zur rechten Hand stehen. – Dieser muß mit eben der- felben aus jenem das Waßer herausnehmen. – Dreymal muß man sich darauf gurgeln. – Dreymal das Waßer ver- mittelt der Nase in sich ziehen. – Wann man sich des Wefin bedienet , so wird eine Richtung des Menschen gegen den Mittag erfodert. – Das Angesicht kan nur mit der rechten Hand abgewaschen werden. – Das Haupt reibt man mit drey Fingern. – Und mit eben so viel die Füße. – Die Zähne werden mit einem einzigen Finger gereiniger. – Man gebraucht zur Vollziehung des Wefin nicht mehr als ein Med Waßer, ein Med aber ist dem Gewicht nach 14040. Gersten- Körnern gleich. – So oft man einen neuen Theil dieser Hand- lung verrichtet, so oft spricht man besondere, darzu eingerich- tete Gebete. - ch Dinge sind bei der Vollziehung des Wefin ändlich. f Wann man sich ohne einen Nothfall das Waffer von einem andern reichen läßt. – Wann das Waßer warm, oder von der Sonne erwärmt ist. – Wann es aus einem Sumpf genommen, oder ranzigt ist. – Wann man es aus denjenigen Rinnen herbey holt, aus welchen die Schaffe zu trincken pfle- gen, dann es ist verbothen sich eines solchen verächtlichen Was- fers zur Speise zu bedienen. – Man muß sich nach verrich- tetem Wefin nicht vermittelt der Sonnen-Strahlen abtrocknen. – Und sich in den Metsche den nicht aus einem güldenen oder vergüldten Gefäße waschen. – - Die Nothwendigkeit des Wefin erhellet noch aus fol- gendem. Alle Gebete, ( : die nur ausgenommen, die man zum besten der Verstorbenen thut:) taugen ohne Wefin nicht, wann fie auch ein Mann verrichtet, den kein neuerlicher Beyschlaff verunreiniget hat, oder ein Frauenzimmer, das von dem monath- lichen Fluß befreyet ist. – Ohne Wefu ist es den Hadschiern nicht erlaubt, um die Riaba herum oder andere ähnliche Oerter zu gehen. – Wann ein Mensch nach dem Beyschlaff wieder auf einen andern denckt, oder nächtlicher Zeit im Schlaff durch die «A, K. „Fs 199" t: der Griffe des Teufels feinen Samen verloren hat, oder, wann jemand willens gewesen ist, bei einer schwangern Frau zu schla- fen, so kann er weder den Koran in die Hand nehmen, und darinnen lesen, nach Gebete - für verstorbene, für sich selbsten, und für gerechte thun, noch die Ueberbleibsel der Heiligen ge- ziemend verehren, ohne daß zuvor ein Wefin vorhergegangen wäre; dann er ist unrein, wenn auch von dem Beyschlaf eine Beschwängerung, erfolgt seyn möchte; und endlich ist Wesu nö- thig damit nicht das Kind ohne Verstand auf die Welt komme. – Wann jemand, nach dem er einen todten abgewaschen hat, den Beyschlaff hält, so muß sich das Frauenzimmer so oftmahls des Wefin bedienen, als Gebete für den Verstorbenen abge- lesen worden.-– Wesu wird erfordert, wann aus der männ- lichen Röhre Saamen lauft, der mit dem weiblichen Saamen eine Aehnlichkeit hat, oder etwas anders, das kein würcklicher Saamen ist, und doch wie Saamen aussieht; wann jemand mit feiner Hand, die weibliche Schaam berührt hat, wann ein Mensch vom Erbrechen in eine Krankheit fällt, wann einer aus der Nase blutet, und wann die Zähne geblutet haben. Aber wann einer Kranckheits- oder anderer Ursachen halber auf Krü-- ken gegangen ist, und er von einem andern Waßer empfangen, oder er es auch selbst, aber mit Stiefeln oder Pantoffeln an- gekleidet geschöpft hat, und darauf sich die Krankheit etwas beßern sollte, ein solcher muß das Wefin zweimal wiederholen.- Wann das Rusl.nothwendig fey, lehren die Perfer fol- gendermaßen. - - - - - - - * - - Die Religion befiehlt daßelbe nach einem jeden Bey-- fchlaff, zur Zeit des monathlichen Flußes, vor und nach der Geburt, wie auch nach der Abwaschung eines Todten. Die Kirchen - Verordnungen empfehlen solches noch bey vielen andern Gelegenheiten. Alle Freytage. – Den ersten, zweyten, dritten und fünften Tag des Dana. – Den ein und zwanzigsten einen jeden Monaths. – Zwey Kusl im Monath Ramasaan, eine des Morgens und die andere des Abends. – In der Nacht vor dem Ramafaan. – An der Ramafaan-- Feyer. Am Feste Kurbaan. – In der Mitte des Monaths Redfheb gerade um Mitternacht. – In der Mitte des achten Monaths Siaboon um dieselbe Zeit, wo sie, die Perfer, vorgeben, daß die Bücher im Himmel von den Engeln auf ges- TOO A, H. „Fs geschlagen werden, in welchen die Nahmen der auf Erdenleben- den Menschen aufgezeichnet stehen. – An dem Tag, wo Mu- humed zu prophezeien angefangen hat. – Den siebenden des Monaths Rebia Awil wegen dem Mörder des Omers. – den 24sten des Monaths Zll Hadfche. – Den fünf und zwan- zigten des Monaths Zilkade. – An der Feier der Gesetzge- bers Kafirs. Den achten, und den achtzehnten des Mo- naths Zil Hadfche. – Am Neu-Jahrs-Tag. – Beym Eintritt in die Metsched Kiaba zwey Kusl, wovon die eine Iran Hadsch und die andere Jram Onre heißt. – Beym Herumwandern um die ZKiaba. – Zur Zeit, wann die Ueber- bleibsel der Heiligen verehrt werden. – Wann einer vor Gott gelobt, von dieser oder jener bösen Handlung abzulaßen. – Beym Eintritt in die Metsched zu Mecca. – Beym Eintritt in Medina. – Beym Eintritt in die Metsched zu Medina. – Beym Eintritt in die Metsched Kerbela. – Beym Eintritt in das Hauß Kabi. Wann einer sich von Gott etwas besonders ausbittet. – Das Kusl Ifechare Kerden genannt, welches folgende Bedeutung hat. Wann sich jemand vornimmt, etwas wichtiges zu unternehmen, es sei nun was es wolle, zu reisen, einen Handel anzufangen, u. f. w. so badet er sich zu allererst, und dieses Baden heißt Jstechare Kerden. Darauf geht er entweder zu einem Priester, oder wann er selbst lesen kan, schlägt er selber den Koran auf, und je nach dem ihm eine Stelle in die Hände fällt, so bestimmt er nach derselben, ob ihm sein Vor- haben gelingen werde, oder nicht? auf dieses nimmt er seinen gewöhnlichen Rosenkranz zu Hülfe, denkt dabey wieder an sein Vorhaben, blindlings fährt er auf dasselbe zu, und von demjenigen Ort an, den er von ungefähr ergriffen hat, fängt er an die Korallen bis zum Ende des Rosenkranzes Paar weiß, zu zäh- len. Wann zuletzt ein gerades Paar übrig bleibt, so hält er sich überzeugt, daß sein Vorhaben eine gewünschte Würfung haben werde , bleibt aber ein Stein ungleich nach , so schließt er daraus das Gegentheil. Die Kirchen-Verordnungen befehlen das Kusl ferner bey der Geburt eines Kindes. – Wann einer einen drei Tage lang erhenckten Menschen betrachtet hat. – Nach der Abwaschung eines Todten. – Wann jemand eine Eidere oder ein ihr ähnliches Thier umgebracht hat. – Bei der Erleichterung eines auf Stüzen einhergegangenen Men- •-A, - „F- - 20T - Menschen, wie ich beim Wesu erwehnt habe. Das Rusl geht dem gedoppelten Wesu vor. – Wann der Mensch, von wel- chem wir reden, sich eines verübten Lasters bewust ist, so muß nach vollbrachtem doppelten Wefin noch ein Kusl erfolgen. – Wann man den Ort besucht, wo Abraham feinen Sohn aufopfern sollte; – Wann ein im Kopf verrückter Mensch wie- derum zu dem Gebrauch feines Verstandes gelanget; – Wann man einem verstorbenen Menschen die Leichen-Kleider anzieht. – Ist der verstorbene Mensch unrein verschieden, so wird ein zweifaches Kutil erfodert. – Wann man den Allmächti- gen um Regen anzuflehen willens ist; – Am neunten Tag des Monaths Zil Hadsethe. Was die Stellen anbetrif, wo das Kusl erfodert wird, das Waßer selbsten, und die Ordnung, welche man in Betracht der verschiedenen Theile des Leibes bey Verrichtung des Rusl, beobachten muß, so verhält sich dieses alles, eben so, wie bey dem Wefin; wie denn auch einige andere daselbst angeführte Um- fände bey dem Kusl gelten. Noch muß ich des Teimen, oder der Reinigung mit dem Sande gedencken. Damit diese rechtmäßig vollführt werde, fo befiehlt dißfalls die Religion einige Puncte, und die Kirche andere. Zwey schädliche, oder vielmehr den Persern schändlich vorkommende Dinge müßen unterlaßen werden. Die Religions-Befehle find diese: der Ort, wo man den Sand nimmt, muß erlaubt feyn, und einem jeden frey fe- hen. – Der Sand oder die Erde natürlich. – Ringe, Edel- gesteine, oder sonsten etwas anders an den Händen zu tra- gen ist nicht erlaubt, wann man die Reinigung mit dem Sand vornimmt. – Mit den Händen berührt man unmittelbar die Erde, von der man den Reinigungs-Sand entlehnt. – Dann bringt man sie in die Höhe, um die Stirne einzureiben, von den Kopf. Haaren an bis auf die Nase – Ist dieses gesche- hen, so berühren die Hände wiederum die Erde. – Man Febt sie abermal in die Höhe; so daß die lincke Hand die rech- te Seite des Haupts und die rechte Hand; die rechte Hand aber die lincke Seite und die lincke Hand reinige. - Die Kirchen - Verordnungen in Ansehung des Teilnen bestehen in folgendem: - - Dritter Theil. C c Die 202 - >F, § „F* Die Erde - muß rein feyn, und der Ort, wo man fie gewinnt, erhaben. – Die Finger müßen ausgebreitet werden, wann man mit der Hand die Erde berührt. – Dann wann man sie in die Höhe hebt, wird die Erde erst abgeschüttelt. – So viel Reinigungen mit dem Sande sind nöthig, als Ge- bete verrichtet werden sollen. - - Die zwey bey dem Teinem nicht geziemende Dinge sind diese: man darff sich keiner allzu feinen Erde bedienen. – Und es ist ferner unschicklich, wann man die Erde von einem solchen Ort hernimmt, in dessen Nachbarschafft gesalzenes Was- fer, oder gediegenes, von der Natur selbsten schon ausgearbei- tetes Salz angetroffen wird. - - So weit gehen meine Nachrichten von den drey Reini- gungs-Mitteln der Perser, von denen sie glauben, daß sie zur Keuschheit und Zucht des Leibes hauptsächlich erfodert werden. Jedoch zu derselben verlangen sie noch mehrere Umstände. Wie die Reinigung des Leibes vermittelt dem Wein, Kusl und Tei- mem gemeiniglich außerhalb den Mauren der Häuser geschieher, also , sagen sie, muß man auch in den Häusern züchtig feyn, und um diese Hauszucht rechtschaffen zu beobachten, befiehlt die Religion drey und die Kirche fünf Gesetze. Fünf Dinge werde verboten, und acht für schändlich gehalten. Die Religions-Gesetze find folgende 1.) Männer sowohl, als Weiber müßen ihre Zeugungs-Glieder beständig bedeckt hal- ten; Kinder aber beiderley geschlechts sind von dieser Regul ausgenommen. 2.) Man muß weder von vornen noch mit dem Rücken nach Norden fitzen, und 3.) den Harn muß man mit gemeinem Waßer abwaschen, und nicht mit einem abgezogenen, z. E. mit Rosen-Waßer, wie die Sonnier zu thun pflegen. Wann man den Bauch entlediget, und die der Mündung des Affters zunächst gelegene Theile davon unbefleckt bleiben, so kan man das Nothwendige mit Gras, Lumpen, u. d. g. reinigen, wann auch gleich Waßer zu haben wäre; es muß aber zwey oder dreimal geschehen, dann das nennt man erst, sich reinlich halten. Sind aber die der Oeffnung des Affters verbundene Theile befleckt worden, so muß man sich zur Reinigung mit Waßer unumgänglich bequemen. Die Kirche verordnet zur Hauszucht 1.) daß man sich an einem solchen Ort seiner Excrementen entledige, der von nie- - - manden A, J. „Es 203 manden beobachtet werden kan; 2) daß, wann man iw denselben eingeht, der erste Schritt mit dem lincken, und, wann man heraustritt, der erste Schritt mit dem rechten Fuß gefchehe; 3.) während der Zeit der Entledigung muß die ganze Last des Leibes der lincke Fuß tragen; 4.) nach vollendeter Entledigung foll man den Affer dreymal reinigen, fünfmal aber den Harn aus der Röhre ausdrücken, damit nicht das geringste Tröpfchen nachbleibe; 5.) zu erst ist der Affter zu reinigen, und alsdann die Röhre. Verboten wird. 1.) Daß man den Affer nicht mit der Haut oder Haaren derjenigen Thiere äubere, deren Fleisch zu genießen erlaubt ist. 2.) Ja nicht mit einer Speise-Mate- rie. 3.) Nicht mit Knochen. 4.) Nicht mit einer in Ehren zu haltenden Sache, Z. E. Papier; dann es könnte darauf der Nahme des höchsten Wesens, oder eine Glaubens-Lehre, oder fonten etwas aus dem Koran geschrieben stehen. Wer den Affter mit Papier reiniget, der muß wegen feiner Unvorsichtig- keit unter die Ungläubige gerechnet werden. 5.) Wann man den Affter fäubert, so darff man keinen Ring an der Hand haben, dann wann ja auf denselben der Nahme eines Gesetz- Gebers, oder der Nahme eines Heiligen gestochen wäre, könnte es geschehen daß von einer solchen Verunehrung ein Haß gegen den Ring, und ein Unglück für denjenigen, der ihn getragen hat, entstünde. - Als schändliche Dinge werden nachstehende acht Puncte angesehen : 1.) Wann man bei der Entledigung des Leibes fein Angesicht gegen die Sonne oder den Mond richtet: dann von diesen Gestirnen fallen die Stralen auf die Erde. 2.) Wann man den Affter mit der rechten Hand reiniger. 3.) Wann man feinen Harn auf eine harte Materie Z. E. auf einen Stein läßt, der den Harn nicht in sich schluckt, fo, daß wieder einige Tropfen davon auf den Leib und die Kleider zu- rückprallen können. 4.) Wann man den Harn in die Löcher und Gruben der wilden Thiere, in Ameisen-Haufen, in Schlan- gen - Behältnisse u. d. gl. lauffen läst. 5.) Wann man an einem solchem Ort harnt, oder sich seiner Excremente entlediger, wo Zusammenkünfte von Menschen zu geschehen pflegen. Z. E. Tekia-Häusern, bey Metscheden, ben Ruhe-Plätzen der Heiligen, u. f. w.. oder wo die Leuthe ihr Waßer zu holen pflegen. 6.) C. c 2 Wann 204- •R, „F- Wann man abermal beyde Ercremente unter einem Baumr von chgiebt, welcher entweder bereits schon Früchte trägt, oder von em solche bald zu erwarten stehen. 7.) Wann man uriniert, oder sich von hinten seiner Last befreitet, entweder im Waßer stehend, oder auf demselben fahrend, und 8.) Wann man wäh- rend einer dieser Entledigungen etwas anders spricht oder edencker, als eines von folgenden Dingen, die Erwähnung nem- ' des göttlichen Nahmens; die Formul, mit welcher die öffent- liche Ruffer zum Gebet einladen; die Erinnerung, oder das Lesen einiger Stellen aus dem Koran, item einer höchstnothwendigen, sich am nächsten angehenden Sache. Wann man diese letztere bei dieser Gelegenheit aus der Acht läßt, so wird sie nimmer- mehr zu Stande kommen. Nun habe ich von den Reinigungs-Mitteln in und aus- fer dem Haus gehandelt. Laßt uns nun auch sehen, was die Perfer auffer dem unreinen, welches die angeführte Reinigungs- Mittel erfodert, noch überdis für unrein, für höchst unrein halten. Wesia, Rust und Teinen sind als allgemeine Mittel nur nothwendige Zubereitungen zum Gebet. Die häusliche Zucht- Lehte enthält nur das Verbot solcher Dinge, die den Menschen allenfalls noch unschuldiger Weise verunreinigen können. Aber diejenige, die nun folgen, die find mehr als unrein, die find obseön, die machen ungläubig, wann man nicht den größten Abscheu für dieselbige heget. Es sind aber diese erstlich und zweitens die Ercre- mente und der Harn aller Thiere, deren Fleisch zu effen verboten ist, oder von welchen die Weibchen den monathlichen Fluß haben, wie die Frauens-Personen. 3.) Das Blut aller Last- Thiere. Wann aber ein Last-Thier, dessen Fleisch zu effen erlaubt ist, geschlachtet wird, so kann man, das in den Adern zurück- gebliebene Blut für rein und erlaubt halten. 4.) Der Saar me aller dieser ermeldten Thiere. 5.) Alle vierfüßige Waffer- Thiere. 6. ) Item das Schwein. Wann ein Hund ein Schaf belegt, das davon entstandene Geschöpf aber mehr dem Hunde, als dem Schaf gleicht, fo ist es unrein, wie- drigenfalls aber nicht. Wann sich Hunde und Schweine mit einander belauffen so ist, in allen Fällen, der Wurff höchst unrein. 7.) Alle Ungläubige, welche den Koran nicht verehren, werden unter dem Namen der Gözendiener begriffen, auch nicht die Christen ausgenommen, weil sie drei Personen in der Gott- heit ", •A, H „F- 265 . heir annehmen. 8.) Alle berauschende Geträncke. 9.) Der aus Weinbeeren gepreßte Safft, wann er im Kochen nicht vier Donck, (welches Wort so gleich erkläre werden soll,) verlohrent hat. 10.) Alle Geträncke, die vermittelt der Gährung aus Frucht-Körnen, als Gersten, Haber, Rocken, Dinkel, u. d. gl. - bereitet sind. 11.) Aeser, die Wolle davon, die Knochen und Zähne ausgenommen. - - - - - - - - Wann ein Hund ein zu jedem Gebrauch bestimmtes Gefäß berührt hat, so wird daßelbe dadurch unrein. Man muß es unumgänglich mit Sand säubern, und darauf zweimal mit Waffer abwaschen. – Wann ein Knabe von zwei Jah- ren auf ein Kleid, Hemd u. f. w. gepißt hat, fo muß man auf die Stelle, die dadurch verunreiniget worden, Waßer gießen. Wäre es statt eines Knaben ein Mädchen, und wäre solches noch überdiß älter, als der Knabe, fo muß das dadurch verunrei- nigte Leinwand, Lacken oder Zeug zweimal gewaschen, und das Waßer ausgedruckt werden. Andere Unreinigkeiten, mit welchen sonsten die Kleider befleckt werden, bedürfen nur einer einzigen Wäsche. – Sich zum Waschen goldener Gefäße zu bedienen wird schlechterdings verbothen. – Sie sollen auch eigentlich nicht auf den Tafeln erscheinen - – Sollte einem einfallen, daraus zu trinken, so muß er fiel nicht mit den Lip- gem berühren. – Dinte in denselben zu halten, ist erlaubt. - Wie die Perser einige Dinge für höchst unrein halten, also haben sie auch andere, den großen Unreinlichkeiten entgegen gesezte. Der Anzahl nach sind es zwölffe: Das Waßer reiniger alle Unreinigkeiten, die es berühren kann; von dem Brunnen- Waßer gilt jedoch folgendes: wann es trüb, ranzigt u. d. g. aussieht, weiß man aber daß es beständig, also ist, so kann man es für rein halten. Wann von ungefähr Thiere darein gefallen wären, wann es durch den Saamen eines Thieres oder durch das monathliche Blut einer Frauens-Person, oder einiger Thiere, die daßelbe, wie die Weiber, vergießen, eine Verunreini- gung gelitten hätte, so muß der Brunnen vom Aufgang der Sonne an, bis zum Untergang derselben von zwei oder vier Personen ausgeschöpft werden. Wann ein Mensch darinnen fein Leben verlohren hätte, so müßen davon 40 Eimer aus- ggoffen werden; wann frische Excremente, oder Blut darein, C- c-3 ge- / 206 A, H „Fs gefallen wäre, fo find 60 Eimer erforderlich; bei trockenen Excrementen einer lebendigen Maus, eines Hundes, 7. bey einem Haasen, Fuchs oder Kaze 40. und bei Urin oder einem Sperling 1. – Die Erde reiniget Schuhe, Stiefeln und Pan- toffeln. – Die Sonne reiniger die Erde, dann ihre Strahlen dringen durch dieselbe, und machen sie fruchtbar. – Das Feuer reiniget alle Materien, welche verbrannt werden können. Asche und Kohlen find dahero rein. – Ifetthale ist das fünfte Reinigungs-Mittel. Z. C. ein unreines Thier läßt fei- nen Saamen auf einen gesalzenen Ort fallen, und verunreiniger ihn; Iftechale giebt das Reinigungs-Mittel ab, und verwandelt den aamen in Salz. – Intecal nimmt alle diejenigen Unreinigkei- ten hinweg, die von einer Stelle auf die andere gebracht werden können. – Jnkelab reiniget Wein, und macht ihn zu Eßig. – Tefs ist die achte Reinigungs-Methode. Z. E. der Wein ist unrein; kocht man ihn aber, und es sondern sich von demselben acht Donk ab, so ist er rein, ein Solotnick hat sechs Donk. – Neuntens Islam, der wahre Glaube reiniget alle Ungläubige. – Durch Zevol Ain, die zehente Reinigung - wird Z. E. ein Pferdeknochen , oder ein anderes Glied von diesem Thier rein, wann es mit Blut besprengt war. – Mesch Batahir reiniget den Affer , indem derselbe, nach dem die Ercremente abgegangen sind, mit drey Steinen, sie mögen dann feyn, was sie für eine wollen, mit drey Klumpen rother Erde, oder auch mit drey Lumpen zwiernerner oder baum- wollener Leinwand abgerieben wird. – Betia beiet endlich … bedeutet diejenige Reinigung, wann ein Orthodore einen gefange- nen Ungläubigen auf den wahren Glaubens-Weg leitet. Ich habe zwar schon der Leichen-Begängniße Erwe- zung gethan, jedoch bringt mich die Reinlichkeit der Perser nochmals auf diesen Artikul, und ich kan dabey Nachrichten von einigen andern Umständen anbringen, die zu diesem Abschnitt eigentlich mitgehören. - Wann ein Mensch stirbt, so ist es unumgänglich nöthig, daßfein Angesicht die Richtung gegen Mittag habe, nemlich, daß er auf dem Rücken liegend, mit den Händen und Füßen nach Norden liege. Die Kirche befiehlt, daß man vor das Heil der Seele des Sterbenden eifrig behe. – Daß, wann der To- des-Kampf lange dauret, der Kranke an denjenigen Ort ge- bracht -, S- „AR- 27 r bracht werde, wo er gesund sein Gebet zu verrichten pflegte. – Daß man ihn Mitten in dem Tode die Lippen und Augen fest zusammendrüke. – Daß man ihm den Kopf verb n- de, damit sich der Mund nicht wieder öffnen könne. – Daß man ihm die Hände in die Länge nach den Seiten zu aus- dehne. – Daß man seinen ganzen Leib mit einem Teppich, mit Leinwand, oder sonsten einem andern beliebigen Zeug bedecke, daß man alsdann Gebete, besonders auf dergleichen Fälle ein- gerichtete Stellen aus dem Koran, hersage: daß man den Todten des Nachts nicht ohne Licht bewache: daß man ein Effen für die Priester zu recht mache: daß man den Leichnam des verstorbenen nicht unmittelbar nach feinem Tode zur Erde bestatte. Wann in das Zimmer, wo ein Verstorbener liegt, ein unreiner Mensch, oder eine mit ihrem monathlichen behaftete Weibs- Person kommt: so darff auch um den Verstorbenen herum kein Schwerd, kein Dolch, kein Meßer, überhaupt nichts von Eisen verarbeitetes, oder auch kein rohes Eisen, befindlich feyn. Auch muß man ihn in diesen beiden Fällen nie alleine laßen. Die bey dem Abwaschen eines Todten zu beobachtende Puncte find theils nothwendig und theils den Kirchen-Gesetzen gemäß. Dabey werden auch einige Dinge für schändlich an- gesehen. Die nothwendigen begreifft der gegenwärtige Abschnitt, Bey beyden Geschlechten müßen die Geburths-Glieder bedekt feyn. – Ein Mann wäscht einen Mann. Eine Frau wäscht eine Frau. – Jedoch kan ein Ehemann fein Eheweib, und ein Eheweib ihren Ehemann abwaschen. – Auch ein Haus-Vater eine gemiethete Magd; und eine Magd ihren Haus-Vater, wenn fie ihm einen Erben gebohren hat. – Ein Mann kann eine Jungfrau im eigentlichen Verstand genommen, und ein Weib einen Knaben von drei Jahren abwaschen, ohne defen Scham zu bedecken. Wäre kein Mann oder kein Weib vorhanden, der oder die den Verstorbenen oder die Verstorbene abwaschen kön- te, so muß jemand von den nächsten Anverwandten diese Arbeit übernehmen. – Das Abwaschen geschieht vermittelt eines solchen Waßers, in welches die Blätter von einem Baum, der auf Persisch Serder heißt, und die Gestalt von einer Weide Hat, von dem ich aber sonsten keine ächte Nachricht geben kan, gelegt werden. Das Waßer wird davon trüb und weißlich. Z - UI 203 «A, 4. „Fe Zuerst wird die rechte Seite des Leibes und dann die linke abgewe- fchen. – Nach dem Abwaschen mit Serder folgt die Reinigung vermittelt des Kamphers. – Während diesen Abwaschungen muß das Angesicht des Todten gegen Mitternacht gerichtet feyn. Wann Serder-Waßer und Kampher nicht zu haben ist, so foll der Todte mit gemeinem Waßer zweimal gereiniget werden. – Wäre auch kein Waßer vorhanden, so muß der Sand (Teimem) auf folgende Art herhalten, dreimal nemlich werden die Hände damit gerieben, dreimal die Füße, alsdann die Stirne, der Rücken und die übrigen Theile des Leibes. – Ist hingegen Waßer vorhanden, so muß daßelbe rein, klar und erlaubt seyn. – In Ansehung des Orts, wo man das Waßer herholt, soll dasjenige beobachtet werden, was ich bey dem Wefu angezeigt habe. Die Kirchen-Gesetze wollen beim Abwaschen der Todten folgendes befolgt wißen. – Man muß dem Todten sein Hemde mit Erlaubniß der Erben ausziehen. – Die Finger werden mit Kna roht gefärbt. – Das von dem abgewaschenen nach- gebliebene Waßer soll an einem besondern Ort aufbehalten werden. – Wann ein Todter gewaschen wird, so muß er sich unter einem Dach befinden. – Das Abwaschen wird mit Rusl verrichtet; entweder vor oder nach dem Rusl gebraucht man auch das Wesu. – Derjenige, der den Todten wäscht, steht zur rechten desselben. – Das Serder-Waßer muß so lang behandelt werden, bis es eine weiße Farbe bekommt. – Der Kopf fowohl, als die Seiten-Theile des Leibes müßen mit dem Kusl dreimal gereiniget werden. – Bei dem ersten und zweiten Kusl werden die Hände in die Länge nach dem Bauch zu ausgestreckt. – Nachdem alles dieses geendiget ist, so ' eine gehörige Zeit zum Trocknen des todten Leibes erfor- Als schändliche Dinge werden beim Abwaschen gehalten; Laues Waßer dazu zu gebrauchen: ferner wann man die Nägel ab- fchneidt. – Wann man die Kopf-Haare abscheert. – Und endlich, wann man sich nicht wohl in acht nimmt, daß nicht das Waßer-Gefäß umgestürzt werde. – Wann jemand zu Mecca gestorben ist, so muß er ohne allen Anstand mit Kamp- fer gereiniget werden. Wann - A, - „F- … » / Wann ein Todter abgewaschen ist, so erfolgt darauf fol. Als nothwendige Puncte müßen diese beobachtet werden; Diejenige Theile des Leibes vermittelt welcher der Verstorbene sein Gebet im Leben verrichtet hat, als die Stirne, die Hände, die Knie, die Daumen und die Füße sollen mit Kampher eingerie- ben werden; der Todte wird mit zween oder drey Sterbekitteln angekleidt, die man auß, einer reinen baumwollenen, erlaubten, geräumigen, und ja nicht mit Gold- oder Silber-Fäden, durch wirkten Leinwand verfertiget. – Grober oder feiner Bäß, nach der Beschaffenheit und dem Ansehen der Leuthe, ist dißfalls am gebräuchlichsten. " - - - Die Kirche erfordert nachstehendes: der Kampher darf nicht in einem Mörser - verpulvert, sondern er soll mit den Fingern zerrieben werden. – Was von demselben übrig bleibt, legt man dem Todten auf die Brust. – Unter die Sterbe-Kleider giebt man dem Verstorbenen auf beiden Seiten zween hölzerne Stefken in die Hände nach gewöhnlicher Größe. Es wird frisches Holz dazu erfordert, aber gleichgültig von was für einem Baum man daßelbe genommen habe. – Die Leichen - Habite müßen aus einer Baumwollenen Leinwand verfertiger, und die Faden, mit welcher fiel zusammen genäht werden, von eben der selbigen Materie seyn. – Zu einem Leichen - Kleid werden 3. Schachische Ellen erfordert: diese vierthalb Ellen theilt man in zwey gleiche Stücke. – Das eine wird zum Sterbe-Kleid bestimmt, das andere zu einem dreifachen Gebrauch. – Ein Drittheil davon dient zur Bewiklung des Kopfs: die Enden deßelben müßen auf die Brust gelegt werden. Ein anderes Drittheil giebt eine Schürze zur nothwendigen Bedekung züchtig zu erhaltender Gegenden des Leibes ab. Mit dem letzten Drit- theil werden die Schenkelbeine umwickelt, und die Enden da- von an die Schürze festgebunden. Abgeschiedene Weibs-Per- fonen kleidt man anders an, und verstopft den Eingang der Geburtsglieder mit Baumwolle. – - Es schickt sich nicht, daß man die zu den Kleidern der Todten bestimmte Leinwand, von den großen Stücken vermittelt einer Scheere absondere, sondern sie muß mit den Händen von derselben abgerißen werden. – Der Schneider, der die Leichen- Kleider nähet, muß sich hüten, daß er den dazu erfoderlichen - Dritter Theil. D. d Zwirn gendes: 210 «R, + „s- Zwirn nicht mit seinem Speichef benetze. Die Leichen-Kleber dürffen weder aus Lacken noch einem seidenen Zeug verfertigt werden: Man kan auf dieselbe nichts mit Dinter schreiben. – Die Augen und die Ohren. des. Todten find ganz und gar keines Kamphers benöchiger. Ist der Verstorbene abgewaschen, ist er schon ange- kleidt, fö müßen mit ihm ferner fünf Religionsmäßige und drey und dreyßig auf Kirchen-Gesetzen beruhende Puncte beobach- er werden. Einige Dinge halten, die Perser dabei abermal für schändlich, Die Religion will haben, daß man für einen Todtenr beten foll. – Und daß man ihn hernach begrabe. – Sollte es sich zutragen, daß einer auf der See stürbe, so foll man ihn in dem Fall, da kein Bley zum Unterfincken vorhanden wäre, in einen Sarg legen. – Sein Angesicht wird gegen den Mittag gerichtet, und dann wird er in die See geworffen. – Diejenige, die ihre Ruhe in den Gräbern finden, haben mit ihrem: Angesicht die Lage gleichfalls nach Süden, und mit der rechten Seite des Leibs wenden sie sich gegen die Erde – Wann eine während ihrer Schwangerschaft gestorbene Person begraben wird, fö muß ihr Rücken auf der Erde aufliegen, und ihr Angesicht nach Mittag gerichtet seyn. – Manthürmt so viel Erde auf die Gräber, daß kein wildes Thier in dieselbiger eindringen, und daß sich kein fauler Geruch in die Nachbar- schafft verbreiten könne. - - Die Kirche verordnet folgendes: Diejenige, die den Todten zu seiner Grabstätte beglei- ten, müßen unmittelbar hinter dem Sarg, oder auf beyden Seiten desselben folgen. Die Leichenträger müßen mit ihrer rechten Arell die rechte Seite des Todten, und mit ihrer linken die lincke tragen. – Man muß den Sarg, wann man ihn ein Stück weges weiter gebracht hat, auf die Erde setzen, und Gebete für den Todten thun, und dieses, bis man zur Grabstät- te kommt, etlichmal wiederholen. – Die Tieffe des Grabes muß mit der Figur des Menschen, der begraben wird, übereins kommen. – Man muß es nicht geräumiger machen, als daß eben der Todte in demselben zu sitzen Platz hat. – Ist man bey der Grabstätte, so muß man, ehe der Todte in die Erde - gefekt A, F. „F- EHI - geffekt wird, noch einige Zeit verweilen, und beten. – Eine Manns-Person wird zu erst mit dem Kopf in das Grab ge- bracht. – Eine Frau ohne alle Umstände. – Eine Manns- Person kann von einem jeden andern Mann beigesetzt werden; bey einer Frau aber muß ein Anverwandter diese Verrichtung über sich nehmen. – Dann wird wieder gebetet. – Hier- auf macht man dem Todten ein Kopfküßen von Erde. – Auf die Brust freut man etwas von derjenigen Erde, die Karbella heißt, und von den Gräbern der Märtyrer, Hafen und Hufein genommen wird. – Ist der Todte schon bei gesetzt, so hebe man den Kopf, öffnet die Leichen-Kleider, und legt ein Stück vorher Erde unter den Rücken, und bedeckt den vordern Theil des Leibes mit eben derselben oder mit Leim. – Die bey dem Grab versammlete Menschen werfen etwas Erde ins Grab, und wer da will, rufft hiebey aus: Gott hat diesem Menschen das Ziel gesetzt. Dabey ist wohl eben die Absicht, in welcher Christ- liche Priester das bekannte: Mensch du bist Erde, und zur Erde folt du werden, hersagen. – Alsdann bedeckt man das Grab mit Erde, so daß auf der Oberfläche desselben ein vier Zoll hoher Hauffen nachbleibe. – Diesem mischt man et- was Sand bey; – wirft statt eines Zeichens etwas beliebiges darauf hin, Z. E. alte Krüge, Steine u. d. gl. begießt als- dann das Grab mit Waßer, von dem Kopf des Todten an bis auf seine Füße , und wieder zurück. Dasjenige Waßer, fo übrig bleibt, wird auf die Mitte des Grabes ausgegoßen. – Während der Zeit, daß man sich mit diesen Verrichtungen be- fchäffiget, muß jedermann mit feinem Angesicht sich nach Mit- tag kehren, und das Grab also berühren, daß davon in der Erde eine merckliche Vertiefung fichtbar ist. Und endlich wird die ganze Handlung mit einen Gebete geendiget. Als schändlich wird angesehen: wann Weibs-Personen eine Leiche begleiten. – Wann man zwo Leichen auf einmal, und mit einander zur Erde bestattet. – Wann man zween Todte in ein Grab zusammen legt. – Wann man etwas unter die Todten legt. – Wann man die Erde von einem fremden Grabe nimmt. – Wann man die Gräber erneuert. – Wann man auf dieselbe fizt, oder auf dieselbe mit Füßen tritt. – - D d 2 Von RI- «R, M. „F- Von Todten-Kapellen und von Grabsteinen "habe ich bey meinem Auffenthalt zu Derbent gesprochen. Es ist würck- lich so, daß die bei den Begräbnißen zu befolgen angezeigte Umstände der Glaubens-Lehre, den Befehlen der Kirche und der Perianischen Ehrbarkeit gemäß sind. Der Andachts-Eifer und der nachgebliebene Reichthum der Verstorbenen, fügt aber die Pracht der Grabstätte hinzu. – Die Grabmahle der zwölf Imame hat die Andacht ge- fifftet. Das Wort Imam bedeutet einen geistlichen Statthal- ter, und Ali, dem die Schias die Nachfolge in der geistlichen Statthalterschaft zueignen, führt unter den zwölfen die Reihe an. Auf ihn folgen die eilf andern, Hafen, Hufein, ein Ela- abedien, Mahumed Bakir, Diaefer Tfdick, Musa Kafim, Refa, Mahumed Takhi, Ali Ulachi, Hufenr Askert und end- lich Mahumed Mehdi. Nach diesen zwölf Imamen nennen die Araber die Perianische Seete in ihrer Sprache. Isnaffier, Wie die Schias denenselben die höchste Ehrerbiethung beweisen, wie sie ihnen die Gabe, Wunder zu thun, in einem aufferordent- lichen Grad zuschreiben, wie sie befliffen sind, ihr Leben nach dem Beyspiele derselben einzurichten, also schätzen fiel die Ueber- bleibsel ihrer Leiber als etwas heiliges, das sie anruffen bey dem sie ihre vorzüglichste Gebete verrichten, in dem fiel fich fest überzeugt halten, daß deren vollendete Seelen bey dem Allmäch- tigen aus diesem Grund Fürsprecher für das Heil der ihrigen abgeben werden, zu denen sie endlich ihre genugfam bekannte Wallfahrten, von denen ich bey dem Beschluß dieses Abschnitts re- den werde, anstellen. Um aber ihre Ehrfurcht gegen diese heili- gen Ueberbleibsel recht ernstlich zu bezeugen, so find von ural- ten Zeiten her bey ihren Behältnißen ansehliche Kapellen und gemeniglich noch überdieß ein geraumiges Tekia-Haus erbaut worden. Man hat bey denselben Badstuben errichtet, man hat sie mit Fontainen ausgeziert, man hat daselbst prächtige Luft- gärten angelegt. Die Perfianische Könige, und andere reiche Per- fonen haben diesen Imamen - Gräbern so beträchtliche Sum- men vermacht, daß sie insgesamt solche Capitale aufweisen können, von denen ihre Prache, die dazu besonders verordnete Priester, der Zunder zum Aberglauben und die Pflichten der Gastfreiheit unterhalten werden. Wie nach Ali und seinen Söh- nen, Hasen und Hufein, der sechste Imam Diaefer Tadick - oder F, E. „Es ar oder Distafer in ber Würde folger, also nimmt diesen in der- selben der achte Imam Reft auf. Mit feinem Grabmal prange die berühmte Stadt Mesched, und ihm wird hauptsächlich die Wunderkraft. Blinde sehend zu machen zugeschrieben, als wegen welcher zu verschiedenen Zeiten im Jahr öffentliche und feyerliche Proceßionen in ermeldter Stadt geschehen, die aber jedoch nichts anders als den Betrug der Mullah, der eben vernünftigen Persern nicht unbewust ist, verrathen. Das Grabmal dieses Resa ist eines der vorzüglichsten, welches Persien auf weifet- - Die Andacht hat nicht nur den Imamen, sondern noch vielen andern Heiligen und Personen, die sich in ihrem Leben durch besondere Frömmigkeit hervorgethan haben, Kapellen ge- fifftet, die wie der Imamen ihre, Melaar genennt werden, und welchen man nicht viel weniger Ehrerbietung schuldig ist, als den Metcheden. Man wird nicht leicht einen Orth antref fen, wo nicht eine solche Gedächtniß-Grabstätte vorhanden wäre, An beträchtlichen giebt es mehrere, und überaus viele; die Stadt Kaschan stellt den Sammel-Platz der allermeisten vor, Wer sich irgend durch ein vorgebliches Wunder bekannt ge- macht hat, und ein der Welt in die Augen fallendes gottseli- ges Leben, besonders als ein Einsiedler geführt hat, der wird nach seinem Tode für einen Heiligen angesehen, und wer auf deffen Grabstätte eine Kapelle erbaut, der bereiter fich nach ih- rer Meinung eine gewisse Staffel nach dem Himmel. Hieraus kam man den Ursprung so häufig angelegter Todten-Kapellen er- (2h) EM, h Der Reichthum der Verstorbenen giebe auch Anlaß zu dergleichen Aufwand nach dem Tode; daher übertreffen die Grabstätte der Könige manchmal der Imamen ihre; und anderer vornehmen Personen Grabmahle kommen denselben an vielen Orthen ziemlich bey- - - - - - - - - - - - - - - Die Religionsmäßige Reinlichkeit der Perser und das damit verbundene Waschen leitet mich, indem ich eben diese Materie zu schlieffenr gedenke, noch auf etwas so die Frauens-Personen allein angeht, - - Alle Feuchtigkeiten, die aus ihrer Schaam flieffen, werden für höchst unrein gehalten, die Persische Physiologie fondert sie in drei verschiedene Arten ab. Die erste nennt sie D d 3 Heiz- -214 -A, - „se „Zeiz, und versteht darunter die gewöhnliche monathliche Reini- gung, die niemals über zehn Tage dauert, und sich vor drei Tagen sehr selten endiget. Das hervor quillende Blut ist dick, schwärzlich, ranzicht, nicht viel warm, und fließt aus der linken Seite der Schaam. Dieser Fluß fagen die Perser, kommt in dem neunten Jahr der Dirnen zum Vorschein, und endiget fich im fechszigsten der Weiber. Das erstere ist wahr, und vermöge des warmen Klima, unter welchen die Schias wohnen, sehr wohl begreiflich ; das letztere aber gründet sich nur auf wenige Beyspiele, und ist nicht nichts weniger als allgemein. Während der Zeit des monathlichen Fluffes ist der Beyschlaf verboten. Hätte jedoch eine Frau Lust darzu, und der Mann willigte da- ein, so ist zuvor ein gedoppeltes Rusl nöthig. Ueberdieß müffen Almosen gegeben werden. Geschieht der Benschlaf beim Anfang desselben, so bestehen solche in einem Loth Gold; geschieht er binnen der Mitte derselben, so ist ein halbes Loch hinläng- lich ; bey der Endigung aber braucht man nur den vierten Theil zu erlegen. Die zweyte Feuchtigkeit, welche zu Zeiten aus der weiblichen Schaam quillt, heist bei den Persern Ife- chafe. Europäische Aerzte würden sie kurz und gut den weißen Fluß nennen; diese Varietät von Menschen aber behauptet, daß es ein blaffes und kaltes Blut fey. – Es kommt in einer groffen, in einer mittelmäßigen und in einer kleinen Menge zum Vorschein. – Gering wird sie genannt, wann die Baumwolle, welche die Perianische Frauens-Personen in ihre Schaam zu Stefen pflegen, von der Feüchtigkeit nicht durchdrungen wird. Will man doch indessen beten, so muß die alte Baumwolle mit neuer verwechselt werden, und man muß sich des Vesu be- dienen. – Man glaubt die Feuchtigkeit flieffe in mittelmäßi- - ger Menge, wann man bemercken kan, daß sie durch den Kat- tun gedrungen ist. In diesem Fall wechselt man nicht nur den leztern, sondern auch die Gurte um, womit die Weiber denjeni- gen Theil ihres Leibes unmittelbar bedecken müffen, der die Eifersucht der Männer in so groffe Bewegungen bringt. – Dann badet man fch, und nach vollbrachtem Kusl ist es erlaubt zu beten – In groffer Menge fließt die Feuchtigkeit, wann sie an dem Kattun sowohl, als an dem Gurt Spuhren von sich nach gelassen hat, dann ist auffer der Verwechselung von benden ein zwiefaches Kusl nöthig, eines wegen den Morgens und Mit- - tags, «R, - „s- kags, und ein anderes wegen den gegen Abend zu verrichten- den Gebeten. – Die dritte Art der Feuchtigkeiten, welche die weibliche Schaam von sich gibt, nennen die Perser Nefe. Es ist diejenige, welche vor und nach der Entbindung, der Frauen- zum Vorschein kommt. Und man beobachtet dabey auf männlicher Seiten sowohl, als auf weiblicher, was bey dem ersten Fluß dem Heiz, gesagt worden ist. - Es ist mir recht lieb, daß ich mit der gesetzmäßigen Rein- lichkeit der Perser zu Ende bin: wann ich mit diesen Nachrichten die Gedult meiner Leser auf die Probe feze, so müffen fiewiffen, daß die Meinige , indem ich dieses närrische Zeug zusammenge- famlet habe, diese Probe bereits ausgehalten habe. Ist meine Mühe nicht allen Lesern angenehm, fo ist sie es doch vielleicht : ich suche mit meinem Tage-Buch jedermann zuge- llen. Das Almosen-Geben wird, nach dem Gebet und nach der Reinigung des Leibes bei den Persern, eben so wie bey den Türken als ein nothwendiger Religions-Punckt angesehen- Diejnige, die fleißig im Koran lesen, diejenige, die öfters beten, und diejenige, die sich beim Almosengeben großmüthig aufführen, diese spricht Mahumned, werden sich in ihrer Meynung ganz und gar nicht betrügen. Ihre Auslage wird ihnen reichlich vergolten werden. Gott vergibt denen ihre Sünden, die die Werke der Liebe ausüben, und dasjenige, was man in seinem Nahmen gibt, erhält man mit Gewinnt zurück. Aber nur gegen Arme, nur gegen Hülfsbedürftige, befiehlt Mahumed barmherzig zu feyn. Erpressungen, grausame an reichen. Leuthen begangene- Verbrechen, Gewaltthätigkeiten, deren Würkung man der Präde- fination zuschreibt, diese Dinge sind erlaubt, sind der Mahumeta- mischen Lehre in ihrem eigentlichen Verstande gemäß, find also durchaus Religions- mäßig. Ich muß dieses bemerken, damit ich mir nicht hier, da ich von dem Almosengeben rede, selbsten zu wiedersprechen fcheine, dann ich weiß mich sehr wohl zu besinnen, daß ich in einer andern Stelle meines Tagebuchs den Persischen Ge- mütern die edle Eigenschaft der Liebe gänzlich abgesprochen habe, und ich kan derowegen anjezo voraus fzen, daß fie, die Perfer, bey ihrem Allmosengeben keine andere als solche Absichten hegen, welche ihr eigenes Intereffe betreffen. Dannoch ist es andem, daß der Koran ausdrücklich gebeut, man soll das Almosen per -- 26 «A, H „F- - - der Stille geben, ja nicht um gesehen zu werden, sondern blos allein darum, daß man sich dem Allmächtigen gefällig mache. Aber auch diese Absicht, wann man die Sache recht betrachtet, ist schon unlauter, nemlich auf die Hoffnung eines eigenen Vor- theils gegründet. Unter dem Namen Zikat verstehen die Perser in einem allgemeinen Verstand die Pflicht Almosen auszuheilen, und dieses Wort bedeutet nichts anders als den Theil des Vermögens, welchen ein jeder Muselmann auf das Allmosen verwendet, oder vielmehr verwenden muß. Ein jeder giebt von seinem Golde, Silber, Korn, Gartenfrüchten, und vom Vieh was ab, und er giebt es denjenigen, die es bedürffen, und fich keines an- dern herrschaftlichen Schutzes erfreuen können. Der Koran befiehlt besonders, den Eltern beizustehen, den Anverwandten, den Nachbaren, den Waisen, den Reisenden und den Walfahr- tern. Er verspricht den Gehorsamen den Seegen des Himmels und droht auf den Tag des Gerichts dem niederträchtigen Geizhals, der von den Wercken der Barmherzigkeit nichts wissen will, einen unausbleiblichen Fluch, eine unfehlbare Höllen-Pein. Der Zeckat hat bey den Persern eine gewisse Regeln, von 20. Solotnik Goldes sollen die Arme ein halbes bekommen. Von 200. Derham Silber (ein Derhan ist drei viertel Solotnick gleich ) fünfe; also von vierzig Derham allemal einen. Von Korn und selbst gepflanzten Früchten den zehnten, oder doch wenigstens den fünfzehnten Theil. Von 5. Kamelen, ein Schaaf, von 26. eine Kamel-Stutte von zwei Jahren, von 36. eine von drey Jahren, von 46. eine von vier Jahren, von 61. von fünf Jahren, von 76. zwo von drei Jahren, von 9. zwo von vier Jahren. Befizt aber jemand einen Reichthum von 121. Ka- melen und darüber, so giebt er von jedem vierzig eine vierjähri- ge Stutte. – 30. Ochsen geben ein zwey jähriges und 40. ein drey jähriges Kalb. – 40. Schafe eines. Befizt man aber über 400. fo ist eines von hundert hinlänglich. Jedoch müffen die Schaafe untadelhaft und zum wenigsten sieben Mo- nath alt seyn. Die erst angezeigte Puncte verordnet die Religion; die Kirche fezt zu denselben noch folgende hinzu. Ein jedes Pferd zahlt 2. Solotnick Gold. – Von Garten-Früchten giebt man den zehnten, – Wann jemand wieder zu dem rechtmäßigen Befiz A H „Es ary Besitz seiner Güter gelangt, die eine Zeitlang in ben Händen eines andern waren, so erlegt er auf einmal für ein ganzes Jahr den Zekat. – Wann jemand in Zweifel steht, ob er von seinen Gütern den gehörigen Almosen-Tribut entrichtet ha- be oder nicht? so soll er das gewifeste als das beste wählen, und fich mit dem Zekat einfinden. – Von einem jeden er ' Gewinnst, wann man ihn auch durch die Handlung ekommt, muß man etwas abgeben. – Auch der Besitz eige- ner Häuser erfödert den Zekat. – In folgenden fieben Fällen --- muß man den fünften Theil von feiner Habe abgeben. Erstlich, wann man die Güter eines Ungläubigen erbeuthet hat; zweytens, wann man so glücklich gewesen ist Edelgesteine zu finden, jedoch mit dem Unterscheid, daß die zwanzig erste Solotnik frey aus- gehen; drittens, wann die Täucher Perlen gefischt, oder sonsten etwas von Werth aus dem Waßer gezogen haben ;viertens, wann erlaubte und unerlaubte Güter unter einander vermischt worden find: der fünfte Theil auf Almosen verwendet macht das ungerechte gerecht; fünftens, wann ein Orthodor einem Ungläubigen etwas verkauft, von dem er einen Nutzen gezogen; – sechstens, wann man in dem Land der Ungläubigen etwas von Werth Z. E. in der Erde vergraben gelegene Schätze entdeckt; und fiebentens, wann man durch die Handlung, durch den Akerbau, auf eine fonst erlaubte Art einen so beträchtlichen Gewinst erhält, daß er noch einmal so groß wäre, als die häus- liche Ausgaben erfodern, so wird solcher in zween gleiche Theile abgesondert. Den einen thut man zu seinem übrigen Vermögen ganz, und von dem andern erlegt man den fünften Theil zum Zekat, damit dadurch der Nahme Gottes gepriesen werde, der durch seine Seegens-Hand dem Menschen wohl thut, und ihn in feinen Unternehmungen unterstüzet. - Die Priester sind es, welche den Zekat einsammlen , und darüber ein richtiges Verzeichniß halten. Sie verwenden die Einkünfte nach den Befehlen des Korans, um zu Kriegs-Zeiten Gefangene loß zu kauffen, um diejenige zu lösen die in Schuld- Verhafft stecken, um Metscheden und Schulen zu erbauen. In dem Ramasan, dem Fasten Monath der Mahometaner, ist noch eine andere Almosen - Gabe eingeführt, die Zekat "Fetr genennt wird. Da muß ein jeder Haus-Vater von sich selbst ange- rechnet bis auf eine jede im Haus befindliche Seele, von feinem Dritter Theil, E e vors 218 •A, - „sº vorrath an Korn, Reiß und andern Eß-Waaren an die Arme o viel abgeben, als ihm seine Umstände erlauben. Bei allen Liebes-Wercken, welche die Perfer ausüben, fieht Gott, spricht der Koran, mehr auf das Herz des Gebenden, als auf feine Gaben. Ein frommer Armer, der seine Armuth mit Gedult träger, ist einem freigebigen Reichen dann och vorzuziehen. - Viele Muselmänner beobachten bei ihrem Allmosengeben nicht nur das Gesezmäßige, nein, wo sie Gelegenheit haben, dem hungrigen Brodt zu geben, da unterlaßen fiel es nicht ger- ne. Allmosen vermehrt den Reichthum und erwirbt die Gnade des Allmächtigen: dieß ist der Grund, warum die Perser in der Ausübung dieser Pflicht so unermüdet sind. Hierauf gründet sich ihre Gastfreiheit: hierauf ihre Sorgfalt gegen die Reisen- de, die sich durch häufig angelegte Erfrischungs-Häuser und Karawan-Sarais, die sie durch so viele an den Landfraffen aus- gegrabene Brunnen an den Tag legen. Hierauf gründen sich auch endlich ihre Vermächtniße und Stiffungen. Nach dem Beten und der dazu erforderlichen Reinlichkeit des Leibes, nach dem Allmosengeben ist ein anderer hauptsächli- cher Religions-Punct, welcher zu fasten befiehlt; und dieses Fa- fen, auf Persisch Rufe, erheischt nicht nur die Enthaltung von einigen Speisen, sondern verbeuth das Effen, das Trincken und den Beyschlaff gänzlich; würde man sich aber dennoch in Sinn kommen laßen, den letzteren zu begehen, so muß derjenige Theil der ihn veranlasfet hat, für sich sowohl, als für den andern ein Kafar oder den vierten Theil eines Solotnik Golds, zusammen also ein halbes Solotnik den Armen geben. – Eine Frauens- Person, die während den Fasten mit dem monathlichen Fluß behaftet ist, muß sich alle Morgen und Abend des Rusl be- dienen. – Man hütet sich für dem Erbrechen, – ent- hält sich von Baden in Flüffen und Bächen, – von allen Schimpfreden und Verfluchungen. – Wer dieses alles nicht genau beobachtet, dem nuzt fein Fasten nichts. Die Religion verordnet allein die Ramasan-Faften, von der ich im vorhergehenden Abschnitt weitläuffig gehandelt habe: Sie befiehlt aber auch, noch einige besonders dabey zu beo- bachtende Regeln, deren ich hier am füglichsten gedenken kan. Wann jemand in dem Monath Ramasan den einen oder den andern Tag nicht gefastet hätte, so muß er es in allweg zu - - einer •A, P. „F - 219 einer andern Zeit ersetzen. – Eben so ein jeder der es wegen mothwendigen Arbeiten unterlaßen hätte. – Wann jemand darüber hinweg sterben sollte, ohne das gehörige ersetzt zu haben und es lieffe ein solcher verschiedene dem Alter nach ungleiche Söhne nach, so müßte von demjenigen, was der Vater hätte ins Werck stellen sollen, der älteste Sohn die eine, und die jüngern Brüder die andere Helfe über sich nehmen, um das Heil des Verstorbenen zu retten. – Wann sich einer im Ramafan Monath mit dem Beyschlaf abgegeben hat, so muß er für die- fe That an andern Tagen in zween Monarchen fasten, oder ei- nen Gefangenen los und ledig machen, oder 60. verschiedenen Menschen und unter denselben einem jeden ein Med Gersten reichen; ein Med aber enthält vierzehn tausend und vierzig Kör- ner. – Es ist sehr heilsam, wann man sich während dieser feyerlichen Fasten in den Mescheden aufhält, wenigstens drey Tage lang und mehr, und dieselbige aus keiner andern Ursache, als wegen einer natürlichen Nothdurfft verläft. – Endlich, wer sich eines Lasters bewust ist, und kein Almosen geben kan, der muß zween Monath lang fasten. – - Die Ramasan-Fasten werden deswegen angestellt, weil Mahumed vorgegeben, um dieselbige Zeit habe er den Koran aus dem Himmel bekommen. Zu den Ramasan-Fasten setzt die Kirche noch folgende hinzu. Am Tage der Geburth Mahumeds ihres Propheten. - Am Tage , wo derselbe zu weißagen angefangen hat. – Am 27sten des Monaths Retscheb. – An der Kadirs Feyer. – Den achtzehnten des Monaths Silbadfche. – In einem jeden Monath drei Tage lang, nemlich den ersten Nitt- woch und Donnerstag und den letzten Donnerstag in demselben. – Das weibliche Geschlecht soll wegen seiner natürlichen Un- reinigkeit ihres Fußes den 13ten 14ten und 15ten eines jeden Monaths fasten. – Am achten des Monaths Silbadische." – Am 24ten des Monaths Silkade. – In eben demselbi- gen Monath vom 1sten bis zum 9ten. – Den ganzen Mo- nach Retscheb. – Den ganzen Monath Schabon. – Den 25sten des Monaths Silkade. – Die 9. ersten Tage des Monaths Muharem, am 10ten desselben bis auf den Mittag. – Den 29ten des Monaths Silkade. – Den 9ten des Monaths Silhadsche. – An dem Fest des Königs David- - - E e 2 - Und - 220 A, H. „F - Und an den drei ersten Donnerstagen und Mittwochen nach dem Monath Ramasan. – Von den Ramasan-Fasten kan sich kein Perfer ausschlies- fen, die meisten hingegen von den übrigen werden nur von den wenigsten, fast nur allein von den Priestern gehalten. Die Schöpfung schreiben die Perser in allweg Gott zu. Vom Teufel behaupten sie, daß er aus dem Feuer, und von dem Menschen, der allerfürtrefflichsten Creatur , daß er aus der Erde erschaffen worden sey. Sie erkennen, daß der Satan der abgesagteste Feind des menschlichen Geschlechts fey, und fie wißen, daß er an der Verstoffung Adams aus dem Paradis hauptsächlich schuld gewesen. Sie halten in allweg Adam für den ersten Menschen, und nennen ihn die Reinlichkeit Gottes. Es scheint sie suchen bey dergleichen Ausdrücken etwas be- fonders. O Gott! es ist nur ein Gott, ist der erste Glau- bens-Artikul, dann folgt allzeit gleich darauf: Mahumed ist fein Prophet und Ali fein Freund. Bey andern Gelegenheiten fezen die Mullah in den öfentlichen Metcheden hinzu. Jesus hristus ist der Hauch Gottes. Moses ein Bekannter. Da- wid der von ihm eingesetzte König. Salomo oder Solyman, wie sie schreiben, fein Getreuer. UNoa, der durch seine Barm- herzigkeit errettete. Adam der Reine. Heil und Seegen fey über ihnen! Von der Seeligkeit der Frommen und von der Verdam- niß der Gottlosen sind die Perser vollkommen überzeugt. Sie glauben so gar, auch die unvernünftige Thiere werden dereinst das Recht der Auferstehung genießen; dann fiel können nicht be- greiffen, wie Gott etwas zernichten könne, daß er geschaffen hat. Den jüngsten Tag zwar nehmen sie für den Tag des Gerichts an; aber fiel glauben dannoch auch das Fegfeuer. Die Schias halten viel auf gute Wercke, daher find Fasten und Almosen bei ihnen so unumgänglich nöthig; man muß aber dabey gar kein Ansehen vor den Menschen suchen. Sie ziehen die Gnade allen verdienstlichen Wercken vor. Die Gnade, deren man sich durch nichts anders, als durch eine wahre Frömmig- keit theilhaftig machen kan. Die dem ewigen allmächtigen Wesen zu erzeigende Furcht und Liebe, die Aufrichtigkeit des Herzens und die Erhaltung eines beständigen Andenckens von Gott empfehlen fiel angelegentlicht. Aber, leider, daß es e A, P. „F- bei den Worten bleibt! Die Handlungen aller Perser, auch der Priester ihre nicht ausgenommen, beweisen deutlich, daß der Dienst, den sie Gott leisten, nur in Worten bestehe, und nicht mit dem Geist verrichtet werde. Die Perser schreiben alles der Vorsehung, oder der Prä- destination, zu, alles gute und böse, alle erhebliche Umstände ihres Lebens und alle geringere. Daher kommt es vermuthlich, daß fich keiner in sein Glück zu schicken weiß, wann ihm eines unvermuthet auflöst, und daher sind die meisten fast unem- pfindlich, wann sie Leben, Augen, Ansehen und Güter verlieren. Unser Freytag ist der Persianer ihr Sabat; dann an einem Freytag soll es gewesen seyn, daß fich Mahumed von feinen Wiedersachern verfolgt, aus Mecca nach Medina in Arabien flüchten müßen. Am Freytag (Dschuma ) muß man dann in den Metscheten fleißiger erscheinen als sonsten, am Frey- tag betet man auch fleißiger in den Häusern, und am Freytag ist der Beyschlaff verbothen, der aber des Tages zuvor so un- fehlbar erfodert wird, als gewiß es ist, daß Frauen, die dieß- falls vernachläßiget worden, einen Scheide-Brief von den Prie- fern verlangen können. Trinker nicht Wein, befiehlt der Koran, und enthal- tet euch der Hazardspiele, fagt er, dann das find Dinge, welche den Saamen der Feindschafft unter die Menschen ausstreuen, und die Luft, im Gebet den Rahmen Gottes anzuruffen, beneh- men. In wiefern sich die Perfer in Ansehung des Wein-Ver- boths und anderer geistigen Getränke aufführen, habe ich schon eben angezeigt. In der That aber ist mir niemalen zu Ohren gekommen, daß sie sich mit Hazard-Spielen abgeben. Das Spie- ken überhaupt ist ausgenommen des Schachspiel unter ihnen sehr wenig Mode. - Vor dem Schweine- Fleisch tragen die Perser würcklich einen Abscheu, und vor dem Fleisch aller derjenigen Thiere, die sie für unrein halten. Wölfe, Füchse, Schakalen, Hunde sind bei ihnen abscheulich umrein, fie lieben hingegen die Kazen, fie dulden sie in ihren Häusern, fie spielen mit ihnen, und tragen für ihre Erhaltung große Sorge. – Ein Perser glaubt, er ehue Gott einen Dienst, wann er einem in die Gefangenschafft geraehenen Vogel zu seiner Freiheit verhelfen kan. – Es gebe welche, die so einfältig sind, daß sie im Sommer auf die E e 3 Graba 224 2. - - Grabstätte der Todten Waßer gießen um die Verstorbenen durch diesen Liebes-Dienst zu erfrischen. - Indem ich auf einer anderen Stelle dieser Reise-B- schreibung der Schauschi gedenke, so thue ich auch daselbst der Hadschier Erwehnung: jedoch kam ich hier einige Anmerkungen von dem Wallfahrten der Perfer zum Beschluß dieser Abhand- lung voraus schicken. Diejenige, die nach Mecca geschieht, hat Mahunet zu einem nothwendigen Religions-Punct gemacht. Der Koran behauptet zuversichtlich, daß der Tempel Haram zu Mecca unstreitig derjenige fey, den der Patriarch Abraham zur Verherrligung des Allmächtigen und zum Gedächtniß der befohlen gewesenen Aufopferung seines Sohnes errichtet habe, Abrahan fey der erste gewesen, der die Kunst auf eine an- fändige Art, nemlich mit einem gläubigen Herzen, zu beten verstanden habe. Wann man also zu Mecca bete, fo fey es Gott angenehm. Ja, er befehle es so gar, daß es ein jeder thue. Die meisten Perfer also verrichten einmahl in ihrem Leben ihre Andacht zu Mecca, und wann sie es nicht selbsten thun, so miethen sie zu dieser Verrichtung jemand. Es giebt auch Frauen- zimmer, deren Andacht so weit geht, daß sie diese Wallfahrt unternehmen, da sonsten diesem Geschlecht nicht erlaubt wird, in dem öffentlichen Menscheden zu beten, woran zwar mehr die Eifersucht der Männer, als das geringe Ansehen des weiblichen Geschlechts schuld ist: so sind es euch nur vornehme Damen, die diese Art der Frömmigkeit unter dem Schutz derjenigen Manns- Personen, denen sie ihr Ansehen zu verdancken haben, an den Tag legen können. Es gibt viele, die indem sie nach Mecca reisen, von daraus auch noch nach Medina gehen, allwo die Grabstätte des Mahumets ist: dann ist es Gott angenehm, sagen fie, wann man zu Mecca um des Abrahamitischen Tempels willen ein Gebet verrichtet, so muß es ihm auch gefallen, wann man solche bey der Ruhe-Kammer seines Propheten thut. Es ist bekannt, daß Mecca in Türkischen Händen ist, und deswegen haben die Perser von jeher neben der erstaunlichen Beschwehr- lichkeit der Reise, die man meistentheils durch die Wüsten machen muß, welche durch die unerträglichste Sonnen-Hize ausgebrant fast von gar keiner Waßerquelle erfrischt werden, erstaunend vieles Ungemach von ihren abgesagten Feinden, den Sonnich ge- finnten Türcken erfahren müßen, In alten Zeiten durften sie es - - - - " gar «A, H „R 223 gar nicht fagen, daß sie Schias feyn. In neuern sollte die Sache beigelegt werden, aber nur mit dem Beding, daß die Perser aufhörten Schias zu seyn, und sich mit den Sunniern vereinigten, welches sich unter der Regierung des Nadirs zu- getragen, der nach der Erzehlung des aufmerksamen Hanwalt seine Perfer bald zu Sunnier machen, bald eine ganz neue Religion unter ihnen aufbringen wollte. Anjezo verschweigen sie gleichfalls, wann sie können, wer sie sind, oder bezahlen groffe Zolle. Die Wallfahrt nach Bagdat geschieht wegen der Grabstät- ten des Ali und seiner Söhne, die unweit dieser Stadt befind- lich find. Denjenigen, die solche Wallfahrt unternehmen, verschaft fie die in so großen Ehren gehaltene Bet-Steine für sie so wohl als für andere, denen sie solche mit heilen wollen. Der Walfart nach Uliested wegen Keja, dem Augen-Arzt, habe ich erst kürzlich gedacht; die nach Damaskus unternehmen nur die in Asien wohnende Türken und die nach Zeber die Araber. Bey dem Abschied eines Menschen aus dieser Welt neß- men die Perfer einen besondern Engel an, der den Tod auf gottlichen Befehl zufüge. Daher ist der Selbstmord bey ih- nen etwas fehr seltenes und daher weiß man unter ihnen auch von. Duellen gar nicht. Endlich glauben sie, daß ihr zwölf ter Imam, Muhamed Mehdi gar nicht gestorben, sondern von Gott unmittelbar, wie Enoth, in ein Paradieß hinweg ge- rüket worden sey, von wo er nach einer gewissen Zeit zurück- kommen werde um den Anti-Mahumet zu tödten und alle Menschen zum wahren Muselmanischen Glauben zu bekehren. Derohalben nennen sie ihn Saheb El Samoon, oder den Herrn der Zeiten. - Achter W24 - •A, § „F- Achter Abschnitt. Persischen Mönchen, Gleich wie die meiste Religionen ihre Mönche haben, also weist auch die Alianische die ihrigen auf, die von andern Mön- chen sehr unterscheiden sind, mit den Bettelmönchen der Catho- licken aber gleichwohl eine ziemliche Aehnlichkeit haben. Ein Mönch führt in der Persischen Sprache den Nah- men Derwisch, und dieses Wort bedeutet so viel als einen “ Menschen, der sich vorgenommen hat, entfernt von der Welt und den weltlichen Küsten, sein Leben in der Gemeinschaft Gottes zuzubringen, feine Handlungen nach den Handlungen heiliger Leute einzurichten, um sich also der Gnade des Himmels verdient zu machen. Man könnte daher aus dem finnlichen Verstand dieser Benennung einen vorheilhaften Begriff von den Derwischen bekommen. Sie sind aber meistens die nichtswürdigsten Leuthe von der Welt; wenigstens jetzund lediglich aus Liebe zur Faul- heit, öffters auch wegen würcklicher Armuth pflegen sie in diesen Stand zu treten, um die Erlaubniß zu haben, Städte, Dörffer und Häuser durchzuwandern und überall öffentlich zu betteln. Zur Beförderung des gemeinen Besten tragen sie gar nichts ber, dann fiel geben sich weder mit der Handlung ab, noch sind sie Handwercker, oder Bauern. Vielmehr hat man von ihnen die Erfahrung, daß sie sich auf die Kunst andere zu betrügen und zu bestehlen tüchtig verstehen. Doch mag es auch noch welche geben, deren Absichten mit der Benennung eines Derwisch we- fentlich übereinkommen, und die ein Institutionsmäßiges Leben führen; dann wer sollte nicht unter einem so zahlreichen Hauffen wandernder Menschen noch ein oder anderes rechtschaffenes Gemüth vermuthen? Den Ursprung der Derwische erzehlen die Perser aber- mal auf eine besondere Art d. i. auf gut Perfisch. Sie leiten •A, - „Re- 225 ihn bis auf die Mosaischen Zeiten zurück. Einsmals habe sich Moses mit einigen von feinem Gefolge an dem Fuß des Ber- ges Sinai befunden, worauf ihm Gott erschienen, und die Ein- ladung Mofis zu einem Abendmal angenommen habe. Moses bereitete sich darzu und als feine Anstalten fertig gewesen, so fey er hingegangen, um Gott zu fich abzuholen, da sich der felbe inzwischen mit einem schlechten und ungewöhnlichen Kleid angezogen in die Hütten Mofis begeben, den Bedienten angetroffen, der den Tisch zurichtete, und von demselben nach Art der Bettler ein Stück Brodt verlangt habe, welches ihm auch aus einem an der Wand hangenden Korb gereicht worden, worauf er sich wieder nach der Spitze des Berges Sanai begeben, einem ihm entgegen kommenden Wirth, der ihn abermal zum Effen gebe- ten, geantwortet, daß er bereits bei ihm gewesen und zum Beweiß desen das erhaltene Brodt vorgezeigt habe. Nach dem Beispiel des Allerhöchsten, geben die Derwischen vor, hätten sich schon dazumal Leute gefunden, die in ungewöhnlicher Klei- dung ihr Brodt durchs Betteln gesucht und so der Gebrauch bis auf fiel gekommen. Unter den Derwischen giebt es vielerley Orden, die nach und nach enfanden zu feyn scheinen. Es haben sich nemlich zu denselben , meinetwegen nun aus guten oder bösen Absichten, verschiedene Leuthe von Zeit zu Zeit gesellet. Eine jede Haupt-Partey hat zu einer Gesellschaft oder einem Orden Gelegenheit gege- ben, und dieser bekam um sein Gedächtniß zu erhalten, einen eigenen Namen. Mir find durch die Bekanntschaft, die ich mit den Derwischen selbsten gepflogen habe, vierzehn verschiedene Orden bekannt worden. Hier folgen ihre Benennungen , mit der Kleidung eines jeden Mönchen-Ordens. Beck Daschi. Ihre Kleidung ist die gewöhnliche Per- fische, nur daß sie einen in zwölf Falten zusammen gerollten Turban tragen, damit vermuthlich die geheiligte Anzahl der zwölf Imamen auszudrücken. Mawlowi. Sie erscheinen mit einer Mütze von vier Falten, und tragen einen aus dem Flaschen-Kirbis gemachten Becher, der am Knieband befestigt ist. Haider. Ihre Mütze besteht aus einem leinenen oder wollenen Tuch von fünf Falten; auf dem Rücken tragen sie ein Dritter Theil. F f rohes 226 •A, P. „F rohes Schaaf Fell, an der rechten Lende eine Flasche, in der einen Hand führen sie einen Stock, in der andern aber ein Horn. Kämpfer sagt, daß sie abgesagte Feinde der Naamu- telai find, die sich von einem gewissen heiligen Naamet Blasi herschreiben. Er erzehlt sogar, daß sich alle Alianer in Hai- deri und Naamutelai absondern, das ist, daß jeder Perfischer Muselmann entweder von der einen oder von der andern Par- tie seyn unüffe, und daß zwischen beiden bei öffentlichen Gele- genheiten und besonders bei dem Huffins-Fest alle Jahr viele blutige Streitigkeiten vorfallen. Das mag noch zu seiner Zeit also gewesen sein. Gegenwärtig ist der Naamutelai-Orden gänzlich aufgehoben und die Haideri leben feinet halben im rieden. F Seidfähietali. Sie gehen mit bloßem Kopf und bloßen Füffen und umgeben sich an den Hüften und Schenkeln mit einem Schaaf-Fell. Medari. Sie tragen auch keine Mütze, aber den Kopf laffen fie ungeschohren, und die Haare hängen unordentlich über die Schultern herunter. Karedi. Sie gehen auf Perfisch gekleidet aber ganz MTachfähibendi. Saliki. Mönche, die nicht herumreisen, sondern an einem Ort verbleiben. - Achtari, fonten auch Müchtari genannt. Diese betteln nicht selbsten, sondern haben ihre Zuträger. Abdali, welche statt ihrer betteln, und das erbettelte zu ihnen bringen müffen. Sie umhängen sich mit einem Schaafs- Pelz, an welchem weder Kopf, noch Ohren, noch Füße zu sehen fyn müßen. Mpfitti, (andere sprechen es Muftitti aus.) Ihre Ach- feln umgiebt ein Fell, wovon der Kopf und die Klauen ab- gelöst, find. - Rafaaki sind diejenige Derwische, die sich auf den öffent- lichen Straffen versammlen, die Thaten ihrer Heiligen, ihrer Könige, anderer großen und verdienten Leuthe durch ausgesuchte Lobprüche erheben; so wie sie sich solche aus den Büchern be- kannt grün •-A, - „F- 227 kannt gemacht haben. Sie stellen dabei ordentliche Comedian- ten vor, indem sie sich in die Person desjenigen versetzen, den sie erheben wollen, mit dem Schwung der Stimme, mit ihren Gebehrden und mit ihrem ganzen Körper diese oder jene Helden- that, dieß oder jenes Wunder ausdrücken, von welchem sie spre- chen. Wann sie mit ihrer Comödie fertig sind, so fordern sie auch wie Comödianten von den herumstehenden Geld. Die Ra- saaki besitzen überhaupt eine Aehnlichkeit mit unsern Gelegen- heits-Poeten. Wann ein vornehmer Herr in die Stadt kommt, am Neu-Jahrs-Tag, bei andern groffen Feyerlichkeiten, u. f. w. erscheinen sie öffentlich und in den Häusern mit Glückwünschen und mit Lobes-Erhebungen. Kalandari; und Atdschami. Diese beide Gattungen von Mönchen wur- den mir als die von der schlechtesten Art angegeben. Sie ha- ben keine gewisse Kleidung und erscheinen heut in dieser und morgen in einer andern. Bald gehen sie mit Ordens-Kenn- zeichen, bald auch ohne diese. Es ist überhaupt bey den Persischen Mönchen weder in Ansehung des Habits, noch in Betracht der Insignien, als Z. E. der Beile, der von den Kirbis-Früchten gemachten Becher, der verschiedenen um den Leib hängenden Felle u. f. w. eine Be- ständigkeit zu beobachten. Es mag einer von einem Orden feyn, von was für einem er will, so erscheint er, um zu betteln, ent- weder auf diese oder auf eine andere ungewöhnliche Art. Von den Ordens-Kennzeichen sieht man manchmal gar nichts. Die Leuthe wiffen auch nicht einmal, was sie bedeuten. Die Stiff- ter unfrer Orden haben sie getragen, und deswegen tragen wir fie auch; dieß ist die einzige Antwort, die ich auf viele Fragen - erhalten habe. r- - Die Derwische haben drey Vorgesetzte, deren Benennun- gen find, Destinahüb, Mahüb und Pyr. Die zween erfere findt man in einer jeden Hauptstadt, als Ispahan , Kafchan, Rom, Räscht, Mafanderan u. f. w.. und sie werden anje- zo von den jedesmaligen Befehlshabern oder Chanen bestellt. Aber der dritte bedeutet weit mehr als die ersten beide, und ist das Oberhaupt von allen Derwischen. Der einzige, der dieses Amt führt hat in Mesched feine Wohnung und wird von keinem re- F f 2. gieren- 228 •A, P. „F- gierenden Fürsten, sondern blos durch die Mehrheit der Stim- men, welche die Derwische geben, bestellt. Aus den andern Vorgesetzten, oder aus den Derwischen selbst, wird derjenige zu diesem Amt erhoben , der sich durch einen heiligen Wandel, durch genugsame abgelegte Proben seiner Gründlichkeit in Re- ligions-Sachen, und durch eine bekannte Kenntniß in Persischen Wiffenschaften, zu demselben tüchtig gemacht hat. Wie er sich aber nur in Mesched aufhält, eine Gewalt zwar über alle Per- fische Derwische hat, solche aber allein unmöglich ausüben kan, fo bekommt er in allen vornehmen Städten an den ermeldten zween Vorgesetzten dem Destinahüb und Nahüb seine privile- gierte Collegen, die die Streitigkeiten der Derwische statt seiner entscheiden, und die schuldig befundene zur gehörigen Straffe (2) (21. zieh Es ist den Persischen Derwischen nicht nur erlaubt ganz Perfen durchzuwandern, sondern fiel können auch ihr Hand werck in den Türkischen Provinzen und in Indien treiben. Wie es aber auch in diesem letzteren Reich Derwische giebt, (dann ich darf nicht erinnern, daß ein groffer Theil Indianer Mahumetaner find;) und wie sich die Indianische Derwische gleichfalls in das ihnen so nahe gelegene Persien begeben; also entstehen zwischen ihnen und den Persischen viele von dem Hand- wercks-Neid ursprüngliche Zwistigkeiten, und der National-Haß un- terhält dieselbe. Da wird unter einander gestritten, wer der ehrlichste Derwisch fey, wem es nemlich mit feinem Derwischen- Leben um die wahre oder feine eigene Absichten zu erfüllen zu thun fey? Da wirft man einander diese oder jene bekannt ge- wordene Laster vor; da kommt es manchmalen zu solchen Ge- waltthätigkeiten, die freilich den Mönchen nicht geziemen. Je- doch Christen, die lange in Persien gelebt haben, und auch die Perfer selbsten räumen den Indianischen Derwischen immer den Vorzug vor den Persischen ein. Die Derwische haben ihre eigene Formuln, wann sie betteln. Sie bekennen zum Bey- spiel, daß sie um ein heiliges Leben zu führen in diesen Stand getreten feyn; fie sagen, daß sie nicht nur für diejenigen beten, die ihnen ein Almosen reichen, sondern auch für das Wohl des ganzen Vaterlandes und aller gläubigen Mahumedaner; fiefeyn an fich arme elende Menschen, wer aber an sie etwas verwende der verdiene dadurch die Gnade des Höchsten, und könne ' er •A, P. „F- 229 \, chert sein, daß er von ihm das ausgelegte vielfach wieder erhal- ten werde. Dergleichen ähnliche Bestellformuln haben sie mehre- re, und die Einrichtung derselben schreibt sich von ihren Vor- gesetzten her, die wie in allen Fällen also auch in diesem haupt- fächlich ihre Lehrer abgeben. Wann jemand ein Derwisch werden will, so giebt er feinen Nahmen bei einem der geringern. Vorgesetzten an, läst sich gefallen, bei solchem sieben Jahre lang zu dienen, in denselben die Kunst, ein heiliges Leben zu führen, zu erlernen, dem Bey- spiel heiliger Leuthe und besonders der Imamen, das er dem feinigen einprägen soll, zu folgen, und sich aus defen Munde die Gebote des Korans bekannt zu machen. Nach Verfluß die- fer sieben Jahre bekommt er von seinem Lehrmeister ein Zeugniß: mit demselben reist er nach Mesched zu dem Pyr, und erhält von demselben die Kennzeichen, wie auch ein öffentliches Derwi- fchen-Patent. Es kann ein jeder, der in den Derwisch-Stand getreten ist, denselben wieder verlaffen; aber von einem angenommenen Orden in den andern überzugehen, ist keinem erlaubt. Es mag meinetwegen bey der ersten Einrichtung der Der- wische eine Absicht vorgewaltet haben was man sich für eine vor- stellen will, so ist es doch gewiß, daß alle diese Leuthe bey ihren Glaubens-Genoffen in der größten Verachtung stehen; daß fie ihre Würde, wann man sie ja nach ihrem gegenwärtigen Zustand noch einigermaffen würdig nennen kan, theils der Gewohnheit und theils dem äußerlichen Schein nach verehren, und daß es ihnen gleichgültig wäre, wann fich gar keine Derwische unter '' befänden. Vermuthlich ist die ärgerliche Lebens-Art der erwische an dieser Verachtung schuld, dann ich traue noch weni- gen Persern zu, daß sie den angegebenen Ursprung ihrer Mönche für eine Korans-Fabel halten sollten. So wie die Häuser, in welchen die Zusammenkunft zu der Huffeins-Feyer geschieht, Tekia genannt werden, also führen die viele auf den Straffen und öffentlichen Wegen angebaute Erfrischungs-Häuser eben dieselbe Benennung. Sie haben auch mit jenen und den Persianischen Schulen einerlei Gestalt. Wer Lust hat von der Reise auszuruhen, einen frischen Trunk Waffer zu genießen, den Kallian zu rauchen, der begiebt sich in dieselbe - F f3 Man 230 A, P. „F- Man sagt insgemein, daß solche von den ehmaligen Königen den wandernden Derwischen zu Liebe, damit sie auf ihre Reisen ausruhen, oder gar schlaffen können, angelegt worden sein. Es kan feyn; jezo aber baut man auch noch Tekia-Häuser, nicht um der Derwische allein, sondern um aller Reisenden willen. Man gebraucht sie zu kleinen Marktplätzen, auf welchen man wenigstens einige zur Erfrischung dienende Früchte antrifft, und ich habe es für dienlich erachtet, ihrer beim Beschluß dieser Derwischen-Geschichte zu gedenken. Auf der vier und zwanzigsten Platte sind drei verschie- den Derwischen in ihrem Ordens-Habit vorgestellt. - Neun- •-A, - „F- 231 Neunter Abschnitt Von der Caspischen See überhaupt. D. Caspische See, die schon zu so manchen Hypothesen Ge- legenheit gegeben hat, verdient doch noch, daß ich ihrer in einer besondern Abhandlung gedenke, ohngeachtet ich gar nicht willens bin, weder diejenigen zu wiederlegen, die zwischen ihr und dem Perfischen Meerbusen mit dem schwarzen Meer zusammen genommen, eine Gemeinschaft suchen wollten, noch auch solche, die da glaubten, sie überliefere ihr angehäuftes Waßer unter- irrdischen Höhlen. Es ist nemlich in allweg andem, daß solche nach den allgemeinen Gesetzen der Natur so viel Waßerohngefehr ausdünste, als sie von der zwar beträchtlichen Anzahl über- aus großer, mittelmäßiger und kleiner Ströhme erhält, und daß eben diese Ausdünstung sowohl den Füßen wieder zu statten komme, als daß sich auch beides nach der Beschaffenheit der Winde auf den benachbarten Gebürgen verliere, und sich in Regen, Schnee, Thau, Nebel u. f. w. wieder sichtbar mache. Es bleibt dabey übrigens eine Wahrheit, daß die Caspiche See, als der allergrößte, ganz und gar eingeschloßene, und mit dem Weltmeer in gar keiner Gemeinschaft stehende Sumpf, wie ein Rätsel der Natur angesehen werden müße, dergleichen sie uns so viele bey mehr oder weniger in die Augen fallenden Gegen- fänden vorgelegt hat, und daß diese Meinung der Erfahrung gar nicht zuwieder fey, wann man weiß, eben diese Caspiche See ergieße sich bald mehr nach Osten, und bald merklicher nach Westen: dann Umstände von dieser Art hängen allemal nur von einem Zufall ab, und sind der Veränderung ungemein unter- worffen. Die Caspische See hat in den verschiedenen Orientali. schen Sprachen verschiedene Nahmen bekommen, und auch die (MN 232 •A, + „F- an dieselbe gränzende Landschaffen ' ihr unterschiedliche Benennungen beigelegt, wovon Corn. Brun Reizen over Mosco- wie door Perfie en Indie p. 98. Olearius Persianische Reise- - Beschreibung. 273. und Büschings Erdbeschreibung erster Theil p. 109 nachzusehen sind. Die Gestalt Die Gestalt derselben ist nicht rund, wie man ehmals der Caspi- glaubte, sondern nach den Entdeckungen, die unter der Regierung fchen See. Deter des Groffen gemacht worden sind, und nach denjenigen die man dem geschickten Seemann Woodroof zu verdanken hat, ungleich länglich; läuft in viele Busen aus, von welchen auf der westlichen SAte der Bakusche, der Enzelische und Aschraff- fche die beträchlichten find; bildet erstaunend viele groffe und - kleine Inseln von Astrachan bis Afrabad; hat bald einen schlammigten, und bald einen Muschel-Grund, und ist an ver- schiedentlichen Orten von verschiedener Tieffe, manchmal, in einer Entfernung etlicher Meilen vom Ufer, zu fünf hundert Rußischer Faden, aber auch nach dem Strande hin fast überall so flach, daß an der westlichen Seite dieser See auß Baku, Lankari bey dem Risilagatskoi Kultuk und Astrabat gute Baaken vergebens gesucht werden und daher Boote Schnauen und Gal- liote, besonders, wann sie beladen sind, meistentheils in der See - vor Anker zu liegen genöthiget find. Ein Schiff von der Linie - muß es bleiben laßen, die Caspische See zu befahren. - Wann man die Caspische See als eingeschloffen betrach- tet und noch dazu bedenkt, daß sich ihr beyderseitiges Ufer in der Nachbarschaft hoher Gebürge befindet, so ersieht man gar leicht, warum die Schiffahrt auf derselben, eine ganz an- , dere Beschaffenheit habe, als man solche fonsten auf andern - Meeren zu beobachten gewohnt ist. Eben deswegen nemlich, weil sie weder mittel - noch unmittelbar eine Gemeinschaft - mit dem Ocean befizt, und wiel sie von den Gebürgen durchaus umznigelt ist , üben einige Hauptwinde auf derselben eine unumschränkte Gewalt aus und hemmen derohalben sehr oft die Absicht der Lavierungen. Eben daher rührt es, daß man nicht fagen kan, es fey an der Caspischen See ein vollkommen guter Hafen. Nord- Nordwest-, und West - Winde find es hauptsächlich, die man auf derselben bemerckt , und die offt in die gewaltsamste Stürme ausbrechen. Auf der Ostlichen Seite find die Ostwinde am häufigsten, und es geschieht *: da A, H. „F- 233 daß die Schiffe, welche von Persien nach Astrachan fegeln wollen ihren Cours gerne nach diesem Ufer hinzuhalten pflegen. So ungeheuer groß der Caspiche Sumpf ist, so arm ist er hingegen an Verschiedenheit seiner Producten; ganz gewiß aus keiner andern Urfache, als weil er keine Gemeinschafft mit der offenbahren See befizt, die ihm von ihrem Vorrath etwas von Zeit zu Zeit mittheilen könnte. Aber auch aus eben diesem Grund vermehren sich die denselben von dem Schöpfer einmal angewiesene Geschöpfe in seinem Busen dergestalt, daß ihn die Rußen, die sich allein desselben zu bedienen wißen, mit allem Recht für eine unerschöpfliche Quelle von Reichthum vieler Menschen, selbsten für eine Schatzkammer der hohen Krone, ansehen. Es erhellet von selbsten, daß ich hier von den Fischen der Caspischen See spreche, und damit das ansehliche Nahrungs- Geschäfte verstehe, mit welchem sich die an der Wolga und dem Jaik wohnende Völker abzugeben pflegen. Nach der ge- wöhnlichen Art der Kaufleute zu sprechen, wird der Fischfang in den groffen und in den kleinen eingeheilt: unter jenem begreift man die Belugen, die Störe, Sterlette und Sewrugen: als geringer geschätzte Fische fügt man denselben die Karpfen (ca3ah) den Scheidfisch (Rus. cy« , Perfi. Schaitan) und den Sandart - Ruß. Sudack, Perfi. Su) ben. Der kleine Fisch- fang begreift die Brachen (Ruß. Meug, Pers. Sin) den Idus ( Ruß. kpachoe nepo) den Roth - Aug (Ruß. noax Bulgarb) den Ohrfisch (Ruß. 43) den Rothfisch, (Cyprinus rutilus, Ruß. nxomna ) den Nasfisch (Cyprinus Nafus Ruß. roaonan) den Weißfisch (Ruß. cecaxa ) den Cyprinus alpius des v. Linne, den Cyprinus barbus (Rufi. ycans) eben desselben, den Kopf fisch (Cyprinus jefes Linn.) den Blickfisch (Ruß. cranienb) die Hechte (Rufi. uyka) die Karausche Ruß. kapach) die Schleyen ( Cyprinus tinca Ruß. Anh) die Kutumen, die Lachse, den Salmofario Linn. den Belaja Ribiza der Rußen, welches eine ganz neue Gattung von Salmen ist, eine andrre neue Lachsen- Art, die in der Perfischen Sprache Asatt genennnet wird, und zwo ebenfalls noch unbeschriebene Arten von Cyprinen, davon die eine zu Astrachan unter dem Nahmen des Kislarischen Herings bekannt ist, und wovon ich der andern wegen ihrer Habichts- Nafe den Nahmen Cyprinus Perla gegeben habe. Die unter dem groffen Fischfang begriffene Fische find sowohl in der gan- FDritter Theil. G g zen ". 234 - •A, H. „F- Beschrei- bung der Sterlette, zen Caspischen See fast überall gleich häufig, als befinden fie sich auch hauptsächlich zur Laichzeit, in den mit unterm Sumpfverbundenen Flüffen, wovon die Astrachanische und Jaikische Watagen und wovon diejenige, welche die Ruffen bey der Mün- dung der Swidura unweit Langoreod, und an dem Kur ohn- weit Sallian, angelegt haben, überzeugende Beweise sind. Die kleinen Fische beobachten das allgemeine Gesetz, daß sie sich im- mer von dem salzigten Waßer nach dem süßen wen Kn; es hat der Natur gefallen, einigen Gegenden eigene Fische anzuwei- sen, wie Z. E. dem Tereck, der Samura und dem Kur den genannten Kißlarischen Hering, wie dem Sinfälischen Busen den Kuttum. Aber kein Fisch ist mir bekannt geworden, der sich beständig in der See aufhielte. - Von vielen hier erwähnten verschiedenen Fisch-Arten, die man in der Caspischen See antrifft, habe ich sowohl in dem ersten und zweiten, als auch in diesem Theil meines Tagebuchs bereits ichthyologisch gesprochen; dasjenige, was zur Gleichför- migkeit desselben dienen mag, besteht in folgenden Erwählungen. Der Sterkett ist zwar schon lange, nenlich schon seit des Marsili Zeiten bekannt. Bei dem Hn. von Linne heißt er Accipenfer ruthenus. Bruin hat ihn auch in seinen Reizen over Mofovie door Perfie en Indie p. 87. beschrieben und n. 33. ziemlich gut abgebildet. Ich ergänze mit nachstehendem fei- ne Geschichte, - Man irret fich, wann man glaubt, es gebe nur eine einzige Sterletten-Gattung. Ich habe drey derselben besondere kennen lernen. Die erstere ist diejenige, die man im eigentlichen Verstand Sterlett nennet. … Die größte Individuen, welche ich von derselben gesehen habe, betrugen kaum einen Zoll über 2. Pariser Fuß; die von mittelmäßiger Größe waren 20. Zoll lang, die kleinsten 1. Fuß, mehr oder weniger, allzeit von dem Schnabel an bis an die äußerste Spitze des Schwanzes geme- ßen. Der vorderste Theil der Schnauze ist oberhalb ein we- mig zurückgebogen. Der Kopf ist vollkommen dreywinkelicht, unten gespalten, 27 Zoll lang, in der Mitte aber 13 Zoll breit. Die Augen stehen 14 Zoll von einander ab. Oben an einem jeden Aug befindet sich eine länglichte Höhle, wovon die eine von der anderen 14 Zoll entfernt ist. Die äußere Haut, welche in derselbigen Gegend weißlich aussieht, verdoppelt sich daselbst, und) «-A, - „se 235 - und bedeckt gedachte Höhlen fast gänzlich; vorwärts und ober- halb derselben beobachtet man runde, " Zoll von einander ab, gesonderte Löcher. Die Breite des Kopfs zwischen den Höhlen beträgt 5 Zoll, der Abstand der Schnauze von der Linie aber, welche die runde Löcher durchschneidet, ist 4 Zoll gleich; die äußerste Schnauze ist „ Zoll breit. An der unteren Kinnlade befinden fich 4. barförmige Fäden, die eine den runden Lö- chern gerad entgegen gesetzte Lage haben, und von welchen eine jede # Zoll lang ist. Nächst diesen Fäden sieht man einige knorpelichte, runde Erhöhungen, dergleichen zwo ähnliche, und Zoll unter sich entfernte, aber weit plattere in eben derselbi- gen Linie mit den Fäden vorwärts befindlich sind. Die Spal- tung des Mundes ist über 3 Zoll breit. Die obere Lippe fchwillt, gegen ihrer Mitte zu, auf beiden Seiten auf, und bil- det daselbst eine Scheidewand, gleich einer Furche die 5 Zoll in der Breite beschreibt. Der Gaumen ist rauch anzufühlen und mit elliptischen, etwas erhabenen Querstreiffen versehen. Mit den Floßfedern hat es folgende Beschaffenheit. Zwo find an der Brust befindlich, welche die übrige an Größe übertreffen, zwo am Bauch fast von einer vierwinkelichten Gestalt, nur die untere Seite ausgenommen, welche kleiner ist, als die übrigen, die fast einen Zoll in der Länge ausmachen. Der Rücken ist nur mit einer einzigen Floßfeder versehen. Da wo sie an den Leib angewachsen ist, hat sie 2“, bey der entgegen gesetzten Rip- pe aber 13 Zoll in der Breite. Die obere Seite ist viel län- ger als die untere, und die äußere wird von einer krummen Li- nie umzingelt. Wo sich die Bauch-Floßfedern endigen, da ist der Affer angebracht, der 3 Zoll im Durchmeßer hat. Der - Schwanz ist 4 Zoll lang, nach oben zu zurückgebogen, und unten mit einer Feder ausgeziert, die an ihrer vorderen Endung über 2 Zoll breit ist, aber sich gleich darauf über ein drittel veren- gert. Der obere Leib des Sterletten ist mit einer dreifachen Reihe knöcherner Schuppen versehen. Die mittlere, die sich mitten auf dem Rücken befindet, fängt in einer Entfernung 3 Zoll von der äußersten Schnauze an, auf welcher Stelle auch der hintere Theil des Kopfs in einen erhöhten Proceß ausläuft; der mit den knöchernen Schuppen in einer gleichen Linie fort- geht. Diese mittlere Reihe endiget sich unweit dem Anfang der Rücken-Floßfeder, hat die größte Schuppen in Betracht der andern; jedoch so, daß die an der Nachbarschaft des Kopfs be- G g 2 findli- -3- A, L. „F- findlichen die allergrößten find. Die Anzahl derselben in allem beläuft sich auf 15. Sie haben die Gestalt eines Sattels, dessen beyde Seiten auf der mitten in einen dünnen Proceß erhöht werden, der hinten wie ein stumpfer Schnabel hervorragt. Un- terhalb dieses Proceßes beobachtet man eine Höhle, an dem lin- ken Rand der Schuppen aber verschiedene Einschnitte. Die Oberfläche der Schuppen ist gestrahlt, und die Strahlen lauffen unweit der Mitte des Proceßes zusammen. Diese Lage schreibt sich von gedachten Höhlen her, die wechselsweise geordnet find, daher sie dann auch durch die zwischen den Schuppen an- gebrachte Haut durchscheint. Die zweyte und dritte Schup- pen-Reihe befindet sich auf den beiden Seiten des Rückens, und jede desselben besteht aus mehr als 60. Schuppen. Die Gestalt derselben ist rhomboidalisch, und fast ganz platt. Auf ihrer Mitten erhöhen sie sich gleichfalls in einen Proceß, der mit den Proceßen der mittleren Schuppen parallel ist, und die Schuppen in zwey gleiche Dreyecke absondert. Sie fangen sich bei dem Ende der ersten Schuppe von der mittlern Reihe an, und endigen fich einen Zoll von der Schwanz-Floßfeder entfernt. An der Mitte des Leibs, die vor andern Theilen desselben dicker ist, stehen sie 4 Zoll von den Schuppen der mittleren Floßfeder ab. Die Schuppen aller Reihen sind beweglich, und im Fleisch feste. Am Bauch find zwo andere Schuppen-Reihen befind- lich, davon die Schuppen der Gestalt nach denen auf der Seite des Rückens ähnlich sind, nach ihrer Anzahl aber sich nur auf 10. 11. oder 12. erstrecken. Die Haut des Sterletts ist wie eine Feile scharf, und daher rauch anzufühlen, oberhalb bis zu den Seiten - Schuppen dunkelgrau, oder dunkel-gelblich, und unten weiß. Die Schup- pen find gelb, und die Floßfedern röhlich. Die Höhlen des Kopfs lauffen zwischen einer filber- farbenen Haut zusammen. Wann man solche von einander zieht, so kommt eine zähe schmierigte Feuchtigkeit zum Vorschein. Auf der Grund-Lage der Höhlen beobachtet man große, schwärzliche Strahlen, die von dem Umkreis eines kleinen Zirkuls entstehen. Aehnliche Strahlen, nur daß sie kleiner sind, sieht man auf der Grund-Lage jener runden Löcher, an dem Kopf, deren ich oben gedacht. Zwischen einer jeden Höhle, einem jeden Koch ist auf bey- den Seiten ein kleiner knocherner Proceß befindlich, der mit er- •-A, - „F- 237 ermeldeten Vertieffungen parallel läuft. Zerschneide man densel- ben, so bemerkt man, daß die Höhle und das Loch Ausgänge einer und derselben Cavität seyn, deren Umfang wohl eine Wallnuß aufnehmen könnte. An dem vordern Theil dieser Cavität, und an der Stelle, die dem Prozeß gerade entgegen gesetzt ist, fieht man einen kleinen Zirkel, der mit kleinen Fleischfarbenen Puncten dick bestreut ist, und nach welchen zu fich jene schwärz- liche Strahlen wenden, die rückäwrts größer find, und sich theils neben der Höhle, theils in der Cavität selbsten, die noch vor- wärts ein wenig weiter fortgeht, endigen. Diejenige Strahlen, die bey der Höhle aufhören, endigen sich nicht etwanbey ihrer Mün- dung, sondern noch ehe sie solche erreichen - Zoll von ihr entfernt. Die vordere Strahlen sind ungleich kleiner, und lauffen biß zur Mündung des runden Loches aus. Alle Strahlen schwellen nach der Peripherie zu etwas auf, und an ihren beiden Endungen find jene am dünsten. - Von der äußersten Schnauze an bis zu der Spal- tung des Mundes ist eine mit vielem Schleim angefüllte Cavität befindlich. Nimmt man die letztere heraus, so kommen ungemein viele, nervichte, schneeweiße Fasern zum Vorschein, die ihre Rich- tung längst der Höhle in einer geraden Linie nehmen, eine und die andere ausgenommen, welche über die andere quer zu liegen kommen. Fast in der Mitte der Höhle befindet sich ein Nerve, der vor andern mehr aufgeschwollen ist, und dieser, wann er die wirckliche Mitte erreicht hat, geht mit den andern nicht in einer Linie fort, sondern, indem er einen stumpfen Winkel bildet, verbirgt er fich unter die übrige. Wann man die Bart-Haare des Sterletts in der Krone durchschneidt, so zeigen fiel eine ganz weiße Farbe, und durchaus Nervenmäßige Structur. Sie schlagen sich in erst ermeldte Cavität , und verlieren sich in derselben so unmerklich, daß es mir nicht möglich war, ihre Endschafft eigentlich zu be- stimmen. Die Fischblase, die ich durch die Speise-Röhre auf blies, ist cylindrisch. Unterhalb der Schuppen beobachtete ich einen Dün-Gang, der eine Fett-Materie enthielt. Er befizt überall eine # Dicke, und giebt vermuthlich die hauptsächlich- fe Ursache von der gelben Farbe, welche die knöcherne Schuppen und auch einigermaßen die Floßfedern führen, ab. Unter den Fisch-Ohren, bemerkt n4. fleischigte Lappen, die über ein- G g 3 ah- 238 -A, - JF- ander liegen, und an die gewöhnlichen knorplichten Zirkel befestiget ind. fi Die zweite besondere Sterletten-Gattung hat in der Rußi- fchen Sprache den Nahmen Koster (Kocluepb). Sie ist 13 Zoll lang. Ihr Kopf läuft in eine etwas stumpfere Schnauze aus, als bei dem eigentlichen Sterlett. Von der äußersten Schnauze bis zur oberen Spaltung der Fischohren ist ein Abstand von 2: und bis zur untern ein anderer von 3. Zoll. Vornen ist der Kopf Zoll, in der Gegend der Augen 1 bey den Ohren aber 14 Zoll- breit. Gleichfalls ist diese Gattung mit vier Bart-Haaren versehen, die einen halben Zoll lang sind. Der Mund hat eine ähn- liche Lippe, die einen halben Zoll breit, und Zoll hoch ist. Die Augen ragen an dem Kopf nicht viel hervor, find schwarz, mit einem aus dem Gelben in das Silberfarbne fallenden Stückchen Haut versehen, und - Zoll breit. Die bei dem ersten Ster- lette an dem Kopf bemerckte Höhlen und runde Löcher verhalten sich bei diesem eben so. Der Leb dieses Fisches ist rundlich, vereiniget sich von dem Kopf an allmählig nach unten zu, und ist unweit des Schwanzes kaum # Zoll breit. Die '' Schuppen find des ersten feinen der Anzahl von Reihen nach ähnlich. Auch stimmt die Farbe, ihre Lage, und die in einer jeden Reihe befindliche Menge mit jenen vollkommen überein. An den Floß-Federn konnte ich auch keinen merklichen Unterschied wahr- nehmen, nur sind die an den Ohren befindliche von einer trapezoidischen Gestalt und fester an ihre Rippe angewachsen. Die Bauch-Floßfedern stellen beinahe ein Viereck vor, und find von den Brust-Floßfedern 5. Zoll entfernt. Die Rücken-Floß- feder steht 7. Zoll von der lezten knöchernen Rücken-Schuppe ab und ist an ihren Mündungen etwas gekrümmt. Die Bauch - Floßfeder folgt gleich auf dieselbe; und endlich lauft der Fisch in einen zwiefach gefurchten Schwanz aus, dessen ei- ner Theil seine Richtung nach oben , und der andere nach unten zu bekommt. Der Ober-Theil, welcher mit der Rücken- Floßf der einerley Lage hat, endiget sich nach oben zu mit kur- zen und gleichen Strahlen, der untere aber hat vornen sehr lan- ge, hinten kürzere, in eine krumme Linie auslaufende und mit der schon gemeldten Rippe fest verbundene. Es scheint daher, ' dieser Schwanz dem Koffer hauptsächlich zum Rudern dienen NU 6, An - 26o 2. - - möge ihrer Schwehre in die Tiefe. Er sieht man nicht hieraus, warum dieses See-Waffer bey Nord-West - und West-Winden bitterer ist? Diese reiffen nemlich mehrere Naphta von den Ge- bürgen in das Meer. Er sieht man nicht, warum die Ober- fläche des See-Waffers und das See-Waffer nahe an dem Land füß ist; nemlich im Gegensatz der Naphta, nicht bitter ? Weil nemlich in beiden Fällen das See-Waffer weniger Salz hat, und daher das Oehl entweder fortgetrieben wird, oder unterfinkt. Und lehren nicht meine ehmals beschriebene Sallianische Salz- Seen, lehren nicht die falzigten brausende Pfützen, die man überall in Sthirwan antrift, daß sich die Naphta würklich mit dem See-Waffer vermischt? Und ist es also nicht erwiesen, daß die Ursache der Bitterkeit des in der Tiefe ausgeschöpften Caspischen See-Waffers eben dieser ihm beigemischten Naphta ohne allen Zweifel zuzuschreiben fey? Aber die Naphta erheilt dem Caspischen See-Waffer nicht nur einen bittern Geschmack; sie ist der Urstoff noch von einer andern Sache, die auf der einen Seite überaus vielen Schaden thut, und auf der andern von einem fehr beträchtlichen Nutzen feyn könnte, wie denselben die Astrachanische Apotheke bereits an den Tag gelegt hat. Ich erinnere zum voraus, daß das Caspiche See-Was fer neben seinem Küchen-Salz noch verschiedene andere Erd-Salze von allen Alaun-Arten bey fich führe, und also hierin, wie andere See-Waffer, die Herrschaft der Vitriol-Säure erkennen muß, die fich bald mit dieser , bald mit einer andern Erd- Gattung entweder allein, oder in Gesellschaft der Säure des Küchen- Salzes verbindet. Denn nach meinen Begriffen rechne ich als les dasjenige zum Geschlecht der Alaune, defen einer Theil eine willkührliche Säure, der andere aber, eine willkührliche Erde ist; denjenigen Alaun aber, den man im gemeinen Leben ges braucht, unterscheide ich von allen andern Arten als eine befon- dere Gattung dadurch, daß die Vitriol-Säure den einen feiner Bestandtheile, und eine in dem Thon befindliche fliptische, we- der kreidigte noch kalkigte Erde den andern ausmacht. Aber außer diesen Salz-Arten führt das Caspiche See-Waffer noch ein anderes Salz bey fich, welches von eben derselbigen Ursache seinen Ursprung hat, als von welcher der bittere Geschmack des letzteren entsteht; ein Salz, welches mit dem Glauberischen '- Wunder «A, R. „F- 261 Wunder-Salz ungemein viele Aehnlichkeit besitzt, von demselben aber sich eben so unterscheidet, als das Sedlitzer , das Epsomische, das dafür in den Apotheken gemeiniglich zum Verkauf kommende Englische, und alle diejenige Salze, die berühmte und bekannte Gesund-Brunnen liefern. Jetzund muß ich von einem Bitter-Salz sprechen, welches in dem Caspischen See-Waffer befindlich ist, und welches sich allein von der Naphta herschreibt, die sich, wie ich erwiesen habe, aus dem Caucasus unserm Asiatischen Sumpf beygesellet. Jedoch, hierzu muß man Beweise im Vorrath haben und diese werden mir die Versuche an die Hand geben, welche der um meine Expedition fehr verdiente Herr Apotheker Lüthe, defen Fleißes und guter Aufführung ich bei dieser Gelegenheit rühmlich gedenken kan, auf das forgfältigste angestellt hat. Aus denselbigen werde ich alsdann folche Schlüffe ziehen können, welche für die Wahrheit eines in dem Caspischen See-Waffer befindlichen Bitter-Salzes fprechen werden. Darauf gedenke ich zu zeigen, waß fich die Oekonomie in Ansehung dieses Bitter-Salzes zu merken habe ; und endlich werden andere finthetisch angestellte Chymische Pro- ben zuverläßig erörtern, warum ich die Naphta als die Ursache des Bitter-Salzes, welches die Caspiche See abwirft, angegeben abe. h Man schöpfte das Caspische See-Waffer aus der See folgendermaßen. Es wurden englische Bier-Flaschen mit bley- ernen Kränzen beschwehrt, an einem Strick befestiget, und mir einem Propf versehen, durch welchen ein Bindfaden gezogen war, um den Propfen ausziehen zu können. Dritthalb Meilen von dem Enzelischen Hafen entfernt, und in einer Tiefe von 3. Fa- den wurden ermeldete englische Bouteillen in die See gesenkt, und wie fiel darinnen waren, ihre Propfen ausgezogen, um das Waffer einzulaffen. Von diesem also geschöpften See-Waffer wurden einige Evaporier-Schalen angefüllt. In denselbigen ließ man es in einer Sand-Kapelle gelind abrauchen, bis sich auf defen Ober- fläche eine dünne Haut zeigte, und von 122. Pfund Waffer nur noch 16. Pfund Lirivium nachblieben. Man ließ es erkalten. Nach 48. Stunden waren noch keine Krystallen angefchoffen, sondern es zeigte sich nur die eben erwähnte Haut auf der Ober- fläche, welche nach der Filtration . Unze wog, und sich mit K k 3 ihren. 262 «A, § „F- ihren kubischen Kristallen als ein wahres Küchen-Salz Her's rieth. h Diese filtrierte Lauge dunstete man zum zweiten mal aus, erhielte aber nach 24. Stunden nichts als eben eine solche erst angeführte Haut. Man ließ die Lauge zum dritten mal ausdünsten, und bekam nach 24. Stunden diefelbige Haut; allein einige kleine kubische Krystallen hatten sich zugleich auf dem Boden angesetzt. Diese, und die Haut, die man bey der zweiten Evaporation erhielt, wogen in allem 3. Quintchen. Nach der vierten Krystallisation bekam man binnen 24. Stunden viereckige, rautenförmige Krystallen, welche klar und rein waren, nicht aneinander, fondern einfach angefchoffen, die einen zwischen dem scharffen und bittern zusammengesetzten Ge- fchmack hatten, einen folchen Geschmack, den man allezeit an dem See-Salz bemerkt. Die Lauge veränderte sich goldgelb, und die würfichte Krystallen wogen . Unze, die sich auf die Ober- fläche angesetzte Haut aber 5. Quintchen und 1. Scrupel. Bei der fünften Krystallisation erhielt man in der ei- nen Evaporier - Schale die gemeldete viereckige rautenförmige Krystallen, die in allem 1. Unze und 5. Quintchen am Gewicht betrugen. In der zweiten Evaporier-Schale fanden fich läng- lichte, spizige Krystallen, von einer gleichfalls viereckigten Ge- falt, einige dicker und länger als die andern, fast von eben dem Ge- fchmack, den das Glauberische Wunder-Salz, die Salze die man gemeiniglich in den Gesund-Brunnen antrift, und das in Ruß- land schon längst berühmte Astrachanische Bitter-Salz, haben. Ihr Gewicht war . Unze, und das Häutgen 5. Quintchen schwehr. – Als die fechste Krystallisation veranstaltet wurde, zeigte fich, nach dem einige Feuchtigkeiten weggedünstet waren, bey derselben ein vitriolisches Gemengel, welches an den Seiten in die Höhe, und weit über die Feuchtigkeit heraus stieg, auch sich an die äußere Fläche anlegte. Auf dem Boden des Gefäffes fezte sich eine Menge verschiedener Salze, als kubische, läng- lichte Glauberische, und andere kleine compacte an, die fast wie ein vitriolisierter Wein - Stein aussahen, alle zusammen wogen 3. Unzen und 2. Quintchen. - Die nachgebliebene durchgefeigte Lauge ward zum fie- benden mal zur Ausdünstung ans Feuer gesetzt. Man ' - - nac) - - - - •A, § „s- 263 nach einem Verlauf von 24. Stunden nichts als kubische Kry- fallen, und dem Gewicht nach von denselben 2. Quintchen; die Cuticul wog 1. Quintchen. - Die achte Krystallisation lieferte wiederum rautenför- mige, mit länglicht spitzigen überaus schönen Krystallen ver- mischt, die dem Wunder - Salz der Gestalt und der Farbe nach abermal sehr nahe kamen. Sie wogen zusammen 6. Quintchen. Von der ganz orangengelben Lauge blieben 2. Unzen nach, die nach der Durchfeigung in einem kalten Zustand befindlich, kleine länglichte und spitzige Krystallen ansetzte, welche nach dem fie getrocknet waren, 3. Quintchen und 18. Gran wogen. Diese nachgebliebene gelbe Lauge wurde zum letzten mal in die Sand-Kapelle gebracht, und mit derselben wie gewöhn- lich, verfahren. Man erhielte eben diejenige Krystallen, deren nur erst erwähnt worden ist, und ihr Gewicht betrug sich in allem auf 6. Quintchen. Die wenige Lauge, die man noch von diesen Krystallen abgoß, wurde bis zur Trockenheit in der Eva- porier - Schale behandelt, und man erhielt auf diese Weise eheils länglichte, und theils viereckigte, reine Krystallen, am Gewicht von beyden 3. Quintchen, ohne daß so viel Erde nachgeblieben wäre, deren Gattung ich genugfam bestimmen könnte. - - Nach diesen angestellten Versuchen wurden abermal 122. Pfund Caspisches See-Waffer auf eine nemliche Weise, als zuvor geschöpft. Man ließ diese ganze Menge nach und nach bis zur Trockenheit ausdünsten, und bekam davon in allem 10. Unzen und 6. Quintchen Salz. - Von diesem inspißirten Salz wurden 2. Unzen genom- men, und auf dieselbe 16. Unzen Fluß-Waffer gegoffen. Man erhielt in der gehörigen Wärme eine vollkommene Auflösung des Salzes ohne daß man deutliche Spuren von einer nachge- bliebenen Erde hätte entdecken können. Das Waffer, fo zum Auflösungs-Mittel des Salzes gedienet hatte, färbte sich hell- gelb; es wnrde vermittelt Fließ-Papier geläutert, um damit folgende Proben anzustellen. - - Die denselben beigemischte Vitriol, Salpeter- und Koch- falz-Säure verursachte kein Aufbrausen, und überhaupt keine andere Veränderung, als diejenige ist, wann man schwehre Sachen in leichtere gießet, da sich nemlich fothane : nicht 264 «A, - „F- nicht gerade vermischen, sondern in krummen Linien zu Boden finken. Die gelbe Farbe des aufgelößten Salzes verschwand gänzlich, indem die Salz-Säure eingemischt wurde; von der Vitriol - Säure wurde die Farbe heller, allein von der des Salpeters feiner blieb fie unverändert. - Die feuerbeständige Alkalien, als das zerfloffene Wein- stein - Salz, und der Liquor des fixen Salpeters, fanken bey der Eingießung gleich zu Boden, ohne die geringste Bewegung. Die Solution aber blieb unverändert hellgelb. Nachdem ein flüchtiges Alkali derselben beigemischt worden, wurde sie etwas trübe; das flüchtige Salz über setzte sich nach und nach zu Boden, Der beigemischte aufgelößte Bley-Zucker verursachte fo- gleich eine milchichte Veränderung, und nach der Hand schlug fich ein weißes Pulver auf den Grund nieder. Eine ähnliche Alteration zeigte sich indem die Auflösung des Silbers im Schei- dewaffer in diese Salz-Lauge gegoffen ward. Die Infusion der adstringerenden Dinge machten an- fänglich fast gar keine Veränderung, nach und nach wurde die Mischung dunkel, und nach 24. Stunden bemerkte man etwas von einem gelblichten Pulver , das sich auf den Boden gesetzt hatte. - Das in abgezogenem Waffer aufgelößte Quecksilber- Sublimat verursachte gleich anfänglich eine Milch, und nach 24. Stunden hatte sich ein weißes Pulver niedergeschlagen. Die beigemischte Auflösung des Eisen-Vitriols blieb zwar anfänglich klar, nachgehends aber wurde fiel dunkler. Nach 24. Stunden zeigte sich auf dem Boden ein wenig Präcipitat. Die Auflösung des Zinck-Vitriols wurde gleich bei der Zu- mischung trübe, und nach einigen Stunden setzte sich ein weißes Pulver zu Boden; da hingegen der aufgelößte Kupfer-Vitriol die Mischung fogleich vertrübte, eine grüne Farbe hervorbrachte, und nach etlichen Stunden zu einem bläulichtgrünen Pulver Ge- legenheit gab, welches sich auf den Grund des dazu gebrauch- ten Probier-Glases ansetzte; dahingegen der übrige Liquor klar und hellgrün aussahe. - Die - * - 265 Die Infusion des Lakmus, das im Scheide - Waffer aufgelößte Quecksilber, die Auflösung des Alauns, des vitrioli- firten Weinsteins, des Salmiaks so wie aller Schwefelgattun- gen machten und litten keine Veränderung. Von der bey der fechten Krystallisation nachgebliebenen Lauge wurde noch ein anderer Theil zu folgenden Versuchen ver- wandt. Man füllete drey reine Zucker-Gläser damit an, und goß in ein jedes besonder, Vitriol-, Salpeter -, und Kochsalz- Geist darauf. Bey keinem zeigte sich das geringste Aufbrausen, fondern während der Beymischung bemerkte man keine andere Ver- änderung, als diejenige ist, wann schwehrere Sachen in leichter gegoffen werden. – Diese also mit unserer Lauge und den 3. mineralischen Säuren angefüllte Zucker-Gläser fetzte man in eine Sand-Kapelle, und ließ die darinnen enthaltene Materie gelind abdunsten. Nach 12. Stunden fetzten sich auf dem Bo- den und an den Seiten der Gläser schöne, reine, kubische Kry- fallen in einer Rautenlage an, und der zwischen allen dreyen Gläsern beobachtete Unterscheid befund nur darinnen, daß die Krystallen, zu deren Lauge die Vitriol- und Salz- Säure bey- gegoffen waren, ganz filberfarben aussahen; daß aber die mit dem Salpeter-Geist gemachte Probe die goldgelbe Lauge nicht nur ganz weiß und klar machte, fondern daß auch die Krystal- len, unerachtet fiel der Gefalt nach den übrigen ganz ähnlich waren, fchneeweiß aussahen. Endlich wurde eben derselben Lauge der flüchtige Sal- miak, Geist zugegoffen. Man bemerkte abermal nicht das ge- ringste Aufbrausen. Jedoch nach 3. Stunden ungeachtet die Wärme nichts dazu beigetragen hat, zeigten sich in derselben länglicht spitzige sehr breite Krystallen herumschwimmend: sie verän- derten sich aber nach einer halben Stunde, und fetzten fich in der Gestalt kleiner kubischen zu Boden. Man fzte die nachge- bliebene Lauge abermal in die Sand-Kapelle, ließ die Feuchtig- keit allmählig verrauchen, und bekam ähnliche Krystallen, wie zuvor, da die Lauge mit den mineralischen Säuren untersucht wurde, nur daß sie ein wenig gelblich aussahen. Aus diesen Versuchen erhellet, daß ich gar nicht hypo- thetisch angenommen habe, auffer dem Küchen-Salz fey in dem Caspischen See-Waffer ein anderes von der Art des Glauber- fchen enthalten. – Man sieht, daß solches daselbst in einer Dritter Theil. L. l beträcht- 266 A, S- „F- beträchtlichen Menge vorhanden fey. – Man erkennt, daß es mit dem See - Salz in der innigsten Verbindung stehe, und über dasselbe eine gewisse Oberhand behaupte. – Da ich aber bey einer andern Gelegenheit, und nachdem ich die angeführte Experimente bereits angestellt hatte, zu aufgelößtem reinem Kü- chen - Salz, das ich in dieser Absicht aus dem Caspischen See- Waffer bereitet hatte, weiße Naphta in verschiedenen Proportio- nen mischte, und zu gleicher Zeit mit diesem gereinigten Küchen- Salz und einer vermittelt des brennbaren Wesens gesättigten Vitriol - Säure mannigfaltige Erfahrungen machte, fo überzeugte ich mich so gar auf eine synthetische Weise, daß die aus dem Fuß der Caspischen Gebürge in die Caspiche See flieffende Naphta an dem Bitter-Salz schuld fer, mit welchem das Waf fer derselben geschwängert ist; dann ich erhielt durch die Kunst rautenförmige Krystallen, die denjenigen ähnlich waren, die ich # der Untersuchung des Caspischen See-Waffers erhalten habe. Weil die Caspische See keinen Ausfluß hat, so leitet sie ihr überflüßiges Waffer durch unterirrdische Canäle landeinwärts; und Salz-Gruben entstehen in solchen Gründen, die mit ihrer Höhe der See horizontal liegen. Die beiden groffe Steppen, die fich an der Cafpischen See nach Westen und nach Osten er- strecken, bestehen hauptsächlich aus einem bloßen Salz- Grund. Das Salz efflorefirt in vollkommen gebildeten Krystallen auf der Oberfläche derselben, Salz-Regen und Salz-Thaue sind daher in ihrer Nachbarschaft eine gar nicht feltene Sache, und aus diesem Grund leicht zu begreiffen; und falzigte Kräuter, als die verschiedene Gattungen von Kali und Wermuth, Nitra- ria, Korispermum, Salikornia, Franken nia, Ceratokarpus, Barmala, u. f. w. find hauptsächlich die angefeffenen Innwoh- ner dieser Steppen. Die vielen Versteinerungen, die man in bey- den antrift, fcheinen so gar zu beweisen, daß die Gränzen der Caspischen See in ehmaligen Zeiten weiter ausgedehnt gewesen feyn müffen, als sie es jetzo find, oder fiel bestätigen doch die alte Sage von dem Steigen und Fallen dieses asiatischen Sumpfes. - Das astrachanische Gruben - Salz und das efflorefirende Steppen-Salz, weit gefehlt, daß sie reine Arten Küchen-Salzes wären, so weiß man vielmehr zuverläßig, daß sich eben dasje- nige A, H „se 26y nige Bitter-Salz, von welchem ich bisher fo weitläufig gehandelt habe, in ihre Mischung mit eindringe und fiel ganz und gar verunreinige. Ja, ich habe gar vielfältige Stellen angetroffen, wo dieses Bitter-Salz in seinen rautenförmigen Kristallen in ganz gediegener Gestalt und ohne alle Verbindung mit einigem ku- bischen Anschoß angetroffen wird. Diesem Bitter-Salz schreibe ich den Grund der Klagen zu, die man beständig über das afra- chanische Salz ergehen läßt. Alle fette und öhlichte Dinge sind zur Fäulniß geneigt, und ein fettes Salz muß alles dasjenige verderben, was mit demselben eingefalzen wird. Eine Grube aber, wann sie auch gleich in einem Jahr reines Salz giebt, kan doch im andern gänzlich verdorben feyn. Um des allgemeinen Bestens willen wünsche ich, daß vermöge dieser Untersuchung des Caspischen See-Waffers, in dem afrachanischen Gouvernement eine Salz-Commißion errichtete würde, unter deren Anleitung alles Salz, ehe es zum Gebrauch bestimmt wird, zuvor gereiniget und von feinem ihm anhangen- den Bitter-Salz befreyt würde. Der Gewinst des letzteren, das man auch nach auswärtigen Ländern verschicken könnte, dürfte vielleicht den Betrag der diesfalls nöthigen Kosten wohl ersetzen; man erhielte das reinste und beste Küchen-Salz, aller bisher erlittene Schaden erreichte feine Endschaft und auch selbst die Unterschleiffe, die mit dem Salz, zu einem groffen Verlust der Reichs-Einkünfte, noch jetzo im Schwange sind, würden auf diese Weise füglich gehemmet, wenigstens leicht entdekt werden können, - Nur noch ein Wort von dem Steigen und Fallen der Caspischen See. Es ist zuverläßig, daß solches feine Richtig- keit habe, aber ganz ungegründet, daß die Natur mit demsel- ben eine gewisse Ordnung beobachte. Wie an den Ufern dieser See groffe und kleine, merkliche und unmerkliche, steile und niedrige Sand-Berge entstehen, und wie solche bey veränderten Umständen wieder vergehen, also verhält es sich auch mit den Inseln. Es kommt alles auf die Witterung und auf die Winde an, und die fich in diese See stürzende Flüffe tragen zu diesem Phönomen gleichfalls ein nahmhaftes bey. L. l 2 Vom - 263 •A, L „F Reise nach Räfcht. Peribazar. Vom zehnten Hornung. Endlich fügte es sich auch, daß ich Enzelli verlaffen konnte, da mich der Gilanische Chan er einigen Tagen auf das höflichste nach Räscht einladen ließ; und heute geschahe die würkliche Abreise, deren Unkosten der Chan allein über fich nahm. Ich kam gegen 11. Uhr vormit- tags in Peribazar an, und 6. persischer Böte waren wir be- nöthigt , um nur die unentbehrlichste Bagage mit den zur Expedition gehörigen Leuten fortzubringen. Die Reise wurde auf dem Enzellischen Meerbusen binnen 4. Stunden vollendet. Die Einfurth von der Enzellischen Rhede nach Enzelli hat eine lange strecke Wegs das Ansehen eines Fluffes, und nachgehends eröfnet sie sich in einen Bufen, der einige Meilen im Umfang der Länge sowohl als der Breite nach hat, überall viele Flüffe aufnimmt, feinen Lauf füdwestlich und südostlich hält, bey Lan- garood vermittelt eines Canals sich wieder mit der See verei- niget, dem Nord-Wind gänzlich blosgestellet ist, und anfänglich in zween Aeste abgesondert wird, davon der eine den Nahmen des klei- nen, und der andere des groffen Meer. Busens führet. In diesem Meer-Bufen pflegten ehmals die Rußische Fahrzeuge vor Anker zu liegen, ja eines oder ein paar lief sogar in den Fluß Peribazar, als in einen Hafen ein, und landete bey dem Flecken. In der That konnten fie aber ihre Ladungen auf diese Weise weit füglicher nach Räfcht bringen, als es jetzo geschicht. Der Flecken Peribazar ist nicht sehr groß, und die Häuser sind, wie in Gilan, ganz auseinander zerstreut angelegt. Eine kleine Karavan-Sarai mit einem Waaren - Lager befindet sich an dem Fluß, wo die Kir- fähime anzulanden und abzustoffen pflegen. Von Peribazar nach Räscht rechne ich 12. Rußische Werte. Hedaet Chan hatte die Gütigkeit für mich in Peribazar einen Mamandaar zu befehligen, der mich und alle die Meinigen mit der einem Rußisch-Kayserlichen Krons-Bedienten gebührenden Ehren-Be- zeugungen aufnehmen folte. Ihm war auch aufgetragen, die zur Landreise nöthige Pferde herbeizuschaffen, und, wie ich an- kam, waren bereits 50. vorhanden. Neben diesem Mamandaar traf ich auch in Peribazar einige von dem Chan abgeordnete vornehme Armenier und Perfer an, die mich im Nahmen des selben bewillkommten. Nach eingenommenem Mittags-Mahl fezten wir uns zu Pferde und ritten gerade nach Räfcht. Keinen elendern und gefährlichern Weg kan man sich wohl vorstellen, : als • A, L „se - 269 als der Peribazarische nach dieser Stadt zu ist; besonders wird einem hier ungewohnten Reisenden die erste Hälfte, auf welcher man 2. bis 3. Werte von einander entfernte Mescheten antrift, beschwehrlich. Es war nemlich dieser Weg ehmalen gebrückt, weil man aber niemals auf eine Ausbesserung desselben gedacht hat, so sind nun zwischen den Brücken so groff im Frühling und Herbst mit lauter Sumpf und Morast angefüllte Lüken vor- '' die einen, jeden Tritt des Pferdes bedenklich machen. arzu kommt noch, daß auf beiden Seiten des Weges dicke Waldung ist, und daher die in der Breite auswachsende Wur- zeln der Bäume zu feiner Ungleichheit noch ein nahmhaftes vey- tragen. Noch über dieß läuft längst dem ganzen Weg ein fumpfichter Bach, der ehmals keine Böte trug, nun aber fein Waffer zum Gedeihen der Reiß-Felder hergeben muß. Wann dieser im Frühling durch das Schmelzen des Schnees zunimmt, fo wird die ganze Paffage also überschwemmt, daß sogar die Gemeinschaft zwischen Peribazar und Räscht manchmal auf einige Wochen gänzlich gehemmt werden muß. Es wäre indessen gar was leichtes, und auch nicht mit allzu vielen Unkosten verknüpft, diesem Uebel abzuhelfen, allein eines theils bleiben die Perser gerne beim alten, und andern theils haben die Innwohner von Peribazar ihren guten Gewint, darunter; dann wann der Weg fchlecht oder nur mittelmäßig gut ist, so nehmen sie von den Reisenden für die Pferde eine farcke Miethe; und diese müffen geben, was man von ihnen verlangt, weil sie erflich an Peri- bazarische Pferde gebunden sind, und weil auch fürs andere nur diese allein durch lange Gewohnheit zur schlechten Beschaffenheit des Weges abgerichtet werden. In Peribazar funden einige Sandalen vor Äncker, daß wir als Gelegenheit hatten solche mit Sandalen Muße zu betrachten. Es find größere perfische Fahrzeuge als die Kirchime, fast nach dem Geschmack der letzteren gebauet, doch mit dem Unterschied, daß die Balken an den Seiten un- ter sich sehr fest verbunden, und in unterschiedliche, genugfam von einander entfernte Reihen geordnet werden, wodurch sich also diese Fahrzeuge in verschiedenen Vertheilungen absondern, die dichte find, und von denen eine jede ihre eigene Lecke hat, fo, daß keine Lecke einer Verheilung mit der Lecke einer andern in Gemeinschaft steht. Die Sandalen werden inwendig und aus- wendig mit groben Bäß f, die Fugen fest gemacht, und 3 mit 175 T SX FF. mit geheertem Kokkun überzogen. Sie finb würklich von einer etwas längern Dauer als die Kirchime; dennoch wagen sich die Schiffer mit ihnen gar nicht tief in die See, und wann es ein wenig stark wehet, fo liegen sie dicht am Ufer vor Ancker. Krumme Stücke Eisen, an welche man Steine befestiget, mäß fen die Stelle der Anker versehen, und ihre Seegel machen sie aus Baumwollenen Zeugen. Hauptsächlich gebrauchen sie ihre Sandalen und Kirchime zur Reise nach Masanderan und Baku. Selten gehen sie mit denselben bis nach Derbent. . Als wir den halben Weg nach Räscht zurück gelegt hat- ren, vegegneten uns etlich und zwanzig angesehene Perfer, die aus der Stadt hieher gekommen waren, um uns einzuholen, wodurch unser Zug nicht ein geringes Ansehen erhielt. Je nä- her wir zur Stadt kamen, je mehr stellte sich das neugierige Volck ein, um uns zu betrachten, und da wir würklich in der felben angekommen waren, fahen wir alle Straffen von beyden Seiten mit einer fo ungeheuren Menge von Leuten besetzt, daß es schien, kein unschuldiger Professor, sondern ein ganz auffror- dentliches Wunder-Ding habe sich in Räscht fehen laffen. Damit wir durch diesen Anblick vollkommen gemartert werden möch- ten, wurde unser Zug erst durch alle vornehme Straffen geführt, bis wir endlich von der uns angethanen Ehre ganz ermüdet, un- ter der Begleitung einiger Tausenden, unser Quartier erreichten, und ein paar Stunden darauf von dem Chan durch feinen Marschall auf das allerhöflichste bewillkommt wurden. Zugleich erhielt ich einen mir zu allen Bedürffniffen abgegebenen Mamandaar, wel- cher Adschi Mahomet Chan (*) hieß, einige Bedienten vom Chan und eine Wache von Soldaten, die unter dem Commando eines Jeffauls stunden. Nach dreyen Tagen gefiel es dem Chan, - Nur (*) Das Wort Chan bedeutet nicht nur die große Ehrenstelle, welche anjetzo so viele im höchsten Ansehen stehende Perser als würkliche Vize - Schachs bekleiden, sondern es ist auch ein Beynahme, den manchmal Kinder von schlechter Her- kunft schon bey der Beschneidung bekommen. Indeffen war mein Mamandaar ein sehr geachteter Jusbach und schon aus dem, daß er die Würde eines Hadschi führte, kam man sich von feinem Character einen Begriff machen. «A, L. „F- 271 mir und allen meinen Reise-Gefährten die erste feierliche Audienz zu geben." "Wir begaben uns des Vormittags in förmlicher Proceßion zu ihm, und wurden von dem Fürsten also empfan- gen, wie wir es immer wünschen konnten. Soviel unfer waren, fo viel stunden schon Stühle vor unserer Ankunft in Bereitschaft, … und schon mit diesen Stühlen wollte der Chan feine Pracht zei- gen, dann fie waren mit feinem rohen Laken überzogen, und überall an ihren Kanten mit breiten goldenen Lahn-Treffen be- fetzt. Einige Rußische Armenier, die der Chan bey Bewirthung Europäischer Gäste zu feinen Rathgebern gebraucht, wollten ha- ben, daß wir nach Perfischem Gebrauch unsere Stiefeln vor dem Saal, wo der Chan faß, ablegen, und in demselben nur mit Strümpfen erscheinen folten; allein man antwortete ihnen, daß sich dieser Aufzug für unfre übrige Kleidung gar nicht schicken würde, und daß ein Europäer in Persien eben so wenig von feiner Mode abgehen könne, als es ein Persianer in Europa zu thun pflege. Das geringste Zeichen einer Unterwürfigkeit aber von sich blicken zu laffen, hielten wir als Leute, die das Glück genieffen, der Größten Kayserin zu dienen, gar nicht für rathsam. Man verstund die Sache, wie man sie verstehen sollte, und wir erschienen vor dem Chan insgesammt in Stiefeln. Nach dem ersten gemachten Compliment bedienten wir uns unse- rer Stühle, die dem Chan gerade gegenüber gesetzt waren, und fezten unsere Hüthe auf. Der Kalian wurde herum gereicht, man fezte Coffe, Thee und andere Erfrischungen vor. Der Chan hieß uns tausend mal willkommen und ließ sich mit mir in ein freund- fchaftliches Gespräch ein. Es wurde ihm der Endzweck meiner Reife abermal erklärt, und er fähien über alles nicht nur äußerst zufrieden zu sein, sondern er versprach mir auch in den nach- drücklichsten Worten zu allen meinen Verrichtungen feinen ge- wiffen Beyfand: ja er konnte sich nicht enthalten zu fagen, daß da er wisse, wie ich von andern Chanen bisher nicht fo aufge- nommen worden fey, wie es fich gebührt hätte, so wolle er bey Gelegenheit meiner Reise besonders an den Tag zu legen fu- chen, wie groß feine Ehrerbietung gegen den Petersburgischen Hoffey, und was für Schuldigkeiten folche mit fich bringe. Ich beantwortete seine mir fo viel versprechende Worte, wie es die Pflicht der Danckbarkeit erheischte, und beurlaubte mich nach Verfluß einer Stunde. Auf dem Hof des Palastes, über ' EN 272 •A, I. „F- chen wir zurück giengen, stunden auf beiden Seiten vier Reihen Soldaten im Gewehr, eine große Anzahl Jeffauls, aber beglei- tete uns nach Hause, und sie thaten, uns würklich gute Dienste, indem sie das von allen Seiten zurennende Volck von den Straffen vertrieben. Am folgenden Tag und etliche darauf, als ich bey dem Chan meine erste Visite abgestattet hatte, erschie- nen die in Rächt wohnende und besonders zum Hofstaat des Chans gehörende angelehnte Gilaner, und auch andere sich als Gäste hier aufhaltende vornehme Perfer bei mir, um mir ihre Achtung zu bezeugen. Es kamen gemeiniglich einige Parteien mit einander, und diese brachten - allezeit so viel Ober- und Unter-Bediente mit sich, daß ein paar Wochen lang mein gan- zer Hof mit Leuten wie besetzt war. Die Gäste wurden nach Lands-Gebrauch bewirthet, und dieses hätte ich von Herzen erne gethan, wann ich nur durch den Ueberlauf nicht fo viele ' verlohren hätte. Zu dem erforderte es die Höflichkeit, bey allen denen, die zu mir gekommen waren, Gegenbesuche abzu- statten, und dadurch verlohr ich an der nöthigen Benutzung der Zeit abermal vieles. Zu allem Glück fiel ein unaufhörendes Regen- Wetter ein, welches mir doch nicht erlaubt hätte, viele Excursionen von der Stadt aus, auf das Feld zu machen. Nachdem diese Visiten ihr Ende erreicht hatten, lud mich den 23sten Hedaet Chan zu sich ein, entweder, daß er mich länger um sich haben wollte als das erste mal, oder daß er prüfen wollte, wie sich Europäer bey Perfischen Gast-Mahlen aufführten, oder auch und hauptsächlich, daß er uns wieder feinen Aufwand zeigen wollte. Wir erschienen heute insgesammt zum Mittags- Mahl; weil aber der Chan wußte, daß wir auf Persische Art zu speisen nicht gewohnt waren, wurde für uns nicht nur eine ordentliche Tafel zubereitet, fondern neben dem, daß auf der- selben alle Perfische Gerichte in Ueberfluß erschienen, trugen auch die Aufwärter viele von Armeniern zubereitete von weitem nach Europäischen riechende Speisen auf. Das Tischzeug, Löffel, Meffer und Gabeln wurde in dieser Absicht von mir entlehnt; dann es ist bekannt, daß diese uns zum Effen fo nöthige Werk- zeuge bey den Perfern theils nicht üblich sind, und theils ihnen greuelhaft vorkommen. Unser Tisch wurde wieder dem Platz gegen über gesetzt, wo der Chan faß, und mit einer zahlreichen Gesellschaft auf der Erde sitzend die Speisen mehr zu verschlin gen •-A, - „F 273 - gen als zu effen fähiene. Während dem Effen sprach man we- nig, es dauerte auch kaum #. Stunden. Nachdem das Wasch- Waffer herum gegeben war, muste der Kallian herhalten; man reichte abermal Coffe, und retirierte sich bis auf den Abend, da die Luft- barkeiten aufs neue und erst recht angiengen. Das ganze Palais des Chans war nun ganz illuminiert, und auf dem Weg, den wir von unfrer Wohnung bis zu demselben zu machen hatten, brannten auf beiden Seiten Fackeln. In dem Zimmer, in welchen wir bewirtheit wurden, leuchteten auf allen Seiten, in einer verschwenderischen Menge angebrachte Wachs-Kerzen, zwischen welchen alle Gat- tungen von Orange - Früchten aufgethürmt lagen. Unter den felben machten harmonisch zerstreute Blumen eine angenehme Abwechselung. In der Mitte des Zimmers sprang eine vor- nemlich erleuchtete und ausgezierte Fontaine; hinter derselben ließ sich eine Bande perfianischer Musikanten und Sänger hö- ren. Vor den perfianischen Gästen aber stunden auf der Erde fo wie auf der europäischen Tafel groff Presentir - Teller, an- jetzo nicht nur mit allerley Arten von Speisen und Früchten, fondern auch mit Danziger Brandtwein, mit Schiraßischem und Ispahanischen Wein angefüllt. So still es beim Mittag-Effen zugegangen, so laut und gesprächreich war nun das Abend-Effen. Jedoch der Gegenstand aller Unterredungen lief bloß dahin aus, daß man rechtschaffen effen und trincken müffe. Wie ich dem Chan auf fein Befragen die Musik gezwungen lobte, fowünschte er auch die unfrige, zu hören , dann er wute , daß einige von meiner Gesellschaft auf der Violin spielten. Ich willfahrte ihm, ließ die Instrumenten holen, und es schien, als wann ihm unser Getudel beffer gefiele, als uns das Seinige; befon- ders da einige Menuets dabey getanzt wurden, die eben deswe- gen, weil sie weniger Lüsternes haben, als die perfische Lustbar- keiten in dieser Art, ihm, wie er sich ausdrückte, als ein un- schuldiger Reiz vorkamen. Ein persischer Musikant wird bey feinen Lands-Leuten gar nicht als ein Mann von Verdiensten angesehen, und nur schlechte Leute, nur Bediente geben sich mit der Musik ab, um dadurch die Leidenschaften ihrer Herren zu be- friedigen. Darum nahm ich Gelegenheit, Hedaet Chan zu fa- gen, daß es mit der Musik in Europa, eine ganz andere Be- wandniß habe, als mit der in Persien; daß sie bei uns bereits auf einen solchen Gipfel der Vollkommenheit gebracht fey, der Dritter Theil, M m ihr 274 «A, H. „F- - - ihr schon längst einen ansehlichen Rang unter den schönen Kün- ften verschaft hätte, und daß sich daher die erhabenste Personen gar nicht schämen, dieses oder jenes Instrument selbsten zu spie- len, wann ihnen ihre eigene und anderer Ohren das ungezwun- gene Zeugniß der Meisterschaft geben. Hedaet Chan mochte der Europäische Geschmack gefallen haben oder nicht, fo mußte ich ihm diese Erklärung machen, weil die Perfer die Musikanten als verächtliche Leute ansehen. Indeffen vergiengen unter dem Musiciren und Trincken die Abend - Stunden, als wann fie flögen, und wir hielten es für gut, uns um 11. Uhr nach Hause zu begeben, um welche Zeit das Zechen der Perfer erst recht angeht, zu welchem wir uns nicht weiter einlaffen wollten. Vom vier und zwanzigsten. Das Regen-Wetter hielt noch immer an; ich mußte also fast beständig zu Hause bleiben; um aber meinen bisher eingezogenen Nachrichten täglich etwas weiter beifügen zu können, brachte ich meine Zeit viel- fältig in Gesellschaft von Perfern und Armeniern zu. Kaum hatte - man den Toback in Amerika entdecket, so ist in der ganzen Welt fein Gebrauch so allgemein geworden, daß man wohl wenige Menschen antreffen mag, denen derselbe jetzo unbekannt wäre. Nur bedient man sich defelben auf verschiedene Weife. Einige rauchen, andere schnupfen ihn, und wiederum giebt es Menschen, die ihn kauen. Die Art, nach welcher man denselben zu rau- chen pflegt, ist wiederum verschieden: mich beschäftiget anjezo aber nur diejenige, die eigentlich in Persien üblich ist. Ein jed- weder in der Kräuter-Kunde bewanderter wird mir zugestehen, daß der Toback unter die giftige, tollmachende Pflanzen gehöre, und ein jedweder, der zum ersten mal geraucht hat, wird eben dieses kraft der Ueblichkeiten, der Beängstigungen, und des bey ihm ohne Zweifel erfolgten Erbrechens, welche Zufälle alle bey einem Anfänger im Rauchen sich einzufinden pflegen, lebhaft be- stätigen. Inzwischen, wie sich die Natur zu allem nach und nach gewöhnen kan, fo hat sie sich auch zu dem Toback ge- wöhnt, und jetzo weiß man so gar, daß ein mäßiger Gebrauch deffelben den zähen Schleim in den Gegenden, wo der Catharr feine Residenz aufzuschlagen pflegt, verdünnet, loß macht und ausführt, daß er den überflüßigen wäfferichten Feuchtigkeiten Einhalt thut, als um welcher Ursache willen man ihn besonders phlegmatischen Temperamenten anrühmer, und daß er, wie ' --- - - - MQQs „A, „F- 27 narkotische Mittel, in gehöriger Maße gebraucht, das Hirn, und alles was vom Hirn abhangt, lebhaft macht. Dies alles wiffen die Perfer auch, ungeachtet sie sich feiner so unmäßig be- dienen, daß sie davon mit Wiffen und Willen berauscht wer- den. Zwar scheint die Art, nach welcher die Perfer Toback rauchen, dieser angegebenen Würkung zu wiedersprechen, dann sie ziehen den Rauch vermittelt einer, auf die Hälfte mit Waffer angefüllten Maschine in sich, da dann das Waffer den Rauch nicht nur verkältet, sondern auch das in solchen enthaltene em- pyrevmatische Oehl, welches den aus der Pfeiffe dampfenden fo oft beschwehrlich wird, und den Magen sowohl als den Kopf angreift, kräftig in sich schlucket. Die Maschine nennen fie Rallian, und ist ein mehr oder weniger, doch selten über 1. Fuß- hoher, gläserner mit einem senkrechten Hals versehener Kolben, dessen oberes Ende sich mit einer mehr oder weniger breiten Krone endiget, die in ihrer Mitte zwo mit einander be- festigte Röhren durchläßt, davon der untere Theil des einen in den Kolben geht und sich in das Waffer fenkt, der obere aber auf die trichterförmige Kohl-Pfanne, in welcher der zum rau- chen bestimmte Toback liegt, ganz genau pafft; dahingegen die andere kürzere Röhre mit ihrer untern Endung nicht in das Waffer reicht, mit ihrer obern gekrümten aber sich an das groffe Rohr anschließt, daß der Rauchende zum an sich Persische Art, den Toback zu , rauchen. schlucken des Tobacks im Munde hat. Also ist es an dem, daß der Rauch, ehe er zum Munde kommt, schon destilliert ist; dann indem er in dem Waffer angenehm herum brauset, fo geht schon diese Operation vor, und solche wird als dann in der einen kleinen Röhre und in der andern groffen Ledernen fortge- fetzt. Aber die Perfer ziehen den Rauch des Tobacks nicht mit den Lippen, fondern mit ihrer ganzen Brust an sich, daher sich dann folcher durch die Lunge verbreitet; bey geübten durch Nase und Ohren hervorkommt, bei allen aber aus dem Mund gleich einem starken Nebel steiger. Aus diesem Grund werden die Perfer von ihrem Rauchen berauscht, da sonsten ihr Destillier- Kolben dieser Würkung gerade zuwieder ist. Es ist eine be- kannte Sache, die ich hier erzehle, aber weil ich in Persien bin, fo habe ich eine in diesem Lande fo gemeine Sache nicht ver- fchweigen können. – Es giebt auch Perfer, die, wie die Türken, den Tobak aus Pfeiffen rauchen; sie pflanzen ihren Toback fehr wenig selbsten. Er ist gelb, leicht, und damit er M m 2 , noch A ", 276 A, H. „Es noch weniger schaden könne, wird er noch allezeit mit Waffer ausgelaugt, und mit demselben also geknettet, daß er allezeit etwas naß in die Kohl-Pfanne kommt. – Die Beschaffen- heit der Kalliane gehört auch vornehmlich zum Staat der Per- fer. Vornehme Personen haben goldene, mit Edelgesteinen be- fetzte, andere silberne, und von Meßing verfertigte. Die glä- ferne Kolben, deren schönste man aus Petersburg hieher bringt, find auch nicht überall eingeführt. Die lederne sind bey fehr vielen Leuten gemein, dann fie zerbrechen nicht, und diejenige, fo sich auch nicht diese anschaffen können, begnügen sich mit folchen, die ihnen die Flaschen-Kürbisse (Cucurbita lagenaria L.) umsonst liefert. – Eben so herrscht ein Unterschied zwischen den Mund-Röhren. Je länger die lederne, je schöner fiel aus- Off ff. Von der Schreive- rey der Perfer, Stücken feiner baumwollener oder seidener Zeuge, gemeinglich geziert sind, je mehr fallen fiel in die Augen. Die hölzerne find aber auch gang und gebe, und manchmal fallen fie fo kurz aus, daß sie mit den sogenannten deutschen Philister - oder den Finnischen Pfeiffen um den Vorzug streiten könnten.“ Weil in den persischen Gesellschaften neben dem Kallian auch immer Coffe herum gegeben wird, so muß ich auch hier die Art sagen, nach welcher der persische Coffe bereitet wird. Wann sie dem coffeliebenden Frauenzimmer in Europa nicht ge- fällt, so kan ich daffelbe versichern, daß sie auch weder mir noch einem meiner Gesellschaft den Nachahmungs-Geist einge- prägt habe. Die geröstete und halbgeftoffene Bohnen, die aus der Levante kommen ( dann von Coffe-Mühlen weiß man hier nichts) werden mit siedendem Waffer gekocht; der abgekochte Trank in die dazu bestimmte Kanne gegoffen, und ehe er herum gereicht wird, damit ja von der Kraft des Coffees nichts ver- lohren gehe, von den Bedienten mit dem auf dem Boden nie- dergeschlagenen Saz tüchtig herumgeschüttelt. Ehe man ihn würklich in die Schalen gießt, wiederholt man das Schütteln noch ein mal, und dann muß man ihn ohne Zucker und Milch austrinken. – In den Thee mischen die Perfer gemeiniglich Rofen - oder ein anderes wohlriechendes Waffer. – Ihre Con- fituren macht die zugethane Butter allezeit eckelhaft. Von fünf und zwanzigsten. Heute habe ich alle zur Schreiberei der Perfer gehörige Nachrichten gesammlet, und es sind kürzlich diese. Sie machen ihr Papier aus kleinen A., § „R- 277 in einem ablänglichen Octav-Format. Sie glätten es auf el- nem feinem Stein, und beschaben es mit einem tück Glaß fo lange, bis es ganz zart und glatt wird. Wann die eine Seite ihren bestimmten Glanz erreicht hat, wird es auf die andere Seite umgelegt, und mit derselben, wie vorhin, verfah- ren; weil aber also das Papier leichtlich zerreiffen könnte, so rollen sie solches in eine cylindrische Gestalt zusammen; diese Rolle umwickeln sie mit einem andern fück Papier, folgender Maßen bereitet. Man nimmt feines holländisches Papier, taucht es in kochendes weißes Kraft-Mehl, oder auch in Gummi ein, und läßt es alsdann an der Sonnen trocknen. Wann es trocken ist, zerschneidet man es in schmale Stücke, und mit eben den- felben werden die zusammengerollte Briefe umwickelt. An dem jenigen Ort, wo die beiden Enden des umgewickelten Papiers zu- fammen gehen, und auf einander geklebt werden, wird das äuß fere Pettfchaft mit Dinte aufgedrückt. Will man derselben eine rothe, blaue, grüne, Farbe geben, so veranstaltet man nach der verschiedenen Absicht verschiedene Mischungen mit Cochenille und Indigo. Die Perfer machen ihre Dinte aus Gall-Aepfeln, gebrannten Reiß und Gummi, wann sie schwarz feyn foll, und ihr Siegellak besteht aus einer ähnlichen Materie mit der Dinte. Ihre Feder schneiden sie aus einem Rohr fo man aus Ispahan und Schiraß bringt. Es heißt Kalam (Calamus) und wird in allen Buden verkauft. Es empfiehlt sich insbesondere, wegen feiner Härte, und ist von einer schönen braunen Farbe. Wer es nicht kauffen will, der schneidt auch Federn aus dem Schilf, und es läßt sich auch würklich mit diesen gut schreiben. Man hat eigene Futterale, in welchen alle zur Schreiberey nothwen- dige Dinge aufbehalten werden. Es sind folche länglich und entweder oben oder unten mit einer verborgenen Schublade ver- fehen, worinnen das Dinten-Faß und die Sand-Büchse stehen. Man macht sie von Holz oder Leder, lakiert fiel von auffen, oder ziert sie auch mit hübschen Malereien aus. Die Perfer fchreiben, wie die meiste morgenländische Völker von der Rechten zur Linken, und lieben eine vielfältige Richtung in ihren Linien, daß sie einige ganz, andere halb, und wiederum welche nur bis auf den vierten Theil ausschreiben, um zu zeigen, wie geübt fie im Lesen feyn, daß ihnen auch so gar der verworrente Ab- faz nichts wieder das Verständniß des geschriebenen in Weg - M. m 3 legen 278 AP - legen könne. Sie sind ferner in ihren Schreibereien sehr rein- lich, und leiden nicht das geringste ausgestrichene, auch keinen Flecken darinnen. In ihren Ringen tragen sie ihre Pettschafte, auf welchen ihr Nahme gestochen ist. Entweder drucken sie fol- che selbsten auf, oder die Vornehme geben dieselbe zu diesem Verschie- dene HD- Tange- Früchten. Ende ihren Secretairen ab. Vom fechs und zwanzigsten. Der Chan beschenkte mich hute mit vielen Orange- und andern Früchten, und diese gaben mir Gelegenheit die mannigfaltige Abänderungen, welche unter denselben herrschen, kennen zu lernen. Man brachte sie insgesammt aus Tenkabun und Aschraf - Pommeranzen von verschiedener Größe. Diese wachsen besonders häufig in Masanderan. Ich habe, als ich mich nachmals in dieser Provinz aufhielte, 1000. Stücke für 40. Kopeken gekauft. Es giebt füße und faure, welche leztere manchmal so saftig find, daß ich aus einer einzigen 1. Unze Saft gepreßt habe. Der Saft hat zwar einen etwas bittern Geschmack; jedoch, wann man keine Limonen hat, fo taugt er zum Punsch recht gut. Sie heiffen auf türkisch so wohl als auf perfisch Narinsch. - - Limonen, wiederum in Masanderan fehr gemein, und abermal verschiedentlich groß. Ich kaufte das Tausend für 90. Copeken. Sie find theils füß und theils fauer. - Eine Abänderung der Limonen, welche in der persischen Sprache. Murakap heißt, und von mir auf einer andern Stelle beschrieben wird. Abermal als eine Spiel- Art angenommen, von mir aber unter dem Citrus spinosus, als eine besondere Limonen- Gattung vorgetragene Abänderung der Citrone, die sich mit dem persischen Nahmen Badranke unterscheidet: von dieser Gat- tung eine wahre Varietät, die auf perfisch Balane heißt. Sie ist äußerlich eben fo warzicht, als die Badranke, aber die Frucht hat eine runde Gestalt. Ihr Saft hat einen sauren Ge- fchmack, ihre Rinde eine beträchtliche Dicke, der Geruch aber davon ist nicht so durchdringend, als bey den Badranken. Sie taugt zu Confituren noch beffer, als die letztere, und giebt für den Magen ein kräftig stärkendes Mittel ab. Turinz - «A, H. „F- 279 Turinz. Eine Abänderung von Limonen , zwei mal gröffer, als die gewöhnliche Citrone, und mit fauren Limonen dem Geschmack nach vollkommenen übereinstimmend. Von Amarellen oder Aprikosen ( mala armeniaca) wurden mir folgende Arten gebracht. Darkesicht. Sie find länglicht, mesferförmig, fafreich, füß, ihr Geschmack angenehm, auf der einen Seite roth, und auf der andern gelb. Die Kerne schmecken fast wie Mandeln. Todimschamsche. Sie sind etwas kleiner, als die Derkefht, rund, ganz gelb, füßer als jene, und haben füße Kerner. Diese Früchte troknet man zum Gebrauch im Winter. Sefit parfi, find noch füßer, als die Todim- schamsche, und man trocknet sie auch. Kei, die allerlüffeste, kleiner als Sefit parf. Sie vertrocknen auf den Bäumen selbsten, man trocknet sie auch in der Sonne, und in diesem Zustand zerflieffen sie in dem Mund, wie Zucker. Ihre Kerne sind auch füß. Tochne Demba, die größte unter allen. Fünf bis sechste wägen ungefehr ein rußisches Pfund. Sie führen sehr viel Saft in sich, aber fiel müffen frisch aufgegessen werden; dann wann sie einmal ihre Reife erreicht haben, so taugen sie zum Troknen nicht mehr. Kalandar. Ihr Fleisch ist an ihren bit- tern Kern fest angewachsen. Zehn bis funfzehn aufgegessen, geben ein leichtes abführendes Mittel ab. - Pferfiche oder Pfirschen. Man pflanzt sie in allen perfiani- fchen Gärten, aber die Ispahanische hält man für die beste. Wann der Kern an das Fleisch angewachsen ist, so nennt man sie Schab- dula. Sie erhalten sich, auch weit verführt, bis in den Merz- Monath, find von einem sehr angenehmen Geschmack, halb- gelb und halbroth, und darunter einige fo groß, daß sie fast ein medicinisches Pfund wiegen. Sie werden häufig getroknet. Diejenige Spiel-Art, bei welcher der Kern mit dem Fleisch nicht zusammen hängt, wird Luli genannt. Sie ist gemeinig- lich noch größer, als die vorhergehende Gattung und voll Saft, eben so, wie dieselbe gefärbt, und dem Geschmack nach fast noch angenehmer, aber sie läßt sich weder frisch lang erhalten, noch taugt fie zum Trocknen. Schelil mincina ist noch eine andere Ab- änderung von Pfirschen, wo der Kern abermal an das Fleisch anhangt. Sie hat eine ganz runde Gestalt, ist ganz gelb, füß, und fafreich, muß aber frisch aufgegessen werden. Maul- 2Zo A, S. „Fs Maulbeer-Baum - Früchte. Die weisse sind überaus füß, man troknet sie für den Winter, und verschikt sie auch. Die schwarze findet man vom Anfang des Winters beständig, einige nemlich noch grün und andere schon in ihrer Reiffe. Sie haben einen säuerlich- süßen Geschmack, und werden gleichfalls getroknet. Man bereitet sowohl Selze als Syrupen davon, und die persischen Aerzte bedienen sich solcher in der Bräune, in der Faulniß des Munds, im Scorbut und bey der Dysenterie. Gebrauch Vom sieben und zwanzigsten. Solanum. Melon- '“ gena (Deutsch, der Eyer-Baum) heißt in der persischen, ingen. tatarischen und armenischen Sprache Badinschan. Die Früchte mit den Saamen kochen die … Armenianer und die asiatischen Ruffen, welche von denselben diesen Gebrauch erlernt haben, wie andere Garten-Gewächse in den Fleisch - Suppen, oder sie be- dienen sich auch derselben statt eines Zugemüffes. Wiederum giebt es welche, die solche mit Butter braten. Das Gericht fchmeckt wirklich gut, wann die Früchte jung find; nähern sie sich aber schon zu ihrer Reiffe, so taugen sie nicht mehr viel. In Astrachan wird die Pflanze auch gezogen, und sie erträgt Spani- das dortige Clima vollkommen gut. – Der Spanische fcher Pfef Pfeffer heißt auf armenisch Bibar, auf perfisch und türkisch fer. aber Estiot. Wann er trocken ist, wird er klein gestoffen, und in verschiedene Speisen so wie bei uns der andere Pfeffer, ge- legt. Man schärft auch die Schwäche des Wein-Eßigs damit, - Von acht und zwanzigsten. Eine besondere Art, Eine Art, die Waffer - Vögel in Gilan zu fangen, ist folgende. An dem- '' jenigen Ort des Ufers, oder auch im Schilf, wo die Vögel ' zu übernachten gewohnt sind, spannen die Perfer ein ungefähr 6. Faden breites Netz aus. Sie befestigen 2. Ecken desselben an 2. auf beiden Seiten befindliche Stangen, und die 2. übrige an 2. andere, um die Hälfte kürzere Stangen also an, daß die dordere Hälfte des Netzes, welche nach dem Waffer gehet, einen Sack, die hintere aber eine gerade Wand bildet. Wann fie nun vermuthen, daß sich die Vögel an ihrem gewöhnlichen Ort r Ruhe begeben haben, fo kommen sie auf einmal mit er- euchteten Laternen und einem entsetzlichen Geschrey auf dieselbe von dem Land hinterwärts losgelauffen; durch diesen Lärm wer- - - - den «A, -- „F- 2 Z1 ben die Vögel in ihrer Ruhe gestöhrt, und indem sie sich auf die Flucht begeben wollen, stoffen sie wider das ihnen vorgespannte Netz, und verwickeln sich entweder augenblicklich in dem vordern Theil desselben, oder sie fallen in den untern, nemlich in den Sack hinein. Jemehr sie sich alsdann bemühen, wieder zu ih- rer Freyheit zu gelangen, je mehr verwickeln sie sich in dem Netz, dann folches ist ziemlich weitläufig verfertiget. Wann das Neß am Ufer aufgestellt wird, so verrichten die Perfer diese hübsch anzusehende Jagt zu Fuß; geschicht es aber in einer Ent- fernung von demselben, als im Schilf, fo fahren fie des Nachts auf kleinen Kähnen mit Licht dahin. Man fängt auf diese weise Gänse , Enten, Schneppen und das persische blaue Huhn (Porphyrio). Eine andere Methode, vermittelt welcher man besonders der Gänse und Enten habhaft wird, und die, wann ich mich nicht irre, auch an einigen Orten von Rußland, be- fonders bei der Jagt kleiner Vögel üblich ist, will ich noch kürzlich erzehlen. Es wird ein groffes viereckigtes Netz auf ei- nem hohen und trokenen Platz in die Höhe gestellt, und unter daffelbe 2. oder mehrere mit Fleiß dazu abgerichtete zahme Gänse oder Enten gesetzt. Diese locken mit ihrem Geschrey die vorbey- fliegenden Wilde zu sich; sobald sich aber nun dieselben nieder- gesetzt haben, wird das Netz vermittelt eines Stricks, der am obern Theil des Netzes befindlich ist, von dem Vogelfänger um- geriffen, wodurch alle auf der Erde sitzende Enten oder Gänse bedeckt, und also gefangen werden. Man bringt die also ge- fangene Vögel zu Markt, und weil sie hier sehr häufig find, wird z. E eine Ganß für 8. bis 10. Copeken und eine Ente für 2. bis 4. verkauft. Die eigentliche Waffer - Vögel schmecken aber immer tranicht, und finden daher nur bei gemeinen Leuten einigen Abgang. Vom ersten März. Die von mir fchon gedachte - Schakallen fängt man in Persien auf eben dieselbe Art, wie Art, die in Rußland die Füchse und Wölfe, und wie in Astrachan die Schale Fasanen. An denjenigen Orten, wo man Spuhren von ihnen “- gewahr wird, oder vielmehr an denjenigen, wo sie sich am unverschämtesten hören laffen, werden gewisse Fallen nachstehender maßen ausgestellt. Man nimmt eine ziemlich lange biegsame Stange, und gräbt dieselbe mit einem Ende fest in die Erde Drurter Theil. N. n ein, 282 - «A, - „F- Beschrei- dung des Duschaps. ein, am andern Ende aber bindet man einen langen Strick an, deffen Ende die Fall-Schlinge abgibt, hierauf wird eine an- dere krummgebogene Stange in einer folchen Entfernung mit benden Enden in die Erde gefekt, daß die erstere dieselbe mit ihrer Spitze erreichen kan; an sie bringt man eine Quer-Stange an, und hinter diese fekt man einen hölzernen Keil, der an der Spitze der ersten Stange angebunden ist, und wodurch also fol- che gebogen wird. Man legt auf die Quer- Stange allerley Strauch - Werck; auf demselben breitet man die Schlinge aus, und legt in solcher allerley den Schakallen angenehme Nahrungs- Mittel, als Fische, Aase, u. f. w. Sobald das Thier auf das Gesträuche tritt, so bald fällt das Quer-Holz nieder; die erstere Stange prallt zurücke, und zieht die Schlinge nach, fo, daß das Thier mit dem Kopf oder den Füßen erhängt wird. Auf Bauer - Höfen sind diese Fallen fehr nöthig; dann der Schaden ist sehr groß, den die Schakallen anrichten, da Hüh- ner, Gänse, Endten, ja so gar Schaafe ein häufiges Opfer ihrer unersättlichen Raub-Begierde abgeben. Es ist zwar an dem, daß sie sich vor den Hunden etwas zu fürchten pflegen, aus welchem Grund man die leztere, unerachtet fie in den Au- gen der Muselmänner ein Gräuel find, mit Fleiß unterhält; kommen aber die Schakallen Heerden-Weise, und es bellen ih- nen nur wenige Hunde entgegen, fo gehen fiel von dem Ueber- gewicht ihrer Macht versichert, beherzt auf dieselbe loß, nöthi- gen fiel zum Stillschweigen, und rauben, wie fie können, unge- indert. - - h Vom zweyten. Der Dufchap ist eine bey den Per- fern und Armeniern eingeführte füßige Materie, die eigentlich nichts anders als ein bis zur Verdickung eingekochter Trauben - Saft ist. Sie hat mit den teutschen Selzen (Latwergen) die man aus Früchten bereitet, viele Aehnlichkeit. Man ver- füßt das Waffer und die Speisen damit, wirklich thut sie auch nach meiner eigenen Erfahrung eben diejenige Dienste, die man an dem Honig rühmen muß. So gar wird sie auch als ein kräftiges Arzney - Mittel ausposaunet. Sie treibt nemlich den Schweiß, und in denjenigen Fällen, wo es dienlich ist, diese Ab- ficht zu erreichen, wie z. E. in hitzigen Fiebern, vermischt man fie mit Waffer, und giebt solches dem Krancken entweder unter der Gestalt eines Juleps, oder warm als Thee zu trincken. A- - us «A, - „F ssg. Aus den unreiffen Trauben preffen die Perfer den Saft aus, kochen ihn, legen etwas Zucker und Salz darzu, und erhalten dadurch einen Eßig, der neben dem, daß er ungemein scharf ist, auch eine angenehme Süßigkeit befizt, daß er mit einer genugsamen Menge Waffer vermischt einen vortrefflichen Quaß abgiebt. Sie nennen den Saft füfen Eßig. Ich erinnere mich, daß man auch zu Astrachan einen Saft aus unreiffen Wein- Beeren in gleicher Absicht zu sammlen pflegt. Aber dieser wird nicht gekocht, und man legt auch nicht Salz dazu; daher verdirbt er gar bald. Vom dritten. Eine ganz besondere Weiden-Gattung bekam ich heute das erste mal in ihrer Blüthe zu sehen. Sie wächst in (Filan auf sandigten Stellen, bald nahe am Ufer der Caspischen See, und bald nach den waldigten Vorgebürgen zu, wo das Erdreich sehr oft auch fandigt ist. Sie gehört unter diejenige Gattungen dieses Geschlechts, die nach dem Ritter von Linne ganze und haarigte Blätter haben ; weil eben denselben die Natur ein auffrordentlich glänzendes Ansehen gegeben hat, fo nenne ich die Pflanze Salix nitida. ( S. P. - - - ) Der 2Baum hat eine rothe Rinde an seinem Stamme fowohl, als an den Aeten. Die Augen (gemmae) sind auch roth, länglicht, hökericht, und in 2. Kappen gespalten. Die 2Blätter und Kätzchen, Blumen ordnen sich innerhalb derselben. Jene, wann sie einmal ihre Vollkommenheit erreicht haben, sind Eyerförmig rund, ganz, auf beiden Seiten, etwas wollicht, stumpf, und mit einer Spitze verfehen: Diese fast Kopfförmig gestaltet, und durch zwei weiße Staub-Fäden zur Befruchtung tüchtig gemacht, die sich bald mit gelben, und bald mit röth- lichen Spitzen endigen. Die weibliche Blumen verhalten sich, wie bei andern Arten dieses Geschlechts. Der Baum heißt auf persisch Badmuschk, und von den Blumen defelben ziehen die Armenier ein nicht unangenehmes Wasser ab, das in der Fieber- Hitze eine kühlende Würckung macht. M. n a Vom 284 •z, F. „R- Perfische Vom vierten. Die Neubegierde trieb mich auch, in Badstuben. die persische Bad-Stuben zu gehen, und ich bin würklich froh, daß ich es gethan habe, dann von ihrer Schönheit hätte mir fonsten kein anderer denjenigen Begriff beibringen können, den ich anietzo aus eigener Erfahrung habe. Weil ich nämlich bis- hero keine andere Bad-Stuben, als Rußische, gesehen hatte, fo würde ich mich immerhin alle audere nach denselben vorgestellt ha- ben. Es ist wohl selten ein Dorf in Perfien, das nicht eine Bad - Stube aufweisen könnte. In groffen oder auch nur in mit- telmäßigen Städten sind derselben viele, und sie tragen fo gar, wegen ihrer weitläufigen, maßiven Bau-Art fehr vieles zu ih- ren Schönheiten ben. Diese Bad-Stuben aber, von denen ich rede, find zum öffentlichen Gebrauch bestimmt; es kan fich der- selben bedienen, wer da will, und ihr Gebrauch ist auch Chri- ften erlaubt, wann sie die gehörige Miethe dafür erlegen. Ja diese fieht man fehr gerne, weil fiel gemeiniglich mehr geben, als die Mufelmänner. Es find nemlich gewisse Leute, welche die Bad-Stuben auf ihre Kosten unterhalten, und von ihnen einen nicht geringen Gewinst ziehen; dannoch giebt es auch Leute, die eigene Bad-Stuben zu ihrem besondern Gebrauch in ihren Häusern haben, fo, wie dieses bey den rußischen Herrschaften eine durchaus gewöhnliche Sache ist. Sobald man in die öf- fentliche Bad - Stuben tritt, kommt man in eine groffe Stube, wo eine gemäßigte Hitze herrscht; daselbst zieht man sich aus, und bedient sich, wann es einem beliebet, zuvor einiger Erfri- fchungen. Man trinkt nemlich Thee oder Coffee, Punsch oder glühenden Wein, je nach dem der Geschmack eines Menschen, der sich zu Baden vorgesetzt hat, beschaffen ist. Von dar begiebt man fich in das wirkliche Bad-Zimmer, zwischen welchem und demjenigen, wo man sich ausgezogen, ein anderes schon etwas - heifferes durchgegangen werden muß. In diesem findt man zween Tröge, davon der eine ganz warmes, und der andere kaltes Waffer enthält: je nach dem man nun eine größere oder eine geringere Wärme liebt, nachdem wird die Mischung von diesem in beiden Trögen befindlichen Waffer veranstaltet, um sich folches über den Leib nach Gefallen gießen zu laffen. Un- terirrdische Oefen erhitzen dieses Zimmer, und darinnen bleibe man so lang, bis die Luft sich zu Baden verschwindet. – Die Perfer find aber nicht allein damit zufrieden, daß sie sich mit. •A, H „F- - - 285 mit Waffer abwaschen, fiel laffen fich auch durchfeiffen und rei- ben. Ein Badstuben-Bedienter, eben als wann er einen fest nehmen wollte, fzt sich mit feinen Knien auf den Leib des Badenden, nimmt einen rauhen, durchgefeifen Stein, und be- handelt ihn also damit, daß man meynen follte, es wäre auf einen zu besorgenden Beinbruch angesehen. So, wie sie fich den Vorderleib quälen laffen, fo geschicht es auch mit dem Hintern, wann dergleichen grausame Operationen angenehm zu feyn dün- ken, fo wird kein Theil des Körpers von derselben verschont, fondern vielmehr etliche mal wiederholt. Da die morgenländische Völker wegen der Reinlichkeit die Haare auch an denjenigen Orten abscheren laffen, wo fiel bey den abendländischen vorzüg- lich geliebt werden, so geschicht auch dieses in den perfianischen Badstuben. Endlich wird zuletzt der ganze Leib mit warmen Waffer wiederholt begoffen, mit eigenen Bad-Saiffen stark gerieben, und, wie die Uebung die Meisterin in allen Sachen abgiebt, so schwitzen die Perfer bei diesen Gewalthätigkeiten fo fark, daß der Schweiß unter denselben nicht anders, als un- ter der Gestalt von Oehl-Tropfen, hervorquillt. Galante Leute unter den Perfern bedienen sich statt gemeiner Bad - Seiffe ei- ner wohlriechenden. Wer aber die Hitze in den perfianischen Badstuben aushalten will, der muß eine gute Lunge haben, oder nach und nach an jene gewohnt werden, fonsten kommt er eben fo zu kurz, als es mir ergangen, da mich das erste mal der Vorwitz in eine rußische Badstube getrieben hatte. Vom fünften. Die gilamische Hühner haben einen be- fondern Vorzug vor andern. Nicht nur find fie, das Weibchen sowohl als das Männchen größer, sondern ihr ganzes Ansehen ist weit ansehlicher, als bei unsern Europäischen. Man trift auch eine Abänderung unter denselben an, wo die obere kleine Haut ( epidermis) ins schwarze fällt. Die Fischotter gab zu folgender Beschreibung heute Gelegenheit. Sie hat in beiden Kinnladen 6. dicht an einander befindliche Zähne, von welchen die in der obern gerad und fpizig sind, mit dem Unterfähied, daß der Aeufferte auf beiden Seiten die übrigen an Größe über- trift; da hingegen die in der Untern kleiner sind, und in stumpfe Spitzen auslauffen, auch unter denselben die beiden in- merte, und die äußere auf der rechten und linken Kante, wie - N n 3 mit Gilanische Hühner. Die Fisch- Otte, 286 •A, H. „F- mit einem Fortsatz, versehen sind. Die Hundszähne sind über- aus groß, einzeln und gekrümmt. An Stokzähnen hat die Fischotter der Anzahl nach in der oberen Kinnlade auf beiden Seiten 5., von denen die 2. hintere ungleiche Fortfätze führen, die beyden darauf folgende einfach, gerade und von einander abgesondert sind, der äußerste aber unter allen die kleinste Gröffe besitzt. In der unterm Kinnlade befinden sich auf bey- den Seiten 6. Stokzähne; die zween innerste sind gerad, rund und ganz stumpf, die beyden darauf folgende mit Ansätzen ver- fehen, die zween äußerte aber wiederum gerad, einfach und fpizig. - Die Zunge ist breit, glatt, und in der Mitte stark gefurcht, der Gaumen hingegen knöchern. *- Der Kopf hat eine länglichte Gestalt, ist 5. Zoll lang, und mit einem sehr converen, verbreiteten Wirbel versehen. Die Schnauze fellt ein Viereck vor, welches bloß, glatt und fumpf ist. Die Naslöcher haben vermöge einer nach auffen zu gekrümmten Furche eine mondförmige Gestalt. Die Lippen find roth, glatt und bloß; die Barthaare aber von verschiede- nen Reihen, steif und einzeln. Unter ihnen bemerkt man die Hinterste als die Längste, da diejenige, die der Endung des Mundes am nächsten find, die kleinste Gröffe erlangten. Sie fehen hauptsächlich weiß aus, es giebt aber auch unter ihnen fchwärzlichte und gelblichte. Hinter den Augen sind noch zwo andere Reihen von Haarborsten, von denen sich der einen ihre Lage gegen die Ohren, und die andere gegen den Wirbel zu richtet: Die Augen find ungemein klein, länglich, von dem vorderen Winkel der Ohren 1. Zoll abgesondert; ihre Häute fehen röhlich aus. Der Regenbogen und der Stern aber fallen vom blauen ins schwärzliche. Die Ohren nehmen die unterste Seite des Hinterkopfs ein, find gerad und ganz mit Haaren besetzt. Sonsten beobachtet man an dem Kopf keine Warzen. Der Leib hat eine runde, ablängliche Gestalt, ist überall von gleicher Dicke, und 1. Fuß lang, der Schwanz aber be- trägt der Länge nach 14. Zoll. Ich muß jedoch bemerken, daß diese angegebene Ausmeffung nur bey jungen Fischottern statt finde, dann Ausgewachsene erreichen gar gern die Größe von 3. Fuß, den Schwanz nicht mitgerechnet, Die -2, - - 287 Die Haare bedeken den obern Theil des Leibes in einer gleichen Dicke; sie sind an ihren Grundlagen schwarz, und füh- ren fhwärzlich graue Spitzen; manchmal, besonders bei ganz alten find auch diese ganz fähwarz, und je dunkler die Haare an den Fellen sind, je höher werden solche von den Persern geschätzet. Die Haare, welche die Ohren umgeben, sind kürzer, als die übrigen, aus- und inwendig fhwärzlich, an ihrem Rand aber ringsum afhgrau. Der Sthwanz ist ganz ausgeründet, und mit dicken Haaren besetzt, die eine mit den Haaren des Leibs durchaus ähnliche Farbe haben. Die Haare an der Kehle, der Brust und dem Bauth fallen vom grauen ins weiße, die jenige aber, mit welchen die Vorder- und Hinterfüße beklei- det werden, sind Kastanienbraun, und endigen sich erst da, wo die Nägel ihren Anfang nehmen; jedoch ist die untere Fläche der Zehen ganz bloß. Von diesen zählt man an den Aermen und Füßen fünf. Die Nikhaur ist ziemlich dick, blau, und mit einem schwärzlichten Rand verfehen. Vom fechten. Pflaumen bringt Persien in groffem Verschie- Ueberfluß hervor. Es giebt schwärzlichte und gelbe, die letztere dene Pflau- aber verdienen wegen ihres angenehmen Geschmacks vor jenen "en-Arten einen erheblichen Rang. Man erhält beide das ganze Jahr hindurch, indem sie an einem Faden in der freien Luft aufge- hängt werden. Zehn bis funfzehn aufgegessen bringen eine abführende Wirkung zu wege, ohne daß dabey das geringste Grimmen erfolgen sollte. Man bedient fich also folcher nicht nur zum Effen, sondern fiel vertreten auch in der persischen Arzney - Gelahrtheit die Stelle einer Arzney. Von diesen Pflau- men find mir noch einige andere Spielarten bekannt worden. Eine ist es, welche in der Landessprache Alukra heißt. Die Bäume gelangen zu einer beträchtlichen Höhe, die Früchte find gröffer, als Apricofen, rund, grün, bey ihrer völligen Reiffe aber röhlich gelb, ungemein Saftreich; und der Saft schmeckt fauer; die Aerzte reichen fiel in hitzigen und kalten Fiebern, dann fie kühlen, löschen den Durst, und halten den Leib offen. Eine andere Abänderung heißt Alu, fie kommt mit den vorigen vollkommen überein, nur find fiel etwas kleiner, und weniger fauer. Wiederum giebt es eine dritte, die Alwiafthe fonsten auch Alitscha (prunus Spinofus. L.) heißt. Sie wird erst im späten 238 •A, H „F- Persische Manna. späten Herbst reiff, ist noch kleiner als Alu, aber weit faftiger. Man bedient sich ihrer in Speisen, und zu Confituren. Man troknet sie auch in Vorrath auf den Winter. Vom siebenten. Ich habe schon an einem andern Ort gemeldt, wo ich die Granate zuerst in Persien wild an- getroffen habe. Von da aus wachsen sie überall, besonders aber in Gilan und Masanderan äußerst häufig. Dem Geschmack nach find sie sowohl fauer als füße. Sie lieben aber nur die an dem Gestade der Caspischen See nächstgelegene Länder zu ihrem Auffenthalt. Diejenige, von denen man glaubt, sie ha- ben keinen Saamen, heiffen im persischen Psidana. Von allen Gattungen, bereitet man Roob und Syrupen, und hält solche für kühlende Arzneien. Der Sumak wächst auch in Gilan. Man ißt die Beere davon, und derselben bedienen sich auch die Perfer in der Mundfäule, in dem Blutdurchfall und andern Kranckheiten. – Sciucus officinalis wird in den meisten perianischen Arzneybuden verkauft. Man findt diese Eidere hinter Schiraß, und zwar unweit dem persischen Meerbusen. Es ist den Perfern die derselben durchgängig beygeschriebene Würkung, die Venusluft zu befördern, bewußt. Dann wie folte Leuten, die Tag und Nacht auf nichts anders finnen, als nur diese zu befriedigen, ein folches diesfalls überall bekanntes Mittel unbekannt bleiben? Sie bedienen sich ihrer in Confitu- ren. – In eben diesen Buden verkauft man auch die perfi- fche Manna, welche Theremiabin genannt wird. Sie wächst nicht weit von Ispahan, in der Provinz Peria, und man findt fie auf den Blättern, eines mir unbekannten stachelichten Bau- mes. Sie ist so weiß, wie Schnee, und die Körner fo groß, als Koriander -Saamen. Die Bauren sollen sie vor dem Auf- gang der Sonne zu fammlen pflegen. Einer stellt unter die Aeste des Baumes ein Sieb, und ein anderer schlägt mit ei- nem Stock von den Blättern und Stacheln die Manna ab, daß fie in das Sieb fallen kan. Darauf verwahrt man sie in ei- ner Küste oder in einem ledernen Sack. Wann man erst nach Aufgang der Sonne ihrer Habhaft zu werden gedenkt, so er- hält man nichts; dann von der Sonnenhitze zerschmelzt die Materie , und verschwindet gänzlich. Man gebraucht diese Manna gleichfalls zu Confituren, und die persische Aerzte be- dienen -, F-„R- -289 - bienen sich ihrer fehr oft, fo wohl, wann sie gelind abführen, als wann fiel ein gutes Brustmittel geben wollen. Sie belegen diese Art von Manna noch mit dem besondern Nahmen Ga- Zangu. Es giebt noch eine andere, die in der Provinz Cho- rafan zu Hause ist, und von einem andern Baum gefammlet werden soll. Sie ist schneckenförmig gewunden, führt stärker ab, als die erste Gattung, aber auf die Brust würkt fiel eben nicht besonders, fie hat auch keinen fo angenehmen Geschmack, ist nicht so schön weiß, und heißt in der persischen Sprache Serchichte. - Vom achten. Auf der Reise von Baku nach Scha- machie habe ich angemerkt, daß die Gebürge verschiedentlich ge- färbte Erden auf ihrer Oberfläche erzeugen. Ich hielte sie dazu- mal für Trippel-Erden. Nun sehe ich eben dieselbe in den Medicini- hiesigen Kramläden zum Verkauf ausgestellt, und von den Cau- fcher Ge- kasischen Gebürgen deswegen hieher gebracht. Ich fand grüne, “ den rothe und weiße. Alle Arten sind bey den Persischen Aerzten in # (N groffem Ansehen, und sie schreiben ihnen ungemein viele Wür- kungen, wiewohl vermuthlich unschuldiger Weise zu. Sie follen die verlohrne Kräfte wiederherstellen, die Lebensgeister erwecken, dem Gift wiederstehen. Man gebraucht sie daher in Ohnmach- ten, in hysterischen Krankheiten, bey den Frauenspersonen in den Fällen, wo auch bey unfern alten europäischen Aerzten die Erden und erdigte Arzeneyen foverschwenderisch herhalten mußten. Die Grüne hat den Vorzug vor allen andern, und die rothe hält man für beffer, als die weiße, – Ulmen - Bäume findt man durch ganz Perfien. Von der gegenwärtigen Zeit an entdekt man den ganzen Frühling über an ihren Aeten häufige Bläsgen, die mit einem süffen und kleberichten Saft angefüllt find, und in diesem Saft entwickeln sich, oder leiden vielmehr ihre letzte Verwandelung viele kleine, geflügelte Infekten, die ich für den tenthredo Ulmi des Ritters von Linne halten möchte. Dann sie haben borstenförmige Fühlspitzen, und viele Gelenke. Gegen den Herbst trocknen die Bläsgen aus, und die Insekten sterben. Man fammlet jene, und findt einen schwärzlichen oder gelben Balsam darinnen, der etwas füßlich fähmeckt, und in Brustkrankheiten gebraucht wird. – Die Munia bringt man aus Schiraß, ihrem Vaterland nach Gilan. Diese ist nun eben , Dritter Theil. O o fo 290 APA, H. „F Neujahrs- feyer der Perfer, so gut bey den Perfern ein Universalmittel für alle Krankheiten, als die Goldtincturen bey den Alchymisten feyn müffen. Man verkauft sie daher in einem gar entsetzlich hohen Preise. Es soll auch welche auf den Caukasischen Gebürgen geben, man schreibt aber dieser diejenige vortreffliche Eigenschaften nicht zu, die man an der Perfischen rühmet. Vom zehnten UMärz. Auf den heutigen Tag fällt das Neujahrsfest der Persianer ein, welches in der Mitternacht, mit Kanonen- und Mufquetenschüffen angekündiget wurde. Alles, was sich unter ordentliche Leute zählte, erschien fowohl aus der Stadt, als aus der ganzen Provinz bey dem Chan, wünschte Glück, und brachte Geschenke. Man sagt, er soll an dem heu- tigen Tag zu 50000. Rubel an Geld und Geldes werth einge- nommen haben. Ich schickte zween meiner Studenten die Hrn. Habliz und Klutfcharew mit einem Geschenk von Sammt, Goldstück und ausländischen feidenen Zeugen, das gegen dritte- halb hundert Rubel betrug, zu ihm, und ließ dadurch meiner Seits nichts an dem ermangeln, was die persische Gewohnheit, die in diesem Stück ganz und gar Europäisch ist, mit sich brachte. Der Chan nahm es geneigt auf, besuchte mich ein paar Tage darnach, und versicherte mich in den ausgesuchtesten Worten von der Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen gegen mich. Die Neujahrsfeyer daurt zehn Tage lang: einige, die sich ihr Vergnügen verkürzen wollen oder müffen, find auch mit drey Tagen zufrieden. Die Lustbarkeiten befiehen im Sauffen, das bey dieser Gelengenheit auch den Tag über im Schwange geht, im Pferderennen, wobey die Ritter, sich einander fo nahe zu kommen fuchen, daß ein jeder den andern, wann es sich thun läßt, mit feinem bey sich habenden Stock oder spitzigen Staab berühren kan: einer Belustigung, die manchmal tiefe, Verwun- dungen des Leibes nach sich zieht. Endlich besteht auch die Feyer darinnen, das sich die Persianer fleißig unter einander besuchen, spazieren gehn und auf den öffentlichen Straffen ihre gewöhnliche Musik hören laffen. Ich hahe auch bemerkt, daß diejenige, der nen es ihr Beutel zuläßt sich neu zu kleiden, folches bey die Gelegenheit zu hun selten unterlaffen. Zwischen dem 12ten und d 13ten in der Nacht wurde ich von dem Chan gebeten, eine der Hauptpersonen, die um ihn sind, zu besuchen, welche, wie «A, P. „F 29. die Bochen sagten, sehr krank sein sollte. Der Chan verlangte nur zu wissen, ob sie sterben würde oder ob noch Hofnung zu ihrer Genesung übrig wäre. Dem Chan konnte ich fein Ge- fuch nicht wohl abschlagen, verfügte mich dahero fogleich zu dem Kranken. An demselben fand ich einen schon ziemlich bejahrten Mann, der schon den eiften Tag an einer Pleuritis (Seiten- stechen) krank lag, und nun bei meiner Anwesenheit mit dem Tode rang. Mein Ausspruch war, daß er schwehrlich mehr über 3. Stunden leben könnte, und es wäre daher vergebens, ihm das geringste von Arzneyen zu reichen. Die Prophezeiung traf ein: dann der Kranke verschied eben 3. Stunden darauf, und ich hatte die Ehre, den Tag darauf als ein ungemein ver- fändiger Mensch in der Stadt ausgeposaunt zu werden. Vom dreyzehnten. Heute wurde abermal botanisiert, aber meistens fruchtloß ; die niedrige sumpfigte Gegend von Räscht, die zu dem Reißbau fo tauglich ist, verbannt einige Meilen um die Stadt die Vortrefflichkeit der Flora, die sich fonten in Gilan so majestätisch weitet: ich konnte daher heute nur wenige nützliche Anmerkungen machen, und diese, die ich emacht habe, find meistens ganz und gar botanisch, also nach einem Plan für dieses Tagebuch nicht bestimmt. Hanwey at vollkommen recht wann er erzehlet, man finde in Gilandes- wegen keine Kamele, weil ihnen der Buxbaum ( den sie wie der die den Thieren eingepflanzte Triebe lieben) einen plötzlichen Tod verursache. Er heißt in den meisten morgenländischen Sprachen Schimfhat, und in Georgien thut er eben diejenige Dienste, die in Rußland am Palmfest die Weiden verrichten müffen. Der Schneckenklee (Medicago chochleata) wuchs häufig, und ist als ein treffliches Futterkraut für die Pferde berühmt, in der persischen Sprache heißt er Gunscha. Das Leontodon tuberosum zeigte gegen eilf Uhr mit seinen hangenden Blumen feinen Mittagsschlaf - Den vierzehnten und den fünfzehnten beschäftigte ich mich zu Hause, und schickte die bei mir gegenwärtige Stu- denten allein auf das Feld. Sie kamen aber, aus der bereits angeführten Ursache fast leer zurück. Den fünfzehnten dieses Monaths endigen sich die Feyertage der Perfer, ' Q) 2 N 292 - - •A, + „Fs Kurban Bairam. den fchszhenten fangen andere an, die sich mit dem achtzehn- ten schlieffen. Unter dem Artikel, wo ich von der Jahres- rechnung der Perfer gehandelt habe, erwehnte ich auch ihrer Feste. Nun schreibe ich als ein Journalist. Die Feyertage, deren ich erwähne, führen den Nahmen Kurban, und find der Aufopferung Isaks, defen Nahmen die Muselmänner mit dem Nahmen feines Stiefbruders Ismaels verwechseln, gewidmet: Das beste, was der Koran enthält, ist, wie ich schon erinnert habe, aus der heiligen Schrift gezogen. Die jetzige Feyertage haben einen ähnlichen Ursprung; nur ist die Geschichte Mahu- mechanisch verfälscht; beygehende Nota (*) kan einen neuen Beweiß davon abgeben. Die festtägliche Ceremonie, die jeder- mann in die Augen fällt, besteht kürzlich darinnen, daß jeder- mann zum Gedächtniß der bestimmt gewesenen Aufopferung Isaks in den ermeldten drei Tagen eifriger im Gebete ist, Schaafe schlachtet, und solche theils mit feinen Freunden ver- - zehrt, (*) Die Hagar wußte vor der Sara flüchten. Abraham fand erfere an einem Ort, wo es ihr an Waffer gebrach. Er gebietet einer Quelle, die einen schnellen Lauf hatte, und fie wird durch Sand langsamer. – Darauf stellte Abraham an derselbigen Stelle auf grtlichem Befehl einen Tempel bauen. Von einem benachbarten Gebürge wälzen sich Steine von felbsten herunter. Abraham baut davon den Tempel, und das an dem Ort, wo jetzt der Tempel zu Meccg steht. Einige Zeit darnach sollte er feinen Sohn schlachten. Er versteht. fich willig dazu, und wie Hagar davon von dem Teufel benachrichtiget wurde nicht minder. Auch Ismael fchickte fich in dieses Verhängniß gedultig. Jedoch, wie Ahraham das Meffer ansetzte, ungeachtet solches zuvor einen Stein zerstückte, so konnte es doch an dem Knaben seine Gewalt nicht ausüben, und der Engel Gabriel bedeutete Abraham, daß die ganze Sache auf eine bloße Versuchung ankäme, wo- mit fich Gott von feinem Glauben habe versichern wollen, ja das Meffer felbst hat zu Reden angefangen, und gesagt: Gott will nicht haben, daß ich durch den Hals Ismaels dringen soll. Hagar, Abraham und Ismael haben bey die- fer Begebenheit den Teufel mit Steinen vertrieben; diese - Steine liegen noch jetzund zwischen Mecca und Medina in - " verwandelt, weil die Wallfahrter solche mit - - uwerffen neuer Steine jährlich vermehren, u. f. w. A, - „Fe 293 - zehrt, heils Bedürftigen preis giebt; bemittelte Personen greifen fich vorzüglich an, und schlachten viele; arme erscheinen wenig fens mit einem Huhn. - - Vom neunzehnten. Auf den hiesigen Gebürgen giebt es eine große Anzahl Bären, sie heiffen in der persischen Spra- che Chors, und in der türkischen Aju, sie sind kleiner, als die Europäischen, und fehen weiß oder weißgelblich aus: man pflegt sie zahm zu machen, und sie einige Künste u lehren; allein in Betracht derjenigen, die wir der unfrien beyz - bringen wissen, haben sie wenig besonderes. Ich habe nim- mer mehr einen tanzen sehen; ihre vornehmste Geschicklichkeit fchien mir darinn zu bestehen, daß sie sich mit dem Kopf über den Leib zu drehen oder zu burzeln wuten. Die Persianer richten die Schaafe ab, sich unter einander mit ihren Hörnern zu stoffen. Es ist nicht zu beschreiben mit was für einer Wuth ein erhitzter Widder auf den andern los gehet; fie ist aber daraus ersichtlich, daß der Streit nimmer- mehr feine Endschaft erreicht, ohne daß man die streitende Par- tien von einander trennt, oder daß eine von denselben das ihr eben so wenig natürliche als anständige Feuer mit Verlust des Lebens büßet. - Den zwanzigsten besuchte ich den Chan, und hatte Gelegenheit bey demselben eine Art von Kanonen zu fehen, die Nadir Schach aus Indien hieher gebracht hat. Sie haben uns gefähr acht rußische Archinen in der Länge, ihre Oeffnung aber hat kaum einen halben französischen Fuß im Durchmesser. Sie dienen bey diesen morgenländischen Völkern dazu, daß eine der- felben in die Quere gelegt auf zwei Pferde gepackt, und also bey den schmalen Wegen dieser Provinz fortgebracht werden kan. Es follen diese Kanonen ungemein weit reichen; es scheint aber, daß die Persianer mit keiner Art dieses Geschützes gut umzuge- hen wifen. Meine Unterredung mit dem Chan war heute ziem- ich gleichgültig, und sie dauerte auch nur eine kurze Zeit. " Den ein und zwanzigsten, lud er mich abermal zu einem Abendeffen bey fich ein, wobei ich nichts anders anzu- merken finde, als daß die Herren Alianer uns Christen aber- mals im Zeichen weit übertraefn; wenigstens giengen wir gerade nach Hauß, jene aber musten geführt werden. O o 3 ““ Den 294 A, H. „F- Den zwey und wollte mir der Chan ein besonders Vergnügen machen. r nöthigte mich einige Werte von der Stadt in fein Feldlager zu fich, und gedachte mir ei- nen groffen. Theil feiner gewöhnlichen Belustigungen zu zeigen. Es mag nun aber feyn, daß die Anstalten, die er deswegen vorgekehrt hatte, nicht die gehörige Wirckung gehabt hatten, oder daß das eingefallene Regenwetter feinen Absichten entgegen fund. Aus den Lustbarkeiten wurde nichts; der Chan ließ sich nicht einmal sprechen , fondern verschob alles auf den fünf und zwanzigsten; doch hatte ich Gelegenheit heute einige Umstände zu bemerken. Der Ort, wo ich hin beschieden war, befund in einen offenen freien Feld neben einem Dorf Paschan genannt, bey welchem ein Fluß auf gleiche Weise benannt, der in den Ge- bürgen entspringt, und sich unweit Peribasar in den Sinfelischen Meerbusen ergießt, vorbeyströhmt. Die angeführte Benennug des ermeldten Dorfs schreibt sich von einem Persianer her, dem folches zugehörte, und der daselbst wohnte. Man erzehlt von demselben eine Geschichte, die den morgenländischen Geschmack abermal verräth: er soll sich nemlich, in seine eigene Tochter verliebt, und um sein Gewissen zu befriedigen, einen Priester gefragt haben, ob es erlaubt fey, die Frucht eines Baums zu genießen, den man selbst gepflanzt hätte? Nachdem er die Ant- wort mit ja erhalten, in foferne er feinen Fuß verwundete, und kein Blut aus der Wunde hervorquellete, fo foll er sich einen hülzernen verfertiget, denselben zerschnitten, dem Priester gewiesen, daß auf diese Operation rein Blut hervorgekommen, von demselben die Erlaubniß zu der Vollziehung feines Vorha- bens bekommen, und folches darauf wirklich ins Werck gestellet haben. Die Grabstätte dieses Menschen ist unweit des Dorfs befindlich, und vorbeigehende Persianer können sich nicht enthalten, solche durch allerley Arten der Verachtung zu verunehren, ja sie baten uns, da wir vorbey kamen, eben dieselbe durch ausspeyen und hinwerfen der Steine zu erkennen zu geben (*). Der (*) Wann nach der vorhergehenden Note Steine hingeworffen werden, so geschicht es um seinen Muth an dem Teufel zu kühlen. Hier bedeutet es überall eine grosse Verachtung, und ist daher die Sache nicht ohne Connexion. •A, H. „F 295 Der Chan, der mir heute seine Lustbarkeiten öffentlich zeigen wollte, enthielte sich, ungeachtet dieselben aufgeschoben worden, nicht, mir die Ceremonien zu zeigen, in welcher er rei- tet, wann er standesmäßig reiten will. Eine halbe Stunde zu- vor, ehe er aus dem Lager aufbrach, und nach der Stadt zu kommen gedachte, kam ein Courier über den andern, feine be- vorstehende Ankunft zu verkündigen ; so bald er sich aufs Pferd setzte, verdoppelte sich die Anzahl derselben , und der ganze Weg war mit denselben wie besät. Einige Flintenschüffe vor ihm voraus erschien eine andere Anzahl bewaffneter Ritter, die durch ein erschreckliches Geschrey den ganzen Weg über des Chans würkliche Gegenwart ansagten, und dadurch jenen von Menschen und Vieh rein machten. Auf diese Horde folgten 8. Paradepferde, die von einem Kriegsbedienten geführt wurden, auf diese ein paar Läuffer famt dem Kalliansträger; gerade vor dem Chan ritt der Marschall mit feinem Staab voraus , und dann folgte jener mit der bey fich habenden Suite, die je- derzeit aus den vornehmsten bey feinem Hofstatt befindlichen Personen oder aus feinen Bekannten besteht, fo, wie er sich der Stadt näherte, fo befand sich auf beiden Seiten eine große Menge Volks, welches durch viele Verbeugungen des Leibes dem Be- herrscher seine Hochachtung zu erkennen gab: in der Stadt blie- ben die Derwische, deren ich schon erwähnt haben, auch nicht stille, sondern sie erhoben mit lauter Stimme die Thaten des an- kommenden Fürsten, und hieffen ihn willkommen. So prächtig aber dieser Aufzug zu feyn fähien, fo unordentlich war das Ende. Die chanische Begleiter ritten fo harmonisch unter einander, daß ein jeder in der Gefahr fund zu stürzen: wo es ein weni enge zugieng war der Chan selbst nicht ficher. Da man ' an sein Hauß kam, zerstreute sich ein jeder und gieng ohne die geringste Beurlaubung nach Hause. Dies ist nemlich die Art der Persianer zu reiten, wer sich mit seinem Pferd hervordringen kan, der hat mit feinem Pferd ein vorzügliches Ansehen; auf dieses gründet sich ihre be- sondere Liebe zum Pferderennen, das ich heute auch zu sehen be-Pferderen kam. Es soll solches, wie man gleich fehen wird, auch eine, Kriegs-", "er übung vorstellen. - Man erwählt auf freiem Felde einen geräu- Perfer. migen Platz, auf dem wenigstens zwölf in die Wette “ EMs 296 A., § „F- Menschen sich mit einander herumtummeln können. Es ist bei greiflich, daß zu dieser Lustbarkeit die beste Pferde ausgesucht werden. Die Ritter haben alle hölzerne Stäbe, die an dem einen Ende zugespitzt, und an dem andern platt sind. Der Anfang wird nach gegebenen Zeichen gemacht, sie rennen mit einer unglaublichen Behändigkeit, und fast beständig in einer zirkelförmigen Richtung auf dem erwählten Platz unter einander herum, und derjenige, der dem andern fo nahe kommt, daß er ihm mit seinem Stab einem Hieb zu versetzen glaubt, der wirft solchen auf denselben, er mag nun einen Theil des Leibes treffen, welchen er will ; andere , die sich am Rande des Kreises zu Fuß befinden, heben die Stöcke auf, und geben sie ihren Besitzern wieder. So belustigen sich die Persianer viele Stun- den hintereinander, fo üben sich diese in der wahren Kriegskunst unerfahrnen Soldaten, auf eine Art, die sie im Fall der Ex- forderniß bey andern eben so ungeübten gebrauchen können. So aber müffen fiel auch manchmal diese ' scherzende Uebung mit vielem Schaden ja öfters an ihrem Leben büffen, dann die Ge- fahr einer solchen Lustbarkeit erhellet von selbsten. Den drey, und vier und zwanzigsten beschäftigte ich mich unter anhaltendem Regen zu Hause, und den fünf und zwanzigsten nahm ich die Einladung des Chans an, mit ihm abermal nach Baja Chan zu gehen. Es gieng heute und in denen darauf folgenden Tagen, dann ich hielte mich bis zu dem neun und zwanzigsten in Baffa Chan auf, würklich etwas beffer zu: ich bekam zum wenigsten von den persischen Luftbar keiten einen beffern Begriff, als ich zuvor hatte , ohnge- achtet ich eben nicht sagen kan, daß sie denjenigen Eindruck bei mir erregten, den sie bei den Perfern zu wege brachten. Das erste, was ich zu beschreiben habe, ist das Lager selbst, wel- ches das Theater zu diesen Ergößlichkeiten abgab. Der Umfang des Lagers betrug etwan zwo rußische Werte, und die Gezelte waren auf demselben, als einem freien offenen, mit zwei Bächen durchströhmten Platz, aufgespannt. In den Zelten felbst beob- achtete man keine Ordnung: sie waren weder in gewisse Reihen #" noch auch sonsten auf eine andre Art regelmäßig ange- racht. Das fahe man wohl, daß der Ort, wo dasjenige fund, in welchem sich der Chan aufhielte, von andern Gezelten in sei - - - - Net A, P. „Es 29y wer nächsten Nachbarschaft befreit blieb, und daß diejenige, die des Chans feinem am Verwandtesten waren, nur von den Vornehmsten, nur von Lieblingen bewohnt wurden. Unter denselben “ mir eines““ Gesellschaft angewiesen, welches uns alle, indem es ziemlich geraumig war, aufnehmen konnte. Die Gezelte des Chans und der Vernehmen insgemein “- Känglicht, und werden von zwei oder drei Stangen unterstützt, Die auswendige Seite ist von feinerem oder groberem Katum, und die inwendige mit seidenen und wollenen Zeugen bedekt. Auf der Erde sind verschiedene Teppiche von größerem oder ge- ringerm Werth ausgebreitet, und an den Seiten liegen mit Blumen durchgewürckte Filze, auf welchen sich die Perfer nie- derzusetzen pflegen. Größere Zelte waren in zwei oder mehrene Zimmer vermittelt eigener Vorhänge abgerheit. Nächst dem Zelte des Chans und der Vornehmen fahe man auch einige in die Erde gegrabene Löcher, die mit Laken und Kattun bedek waren , um daselbst feine Nothdurft verrichten zu können. Des Chans Zelt unterschied sich von andern nur darinnen, daß es größer, und an seinem obersten Theil sowohl, als an feinen Seiten mit Taftwerk besetzt war, worauf ausgeschnitzte Blu- einen angebracht waren. Ueber der Mitte des obersten Theils, da nemlich, wo er sich niedersetzte, hieng ein mit Dammast ü- berzogener Baldachin. An jeder Seite des Zelts fahe ich auch einen kleinen Gang, vermittelt werfen die Bediente rings um das Zelt herum gehen konnten. Der vordere Theil der Gezelte ist durchgängig offen; jedoch weil die Witterung nicht die aller- angenehmste war, so wurden Mangallen in die meiste Zelte gesetzt; Mangallen aber findeiserne, kupferne oder metallene Krappen, die mit glühenden abgerauchten Holzkohlen angefüllet werden, um dadurch ei- nige Wärme zu erhalten; diejenige mögen meinetwegen einen Nutzen davon haben, die ein offenes Feuer ohne den Durchzug eines Kamins in der Nähe lieben, oder die fich auch bei der Empfindung des Dunstes unempfindlich befinden. Endlich merke ich noch an, daß die Zelte geringerer Personen nicht alle dreieckige, sondern auch von verschiedener Gestalt und meistens nicht beffer waren, als die Zelte unserer Soldaten. In diesem von mir beschriebe- nen Lager, in welchem sich der Chan mit dem Kern des Gilani- fchen Adels aufhielte, sollte man nun nichts anders als ein fitt- fames Bezeugen aller Anwesenden erwarten; allein, so wie schon Dritter Theil. Pºp - die ä98 K, Ş. „H- die Einrichtung bey den Gezelten unordentlich war, so ging auch alles andere unordentlich zu. Und in dieser Unordnung be- fund eben das Vergnügen der Perfer. Einige ritten fo rasend unter einander, daß man aufferhalb feinem Gezelt befindlich, alle Augenblicke Gefahr lief, an einem Theil seines Leibes ge- fährlich verletzt zu werden. Wirklich wurden auch bei dieser Ge- legenheit ein paar junge Leute zu tode niedergeritten. Andere machten in der Ruhe denkenden Menschen durch ein entsetzliches Lärmen ihre Zeit so beschwehrlich, daß sie ihr Vergnügen lieber an einen andern Ort gefucht hätten, als hier: wiederum einige übten fich im Schieffen, oder schoffen mit Pfeilen nach dem Ziel, da es inzwischen auch in den Gezelten eben nicht allzu still hergieng, fondern in denselben unter dem Klang verschiedener Persianische musikalischer Infrumenten tapfer herum getrunken wurde. Bey F"“ der Musik des Chans will ich mich ein wenig aufhalten. So, wie bei uns das Gehör verschiedene Empfindungen liebt , also findet auch das Perfianische einen Geschmack daran, und der erfinderische Befriedigungsgeist unferer Leidenschaften hat auch bey diefer Nation Schatmenen, Posaunen, Violinen, Pandu- ren, Harffen, Pauken, Pfeiffen und dergleichen ausgedacht. Je nachdem nun die Art der Lustbarkeit ist, nachdem erwählt man sich auch diese oder jene Art von musikalischen Instrumenten. Ramantfhin ist diejenige Art von perfischen Violinen, die mit drey oder vier Saiten bezogen ist, die auf einem langen, fähma- len und fast kegelförmig gestalteten, auf beiden Seiten mit Schrauben, deren Anzahl fich nach der Anzahl der Saiten richtet, ver- fehenen Körper befestiget find. Der Resonanzboden ist rund, drey oder vier Querfinger breit, und mit einem häutigen Fleck überzogen. Un- ken endigt erfich entweder mit keiner Spitze, oder er lauft in einem metallenen Stift aus, Man streicht ' Instrument mit ei- nem Bogen von Pferdehaaren, und indem man auf demselben spiele, ruht der Resonaßboden auf der Erde, wie eine Viola di Gamba auf. Tftbefesde, eine Art von Panduren, welche aus vielen meßingenen Drathfiten besteht, von welchen die zwo nächste immer einerley Ton haben; fie wird, wann man auf derselben spielt, mit den Fingern geriffen. Von Harffen ist eine Gattung, welche Tschie heißt. Sie ist einem stumpfen Tri- angel ähnlich, besteht aus fechs Saiten, und man spielt auf derselben auch mit den Fingern: eine andere ist es, die viele - - Saiten, - A, § „Fs 299 Saiten, aber eine ungleiche viereckigte Gestalt hat, und mit be- fonders dazu verfertigten Stöcken gestrichen wird, fast eben das felbe Instrument, so man im rußischen Zimbal heißt. Gur- nai oder Schalmeien, den umstrigen vollkommen ähnlich, fowohl der Gestalt als dem Ton nach. Sinfähi, wirkliche türkische metallene Becken, die wie groffe Tischschüffeln aussehen, und aneinander angestoffen werden, daß sie einen schwirrenden Schall geben. Dieses find die eigentliche perfische Musik-Instrumente, mit denen sich die Musikanten in den Häusern hören laffen, und die ich bei dieser Gelegenheit alle insgesammt bey Hedaet Chan angetroffen habe. Zwischen und unter denselben lieffen sich auch öfters die Pauken hören. ... Sie heiffen in der Landsprache Mla- garn, und find beständig Paarweise, aus Kupfer gemacht, mit Leder überzogen und fest mit einander verbunden, auf denen ein Mensch mit Stöcken spielt. Posaunen, entweder gerade oder gekrümmte von unbestimmter Länge, und eben so von einem unbestimmten Umfang der Mündung. Auf diesen spielt man morgens die Reveille und abends den Zapfenstreich. Sie gehö- tren zur Feldmusik, und zu ihnen gesellt sich eine einzelne große metallene Pauke, die sich nur mit ihrer Größe und pompofen Klang von den bereits angeführten gedoppelten kleinen unter- scheidet. Alle Pfeiffengattungen find entweder unsern Pfeiffen, oder zum höchsten der Flötedouse ähnlich. Auf der 29sten Platte habe ich einige persianische Musik - Instrumenten abgezeich- net, und derselben eine kurze Erklärung beigefügt. Es giebt übrigens noch mehrere Arten von allerley musikalischen Werkzeu- gen, die ich zu Gesicht bekommen habe; allein die angezeigten mögen genug feyn, meinen Lesern einen Begriff von der pers- fchen Musik benzubringen; und ich erinnere nur noch, daß die- felbe nach der Beschaffenheit eines Liebhabers der Musik, mehr oder weniger kostbar verarbeitet, und in dem leztern Fall manch- mal mit Perlenmutter, mit Silber, Gold und Edelgesteinen aus- gelegt find: Ferner, daß die Musik nimmermehr errhöne, wo nicht die Sänger ihre Stimme gleichfalls erheben; daß es dabei auch fehr oft zu einem Tanz komt, daß bey diesem Tanz aber weder ein deutscher noch französischer Geschmack herrsche, sondern daß diejenige, die sich damit sehen laffen, nur darauf bedacht feyn, wie sie mit den wunderlichsten Wendungen und Drehungen ihres Leibes die Gewalt der Musik ausdrücken mögen; daher es dann P p 2 fomt, - - - zoo A, H „F- kommt, daß sie sich bald rückwärts beugen, bald mit den ausge- streckten Armen vorwärts auf die Erde nieder fallen, öfters auch die Hände über den Kopf zusammen schlagen, bis sie auf ein- mal durch einen andern Gegenstand der Musik wieder in die heftigste Bewegungen gerathen, sich in Wirbeln herum drehen, und sogar mit dem Kopf über den Leib stürzen, wobey dann auch das Händeklatschen nicht vergeffen wird; und endlich erin- nere ich noch, welches aber beinahe überflüßig ist, daß nur Mannsperfonen unter einander tanzen, das schöne Geschlecht aber von diesem Vergnügen vermuthlich zu feinem Verdruß, und ge- wiß zur Unzufriedenheit europäischer Gäste, wie überall, also auch beim Tanz ausgeschlossen bleibt. Täglich wurde in dem Lager gejagt und gefischt. Nur der Chan selber gieng nicht auf die Jagt, sondern bereits ge- hetzte Schweine wurden von den Jägern lebendig in das Lager gebracht, und dafelbst mit Spielffen getödter. Die Fischerey gieng gleichfalls ganz natürlich zu, ohne dabey viele Mühe an- Menschen- kampf. zuwenden, und nichts destoweniger konnte man versichert sein, man würde Fische genug bekommen. Der Fluß Paffachan memlich war ein paar Tage zuvor verdämmt worden, und diese Anstalt schloß also die Fische, wie in einen Kerker, ein. Würk- lich zoge man nach und nach viele tausende, theils mit Netzen und theils mit Haken, heraus: es waren aber meistentheils nur Äutume. Der Chan ließ mich auch etliche mal einen Zuschauer von Menschen kämpfen abgeben. Besonders in Schlägereyen ge- übte schlancke Kerls zogen sich, einige bedekgebliebene Theile ausgenommen, ganz nakend aus, und erschienen in diesem Zu- fand bey dem vorderen Theil des chanischen Zeits, um den Grad ihrer Stärke und die Größe ihrer List an einander zu versuchen. Ein jeder gab auf die Stellungen und Bewegungen des andern Achtung, und wann er eine vortheilhafte Lage ersehen zu haben vermennte, fo bediente er sich fotcher, da inzwischen eben diesel- be ein ihm gelegter Fallstrick gewesen war, und er sich nur glücklich schätzen konnte, wann er fich felbsten noch in Zeiten aus der Schlinge ziehen konnte, die er für feinem Widersacher bereitet hatte. Und so bestand im Anfang bei allen ihre vor- nehmste Kunst darinnen, daß sie durch verführische Stellungen ihres Leibes und der Glieder desselben, nur zu einem Handge- •z, S- „s- zor menge Gelegenheit geben wollten, zu welchem fie sich schon vor bereitet hatten; bis endlich die größere List eines geübtern oder eine be- gangene Unvorsichtigkeit des andern durch die Stärke den Sieg be- stimmte, welchen derjenige davon trug, der den andern zu Bo- den geworfen hatte, strittig aber wurde wenn beide zugleich fielen. Die Sieger wurden von dem Chan beschenkt. "Ich mußte würklich unter einigen die besonders schlaue Anschläge so wohl, als die verfähiedenen Stellungen des Leibes bewundern, in welche sich zu schicken diese Maschine gezwungen wurde, um die Absicht der Kämpfer zu erfüllen. Ich bin zwar keineswegs ge- fonnen, ihre Geschicklichkeit mit den römischen Kämpfen zu ver- gleichen, aber diese Anmerkung zu machen kam ich nicht um- hin, wie groß die Aehnlichkeit des altrußischen und des perf- schen Geschmacks bey. Betrachtung vieler Umstände, die man mit einer auf mein Tagebuch nur gering verwandten Aufmerk- famkeit bemerken kan, wie groß sage ich diese Aehnlichkeit fey, und um wie viel lebhafter sie in die Augen fallen müßte, wann man sich bemühen wollte, einen Blick auf die Verfaffung in Rußland zu werffen, die vor der Regierung des Zars Iwan Wasiljewitsch noch statt gefunden hat? Der Chan hatte auch einen Seiltänzer bei sich, aber ich finde es gar nicht der Mühe werth, feiner Künste zu er- wähnen. Nachdem ich mich in dem Lager bis zur Unlust auf gehalten hatte, fo beurlaubte ich mich von meinem freundschaft- ichen Wirth, dankte ihm für diese neue Probe seiner Gütigkeit, und reiste mit meiner Gesellschaft nach Räscht zurück, da jener erst ein paar Tage darauf in der Stadt ankam. Den ersten April. Die linke Seite ist bei den Per- fern die Ehrenfrite. Wann sich zween Perfer auf der Strafe begegnen, so begrüßt derjenige den, welchen er zuerst zu fehen bekommt, mit dem Wort Salamalik, welches so viel, als alles Heil, bedeutet. Dieser antwortet als dann auf eben dieselbe weise, oder er dreht das Wort um, und fügt Alikalam. Waun zween Bekannte einander lange nicht gesehen haben, so geben sich beyde die Hände, also, daß sie solche der Länge nach in einander legen, küssen sich mit einander ein oder zwey mal, und nachdem sie die Hände wieder auseinander gelassen, und -- P p 3 EU- 30 SA, H. „FS einjeder die rechte an Mund und Stirne gelegt hat, brechen fie in folgende Complimente aus: Tsaksen, Danaimefchochdur, Reffitischochder, d. i. bist du Gefund, wie steht es um deine Gesundheit, und wie befindest du dich? Wann sie sich in ihren Häusern besuchen, so begrüßt der ankommende Gast den Wirth - auf obengedachte Art, und dieser beantwortet den Gruß auf türkisch Chochgeldi, Safageldi, und auf persisch mit Cho- fhammadi, Saffaamadi, d. i. fey willkommen! Bey dem Weggehen schweigt der Gast gemeiniglich stille, und der Wirth wiederhohlt die eben angeführte Complimente. Wann die Perser einem von einer andern Religion begegnen, oder zu ihm ins Hauß kommen, so begrüßen sie ihn nicht mit Salamalik, fon- dern mit Allafenglafinn, welches so viel fagen soll, als: Gott bewahre dich: und dieser antwortet mit Saloofen, d. i.- ich bedanke mich. Nachricht Vom zweyten April. Einen besondren Wurm fand von einem ich heute in einem neben meiner Wohnung befindlichen fiehen- besondern den Sumpf, bald in einer Länge von etlichen Ellen, und bald Wurm, in einer geringern. Dem äußeren Ansehen nach hat er die Gestalt des Bindelwurms, und wirklich mit dem Meffer oder mit der Hand in größere oder kleinere Theile abgesondert, wächst eine jede Absonderung, wie bey den Polypen, wiederum zu einem neuen Thier an. Aber er ist mit keinen Quer-Einfähitten versehen. Er ist nicht gelenkt. Der Körper ist frey, weder rund noch platt, von einer gallerten Substanz, und dabey durchsichtig wie Krystall, fo, daß der Wurm beständig aus den Händen glitscht, wann man ihn nicht recht zu faffen be- kommt. Er hat ferner keine Ströffen und ist inwendig seiner ganzen Länge nach mit schwarzen, runden, glänzenden, bewegt lichen, einfachen und gedoppelten Körperchen angefüllt Son- fen fällt die Farbe ins blaßgelbe. Jederzeit fand ich ihn nach- gehends fowohl auf der anzeigten Stelle, als andern Orten in ganzen schnekenförmig zusammengerollten Klumpen bey einander versammlet. Wann die Sümpfe durch die Sonnenhitze ver- trockneten, war von diesen Würmern keine Spuhr anzutreffen, fobald aber Regen einfiel, sobald erschienen sie so häufig als zuvor. (S. Pl. 30.) - - - - Vom - •A, „F- 303 Vom dritten bis zum zehnten April. In diesen „ . Tagen botanisierte ich in der Nachbarschaft von Räscht. Ohne # mich weder von meinem Zweck zu entfernen, noch auch meine #", weitläufigere Geschichte von den persischen Pflanzen zu enterben, gen. - rücke ich hier folgende Warnehmungen ein. Eine neue Gattung vom Sisymbrio, der ich den Nahmen Sisymbrium fimpli- cifimun gebe, und die ich auf der 31ften Platte Nr. 1. ab- bilde foll den Anfang machen. Man kan sie entweder unter die- jenige Ordnung nach dem Schwedischen Ritter bringen, welche ganze Blätter, oder auch unter diejenige, welche einen entblößten Stiel haben. Mit der Eruca hrfuta floribus albis, Bocc. Muf. 2 p. 84. t. 80 hat sie viele Aehnlichkeit. Folia radi- ealia houa a , liliato - ifpida , numerosa in orbem pofita , petiolata; Caulina felsilia, rara, vtrisque integerrimis. Flores et filiquae, quae aliquantum incuruatae, alternae. Caulis in- fra hipidus, fuperne glaber. Potala alba. Eine besondre Art von Scandix ist es, dem ich den Tri- vial-Nahmen von ihrem Vaterland ertheile. - Scandix gilanica. A ( S. Pl. 31. Nr. 2. ) Die Pflanze hat eine dicke, in die Quer lauffende, durch viele zirkelförmige Runzeln ungleiche, und in zwei oder drey vor andern beträchtliche Aete abgefonderte Wurzel, welche fich wiederum in andere kleinere, mit Fafern verfehene spaltet. Aus- we dig ist, fie gelb, und inwendig weiß. Sie hat einen süffen den gelben Rüben ähnlichen Geschmack, und ich glaube daher, daß sie zum Effen gar gut tauglich feyn wird. Aus dieser Wurzel steigen eine, zwey und mehrere Stiele in die Höhe, die glatt, grünlich roth, an ihrer Grundlage ungemein dick und ge- krümmt, hernach aber etwas mehr aufrecht find, doch fo, daß fie niemalen ganz gerad werden. Diese Stiele find ferner ihrer ganzen Länge nach gestreift, und in viele Aefe geheilt, die wie die Stiele gebildet sind, und fich abermal in andere kleine Aleste absondern. Folia chaerefoli petiolata, bafi fipulata , tripin- nata, pinnulie oblongis, obtufis, integris. Vmbelas laterales - - tere J04 «A, H „F- terminalesque, pedunculatae, radiorum circiter decem. Inus- Luerum vniuerfalls nullum: partials tetraphillum, Foliblis ob- logis, acuts, patentibus. Die am radio befindliche Blumen sind gemeinglich unfruchtbar. Die Saamen länglich befielt, gefurcht und glatt. Mit gutem Grund hat der Herr v. Lime die Caucalis aruerfis latifolia, B. in der neuesten Ausgabe seines Naturfs zu der caucalis gebracht, dann die Tellerblumen sind ja ey derselben männlich. Ich ergänze mit folgender Beschreibung ihre ganze Geschichte. Ihr Stiel ist unten einen Daum dick roch, oben ältig und grün, feiner ganzen Länge nach glatt und tief gefurcht. Falia pinnata, parium 2. et 3. pinuir mauscu- lis, oblongis, ferratis, non nunquam vnum ex lateralbus bifi- äum. Die Pflanze liebt trockene und sandigte Pläße zu ihren Auffenthalt, sie blühet den ganzen Frühling über bis in die Mitte des Sommers; man findt sie auch an den Landfraffen und den trokenften Hügeln. - Man weiß schon lang, daß Persien die Heimath der Syringen fey: von derjenigen Art zwar, welche Puknet unter dem Nahmen Syringa Babylonica indiaf den foribar Folie, bekannt gemacht hat, scheint der Schwedische Ritter noch nicht vollkommen überzeugt zu feyn; da ich fiel aber, an der südwest- Mchen Küste der caspischen See eben so häufig, als die gemeine angetroffen habe, so ist mirs lieb, daß ich ihm feinen Zweiffel hiemit vollkommen benehmen kam. Jedoch in diesen Tagen wurde mir noch eine andere Gartung von diesem Geschlecht be- kannt, die den übrigen an Schönheit nichts nachgiebt, und von der ich vermuthe, daß sie noch nicht beschrieben sey. Syringa capitata. ( S. Pl. 32. n. 1.) Die Staude ist ohne Stacheln, entweder so hoch als die persische Syringe, oder größer und in zahlreiche, verlängerte, gerade, wechselsweise geordnete, oder ein ander entgegen gesetzte Aefe geheilt. Die Blätter, die solche bekleiden, find in gan- zen Büscheln bei einander versammelt, entweder an beiden - N, F - 305 k, - Seiten derselben befestiger, oder nur an der einen, wiederum entweder wechselsweise geordnet oder einander entgegen gesetzt. Die untern find pinnata und bestehen aus zwei oder drey Paa- ren fammt einem ungleichen; die pinnae find länglicht, stumpf, ganz und flieffen gegen ihrer Endung gemeiniglich zusammen: Die obern Blätter sind entweder dreifach oder einfach, eyför- mig, ganz, oder ungleich gespalten. An den Spitzen der Aete fizen auf beiden Seiten und in einer genugfamen Entfernung von einander, aber dennoch in einer groffen Anzahl die Capi- tula der Bluthmen, die sich manchmal in eine traubenförmige Aehre verlängern. Der Kelch ist ganz klein, wie ein Becher gestaltet, einblättericht, und hat eine vierfach gezähnte Mündung. Die Corola ist trichterförmig, ihre Röhre sehr lang, und ihr Saum in vier länglichte zurückgeschlagene Einschnitte gespalten. Die Geburtstheile beiderlei Geschlechts verhalten sich wie bey den andern Gattungen. Die Saamen - Kapseln find inwendig in zwei Fächer abgesondert, und in einem jedweden Fach ist ein Saamen enthalten. Die Farbe der Bluhmen fällt von dem Himmelblauen ins röhliche; der Geruch, den sie von sich ge- ben, ist überaus angenehm. Ueberhaupt verdient diese Staude in den europäischen Gärten einen vorzüglichen Platz, auch aus dem Grunde, weil sie im Frühling und im Herbst blüher. In der türkischen Sprache so wohl, als in der persischen führt sie den Nahmen Jaffnnan. Sollte jemand denken, daß sie nichts anders als eine Spielart der Syringa perfica des Hrn. v. Linne fey, und zwar Syringa foliir lanceolativ integri df fisput, so antworte ich, daß die angegebene Kennzeichen und insbesondere die Beschaffenheit der Blätter als etwas beständiges von mir bemerkt worden, und daß mir die Varietät, von welcher eben jetzt die Rede war, mit der Syringa des Pluknets folis integris, gleich häufig vorgekommen fey, ohne daß ich an einer oder der andern jemals geflügelte Blätter hätte entdecken können. - - Silene oppositi folia. - - - " ( S. Pl. 32. 2. ) Die Wurzel ist fasericht, weiß und zart. Von dersel- ben erheben sich viele halb auf der Erde liegende, einen halben Dritter Theil, Q q A Fuß 36- •A, - „F- - Fuß und darüber lange, einfache und etwas wolkichte Stiele, Die Blätter sind einander entgegen gesetzt, und die Paare der feben, einen Zoll mehr oder weniger, unter sich abgesondert Sie find Linien- Lanzenförmig, ohne einen besondern Stiel an dem allgemeinen feste, wollicht, und diese Wolle nimmt mit dem Alter der Pflanze zu. Nach der Linneichen Einheilung des Silenen - Geschlechts kam man diese Gattung sowohl unter dieje- nige Ordnung rechnen, die solche Pflanzen enthält, die einzelne Seitenbluhmen tragen, als auch unter diejenige, bei denen fie aus der Spaltung des Stiels hervorkommen: dann dieser letztere Fall findet statt, und die Bluhmenträger sind einzeln, verlängert, und etwas haarigt. Der Kelch ist länglicht, halbroth und halbgrün, Venofo reticulatus, unten verdikt und ungemein haa- rigt, oben iu fünf länglichte, und bei ihrer Endung zurückge- schlagene Einschnitte geheilt, die so groß als die vngues" find. Die Bluhme besteht aus fünf, hübsch rochen, zweifach gespal-, tenen Bluhmenblättgen, und eine jede Abtheilung derselben ist: vermittelt einer kleinen Krone ausgezakt. Zehen haarförmige Staubfäden haben die Länge der vnguium. Der Eyerstock ist cylindrisch, die drei Stiele sind so lang, als die Staubfä- "T Stigmata fimplicia, capitata. Fruäur calycini, Erect. Sie wächst auf allen fandigten Stellen der Previnz G- lan, und blüht, mit dem Acker- Ehrenpreiß (veronica aruensis) und verschiedenen Gattungen des Storchschnabels (geranium) zusammen. - Auch habe ich Gelegenheit gehabt, einige besondere Wicken-Gattungen zu beobachten. - Vicia clymenum. ( S. Pl. 33. 1.) - - Diese Pflanze ist gleichsam ein Mittelding zwischen dem Lathyro clymenum und der vicia fatius, mit der letztern aber hat ' noch mehrere Aehnlichkeit, nicht nur vermöge des Characters, ondern auch der Gestalt nach: Ja, ich würde sie würklich für dieselbige halten, wo nicht ihre Bluhmen sowohl, als ihre Scho- ten mit Stielen versehen wären. Diese Stiele tragen bald eine, - - - und - - - - - - - Sey - und bald zwo Bluhmen, und nach dem Verhältnis der Bluhmen richtet sich die Anzahl der Schoten. Aber die Blätter und die tipuln find eben diejenige, mit welchen die Vicia fatiua ver- fehen ist. Die Bluhnen haben bald eine bläulichte, und bald eine gelbe Farbe. Die Schoten sind haarigt. - Die Pflanze wächst mit der vorigen zusammen. Vicia existipulata. (S. p. 33. 2.) Ein sehr niedliches Gewächse, welches Aehnlichkeit hat mit der Vicia pedunculis vnifloris, floribus laxis folis ouatis, infra glaucis, ' Sib. III. p. 1 t. t. 3. aber in andern Eigen- fchaften ganz und gar von derselben abgehet. Es befizt solches eine dünne, weißlicht gelbe, und faserichte Wurzel, deren Aeste auf beiden Seiten mit augentreibenden Knoten versehen find. Die Stiele erreichen felten die Höhe eines Fuffs, sie find rund, und wie die ganze Pflanze, glatt. Die Blätter haben keinen besondren Stiel, fiel find einander entgegen gesetzt, fallen von der Herzgestalt in die nierenförmige, führen an ihrer Grundlage auf beiden Seiten deutlich hersen Zähne, und lauffen in eine zugespitzte Endung aus. Sechs bis vierzehn Paare von denselben sind gemeiniglich an den Stielen befestiget, und fast zwischen einem jeden Paar bedbachtet man Cirrhos. Die Bluh- men endigen die Stiele; fie find mit groffen Trägern versehen, einzeln und gelb. Der Kelch dift einblätterig, in fünf lanzen- förmige, gleiche und spitzige Einschnitte gespalten; die Fahne ist oberhalb zurückgeschlagen, und auf beiden Kanten wie ein Schifboden gebildet; die Flügel sind um ein Drittel kleiner, als die Fahne, und an den Seiten zurückgeschlagen. Die Carina ist ungemein gewölbt, und vorwärts zurückgebogen. Die Staub- fäden sind zweybrüdericht, das Stigma bartigt, und die Schoten glatt. - Ich habe diese Pflanze mit der vorigen zu gleicher Zeit, und auf einerlei Stellen angetroffen. Q q a Ifatis Mo- . - - 1ätis Lusitanica Buxb. Cent. I. T. V. Ich ergänze die kurze Beschreibung des Buxbaums mit folgender Anmerkung. Die Wurzelblätter sind breit, lanzenförmig, ausgesäget, und rings um die Wurzel geordnet. Von denselben drückt die buxbaumnische Abbildung gar nichts aus. Die an dem Stiel befindliche Blätter sind wie ein Spieß gestaltet, und an folchem ohne einen eigenen Stiel, festes an den untern, welche ungemein wollicht aussehen, bemerkt man von ihrer Mitte an deutliche Zähne. Die obere hingegen find ganz und glatt; welches gedoppelten Umstandes, Buxbaum aber- mal in seiner Zeichnung nicht gedenket, aber die wechselsweise Ordnung der Blätter und den Bluhmenkamm hat er schön vor- gestellt. In den persischen Individuen find die Bluhmen weiß. Die Pflanze wächst in der Nähe der See, und ist mit einer fafrichten, senkrechten , zarten und gelben Wurzel versehen, Sakix excellä. ( S. Pl. 34- Is ) - Der Baum wächst ungemein hoch, ist mit einer asch- farbenen Rinde überzogen, und spaltet sich in viele Aleste, die wechselsweise geordnet find, und eine Leberfarbe haben. Die Knospen bestehen aus einer Klappe, find länglicht, frohfarben, oberhalb gekrümmt, und zugespitzt. Die zwischen ihnen befindliche Blätter führen keinen deutlichen Stiel, haben eine länglichte, ey- erförmige Gestalt, und find zugespitzt: die untern sind, ganz, die obere fehr oft gefäget, beyde auf ihrer untern Fläche wollicht, auf der obern, aber glänzend und schimmelfarben. Die Bluhmenkäzchen entspringen aus eben diesen Knospen mitten zwischen den Blät- ern, sie haben eine herabhangende Lage, find ährenförmig, und mit eigenen Stielen versehen. An Staubfäden gebe es der Anzahl nach zwey. Der Baum wächst im Sande. Salis z, I - 3és Salix Babylonica. ( S. p. 34. 2. - - - - - - - Ist jemalen ein Baum, der von auffen - ein wunderli- ches Ansehen hat, so ist es dieser. Seine Blätter find eyer- tanzenförmig, scharf eingefägt, ganz glatt, mit einer weißen Rippe versehen, und mit einer länglichten Borste geendiger. Seine purpurfarbene Aefe find so schlapp, daß sie von defen obersten Gipfel, ( und er hat eine fehr ansehnlicher Höhe), bis auf die Erde zu einer nicht geringen Belustigung herunter han- gen. Die Stipulae find klein, und rund: statt derselben be- merkt man auch öfters nur eine Drüse in der Gestalt eines Punkts: Die Blätter-Stiele alle beobachten unter sich eine wechselsweise Ordnung, und fie haben, so wie die Aete, eine abhangende Lage. Auch die Blätter find wechselsweise geordnet, und führen keine eigene kleine besondere Stiele. Die Knospen bestehen wie bei der vorigen, aus einer einzigen Klappe, fie find etwas verbreitet, und aus ihnen entspringen gleichfalls die Bluhmenzäpfgen. Dieser Baum, der nicht nur jetzund, fondern auch schon im Märzen blühete, gehört unter die feltene gilani- # Weidenarten, wird von den Innwohnern wegen einer Ge- alt vor andern geliebt, und von ihnen in ihre Gärten oder auch wohl auf ihre Haußhöfe verpflanzt. - Der traubenförmige Hyarinthe (Hyacinthus Botryoides), der haarigte (como (ns) und der Hyacinthus oblongo flore, caeruleus maior, Bauh. pin. 43, blüheten in schattichten G- senden. - - Cucubalus procumbens. Die Pflanze druckt den Charakter dieses Geschlechts voll- kommen aus, und sie hat Aehnlichkeiten mit dem Curubalo Co- tholico und mollissimo des Hrn. v. Linne; aber mit der Alfine media des Bauhins kommt sie so genau überein, daß ich gar vermuthe, fie fey aus derselben vermittelt einer Begat- ung, mit dieser oder jener Gattung vom Cucubalus» ent- fanden, - Ql q 3 Die 20 A, - „FP Die ganze Pflanze ist haarigt und wollicht, sie legt sich mit ihren Stielen auf die Erde nieder, wird eine Hand und felten einen Fuß lang und ist mit einer überaus zarten, faserich- ten und jährigen Wurzel versehen. Die Stiele find rund, rün, oder grünröthlich, und oberhalb in zwei Theile gespalten. ie Blätter haben keine eigene besondere, sind einander entges gen gesetzt, stehen in groffen. Zwischenräumen, besonders nach oben zu, unter sich ab, sind in der Mitte mit einer tief auf fenden Rippe versehen, an ihrer Spitze stumpf und ausgeran- det, an ihrem Rand aber mit kleinen Haaren besetzt. Forte in panicula dichotoma disposite , fingulis ad vltimam di- visuram vsque pedcellatis. Die Bluhmenblättgen sind weiß, und haben eine zweifach gespaltene Spitze: Die Staubfänden nur halb so groß, als die Bluhmenblättgen, und die drei Stiele find von ihrer Größe. Die Kapseln sind inwendig in drei Fächer abgesondert, und enthalten zahlreiche und runde Saamen, Die Pflanze wächst auf steinigten unfruchtbaren Stellen- Loeflingia Capica. ( S. Pl. 35. r. ) Die Pflanze liegt gänzlich auf der Erde nieder, noch mehr als diejenige Gattung, die zu diesem Geschlechts-Nahmen Gelegenheit gegeben hat, fie ist aber ganz glatt, und wächst Büschel weise. Sie hat eine weiße senkrechte, hin und wieder zaferigte, und knotigte Wurzel. Ihre zahlreiche Stiele find ungefehr einer Hand hoch, ungemein ältig, und kriechen auf der Erde. Die Aefe find wechselsweise geordnet, und ihrer ganzen Länge nach mit den Blättgen wie befäet. Diese haben eine länglich eyerförmige Gestalt, find halb wirbelförmig, an ihrem Rand kaum etwas haarigt, und verlieren sich bei ihrer untern Endung in die Blätterstiele. Auch die Bluhmen find dicht bey einander versammler, mit ihren eigenen Trägern ver- fehen, und fo klein, daß sie kaum ins Gesicht fallen. Der Kelch wird in fünf lanzenförmige, zugespitzt, und inwendig auf beiden Seiten weiß ausgerandete Einschnitte gespalten. Die fünf Bluhmenblättgen find vnguiculata, und um die Hälfte kleiner, als die Einschnitte des Kelchs. Hingegen ken, rey - •R, - „F- 3er drey Staubfäden die Länge von denselben, ihre Spitzen aber sind gelb, und in zween Theile merklich abgesondert. Der Byerstock ist dreywinklicht, und hat eine Herz-Nierenförmige Ge- falt. Kaum entdekt man eine Spur vom Stiel; das Stigma ' ' Captatum. Die Saamen find länglich, eyförmig und "EC). Diese Pflanze wächst sowohl am Ufer der Caspischen See, als in einer mehr oder wenigern Entfernung von demselben, aber nirgends als auf fandigten Stellen. Sie blüht den ganzen April über. Scdum Stoloniferum. ( S. Pl. 35. 2. ) Es hat diese Pflanze eine ungemein dünne und faserichte Wurzel. Ihre, eine Hand und einen Fuß hohe, Stiele krie- chen über der Erde, sind mit vielen Nebenschoffen versehen, roch, ihrer ganzen Länge nach durch Quer-Einschnitte gleichsam geheilt, und blos. Erst an ihrem Gipfel kommen die Blätter zum vorschein. Sie find halb keilförmig, büschelweise, hohl, und unmerklich gezähnt. Cyma feffilis terminalis, folioia. Die Bluthmen sind Purpurfarben, der Kelch fünfblättericht, und die Blättgen desselben länglicht, stumpf, longitudine petalorum. Die fünf Bluhnen Blättgen find Lanzenförmig und zugespitzt. Das Kraut wächst auf den Mauren von Gillan, und auf steinigten Hügeln. • Vom vierzehnten. Heute wurde eine Exeurfion nach dem Caspischen Wege veranstaltet. Similar China, welcher Pflanze ich schon zu Anfange dieses Theils erwehnt habe, zeigte bereits ihre Bluhmen, und sie bestätigten den Linneanischen Cha- rakter vollkommen. Die Persianer nennen dieses Gewächs Volasbur, die Türken und Armenier Schabaschi. Diese morgenländische Völker aber alle bedienen sich der neu hervor. kommenden Sprösslinge derselben, wie wir Europäer der Spargeln Eine neue Gattung von dem Geschlecht der Birnen war in ih- rer vollkommenen Blüthe, und unterscheidet sich von allen an- dern darinn, daß sie gleich einer Mespel fachlicht war, é" 6-s 32 459 dieser eine andere Stelle, und Mahumed Chan erhielt, dem Versprechen zufolge, des andern feine, anfänglich zwar, daß ihm ein Serdar Alichan als Gehülffe beigesetzt wurde, der aber bald darauf wieder feine Entlaffung erhielt. Mahumed Chan regiert gegenwärtig etwas über 8. Mahumer Jahre. Er hat noch drei Brüder am Leben, von welchen der-ban- jenige, der ihn am Alter übertrif, Alasker Beg heißt, der an- dere, der nach ihm im Alter folger, den Nahmen Dschand- fchani Beg führt, und der dritte Alinagi Chan genennt wird. Die beiden ersten halten sich beständig bei ihrem Bruder in Mafänderan auf, und der letzte lebt als Geisel bey Kerim Chan. Auffer diesen drei Brüdern hat er noch fehr viele An- verwandten, die ihm seine vielfältige Ehen verschaft haben. Er ist etwa 54. Jahr alt. In seiner Regierung verfährt er sehr freng, und feine Unterthanen sind mit ihm durchaus nicht zu frieden. Dann er belegt fie fowohl mit groffen Abgaben, als auch, welches sie zu gewissen Zeiten empfindlicher angreift, mit fchwehren Arbeiten. Seine bewaffnete Mannschaft besteht aus 6000. Mann, die aber keinen Sold, sondern nur Proviant be- kommen, wann sie wirkliche Dienste thun. Seine Einkünfte, die meistens in baarem Gelde bestehen, belauffen sich jährlich auf 1. Million; die Ausgaben hingegen auf nicht mehr als 600000. Rubel. Er fucht fein Vergnügen hauptsächlich in Pferden. Er ist mit 7. Frauen ordentlicher Weise angetraut, von welchen 3. Söhne vorhanden sind. Der älteste ist 23. Jahre alt, und verehliger: Der mittelste 7. und der jüngste 2. Jahr. Auch hat er eine Tochter von 5. Jahren, die aber ohne Verstand feyn foll. Sein Hofstaat ist gar nicht ansehlich, we- nigstens kam er mir, der ich binnen einigen Monathen der Räschtischen gewohnt war, geringschätzig vor. Der Geiz des Chans ist unersättlich. . Er schindet nicht nur feine eigene Unter- ehanen, sondern auch alle Fremde, die in fein Gebieth kommen, gehen mißvergnügt heraus. Schiffe, die auf der hiesigen Rheede Ancker werffen, um Waaren abzusetzen, und gegen andere zu vertauschen, müffen immer lange warten, bis sie zu Geld oder Produkten gelangen; und nach langem Warten hält man doch fein Versprechen nicht, ungeachtet der Fremde Geschencke über * - Dritter Theil. K. l Ge- 460 *. - - Die Di- frikte der Provinz - Gefchencke anbiethen muß, um sich nur loß zu machen. Wie kam es anders feyn? der Chan ist General-Kaufmann, einige betrügerische Mäkler zeigen ihm alles an, was da ist. Auf den Nahmen und Credit des Chans erborgen fey das anständige; will endlich der Verkäuffer nun auch befriediget werden, wo soll er sein Recht fuchen ? zu Serdar Chans Zeiten war Mafan- deran eine Schatzgrube für die Rußische Kaufleuthe; die Arme- nier befanden sich dazumal auch noch in befern Umständen; und unten werde ich zeigen, daß Mafanderan diejenige Provinz an der Caspischen See fey, die bey einem mit mehrerm Nachdruck zu erreichenden Commerz-Wesen hauptsächlich in Betracht gezo- gen werden müffe. Sechs kleinere Chane stehen unter dem Mahumed Chan, die gleichfalls von Kerim Chan eingesetzt find, und auch jähr- lich von demselben Besoldung bekommen. Ein jeder von diesen ist einem gewissen Distrikt in der Provinz vorgesetzt, und feine Verrichtung besteht darinnen, daß er die Abgaben aus feinem Distrikt alle Jahr einsammle, und fiel dem Chan überliefere. Er ist also ungefähr fo viel, als ein Ober-Starost. In Kriegs- „zeiten müffen sie alle aufsitzen. Die Provinz Mafanderan wird in 13. Distrikte eing- theilt. Hier find fie, so wie fiel von Tenkabun an bis an die #". Astrabadische Grenzen einander in ihrer Lage folgen. "QM. - 1) Kerafarach. Dieser fängt sich bei Tenkabun an unb endiget sich bei dem folgenden Distrikt. Er begreift also fowohl plattes Land, als auch einen Theil der Gebürge in sich. Auf dem platten Lande beschäftigen sich die Einwohner mit dem Sei- den, - Reiß und - Zuckerbau, und auf den Gebürgen baut man Waizen und Gersten und treibt die Viehzucht. 2) Rudfähur. Dieser hat eben eine solche Lage und Beschaffenheit als die vorige, bringt auch ähnliche Produkten hervor. - 3) Nur. Dieser fängt sich bei dem vorigen an, nimmt einen kleinen Strich platten Landes ein, schlägt sich hernach te A, H. „Fs 46r die Gebürge, verfolgt dieselbe in die Länge und Breite bis an den Lardschanischen Distrikt, und wie also hauptsächlich die Ge- bürge den größten Theil desselben ausmachen, so ist Eisen und Gersten sein Haupt-Produkt. Auch wird die Viezucht fehr farck getrieben. Auf dem platten Lande zieht man Seide, Reiß und Zucker in ganz geringer Menge. 4) Amul. Dieser Distrikt fängt bey demjenigen Land an, wo das platte Land von UNur aufhört, endiget sich bey. 25alfruch, besteht aus lauter platten Lande, bringt am meisten, Baumwolle, und neben dieser auch Zucker und Reiß in ziemli- cher Menge hervor. 5) Lardfchan. Fängt da an, wo der bergige Theil von UNur aufhört, und verfolgt das Gebürge bis Pendupei. Sein Haupt-Produkt ist Kaßia, Galbanum, und hiernächst Gerfen und Waizen. 6) Pendupei besteht aus lauter Gebürgen, die von Lardfhan bis zum folgenden Distrikt lauffen, und Eisen, Wai- zen und Gersten hervorbringen. 7 Sawatku. Besteht wieder aus lauter Gebürgen, endiget sich an beiden folgenden Distrikten, und bringt Waizen und Gersten in Menge hervor. Hier ist die beste Viehzucht in der ganzen Provinz, und hier hat auch der Chan feine Stutte- reyen. g) Afarfcherib. Nimmt die Gebürge vom vorigen Di- strikt bis Aschraff ein, bringt Waizen und Gersten hervor, und die Viehzucht wird auch in derselben starck getrieben. - 9) 23alfusch. Dieser Distrikt nimmt lauter plattes Land ein, fängt da an, wo der Amulische aufhört, und Alia- bat ist ein Ende. Seine Produkten find Reiß, Baumwolle, Zucker und Seide. 10) Aliabat, Fängt am Ende des vorigen an, und endiget sich bei dem Anfang des folgenden. Er besteht aus - K. l | 2 lauter --- - 462 - 46 Aliabad kommt man nach Sari, welcher Orch von dem vo- rigen ungefähr fo weit, als dieser von Balfrufäh entfernt ist. Sari ist eine sehr beträchtliche Stadt gewesen, die aber in den Sari. letzten Verheerungen fast in einen Steinhauffen verwandelt wor- den, und nur erst seit kurzem das Glück genießt, wieder an- gebaut zu werden. Sie hatte Thore, einen befestigten Wall und tüchtige Mauren. Nicht 4., sondern 7. Thürme, die Hr. Hamway als Geberische ansieht, stellt Sari zur Betrachtung dar; jedoch find 3. fast gänzlich niedergeriffen; aber ich kanbey ihnen keines andern Ufprungs gedenken, als bei denen zu Amul. Die Nahmen derselben find: Phreidun, Jretsch, Salam, Tur, Schachaifi, Guschtas und Lugras. Die 4. erstern find diejenige, welche noch in vollkommenem Stande sind, und die 3. leztere find die verheerte. Von denen jetzt noch stehenden vieren erzehlt man folgende Geschichte. Phreidun, ein persischer Schach, welcher vor mehr als 700. Jahren regiert hat, hatte 3. Söhne. Der älteste hieß Salam, der andere Tur und der jüngste Jretsch. Diesen erklärte er noch bei Lebzeiten zu fei- nem Nachfolger, welches die Eifersucht der älteren Brüder und zugleich den Vorfaß in ihnen erregte, Jretschen aus dem Wege zu räumen, welches fiel auch in der Stille vollzogen. Der Va- er habe hierauf zween der erwehnten Thürme errichten kaffen, unter deren einem er den Jretschen begraben, und unter den andern fich felbsten nach feinem Tode beyzufzen befohlen. Nun heißt also der eine Thurm Iretsch Phreidun. Wann man ihn nach feiner Spitze betrachtet, so stellt er deren zwo für. Nach Phreidums Tode fiengen die nachgebliebenen Söhne, Salam und Eur an, wegen der Nachfolge in der Regierung mit ein- ander zu streiten, und ihr Streit endigte sich nach vielen Jah- ren damit, daß einer den andern erfach. Sie wurden, denn auch in Sari begraben, über ihre Grabstätte erbaute man zween eben solche Thürme, wie ihr Vater und Bruder hatten, und nannte sie Salam und Tur. Drey reiche Brüder gaben zu den 3. andern nunmehr zerstöhrten, die Veranlassung. Sie lief- fen sich solche noch bey Lebzeiten erbauen, und verordneten, daß sie unter dieselbe nach ihrem Tode begraben werden follten, wel- ches auch geschahe. Daher führen die Thürme die Nahmen - Schachaft, Guschtas und Lugas. Ich kann nicht begreiffen, - M m m 3 wie 462 «A, + „F- Aschraff wie es zugegangen ist, daß Hanway auf die Gedanken vers fallen, diese Thürme feyn Ueberbleibsel von Gözen-Tempeln. Ich habe mich genau um die Sache erkundiget, und wie ich mich nur etwas merken ließ, daß ich vermuthete, fiel wären dasjenige, wofür sie Hanway ausgiebt, so wurde ich beinahe ausgelacht. Begräbniß-Thürme sind bei den Persern gar nichts ungewöhnliches auch in neueren Zeiten, und die Amulische fo wohl, als die Sarische besitzen die größte Aehnlichkeiten mit den andern. Nicht nur Thürme, sondern ganze Capellen mit Thür- men versehen, werden zum Andenken und Ehrengedächtniß der Verstorbenen aufgerichtet. Und zu dem, wie würden es die eifrigste Verabscheuer des Götzendienstes erdulden können, daß mitten in ihren Städten fo fehr in die Augen fallende Ueber- bleibsel defelben vorhanden wären? Die Indianer sind ihnen die gehäßigte Leuthe von der Welt, selbst auch diejenige, die den Mahumedanischen Glauben angenommen haben. Wie würden fie nicht schon längsteus diejenige ' dem Erdboden gleich gemacht haben, wo die Gebers ihre Feuer-Andachten ausgeübt haben. Die Sache ist also ungegründet, wiedersprechend, und beruht bloß auf einer falschen Erzehlung. In Sari fieht man gleich vor der Stadt füdostlich auf dem Wege nach Afrabad, ehe man die Recognofirungs-Festung erreicht, abermal den kläglichen Rest eines Königlichen Palasts und Gartens. Eben der perspectivische Weg, der von Balfruch nach Sari führt, begleitet von da aus die Reisende bis nach Aschraff, nur mit dem Unterscheid, daß je näher man diesem Orth kommt, der Wald unordentlicher wird, und alles verwüstet aussieht, fo, daß man öffers fast nicht im Stande ist, wegen der Rancken fachlichter Staudengewächse und der Aete der Bäume durchzu- kommen. Von Sari nach Aschraff rechnet man so weit, als von Balfruch nach Sari. Wann man in Persien ein Mei- ferstück der Natur und Kunst andeuten will, fo vergleicht man es in einem Hyperbolischen Verstand mit Aschraff. Und in der That an der ganzen westlichen Küste der Caspischen See ist kein Orth, der mit Aschraff nur einiger Maßen - verglichen werden könnte. Schach Abas, der groffe, der fo viele Denk- mahle feines edlen Geschmacks in Persien nachgelaffen hat, hat auch diesen Platz angelegt, und ihn durch einen prächtigen ' - - - - al, •A, N. „F- 463 last, oder vielmehr durch viele, fast nach italiänischer Bauart angelegte Lufthäuser, die der vortrefflichste Lustgarten in einer fymetrischen Ordnung aufnimmt, geschmückt. Er liegt unge- fähr eine halbe Meile von der See, und stoßt westlich an das Gebürge, welches aus lauter Waldung besteht. Die Absicht dabey war keineswegs eine große Stadt oder einen befestigten Orth anzulegen. Hier folte nach den Absichten des Schachs bloß die Natur herrschen. Hier follte ein unschuldiges Landver- gnügen Platz finden. Daher befund Aschraff aus nichts, als ungekünstelten Bauerhöfen, die in der waldigten Ebene, welche von den Bergen bis nahe an das Ufer ausläuft, unordentlich zerstreut waren, das Königliche Schloß eheils umgaben, theils wann man von Sari kommt, einen Vorbothen defelben abga- ben, oder sich auch in der Breite bis an die See erfrekten. Keine kriegerische Anstalten, kein Stadtgeräusche kan hier die Sinne beunruhiget haben. Hier beschäftigte sich der Landmann; hier triumphierte die Natur. Die Luftschlöffer haben mit dem Garten etwan eine halbe Meile im Umfang, und find an den pornehmsten Stellen des Gartens angebracht. Einige derselben find fehr und andere mittelmäßig groß. Vier Hauptpforten ge- ben den Eingang zu denselben ab; an denen selben ist zu oberst das perfische Wappen zu sehen. Es stellt einen Löwen vor, hin- ter welchem die Sonne hervorleuchtet. Der Löwe foll die Macht des Iranfkischen Reichs, die Sonne aber die Pracht und Lieb- lichkeit defelben anzeigen. Die Königliche Häuser, davon ein jedes seinen eigenen Nahmen führt, find 2. und 3. Stockwerke, von Quader- oder Bruch - Steinen aufgebaut, die Wände aber der Zimmer bestehen so, wie die Stubenböden, meistens aus Marmor und Alabaster. Jedes Stockwerck ist mit einem großen Saal versehen, auf defen beiden Seiten eine ziemliche Anzahl kleiner Zimmer angebracht ist. Mitten in jedem Saal war ein Springbrunnen befindlich. Die marmornen Wände sind ils ganz und gleichförmig, theils aber ausgehauen, um die telle offener Wandkästen zu vertreten. Sie find meistens aus- gemahlt, wiewohl mit grobem Pensel und Abbildungen nach Chinesischem Geschmack. Es ist besonders, daß die Perfer, ihren Hang zum unzüchtigen Leben in allen Stücken verrathen. Man kan fich nichts unflätig säuischeres vorstellen, als die verschie- dene 464 «A, H. „F- dene unzüchtige Abwechselungen, die in den Mahlereyen statt finden, von welchen ich rede. Und diese foll man in Königli- chen Häusern zur öffentlichen Betrachtung ausgestellt antreffen? Ein Perfer wird nimmermehr bey Gott oder bey dem, was ihm heilig ist, schwöhren. Nimmermehr wird er ein Wort ge- brauchen, das nur von weitem Religionsmäßig ist, wann er etwas beheuren oder einen andern schelten will: aber in die fen beiden Fällen müffen die schändlichsten, die Sitten aufs äuß ferte beleidigenden Ausdrücke, herhalten; ja folche, von denen man nicht träumen folte, daß man fiel jemals dencken könnte, fo unmenschlich find sie in diesem Stück. Jedoch das unzüchtige, das die Unzucht übersteigende Wesen, haben fast alle Orienta- lischen Völker mit den Perfern gemein. - Auffer den vornehmsten Königlichen Gebäuden findet man in Aschraff alles, was zu einem Hofstaat gehört, Wohnungen für die erstere und etwas niedrigere Bedienten, Auffenthalts- Plätze für geringere, die schönste Retiraden für eine Leibwache, den Rest einer Brandtewein - Brennerey, Fourage - Kammern, Ställe, u. f. w. Der Garten ist wegen der Vielheit der dar- inn verpflanzten Orange - Bäume aufferordentlich. Wann ich nicht gewiß wäre, daß das nordliche Perfien keine Limonen und Pomeranzen hervorbrächte, so hätte ich leicht auf die Gedanken kommen können, fiel wüchsen hier wild; fo genau folgen diese Gewäche ihrer Natur unter dem Himmelsstrich von Aschraff, fo vortrefflich gedeyen folche ohne die geringste Pflege, so verbrei- ten fiel sich durch die Saamen bis auf einige Meilen, daß sie ein Umwiffender für wirklich wilde halten muß. Pomeranzen find in der größten Menge vorhanden. Man hat füfe und faure Limonen; beyde von verschiedener Gröff. Von Badranken giebt es eine Spielart, die nicht höckerigt ist: fonsten wird dieselbe eben so groß, wie die warzigte. Ueberhaupt hält man Badran- ken von 4. Pfund für keine Seltenheit. Die Patawia - Früchte erreichen sehr oft die Größe eines Kindskopfes. Ihr Saft ist eheils fauer und theils füß. Manchmal find sie fo ausgetroknet, daß es das Ansehen hat, als hätten sie gar keinen. Eine Ab- änderung von Limonen, die man Murakag nennet, und die viele Aehnlichkeit mit den Patawia-Früchten hat, ist mir zur Be- - - - * - - trachtung A, B „F- 465 erachtung vorgekommen. Ihrer Gestalt nach sieht dieselbe balb rund und bald glatt aus, in ihrer Gröffe zeigt sie sich eben fo verschieden, wie die Patawias. Sie mag rund oder glatt feyn, fo wird fiel an ihrer obern Endung conver, und endigt sich mit einem mehr oder weniger merklichen, eylindrischen Pörzel, Ihr Saft ist fauer, und kan gar wohl die Stelle der Limonen Pertreiken. Man fagt, daß Schach Abas alle diese Orange Bäu- me aus Indien habe bringen laffen, und daß zu feinen und in folgenden Zeiten noch viele andere ausländische Gewächse, wie z. E. mancherley Arten aus dem Pfeffer-Geschlecht, der Cam- pher- und Zimmtbaum c. vorhanden gewesen sein sollen. Jedoch nicht nur fremde Pflanzen zieren dieses perfische Paradies, fon- dern auch einheimische tragen zu seiner Schönheit nicht ein ge- ringes bey. Cypreffen, die fast zu einer unübersehlichen Höhe gediehen find, Cedern, Pinen- und Kastanien-Bäume find in einer Stellung durch den ganzen Garten verpflanzt, daß sie durch ihre Ordnung die vortrefflichsten Alleen bilden. Zwischen denselben nehmen gemeiniglich die Granat- Bäume ihren Platz ein. Man Hat faure, deren Saamen fleischfarben aussehen; es giebt auch noch eine andere Spielart, die von den Ruffen Granaten ohne Saamen genannt werden, nemlich die Saamen derselben find fo klein, deren fo wenig, und in dem häufigen Saft fo verbor- gen, daß man geglaubt hat, fie haben gar keinen. Die Gra- naten sind wirklich die beste und gefundefe Frucht, die das nord- liche Persien hervorbringt und die Perfer sowohl, als alle unter diesem Himmelsstrich wohnende orientalische Völker bedienen sich derselben auf vielerley Weise. Sie effen fiel roh, fie gebrauchen fie zu Confituren, sie troknen sie für den Winter, und mischen fie unter alle Speisen. Obstbäume, Nüsse, Bäume, davon entweder die Früchte oder die Blüthen in die Augen fallen, fo wohl, als andere , die dem Geruch schmeicheln, besitzt der Aschraffiche Garten im Ueberfluß, so wie er auch in den Bluh- menbethen unzähliche Gattungen von zarten Gewächsen führt, An Waffer - Kunstwercken finden die Perfer einen besondern Geschmack; man sieht daher auch hier große Anlagen der felben, die überall in angebrachten Fontainen und Springbrun- Dritter Theil, N n n nen 4 - -, M- „r- nen bestehen, und mit den Fontainen in den Luftschlöffern ihre Gemeinschaft haben. Einige Irrplätze, die bey verschiedenen Ecken des Gartens angebracht find, machen keine unangenehme Abwechselung. Von den Hauptpalästen übersieht man den gan- zen, und von den kleinern den größten Theil des Gartens. Was muß derselbe ehmals nicht für ein Ansehen mit feiner Zubehörde gehabt haben, da noch gegenwärtig die Ueberbleibsel zu dieser eben nicht kurzen Beschreibung Gelegenheit geben? Man muß sich billig verwundern, wie in der Mitte des vorigen Jahrhunders ein Geschmack in dem Orient statt gefunden, der sich kaum in Anfang des jetzigen in Europa allgemein verbreitet hat. Jedoch wie sieht es jetzund mit Aschraff selbsten aus? Von dem Orth felbsten ist nur noch der Rest einiger eingefallenen Hütten vor- handen, und den königlichen Lustgarten fieht man in eine Woh- mung wilder Thiere verwandelt. Die Paläste find durch Ge- walt verheeret, durch die Länge der Zeit verfallen, und ihrem gänzlichen Untergang nahe. Der Garten ist ein dick bewachsener . Wald, in dem man manchmal nicht ohne Gefahr an seinem Leibe verletzt zu werden durchkommen kan; und wo nur dasjenige, was die Boßheit der Menschen nicht fo leicht zernichten kan, verräth, was er gewesen ist. Schon längstens haben die Fontai- men aufgehört zu springen, und wann die Bäume nicht durch ähren eigenen Saft ernährt würden, fo stünden schon längst an ihrer Stelle untaugliche Disteln. Alles, alles ist verwildert, und von der ganzen ehmaligen Pracht nur noch der Schein fichtbar. Der Anfang dieser Verheerung fällt in die Zeiten nach der Regierung UNadir Schachs, welcher fich in dem bekannten Feldzug wieder die Lesgier eine kurze Frist an diesem Orth felb- ften aufgehalten hat. Adil ließ es sich nach ihm auch gefallen, fein Vergnügen dafelbst einige Zeit zu fuchen; ja bisweilen war Aschraff feine Retirads: aber gleich nach dem unglücklichen Tode dieses Königs und von demselben an bis zu der Oberherr- fchaft Kerim Chans schien es, als wann ein jeder unzufriedener Alianer an diesem Orth feinen Muth kühlen wollte. In dieser Gegend nemlich war der Mittelpunkt aller Unruhen: wie hier nichts als Raubereyen und Mordthaten vorgiengen, fo musten mit demselben die boßhafteste Zerstöhrungen vergesellschaftet feyn. Dannoch hatte Ulahomed Hassan Chan noch eine besondere Noigung --- R. - - H67 Neigung zu Aschraff. Er wohnte fehr oft daselbst, und ver. befferte, was zernichtet war; als er aber fein Glück nicht länger verfolgen konnte, ein Opfer des gegenwärtigen Mafanderanischen Beherrschers Mahomed Chans wurde, und dieser vor ache Jahren das Regiment über eine der vortrefflichsten Provinzen des Persischen Reichs erhielt, fo glaubte er für seine Sicherheit nicht beffer bedacht feyn zu können, als wann er Aschraff in den jenigen Zustand versetzte, in welchem es fich nun befindet. Und fo unbarmherzig er mit diesem Orth verfahren hat, fo grausam machte er es auch mit Farabad, Aliabad und Sari. Die Truchmener musten ihm zur Entschuldigung feines Verfahrens dienen", als welche durch die Verheerung und Entvölckerung dieser Plätze weniger im Stande feyn sollten, in die übrige Provinzen Mafanderans zu dringen. Nachdem er die ermeldte Recognofirungs-Festungen angelegt hatte, fieng er an die lez- tere Distrikte wieder zu bebauen, aber an eine Wiederherstellung von Aschraff ist noch nicht gedacht worden. --- Als ich von Aschraff vollends nach Afrabad reisen wollte, zeigten sich Schwürigkeiten, die ich zwar vorausfahe, die ich aber auch überwinden zu können hofte. Jedoch hier fand ich, daß ich mich betrogen hatte. Die Gränze zwischen Astrabad und . Masanderan hat Herr Hamway in feinem Tagebuch recht gut angegeben, und man rechnet zu derselben, von Aschraff aus, 3. Meilen. Die eigentliche Einwohner von Afrabad findeinfreyes gesittetes Volck, welches aber durchaus keine Oberherrschaft er- kennen will, fondern ein jedes Mitglied fein eigener Herr zu fyn glaubt. Sie nennen sich Radfcharen, dünken fich unter einander ganz gleich zu feyn, und gegen andere Völker behaup- ten fiel eine unumschränckte Freyheit. Daher ist Afrabad schon lange als ein rebellischer Orth bekannt. Daher haben sich auch dahin schon viele persische Helden geflüchtet. Bei diesen Leuthen nun einen Besuch abzustatten, wäre an und vor sich sehr wohl thulich; aber unter ihnen und in ihrer Nachbarschaft wohnen die Truchmener, deren Handwerck im Rauben besteht, und die von denselben niemand Rechenschaft geben, weil sie niemand verlangt: denn in den Gesetzen des Völkerrechts machen die Truchmener eine Ausnahme. Es rauben aber dieselbe auf kal- N n n 2 mükische 468 «A, H „F- mükische Art, nur etwas muchiger und beherzter. Beständig lauren einige Partheyen auf Beuthe, die theils groß, und theils klein ist: wann es ihnen nicht glückt, so wifen fie gewiß, daß fie fich mit ihren muntern Pferden in Sicherheit flüchten können. Beim Rauben schonen fiel zwar des Lebens der unglücklichen, aber sie fchleppen dieselbe mit sich in die Gefangenschaft. Nun gestehe ich herzlich gerne, daß ich eben keine Luft bei mir wahrgenom- men habe, einen Schaafhirten abzugeben; dennoch hätte ichs meiner gerechten Sache halber gewagt, diese mißliche Reise zu thun, wann nicht die Perser, die ich zum Schutz bei mir ' mit Händen und Füßen darwieder gestritten hätten. Ih- nen war wirklich banger als mir, und sie sprachen von den Truchmenern nicht beffer, als vom Teufel. Sie erzehlten nichts als tägliche Proben ihrer diebischen Gefinnungen, und um mich recht in Angst zu jagen, so fagten fie, daß sie dieselben auch erst noch kürzlich bey Aschraff ausgeübt hätten. Sie setzten sich auch wirklich und besonders des Nachts auf den Fall der Noth in Gegenwehr, schickten Patrouillen auf, hielten alle vorbeigehende Leuthe an, und feuerten beständig Geschütze ab. Dergleichen Um- fände können einen nun freilich auf andere Gedancken bringen; und sie haben auch diese Würckung in mir zuwege gebracht. Ich überlegte noch dazu, daß wann ich auch ohne Gefahr durchkom- men würde, es mir doch allezeit unmöglich fallen würde, mich nur im geringsten von den Hauptwegen zu entfernen; und waß hätte ich mir also für Neuigkeiten versprechen können? Ich beschloß also mich auf den Rückweg zu begeben, trat denselben den 25sten an, und kam den 27ften nach Balfrufch. Ich habe vergeffen zu erinnern, daß gegenwärtig in Aschraff gar keine Leuthe wohnen, und fich bey meiner Anwesenheit nur einige wenige Georgianer daselbst aufhielten, welche sich mit der Ein- fammlung der Früchte abgaben. Auch muß ich noch des Aschraf fischen Meerbusens gedencken. Nach des Schiffshauptmanns Ilja Andrejewitsch Tokmaschows Beschreibung des ostlichen fers der Caspischen See liegt derselbe nach dem Rumb O. und W. Er ist längst folchen 54. rußische Werte lang, in feiner Mitte von Norden nach Süden 12. breit, und in die Länge gerechnet 20, 15. und 9. Fuß tieff. Gleich •A, z. „F - 469 Gleich nach meiner zweiten Ankunft in der Stadt begab ich mich zum Chan, in der Absicht, Abschied von ihm zu neh- men; dann da es sowohl meine feste Meynung, als auch meine Pflicht war, dieses Jahr nach Astrachan zurückzukehren, so konnte ich mich ohne Ursache nicht länger aufhalten; dann das Jaiki- fche Eis zwischen Derbent und Astrachan zeigt sich öfters schon im Anfang des Novembers. Den geraden Weg durfte ich auch nicht nehmen, fondern mußte zuvor in Gilan landen. Wind und Wetter kan man, besonders im Herbst, nicht trauen; alles aber war nach Beschaffenheit der Umstände zu einer Seereise veranstaltet, um wieder auf Rußischen Grund und Boden zu kommen, und ich hatte derohalben schon im Anfang des Som- mers ein Kayserliches Schiff erhalten. So nothwendig nun mein Eilen war, so unvermuthet stellte sich die Hinderniß ein, die mir in den Weg gelegt wurde. Derselben Urheber war der boßhafte Chan einzig und allein. Ich möchte lieber davon fchweigen, um nicht aufs neue empfindlich zu werden, und nicht etwas vorzutragen, an welchem meinen Lesern eben nicht viel gelegen ist: allein die Pflicht eines Tageregisters und die Wichtigkeit der Sache in Ansehung des öconomischen Zustands meiner Reife, heiffen mich laut reden. Vielleicht giebt es auch hin und wieder gutherzige Seelen, die über das Schicksal, das manchmal armen Botanisten zu Theil wird, gerührt werden, und diese Rührung macht schon einigen Ersatz für die erlittene Unge- rechtigkeiten aus. Der Chan versagte mir die Entlaffung aus feiner Provinz, und verlangte, daß ich zuvor feinen Bruder heilen sollte, der mit einer Augenkranckheit behaftet war. Es befund solche in einer Thränen-Fistel. Es half nichts, daß ich einwendete, man müfe zu der Genesung derselben mit In- frumenten versehen feyn, die mir fehlten. Die Augen wollte er gesund haben, ich möchte es veranstalten, wie es mir beliebte, und ohne diese Dienstleistung wollte er mich nicht aus feiner Landschaft ablaffen. Damit ich ihm nicht entwischte, wurde ver- bothen, Pferde an mich zu vermiethen, und bei meiner Woh- mung bewachten mich alle Nacht 30. Mann Soldaten. Lächer- lich und fürchterlich schien mir diese Begebenheit: indeffen ware guter Rath theuer. Ich gieng abermalen und wiederholter ma- len, als ein Gefangener zu dem Chan; ich stellte ihm mit den N n in 3 lebhaft 470 «A, . „Es lebhaftesten Farben die Ungerechtigkeit seines Verfahrens vor: ich überzeugte ihn von der Nothwendigkeit, nun abreisen zu müffen, wann ich anders noch dieses Jahr nach Astrachan kom- men wollte; ich bath ihn um aller Sitten willen, die Rechte eines Gastes zu bedencken; ich predigte ihm ganze Stunden lang von der Rache Rußlands vor, ich erfuchte ihn, wann er ja glaubte, Rußland selbst würde keine Repressalien gebrauchen, nur gegen feinen Nachbar den Räschtischen Chan einige Achtung zu bezeugen, der eben deswegen, weil ihm an Rußland soviel gelegen, mich mit einem so kräftigen Empfehlungs-Schreiben nach Masanderan versehen hätte, und dem es ja ein geringes wäre, an den nächsten besten Unterthan zu Räscht eben das, waß an mir verübt worden, auf gut Persisch zu ahnden. Aber all mein philosophieren half nichts; ich bekam nicht einmal eine vernünftige Antwort darauf; Mahomed Chan hielt mich warm, und blieb dabey, ein blinder Bruder müste durch mich sehend wer- den. Er hatte aber, als ein dummer Gorfkier von der schlechtesten Herkunft, bei meiner Gefangenschaft noch eine andere Absicht. In dem Zustand, in welchem ich mich befand, da ein unsinni- ger Chan mit mir anfangen konnte, waß er wollte, und da er auch wirklich keine angenehme Drohungen hören ließ, that ich bey der Thränen-Fistel gezwungen mein möglichstes. Ich ge- brauchte für dieselbe innerlich abführende und äußerlich reinigende Mittel. Es war mir nur um eine Erleichterung dieser Krankheit zu thun: ich verschafte fie, und zu meiner Verwunderung heilte ich dieselbe zuletzt ohne die Anwendung der Erfindung des Hrn. Anils gänzlich. Also hätte ich doch follen loßgelaffen werden. Aber nein! der Chan reiste aufs Land, ließ mich gefangen nach, und fandte die wegen meiner Abfertigung abgeschickte Bothen mit lauter abschlägigen Antworten zurücke. Binnen dieser mir un- vergeßlichen, traurigen Zeit, trugen sich noch andere gleich trau- rige Umstände zu. Das Mafanderanische Clima, fo an und für sich Gilanisch ist, und, wie dafelbe, im September und October besonders gefährlich wird, unsere bereits durch viele ausgestandene Krankheiten geschwächte Naturen und der in dem Gemüth über mein Schicksal feste Wurzeln gefaste Kummer verursachten, daß ich, die Studenten Hablitz und Moschkow, der Zeichner Borissow und alle meine Leuthe an hitzigen # Ern A, I - 47r bern tödtlich erkranckten; bis es endlich so weit kam, daß keiner mehr dem andern einen Trunck Waffer reichen konnte. Ja im October starb fogar Iwan Borissow, mein Zeichner, an fei- ner Kranckheit, und ich verlohr dadurch eines der nöthigsten und nützlichsten Mitglieder meiner Expedition. Er hinterläßt das Andenken bei der letztern, daß er es in seiner Kunst, für feine jungen Jahre, fehr weit gebracht, und zur Erfüllung feiner Pflicht allen Fleiß ängewandt hatte. Mir als feinem Vorgesetzten em- pfahl er sich schon von Petersburg aus durch feine gute Auffüh- rung, und feine Mitbrüder verlohren einen umgänglichen Gesell- fchafter an ihm. Von 18. Matrosen, die auf meinem Schiff Dienste leisteten, konnten nur 5. gebraucht werden, und auch ihrer schonete der Tod nicht, denn 3. derselben furben. Ein entsetzlicher Sturm aus Norden, der vom 19ten bis den 21ften October dauerte, hatte auch eine schädliche Würkung auf das Schiff. Es wurde fehr leck, und wir verlohren zween Anker, fo, daß uns nur noch ein einziger übrig blieb. Alle diese Umstände “ ich dem Chan, um ihn dadurch zur Er- theilung meiner Freiheit zu bewegen. Aber die Neben- Absicht, die er durch meine Gefangenschaft vollführen wollte, erlaubte ihm nicht willfährig zu feyn. Er fähickte nemlich insgeheim gleich nach meiner Ankunft einen Abgeordneten zum Kerum ä nach Schiraß, und ließ ihm fagen, daß derjenige Rußische Spion, der fich schon eine geraume Zeit über in Persien auf halte, nun auch in feiner Provinz angekommen fey; er möchte befehlen, ob er ihm denselben nach feiner Residenz ausliefern, oder was er mit ihm anfangen sollte? Mahomed Chan war- tete also auf Antwort, und deswegen mute ich ein Arrestant bleiben. Ich weiß am besten, wie mir dabey zu Muthe gewes fen, da ich von dieser Ursache die erste Nachricht bekam. Ich weiß, wie ich unter dem Gefühl der schmerzhaftesten Beschwehr- lichkeiten und unter dem Bewuffyn der mir angethanen Schande die Minuten gezehlt habe, die mir bis zum Genuß meiner Frey- # fo langsam vorbey zu streichen schienen. Jedoch die göttliche orsehung prüfte meine Gedult nicht gar zu lange. Nachdem ich mich von meiner Krankheit etwas erholt hatte, erhielt ich unversehens im Anfang des Novembers die Erlaubniß abzu- reisen; und obwohl ich mir alle Hoffnung auf Astrachan für ' - - e 472 «A, H „F- Medcheb- tiffär. --- f Jahr vergehen laffen muste, so war ich doch froh, daß ein befferes Schicksal mich aus den Händen Mahomed Chans entriffen hatte, es fey nun, daß er feine Schwachheit selbsten eingesehen, oder daß Kerin Chan keine Lust geäußert haben mag, mich zu fehen. Ohne die geringste Verweilung reiste ich nach den Hafen Medfthedriffär. Man rechnet von Balfruch aus nach demselben 3. Meilen, auf einem vortrefflichen Weg. Er liegt an einem Fluß gleichen Nahmens, der in den Gebür- gen entspringt, und sich 1. Wert davon in die See ergießt. Die Bank, die durch defen Mündung entsteht, hat meistens nur 2. bis 3. Fuß Waffer in der Tieffe; daher ist es unmög- lich, daß Schiffe in dieselbe einlauffen können, fondern fiel müf fen sich in der See auf guten Ankergrund verlaffen. Die fürch- terliche Bewegung des Waffers , fo die Rußische Matrosen Burun nennen, findet auch hier statt, dann auch hier ist ein Sandgrund, alles frey und der Gewalt der Winde ausgesetzt. Daher dann die Wellen zusammenstoffen, indem einige von der See kommen, wann andere von der Küste zurückprallen. Die Medchedtissär fliest langsam, ist an einigen Orthen ziemlich breit, an andern schmahl und eben so in ihrer Tiefe verschieden. Sie ernährt die gewöhnliche Fische der Caspischen See, und ihr Ufer ist ganz mit Schilf bewachsen. Unweit der Bank ist an derselben ein steinerner Wachthurm befindlich. Man soll sich deffen bey den unruhigen Zeiten bedient haben, die Stenka Rafin in Perfien verursachte. Ich wollte eben mit einem klei- nen Boot von Medchedriffär nach dem Schiff fahren, als ein Balfruchischer Curier ankam, der mich auf Befehl des Chans abermal arretierte. Die Ursache meines Verbrechens war, daß einige Leuthe des Chans unter meinen Zeichnungen ein Portrait gesehen, und ihrem Herrn beigebracht hatten, es gleiche ihm, und ich hätte es in der Absicht verfertigen laffen, daß ich über daffelbe eine Pistole in Rußland loßschieffen könnte, worauf fein wirklicher Tod unvermeidlich erfolgen würde. Dieses Portrait, fo die chanische Leuthe gesehen haben wollten, war die Frucht einer müßigen Stunde, die mein verstorbener Zeichner ange- #" hatte, einen Perfer abzuzeichnen, der vermittelt des allians Toback raucht. Der Chan, der nun glaubte, es wäre fein Bildniß, verlangte es zu fich, damit er nicht stürbe, '' is «A, - „so 475 bis ich es zurückgeben würde, belegte er mich, nun als einen Mörder, abermals mit Arrest. Ich fuchte alle Zeichnungen mit dem größten Unwillen durch, um mich aus den Händen die fes dummen Mannes loßzureiffen, aber diejenige, die ihm fo anstößig war, konnte ich zu allem Unglück nicht finden. Wohl einen halben Tag verdarb ich mit dieser unangenehmen Arbeit vergebens, und zuletzt fand ich mich genöthigert, einen meiner Leuthe in der Begleitung vieler andern an den Chan zu finden, die da zugesehen hatten, wie lange ich vergebens nach demjeni- gen gesucht hatte, was er haben wollte, und die felbsten, un- geachtet die Persianer waren, meine Unschuld einfahen, ließ ihm mit den triftigsten Gründen beweisen, daß meine Gedanken nim- mermehr fo boßhaft gewesen seyn, als er vermuthe; dann hier wäre es nicht Zeit gewesen, aus einem einfältig abergläubischen Menschen nur einen halbvernünftigen zu drechseln, und bath ihn dann um der Menschlichkeit willen, mich von meiner neuen Schmach auf das baldeste zu befreien, und die Erlaubniß zu geben, an Bord meines Schiffs zu fahren; dafür ließ ich ihm das längste Leben und das beste Wohlergehen wünschen. Mein Abgeordneter kam auf Zureden derjenigen, die in den Hafen meine Noth mit angesehen hatten, mit einem Befehl, daß ich befreyt fey, zurück, und damit nicht noch eben ein folcher hin- kender Bothe, wie derjenige war, der mich wegen des Chanischen Portraits beunruhigt hatte, nachkommen möchte, begab ich mich unverzüglich darauf nach meinem Schiff, und dankte dem Him- mel, daß ich noch lebte, und frey lebte. Den 4ten November spannten wir nach Enzeli die Seegel auf. Jedoch ehe ich von diesem Dato mein Tageregister weiter verfolge, will ich noch einiger Nachrichten, die zu Mafan- deran gehören, erwehnen, wie ich solcher während meiner Ge- fangenschaft und in den Erholungs-Tagen von meiner Kranck- heit gesammlet habe. Ist gleich die Anzahl derselben nicht allzu- groß, so find sie doch nützlich, unterrichtend und vermutlich nicht unangenehm, - - - Die Baumwolle erfordert einen ziemlich fetten Ack: '' und an welchen Stellen von Masanderan nun dieser nicht ist,"“ Dritter Theil, O o o da 474 A, M „Fe da hilft man sich mit Mist. Wann sie ferner gerathen soll, so müffen die Pflanzen in einer mittelmäßigen Entfernung von ein- ander gesetzt werden. Man läßt gemeiniglich einen Raum von einem halben bis zu einem ganzen Fuß, und theilt die Felder in Furchen ein. Endlich wird auch zum guten Wachsthum der Baumwolle ein mäßiges Regenwetter erfordert: dann in Ma- fanderan werden die Baumwollen - Felder nicht gewäffert. Das Versetzen der Pflanzen ist nicht gebräuchlich. Zu Anfang des Mays ist die Saatzeit, und zu Anfang des Septembers fam- melt man die Wolle ein. Es ist bekannt, daß man unter der Baumwolle diejenige Wolle versteht, mit welcher die Saamen der Baumwoll-Pflanze umhüllt werden. Indem man nun folche von der Pflanze ab- pflücket, bekommt man auch die Saamen mit, von denen fie abgefondert werden muß. Zu diesem Endzweck dient eine eigene Maschine, die ich auf der 53ften Platte abbilde, anstatt daß ich hier eine undeutliche Beschreibung davon geben sollte. Die vom Saamen befreyete Wolle wird vermittelt der Hechel von andern Unreinigkeiten gefäubert, und als dann aufs Spinnrad gebracht. Nach der Verschiedenheit der Absichten wird sie verschiedentlich gefärbt. Roth auf folgende Art: Man kocht den Krapp so lang bis die Wurzeln gänzlich weich werden, alsdann nimmt man fie aus dem Waffer, troknet sie an der Sonne, und fot sie zu Pulver. Der verpulverte Krapp wird alsdann wieder gekocht, und darauf legt man die in dem Alaun - Waffer schon zuberei- tete Baumwolle in den mit Färberröthe kochenden Keffel, läßt fie einige Zeit in demselben liegen, nimmt sie wieder heraus, und troknet sie an der Sonne. Wenn die Färberröthe nicht von der besten Gattung ist, fo muß man mit einer gröffern Menge derselben zu Hülffe kommen, oder man schärft ihre Kraft noch etwas beffer mit Cochenille. Wann man die Baumwolle grün haben will, fo färbe man sie erst auf jetzt beschriebene Art roth, und darauf hut man sie in einen Keffel, in welchem Indigo kocht, läßt fie in demselben einige Zeit liegen, nimmt sie alsdann heraus und troknet sie abermal an der Sonne. Alle Gattungen von blau, wie auch die schwarze Farbe bringt man # “ - go •-A, - „Fs 475 Indigo zum Vorschein. Dunckelroth färbt man sie mit rohem Brasilien - Holz, welches aus Astrachan hieher gebracht wird, gelb aber mit den Blättern der Baum - Mimose, Perfisch Wiwali, wann sie mitten im Kochen find, oder auch mit einem mir unbekannten Holz, welches aus Tawris hieher ge- bracht wird. Es ist wirklich andem, daß die Rußische, Perfi- fche und Türkische Armenianer die Färberröthe brennen, ehe sie folche zum gehörigen Gebrauch anwenden. Sie werffen nemlich die frischen Wurzeln zu dünnen Haufen in ihre unterirrdische Brodt-Oefen, von denen ich im zweiten Theil meines Tage- buchs gehandelt habe, und laffen solche, nachdem das Brodt bereits gebacken ist, zu 12. bis 24. Stunden liegen; nach- dem es die Umstände erfordern, wiederholen sie diese Arbeit zu verschiedenen malen. Es ist ganz gewiß, daß die Wurzeln einige überflüßige zum Färben unnöthige Theile dadurch verlie- ren und sich hingegen in ihr innerstes Feuertheilchen eindringen, wodurch dann allerdings, wann man die Wirkung des brennba- ren Wesens im Hervorbringen der Farben bedenkt, auch die Farbe - Theile des Krapps erhöht werden müffen. Aber das baumwollene Garn felbst muß vorher, um mich meines alten philosophischen Ausdrucks zu bedienen, ehe es den Saft in sich faugt, eine Receptivität erhalten, um ihn rechtschaffen, um ihn fo in sich zu faugen, daß die Farbekraft Stand hält. Weil mir meine Umstände auf der Reise nicht erlaubt haben, durch eigene Versuche zu erfahren, waß ich hier und ehmals in Derbent gehört habe, fo erspahre ich die Entwickelung dieser wichtigen Materie auf eine Gelegenheit, die mir mehr Muße verspricht, als ich gegenwärtig habe. Die Provinz Masanderan liefert funfzehn bis fechszehn hundert Batman Seide. Sie ist nicht so gut, wie die Gila- niche, und fowohl daran, als an der geringen Menge foll das Clima schuld feyn. Es ist wahr, daß diese Provinz südlicher liegt, als Gilan, und es ist ausgemacht, daß allzu füdliche Gegenden für den Seidenwurm gar nicht günstig find. Sollte aber wohl eine fo geringe Entfernung einen so großen Einfluß haben? Die Gewonheit der Perfer, von neuen oder verbefferten Anstalten nichts wifen zu wollen, scheint mir mehr als alles andere daran schuld zu feyn. 0 0 2 Mafan- Mafande- ranische Seide, 476 •A, - „ze Masanderan wird für gesunder gehalten, als Gilan. Ich kan es weder aus meiner eigenen Erfahrung noch nach Gründen glauben; dann die eine Provinz ist wie die andere, platt, und dieses platte Land liegt in Nafander an, wie in Gi- lan zwischen Bergen und der See. Wann die Einwohner der Berge in Mailänder an gesund sind, so sind es auch eben so gut die Gilanische Schweizer. Von dem Krapp will ich, was feine Ausfuhr nach Persien betrifft noch folgendes beiläufig erinnern. Es ist be- kannt, daß er in Kißlar wild wächst, und von daraus wurde er ehmals über Derbent, Baku und Schamachie nach den ver- fähiedenen Städten dieses Reichs gebracht, oder auch unmittel- bar zur See nach Gilan verschift. Ich habe eine zuverläßige Nachricht in Händen, welche meldet, daß im Jahr 1736. 433. Pfund von dieser Waare zu Waffer nach Räscht geliefert wor- den sind. Der Krapp wächst auch in Persien, als zu Der- bent, Schamachie, Ispahan , und in der Tegranischen Provinz; den besten aber liefert die Provinz Ferach nach Kan- dahar zu, allwo man ihn so häufig antreffen soll, daß nicht nur diese Provinz zu ihrem Gebrauch genug habe, fondern daß man sie auch aus derselben nach manchen Städten Persiens ver- führe. Man fagt fo gar, daß er auch von daraus mach Indien gebracht werde, allwo man mit feiner äußersten Rinde Zitze oder auch andere baumwollene und feidene Zeuge mit Zusetzung anderer Farben färbet. Rußland liefert jetzo nach Persien gar keinen Krapp mehr, sondern man bekommt ihn nun aus. Dere bent und vermittelt Sallian aus Schamachie. Man verführt aber den Krapp in ganzen Wurzeln, weil man glaubt, daß er gestoffen sehr leicht verderbe, und feine Kraft verliere, wann er lange liege. Man verkauft in Gilan das Pfund zu 3. Rubeln. Die Gilaner färben damit nicht nur unverarbeitete, gesponnene Baumwolle, fondern auch feidene, baumwollene und wollene Zeuge, als Kanawat, Kutna, Mof, Doroga, Kaffap, Tegi- che, Schnupftücher, Kumatsch, Burmet, Cottun Petria, u. f. w. Von Glan bringt man ihn nach Masander an und verfährt dafelbst eben fo damit, als dorten. Zu 60. Solotnik Krapp nimmt man gemeiniglich 100. Solotnik Cochenille, wann man - - - - eugt •, - „3- 477 eine gute dauerhafte Farbe verlangt. Von Rußland wird auch über Orenburg der Krapp nach der Bucharey gebracht, und zu Nadir Schachs Zeiten trieben die Perfer dahin einen Handel damit. Das Zucker-Rohr, fo in Masanderan gepflanzt wird, Rom ist keine daselbst wild wachsende, sondern eine einheimisch besorgte Zucker- Pflanze. Es hat wirklich einen Graßkelch, der wie die Corolla Rohr. aus zwoen lanzenförmigen an ihrer Grundlage bartigten Klappen besteht; die Stigmata find glumosa, anders als der Herr v. Linne gen. pl. nov. ed. p. 32. g. 37. erzehlt, der jedoch nur getrocknete Blüthen gesehen hat. Ist also das Zucker - Rohr von dem Schilff hinlänglich unterschieden. Duhamel muß wohl den Masanderanischen Zuckerfiedern die Kunst schönen Zucker zu zubereiten nicht gelehrt haben; dann er löset sich fehwehr im Theewaffer auf, giebt demselben einen unangenehmen ranzigten Geschmack, und sieht schwärzlichgelb aus. Die Leuthe verstehen memlich das Reinigen nicht, und man sagt, daß sie es mit Fleiß nicht verstehen wollen, damit der Chan nicht von ihnen verlange, sie sollen nicht nur für ihn zu feinem Gebrauch, fon- dern auch um damit Handel zu treiben, Zucker fieden. Fast hätte ich des Königlichen Luftschloffs in Bal- frufäh zu erwehnen vergeffen, ohngeachtet ich doch in denselben während meines Auffenthalts gewohnt habe. Es liegt aber eine rußische Wert von der Stadt auf dem Wege von Amul nach derselben, und etwas nach füdwesten feitwärts entfernt. Es be- steht aus zwey groffen Palästen, nach morgenländischen Ge- fchmack und Pracht erbaut, welche ein groffer fischreicher Teich von einander absondert, über den aber ehmals eine steinerne groffe Brücke gieng, von welcher jetzo nur noch die Pfeiler vor- handen sind. In dem Teich felbsten nach Westen entdekt man noch Ueberbleibsel von einem vorhanden gewesenen dritten Luft- fchloß, und ein prächtiger Garten, in welchem besonders Pome- ranzen-Bäume häufig gepflanzt werden, jedoch ohne Ausschlieffung anderer Bäume, als Cypreffen- und Ceder-Bäume, welche die Schön- heit der ganzen Anstalt ungemein vermehren. Dieser Garten hat ei- nige Werte im Umfang, zeigt an verschiedenen Stellen eingefallene Springbrunnen, und prangt noch jetzo mit einigen weitläufigen Alleen. - - - - O o. 0 3. Hinter 478 •A, H. „F- Nachricht Hon den Persischen Weinen. Hinter einem dieser Gebäude ist auch noch der Orth merklich, wo das Harem gestanden hat, in denselben beobachtet man noch Pferdeställe, Brandtweinbrennereyen, Soldatenlager, u. f. w. alles im kleinen eingerichtet, wie zu Aschraff im groffen; wie dann auch Schach Abas selbst der erste Baumeister und Gärt- ner gewesen feyn foll. - Wie an der ganzen westlichen Küste der Caspischen See die Weinreben einen groffen. Theil des Vorgebürges ausmachen; also trifft man sie auch in der Provinz Masanderan in äußerster Menge an, und daselbst sind sie fowohl dem Geschmack nach, angenehmer, als erreichen auch mit den Beeren eine beträchtli- chere Gröffe als fonten. Dannoch wird allhier wenig Wein gepreßt, weil die Anzahl der Armenier fehr gering ist, und der gegenwärtig regierende Chan nach dessen Beyspiel sich das Volck richtet, den Gebrauch der geistigen Geträncke nicht liebt, zu einer groffen Qual derjenigen, die in diesem Fall anders denken, als ihr Beherrscher, und die daher vermittelt der Juden entweder Hamadanischen Wein in der Stille zu bekommen suchen, oder sich auch solchen von ihnen selbst bereiten lassen. Ich habe hier gute Gelegenheit von den verschiedenen Gattungen der Persischen Weine, in wie weit ich dieselbe habe kennen lernen, zu handeln. Der Schiraßische ist unter allen der vortrefflichste. Es giebt rohen, weißen und pomeranzengel- ben. Er ist voll Feuer, ganz balsamisch und von einem durch- dringenden Geruch; aber er hält sich nicht lange, und wann er verführt werden foll, muß man ihn zuvor einkochen, durch die- fes verliert er nicht nur vieles von feinem Geschmack, sondern er verursacht auch Kopfweh, wann man auch gleich nicht viel da- von trinkt. Der Ispahanische Wein hat eine groffe Aehnlich- keit mit altem Champagner. Der Schamachinische mit gutem Bourgogner, der Astrabatifhe, der Mafianderaniche, der Gilanische und der Tavlififthe gleichen dem gewöhnlichen rochen Franzwein, und man würde sie in Europa unter die besten Gattungen zehlen, wann sie auf Europäisch behandelt wären. Die Spiel-Arten, die man unter den Trauben bemerkt, find fehr zahlreich, und man unterscheidet sie nach der Gröffe, nach der Farbe, und nach dem Geschmack der Beeren, die 9: - 010) \ - 2. - - 479 fächlich darum, weil sie sie trocknen. Sie haben auch ihre un- terschiedene Nahmen, z. E. weißer Kischmilch, rother Kischmilch, Kunkaffa, Meschali, Schahani, Richebaba, Nazafafati, e. bey welchem ich mich nicht länger aufhalten will. Man behaup- „tet durchgängig, daß die perfische Weine keinen Weinstein ab- fetzen. In Anfhung derjenigen, die das westliche Ufer der Ca- fpischen See hervorbringt, habe ich die Sache ungegründet ge- funden. Diejenige nemlich, die sich in dieser Gegend mit dem Weinmachen abgeben, thun den gepreßten zur Herbstzeit, in groffe bauchigte töpferne Gefäff. Anstatt der Keller machen sie in der Erde geräumige Gruben, fetzen die Töpfe darinn, und bedecken die Mündungen derselben mit Steinen; die Gruben felbsten aber schütten sie mit Erde zu. In diesem Zustand läßt man den Wein ein oder zwei Jahre, manchmal auch nur ein halbes Jahr stehen; nur denjenigen, welche die Gruben gegra- ben haben, ist der Ort dieser unterirrdischen Keller bekannt, dann aus einer gerechten Frucht, Mühe und Kosten vergebens angewant zu haben, weilen fie dazu folche Oerter, bei welchen Niemand auf den Einfall gerathen würde, daß daselbst Wein verborgen liege. Wollen sie aber selbst Gebrauch davon machen, fo werffen sie die Erde davon auf, nehmen die Steine davon ab und bemächtigen sich ihres Guths: Da sie dann gemeiniglich den ganzen Topf ausleeren, weil sie aus der Erfahrung wissen, daß ein allenfalls nachgebliebener Rest, fast ohne Ausnahme um- schlägt und verdirbt. Indem nun diese Weintöpfe geöffnet wer- den, beobachtet man, daß sich an der innern Fläche derselben öfters etwas weißes angesetzt hat, welches mit der Zunge unter- fucht einen scharffen falzigen Geschmack verräth. Ich habe selbst gesehen, daß diese weiße falzigte Materie in Gestalt der Schnee- flocken, oder lockerer Eiszapfen, inwendig an dem Stein, der die Töpfe bedeckte, senkrecht herabhieng. Ja, ich habe sogar wahr- genommen, daß die ganze Oberfläche des Weines selbsten, ein paar Linien dick, von diesem Salze also überzogen war, daß es das Ansehen hatte, als wäre der Wein zugefroren. Dieses Salz auch, sobald es mit der freien Luft gemeinschaft erhielt, zer- schmolz so gleich, und wurde zu Waffer. Liegt es nun nicht am Tage, daß eben daffelbe ein wahrer und ein reiner Wein- fein fey, der sich in diesen unterirrdischen Töpfen weit beffer - HON / 483 «A, K. „F- von dem Wein absondern könnte, als es in unfern Kellern und Fässern zu geschehen pflegt. Weil aber die Leuthe nicht wissen, was es ist, so werffen sie es als eine unbrauchbare Sache weg, und kaufen den Weinstein von unsern Astrachanischen Kaufleu- ehen. Dies ist eber nicht der einzige Schaden, den sie sich da- mit zufügen. Indem dieses Salz nach feiner laugenhaften Na- tur die Feuchtigkeit der Luft fo begierig an fich zieht, so ge- fähieht es auch, daß solches indem die Töpfe geöffnet werden, fchmelzt, in einer flüssigen Gestalt sich wieder mit dem Wein vermischt, denselben also abermal verunreiniger, feinen Geschmack verdirbt und feine Dauer verkürzeit. Daher bekommen alle an der westlichen Küste der Caspischen See gepreßte Weine einen Zufaz von Oehl oder von der Naphta, welche als ungleich fchwehrer auf der Oberfläche derselbem schwimmt; wodurch sie zwar allerdings länger erhalten werden; wodurch aber auch ihr Geschmack noch mehr verdorben wird. Statt also daß man im nordlichen Persien die besten Weine und den besten Weinfein haben könnte, so sind jene meistentheils schlecht, und von dem Dafyn des letzteren weiß man gar nichts. Um gewiß von der Sache zu feyn, fo habe ich in Schamachie und nun auch hier in Mafanderan aus selbst gepflückten Trauben unter meiner Auf- ficht Weine preffen laffen, und gefunden, daß ich, weil damit gut zu Wercke gegangen worden, fowohl einen geistigen und rei- nen Wein, als auch den besten Weinstein gewonnen habe. Worum ist doch der Astrachanische Wein noch immer in einem so schlech- ten Ruff? Warum fagt man durchgängig, er werffe gleichfalls keinen Weinstein ab? Warum schmekt er so falzig? Ich weiß wohl, daß man dem Erdreich alle Schuld beymifft. Es ist wahr, unfer Caspicher Sumpf, der weder mittelbar, noch un- mittelbar mit den Ocean zusammen hängt, und der gewiß auch in keine unterirrdische Höhlen ausläuft , weiß, wenn ich so sagen darf, beinahe nicht wo er alle fein Salz hinthun soll. Salz-Seen find daher um Astrachan herum, ja auf dem ganzen flachen Lande von Astrachan bis Afrabad fo häufig, als Naphta - Quellen in den Caukasischen Gebürgen, in welchen ein unermüdet arbeitender Vulkan feine ewige Werckstätte aufgeschla- gen hat. Unsere fandigen Steppen ringsum Astrachan und von dar bis nach Zarizyn zeigen deswegen so oft deutliche Spuhren eines «A, H. „Es 481 eines häufigen in Substanz dem Sande beigemischten Salzes, welches so gar manchmal beim Regenwetter sichtlich wird. In diefen Steppen lieben auch besonders Pflanzen, die einen falzig- ten Boden haben wollen, ihren Aufenthalt. Ich gebe also wegen dieser Umstände zu, daß die Nahrungs-Gefäffe der Reben auch Salz in sich fehlucken können, ungeachtet daffelbe in Betracht ihres Durchmeffers ungemein fubtilisiert feyn müste; und ich will auch glauben, daß der aus den Trauben gepreßte Wein, durch dasselbe verunreinigt werden könnte. Folgt aber aus diesem allen, daß man zu einem guten in Astrachan und in der Astrachanischen Stadthalterschaft zu erzeugenden Wein alle Hofnung fahren laffen folte? da fonsten das Clima, so dieses Königreich genießt, ein eigentliches Wein-Clima ist. Wann der Astrachanische Wein falzigt fähmekt, wie es wirklich an dem ist, so hat er sein Salz entweder mit feiner Nahrung bekom- men, oder man hat nicht recht darauf Acht gegeben, ob er Weinstein absetzt, oder nicht? Meinetwegen können auch beyde Ursachen daran schuld feyn. Hat der erstere Fall statt, so wird ein fremdes mit der Natur des Weins nicht übereinkommendes Salz nach einer wohlbeforgten Gährung besonders, wenn man den Most während derselben gefrieren läßt, sich eben so gut absondern, als das Küchenfalz in den hierischen Körpern durch den Urin feinen Ausgang fucht. Ist aber der letztere schuld, fezt nemlich der Astrachanische Wein wirklichen Weinstein ab, und man weiß nicht, daß er es thut, und aufgelößter Wein- fein verunreiniget denselben abermal wie in Persien, fo muß man - wann der Wein falzig fchmeckt, die Leuthe, die damit umgehen, vor Gericht laden, und nicht den Wein. Das ist aber etwas, was bey Gelegenheit meiner Perfischen Wein - Beob- achtungen mir einen wohlgemeinten patriotischen Gedanken ver- anlaßte, den ich bei meinen gegenwärtigen zerstreuten Umstän- den gar nicht auszuführen im Stande bin. - Die Schiraßische und Ispahanische Weine werden ins- gefammt aus Garten- Trauben gepreßt. Die Plantagen besor- gen die Armenier hauptsächlich: die in Tzufa, auch die Engel- länder, deren Handlungs-Gesellschaften zu Bendarabaffa noch gegenwärtig in erwünschtem Flor stehen, geben sich damit forg- Dritter Theil. P p p fältig 482 •-A, - „F Mafande- ranische Schildkrö- ten. von ihrem Leib sichtbar bleibt. Die Schildkröten sind also in Per- - fältig ab, und die gute Einrichtung, die sie in Ansehung der Keller gemacht haben, verhilft ihnen zu folchen Weinen, deren Besitz sich gewiß kein Perfer rühmen kan. Sie verschiffen fol- che durch Ostindien nach Europa. Der Mafanderanische und Gilanische Wein schreibt sich insgesammt von wilden Reben her. Von dem Schirwanischen und Derbentischen habe ich schon bey einer andern Gelegenheit gehandelt. Die Provinz Masanderan ernährt eine unglaubliche Men- ge Schildkröten, von ganz besondern Gattungen, wie auch von erstaunlicher Gröffe, daß mir welche zu Gesicht gekommen find, die über eine Elle in der Länge und über eine halbe in der Breite hatten. Auch ist ihre Schaale so dick, daß drei erwachsene Menschen auf derselben stehen können , ohne das in dersel- ben lebende Thier zu hindern, sich fortzuschieben. In der weit- läufigen Geschichte der Persischen Thiere werde ich dieser Ge- schöpfe ausführlich gedencken. Jetzo erinnere ich nur so viel, daß es Arten derselben gebe, die sich fast fo gern zu Lande als zu Waffer aufhalten, und in dem letzteren Fall so wohl in den Gebürgen, als in den Thälern; daß sich diese besonders leicht zahm machen laffen, und sich fogar auch in diesem Zustand an ihrer Vermehrung nicht föhren laffen. Insgesammt ist zwischen ihnen und den Schlangen eine merkwürdige Antipathie. Die Schlangen fürchten sich wirklich vor den Schildkröten, welches man doch wegen der Schlangen - List, noch wegen des unbe- hülfllichen Wesens der Schildkröten nicht vermuthen sollte. Sobald eine von diesen eine von jenen zu sehen bekommt, sobald schleicht fie ihr von hinten nach, richtet sich nach ihren krummen Wen- dungen, fucht sich in dieselbe einzudringen, bemüht sich ihr ei- nen tödlichen Biß beizubringen, und frißt sie auf. Natürlicher weise müffen die Schlangen unverfehns überfallen werden; dann sonst könnten sie allemal einer phlegmatischen Schildkröte durch ihre Flucht entgehen. Indeffen find ihrer so viele, daß es eine Schlange gegen viele aufzunehmen hat; und diese können nim- mermehr zu Schaden kommen, weil sie sich bey der geringsten Gefahr in ihre Schale also zurück zu ziehen wissen, daß weder an der vordern noch hintern Mündung derselben das geringste fien - -A, - „F- - 483 fien nützliche Hauschiere; dann wann sie auch nicht gleich aller Schlangen, die sie sehen, habhaft werden, so wird doch keine Schlange an einen Orth kommen, wo eine Schildkröte vorhan- den ist: und wie man in der ganzen Welt die Schlangen nicht liebt, also liebt man sie auch in Persien nicht. Ueberdies aber find unter den Persischen wirklich einige, die ein tödliches Gift bey sich führen. In Masanderan hatte ich auch Gelegenheit vielfältige Beobachtungen über die Insekten anzustellen, und wann ich in dem zweiten Theil meiner Reisebeschreibung über die magere Beschaffenheit der untern Gegenden der Wolga in Ansehung die- fer Geschöpfe geklagt habe, so konnte ich hier die Mannigfaltig- keit und die Seltenheit derselben nicht genug bewundern. Scorpionen find in groffer Menge vorhanden. Der Scorpio- Italiänische (Scorpio pectinibus octodecim dentatis, Lin. Sylt. NLIN. nat. 1038. n. 5. ) fieht in feiner Jugend ganz weiß aus, und nachdem er sich gehäutet hat, manchmal schwarzbraun und öfters hellroth. Der Orientalische, welchen Hr. Rösel fehr schön ab- gebildet hat, leidet in seiner Gröffe verschiedene Abänderungen. Die Italiänische Tarantul (Aranca fubtus aspera pedibus "Tarantule. tus atro fasciatis, Lin. Syst. nat. p. 1035. n. 35.) die auch bey Zarizyn und Astrachan zu Hause ist, hält sich an leimigten und fumpfigten Stellen besonders gerne auf, und gräbt sich auf denselben senkrecht Höhlen von einem ziemlichen Umfang, den das Infekt ganz ausfüllt; gleichwohl sind diese Höhlen nicht von einerley Gröff, und daher die Insekten von dieser Art, auch nicht gleich groß. Der ganze Leib dieser Tarantul ist mit einer Wolle bedeckt, an welcher sich die aschgraue und schwarze Farbe wechselsweise vermischt. Besonders sind die Füße und am aller- meisten der untere Theil derselben haarigt. Unter den 8. Au- gen find die 4. Vordere kleiner als die andere, und in einer Reihe nach der Quer mit einander verbunden. Die 4. hintern stehen in zween Reihen, und an der hintersten in einer ziemli- chen Entfernung von einander ab. Der Rumpf dieses Infekts hat eine längliche Gestalt, ist ungefähr 4. Zoll breit nach hinten zu abgestumpft, und daselbst in zween Theile gleichsam abgefon- P p p 2 dert, 484 «A, H. „Fe dert. Die Grundfarbe desselben ist zwar grau, aber auf beiden Seiten beobachtet man kohlschwarze Querstreiffen, die in der Mitte zusammenstoffen. Der Bauch ist fast Kugelrund, asch- grau, und mit mehr oder weniger fehwarzen Punkten bestäubt. Unterhalb desselben sieht man 6. weisse fähmahle Querbände von einer ungleichen gekrümmten Richtung, unter welchen die leztern die kürzesten sind. Der ganze Unterleib dieser Tarantul ist Kohlschwarz; die Füße oberhalb grau, unten weiß, und mit fchwarzen Querbänden gezierer. Die Scheeren fehen gelblicht aus, und haben schwarze Spitzen. Ich weiß keine zuverläßige Erfahrung, daß diese Tarantul jemanden mit ihrem Gift fhäd- lich gewesen wäre, und man nimmt sich daher vor derselben gar nicht in Acht. Ja bei der Menge, in welcher sie sich sehen läßt, besonders nach regnerischem Wetter, würde auch alle Vor- fichtigkeit von keiner erheblichen Würkung feyn. Dannoch aber ist mir nicht unbekannt, daß die Kalmüken an der Wolga vor dieser Tarantul bange find, und daß sie einmüthig behaupten fie fey giftig, aber nur zu gewissen Zeiten des Jahrs, nemlich im Julius und August, wann die Sonnen- Hitze am stärksten ist. Dann versammlen sie ihre Schaafe um ihre Kibitken herum des Tages über, und belegen die Oerther worauf sie gestanden ha- ben, mit Filze, weil der Schaafsgeruch für dieses Infekt etwas unerträgliches feyn foll. Sollte etwa die Hitze bey denen selben eben dasjenige verursachen, was fie oft bey Hunden und andern Thieren auszurichten vermag? Alle Säfte der Thiere alcalefiren . im Sommer. Aber es gibt noch eine ganz andere Art von Tarantuln, die ganz gewiß giftig ist, und fcheerenförmige Fuß- Spitzen hat. Ich rechne fiel aber nicht zu den Spinnen, fon- dern zu den Phalangis des Ritters von Linne, und es ist eben dasjenige Infekt, was die Kalmücken bey Astrachan Bychoncho nennen. Es ist auch haarigt, besonders an feinen Extremitä- ten, ungefähr so lang und fo dick, als die italiänische Tarantul, gelb oder auch aschgrau. Der Rücken desselben ist höckerigt, vorwärts abgestumpft, und an dem mittleren Rande mit einer hervorragenden Erhöhung versehen. Die Scheeren fehen dunckel- gelb aus, und in denselben liegt der giftige Saft verborgen. Der Bauch ist länglicht, weich und in verschiedene Ringe ab- gesondert, besonders giebt folches eine Qual für die Kameele ab, die, •A, + „ze 485 die, indem sie den Sommer über ihre Haare verlieren, von demselben grausam behandelt werden. Man beobachtet dabey, daß der Mastdarm bey den Verwundeten herausfällt, daß alle Zeichen einer heftigen Entzündung im Unterleibe vorhanden sind, daß sie dennoch durch kein ängstliches Geschrey die Empfindung ihres Schmerzens zu erkennen geben, fondern geruhig sitzen und sich erheben, und daß sich endlich ihre Plage gemeiniglich den dritten Tag mit dem Tode endige. Auch wann Menschen von diesem Infekt gebiffen werden, finden sich alle Umstände einer heftigen Entzündung ein. Die Kalmücken laffen solche Verun- glückte in Kuh- oder Kameelmilch baden, und geben ihnen dar- auf den aus derselben abgezogenen Brandtwein innerlich zu trina ken. ( S. Pl. 53. ). - Der Tiger heißt in der Persischen Sprache Paleng, und Tiger; er ist in den waldigten Bergen der Provinz Masanderan ziem- lich gemein. Er hat vermöge der Gestalt eines Leibes, der in Betracht der niedrigen Beine allzu lang ist, einer grimmigen Augen, feiner beständig hervorragenden Zunge, feiner Sprünge, und feines verlängerten Schwanzes, mit dem Ostindischen Tiger eine vollkommene Aehnlichkeit, aber er ist weder fo groß, noch so grausam, als derfibe. Ich habe keinen angetroffen, der länger als 7. Fuß gewesen wäre, vorne, nemlich von der Nase an bis zum Anfang des Schwanzes gerechnet, und dieser betrug dann etwa 2. Fuß. Wenn er nicht gereizt wird, hört man fel- ten, daß er auf einen Menschen losgehen soll, aber zahm läßt er sich nicht machen, weder durch Gewalt noch mit Güte. Junge Tiger gleich von ihrer Mutter genommen, die das erste Jahr die beste Hoffnung eines veränderten Naturels von fich gaben, muten nach 14. Monaten oder längstens nach anderhalb Jahr erschoffen werden, weil sie von der Kette, an welcher fiel ange- bunden waren, durch den Verlust ihrer Freiheit angetrieben junge und erwachsene Menschen anfielen, und sie jämmerlich zu richteten. Das Weibchen wirft im Frühjahr drei bis vier Junge. Die lange und schwarze Hautflecken find auf einem weißlichen Grund angebracht. Die Nase und ihre Seitentheile sind falb und angepflekt. Hingegen die Schläfe, die Stirne und der Scheitel haben schwarze Flecken. Die Haare des Leibes P) p p 3 find 486 A, L. „F find nicht fehr lang, jedoch diejenige, welche die Seiten des Kopfs unter den Ohren bekleiden, mögen wohl 3. Zoll in der Länge betrragen , ihre Farbe ist hellfalb , das Ende des Schwanzes ist schwarz, und der übrige Theil desselben mit fchwarzen Flecken auf einem weißlichen Grund umgeben. Die ' Brust und der vordere Bauch führen kurze und gleiche Uuerfreiffen; die Haare auf den Seiten und an der Spitze der Zähne haben eine weißliche Farbe und find gelb gesprengt. Die vordere Füße haben 5. und die hintere 14. Man achtet in Per- fien die Haut dieser Thiere hoch, und gebraucht sie zu Pferde- F: Ein sehr mittelmäßiges Fell wird zu 3. Rubel ver- CUft. - - Von wiederkäuenden Thieren beobachtete ich eine ziemliche Anzahl. Der Fisch, das Reh, und der Damhirsch find Ein- wohner der waldigen Gegenden: jedoch erschienen manchmal alle drey in den Steppen, und insbesondere das Reh, welches einen vorzüglichen Geschmack an mancherley Gattungen von Baum- mofen findet. Man kan eben nicht sagen, daß die Perfer vor dem Fleisch dieser Thiere einen Abscheu hätten; aber sie fragen doch auch nicht viel darnach, wie sie sich überhaupt auf der Jagd, die sie durchgängig lieben, mehr mit dem Herzen der Schweine abgeben, und jene Thiere lieber wenn sie noch jung find, lebendig fangen, und bloß zur Luft zu Hauß-Thieren zie- hen. Eine ganz besondere Gattung von Schaafen, die in der Gemeinschaft verschiedener Ziegen auf den höchsten Gebürgen Her- denweise lebt, verdient hier eine genaue und umständliche Anzeige. Sie heißt in der Persischen Sprache Kotschkui und in der Türkischen Dachkutsch, welche beyde Nahmen so viel als ein Das orien wildes Schaaf bedeuten. In der That erfordert es die Be- talische, schaffenheit der Hörner, und die ganze Gestalt des Leibes, mit Schaaf welcher dieses Thier versehen ist, daß man es zu diesem Ge- schlecht rechne: andere Eigenschaften hingegen verlangen, daß man es als eine eigene Art von denselben, als ein Mittelding zwischen Schaafen, Hirschen und Ziegen ansehe. Ich nenne es inzwischen - Das orientalische Schaaf, und theile folgende Be- schreibung von ihm mit, mit einer beigefügten, nach der Natur PE's •A, H. „F 487 verfertigten Abbildung, welche auf der 55ften Platte vorgestellt ist, und die letzte Probe von dem Fleiß des verstorbenen Bo- uriffows war. Länge des Leibes von der äußersten Spitze der Schnauze bis zum Anfang des Schwan- zes in gerader Linie gemeffen - - – des Kopfs s: s - - - - – des Halfes - - s - - - – des Rückens - S - - - s – des Schwanzes - s - - * – der Schenckelbeine - - - - - – der Schienbeine s is a s - – der Fußsohlen - - - - - * – des vordern Arms - - - - - - des hintern Arms - - - - - – der Hände s: s s = = – der Hörner - s s - - - Umfang des Kopfes bei den Augen gemeffen Schuh. – des Halses unterhalb des Kopfes - - –– – – bey feinem Ende - - - – des Leibes bey den Armen - - - – – – in der Mitte - - - - – – – bey den Füßen - - - Länge des Mundes - - - - - - Weite der Mundes - Oefnung - - - - Länge des Kinns - - s - - - Breite – – - - - - - - - Länge der Naselöcher - - * - - - Breite – – - - - - - - Abstand - - - - - - - - – – – von den Augen. - - Länge der Augen - - - - - - Breite – – - - - - - - - Abstand - - s - S - - S – – – von den Ohren * - - Länge der Ohren g s - - - - P Breite - - - s - - - Zoll. Linien, I O 438 -, F. „Es - - - - Schuh Zoll. Linien. Abstand Hey Ohren S s s s s a) O 5 O Breite des Kopfs zwischen den Naflöchern - und den Augen - - - - - -| o | 2 | 5 – des Kopfs vorwärts hinter den Naflö- chern gemeffen - - - - - -| o | | | 9 – des Kopfs bey den Augen - - - o | 2 | 7 – der Hörner bei ihrem Anfang - | o | 3 | 0 – – – oberhalb bey ihrer Mitte - o | o | Io – – – bey ihrem Ende - - -| o | 9 | 5 – der Hörner an den Seiten bey ihrem Anfang s s z- - - s d sl. O 3 | 2 – der Hörner an den Seiten bei ihrer Mitte - - - - - - - - O 92 | II – der Hörner an den Seiten bei ihrem Ende - - - - - - - - 0 | 0 | 8 – des Hinterkopfs vorwärts der Ohren - o | 3 | 8 – der Schlüffelbeine vorwärts - - - o | 8 | 9 - – – – in der Mitten - - O | 7 | O – – – – hinterwärts - - -| 9 | 4 |10 – der Schaamknochen vorwärts - -| o | 8 | o – – – – in der Mitte - - O 6 | 4 – – – – hinten - - - O | 5 | I Abstand zwischen den Vorder- und Hinter- Füffen - s --- - - s - I 4 | 6 Länge der Klauen - - - - - - -| o | 2 | o Breite – – S - - s -| O I 8 Der Kopf dieses Thiers ist länglicht, und man betrach- tet ihn füglich nach einem vordern und nach feinem hintern Theil, der durch die an dem Wirbel befestigte Hörner abgefon- dert ist. Der vordere Theil erstreckt sich von der Stirne bis zum äußersten Ende des Mundes, und der hintere Theilendigt sich mit dem Hinter- Kopf, an dessen beiden Seiten die Oh- ren stehen; den mittlern Theil oder die Scheidewand macht also der gehörnte Wirbel aus. - Der N, H. „F- 439 Der vordere Theil ist bey feinen Anfang zusammenge- drückt und breit, oder um mich beffer auszudrücken, das Orien- talische Schaaf hat eine platte Stirne, welche unterhalb den Augen und unweit des vordern Winckels derselben mit zwoen länglichten ziemlich tiefen und ungemein haarigten Höhlen verfe- hen ist. Da, wo die Stirne aufhört, verengert sich der Kopf in den Nas- Knochen, wird conver, spaltet sich in die beyden Naslöcher, und läuft in den Mund aus, der einen runden Umfang hat. An den beyden Rinnladen des Mundes beobachtet man zahlreiche Bart - Haare. Es giebt unter ihnen groffe, kleine, und mittelmäßige. Einige sehen weißlich, und andere schwärz- lich aus. Sie find gerade, borstenförmig und ohne eine regel« mäßige Lage geordnet. Die Oefnung des Mundes ist ziem- lich weit; Hunds-Zähne sind nicht vorhanden. Von Schneide- Zähnen befinden sich in der untern Kinnlade 8., die alle platt find, und von denen auf beiden Seiten der Aeufferte der kleinste ist, und der darauf folgende etwas kleiner als die übrigen. Die Zahl umd die Gestalt der Stockzähne, verhält sich wie bey unfern gemeinen Schaafen. Die Zunge ist verlängert breit, dick, nach hinten zu mit zahlreichen rauhen Wärzgen betreut, und nach vorne mit Borsten besetzt , die auch rauch find. Die Naslöcher find bloß an hintern verdickten Theil einwärts zurückgeschlagen; und haben eine schwarze Farbe. Der zwischen den Naslöchern und dem Kinn befindliche fleischichte Theil ist in der Mitten mit einer deutlichen Furche ausgehöhlt. Die Augen find fehr groß, rund, und an den Seiten des Kopfs hinter den Hörnern befindlich. Der Augenstern ist kohlschwarz und der Augen - Regenbogen himmelblau. Die Mikhaut führt eben diese Farbe und ist ziemlich dick. Der Widder allein von dieser Thier-Art prangt mit Hörnern. Sie sind gerade, zusammengedruckt, hohl, spiral- förmig rückwerts gebogen, und an ihrem ganzen Umfang mit erhöheten in die Quere lauffenden Ringen: ihre Breite sowohl als ihre Dicke nimmt mit den ermeldten Ringen nach und nach ab, und um ihre äußerste Spitze find sie daher ungemein dünn und scharff. Ihre Farbe fällt vom weißen ins dunckelbraune. Dritter Theil. Q q q Die 490 •A, „F- Die untere Gegend der Augen wird mit borstenähn- lichen ungemein steiffen geraden und kohlschwarzen Haaren, wel- che länger als die Bart-Haare sind, besetzt. Der Hinterkopf ist ungemein höckerigt. Die Ohren find aufrecht und beweglich. Der ganze Kopf ist dick mit Haaren besetzt, die eine weißliche Farbe haben, und nur an dem untern Theil des Kinns, da, wo die Bart - Haare stehen , etwas dunkelgrau und gelblich. Sie sind anfänglich ungemein abgekürzt, werden aber immer länger, je näher sie sich bei dem Halse befinden, und zuletzt stellen sie einen ordentlichen Büschel vor. In diesem Zu- stand sind sie auch viel steiffer als an dem vordern Theil des Kopfs, ja von Schweinsborten fast gar nicht unterschieden, Die an dem obern Kopf vorwärts vor den Hörnern befindlichen Haare fallen von einer dunkelrothen Farbe in die weiße, mit dem Unterschied, daß die weiße Farbe in der Gegend von der Stirne an, bis zur Spitze des Mundes am merklichsten ist; fo daß von den Augen auf beiden Seiten nach dem Munde zu, ein breites Band auslauft, welches beinahe ganz dunckeroth aussieht, und wo die Haare nur mit einer weißen Spitze ver- fehen werden, und daß endlich an der Stirne selbst die röthliche Farbe die Oberhand bekommt. Auch da sind die Haare dicker, als an dem obern und vordern übrigen Kopf, und eben daselbst find sie auch etwas länger. Der Wirbel und der Hinter- Kopf sind angenehm roth, die Haare dick, durchaus wie bey dem Hirsch und bey dem Reh gestaltet. Die Ohren führen aufferhalb ganz weiche, kurze, und aschfarbene Haare, gerade wie das Eichhorn aussieht, wann es in seinem Winterhabit er- fcheint ; inwendig sind sie gegen ihrer Mitte von Haaren entblößt, auf beiden Seiten aber, werden sie mit weißen, in ganzen Büscheln, bedekt. Der Hals des Orientalischen Schaafs ist kurz und dick. Der Rücken mäßig dick, und hinterwärts erweitert. Kein Ey ist dem andern ähnlicher, als Hirsch-Haare und die Rücken- Haare dieses Schaafs. Sie sind nemlich oberhalb röthlichgelb, - / … Untete - - - •A, H „se 49 unterhalb weißlich, weich und dichte. Merkwürdig aber ist, daß wie bey dem Bock, also auch bey diesem Thier ein gewal- tiger Bart-Busch von dem Kinn nach den Vorder-Füfen, herabhängt, der aus ungemein langen, feiffen, fchwarzen oder weißlichen, und nur mit einer schwarzen Spitze verfehenen Haa- ren, besteht. Und dieses muß ich auch noch erinnern, daß ein groffer Theil von der Gegend unter den Schulterbeinen aus Haa- ren besteht, die halb weiß und halb schwarz sind, die an der Haut fest und dicht auffizen und eine geringere Länge haben, als die übrigen. - Die Schulterbeine, die Schenckel, der Vorder-Arm, und das Schenckelbein, sehen aus wie der obere Theil des Leibes. Der untere Arm aber, und das Schienbein, wie der untere; etwas aschgraues ist hier und da, mehr oder weniger bengemischt; und die röthliche Farbe läßt auch manchmalen noch den hintern Füssen deutliche Spuhren von ihrer Gegenwart licken. - - In Ansehung der Füße und der Klauen habe ich bei dem Orientalischen Schaaf gar nichts zu erinnern, indem dies- falls eine folche Aehnlichkeit zwischen ihm und unterm Hausschaaf herrschet, daß es, wann sie von beiden Thieren verwechselt wer- den follten, schwehr fallen würde einen Unterscheid zu finden. Mit den Brüsten bei dem Weibchen hat es eben die felbige Beschaffenheit. Aber die innere Bildung der Theile, kommt mehr mit der Ziege ihrer überein. In der Leber befinden sich gemeiniglich auch viele kleine Würmer. Das Orientalische Schaaf hat ein anderes Naturell als das unsrige. Wann dieses voller Sanftmuth ist, wann es sich fowohl aus Unvermögen als aus Vorsatz nicht getraut, im Fall der Noth diejenigen Kräfte anzuwenden, die die Natur ihm ver- liehen hat; so ist hingegen jenes behender, beständig zum Streit bereit, doch so, daß bei aller seiner kämpferischen Begierde das furchtsame Wesen sich dennoch äußert. Die Streit - Uebungen mit denen es sich abgibt, erstrecken sich auch nicht weiter, als - - Q q q 2 auf 492 •2. - - auf andere Kammeraden von feinem Geschlechte; unter diesen aber scheint ein jedwedes privilegiert zu feyn, dem andern den Krieg anzukündigen. Ehe fiel auf einander loßgehen, bücken fie erstlich den Kopf nieder, endlich kommen sie näher zusammen und foffen sich. Ich bin auf einer Stelle gewesen, wo derglei- chen abgefallene Hörner das Erdreich fast bedeckt hatten. Und ich weiß von Augenzeugen, daß sich der Kampf zwischen zweyen folchen Thieren fehr oft nicht anders endigte, als mit dem Tode des schwächern Theils. Das Orientalische Schaaf hält sich nirgend anders auf, als auf den höchsten Gebürgen. Es begiebt sich niemals in das Vorgebürge, geschweige auf das flache Land. - Man jagt es auf eben dieselbe Art wie die Hirsche und Rehe, aber fo umgänglich unser Schaaf mit dem Menschen ist, fo sehr es sich an denselben gewöhnt, fo verschiedentlich fürchtet fich hingegen das Orientalische. Es läßt sich auf keinerley Are und Weise zahm machen, fondern, wann es seine Freiheit ver- lohren hat, verlangt es auch weiter nicht zu leben, und stirbt gemeiniglich nach wenigen Wochen. Der Widder ist in andert- halb Jahren und das Schaaf in einem Jahr zur Fortpflanzung fähig. Die Zeit der Begattung geschieht im September und die Brunst dauert einen Monath. Man weiß nicht, daß sich diese Thiere zu einer andern Jahres-Zeit mit einander belauffen follten. Das Weibchen setzt im März 2. oder 3. Junge. Es fehlt auch denjenigen Gebürgen, wo sich diese Thiere aufhalten an einer Menge schmackhafter Kräuter nicht: fie sollen aber auf die Baum-Moofe am erpichtesten sein. Ihr Fleisch ist ein wahrer Leckerbissen. Ihre Wolle aber von fchlechtem Werth. Sie werden nicht fo fett als unfre Hauß- Schaafe, geschweige wie die Barbarische mit breiten und lan- gen Schwänzen, und bringen ihr Leben auf 12. bis 14. Jahre. Mein Onckel, J. G. Gmelin schreibe in dem 1sten Theil feiner Sibirischen Reisebeschreibung pag. 368. und folg, auch von einer Art wilder Schaafe, die auf Mogolisch Argali ge- Mann «A, H „A- - 493 nannt werden, und ich erinnere mich dieser Beschreibung lange nachdem ich die Nachricht von den Perfischen wilden Schaafen abgefaßt hatte. Es ist also gut, daß die Erzehlung von einem fo besondern Thier wiederholt worden ist, das sonsten Gefahr kauffen könnte, gänzlich verlohren zu gehen. Die Schaaf mit breiten und langen Schwänzen, von denen ich im zweiten Theil meiner Reisebeschreibung gehandelt habe, find in ganz Persien die gewöhnlichste Arten: unfre ge- meine Europäische aber, trifft man dafelbst nicht an. Dies ist jedoch nicht hinlänglich die Gattungen mit Grund zu vervielfäl- Ligen. Es ist bekannt, daß der bey den Aerzten fo berühmte Be 2Bezoar aus den Morgenländischen Gegenden kömmt. Bezoar in der Perfischen Sprache Pafahr, und man kan leicht greiffen, wie aus diesem letzten Wort das unfrige entstanden sein möge. Man weiß aber, daß diese Materie nichts anders als eine zu Stein gewordene Verhärtung gewifer in dem Ma- gen einer besondern Ziege erzeugter, schon zum voraus ungesün- der und träger Säfte fey, die fich nach und nach anhuuffet, nach den Gesetzen der Krystallisation zusammenwächst, und nach der Verschiedenheit des allerersten Ansatzes verschiedene Gestalten annimmt. Die Ziege, welche den Bezoar liefert, heift im Per- fischen Pateng und ist Kämpfers Cagricerua. Amoen. exot. ff. IF pag: 3ps: fg. s. Herr Briffon nennt sie Gazella Be- zoardica, oder Hircus, cornibus teretibus, rectis, ab imo ad fummum fere annulatis, apice tantummodo laeui, quadrupeda. O. / gg. m. n. und bey dem Hn. von Linne hat, fiel den Nah- men, Capra, cornibus teretibus arcuatis totis annulatis, gula barbata. Suf. nat. tom. I. p. 96 m. . - Diese Ziege ist ungefähr so groß, als unfte Haußziege, aber nicht so hoch, ja noch etwas niedriger als das Orientali- fche Schaaf. Die Hörner haben fast 2. Fuß in der Länge, find hoht, nach oben zu gerichtet, mit Ringen versehen, die in dem Alter des Thiers unmerklich werden, an den Seiten zu fammengedrukt, in der mitte. Nachenförmig ausgehölt, fehrfark, glatt und leberfarben. Die Gestalt des Kopfs kommt mit un- Q q q 3 frer zoah 494 . •A, 2: „F- fer Ziege überein, vorwärts sieht derselbe schwarz aus, an den Seiten röhlichgrau mit etwas schwärzlich vermischt, hinterwärts aber bedecken denselben röthliche ' untermischter afh- farbe. Die mit einem ziemlich langen Bart versehene Kehle ist kastaniengelb, und fällt etwas ins schwärzliche. Die Haare des Leibes sind grauröhlich. Oberhalb auf der Mitte desselben erstreckt fich von dem Hals an bis zu dem Anfang des Schwan- zes ein nach der Länge lauffendes kohlschwarzes Band, welches anfänglich ziemlich breit ist, und sich nach und nach verschmäh- lert. Auch der Schwanz ist schwarz und von mittelmäßiger Länge und Dicke. Es sind mir verschiedene Weibchen gebracht worden, und ich habe bey keinem eine Spuhr von Hörnern ent- decken können. Das Thier liebt die erhabensten Felsen auf den höchsten Gebürgen, zu seinem Auffenthalt, lebt Heerdenweise mit Thieren von seiner Art und dem Orientalischen Schaafe zusam- men, ist überaus furchtsam, ungemein flüchtig, wird im Herbst läuffisch und bringt im Frühling seine Jungen zur Welt. Nicht in allen Patengs findt man den Bezoar. Es ist ein feltenes Beyspiel, ein Glück, das man nicht genug zu schä- zen weiß, wann in einer oder der andern dieser Stein angetrof- fen wird. Die Einwohner des Nordlichen Persiens behaupten einstimmig, daß alle Erzehlung von Ziegen, die bey ihnen und in ihren Gegenden Bezoar gegeben haben sollen, erdichtet feyn. Nur in dem innern Persien und besonders in den Provinzen Laar, Chorafan und Kandahar soll es Ziegen von dieser Art geben, die den Bezoar in sich erzeugen, und auch da heißt es, treffe man fehr viele Individuen an, die davon befreit bleiben. Die Böcke sind, wie man mich versicherte, der Krankheit mehr unterworffen, als die Ziegen, und alte Thiere mehr, als junge, Man will denselben auch von auffen ansehen können, ob sie Steine in sich haben oder nicht. Sonsten stelle ich mir die Er- zeugung derselben nicht anders vor, als ich mir die Gegenwart der Steine in der Harn- Blase begreiflich mache. Wahre Be- zoar-Steine müffen bläulich oder grünlich aussehen, und diese, die mir von einer solchen Farbe gezeigt worden, hatten alle ei- nen fo angenehmen durchdringenden Geruch, daß man wirklich vermuthen möchte, es wäre in denselben vieles von der Kraft - - der- •A, - „se- 495 derjenigen Pflanzen enthalten, die zur Nahrung der Thiere ge- dient haben. Ich will für den Bezoar und die bezoardische Arzneien gar keinen Advokaten abgeben. Indeffen find doch in der Geschichte, die davon handelt, so viele, und von so vielen Menschen aufgezeichnete Nachrichten vorhanden, welche alle die fürtreffliche Eigenschaften des Bezoar auf das nachdrücklichste er- heben; und in Persien behauptet er noch feinen Ruhm bis auf den heutigen Tag. Wäre es dann nicht möglich, daß der wah- re Bezoar dasjenige Lob verdiente, fo man ihm ehmals beyge- legt hat, und könnte man nicht glauben, die Ursache, warum er folches verlohren, fey den erstaunlich vielen verfälschten Be- zoar-Steinen zuzuschreiben, die als wahre nach Europa gebracht und verkauft worden? Nirgend versteht man die Kunst zu be- triegen fo gut, als in Asien. Ein Morgenländer darf nur wif fen, daß eine Waare begierig gesucht wird, fogleich weiß er Mittel ausfindig zu machen, einer andern Sache den Schein der gesuchten zu geben, und also feine gewinnsüchtige Begierde zu befriedigen. Wie emsig trachtete man nicht zu Ende des vorigen Jahrhunderts und zu Anfang des jetzigen nach dem Bezoar? Wäre es wohl möglich gewesen, daß alle morgenländische Zie- gen zufammengenommen, das Verlangen der Europäer befriedi- get hätten? Wäre es möglich gewesen, da wir nun wissen, daß fehr wenige von ihnen diese Materie in fich erzeugen? Brachten wir also die Morgenländer nicht felbst auf den Gedancken, uns von dem Bezoar etwas zu schicken, das nur wie Bezoar aus- fahe? Konnten sie zu diesem Ende nicht gar leicht andere in andern Thieren erzeugte Verhärtungen verkauffen? Konnten sie wohl nicht gar durch die Kunst eine bezoardische Materie ver- fertigen? Und mufen wir nicht annehmen, was man uns gab ? Aber so fiel vielleicht der Credit des Bezoars, und also nicht durch feine Schuld. Weil viele zu ihrer Zeit berühmte Aerzte den Bezoar gelobt haben; weil er im Morgenland noch gegen- wärtig gute Würkung thut, und weil diejenige Steine, die ich als ächt befunden habe, von einem durchdringenden und daher in der That eine würkfame Eigenschaft verrathenden Geruch wa- ren, fo wollte ich lieber also mutmaßen, als frey Weil 496 «A, H „s- weil der Bezsar gegenwärtig dasjenige nicht mehr thut, waß er ehmals gethan hat, so habe er niemals nichts gethan, und könne nichts thun. Die Kunst, den Bezoar in Persien zu ver- fälschen oder andere hierische Steine dafür auszugeben, ist gäng und gebe: merkwürdig dünckt mich aber, und es zeigt einen ziemlich weit gekommenen betriegerischen Geist an, daß ein ver- fälschter oder falschangegebener Bezoar daselbst nicht wolfeiler verkauft wird, als der wahre. Die Probe eines ächten will man daraus abnehmen, wann der Bezoar auf die mit Asche besträute Hand gerieben, einen gelben Flecken nachläßt. Unser Hauß-Bock ist in Persien auch wild, und lebt gleichfalls auf den Gebürgen. Man findt in feinem vierten Magen ebenfalls Steine, die vor Bezoar ausgegeben werden. Aber unter den fälschlich angegebenen sind keine berühmter, als die das Thier Ahu liefert. - Ich rechne daffelbe wegen seiner Gestalt und Oekonomie zu dem Hirsch - Geschlechte, ungeachtet ich gestehen muß, daß ich feine Hörner nicht gesehen habe. Und jetzo gebe ich über- haupt nur diejenige Beschreibung von ihm, die mir feine jugend- liche Beschaffenheit verstattet; da ich es ganz jung bey mir et- liche Monath lang erzogen , und erst auf meiner Rückreise nach Rußland durch ein ungestümmes rauhes Wetter, so den jungen Ahu nicht gefallen wollte, verlohren habe. Das Thier war von der äußersten Schnauze bis zum Affer 2. Fuß 8. Zoll und 6. Linien lang. Die Höhe bey den Vorder-Füfen betrug 1. Fuß 11. Zoll, bei den Hinter - Füf fen aber 2. Fuß und 2. Linien. Die größte Dicke des Leibes mochte etwan 1. Fuß ausmachen. Der Kopf war ablänglicht, ganz und gar wie des Hirsch feiner gestaltet, und alle Haare deffelben fielen vom dunckelgrauen ins schwärzliche: Nach vorne zu endigten fiel sich mit weißen und nach hinten zu mit gelben Spitzen. Weiß fahen die Seiten-Theile des Kopfs aus, diejenige Gegend, welche die Hörner aufnimmt, und diejenige, welche zwischen denselben und den Augen befindlich ist; nur war etwas weniges gelbes an der Gegend der Hörner selbst und# • (-/-d 49) fchen den Augen beigemischt. Die Spitze der Schnauze war fumpf, blos und warzigt. Die Warzen hatten eine vierckigte und Rhomboidal-Gestalt, in der Mitte waren sie durchlöchert. Die Ulaflöcher waren auch bloß, und beschrieben einen halben Zirckel. Hinter denselben hatten die Seiten des Kopfs eine fchwarze Farbe. Mittelmäßig groß befand ich die Oeffnung des Mundes. Die obere Kinnlade ragte etwas über die untere her- vor. In dieser befanden sich von Schneide- Zähnen an der Zahl 8., platte, an ihrer äußersten Spitze eingekerbt, davon auf beiden Seiten die äußerten die kleinste und schmählte wa- ren, die übrigen in beiden Verstand Stuffenweise zunahmen, der dritte auf beiden Seiten der allerlängste und die zween Mit- lere die allerbreiteste waren. Den Rand beyder Kinnladen be- fetzten ringsum zahlreiche Warzen, die gegen den Rachen zu fich vergrößerten und zusammenfloffen. Die Zunge hatte eine röth- liche Farbe, war fieifähigt, länglicht, ungemein stumpf, an ih- rem ganzen Umfang mit merklichen Querfurchen und mit zween in die Länge lauffenden Linien versehen, die jedoch nur gegen die Spitze ihren Anfang nahmen, ziemlich tief lieffen, eine gerade Richtung hatten, und sich nimmermehr mit einander vereinigten. Sonsten war die Zunge glatt; und nur an ihrer hintern Grund- lage rückwärts berührt, rauch anzufühlen. An den glatten Gau- men bemerkte man auf beiden Seiten gewisse kleine fehr erhöhte milchfarbene Querkörperchen von gleicher Gröffe, die in die Länge ausgedehnte Zungen-Wärzchen vorstellten, und vermuthlich auch eben dieselbige Verrichtung thaten. , Die Maflöcher sind 7. Linien lang, 3. Linien breit, 10. von einander, und 2. Zoll von den Augen abstehend. Die Augen fnd sehr groß, länglicht, bey dem Leben des Thieres funckelnd. Der Regenbogen und der Stern vollkommen zirkelförmig. Jener fattdunckelgrau, und dieser vom bläulichen in das kohlschwarze fallende. Die Nikhaut violet. Die übrigen Häute fchneeweiß. Die Länge der Augenhöhlen beträgt 1. Zoll und 2. Linien, die Breite 6. Linien; 2. Zoll und 3. Linien find beyde Augen von einander entfernt, und dritthalb Zoll ist der hintere Augenwinckel von dem vordern Winckel der Ohren abgesondert. Die Ohren sind ge- rade, beweglich und dick mit Haaren besetzt. Diese Haare find an der vordern Seite kurz, schwärzlich, und laufen in eine Dritter Theil, F weiß- 498 •A, J. „F - - - weißliche Spitze aus; an der hintern hingegen fehr lang, sehr dick, und entweder schneeweiß oder weißlichgelb. Die Seiten- theile der Ohren biegen sich mit ihren Ränden nach innen zu, ihre Spitze ist stumpf, und schmahl: ihre Länge ist 1. Zoll, und da wo sie am breitesten find, nemlich in der Mitte, betra- gen sie 3. Zoll, 1. aber und 9. Linien sind sie von einander abgesondert, und abermal einen scheinen die von mir bemerkte Ansätze der Hörner unter fich abzustehen. Die Haare, welche sowohl die Ober- als Unterfläche des Leibes bedecken, find kurz, steif, und nicht wie bei den Zie- gen gekraußt , über die Hälfte aschfarben. An dem obern Rücken und dem obern Hals mit Kastanien- oder gar Po- meranzen - gelben Spitzen, an der Brust aber und dem Bauch mit mattgelben Endigungen versehen. Einen Schwanz hat die fes Thier nicht, wohl aber neben dem Affter eine ziemliche dicke, - häutige Warze. Der Affer hat eine vollkommen zirkelförmige Gestalt, und an der Mündung desselben beobachtet man, wel- ches Kennzeichen gar fonderbar ist, auf beiden Seiten einen fchneeweißen, breiten, sich bis an die Schenckelbeine erstreckenden Flecken, der 2. Zoll in der Breite hat, und fast noch etwas länger ist. Die Vorder- Füße sind länger als die hintern, beide sehen oberhalb wie der Rücken, und unterhalb wie der Bauch aus. Die Füße sind zweyklauig. Die Klauen schwarz, löchericht, und halbmondförmig, 1. Zoll und 3. Linien lang und 11. Linien breit: jedoch die äußere etwas länger als die in- mern. An den Augen des Ahu befand sich eine gedoppelte Reihe von Barthaaren. Eine war an dem obern Augenliede, und die andere an dem untern angebracht; beyde aus feiffen, fchwarzen, geraden, fadenförmigen, bald groffen, bald mit- telmäßigen Borsten zusammengesetzt. Andere Barthaare be- merkte man an den gedoppelten Seiten der beyden Kinnladen; und zwar solche in verschiedenen Reihen geordnet, aber der ganzen Beschaffenheit nach wie bey den Augen gebildet, dichter neben einander, waren allezeit die kleinere, und an den Untern- Kiefer fahe sie gewöhnlicher weiß aus. Gelb waren die Augen- braunen, schwarz die Haare der Augenlieder; zwischen deifen und den Augen bemerkte man einen nachgebliebenen bloffen fatt- dunkelgrauen Rand. - Der A, § „F- 499 Der Ahu lebt auf den höchsten Mal anderanischen und Gilamischen Bergen gemeinschaftlich mit dem Orientalischen Schaaf, mit der Europäischen und Bezoardischen Ziege. Aus einem von dem verdienten Hrn. Profeffor Pallas erhaltenen Brief vermuthe ich, dieser Ahu fey fein Ceruus pygargus, annoch aber habe ich den ersten Theil seiner Reisebeschreibung nicht erhalten. Auf die hier voranstehende Beschreibung groffer vierfüßi- gen Thiere mögen ein paar ganz kleine diese Nachrichten be- fchlieffen. - Sorex puflus. ( S. Pl. 57. 1. ) - Ich habe diese Art von Spitzmäufen schon in den Der-Zwo Mäu- bentischen Steppen angetroffen, nun kam sie mir auch hier vor, f-Gattun- und grub sich Höhlen auf Art der Kaninchen. Ihre Länge be- gene trägt von der Spitze der Schnauze bis zum Anfang des Schwanzes auf 3. Zoll und 7. Linien; die Schnauze selbst ist nur 3. Linien lang. Der äußerste Theil der Schnauzen-Spitze steht von dem vordern Winckel der Augen 4. Linien ab, 1. Li- nie find folche lang, 3. breit, und 2. von einander entfernt. Der hintere Augenwinckel ist von dem vordern der Naselöcher 2. Li- nie entfernt. Die Ohren haben im Durchmesser der Länge nach 2. Linien, und der Breite nach eben fo viel, und von einander fehen fie 4. ab. Zwischen dem hintern Winckel der Naselöcher ist bis zum Anfang des vordern Arms ein Abstand von 3. Linien, und von dem vordern Arm bis an die Schenckelbeine ein anderer, welcher 1. Zoll. 2. Linien beträgt. Der Kopf ist 10. Linien lang. Der Hals mit dem Rücken 1. Zoll 3. Linien, Und der Schwantz 1. Zoll 1. Linie. Die Nase dieses Thieres ragt über die untere Kinnlade gleich einem Rüffel hervor, ist spitzig, und von 2. Nafelöchern durchbohrt, die vermittelt einer in der Mitte befindlichen Fur- che von einander unterschieden werden. Die Barthaare fallen von der weißen Farbe in die dunkelgraue; die vordere find kurz - - R r r 2. . . " - und 500 «A, K. „Es und die darauf folgende werden nach und nach größer. Die Ohren haben eine runde Figur, und an dem äußern Rand find sie eingebogen. Von Schneide-Zähnen gibt es in der obern Kinnlade zwey lange, einer Schuhpfrieme ähnliche und zugespitzte, in der untern hingegen 4. neben einander geordnete, kurze, fumpfe, und gleichsam abgeschnittene. Von Hunds-Zähnen hat der obere Kiefer 3., davon der erstere länger ist als die übrige, der untere hingegen nur 2. Von Stockzähnen find oben und unten und auf jeder Seite 4. vorhanden. Der obere Leib dieser Spitzmauß sieht oberhalb dunckel- grau, und unten aschfarben aus. Die Vorder- und Hinter- füffe sind mit 5. Zehen verfehen. Den Schwanz besetzen auf beiden Seiten weißlichte Haare. - Mus micruros. ( S. Pl. 57. 2. ) - Zollinien, Länge von der äußersten Schnauße bis zum Anfang de8 Schwanzes S - - S - - + 3 3 – des Schwanzes - - - - - - - 0 | 6 – der Schnauze - - - - - - o | 1 – des Kopfs s - - - - g - O I1. – des Halses - s - - - = --- - O 7 – des Rückens bis zum Anfang des Schwanßes | 1 | 1 – von der äußersten Schnauze bis zum vordern Winckel der Augen - - - - - | 0 | 3 Durchmesser der Augen in der Länge - - - o | 1 – – – – – – – Breite - - - o | 1 Abstand der Augen - - - - - - -| o | 3 – – des hintern Augenwinckels bis zum vor. " dern der Ohren - - - - - - -| 0 | 4 * Durchmesser der Naselöcher in der Länge - - -| o | 4 Breite - -| o | 4 Länge von der äußersten Schnauze bis an die Vor- der-Füffe - - - - - - - - - 9. – von der äußersten Schnauze bis an die Hinter-| | üffe O - - - - - - - - -l 1 | To - Aller- A, B „R- - ger Allerdings fehen die Zähne bei dieser Maus eben so aus, wie sie bei den Mäusen auszusehen pflegen: der Leib fällt vom afhfarbenen oberhalb ins dunkelgraue, und etwas gelblich- tes mischt sich dabei mit unter; unten aber fehlt er gräulicht- weiß aus, doch fo, daß alle Haare von ihrer Grundlage an bis nach ihrer Spiße schwarz find. Der Kopf ist ungemein kurz, und endigt sich mit einer stumpf auslaufenden Schnauße, deren Naflöcher ganz klein, rund und zwischen ihrer Mitte mit einer Furche versehen sind, die gerade an den Schneidezähnen der obern Kinnlade ihre Endfchaft erreicht. Die Barthaare haben die Farbe des Untern-Leibes; unter ihnen aber sind die Vordere am kleinsten, und die Größe der übrigen erhebt sich fuffenweife. Bloß sind die Augenlicder: der Stern und der Regenbogen sind schwarz, länglich aber die Oefnung der Augen. So klein diese Maus ist, so hat sie doch ziemlich groffe Ohren, von einer abgerundeten länglichen Gestalt, und sind stark haaricht. Die vordere Füße haben 4., und die hintere 5. Zehen. Ihre Nägel sind spitzig, und auf beiden Seiten haaricht. Gar zu kurz ist der Schwanz dieser Maus, auch wieder ringsum mit Haaren besetzt. Selbst die männliche Ruthe endiget sich mit einer Borte. Der innerste Zehen ist unter allen der kleinste. Der Wind war uns auf der Reise von Medfhetissär nach dem Enzellischen Hafen, allwo ich wieder anlanden mußte, um meine daselbst befindliche Gesellschaft wieder zu mir aufs Schiff zu nehmen, weder günstig noch zuwider, dann wir hatten gar keinen, und das verursachte, daß mir zu Vollendung meiner Reife, welche man fonsten in ein- oder zweimal 24. Stunden zu thun pflegt, 12. ganzer Tage nöthig hatten. Die Hoffnung also, welche ich bei mir noch immer unterhielt, nach Astrachan in diesem Jahr zurück zukeh- ren, verschwand nun gänzlich. Dann nach Kayferlichen Befeh- len darf kein Schiff nach dem ersten November die Gilanische Hafen verlaffen, der Ursache aber, welche einen folchen Befehl veranlafft hat, habe ich schon gedacht. Ich beschloß daher den Rest dieses Monaths, den December und den Jenner in Enzelli zuzubringen. Nachdem ich in diesem Hafen angekommen war, wurde mein Gemüth durch neue traurige Begebenheiten in eine abermalige Verlegenheit gesetzt, dann ich vernahm, daß wäh- - - R r r 3 rend 502 «A, H. „F- Enzelli. rend meiner Masanderanischen Reise der wackere Student Klu- tfcharew und der Ausstopfer Kotow das Zeitliche gesegnet hatten, und heftige hitzige Fieber sollen an dem zu frühzeitigen Schicksal dieser Leuthe schuld gewesen feyn. Ich verlohr durch diesen unerwarteten Zufall nicht nur ein paar tüchtige und nöthige Leuthe meiner Expedition, fondern noch ein paar andere damit verknüpfte Umstände machten mir denselben fast unerträglich. Die Absichten nemlich, welche ich unter der Verschickung des Klutscharews nach den Gebürgen gehabt hatte, wurden gänz- lich vereitelt; ich erhielte weder Saamen von denjenigen Pflan- zen, deren Bluhmen ich im Frühling felbst gepflickt hatte, noch wurde das Gebürge Deliman untersucht. Nicht nur hatte die Zubereitung der Vögel und Thiere für das Kayserliche Natura- lien-Cabinet ihre Endschaft erreicht, fondern ich traf auch die groffe Anzahl derjenigen, die fähon fertig waren, in dem jäm- merlichsten Zustand an. Zu diesen Unglücksfällen gesellten sich noch mehrere. Die Hälfte von dem bey mir befindlichen Sol- daten - Commando und die brauchbarsten Matrosen wurden vom Tode weggeraft, der Steuermann felbst aber verfiel in eine ge- fährliche Krankheit. Man kan leicht erachten, wie mir bey allem diesem zu Muthe gewesen fey, und mit welcher Zufriedenheit ich meine Zeit zu Enzelli zugebracht habe? da theils die Jahres- Zeit neue Beobachtungen zu machen verhinderte, theils mein fast zweijähriger Auffenthalt in dem nordlichen Perfien viele Neuigkeiten nicht versprechen konnte. Was mir noch allenfalls merkwürdig zu feyn vorkam, das begreiffen folgende vermischte Nachrichten. Der Winter war dieses Jahr so streng, als er fit un- denklichen Jahren nicht gewesen sein soll. Im December fiel 3. Wochen lang ein halb Mannes hoher Schnee. Die Orangen- und besonders die Badranken - Bäume erfroren, und während dieser Witterung bemerkte man beständig Stürme aus Osten. Diese lokten in unglaublichen Heeren die roten Gänse von dem oftlichen Ufer der Caspischen See nach dem westlichen, und da- felbst fahe man nun auch die kleine Nadelfische (Sygnatus pe- lagicus) die ich sonst weder da, noch in der Wolga angetroffen habe. Zu Anfang des Jenners hörte diese Witterung auf, und fogleich stellte sich auch der Frühling ein, - In -. - - 503 - - In einigen aufgeschnittenen Wälzen fand ich Neunaugen (Petromyzon). Sie sind auch zu Astrachan nicht selten, und mit diesem Fisch vermehre ich also die Einwohner der Caspischen See. Die Fischer wollen nicht zugeben, daß der Schip eine Spielart des Störs fey; er ist es aber wirklich, und von dem- felben bloß durch feine Glätte und durch feine etwas spitziger Schnauze unterschieden. - Ich habe schon erinnert, daß in Gilan und Masande ran eine große Menge Kröten vorhanden sein. Von denjenigen, die sich im Waffer aufhalten, giebt es auffer der Rana tem- poraria eine große Lachkröte, die besonders gegen die nächtliche Zeit einen folchen Ton von sich giebt, der mit der Stimme ei" nes kollernden Menschen viele Aehnlichkeit hat. Sie kam für einen Riesen unter ihren Cammeraden gelten: der Gestalt nach, kommt sie mit der Rana temporaria überein, aber fie ist brei- ter und kürzer. Wirklich halte ich sie für eine noch ganz un- bekannte Art, die anderwärts ausführlicher beschrieben werden oll. f Auch an verschiedenen Arten von Eideren ist die Pro- vinz Gilan reich, und eben so halten sich in derselben die Schlan- gen in Menge auf. Den ganzen Winter über beschäftigen fich die Kaufleuthe mit dem Einpacken der Seide. Sobald folche abgewunden ist, wird sie von besonders dazu bestimmten Leuthen gereiniget, von denen ein jeder täglich 20. Cop. Lohn bekommt. Die gereinigte Seide wird in drey oder viertehalb Ellen lange wurstförmige Ballen zusammengepackt. Zu diesem Zusammenpacken aber wer- den drey Perfonen erfordert, zwo, die mit einem ungefähr an- derthalb Ellen langen, runden, armsdicken Holze die Seide zu- fammen schlagen und ein dritter, der sie mit einem Strick zu- fammenzieht. Ein jeder von diesen dreyen bekommt für jeden Batman 25. Cop. und 12. Batman werden gemeiniglich in je- den Ballen gepackt. Die Armenier pflegen die obere Seiden- lage in diesen Ballen zu kämmen, um dadurch ihrer Waare ein gutes Ansehen zu geben, aber die Fabrikanten beklagen sich über diesen betrügerischen Kunstgriff, und es ist ihnen lieber, wann IMON 504 •, K. - man die Seide in ihrem natürlichen Zustand läßt, fo wie sie von der Schale kommt. Eben so fehlen fiel es auch gerne, wann fiel kurz gewunden wird, weil niemlich eine langaufgewun- nene Seide schwehr abzuwinden ist. Im December-Monath landete ein Schiff in den En- zellischen Hafen an, welches bestimmt war, den Fischfang bey der Swidura abzuwarten. Es kommen in dieser Ab- ficht jährlich welche an, sehr oft begeben sie sich auch nach dem Kur. Warum man sich nicht der Astrachan viel näher gele- genen Samura zu diesem Ende bediene, verursacht ohne Zwei- fel der steinigte Muschelgrund, welcher den Schiffen in der Ge- gend von Derbent schon öfters gefährlich worden. Man kau diesen Fischfang in der Caspischen See füglich mit dem Hee- rings- und Stockfischfang in Europa vergleichen, und in dieser Rücksicht kan man ihn als einen Artikul der Handlung betrach- ten. Vom Ausgang des Hornungs an bis in die Mitte des Märzen, zu welcher Zeit nemlich die Fische sich aus der See nach den Flüffen in einer auffrordentlichen Menge begeben, um daselbst zu laichen, wird der Caspiche Fischfang getrieben, und es liefert derselbe Störe, Schips, Sewrugen, Belugen, rothe und weiße Lachse. Man gewinnt die Fische in einer fo unge- heuren Menge, daß binnen 14. Tagen und längstens binnen 3. Wochen alle vorhandene Schiffe beladen werden, aber auch während dieser Zeit müssen die Leuthe im arbeiten fo unermü- det sein, daß sie auch der nächtlichen Zeit nicht schonen können, wollen sie anders ihren Vortheil nicht verscherzen. Mit dem Fischfang febsten geht es gar nicht künstlich zu, sondern man bedient sich kurz und gut der durch die Erfahrung erlangten Wis fenschaft, daß sich die Fische zu ermeldter Zeit, durch den Trieb sich fortzupflanzen aufgefordert, von der Tiefe des Waffers nach der Oberfläche defelben begeben. Man nimmt Stangen von 1. bis 3. Faden in der Länge, an deren Spitze befestigt man ei- ferne Haken, stellt sich mit denselben am Rande des Ufers, und fährt fo lang im Waffer herum, bis einer von denen nach der Oberfläche fich begebenden Fischen an erwehnten Haken hangen bleibt, alsdann zieht man in aller Geschwindigkeit die Stange fammt dem Fische aus dem Waffer ans Land. Es ist - - Q", •A, P. „F 505 bar, daß die Rußische Musuren noch bis jeßo den Handgriff nicht erlernt haben, mit ermeldten Stangen selbst gut umzu- gehen, sondern genöthiget find zu Vollziehung dieser Sache Perfer zu miethen, die sich für ihre Arbeit stückweise, gemei- niglich 3. bis 6. Cop. für einen Fisch, je nachdem solcher groß oder klein ist, bezahlen laffen. - Der Caspiche Fischfang, mit welchem sich die Ruffen in einem fremden Land abgeben, ist nicht mit fo vielen Schwü- rigkeiten verbunden, und giebt zu keinen folchen Jalousien An- laß, als der Heerinas - Fang. Die Perfer verabscheuen den Gebrauch der Accipenfers, fowohl in Genua, pres Fleisches, als in Betracht des Kaviars, und kaum begreiffen sie jetzo, zu was der Leim dienlich fey. Sie sehen daher ganz gelaffen zu, wann Rußische Schiffe kommen, und fich diese in ihren Augen nichtsgeschätzte Naturgefchencke anmaffen. Jedoch nimmt Fetch Ali Chan für die Freyheit, die er den Ruffen zugesteht, einen gewiffen Tribut, Hedaet Chan aber läßt sich mit einem beliebi- gen Geschencke abfertigen. Die zu diesem Fischfang ausfahrende Schiffe find mit allen denjenigen Materialien und Handwercks- leuthen von Astrachan aus versehen, die fowohl zu dem Fang felbsten, als zu dem Transport nothwendig find ; jedoch werden die Kaviar - Fäffer um den Schiffraum in der Hinreise zu ge- winnen, erst an Stell und Orth verarbeitet, dann man belader gewöhnlicher Weise, um doppelten Gewinst zu bekommen, die Schiffe mit Kaufmanns-Waaren. Gleichfalls find diese ver- pflichtet, das benöthigte Salz von Astrachan mitzunehmen, da- mit die Krons-Regalien keinen Abbruch leiden; fonst könnten fie gutes und auch Steinsalz in Persien weit wolfeiler erhalten. - Es ist eine ausgemachte Sache, daß die Perfische Fische um die Hälfte schlechter sind, als die Astrachanische. Sie find nemlich veil magerer, und gegen jene wie ausgezehrt; daher dann auch die Rußischen Kaufleuche, die nach Astrachan kommen, um Fische einzukauffen, für die Perfische nur halb so viel be- zahlen, als für die Wolgische. Die Ursache dieses Umstands ist ganz begreiflich. Die Perfische Fische genießen keine andere Nahrung als diejenige, welche ihnen das gesalzene Seewaffer Dritter Theil, S. s s abs 506 •A, H. „F- abgiebt, so wird, um mich fo auszudrücken, ein beständiges Larier-Mittel dem Ansatz des Fettes immer wiederstehen. Die Wolgische Fische hingegen genießen in dem Waffer, darinnen fie sich aufhalten, eine gefunde , eine erquickende, eine sich mehr ansetzende Nahrung, und daher werden sie fett. Schmecken nicht aus eben dem Grund die Sterletten in Rußland beffer, als in Astrachan? Woher entstehen die Belugen - Steine, denen die Ruffen und Armenier so erstaunend viele heilsame Würckun- gen zuschreiben? Wirklich um der Fische willen würden keine Rußische Fahrzeuge nach Persien fahren; fie thun es hauptsäch- lich des Kaviars wegen. Noch größere Vortheile würden fe, zie- Hen, wann f- fe, sei kein ernstlicher angelegen feyn lieffen. Aus dem zweiten Theil dieses Tagebuchs erhellet , wie und auf was Art der Fischleim zu Astrachan bereitet werde. Ich habe nemlich angezeigt, daß die aus den Fischen frisch her- ausgenommenen Blase zuvörderst abgewaschen und fodann in die freye Luft gelegt werde, fo, daß die innere Haut unten und die äußere oben zu liegen kommt. Sobald nun jene abgesondert ist, wird sie in naßgemachte Leinwand geschlagen, aufgerollt, zwischen 3. Klößchen schlangenförmig gewunden, sodann an Fäden in der Luft aufgehangen, damit alle Feuchtigkeiten verdunsten mögen. Um also guten Leim zu bekommen, wird hauptsächlich ein forgfältiges trocknen der Blase erfordert. Man muß daher auf den Fischwehren gut eingerichtete Zimmer haben, in welchen diefes Trocknen besorgt werden kan. Und weil diese in Astra- chan vorhanden find, weil man besonders in neueren Zeiten sehr forgfältig damit zu Wercke geht, so kan sich der Astrachanische „Fischlein derjenigen Güte rühmen, die ihn so vorzüglich macht. Warum taugt also der Perfische nichts? diejenige Waragen, fo die Ruffen in Persien angelegt haben , find fähilferne Hütten, durch welche die Feuchtigkeiten der Luft beständig ein- dringen, und daher das austrocknen des Leims verhindern. Der Perfische Leim also, als Leim, ist nicht daran schuld, daß er zu Astrachan untauglich befunden wird. Würde man ihn gehörig trocknen, würden in Persien zu diesem Ende brauchbare Häuser erbaut, welches um fo nöthiger wäre, weil in diesen Gegenden die Luft mit so vielen Ansdünstungen, hauptsächlich zur Laichzeit - - der •A, - „F 507 der Fische, angefüllt ist, so würde der Perfische Leim aben die jenige Vorzüge erhalten, die der Astrachanische hat, und es würden dann daher die nach Persien des Fischfangs wegen ab- gehende Fahrzeuge mit größerem Profit zurückkommen, als es jetzo geschieht. In diesem Jahr brachten die Rußische Kaufleuche eine Waare nach Persien, die fonst niemals gebracht worden, nem- lich verfüllten Astrachanischen Weinbrandtewein von der Fa- - brike des Hrn. Obersten v. Beketoff. Die Perser kauften ihn begierig auf, und bezahlten ihn theuer. Wie man in Rußland den ausländischen Danziger Brandtewein vermöge des Astracha- mischen füglich entbehren kan, also können auch in Zukunft mit eben demselben die Muselmänner reichlich versehen werden. Den zehnten Februar Anno 1772. verließ ich mit dem nachgebliebenen Rest meiner Expedition den Enzellischen Hafen, und fegelte nach der Mündung der Swidura um daselbst die Reisekost und Orange - Früchte einzunehmen. Weil es einige Tage fähien, als wann sich die Luft vorgenommen hätte sich nicht mehr zu bewegen, so kam ich an den Orth meiner Be- stimmung erst den zwanzigsten an. Da fahe ich dem Fisch- fang, den ich erst beschrieben habe, selber zu. Da vermehrte ich die Liste der Perfischen Thiere mit wilden Katzen. Da be- merkte ich, daß sich die Frühlings - Flora eben fo wie zu Räscht verhalte, und unweit des Ufers fand ich vielen Eifenfand. Bey dem Proviant, den ich hier einkaufte, führe ich an, daß der Kaviar am besten frisch erhalten werde, wann man ihn in den Magen des Soms oder in aufgeschnittenen Sewrugen verwahrt. Den eilfen März lichteten wir den Ancker, und ich befahl dem Steuermann , gerade auf Derbent loszufeuren. Von dem Tage der Abreise an bis in die Gegend des Niefa- bethischen Hafens übte Aeol seine Grausamkeit an unserem Schiff auf eine aufferordentliche Art aus: wann man auch durch das Laviren des Tages. über ein paar Meilen zurückgelegt hatte, mußte man doch des Nachts wieder ebenfo weit in die See zurück- gehen, um der Gefahr des Strandes zu entgehen. Bei diesen S. s s 2 widri- 508 A, I „F- widrigen Stürmen wurden auch die geflügelte Einwohner der Luft unruhig, und diejenige, die fich von dem Land nur ein wenig zu weit entfernt hatten, fuchten, wann es nicht Schwimm- Vögel waren, auf unserem Schiff ihre Zuflucht. Den neun und zwanzigsten, als wir uns eben in der Gegend von Niefabat befanden, wurd der Sturm so heftig, daß man Ancker werffen mußte. Gr hielte zwoymal 24. Stunden an, wir verlohren in demselben alle vorräthige Ancker die wir uns zu Enzelli nach dem Unglück zu Medschedizär wieder ange- fchaft hatten, bis auf den lezten. Ich war also genöthiget den Gedancken nach Derbent zu gelangen, wieder fahren zu laffen, da noch überdies das Schiff leck worden. Man hielte deswe- gen den Curs gerade nach Norden. Den fünften April stieg ich bey der Wataga Lagau ans Land. Den zehnten kam ich auf meiner Schaluppe in Astrachan an, und priese mit einer sonderbaren Empfindung meines Herzens den, der mich eine so bedenckliche Reise glücklich und vergnügt vollenden laffen. - (71./en Reze – Ze ro/reutz - - - - - - - - - - - 7,1. 77. Z4 . V. Gmelin // – Behau" / 7777. 11 . 74 - *** - – 1 - T T z- - - – | | | | | | | | | | | - i - | | | | | | | | - - - - s | | | | l “ F ==- - - - - =F- - - – - === === - – – - - - - - - - - -------- | | | To - - - - - - 9,7% /z-Z, % zzzzzzz» Zy. ZZZ A7 - - - --- - - - - / - - - - - - - - - - - - - - – - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - --- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - --- - - - - - - - - ------------------ - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - – – – – - - - - - –– - – – – – – – - - - - - - - - - - -– - T … - - - - - - - - - - – - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - – - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - A T - - - - - - - - - - - - - - - --- - - - - - - - - - - - - - - - -- - - - - - s - - - Graz/ Zgº-Zar» zzy Aw. z. a. z. - - - , - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - mm----------- den zyo 2g – 79 - --- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -- 4. Z - - - --- ZZ" '- - «?? Metze-Bac/rei/zzo Zorn (-2- -S - --S §- //zzrak. - - - - - - - - - "V orp. 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