--- title: Z184348306 author: source: publication-date: layout: narrative --- ------- Im Inn - ( SEEH ) Dr. Joseph Salzbacher ( --- - capitular zu St. Stephan - - - - - - - - - - „was“ I … - - - s „W1 * Cºs heiligen Grabe Der Ertrag ist mit Allerhöchster Bewilligung als Alno- sen für das heilige Grab gewidmet - T- II. BAND. _-T Ayaz, zwar hohen Pum w …/rusalw, unw (www. 4%, 4% Gewinn-, einer „Sunny/ r AWrwutschen Feue , wa/ einer 41- Löw:/-/www.hew Airway dro/Mon. T-------- -- wTEN 1sass. Druck und Verling bei L. Grund, Stephansplatz, Zwettelhof Nº R6N. - Erinnerungen Pilger reife - n a ch - - WRom und Jerusalem, Finne Jahre 1835. »So lange wir in die fem Leibe find,« spricht der heilige Paulus Cor. V. 2. 57. »wandeln wir als Pilger vor dem Herrn; »denn wir wandeln hier im Glauben u nd nicht in der Ans wfchauung. Wir find aber frohen Muthes, und wünfchen »lieber, aus die fem Leibe zu wallen und bey dem Herrn »zu feyn,« – Wahrhaftig, unser ganzes Leben ist weiter nichts anders als eine Pilger fchaft; denn wir find hier nur Fremdlinge, die in diefer Welt keine bleibende Wohnung haben ! – Geist des heiligen Chri- sostomus. II. Theil. Augsburg, 1781. S. 61 und 62. - - - - - - --- - Inhalts-Anzeige. HP a 1 a e S t i n a. Abreise von Alexandrien . . . . . . . . . Ankunft in Jaffa . . . . . . . . . . . . Ramla . . . . . . . . . . . . . - - - Jeruf alem . . . . . . . . . . . . . Die Via dolorosa . . . . . . . . . . . Die heil. Grabkirche . . . . . . . . . . . Die Capelle des heiligen Grabes . . . . . . Sind die heiligen Stätten wirklich die echten? . . . Das lateinische Kloster S. Salvator . . . . . . . . . Zustand der Väter vom Orden des heil. Franziskus, und Auf Seite 15 - w-J 41 nahme der Pilger im Kloster . . . . . - Streit der Lateiner mit den Griechen um die Sanktuarien Almosen für das heilige Land . Andere Gebäude Jerusalem's . . . . . . . . . Bevölkerung Jerusalem's . . . . . . Topographische Beschaffenheit Jerusalem's Umgebungen Jerusalem's: Der Berg Sion . . . . . Der Öhlberg 48 83 97 107 110 118 120 Seite Der Berg des Argerniffes . . . . . . . . . . . . . 142 Das Thal Kidron . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Das Thal Josaphat . . . . . . . . . . . . . . . 143 Die Jeremiasgrotte - . . . . . . . . . . . . . . 156 Die Gräber der Könige . . . . . . . . . . . . . . 157 Bethlehem . - - - - - - . . . . . . . . . . . . 161 St. Johann . . “ . . . . . . . . . . . . . . 182 Abschied von der heil. Stadt und Rückkehr . . . . . . . 191 A n l a g e. Stammtafel der Herodianischen Familie und historisch- chronologische Erklärung derselben . . . 1 – 51 P a l ä ft in a. Kein Meer ist für Seeleute schwieriger zu befahren, als jenes von Syrien. Was hier Sturm nicht thut, thun Windstille oder Strömungen, welche Letztere insbesonders die Schiffe oft weit von ihrer Bahn abführen, und das Einlaufen in einen Hafen, deren es hier ohnehin sehr wenige gibt, verhindern. - - Unsere Goelette, auf der wir uns am 22. Juny in Alexandrien einschifften, hatte die ganze Tücke dieses treu- losen Elementes zu erfahren. Im Nebelgrau des Horizon- tes zeigten sich uns mehrmahls die hohen, röthlichen, fan- digen und dem Anscheine nach unfruchtbaren Ufer Pa- lästina's, und das aus den ferne liegenden Gebirgen von Samaria und Judäa aufsteigende Gewölk ließ uns zu deutlich nahes Land vermuthen; – aber immer wur- den wir wieder in die hohe See getrieben, und als wir 1. des Abends sogar Jaffa erreichten, durften wir es am allerwenigsten wagen, uns dieser gefährlichen Rhede in der Nachtszeit zu nähern. So legten wir daher um, fuh- ren gegen Cäfa räa hinauf, und brachten den übrigen Theil der Nacht hin- und herfahrend zu. Endlich schwellte am Morgen des 28. Junius ein günstiger Wind unsere Segel, und wir feuerten längs der Küste hinab. Diese fetzt bey dem Anblicke so vieler herumliegender Trümmer von Schiffbrüchen, die an ihr geschahen und noch täglich sich ereignen, in eine wehmüthige Stimmung. Wir dach- ten: Leicht hätte auch uns ein ähnliches Loos treffen kön- nen! – Was dem Auge gefällt, ist die zahllose Menge von Muscheln, die in mannigfaltiger Größe, Form und Farbe am Sandufer oft Millionenweise liegen, und von den Meereswellen von Zeit zu Zeit so angeschwemmt werden. Wir befanden uns nun auf der Höhe von Jaffa, das Zuckerhutartig auf einem Hügel mit feinen weißüber- tünchten Häusern, deren Kuppeln und Terraffen vor uns lag, indeß Jerusalems Flagge von dem Gipfel unters Mastbaums wehte, und uns den Einwohnern Jaffa"s als Hadschis *) d. i. Pilger nach der heiligen Stadt fignalisierte. Unser Herz pochte heftig bey dem Gedanken, daß unsere Füße nun bald den Boden des heiligen Landes betreten sollten, jenes Landes, das in religiös- *) Hadschi ein gewöhnlicher und allgemeiner Nahme, und zu- gleich Ehrentitel, womit im Oriente alle jene bezeichnet werden, die entweder zum heiligen Grabe nach Jerusalem, oder zum Grabe des Propheten nach Mekka wallfahrten. Z geschichtlicher Beziehung einzig unter den Ländern der Erde steht, und durch fo viele und außerordentliche Er- eigniffe, welche die Gestalt der Welt umgewandelt haben, geheiliget ist, aber auch deshalb Gefühle erweckt, die man nicht zu beschreiben fähig ist. »Palästina, sagt ein neue- »rer Reisender, Palästina ist das einzige Land »der Erde, das bey dem, der es betritt, die »Erinnerung an irdische Angelegenheiten »und an himmlische Dinge zugleich weckt, »und durch die fe Mischung im Innern der »Seele Gedanken und Gefühle erzeugt, die »kein anderes Land einflößen kann.« – Da der Hafen von Jaffa voll Sandbänke, und da- her für etwas größere Schiffe schlechterdings unzugänglich ist, so ließen wir uns in einem Kahn dahin aussetzen. Aber auch dieser kann nur mit genauer Noth in den in- neren Hafenraum, der in einem Halbzirkel von Felsen und Klippen *) gegen das Meer zu gebildet wird, einschif fen, und muß sich mit der größten Vorsicht eine Bahn durch die hier mit aller Gewalt immer andrängenden und schäumenden Wogen brechen.*) Und selbst im in- *) An einem dieser Felsen muß man sich den Ring und die Fef feln denken, an denen der griechischen Götterlehre zufolge die Andromeda angeschmiedet war, und welche noch zu Zeiten des heiligen Hieronymus vorhanden gewesen seyn sollen. »Hic 1 o cus est, in quo ho die saxa monstrantur in littore, in quibus Andromeda religata, Per sei quon dam sit liberata praesidio.« S. Hierony- mus in cap. 1. Jonae. *) - Ein Halbmond von Klippen, sagt Rosenmüller, bildet den 1. s 4 neren Raume konnte unser Boot an dem Orte, wo wir anlegen wollten, wegen Waffereichte nicht ganz am Ufer landen; und durfte es auch nicht an dem eigent- lichen Hafenthore thun, da wir aus Egypten kamen, und der Quarantaine verfallen waren; wir mußten nun fämmt- lich auf den Schultern der Matrosen ans Land getragen werden. Die Schiffsgesellschaft bestand außer mir und dem Lehrer Do11et, dem Prince de l'Escalopier von Paris, dessen Bedienten und Dragoman, auch noch aus einer armen Christenfamilie von Bethlehem, einem alten Vater fammt 3 erwachsenen Söhnen. Und so hatten wir also das Land der Wunder, die Wiege der Israeliten, das Land Jehovens, das Vaterland des Christenthums und eines göttlichen Stifters, den eigentlichen biblischen Boden betreten! – Es war am Vorabende des Festes der heiligen Apostel Petrus und Paulus, 4 Uhr Nachmittags, eben jene Zeit, wo ich sonst gewöhnlich der feierlichen Vesperandacht in der St. Ste- phanskirche zu Wien beizuwohnen pflegte. Ich wollte nun auch jetzt, und zwar um so mehr bey meinem ersten Auftreten auf dieser geheiligten Erde be then, aber bald zerstreuten und hinderten andere Gegenstände meine Andacht. jetzigen kleinen, feichten Hafen, und eine gefährliche Brandung, die Tag und Nacht brau fet; – und diese Klippen, welche den Hafen und die Brandung bilden, gelten nach Plinius (Hist. libr. V., c. 31.) für die Überbleibsel der Insel Paria und des Felsens der Andromeda.« Siehe E. F. C. Rosenmüller. Biblische Geographie. II. Bd. 2. Th. Pag. 23. J a ffa. Auf der ziemlich hohen Mauer, mit welcher diese Stadt von der Seeseite umgeben ist, und welche die Mee- resfluthen auch bespülen, zeigte sich bey unserer Annähe- rung schnell eine Menge von Einwohnern aus allen Na- tionen, Türken, Arabern, Griechen, Franken u. f. w., die mit uns als der Pest Verdächtigen nur von da aus parlamentierten, und unter denen der mir schon aus meh- reren Reisebeschreibungen bekannte österreichische und fran- zösische Consularagent Damiani in einer eigenthüm- lichen bizarren Art zu kleiden sich insbesonders bemerkbar machte. Nachdem wir Empfehlungsbriefe und Päffe, um uns über unser Vaterland auszuweisen, durch eine mit einem hölzernen Gitter verschloffene Thür übergeben hatten, und diese der Sanitätsvorschrift gemäß geräu- chert worden waren, wurden wir beordert, uns mit un- feren Effekten nach dem entgegengesetzten Ende der Stadt überschiffen zu lassen, und in dem dort außerhalb gelege- nen Contumazgebäude eine Quarantaine frist von 18 Tagen zu bestehen. Mühsam erreichten wir diesen zu unserer Reinigung angewiesenen zeitweiligen Aufenthalts- ort, und fügten uns vor der Hand im Nahmen des Herrn dem gesetzlichen Zwange des neuen Gefängniffes. – Das Lazareth von Jaffa gleicht in einer äußeren Anlage beynahe dem von Alexandrien, liegt außer der Stadt auf einer Anhöhe am Meere, und genießt dadurch den entschiedenen Vortheil, daß es immer frischem Luft- zuge ausgesetzt ist, und einen weiten Hofraum enthält, Es ist erst seit ein paar Jahren von den hiesigen Geistlichen der schismatisch-griechischen Kirche – ohne Zweifel auf Spekulation gebauet worden, da jeder Quarantainist-täg- lich 10 Piafter an die Anstalt, 5 Piaster dem Quardiano, und 2 Piaster dem Doktor bezahlen muß. Unmittelbar vor dem Eingange befindet sich, jedoch unschicklich, der türkische Leichenhof. Die Armenier bauen nebenan ein anderes Lazarethhaus für die Genoffen ihres Glaubens. Die hier ausgegrabenen Fundamente zeigen Überreste eines gewaltigen Baues, der wahrscheinlich jener Burg angehört haben mag, die zu den Zeiten der Kreuzzüge Ludwig der Heilige von Frankreich mit feiner Gemahlinn bewohnte, die ihm auch hier eine Tochter mit Nahmen Bianca gebar. Unsere Caravane erhielt zwey mit Holzstäben um- zäunte, fallähnliche Lokalitäten zur Wohnung, die einer- seits wir Europäer, und anderseits die Bethlemiten in Besitz nahmen. Daß es hier an allen Bequemlichkeiten mangelte, versteht sich von selbst; nur durch die Gefällig- keit des Herrn Quarantaine-Commandanten Campa- nelli *), der auf meine an ihn überbrachten Empfehlun- gen uns überhaupt viele Begünstigungen zu Theil werden ließ, empfingen wir nach der Hand ein paar Tische und Stühle. Für einige Bettmatten zum Liegen auf der Erde forgte Padre Presidente des lateinischen Klosters, an den ich mich schriftlich wandte, und welcher uns auch gegen Bezahlung mit rohen Lebensmitteln versah, die wir *) Derselbe ist gegenwärtig in gleicher Eigenschaft nach Islb eh als Director und Commandant der dortigen Quarantaine - Anstalt translocirt worden. - durch den Dragoman Ibrahim kochen ließen, da wir es vorzogen, uns vielmehr auf diese Art zu verköstigen, als durch den Spenditore der Anstalt bedienen zu lassen. Übri- gens quälten uns auch hier eine zahllose Menge von Flö- hen, Mücken, Ratten, Eidechsen, großen Ameisen, und die Hitze war so groß, daß der Bediente des Marquis Spuren von Wahnsinn äußerte. Selbst der Wind, der sich so häufig von dem nahen und größtentheils unruhigen Meere erhebt, hatte oft nur die Gluth eines Luftzuges wie aus einem Backofen; und doch war des Nachts, wenn wir uns zur Abkühlung in den engen Hofraum legten, die Kühle fo empfindlich, daß wir uns mit wärmeren Kleidern bede- cken mußten, und der Thau oft so stark, daß am Mor- gen das Waffer von unseren Röcken träufelte. Wahrhaft große Erleichterung gewährte in dieser Lage die Nachsicht und Güte, mit welcher wir während der ganzen Zeit unserer Absperrung von dem Herrn Commandanten behandelt wurden. Es ward uns gestattet, zuweilen in Be- gleitung des Oberquardiano und unter Beobachtung sonsti- ger Sanitätsregeln einen Spaziergang ins Freye zu ma- chen, wodurch wir Erhohlung und zugleich Gelegenheit fanden, die Umgegend und insbesonders die köstlichen Gär- ten kennen zu lernen, welche die Stadt ringsum von der Landseite einschließen. In denselben findet man alle Arten von Fruchtbäumen in der üppigsten Vegetation, Citronen-, Orangen-, Feigen-, Limonien-, Granatbäume und Sy- komoren, hier Ficchi di Faraoni genannt, in erstaun- licher Größe. Anstatt der Zäune oder Dornhecken, wie fie bei uns üblich sind, umgeben die Gärten Cactus- hecken, die selbst so groß als die inneren Bäume sind, 3 und eine starke und fast undurchdringliche Palliade gegen jeden Anfall von Menschen und Thieren bilden. Von die- fen pflückt man auch vortreffliche Feigen, welche die Land- leute sehr geschickt von ihrer grünen mit feinen Stacheln be- fetzten Schaale zu entblößen wissen, und Ficchi d'In- dia heißen. Der Weinstock und Maulbeerbaum wächst ohne Cultur im offenen Felde. Vorzüglich find die Waffer- melonen unter dem Nahmen Pafecken berühmt, die von einem ausgesuchten Geschmacke sind, und am meisten geschätzt werden. Ihr außerordentlicher Saftreichthum, ihre kühlende und Durstlöschende Eigenschaft, ihr köstlicher aro- matischer Geschmack, und selbst die Schönheit ihres durch sichtigen rosenrothen Fleisches, das Erdbeergefrornem gleicht, stellen sie in die Claffe der delikatesten Früchte des südlichen Himmels. Sie werden auch in ganzen Schiffsladungen nach Egypten, Griechenland, und sogar bis nach Spanien und Frankreich verführt. Da sie aber bey den Nichteinge- bornen sehr leicht Fieber erzeugen, so hüthete ich mich vor dem Genuße derselben. – Und Alles dieß gedeiht in einem sandigen mit kleinem Kis vermischten Boden, von dem man sonst nicht die geringste Vegetation erwarten sollte; die Erde ist wenigstens hier noch immer so freigebig, wie sie es schon in den ältesten Zeiten war, und man sieht zugleich, welche reichliche Früchte ein etwas sorgfältiger Anbau der- selben hervorbringen kann. Auch mangelt es nicht anfüßem Waffer, das sich häufig schon nach zwey Schuh Tiefe in trefflichen Quellen findet; überdieß gibt es Zisternen, Brun- nen, künstliche Wafferschöpfräder und Wafferzugmaschi- nen in Menge, die von Kamehlen oder Ochsen getrieben werden. – Man kann sagen, daß dieser kleine Erdstrich D um Jaffa noch einigermaffen das Bild des ehemahls gefeg- neten Landes Canaan darbiethet! – - - - Mit Grauen wies man uns in der Entfernung einer halben Stunde den Ort, wo jene 4000 Türken begraben liegen, die im Jahre 1799 nach der Erstürmung von Jaffa durch die Franzosen, dem damahligen General Napoleon als kriegsgefangen in die Hände fielen, aber alle entweder erschoffen oder auf andere Weise umgebracht wurden, um nicht mit ihnen die dem französischen Heere so nöthigen Mundvorräthe theilen zu müffen. – Als wir den katho- lifchen Kirchhof, der ungeschloffen an dem Abhang eines Hügels zwischen Gesträuchen liegt, vorübergingen, bethete ich im Stillen für die hier Abgeschiedenen und in Gott Ruhenden, unter welchen sich gewiß Viele befin- den, die bey ihrer Wanderung aus Europa in Jaffa das Ziel ihrer Pilgerschaft, – ein ruhiges Grab gefunden haben! – – .. Auf einem unserer Spaziergänge stießen wir auch auf einen Santon, einen sogenannten muhamedanischen Mönch und Heiligen. Derselbe war außer einem zerrissenen Hemd, das er am Leibe hatte, nackt, bettelte und geber- dete sich so lächerlich, daß er mir nicht anders als blöd- oder wahnsinnig schien. Und doch, hieß es, steht dieser Heilige bey den Einwohnern in so großem Ansehen, daß selbst der Aga (Gouverneur) der Stadt sich von ihm die derbsten Grobheiten gefallen läßt, und jede Frau, die ihm auf der Straße begegnet, sich eine Ehre daraus machen muß, seinen etwaigen Lüften gleich ungeniert zu willfahren. Die Stunde der Entlassung aus unserem Kerker nahte. Ich fah derselben um so sehnsuchtsvoller entge- _0_ gen, als meine französischen Gefährten schon lauten Un- willen zu äußern anfingen, und sogar den Entschluß, aus dieser Gefangenschaft zu entfliehen, faßten. Ich hatte alle Überredungskunst aufzubiethen, um sie von der Unbe- sonnenheit eines solchen Schrittes zu überzeugen und ab- zuhalten. Da in die Periode unserer Reinigungszeit aus besonderer Rücksicht auch jene Tage miteingerechnet wur- den, welche wir während unserer Überfahrt aus Egypten auf dem Meere zugebracht hatten, so erschien am 12. July Morgens um 4 Uhr der Doktor der Quarantaine, um uns zu visitieren; zu dem Ende mußten wir uns unter die Arme und in die Weichen klopfen *), und erhielten dann, ganz ceremoniel, mit einem Handschlag das Privi- legium der Freyheit. Unsere erste Sorge war jetzt, uns von dem noch an- klebenden Schmutz und Schweiß zu reinigen; wir eilten daher ans Ufer, und badeten uns im Meere, das uns auch besser zu Statten kam, als jedes andere künstliche Dampf- und Schwitzbad der Türken, deren es in Jaffa mehrere gibt. Inzwischen war Padre Presidente mit dem Dragoman Giuseppe Gelat des lateinischen Hos- pizes gekommen, um unser Gepäck fortzuschaffen und uns selbst dort aufzunehmen. Mit Wonnegefühl begab ich mich vor allem in das dafige Kirchlein St. Petri, um mein Dankopfer Gott am Altare für den gnädigen Schutz darzubringen, den feine Vaterhand mir schon wäh- *) In der Contumaz-Anstalt zu Galacz in der Moldau muß sich der Quarantainist bey den ärztlichen Visitationen ganz entblö- ßen, und in der Rauchkammer mit Chlorkalk räuchern laffen. 11. rend der bisherigen Reise bis zur Ankunft auf einem ge- heiligten Boden in so großer Barmherzigkeit verlieh. Die kleine Capelle, in der ich die heilige Messe las, foll auf dem Platze stehen, wo der heilige Apostel Petrus, als er zu Joppe wohnte, die himmlische Erscheinung hat- te*); sie führt daher auch seinen Nahmen, ist 14 Schritte ungefähr lang, und 12 Fuß hoch, sonst niedlich und besitzt auch eine kleine Orgel. Das ganze Kloster bestand frü- her nur aus Holz, und ist erst seit einigen Jahren aus Stein und Baumaterialien, die von Cäsaräa hergebracht wurden, in mehreren Etagen ober der Stadtmauer am Meeresufer gebaut worden. Es wird gegenwärtig von fünf spanischen Franziskanermönchen bewohnt. Einige Zellen find zur Aufnahme von Pilgern in Bereitschaft gesetzt, und mit dem Nothdürftigen versehen. – Schöner und ge- räumiger dagegen sind die beyden hiesigen Klöster der fchismatischen Armenier und Griechen. Ersteres ist nordwestlich am Berge hingebaut, und hat für die Pil- ger seiner Nation in dem oberen Terraffen-Absatze mehr rere breite aus Bogen gebildete Hallen, die schon vom Meere aus sichtbar sind, und einen gefälligen Prospektus bilden. Letzteres ist von diesem in der Bauart nicht ver- schieden. – Jaffa war einstens der Sitz eines Bischofes, vergebens aber forscht man jetzt nach einer Spur der ehe- mahligen Cathedrale *). - *) Actor. X., 1. – 22. *) Das Bisthum ward unter Constantin dem Großen errichtet, und fand unter dem Patriarchen von Jerusalem. So finden wir einen Bischof auf dem Concil zu Jerusalem im Jahre 556. Es währte 12 Die Stadt *), welche Anfangs Joppe oder he- bräisch Japho d. i. Schönheit wegen ihrer Lage und Fruchtbarkeit hieß, und zum Stamme Dan*), der hier seine Gränze hat, gehörte; welche schon Plinius für älter als die Sündfluth hielt *), und der heilige Hieronymus vom Japhet, dem Sohne Noahs, gegründet dachte *), – hinterläßt gegenwärtig der Nachwelt kein Denkmahl ihres ersten Ursprunges; nur die heilige Schrift bewahrt in wichtigen Begebenheiten ihr An- denken. – Im Hafen von Joppe wurde das Holz ausge- schifft, welches Hiram aus Syrien vom Berge Libanon dem Könige Salomo zum Baue des Tempels nach Jeru- falem fandte*); hier schiffte sich der Prophet Jonas ein, um sich nach Tarfchifch zu begeben +); hier kam der heilige Petrus von feinem Vorurtheile zurück, demzufolge er glaubte, daß die Heiden von dem Reiche des Evangeliums ausgeschloffen feyen, nachdem er eine Erscheinung erhielt, worin ihm Gott befahl, nach Cäsaräa bis zum Jahre 636, wo es durch die Eroberung Palästinas un- ter Omar zwar aufgehoben, aber im Anfange des 12. Jahrhun- dertes von den Kreuzfahrern wieder hergestellt und zu dem Erz- bisthum von Cäsaräa geschlagen wurde. *) Eine der ältesten der Welt. -, *) Josue XIX., 46. **) »Jopp e Phoenicum antiqui or terrarium in un- dation e, ut fe runt.« Plinius Hist. Nat. Libr. V., 13. ****) Caput I. Jona e. In Epitaphio Paulae. Epistola 108. nd Eusto- chium. Num. 8. Vergl. Jos. Flav. de Bello judaico. I. , 3. , 15. - *) I. Reg. 5, II. Chron, 2., 16. †) Jon. I. 3. 13 zu gehen, und dort den Hauptmann Cornelius zu tau- fen *); hier wirkte auch der Apostelfürst das Wunder der Auferstehung der Tabitha oder Dorkas, einer der eifrigsten Schülerinnen des Herrn und Wohl- thäterinn der Armen*). Die alte Stadt hatte schon Judas Makkabäus in Asche gelegt, um ihre Einwohner zu züchtigen, welche durch Verrätherey 200 Juden umgebracht hatten*). Sie wurde zwar wieder aufgebaut, aber unter dem römischen Kaifer Vespafi an und zur Zeit des jüdischen Krie- ges neuerdings zerstört und der Erde gleich gemacht. – Die neuere Stadt trägt erst seit den Zeiten der Kreuz- züge den Nahmen Jaffa oder Giaffa; sie war immer ein wichtiger Landungspunkt für die Heere der Kreuzfah- rer, und ist auch noch heut zu Tage der Port, wo die meisten Pilger ans Land steigen, um nach Jerusalem zu wallen. Nachdem sie abermahls durch die Sarazenen verwüstet worden war, baute die Ludwig der Heilige wieder auf. Am Schluße des vorigen Jahrhundertes wurde fie von Napoleon mit Sturm, – und letztens von Ibrahim Pascha mit List den Arabern genommen. Die Stadt ist gegen die Landseite durch eine doppelte Mauer befestiget, welche ein Wall umgibt. In diesem ist noch die Mine sichtbar, welche die Franzosen gruben, um nö- thigenfalls die Festungswerke, in die Luft zu sprengen; auch zeigt man die Stelle, an welcher fiel die erste *) Actor. X., 1 – 23. *) Actor. IX. 36 – 43. **) II, Maccabacor. 12,, 3 – 7. 14 Bresche schoßen. In der Nähe des Hauptthores der Stadt ist eine mit schönen Säulenhallen geschmückte Moschee, die in der Mitte eines freyen Hofes steht, den Palmen und andere Bäume umschließen; nicht weit von hier ist auch eine Einfie deley eiues muhamedanischen Der- wifches oder Kalendris. – Die Gäffen Jaffa's find enge, schmutzig und uneben schon wegen ihrer Lage am Bergkegel; die Häuser von Stein, geweißt, jedoch Fen- ferlos, und oben mit Terraffen, Kuppeln oder Balkonen von maurischer Bauart versehen. Der Bazar ist eine mit unreinen Buden angefüllte Marktstraße. Die Zahl der Einwohner wird auf 5000 angegeben, worunter 800 Chri- ften, und unter diesen beyläufig 100 Katholiken sich be- finden. Viele Muhamedaner haben sich aus Furcht vor einer Wiederhohlung des Erdbebens, welches zu Anfang dieses Jahres in Obersyrien fo schrecklich wüthete, und die Städte Saphet und Tabarieh gänzlich zerstörte, auf das Feld geflüchtet, und wohnten noch zur Zeit un- ferer Anwesenheit in den Weingärten unter Zelten. Im Süden der Stadt zieht sich eine selten unterbro- chene Sandhügelkette über Gaza und Ascalon bis an die egyptische Gränze hin; im Westen senkt sich der Fels- hügel, auf dem sie amphitheatralisch liegt, gerade ins Meer hinab, was ihre Lage äußerst reizend macht; im Osten und Norden dehnt sich die Ebene Saron auf einer Breite von 8, und Länge von 30 Stunden derge- falt aus, daß ihr Anblick von diesen Seiten zauberisch schön genannt werden kann; denn da erscheint sie dem von Ferne Ankommenden wie eine Villa auf einem Hügel, 15 emporragend aus der Mitte paradiesischer Gärten und duf tender Olivenhaine *). HRE EN Im I EM. Das Verlangen, nach Jerusalem zu kommen, in jene Stadt, zu welcher einstens nach des Psalmisten Aus- druck *), die Stämme Israels, um den Nah- men des Herrn dafelbst zu preisen,–fo freu- dig wallten,– war so groß, daß wir noch denselben Tag unseres Austrittes aus der Quarantaine zu Jaffa ab- zureifen beschloffen. Es war auch keine Zeit zu verlieren, da die Nachricht einlief, daß in Jerusalem die Cholera ausgebrochen fey, und von Tag zu Tag im steigenden Verhältniffe dermassen zunehme, daß binnen 24 Stunden schon öfter mehr denn 130 Menschen starben. Auch hatte bereits das in Ramla garnisonierende egyptische Reiterre- giment in Folge einer Anordnung des Sanitäts-Comité von Beirut Befehl erhalten, nach Jerusalem zur Cerni- rung der Stadt zu marschieren. Man ergriff diese Vorsichts- maßregeln, weil die Cholera im Oriente beynahe allge- mein eben so sehr wie die Pest gefürchtet, und gleich der- selben für äußerst contagiös gehalten wird. Glücklicher Weise nahm aber die Sterblichkeit nicht zu, sondern min- *) »Die Stadt ist mit Gärten umgeben,« sagt Richter, »Dickichte vom üppigsten Grün, in welchen Palmen mit Granaten, Fei- gen und Citronen, Apfelbäume mit Nopalgebüschen wechseln« ze. c. Siehe Richter's Wallfahrten im Morgenlande. Berlin 1823. Pag. 10. et seq. **) Psalm. 121. 16 derte sich; auch entdeckte man bald, daß die Ursache der Krankheit größtentheils in dem unmäßigen Genuße unrei- fer Oliven, Melonen, Gurken, Feigen bestehe, worauf die Einwohner aufmerksam gemacht und ernstlich davor gewarnt wurden. Die meisten Opfer nahm die Wuth der Seuche aus den Juden, Türken und Griechen; von den Katholiken erkrankte auch nicht. Einer. Nachdem wir Vormittags noch einige Besuche ge- macht hatten, und überall mit zuvorkommender Gastfreund- lichkeit im Diwan *) aufgenommen, und nach orientali- scher Sitte mit Pfeife, einer kleinen Schaale fatzigen Caf- fehs und Limonade serviert worden waren, nahmen wir im kleinen Refektorium des Hospizes das frugale Mittag- mahl, welches meist ausgekochten Fischen und Früchten bestand, ein, und rüsteten uns ungeachtet der brennenden Mittagshitze zur Abreise *). - Diese erfolgte um 2 Uhr Nachmittags. Ich und Marquis Escalopier bestiegen Maulthiere*), der Dra- *) Divan, d. i. Gemach, Zimmer, Versammlungsort, dessen Bo- den mit Matten belegt ist, und an dessen Wänden ringsherum Canapés mit Pölstern zum Liegen oder Sitzen angebracht sind. Der Hausherr empfängt hier gewöhnlich feine Gäste und Freunde, reicht ihnen Erfrischungen dar, oder hält daselbst auch sonstige Versammlungen. - - *) Ich hatte die Vorsicht gebraucht, noch kurz vor dem Ab- - zuge zur Sicherheit meine Baarschaft, bestehend in 200 Colou- nati, bey dem Superior des Hospizes zu deponieren, mit der Bitte, sie mir in Jerusalem zur Bestreitung der dortigen Ausgaben anzuweisen, was auch durch ein von ihm an P. Pro- curatore in Jerusalem ausgefertigtes und mir zur Übergabe ein- gehändigtes Schreiben geschehen ist. - - **) Man reiset sehr gut und vorheilhaft auf Maulthieren; sie haben 17 goman ritt ein türkisches Pferd. Der Lehrer Dollet blieb vor der Hand bey dem geisteskranken. Bedienten zurück. Der jüngere Sohn des Consularagenten Damiani hatte die Gefälligkeit, uns bis Ramla zu begleiten; und, Dank seiner humanen Bereitwilligkeit ! er leistete uns bald we- sentliche Dienste. Die Treiber und Führer unserer Thiere, hier Muchri genannt, ließen uns einstweilen allein fort ziehen, und kamen mit ihren Packeseln erst später nach. Wir ritten nun im tiefen Straßensande den schönen Gärten vorüber, und kamen zu einem türkischen Brun- nen, wo wir unsere durstigen Maulthiere trinken ließen, Dergleichen vollkommen gebaute Brunnen und Zifter- nen, gibt es mehrere auf diesem Wege: wohlthätige An- falten zur Erquickung der reisenden Menschen und Thiere; erstere sind oft in Marmormosaik von verschiedenen Far- ben gekleidet und reichen sehr einladend in kupfernen, an Ketten angefesselten Schalen den Vorübergehenden ihr klares Wasser dar; letztere sind tief, und für ganze Heerden mit Quell- oder Seichwaffer auf längere Zeit hin- reichend versehen. – Hinter den Gärten traten wir alsbald in die Ebene Saron, jene so sehr gepriesene Ebene, deren Verwüstung aber auch Isaias wegen Abgötterey ih- rer Einwohner prophezeyte *). Man bemerkt auf ihr fo- gleich mehrere Dörfer, zum Theil auf Hügeln romantisch gelegen, zum Theil auch hinter Oliven- und Caktusbäu- einen sicheren Gang, sind gewohnt, im Sande zu laufen, tragen große Lasten, und gehen weit schneller als Kamehle; sie eignen sich daher sehr gut für die steinigen Gebirge Judäas. *D Isaias XXXIII., 9. 2 1. HB men verborgen, übrigens klein, und die Häuser derselben zum Theil in der Erde gelegen. Wir hatten ein solches Dorf zur linken Hand auf einer kleinen Anhöhe, wor- auf sich Mauerreste eines alten Gebäudes zeigten, paf- firt, als auf einmahl das Pferd des Dragomans scheu wurde, seinen Reiter abwarf, und ihn eine Zeitlang am Boden schleifte. Ich selbst, ungewohnt und unfähig des Reitens, fühlte mich unvermögend, hier Hülfe zu leisten, und überließ es den eiligen menschenfreundlichen Bemü- hungen des Herrn Damiani, der einen behenden Araber mit vieler Kunstfertigkeit ritt, den Flüchtling aufzufangen und in Ordnung zu bringen. Indessen hielt ich es für räthlich, um selbst nichts zu versäumen, den Weg, der sehr betreten und nicht so leicht zu verfehlen war, allein fortzusetzen, was ich auch, ohne auf irgend ein Hinder- niß zu stoßen, thun konnte. Zugleich fand ich Muße, im ungestörten Nachdenken den gegenwärtigen Zustand dieser Ebene mit ihrer einstmahligen so sehr gerühmten Frucht- barkeit zu vergleichen. Der Boden ist feiner Sand, weiß und roth, und in der That sehr fruchtbar. Auf ihm wird jetzt Durra, Weizen, Gerste und sehr häufig jene vor- zügliche Gattung von Waffermelonen gebaut, die ihres aromatischen Geschmackes wegen so fehr gesucht werden; aber die Ackergründe selbst scheinen nicht die beste Cultur zu verrathen, was füglich dem verödenden Geiste des mu- hamedanischen Despotismus zur Last gelegt werden kann; mir schienen sie, obgleich gebaut, unseren Brach- und Stoppelfeldern ähnlich; Herden von Schafen und schwar- zen Ziegen mit langen Ohren sieht man beständig auf den Feldern weiden, welche an die altbiblische Zeit, an die 19 einstigen Herden- und Nomadenzüge von Abraham, Loth und Jakob im gelobten Lande lebhaft erinnern. Vergnügen gewährte es mir, auf den Ackern hin und wieder auch Wach- teln zu sehen, die aus der Mitte der Stoppeln und Ge- sträuche hervorkrochen, und eilends über den Weg liefen *). Unangenehmen Eindruck aber machen und den übelsten Geruch verbreiten durch ihre Ausdünstungen die faulen- den Alter von todten Kamehlen, Pferden oder Eseln, welche unverscharrt am Boden liegen, und um welche sich die ge- gefräßigen Adler noch jetzt versammeln *). So war ich in meinen Betrachtungen versunken, ru- hig und ohne im Mindesten von den mir häufig begegnen- den Arabern geniert zu werden, fortgeschritten, als ich in der Ferne über einen Hügel einen gothischen Thurm, so wie mehrere Minarets von Moscheen, mithin die Lage Ramla's entdeckte, und mich feinen reichlichen Baum- gruppen und Caktusgeträuchen, hinter denen es sich ver- birgt, näherte. – -- Es war 6 Uhr Abends, als ich in dem lateinischen Kloster, das gleich zu Anfang des Ortes liegt und von den Einwohnern Monastir Franco genannt wird, anlangte. Ein Franziskaner, der sich eben auf der Ter- raffe befand und mich ankommen sah, öffnete sogleich das kleine Thor dieses festungsähnlichen Gebäudes. Dasselbe ist im Innern geräumig, und wird von zwei spanischen Priestern und einem Layenbruder, der Schaffner, Koch, - - - - *) Auch Zigeunerfamilien stießen mir auf, die hier gleich falls, wie in unserem Abendlande, herumziehen. - **) Math. XXIV., 28. 2 - Sakristaner und Gärtner zugleich ist, bewohnt. Die Gast- freundlichkeit und Bereitwilligkeit, mit welcher diese Väter die Ankömmlinge und Pilger ohne Unterschied der Nation und Religion zu jeder Stunde des Tages oder der Nacht aufnehmen, ist allgemein anerkannt; bereits haben sie ältere und neuere Reisebeschreiber zur Genüge und mit verdientem Lobe erwähnt*). – Man behauptet, daß das - - - *) Herr Dr. Jakob Röfer, Fürstl. Hohenlohe – Waldenburg – Bartenstein'scher Rath und Leibarzt, sagt in dem Tagebuche fei- ner neuesten Reise nach Griechenland, in die Türkey, nach Egyp- ten und Syrien im Jahre 1834 bis 1835. II. B. Pag. 392: »Wenn man das Kloster leben von feiner verdienft- »lichen Seite kennen lernen will, so hat man hier » (in Ramla) die schönfte Gelegenheit. Von aller »Welt abgeschnitten, mitten unter Barbaren, wel- »che den heiligen Boden beher rfchen, einer fteten »Lebensgefahr ausgefetzt, zumahl unter dem gegen- »wärtig so aufgeregten Volke, leben die feGeistli- »chen still und geräuschlos dem Gebethe und Pflich- »ten ihres menfchenfreundlichen Berufes. Ohne »eine Belohnung, ohne Dank zu begehren, geben »sie dem frommen Wanderer, der aus der Ferne » kommt, das heilige Grab zu besuchen, Schutz und »sicheres Obdach, und Speife für ihn und seine Be- »gleitung; fie fragen nicht, welches fein Nahme, » sein Vaterland, fein Glaubensbekenntniß fey; »und so kommt es oft, daß man alle christlichen »Glaubens konfeffionen fam mit ihren türkischen »Begleitungen gleich freundlich aufgenommen und »ver pflegt in ihren Zellen beyfammen findet. Ist »es nicht, als hätten sich jene während der Kreuz- »züge zum Schutz und zur Verpflegung der Wall- »fahrer und Pilgrime entstandenen Stiftungen »der geistlichen Ritterorden in die feu, Klöstern fort- »geerbt? Und wahrlich, es gehört ein ritterlicher 21 Kloster auf dem Platze jenes Hauses stehe, welches dem Rathsmitgliede und heimlichen Jünger des Herrn, Jose- phus, gehörte, der den Leichnam Jesu mit Nicode- mus begrub ünd von hier gebürtig war *). Die Kirche, welche zwar klein ist, aber die wenigen katholischen Ein- wohner, die es hier gibt, leicht faßt, ist auch diesem Heili- gen geweiht. Philipp der Gütige, Herzog von Bur- gund, schenkte das Gebäude den Vätern des heiligen Lan- des, die daselbst ein Hospiz zur Aufnahme und Be- herbergung der Pilger errichteten. Ich ließ mich sogleich nach meiner Ankunft auf die Terraffe führen, wo man weit und breit umher das Land überschauen kann und eine angenehme und lachende Ansicht der ganzen Umgegend genießt. Man zeigte mir deutlich im Osten die Schlucht des Gebirges von Judäa, durch welches der Weg nach Jerusalem führet. Wenn aber Strabo*) behauptet: »Man könne schon von Jop- »Muth dazu, in diesem Lande, unter diesem Volke, »und zu dief er Zeit, einem folchen Berufe zu le- »ben! – Bey den Aufständen der letzteren Zeit, »welche der Feldzug Ibrahim P. afcha’s hervorrief, »fperrten die fe Geistlichen alle Katholiken von »Ramla und des angränzenden Dorfes in ihr Klo- »st er ein. Mehrmahls wollten es die Empörer » stürmen, wo natürlich dann. Alles niedergemacht »worden wäre« 1c. 1.–Pag. 481: Die Gastfreundschaft »der Klöster Syriens geht wirklich ins Wunder- | »bar e; man kommt, ißt, trinkt und geht wieder, »ohne nöthig zu haben, sich zu bedanken. « – -) Math. XXVII., 57. - *) Strabo Pag. 759. pe nach Jerusalem sehen;« oder Josephus Fla- vius *) erzählet, »daß vom Thurme Psephina zu Jerusalem die Blicke bis ans Meer reich- ten,« – so ist dieß offenbar falsch, indem augenschein- lich die dazwischen liegenden Hügel und emporstrebenden Berge Judäa"s eine solche Fernsicht nicht gestatten, und ich mich selbst überzeugte, daß man von Jaffa aus nicht einmahl Ramla sehen kann. Auf der Heeresstraße nach Jerusalem ist es nur der Gipfel der ersten Gebirgskuppe, wo sich eine Aussicht auf einen Theil des Landes bis zu den Meeresufern eröffnet. - R am 1 a, gegenwärtig ein offener Flecken ohne Mauern, ist wahrscheinlich das Arimathia **) der heiligen Schrift, im Stamme Simeon gelegen*); we- nigstens schildert der heilige Hieronymus*) die Lage der Stadt in einer solchen Entfernung von Joppe, daß sie ganz dieser Örtlichkeit entspricht; wenn sie auch Rama oder Ramatha genannt wurde, so bedeutet dieser Aus- druck buchstäblich nur einen erhöhten Ort, und ist wohl zu unterscheiden von jenem Rama +), welches der Ge- burts- und Wohnort Samuels ++), der Sitz einer Pro- *) Josephus Flavius. De bello Judaico IV., 3. *) Math. XXVII., 57. Marc. XV., 43. Luc. XXIII., 50. Joan. XIX., 38. *) Josue XIX., 8. *) S. Hieronymus in Epitaphio Paulae. †) Josue XVIII., 25. †) I. Sam. 1., 19. 20. 19. 19. 20. Jetzt steht auf den Trüm- mern dieses alten Nama am Berae ein sehr kleines, elendes arabisches Dorf, von wo aus eben der Weg nach Jerusalem sehr steinig zu werden beginnt. 23 phetenschule, und auf einer Anhöhe in der Nähe von Je- rusalem auf dem Gebirge Ephraim gelegen war. Ein anderes Rama lag auch im Stamme Benjamin, und zwar nördlich nach Bethel zu, in einer Entfernung von 40 Stadien von Jerusalem *). – Viele Reisebeschreibun- gen lassen sich deshalb eine Verwechslung dieser Orter im Lande Judäa zu Schulden kommen. Der Nahme Ramla ist entweder eine verstümmelte Abkürzung des alten Ari- mathia, oder eine neuere Bezeichnung des sandigen Bo- dens, in dem die Stadt liegt *). Sie ist heut zu Tage nur ein offener Ort, mit einer Bevölkerung von ungefähr 5000 Seelen, meist Muhamedanern. Die Griechen haben hier auch ein Kloster mit einer Kirche, von welcher sie glauben, daß auf dem nähmlichen Platze der heilige Georg den Martertod erlitten habe; aber dessen Begräbniß hat man mir auch in verschiedenen anderen Gegenden gezeigt, Von dem alten Lydda, welches nahe an Rama lag, - - - - - - - - … *) Jud. XIX., 13. Hosea I., 8. Jos. Flav. Arch. VIII., 12., 8. -) Rama, Ramath oder Ram a th a heißt Erhöhung, und zeigt im Duali, Arimathaim, einen Ort an, der auf zwei Erhöhungen gebaut ist, wie es der Fall bey A 44 u. 2 S. a. ag ist. In der arimäischen Sprache wird der - Dualis und Pluralis in aja verwandelt, so daß Ramathaim auf - Arimäisch Ramathaja ist. Setzt man nun das A voran, welches bey den Arimäern und Arabern, um die Aussprache zu erleich- tern, sehr gebräuchlich ist, so kommt Arimathaja heraus, und dieß ist unser Arimathia. Die Stadt liegt in einem fandigen Flachfelde, und daher mag es auch kommen, daß die Araber sie Ramle, d. i. Sandstadt, nennen. Siehe: M. Stephan Schulz's Reise durch Syrien c. c. 24 wie aus einer Äußerung des heiligen Hieronymus*) er- helet, und von den Römern Diospolis genannt wurde, und wo der heilige Petrus einen Gichtbrüchigen heilte *), ist keine Spur mehr vorhanden; es scheint, daß es von Cestius im jüdischen Kriege nach einer Erwähnung des Josephus Flavius von Grund aus zerstört und nie mehr aufgebaut worden sey. - - - - - - Oberhalb des lateinischen Conventes im Westen liegt in der Entfernung von einer Viertelstunde ein alter go- thischer Thurm, der Thurm der 40 Märtyrer genannt, mit majestätischen Ruinen einer Kirche. Man sagt, diese ehrwürdigen Trümmer, welche in verstümmel- ten Arkaden, Bogen und Säulengängen bestehen, haben zu jenem größeren Gebäude gehört, welches die unermüd- liche Frömmigkeit der heiligen Helena dafelbst aufgerichtet hatte, weil einer Tradition zufolge die heilige Familie auf ihrer Flucht nach Egypten hier ausgeruhet haben soll. In den Zeiten der Kreuzzüge restaurierten die Tempelherren das Gebäude und weihten die Kirche dem heiligen Jo- hann dem Täufer. Von dem Märtyrertode einiger Christen erhielt sie ohne Zweifel nach der Hand ihre heu- tige Benennung und Weihe. Jetzt wird diese Antiquität, die den Verfalle nahe ist, von Drehderwischen be- wohnt. – In der Umgegend finden sich auch mehrere Zi- fernen, unter welchen jene besonders merkwürdig ist, die ". . . . . . . . . . *) Haud proeul ab ea CLy dda) Arimathiaviculas est, ex quo Joseph oriundus, qui Dominum sepelivit. S. Hier on y- mus in Epitaphio Paulae. - - **) Actor. IX., 32. 25 für ein Werk der heiligen Helena gilt. Das Innere der- selben, zu dem man auf etwa 46 Stufen hinabsteigt, ist geräumig und groß. Meine Gefährten waren indessen ohne weiteren Uni- fall nachgekommen. Nachdem uns die Väter mit einer Abendmahlzeit, bestehend in Gemüse, Fischen, Gurkensalat, Weintrauben und süßem Weine bewirthet hatten, verließen wir. Abends um 8 Uhr Ramla. An unsere Gesellschaft schloß fich noch ein reisender Colonel aus Spanien, Rädlinig mit Nahmen*), ein französischer Arzt aus Paris, und eilt katholischer Grieche aus der jonischen Insel Chephalonia an, so daß unsere kleine Caravane aus ungefähr 26 Per- fonen mit den Kamehl-, Esel- und Maulthiertreibern be- fand –Wir zogen durch eine Gaffe, in welcher eben eine muhamedanische Familie Hochzeit feierte. Herr Damiani be- gleitete uns bis zu dem außer der Stadt in einiger Entfer nung an der Straße liegenden türkischen Leichenhof. Es war eine feierliche Nacht von unsäglicher Milde und Stille. Der Mond war in sein erstes Viertel getreten und be- leuchteke hinlänglich unsern sandigen Pfad, so wie die näch sten Gegenstände unserer Umgebung – Ich selbst war in tiefes Nachdenken über den Gedanken versunken, daß . ich nach Jerusalem zöge! – - - - - - - - - - - - - - - - - - - - , i . . . T Wir ritten 2 Stunden und kamen einen Hügel hin- an, auf dem das Dorf Kebáb liegt; Männer, Weiber - - - . . . . . . . . . . . . .“ *) Der felbe, der mit mir die Rückreise nach Damiatte machte. Siehe I. Bd. Pag. 165. 26 und Kinder saßen zum Theil nackt, zum Theil in Lumpenge- hüllt vor ihren elenden Lehm- oder Durra-Strohhütten, und kochten; man ließ uns ruhig vorüberziehen; nur Hunde bell- ten uns beynahe aus jedem Loche entgegen. Da der Marquis Escalopier, der Grieche und ich zufällig im Gespräche begriffen, der übrigen Gesellschaft vorauseilend, abwärts gekommen waren, so schlugen wir auf die Versicherung des uns begleitenden Dragomans, daß er den Weg ohnehin recht gut wisse, außer dem Dorfe einen Pfad zur rechten Hand ein. Wir bemerkten aber bald, daß wir irre gingen ; und so viel ich mich in dem Halbdunkel der Nacht, aus der Wendung des Schattens, den der Mond in seiner auf nehmenden Scheibe des ersten Viertels warf, orientieren konnte, – uns vielmehr der Ebene von Gaza oder As- ca lon, als den Gebirgen Judäas näherten. Ich bestand daher darauf, die Richtung zur Linken zu nehmen, wor- nach es uns gelang, nachdem wir quer über Hügel und steinige Felder weggeritten waren und bey einem auf einer nahen Anhöhe liegenden Dorfe durch den Dra- goman Erkundigung eingezogen hatten, die am mei- ften betretene Straße nach Jerusalem vor dem Eintritt in den Thalweg wieder zu finden. Wie man uns sagte, war der übrige Theil unserer Caravane bereits vorüber passiert. - - Der Weg fing bald an, schlecht und beschwerlich zu werden, indem er sich in dem trockenen Bette eines Berg- baches durch eine wilde Schlucht zieht, wobey man immer berg an steigen muß; daher noch heut zu Tage der Araber, wenn vom Reisen nach Jerusalem die Rede ist, sich in seiner d 2- Sprache des biblischen Ausdruckes: »Hinaufgehen nach Jerusalem, bedient*). Allmählig tritt man in ein Labyrinth von kegelförmi- gen Bergen, die sich fast alle gleichsehen und am Fuße mit einander, zusammenhängen. Schauerliche Einsamkeit und Öde begleiten jeden Schritt des Wanderers auf der Weiterreise in diesem Hügellande Judäas. Da sich die Thalschlucht oft sehr verenget, so hält es insbesondere schwer, den häufig entgegen kommenden Kamehlenzügen auszuweichen. Nur selten wird man hierauf durch den Klang einer Schelle vorbereitet, die das erste Kamehl des Zuges am Halse trägt und durch einen Strick mit 20 oder 30 anderen in Verbindung steht. - „ Es mochte 2 Uhr Nachts gewesen sein, als wir höchst ermüdet auf eine etwas freyere Anhöhe kamen, und daher beschloffen, einige Zeit auszuruhen. Nachdem unsere gleich- falls sehr abgematteten Maulthiere mühsam das zu unserer Rechten aufgehäufte Steingerölle und mehrere Felsenab- sprünge übersetzt hatten, lagerten wir uns auf den Stein- boden zwischen den Disteln hin. Und es war ein süßer Schlummer, in den uns die Ermüdung ein wiegte! – Um 4 Uhr Morgens weckte uns der Dragoman, worauf wir wieder mit gleicher Anstrengung und Mühe die Steinmas- fen zu überschreiten und unsern früheren Weg zu gewin- nen fuchten. Ich war sehr nahe daran, rückwärts von meinem Maulthiere zu stürzen, da der Sattel desselben sich – – – – . . *) IV. Reg. 12. 17. I. Esdr. 1. 3. Mich. IV., 2, I. Maccab. I. 22. Math. XX., 17., 18. Luc. II., 42. XVIII., 32. Joan. II., 55. V. 1. VII. 8. 10. 11. XI. 55. Actor. XVIII, 22. XXI, 1. 12. 15. XXIV., 11. XXV., 1. 9. Gal. II, 1. 23 - in dem übelsten Zustande befand, und aus Mangel an Riemen, welche hier gemeiniglich nur schlechte Stricke er- setzen, nicht befestiget werden konnte. Man half, so gut es ging. Bald gewahrten wir zur linken Hand einen et- was größeren und breiteren Abhang, der aus den zahl- losen am Boden angebrannten Feuerstellen schließen ließ, daß hier ein gewöhnlicher Rastort der Caravanenzüge fey. Die hinter den Berghöhen aufgehende Sonne ließ uns auch bald näher den Charakter des sonderbaren Gebir- ges, das uns umgab, erkennen. Das Plateau, wor- auf wir standen , zeigt eine unübersehbare Menge von wellenförmigen Berggipfeln; alles Pflanzenleben scheint hier erstorben, und kaum erblickt man hinter dem Gestein hinkriechendes Strauchwerk, selten eine Gruppe von Öhl- bäumen. Die Berge selbst sind manchmahl in Schichten und Steinlagerungen abgeheilt, die sich terrassenförmig, wie die Scarpirungen bei unsern Weinbergen, von unten - - - nach oben erheben. “ über den Bergrücken kamen wir in das Thal, ge- meiniglich das Jeremiasthal genannt. Das Dorf, welches gleich am Eingang desselben zur Rechten an die Bergwand angebaut ist und aus steinernen Häusern besteht, heißt Keriat el Enneb, und soll einstens das Ana- th oth der Bibel“), der Geburtsort des Propheten Je- remias gewesen seyn, woher auch dieß traurige und düstere Thal noch immer einen Nahmen führt. Die muhamedani- fchen Einwohner des Dorfes feierten eben ein Fest, indem wir im Vorbeiziehen Männer, Weiber und Kinder tanzend . . . - - - - - - - - - *) Jerem. I. 1. - - 29 und fingend entweder auf der Flur, oder in dem nahen Olivenhaine herumtreiben sahen. . . . . . . . . Vor diesem Orte stehen Uberreste eines mächtigen und ehrwürdigen Baues, der auf eine einstmahls christliche Kirche hindeutet; denn das Innere besteht aus 3 Schif- fen, deren jedes 6 Pfeiler hat. Man hält das Gebäude für eine Kirche der Templer, welche vielleicht dem Propheten Jeremias geweiht war. Jetzt wird dasselbe lei- der von arabischen Hirten als Viehstall benützt, , Früher hat jeder Pilger dieses Thal und diese Ge- birgsgegend mit bangem Herzen betreten, als noch der berüchtigte und so sehr gefürchtete Beduinenfürst Abu- Gosch hier sein Unwesen trieb. Derselbe forderte von jedem hier vorüberziehenden Reisenden und von jedem Waarentransport den Ghafar, d. i. eine gesetzliche Ab- gabe von mehreren Piastern. Derjenige, der ihn nicht be- zahlen konnte oder wollte, wurde entweder geprügelt oder verwundet, umgebracht oder gefangen genommen, und so lange mißhandelt, bis der von ihm bestimmte Loskaufs- preis erlegt war. Gewöhnlich wurde derselbe von den Vä- tern zu Jerusalem erhandelt. Kam er zu spät, oder wurde er gar verweigert, so war es auch um das Leben des Ge- fangenen geschehen“). Selbst das Kloster zu Jerusalem *) Man erzählt, daß erst vor einigen Jahren ein italienischer Priester, der zum heiligen Grabe wallfahrtete, auf diese Weise ein Opfer des Wütherichs geworden sei. Da der Geistliche den geforderten Tribut nicht entrichten konnte, sperrte er ihn so lange in einen geheizten Backofen ein, bis die Väter des Klosters zu Jerusalem - ihn durch Erlegung eines Lösegeldes befreien würden; aber der Fromme war leider schon eine Leiche, als der Ghafar ankam. 30 mußte ihm für die erheilte Erlaubniß, Lebensmittel da- hin transportieren zu dürfen, alljährlich eine gewisse Sum- me von Piaftern als Steuer bezahlen. – Jetzt lebt dieser Scheich, dessen Hauptsitz das Dorf Keriat el Enneb war, und der mit vollem Rechte ein privilegierter Straßenräuber genannt werden konnte, weil er auch für seine Freyheit zu rauben einen jährlichen Tribut an die Paschaliks von Akri und Damask, denen er unterstand, entrichten mußte, als Privatmann unfchädlich in Jerusalem *). Ibrahim hatte im letzten syrischen Kriege mit den arabischen Stämmen, um ihn aus der vortheil- haften Lage, die ihm sein Bezirk, ringsum von Bergen umgeben, verschaffte, desto leichter und sicherer zu ver- drängen, das seinem Ehrgeize schmeichelhafte Anerbiethen gemacht, ihn, im Falle er sich willig und schnell unter- werfe, zum Gouverneur von Jerusalem zu ernen- nen; – er that es, aber wurde bald nachher wieder fei- ner Stelle entfetzt. Am andern Ende des Thales links liegt auf einer Bergspitze ein anderes Dorf, das man uns Suba nann- te, dessen Häuser wie Vogelnester auf der Felsspitze kle- ben; – und weiter unten Kassr, mit einigen aus Stein zusammengesetzten Wohnungen. . *) Als im heurigen Jahre ein reicher Engländer den Abu-Gosch in einem gegenwärtigen Privathaufe zu Jerusalem besuchte, ward er wohl von ihm sehr gastfreundlich aufgenommen, aber beym Abschiede mit dem Bemerken entlaffen, daß es ihm leid thue, die Ehre des Besuches nicht in früherer Zeit erhalten zu haben, weil er dann gewußt hätte, welchen Empfang er ihm zu berei- ten gehabt haben würde. 31 Nun ging es wieder über einen steilen Berg, dessen mannigfaltige Steinlagerungen besonders auf der Kehr- seite im Hinabsteigen so beschwerlich zu begehen waren, daß selbst unsere Maulthiere, um nicht in den Abgrund zu stürzen, nur vorsichtig, Schritt vor Schritt, zwi- fchen dem Gerölle und den Wurzeln der Gesträuche weiter kommen konnten. Am Fuße des Abhanges erreichten wir einen Felsenbrunnen mit einer türkischen Überschrift, konn- ten aber die nach Waffer lechzenden Thiere nicht tränken, da er leider ganz trocken lag. Weiter im Thale stießen wir auf Überreste von Gebäuden, bedeutend an Größe und Umfang. Die gro- ßen Steine, die langen und breiten Mauertrümmer laffen vermuthen, daß sie ansehnlichen Hospizen oder Kirchen älterer Zeit angehört haben mögen. Hier liegt auch das Dorf Kollunijeh. Gleich darnach kommt man an eine Steinbrücke, die gut gemauert und gepflastert ist, aber über ein ganz trockenes Bachbett führt. Aus diesem Bache soll David die 5 glatten Steine genommen ha- ben"), mit deren einem er den Riesen Goliath erschlug. Hier beginnt auch das Therebinthenthal, welches sich gegen Süden immer mehr erweitert und verschönert. Das Auge ergötzt sich, einmahl wieder grüne Pflan- zungen*), hie und da wilde Feigenbäume, oder Wein- *) 1. Reg. 17.40. 49. *) Da der Grund in Judäa größtentheils steinig ist, so staunt man, auch in dem so mager scheinenden Steinboden, felbst aus Felsenritzen hervor, fruchtbare Bäume, Gesträuche, Pflanzen proßen zu sehen, und, wider Gewohnheit, einen etwas sorgfäl- tigen Anbau zu treffen. gärten mit Steinlagerungen eingezäunt zu finden; man sieht, was selbst einige Cultur auf diesem, wenn gleich an- digen und durchaus feinigen Boden hervorzubringen im Stande ist. – Zur Rechten zeigt sich in der Ferne auf dem Gipfel eines Felsens eine Feste, die man das Grab- mahl der Makkabäer, Modin nennt, von welchem es in der heiligen Schrift heißt, daß es noch bis auf den heutigen Tag steht,"), Uberhaupt sieht man auf dem ganzen Wege viele Ruinen der Vorzeit, und auf den Spitzen der kahlen Berge Uberreste von Thürmen, fe- ten Mauern, Schlössern, Burgen und Castellen, die wahrscheinlich aus den Zeiten der Kreuzzüge herrühren. Ist man über den Bach hinüber, fo verödet neuer- dings der Boden, und der Marsch wird auf dem holpe- rigten und pfadlosen Felsen, und in dem durch Abgründe coupierten Terrain äußerst beschwerlich. Die Seitenwände der Berge, die man besteigt, und die sich immer weiter ausdehnen, sind wüft und nackt, und nehmen ein groß- artigeres unfruchtbares Aussehen an. Alles Grün ver- schwindet; nur hin und wieder steht wie verloren ein ein- zelner Feigenbaum; aber bald hört alle Vegetation auf, und das Gebirge, dessen Bestandtheil reiner Flötzkalk ist, nimmt eine röthliche brennende Farbe an. Auffallend ist es, an manchen Orten Haufen von Millionen zusam- mengetragener und gelegter Steine zu sehen, die meines Erachtens der Bußgeist der Pilger schon von der unteren Thallschlucht mit sich nahm und hier aufschichtete; oder auch aus Steinen künstlich formierte Quarrés zu erblicken, - *) I. Maccab. 13, 30. 33 die vielleicht einstigen militärischen Zwecken gedient haben mögen. – So steigt man in dieser traurigen Gegend noch eine Zeitlang, und zwar auf Wegen bergan, die sogar mit ungeheuren Granitblöcken, mit übergerollten und angehäuften Felsquadern betreuet sind, bis man auf einer Flachhöhe angelangt ist, hinter welcher man endlich das langersehnte Ziel einer mühsamen Wanderung, »Je- rusalem,« zu erblicken hofft. Aber noch nehmen vorerst einige Ohlbaumgruppen oder Weinrebenpflanzungen, mit Mauern umgeben, einige Gebäude, halb zerfallenen Moscheen gleich, die Aufmerk- famkeit des Pilgers in Anspruch. – Das Auge eilt je- doch immer dem Gedanken voran, und ist beständig auf den äußersten Punkt, der die Aussicht begränzt, erwar- tungsvoll geheftet, um das einmahl zu erschauen, was in diesem Augenblicke der Seele heiligster und heißester Wunsch ist. Und allmählig erhebt sich im Osten ein Berg mit 3 Gipfeln, deren mittleren Abschnitt Kirchenge- bäude einnehmen,– man glaubt Jerusalem zu sehen; – aber die Erwartung ist noch getäuscht, es ist der Ohl- berg. – Endlich zeigt sich im Höhenrauch eine Linie von gothischen, kannelirten Mauern mit viereckigen Thür- men in Zwischenräumen, über welche die Minarets meh- rerer Moscheen und Spitzen von Gebäuden hervorragen. Das ist El Kudd es, rief der Türke; Hagiopolis, der Grieche; und ich: Jerusalem! – – Ja, es war Jerusalem, die heilige Stadt, das fehnlichste Ziel meiner Pilgerfahrt nach so viel überstan- denen Gefahren, nach so viel überwundenen Mühen ! 3 34 »Da stand ich,« erzählt Chateaubriand"), als er die Mauern der Gottesstadt erblickte, »die Alu- »gen fest auf Jerusalem geheftet, die Höhe »f einer Mauern meffend, alle Erinnerungen »der Geschichte von Abraham bis auf Gott- »fried von Bouillon wiederhohlend, der »ganzen Welt gedenkend, welche durch die »Sendung des Messias eine andere Gestalt »erhalten hat, und vergebens den Tempel »f u chend, von dem kein Stein auf dem an- »dern geblieben ist. Nie werde ich diese Wü- »fte vergeffen, wo noch die Größe Jehova's »und die Größe des Todes zu wehen schei- »n e n !« Ich vermag es nicht, mit Worten auszudrücken, was bey demselben Anblicke in meinem eigenen Innern vorging. Der lebendige Glaube an den göttlichen Heiland, der hier lebte, lehrte, litt und starb, um das gefallene Menschengeschlecht mit einem himmlischen Vater wieder auszusöhnen, hatte mich so sehr ergriffen, daß nur der Gedanke an diese Stadt, als den einstmahligen Schau- platz seines Leidens und Sterbens – allein es war, der mich fesselte und das Andenken an die Geschichte ih- rer außerordentlichen Schicksale aus längst verfloffenen Jahrtausenden verdrängte. – Schauer durchlief meine Glieder; ich wollte absteigen und mit entblößten Füßen *) Itinéraire de Paris à Jerusalem par, Msr. Vicomte de Chateaubriand. Tom. I. Paris 1829. Pag. 292. 35 die heilige Stadt betreten *); – ich vermochte es aber nicht; nur mit unbedecktem Haupte ritt ich ein. – – - *) Ehemahls durfte kein Reifender oder Pilger mit Schuhen oder Stiefeln in die Stadt einziehen; wenn er sie abzulegen außer Acht ließ, so wurde ihm dieß am Thore gebothen. Seit jedoch Ibrahim über Syrien gebiethet, ist es der Willkühr" eines Jeden überlaffen, dießfalls zu thun, was ihm beliebt. – »Nach der Eroberung Syriens durch Ibrahim Pascha,« sagt Monro, »ist eine ganz neue Gestaltung der Dinge be- wirkt worden, welche besonders den Christen günstig ist, aber »eben dadurch eine Spannung und einen geheimen Haß bey den »Arabern erregt, der in der Folge dem christlichen Nahmen um »so gefährlicher werden kann.« Siehe: A Summer ramble in Syria. 2 Vol. London 1835; by the Rev. Vere Monro, welcher den gegenwärtigen Zustand Palästina’s unter der Regie- rung Ibrahim's näher erörtert. 3 - I e r u | a l e m. el erusale m, so eigenthümlich wie kein Ort der Erde, bleibt hinter der Phantasie eines Jeden zurück, der es nicht gesehen hat. Ich will es versuchen, ein Bild zu ent- werfen, so wie es sich mir darstellte, als ich mich der Stadt näherte. – Es liegt im Stamme Benjamin *), an dem Abhange einer Flachhöhe, welche gegen Osten, Süden und Westen von den 3 Thälern Josaphat *), Ge Ben Hinnon*) und Gihon *) begrän- zet wird. Gegen Norden erhebt sich die breite und weite *) Jerusalem, d. i. Je bus, wird von Josua unter den Städten Benjamins aufgeführt. Vergl. Josua XVIII., 28. *) Joel III., 2. 12. *) Josua XV., 8. XVIII., 16. II. Reg. 23. Jerem. VII. Joan. XV. - - *) III. Reg. 1., 33. 38. 45. II. Paral. 32. 30. 33, 14. 32 Ebene allmählig zu einem Berge; östlich steigt majestätisch der Ohlberg*), alle anderen Hügel überragend, em- por; an ihn schließt sich rechts der Berg des Arger- niffes *); und zwischen diesem und dem südlich liegen- den Berg des bösen Rathes“) eröffnet sich jen- feits eine Fernsicht auf die Gebirge Arabiens, grau, glatt, hoch, gleichförmig, ausdruckslos in ihrem Charakter. Ringsum ist der Boden braun, afchen farbig, verbrannt, steinig, nur stellen- weise mit Erde überschichtet und angebaut, und sowohl auf den Anhöhen als in der Fläche bloß mit einzelnen Ohlbäumen bepflanzt. Kein singender Vogel schwirrt in den Lüften, kein anderes lebendiges Thier regt sich auf den Feldern, kein Geräusch fchallt aus der Stadt, kein Rauch, kein Windhauch erhebet fich, Alles ist still und fumm, – die ganze Natur scheint erstorben. Der Fluch des Herrn ruht sichtbar auf einer Stadt, so wie auf dem gesammten Lande Judäa s!*)– Die hohen und starken Festungsmauern, welche mit Schießscharten versehen sind, und mit Thürmen flankiert werden, laffen von der Westseite her außer eini- *) Zach. XIV., 4. Marc. XIV., 26. *) IV. Reg. 23. 13. *) Math., XXVI., 34. 5. Marc. XIV., 1. 2. Luc. XXII., 1. 2. *) »Ich muß gestehen,« sagt Jowett über Judäa, »daß es einen eigenen melancholifchen Eindruck macht, wenn man so viel Land wüst liegen und so wenig Einwohner sieht. Doch hat man keinen Grund, das Land von Natur aus für unfruchtbar zu halten, und feine gegenwärtige Öde kann keineswegs na- türlichen Ursachen beigemessen werden, sondern deutet im eigentlichsten Sinne auf den richterlichen Fluch hin, der / ZH. gen Minarets, wenig Kuppeln oder Terrassen von Häusern bemerken, geben jedoch dem Ganzen ein statt- liches Aussehen. In der Mitte dieser Fronte steht die Citadelle, mit Kanonen besetzt, die ehemahlige Burg Davids, seit den Zeiten der Kreuzzüge das Pisaner-Schloß genannt. Rechts am Wege vor der Stadt liegt ein großer türkischer Todtenacker, des- fen Mahle meist in Marmorstücken, mit Turbanen aus Stein gehauen, bestehen. Ein Geist der Stille und der Verlaffenheit herrscht in diesen weiten Räumen, und der Anblick der wüsten und traurigen Gegend erschüt- tert die Seele so mächtig, daß man unwillkührlich in den Klageton des Propheten einstimmt und bejammernd aus- ruft: »Ja, wie liegt die Stadt fo öde, fie, die »einftens fo volkreich war! Sie, die Beherr- »fcherinn der Völker, ist jetzt wie eine Wit- »we! Sie, die eine Fürstinn, eine Königinn »in den Ländern war, muß nun die nen! – »Ihre Straßen find öde und leer, da Nie- mand ist, der auf ein Feft kommt.« *) – es traf. Ein gerechter Gott hat in lang aufgeschobener Erfüllung feiner Drohungen das fruchtbare Land zur Wüste gemacht, um der Gottlosigkeit derer willen, die darin wohnten. Ja, es war die Gott lo figkeit, die wachsende Gottlosigkeit der Einwohner selbst das Werkzeug, wodurch die entsetzliche Umwand- lung geschah!“ Siehe: Christian researches in Syria and the holy Land, by W. Jowett, London 1825. Pag, 308. *) Jerem. Lament. I., 1. 4. »Der Anblick von Jerufa- lem,« sagt Schulz, »ist ehrwürdig wegen des unzähligen , … – 89 Es war Donnerstags 8 Uhr Morgens den 13. July, als wir durch das Pilger- oder Bethlehems- thor, das unseren Festungsthoren nicht unähnlich ist, in die Stadt einritten. Unter demselben waren nachlässig und sorglos egyptische Soldaten gelagert, welche die Wa- che hielten. Sie ließen uns ohne Anstand einziehen; eben fo einige verschleyerte Landfrauen, welche eintraten, und Trauben und Früchte zur Stadt trugen. – Zur Rechten, wenn man eingetreten ist, passiert man, das Castell vorüber, ein großes und festes Gemäuer mit einem viereckigen Thurm, und von einem tiefen Wall- graben umgeben; links am Wege liegen mehrere Schutt- haufen von eingestürzten Häusern, gleichsam um das Bild der Zerstörung Jerusalem's noch immer den Eintretenden zu vergegenwärtigen. Bald wurden wir auf ein Geschrey, das aus der vor uns liegenden Straße uns entgegen kam, aufmerksam. Es war eine Schaar von heulenden türki- fchen Weibern, die einen an der Cholera Verstorbenen beklagten und weinend in den Leichenhof zogen. Sie wa- ren in weiße Überwurfskleider gehüllt und hatten, Ge- spenstern gleich, das Gesicht mit schwarzen Tüchern ver- mummt. Wir trabten mit unseren Maulthieren links in eine enge Seitengasse ab, indeß unser Dragoman, mit Pistolen und Säbel bewaffnet, militärisch vorausschritt, Guten, das ihr von Gott widerfahren, aber auch traurig, wegen der vielen Verwüstungen, die sie in gerechter Strafe erlitten.« Siehe: M. Stephan Schulz's Reife durch Syrien : c. c. im Jahre 1752 und 1753, oder: Leitun- gen des Höchsten auf einer Reife durch Europa, Alfien, Afrika. Halle 1774. 40 und uns den Weg zum Franziskanerhospiz zeigte, das wir bald erreichten. Wir pochten an dem eisernen Thore, und wurden durch ein kleines Pförtchen, welches einer der beiden Kloster-Dragomane öffnete, eingelassen. Der Vorsteher des Conventes und Custos des heiligen Gra- bes, an welchen ich von Rom aus in mehreren Briefen empfohlen war, befand sich eben in dem Kloster zu St. Johann im Gebirge, das sich wegen Ausbruch der Cholera in Jerusalem abgesperrt hatte, eingeschlossen. Ich übergab einstweilen dem P. Vicar meine Papiere, der uns äußerst bereitwillig aufnahm und eifrigst bemüht war, uns gefällig zu feyn. Ohne meinerseits auf eine be- sondere Rücksicht Anspruch zu machen, wies er mir eine Zelle im Convente, was immer als Vorzug angesehen wird, und meinen übrigen Begleitern Zimmer in dem neben anstoßenden Pilgerhause an. – Mein erster Gang war nun in die Klosterkirche, um Gott, der mich bisher so glücklich geleitet hatte, meine schuldigen Dankgebethe dar- zubringen. Abgemattet von der Reise, und so abgemüdet durch die Eindrücke des Tages, daß es mir war, als ver- ließe alle Kraft meine Glieder, fehnte ich mich nach eini- ger Ruhe; – das Bewußtseyn jedoch, daß ich mich in Davidstadt, in Jerusalem befände, ließ mir keinen Schlummer gewinnen; wozu noch die außerordentliche Hitze*) kam, die mir beynahe unerträglich war. Ich hatte mich entschloffen, sogleich Nachmittags den Leidensweg des Herrn zu gehen, und Abends mich in die heilige Grabkirche einschließen zu lassen. P. Giovan- - *) Der Sackthermometer zeigte im Schatten 320 Réaumur. 41 ni und P. Camillo, Beyde Curatpriester für die katho- lische Bevölkerung Jerusalems, kamen um 3 Uhr, um mir zu diesem Ende als Wegweiser und Begleiter zu dienen. Die Via d'Olorosa. Die Via dolorosa, *) d. i. der Weg, auf wel- chem Jesus, sein Kreuz tragend, nach der Schädelstätte ging, beginnt vom Hause des Pilatus, in der Nähe des Stephansthores gegen Osten, und endiget an der heiligen Grabkirche, ungefähr 300 Schritte vor dem lateinischen Kloster im Westen. Die ganze Länge dieses Leidensweges wird über 800 Schritte betragen. Die wichtigsten Stand- punkte oder Stationen find durch liegende Säulenschäfte, ursprünglich von der heiligen Helena gesetzt, oder durch ein- gemauerte Steine in den Häusern marquirt. Der Pilger kann gegenwärtig bey jeder derselben Zeichen der Ver- ehrung an den Tag legen und feine Gebethe verrichten, ohne befürchten zu müffen, von den vorübergehenden Mu- hamedanern gestört, oder aus den oberen Stockwerken der Häuser von den Bewohnern insultiert zu werden. *)– *) Die Via dolorosa, oder Via crucis, der eigentliche Kreuzweg, unterscheidet sich von dem Wege der Gefan- gen fchaft, welcher mit der Verhaftung des Heilandes im Öhlgarten anfängt, seinen Gang über die Brücke des Baches Kidron nach dem Haufe des Annas und Kaiphas am Berge Sion, und von da durch die Stadt, nach der Wohnung des Pilatus in sich begreift, und über 3000 Schritte mißt. *) Diesen Jerusalem ifchen Kreuzweg von 14 Stationen, wovon sich 9 in der Via dolorosa, und 5 in der heiligen Gra- 42 Da wir vom Convente ausgingen, so machten wir diese Via dolorosa vorerst von rückwärts, und stiegen in der dahin führenden Gaffe die Hälfte des ganzen Weges stets allmählig bergab. Dann wendet sich die Straße auf einmahl aus Osten nach Norden, bis sie nach ungefähr go Schritten wieder östlich einlenket und gerade hin zum Haufe des Pilatus*) führt. Dasselbe ist gegen die Gaffe mit einer Mauer ohne Fenster geschloffen, war ehe- dem vom Gouverneur der Stadt bewohnt, befindet sich aber jetzt in wenig bewohnbarem Zustande, da es zum Theil in Ruinen liegt. Man will noch den Ort zeigen, wo die heilige Treppe gestanden, die zum Innern des Hauses führte und von Jesus bestiegen ward*). Oberhalb ist das Praetorium oder der Bogengang, auf den Pilatus Jesum mit den Worten: Ecce Homo! herausführte*)–In der Nähe liegt das Gewölbe der Geißelung*), ein altes, rundes, feinernes, thurm- artiges Kuppelgebäude, das bisher immer im Besitze der Türken war, und zum Theil noch ist. Ibrahim Pascha hatte den ihm jüngst zugefallenen Antheil dieses Gebäudes beskirche befinden, ahmen fast alle Kreuzwegabbildungen in un- feren Kirchen nach, zum Unterschiede von jenem Kreuzwege, welcher in feine Bilder noch Manches aus dem Wege der Gefangen fchaft, von Jesu Seelenleiden in Gethsemane, oder bey Annas und Kaiphas c. c., aufnimmt. *) Math. XXVII., 1. Marc. XV., 2. *) Diese befindet sich jetzt in einem eigenen Gebäude Roms, Scala santa genannt, neben der berühmten Basilika S. Giovanni in Laterano. Siehe I. Bd. Pag. 75. ***) Joan. XIX.. 5. ***) Joan. XIX., 1. Math, XXVII, 27. Marc. XV., 16. 43 den Vätern des heiligen Landes geschenkt, welche jedoch noch keinen Gebrauch davon machen können, weil die an- dere Hälfte einem türkischen Privatmann angehört, der sie ihnen nur um den überbothenen Preis von 30, ooo syrischen Piaftern *) überlassen will. Da sie diese übermäßige An- kaufssumme nicht besitzen, so warten sie demnach günstigere Zeitumstände ab *)–Der Palast des Herodes*) mag etwa einen Steinwurf von der Wohnung des Pilatus entfernt gewesen sein. In einem nahen engen Gäßchen, wohin man ihn versetzt, sieht der Pilger außer einigen fchlechten Häusern nun nichts mehr, was ihn hieran erin- nern soll. – Weiterhin an der Straßenbiegung bezeich- net man den Platz, wo Maria ihrem Sohne begegnete, und, als sie ihn blutbedeckt und entkräftet unter der Last des Kreuzes einher schwanken sah, ohnmäch- tig niederstürzte. Früher fand hier ein Nonnenkloster, jetzt nimmt die Stelle ein verfallenes türkisches Bad ein. – Unweit davon ist der Ort, wo Simon von Cyren e*) Jesu das Kreuz abgenommen und auf seine Schultern gela- den hatte; und in einiger Entfernung soll das Haus des *) Ungefähr 3000 Wiener- Conventionsgulden. *) Den neuesten Nachrichten zufolge haben die Väter vom Orden des heil. Franziskus dieses Sanktuarium bereits an sich gebracht, und laffen es eben durch die wohlthätige Spende Sr. Hoheit des Herzogs Maximilian von Bayern, welcher im Monat he May des verfloffenen Jahres 1838, auf seiner Reise in den Orient, Jerusalem besuchte, zum gottesdienstlichen Gebrauche wieder herstellen. ***) Luc. XXIII., 7. ***) Luc. XXIII., 26. Math, XXVII., 32. Marc. XV., 21. 44 reichen Praffers gestanden haben, an dessen Schwelle der arme Lazarus lag*). Mehrere Kirchenväter nähm- lich, Tertullianus, Origenes, Irenäus, Johannes Chry- fotomus, Clemens von Alexandrien, Ambrosius u. f. w., legen das Gleichniß des Evangeliums als eine wirkliche Thatsache aus. – Die Straße bildet nun wieder einen Winkel, und beginnt etwas bergan zu laufen. Das Haus der Veronika ist wenig Schritte davon entfernt; ein Stein, mit einem Eindrucke eingemauert, der aber vom Küf- jen ganz unrein aussieht, bezeichnetes. – Nicht minder zeigt man 3. Stellen, wo Je fus unter der Last feines Kreuzes fiel; so wie den Ort, wo er den weinenden Frauen begegnete und die denkwürdigen Worte sprach: »Weinet nicht über mich, fondern vielmehr »über euch und eure Kinder.« *) – Nun nähert man sich dem ehemahligen Gerichtsthore (Porta Judi- ciaria), durch welches die Verbrecher auf Golgotha *) geführt wurden. Gewöhnlich ward hier das Todesurtheil des Missethäters noch einmahl öffentlich verkündiget. Eine antike Säule, die man unter den Trümmern aufgefunden hat, ist als Merkmahl dieser Station hier aufgerichtet. – Einige Schritte vorwärts, – und man wäre auf der Ebene des Gerichtsplatzes selbst angekommen; aber der unmittelbare Weg nach Golgotha, den gegenwär- tig der heilige Grabestempel einschließt, ist verbaut und mit Häusern von Muhamedanern besetzt. *) Luc. XVI. , 19. *) Luc. XXIII., 27., 28. ***) Math. XXVII., 33. Marc, XV., 22. Luc, XXIII., 33. Jo- an, XIX., 17. E 45" Die heilige Grabkirche. Durch eine enge, schlechtgepflasterte Gaffe und einiges Gewinkel, in dem vieler Unrath und Unreinlichkeit aufge- häuft liegt, kamen wir zur heiligen Grabkirche, zu deren eigentlichem Eingang aber ein etwas breiterer und offener Vorplatz führt. Sie war bereits geöffnet, da der P. Vicar dießfalls an den Gouverneur von Jerusalem wegen meiner, der ich mit einem Reiseferman von Méhé- med Ali versehen war, das schriftliche Ansuchen gestellt hatte. Als wir eintraten, es war 5 Uhr Abends, wurde eben von den in wohnenden Franziskanern die Proces- sion, welche täglich Statt findet, um die inneren Leidenssta- tionen gehalten, und sodann in der kleinen Marienkirche zum Schluffe die Litaney gebethet. Wir nahmen alsogleich Antheil daran. Die ganze Architektur des Tempels, welcher die Gestalt eines Kreuzes hat und in den früheren Zeiten immer die Kirche der Auferstehung des Herrn, wie aus allen Menologien erhellet, zum Andenken an das große und freuden volle Geheimniß, hieß, – verräth gleich beim ersten Anblick Byzantinischen Bausty, und zwar aus der Zeit Constantins. *) *) Mit Constantin begann die Periode des eigentlichen Kir- chenbaustyls, da nicht allein dieser Kaiser Rom, Byzanz und die heiligen Stätten Jerusalems mit Prachtgebäuden zierte, sondern auch, wie Eusebius, Vita Constantini X., 4., berichtet, die in der vorhergehenden Verfolgung zerstörten, 45 Nach der Erzählung des Eusebius“) ließ dieser Kaiser im 4. Jahrhunderte eine Kirche an dem Orte er- bauen, wo in überschwenglicher Barmherzigkeit Gottes das Werk unserer Erlösung vollbracht wurde. Mannigfal- tig sind die Schicksale, welche dieser Tempel im Laufe der Jahrhunderte erlitt, und nicht gering waren die Verwü- fungen, die ihn schon trafen. So ward er 300 Jahre nach seiner Erbauung von Chosroes II., König der Perser, zerstört, aber von Kaiser Heraklius *) wieder herge- stellt. Als der Calife Omar sich Jerusalems bemächtigte, ließ er den Christen dieß Gotteshaus. Hakem, Sul. tan von Egypten, verbrannte aufs Neue die Kirche, bis sie die Kreuzfahrer wieder erbauten, erweiterten, und auch den Felsen Golgotha, welcher gemäß der heiligen Schrift*) nahe dem Grabe des Erlösers lag, und vom Letzteren auch jetzt nur ungefähr 60 Schritte entfernt ist, mit einschlossen. Im Jahre 1187 eroberte Saladin die Stadt, und gab abermahls die Grabkirche der Verwüstung und Plünderung Preis. Endlich wußten es die Mönche des heiligen Fran- ziskus im Jahre 1542 unter dem Schutze des Königs Robert von Sicilien bey dem Sultan von Egypten dahin zu bringen, daß ihnen gestattet wurde, in Jerusalem, wenn prachtvoller, und dem Geiste des Christenthums würdiger wieder aufbauen ließ. *) Eusebius: Vita Constantini. III., 29. *) Heraclius führte auch das von Chosroes entwendete heilige Kreuz wieder zurück; daher am 14. September, der Wiederge- winnung desselben wegen, das Fest der Kreuzerhöhung gefeyert wird. ***) Joan. XIX., 41. 4- gleich unter Abgabe eines jährlichen Tributes zu wohnen und bey der Grabkirche, die sie restaurierten, den Gottes- dienst zu verrichten. Im Jahre 1808 wurde sie abermahls ein Raub der Flammen, aber von den Griechen, wel- che in nicht ungegründetem Verdachte stehen, den Brand angelegt zu haben, wieder aufgebaut. Nur durch die Einziehung mehrerer heiligen Orte ist das Gebäude zu einem unregelmäßigen Ganzen geworden, das jedoch stets bey der Größe und Höhe seiner Hallen, bey der Menge der Gänge, Capellen und Galerien jeden Pilger beim Eintritt mit Verwunderung und Ehrfurcht erfüllt. Links am Eingange steht ein abgetragener Thurm, der, wie man mir sagte, darum seiner Spitze beraubt wurde, weil es den Christen nicht erlaubt fey, an ihren Kirchen den Minarets der Moscheen gleich hohe Thür- me zu erbauen und zu besitzen. Rechts führt eine feinerne Stiege zu einer Capelle an der Kirchenwand, welche den Ort bezeichnet, wo Maria während der Kreuzigung des Heilandes stand*), und daher Capella dolorosa (fchmerzhafte Capelle) genannt wird. Sie ruht schon auf den Felsen selbst, wo die Kreuzigung vor sich ging. Die Franziskaner haben hiezu den Schlüffel, und können hier täglich nach ihrem Belieben die heilige Messe lesen. – Nur ein Haupteingang führt in die Kirche, zu welchem der Gouverneur von Jerusalem den Schlüffel in Verwahrung nimmt und auf Verlangen die Pforte öffnen läßt. Zwey große Kuppeln auf den Dachgewölben bringen nach *) Joan, XIX., 25. 4B Art des Pantheons zu Rom, durch ihre oberen Öffnun- gen und Fenster, welche vergittert sind, die nöthige Be- leuchtung in die inneren Räume und Hallen. Zuerst tritt man in die Vorhalle, wo links in einer Nische die Türken ein hölzernes Gerüst, mit Teppichen belegt, in Form eines Divans haben, und hier für die Dauer der Öffnung Wache halten. Ich sah sie, auf ihren Kiffen ruhig hingestreckt liegend Kaffeh trinken und ihre langen Pfei- fen rauchen. Jeder eintretende Fremdling mußte früher an sie einige Piaster entrichten; Ibrahim Pascha, der über- haupt in Syrien menschenfreundliche Einrichtungen trifft, hat aber diese Abgabe jetzt abgeschafft. – Rechts erhebt sich der ummauerte Calvarienfelfen. Gerade vor sich hin erblickt man den Stein der Einfalbung nach der Abnahme Christi vom Kreuze, mit vielen hängenden Lam- pen und herumstehenden Leuchtern verziert. Er ist in schönem Marmor gekleidet und am Rande mit Inschriften versehen. Die Capelle des heiligen Grabes. Aus der Vorhalle tritt man zwischen viereckigen Pila- fern, welche Galerien tragen, in das sogenannte Schiff der Kirche, in dessen Mittelpunkt sich eine kleine Capel- ie erhebt, welche das Grab Christi umschließt. Diese ist aus massiven Marmorsteinen aufgebaut, am Eingange mit einigen Säulen und im Hintergrunde mit einem Thürmchen von orientalischer Bauart geschmückt. Der Eingang ist auf der Ostseite, und hat über sich ein Gemählde, die Auferstehung des Herrn darstellend. Das 49 Innere besteht aus zwei Abtheilungen. Die erstere kleinere, das Gemach des Engels genannt, weil derselbe hier den frommen Frauen, welche kamen, um den Leichnam Jesu einzubalsamiren, die frohe Bothschaft ertheilte: »Er ist auferstanden und nicht hier!«*) – hat in ihrer Mitte einen Stein, zierlich mit Marmor eingefaßt, wel- cher derselbe seyn soll, der als Schlußstein der Grabhöhle diente, und auf welchem der Engel saß, als er den beyden Marien die Auferstehung des Herrn verkündete. Mehrere Lampen erhellen das Dunkel derselben, und zu beyden Seiten des Eingangs sind zwey ovale Löcher angebracht, durch welche der griechische und armenische Bischof am Charsamstage das heilige Feuer, welches fie, zur Schmähung der katholischen Feuerweihe an demselben Tage, als vom Himmel ihnen gesandt ausgeben, ihren au- ßen harrenden Gläubigen reichen. Der türkische Gou- verneur von Jerusalem wird zu dieser Ceremonie jederzeit geladen, und findet sich mit seinem Hofstaate in einer der oberen Galerien ein. Die zweyte, etwas größere Abtheilung, in welche man nur gebückt durch ein kleines Thürchen eintreten kann, ent- hält das eigentliche Grab Christi, welches auch die ganze rechte Hälfte des Gemaches einnimmt, und beym Eintritte bis zur entgegengesetzten Seite nur so viel Raum übrig läßt, daß höchstens vier Pilger hart nebeneinander knien können. Die Grabstelle selbst hat die Gestalt eines Altars, völlig 6 Fuß Länge, 3. Fuß. Breite und 24 Fuß •) Math. XXVIII., 6. SO Höhe. Das Innere des Grabes ist jedoch nicht zu sehen, sondern mit einer weißen Marmorplatte geschloffen. Die eigentliche Steinplatte, womit das ursprüngliche Grab Christi gedeckt war, und worin der Leichnam mit dem Haupte nach Sonnenuntergang, mit den Füßen gegen den Eingang, nach Sonnenaufgang gewendet lag,– wollen die Armenier in ihrer Kirche auf dem Berge Sion, außer dem Davidsthore, besitzen, wo sie in dem Hauptaltar ein- gemauert ist und als Mensa desselben dienet. Die Ca- pelle ist immerwährend mit mehr als 50 Lampen erleuch- tet, da sie kein Tageslicht erhellet, und der aufsteigende Dampf wird durch drei Öffnungen an der oberen Decke hinausgeführt. Täglich wird hier von den Lateinern und Griechen in strenger und genauer Wechselordnung Gottesdienst, jedoch in der Art gehalten, daß, wenn die Lateiner die heilige Meffe lesen, zur rechten Hand drey Kerzen angezündet werden, wenn aber die Griechen celebrieren, drey Lichter nur zur Linken brennen. Die Capelle ist ein Eigenthum der Lateiner. Die Armenier dürfen hier nicht fungieren. - »Wenn ich die Gefühle fchildern foll,« sagt Herr v.Chateaubriand*), »die sich meiner bey dem Betreten die fes heiligen Ortes bemäch- tigten, so muß ich gestehen, daß ich von den vielen Gedanken, die auf meinen Geist ein- drangen, keinen besonders festhalten konnte! Ich blieb fast eine halbe Stunde auf den Knien *) Itinéraire de Paris à Jerusalem par M. Wicomte de Cha- teaubriand. Paris 1829. Tom. II. Pag, 21. 51 liegen, unverwandt den Blick auf den Stein geheftet. – Das tiefe Gefühl meiner Schwach- heit war. Alles, was ich empfunden zu haben mich erinnern kann.« – Auch ich vermag es nicht, das zu beschreiben, was ich empfand, als ich selbst hier kniete. Der lebendige Glaube und die feste Überzeugung, daß dieß der Ort fey, von dem Leben und Seligkeit aus- ging; der Ort, wo der Gottmensch als ein Sühnopfer, beweint von feiner trostlosen Mutter und seinen geliebten Jüngern, wenn auch nur vorübergehend, in den Armen des irdischen Todes lag, – hatte mich so sehr ergriffen, daß ein Strom von Thränen es war, in die ich ausbrach, und die auf das Grab deffen floffen, den ich hier anzu- bethen gewürdiget ward; worauf mein Gemüth nur in einem inbrünstigen Gebethe für alle. Jene Erleichterung fand, für welche mir Pflicht und Liebe an dieser heiligen Schwelle zu bethen befahlen! – An der äußeren Rückseite der Grabescapelle haben die ko ptischen Chriften ein kleines, aus Bretterwän- den bestehendes Oratorium*) angelehnt, welches bloß eine schwache Rückwand von der Stelle des heiligen Grabes trennt. Ihre Priester waren auch die einzigen, welche ich, nebst den Griechen und Armeniern, aus den übrigen hier noch Antheilhabenden Religionspartheyen*) während mei- ner Anwesenheit in der Grabkirche Liturgie halten sah. *) Diese kleine Capelle wurde zu einer Zeit gebaut, wo die Lateiner einmahl nach Damask ins Gefängniß abgeführt waren, und da- her ihr Eigenthum nicht bewahren konnten. *) Den englischen Reisenden, Lord Joliffe, welcher an der Man- nigfaltigkeit der verschiedenen christlichen Glaubenspartheyen in 4 52 Um die heilige Capelle stehen in einer Entfernung von etwa 10 Schritten mächtige gemauerte Pilafter, welche zu ebener Erde in Zwischenräumen Nischen, oder Vertiefungen, zum Aufenthalte oder Gebethe für die ver- fchiedenen christlichen Besitzer der Grabkirche, als: Abyf- finier, Jakobiten, Nestorianer, Maroniten, Georgianer, Synaiten u. f. w., und im ersten Stockwerke eine schöne Gallerie bilden, deren nördliche Hälfte den Lateinern, die südliche aber den Griechen und Armeniern ange- hört *). – In der Höhe wölbt sich dann die große Kup- pel, die auf diesen Pfeilern gleichsam wie auf ihren Stützen ruht. Ich besuchte insbesondere die Capelle der Synai- ten, wo man das Grab des Nikodemus zeigt; sie ist auch sonst merkwürdig, da man hier in den Erdver- tiefungen den Naturfelsen sieht, aus dem der Grund be- der Grabkirche großes Intereffe fand, befremdete jedoch der Um- fand, daß nicht auch die Protestanten am Grabe Jesu ihre Repräsentanten hätten. Bereits haben aber schon Emiffäre der Nordamerikanischen Miffion ihren Aufenthalt in Jerusalem genommen, welche Bibeln verbreiten, sich mit archäo- logischen Untersuchungen beschäftigen, und die Absicht haben, fo- gar eine englische Kirche daselbst zu bauen. *) Die Lateiner haben den Armeniern in der Absicht einer Vereini- gung mit ihnen diesen Theil der Galerie eingeräumt, welchen fie noch jetzt besitzen, ohne jedoch ihr Versprechen erfüllt zu haben. Als daher die Lateiner ihre Hoffnung vereitelt sahen, ließen fie den Pabst in der Stellung mahlen, da er Jemanden in den Bann thut, und dieß Bildniß stellten sie auf ihrer Galerie nach der Seite der Armenier hin. Allein diese ließen ihren Patriarchen in eben der Stellung mahlen, und dieß Bildniß dem vorigen entgegen stellen. Beide Bilder sieht man noch an ihrem Platze. 53 steht, und daher annehmen kann, daß die ganze Boden- lage der Rotonda Feisgestein fey. Nördlich des heiligen Grabes kommt man zwischen den ersteren Pilastern hindurch zu einer Vorhalle, die zur kleinen Kirche der Lateiner führt, welche die Kirche der Erscheinung oder der heiligen Maria ge- nannt wird, weil Jesus nach der Auferstehung hier zuerst feiner Mutter erschienen seyn soll. Sie hat drey Altäre, und Chorstühle, bedarf aber an dem Gewölbe einer bedeu- tenden Reparatur, die seit einigen Jahren immer fühlbarer und nothwendiger wird, und der Schaden daher entsteht, daß sich gerade ober der Wölbung Wohnungen und Stal- lungen der Türken befinden, die von dem nahe anliegenden Gaffenhügel über die Kirche vorgeschoben sind. Die Väter waren bisher noch nicht im Stande, die Ausbesserung vor- nehmen zu können, da nicht bloß der Bau beträchtliche Summen erfordert, sondern auch der Gouverneur für die zu ertheilende Bewilligung einen nahmhaften Tribut be- gehrt *). Ihre Hoffnung, den Bau einmahl bewerkstelligen zu können, stützen sie daher einzig auf milde Spenden und Zuflüsse aus Europa! – *) Dieser Zwang hat immer. Statt gefunden, wie schon C. Niebuhr berichtet, der im Jahre 1761 die Reise nach Syrien gemacht hat. »Die europäischen Mönche in Palästina,« schreibt er, »dürfen an ihren Gebäuden nichts aus beffern, ohne dazu die Erlaubniß der muhamedanifchen Obrigkeit angefucht und erhalten zu haben, und dafür muß allezeit an fehnlich bezahlt werden.« Siehe C. Niebuhr"s Neise durch Syrien und Palästina. Opus posthumum, III, Band. Hamburg, bey Friedrich Perthes, 1837. S, 33–70. (Jerusalem.) 54 In der Vorhalle ist die Orgel der Katholiken auf- gerichtet, und ihr gegenüber der Eingang in die Sakri- stey, und von da über finstere Gänge und Stiegen in das Convent der Franziskaner, welche den Got- tesdienst in dem heiligen Grabe verrichten. Dieses Hos- pitz ist ein längliches, sehr unregelmäßiges, aus vielen winkeligen Abtheilungen bestehendes, von den nördlichen Umfangsmauern des großen Tempels eingeschloffenes Ge- bäude. Es enthält nebst den dunklen und kleinen Zellen der Mönche auch noch einige Kammern zur Aufnahme von Pilgern, welche hier übernachten wollen. Ich erhielt meine Zelle anstoßend an die Gallerie, etwa 30 Schritte von dem heiligen Grabe entfernt. Es war mir jederzeit eine erbauliche, unvergeßliche Nacht, die ich in diesen heiligen Hallen in frommer Begeisterung zubrachte ! – Einen fchauerlichen Eindruck macht in den verschiedenen Stun- den der Nacht der Ruf der christlichen Glaubenspartheyen zum Anfang des Gottesdienstes. In Ermangelung der Glocken schlagen die Griechen und Armenier an ein lan- ges, freyhängendes Brett *), oder an eine Metallstange, mit Stäben und Hämmern, während zuweilen die Orgel der Lateiner spielt. So unangenehm nun oft der von den Ersteren hervorgebrachte Holz- oder Metallklang ist, so lieblich und herzerhebend schallen dagegen die Orgeltöne der Letzteren in diesen Räumen. *) Diese Bretter von hartem Holze sind in der Gallerie des Tem- pels horizontal aufgehängt, und geben, wenn sie mit einem höl- zernen Hammer geschlagen werden, einen klappernden Ton. Ein breites und krummes Eifen, in der nähmlichen Lage aufgehangen, gibt dann einen höheren Ton. - 55 Der Gottesdienst selbst beginnt in der Mitternacht- stunde, und währt bis zum Abende des folgenden Tages unausgesetzt fort, so daß Tag und Nacht in steter Erinne- rung an die Leiden unters Heilandes dahinschwinden. Um 12 Uhr Nachts werden im Chor der lateinischen Kirche die Preces Matutinae und Laudes gebethet, um 4 Uhr Mor- gens 3 Meffen *) im heiligen Grabe gelesen; dann folgen um 6 Uhr die Prim und Terz, und darauf das Choral- Amt, welches bald auf dem Calvarienberge, bald im hei- ligen Grabe selbst gesungen wird; im letzteren Falle fe- hen die fingenden Geistlichen außen vor dem Eingange; um 10 Uhr ist die Non mit der Sext; um 1 Uhr Nach- mittags die Vesper, und um 4 Uhr das Completorium; dann folgt der feierliche Umzug von einer Leidenssta- tion zur andern, mit brennenden Kerzen in der Hand der Begleiter, wobey von den assistierenden Geistlichen Hym- nen gesungen und Gebethe gesprochen werden*). Den Be- schluß macht die Litaney in der Kirche der Erscheinung, *) Es ist zu bemerken, daß an den heiligen Orten im Jahre hin- - durch nur jene Meffen aus dem Missale gelesen werden, welche den festlichen Geheimniffen der heiligen Stätten entsprechen. So wird herkömmlicher Weise, nur die Festa Duplicia I. Clas- sis ausgenommen, immer auf dem Altare des heiligen Grabes zu Jerusalem die Meffe De Resurrection e Domini; auf jenem des Calvarienfelsens De Passione Domini; zu Bethlehem De Nativitate Domini; und zu Nazareth De Conceptione B. M. V. gelesen. *) Die kirchlichen Hymnen und O rationen bey den einzelnen Stationen entsprechen ganz ihrer Bestimmung; ihr Geist und historischer Inhalt erwecken tiefe Andacht und Beherzigung ihrer _56 Ich bin so glücklich, Wachskerzen noch zu besitzen, welche auf Golgotha und auf dem Grabe des Erlösers gebrannt haben; sie sind mir unendlich werth, weil sie Mysterien. Die erste Prozessionshymne beginnt nach Beendigung des Completori in der Franziskanerkirche bey dem Altare der Geißelungsfäule: - 1. Eja fratres charissimi, Christi mortis mysteria Canamus, et vestigia Sequamur corde flebili ! Qui poenam primi criminis Delet vigore sanguinis, Hunc ad columnam acriter Caedit Pilatus pessimus. Cur sic, o crudelissime, Flagellis Eum percutis? A quo vitam acceperas, Vitam conaris rapere? Curtu columna sollvere Tunc noluisti Dominum, Cum te crudeles milites Rigassent Ejus sanguine? Cur non fregisti illico, O tu columina immobilis, Dolore Christi nimio, Flagellis tantis lanquidi? - Jam orans fudit sanguinem, Qui potuit sufficere, Nam gutta Ejus sanguinis Thesaurus fuit omnium. Nos ergo, qui diligimus Hunc flage 1 lat um Dominum , Rogamus, ut criminibus Suis ignoscat meritis, 5- - mich gleich Anderen nicht nur an die Heiligkeit der Stellen, wo ich sie erhielt, lebendig erinnern, sondern auch viel- Gloria tibi Domine, Pro tanto fuso sanguine, Et alaparum copia, Vultui sacro indita. Amen. Antiph. Apprehendit Jesum Pilatus, et ad columnam ligatum fortiter fl age 11a vit. Vers. Lanquores nostros Ipse tulit. Resp. Et dolores nostros Ipse portavit. O r a t i o. Adesto nobis, Christe Salvator, per tuam personalem flagellationem et per tuum stillantem et adspersum sanguinem pretiosum, ut omnia peccata nostra deleas, no- bisque tuam gratiam tribuas, et ab omnipericulo et ad- versitate protegas, et advitae aeternae gaudia nos perdu- cas. Quivivis etc. etc. 2. Bey dem sogenannten Gefängniffe Chrifti wird gesungen: Qui lucem dedit patribus, Cum illos ab his tenebris Eduxit, et coelestibus Ornavit donis gloriae. Qui est Salvator Saeculi, Ac vitam propter hominem Morti paratus tradere, Obscuro datur carceri. O dolorosa vincula, Quae Dei Patris Filium Tenetis velut pessimum, Ut mortem detis corpori. ___ mehr gewisse höhere Pflichtforderungen stets in’s Andenken zurückrufen und gegenwärtig halten! – Dimittite hunc et solvite A Judaeorum vinculis, Quidelictorum vincula Solvit amore morteque, Suffeceras jam tradere, Cum Judas ille voluit Denariisque vendere Pro tali brevi numero. Solve tu Jesu animas - A criminum contagiis, Quae pietate corporis Tui sacri deficiunt! Ob peccatores talia Tulisti in te, Domine! Ut tuam lucrifaciant Et mereantur gratiam. Ignosce nobis, Domine ! Qui peccatorum pondere Gravamur jhic , quotidie - Ut detur Tibi gloria. Antiph. Ego eduxite de captivitate Aegypti, demerso Pharaone in mari rubro, et tu me tradidisti carceri obscuro. Vers. Dirupisti, Domine! vincula mea. Resp. Tibi saerificabo hostiam laudis. O r a t i o. - Domine Jesu Christe! Angelorum decor, gaudium et libertas animarum, qui pro redemtione mundi capi, ligari, carcer ari, alapis caedi, flagellari et con- spui voluisti: fac nos, quaesumus, indignos famulos tuos, poenas et contumelias pro Tui nominis gloria Maetanter suscipere, ut ad Tuae pietatis consortium mercamur fe- liciter pervenire. Quivivis etc. etc. 59 Zweymahl hatte ich während meiner Anwesenheit in Jerusalem meinen Aufenthalt in der heiligen Grabkirche - 3. Bey der Capelle der Kleidertheilung: Canamus modo canticum Ad Salvatoris gloriam ; Dicamusque injuriam, Quam passus est ab impis. A Patre, qui est genitus, A quo semperque gignitur, Sed idem in essentia Patris atque Paraclyti. Quia coelorum sedibus Descendit huc obediens, In habituque hominis Proprietate moriens. Qui coelos implet lumine, Ornat quoque sideribus, Et quem adorant Angeli, . Vestitu privant milites. Quivitam dedit mortuis, Donatque Sanctis gloriam, Amore motus fervido, Et charitatis opere. Quivinum fundit vineis, Fructusque dat arboribus, Suis privatur tunicis, Sicque nudus relinquitur. . Qui vestit volatilia, Diversisque coloribus Ac ornat agros roseis, Ipse privatur vestibus. O gens iniquissima Quis teditavit crimine, eo genommen, unbnb‘af/elbft de'n gottesdienfilichen Handlun- gen beygewohnt- was allez'eit an einem Freytage ge Ut sortem in has poneres Vestes, atque divideres? Hic super sacratissimas Vestes miserunt militesa Dantesque sort es omnibus. Ut unusquisque naperet. IIic locus est sanctissimus, Ubi David oraculum completum est in sortibus De Christi sacris ve stibus. Precamur ergo cernui Te Creatorem Saeculi , Jam sic privatus vestibus Nos indue virtutihus. Amen. A n ti ph. Milites, postquam crucifixerunt Jesum, accepe- runt vestimenta sua , dantes unicuique militi partem. Vers. Diviserunt sibi vestimenta me a. Besp. Et supervestem meam miserunt sortem. I D r a t i o. Benigne Jesu Christe, qui pro nostra redemtione ab indignis peccatorum manibus non solum in dcruce nudus suspendi et mori voluisti. sed etiam tua sacratissi ma vestimenta partiri et donari permisisti: concede , ut spoliati vitiis, virtutibusque »adornati, tibi Deo vivo et vero in coelesti gloria praesentari mereamur. quivi- vis etc. exp. 4. In der Gruft der Rreugauffinbung, nächfi der Capefle der heiligen Helena: Ad cruci s locum pergere Debemus, et hunc quaerere , o1 fchah. An diefem Tage w'ird auch, der üblichen Gewohnheit gemäßf von den Miinchen um u Uhr Vormittags der ih velut fecerunt Martyres, qui meruerunt gloriam. o c r u! , miranda gloriae Scala! ad coelos elevans. Per quam adscendit Dominus‚ In ea fuso sanguine. O c k ux ‚ arbor dignissimal Qua mediante animae Adscendunt ad coelestia ‚ Et heatorum pracmia, O c ru x , Scala excelsior cunctis altis arborihus! 'Adjuva nos, ah infimis Ad coelos nusque scandere. Hacc illa est altissima Scala, quam sanctissimus Jacob vidit in Somnio, Per quam pergebant Angeli. O c r u x, sic admirabilisq ornata christi Sanguinet Quae cum Sanctorum agmine Mundum illustras lumine. o crux ‚ arbor dulcissimal Quae mortis das mysterium Christi, nobis et pretium Donasti, atque gaudium. o Crux, ave Spes unical lnventa hic ab Helena: ' y Per te hic nobis gratia Detur, et sursum gloria. Amen. Antiph. orabat Judas, diccns: Deus, Deus meus, os- tende mihi lignum sanctae Crucis; cumque as- cendisset de lacu, perrexit ad hunc locum, ubijacebat sancta Crux. ' ab n’en zugewiefene Raum der Kirche _geyeiniget und gekehrt; mir *war es gleichfalls vergönnt, an diefem Akte der De- muth Theil nehmen zu können. V er s. Hoc signum c ruci s erit in coelo. Bes‚p. Cum Dominus ad judicandum venerit. Oratlb. I Deus, qui hic in praeclara Cru cis sa l utiferae in v e n t i o n e Passionis tuae miracula suscitasti: concede, ut vitalis iigni pretio aeternae vitac suffragia consequa mur. Qui vivis etc. etc. 5. Am altare in der Capelle derbeiligenH-lena: Nunc H e le n a e sufl‘ragia Quaeramus primum laudihus. Ut cum beatis meritis Acquirat nobis veniäm. Devota Christi H e le n a crucem quaesivit fervida: Quam repellit cum titulo, Corona, clavis ‚ Lancea. quam crucem ut acquirereh Tulil: timorem omnibus Sub poena mortis illicd Amore ardens coelico. inventa Cruce‘ Domini, Canamus illi Can‘ticum, _ qui dedit talem gratiam, Do'natque sursum praemium. O He l ena sanctissima, quae Ci‘uc’em tantae gratiae Amasti totis viribus, . nwma iuva predibus. -Auch war ich eines Tages Zeuge der f eyerlichen Ertheilung des Ordens vom heiligen Grabe, Exaudi sancta Trinitas Preces Sanctorum omniiun, Ut per eorum merita Dones et nobis gloriam. Amen. A n t i p h. H'el e n a , Gonstantini mater, Hierosolymam petiit. V e rs. Ora pro nobis ‚ beata Helen a. Besp. Ut digni efficiamur promissionibus Christi. Oratio. Deus, qui inter caetera potentiae tuae miracula eti- am in sexu fragili virtutem rectae intentionis corroboras; praesta quaesumus, ut S. H e l e na e Beginae exemploP eu- jus studio desideratum Begis nostri lignum sanctae crucis detcgere dignatus es, ea quae christi sunt, jugiter indagare, et te favente consequi mereamur. Per eundem christum etc. etc. 6. An der Capelle der Sp ott- und Schimpffäule: christi jam impropria, i quae tulit, et ludihria Canamus , et purpuream vestem , sputa et alapas. Jam flagellato corpore christi Jesu ‚ effunditur Sanguis ab his crudelibus, Ave Bexque clamantibus. Perfundunt vultum sanguine , Fixa corona capiti, quam pam-nenn milites . Spinarum ‚ et arundine. Heu , qui semper gloriae Honorisque meruerat ...6L der von Gottfried von Bouillon im Jahre 1099 gefiiftet wurde- und deffen Statuten mehrere Päpfie- nahmentlich Goronam! Cur sic vepribus Gircumdant, et aculeis 'Z Fundamus vultum lacrymis Pro pietate Domini; vultum cujus sic impii Fuderunt sputis sordidis. o tu Jesu Sanctissime! Concede nobis pretii Partem sacrati sanguinis. 'Quem tu fudisti. capitis. Amen. Antiph. Ego dedi tibi sceptrum regale, et tu capiti meo i-mposuisti spineam coronam. Vers. Posuisti, Domine , super caput Ejus. B eSp. coronam de lapide pretioso. oratio. Domine Jesu Christa, qui humano generi condolens coronam spinarum in tuo sacratissimo capite susce- pisti, et sanguinem tuum pro salute omnium fudistiz re- spice ad indignas preces nostrasa ut a te clementer exau- diti induigentiam et remissionem omnium peccatorum nobis tribuas, per tuam magnam misericordiam et pieta- mm. qui vivis etc. etc. ' 7. Auf tem (äalnarienfetfem und zwar an dem Al- tar-1 wo Iefus am Kreuze hing: Ad Montem nunc calvariae Pergamus cunctis laudibusy vt christus sua gratia ignoscat nobis omnibus. Ad Montem sanclum ibimus‚ Devoti totis viribus , 'ä Benedikt x1v.. erneuerten und fefifeßten. Der Superior des Klofters zu Ier-ufalemund Cufios des heiligen Lan Jesumque contemplabimur In cruce fixum pendere. Ad Montem hunc sanctissimum Eamus .‚ ubi Sanguinis christus tunc sacrificium In cruce pendens obtulit. .Ad locum hunc pervenimus. In quo Salvator Saeeuli Se obtulit pro omnibus , Et‘ bic emisit Spiritum. nece locus sanctissimus. 4 Sacratus Christi sanguine, qui hic salutem animae invenit crucis opere. confixa clavis viscera Tendens manus vestigia, Redemtionis gratia oblata est hic hostia. o Sacer sanguis, victima Salutis nostrae animae, In hoc fusus Calvario, Ex Christi jesu corporel Gloria tibi Domine , Pro nostro passo scalere, Infunde nobis gratiam , quam acquisivisti sanguine. ' Amen. Antiph. Ecce locus, ubi Salvator mundi pependit, ex cujus latere Sauguis in redemtiouem et aqua ad nostrorum criminum absolutionem exivit. venite adoremus. V er‘s. Adoramus te Christe. ct benedicimus tibi. Besp. quia per sanctam crucem tuam hic redemisti mundum. ‚i . 5 66 - des ist vom Pabste bevollmächtiget, ihn zu verleihen. Ich laffe hier zur Wiffenschaft für den Leser die Beschreibung O r a t i o. Deus, Pater aeternae pietatis et infinitae charitatis, qui furorem irae tuae, quem nos pro peccatis nostris me- rebamur, hoc in loco super Filium tuum Unigenitum, to- tius humani generis Redem torem, ostendisti, cum ipsum in Cruce suspendi permisisti, aceto et felle potari, clavis et Lancea vulnerarivoluisti: conce de nobis, indignis servis tuae sanctissimae Majestatis, ejus dem Fili tui dolo- ribus compatientibus, ut fructum tantae Passionis et Ejus Mortis in aeternae felicitatis gloria perfrui mereamur. Per eundem Christum Dominum etc. etc. H. Auf dem Calvarienfelfen am Altare, wo Chri- - stus an's Kreuz gefchlagen worden: O Amor desideri Nostrae salutis pretium! Quipedes manus percuti Hic extendisti Crucique. Decreti tunc chirographum Christus exstingui cupiens, Hic crucifig i man ibus Perm is it at que pedibus, Nec tantis in doloribus Oblitus erat Virginis, Tensis in Cruce brachis, Ipsam reliquit virgini*). Et hunc illi sanctissimae Matri donavit juvenem, Quem diligebat fervide, Ex charitate nimia. *) Zunächst wird nähmlich der Ort verehrt, wo Maria und Jo- hann es bey der Kreuzigung fanden. G"- - > der Ceremonie von Herrn Ritter von Prokesch Osten“), der ihn selbst erhielt, folgen. Er erzählt: »Der Vor- »gang bey Aufnahme in diesen Orden, die »auch mir zu Theil wurde, ist ob der geschicht- »lichen Erinnerungen und der Stelle, wo O Gutta Christi sanguinis, Valoris tantipreti, Quae infiniti meriti Fuisti nostris cordibus! Gloria tibi Domine . - - - Pro effusione Sanguinis - - Quem hic fudisti vulnerum, \ Ut nos ditares meritis. Amen. Antiph. Ego quasi Agnus innocensductus sum ad immo- landum, postquam carnem meam totam ver- beribus repleverunt, itaut numerare valerent omnia ossa mea, et pupugissent caput meum d spinis et vepribus, foderumt hic manus m eas et pe des meos ferre is clavis config entes Cruci. Vers. Ipse vulneratus hic propter iniquitates nostras. Resp. Cujus livore sanati sumus. - - - - - - - - … O r , a t i … o. Domine Jesu Christe, Fili Dei vivi, qui hunc sanc- tissimum locum prosalute humani generis, pretioso san- - guine tuo consecrasti, ad quem hora tertia bajulans Cru- cem duci voluisti, ac dem um hora sexta Cruci af- fixus pro peccatoribus exorasti, Matremque dolorosam Virginem virgini commendasti: conce de quaesumus, ut nos et omnes, qui hic tuo pretioso sanguine redemti su- mus, et tuae memoriam Passionis celebramus, ejusdem Passionis beneficium consequivaleamus. Quivivis etc. etc. *) Siehe: Reife ins heilige Land. Im Jahre 1829. Von Prokesch Ritter von Osten, k. k. Major. Wien, bey Carl Gerold. 1831. Pag. 102. et seq. …- 5 is »fie gefchieht- ergreifend.--Wirverfammel- »ten uns hiezu eines Morgens vor Sonnen \ u l. .. . 9„ , .Am Salbungsfieine. Ad Jesum modo ungere Devotionis oleo Pergamus omnes ferlvidea Ut nos inungat gratia. (Lui pietate nimia Nomen effusum oleum Habet , atque ‚dulcissimum cordis ungamus lacrymis. o tu excelsa pietas, Q ‚ ' o Jesu ardens cbaritash Qui mortem morte destruis. Et vitam donas mortujs! DeHGruce iam depositus, i ln matris suae brachiis Bepositus, ut c'reditur‚ In loco isto ungitun contempla matrem lacrymis Plenam , atque in moeroribusp Dolore mortis Fifii, cujus amore meritum ‚‘Hicq‘ue' Joannes adfuit g Qui mattem loco Filii Becepit virgo virginem . ° Pro pietate mo‘l‘t'uL ’ '- veni Joseph Sanetiisimel . ‚ P' ' Tu Nicodeme propera Huc , cum mixtura Aloe ' Ac myrrhae ilesum ungere. Nun'c ergo super sidera Preces pro nobis funditei Ad lesum , Dei Filium, quem hic unxistis m o rtuu m. — 7—7—‚7L_—._‚.‚ F_ h r *- - . m 69 »aufgang am Allerheiligsten, und zogen fo- »dann in die den Katholiken gehörige Ca- Quem hic in munda syndone Ligastis, et cum linteis Tantisque aromatibus, Ipsum rogate precibus. Beata vestra brachia, Quae meruerumt cingere Corpus Jesu sanctissimum , Et id unguentis ungere. Gloria tibi Domine, - Decus tibi, perpetue, Honor tibi Sanctissime, „- Pro um guentor um nomine! - Amen. Antiph, Unguent um effusum nomen tuum. Vers. Dilexisti justitiam et odisti iniquitatem. Resp. Propterca unxit te Deus, Deus tuus. O r a t i o. Dulcissime Jesu Christe, qui in tuo sanctissimo Cor- pore tuorum condescendens devotioni fidelium, ut te ve- rum Regem et Sacerdotem ostenderes, in ungi ab iis- dem tuis fidelibus voluisti: conce.de, ut corda nostra unc- tione Spiritus sancti valeant ab omni infectione peccati continuo praeservari. Quivivis etc. etc. 1O). Am Grabe des Herrn wird mit vorzüglicher Berück- fichtigung der Auferstehungsgeschichte gesungen: Ad" locum jam sanctissimum - Sepulchri Christi corporis Eamus totis mentibus, Quaerentes Jesum laudibus. Ad locum tam amabilem, Cunctis Christi fidelibus, O »pelle im Tempel. Alle vierfammelten Mön- »che und Brüder bet heten laut. Dann fetzte - - - - Pergamus jam cum jubilis - Terrore moti spiritus. Ecce Joseph decurio, Arimathiae nomine, Qui Christi Corpus unxerat, Cujus erat discipulus. Et Nicodemus pariter Cum Sanctis quoque alis, Tulerunt hoc in proprium Sepulehrum, pleni lacrymis. In hoc exciso lapide, In quo nunquam quis fuerat, Perunctum pomunt mortuum Corpus Christi, Sanctissimum. Tunc currunt duo pariter Ad gloriosum tumulum, Sed praecucurrit citius Joannes Petro junior. Joannes tamen ingredi Non vult pro reverentia Pastoris jam Ecclesiae, Intus tantum prospiciens. Tunc vidit linteamina, Quibus cum aromatibus Corpus Jesu ligaverant Sacratumque sudarium. Jesum tamen non viderat, Quijam liber a mortuis Fuit, peracto tempore Dierum trium spati. - Jam anima Sanctissima Ad Inferos descenderat, Ut lumen daret mortuis Ad coelosque perduceret. n x .fich der Abt des heiligen Landes aufeinen »Thronjeffeh Kniend vor demfelben fpricht contrivit portas ae'reas, Ligavitque Luciferum In poenis his perpetuis ‚ Sua virtute propria. Sic ergo tulit animas , Atque Sanctorum corpora , quae resut-gentes pariter conduxit ad coelestiaa Unitur posthaec anima _ Sacrato christi coi-pdri ‚ Cum in utroque fuerit Excelsamet Divinitas. Hesurgil; tunc in gloria, Passurus nunquam amplius ‚ Sed vita beatissima Usurus et perpetum Besumsit Jesus omnia, quae patiens amiserata Et sanguinem, et alia Ad unionem corporis. Bevolvit‘ tunc ab ostio Sepulchri hujus lapidem (Ut legitur) hic Angelus ‘Ad resurgentis gloriam. Fit terrae motus maximus, quo perterrentur milites, Buunt terrore homines In terram velut mol-tui. 0 divina potentia, O summa sapientiay (Lui post tormenta talia liesurgit tanta gloriai Surgunt mane mulier-em cum super terram tenebrae \ ez »der Aufzunehmende den Schwnr des Bun- iodes in feine Hände. Ein Mönch gürtet fo Essent adhuc, sed anxiae Cujus erant discipulae. Pergunt in prima Sahbathi ‘ Aromatum huc copiam Portantes, his ut ungerent corpus Jesus sanctissimum. Tuno lesum non inveniunt ‚ Sed vidcnt solos Angelos In albis hic sedentesque ‚ ‘ odi dicunt, ipsum 'il-are, Ex his ergo miraculis , y ‘Ac tantis his prodigiis, Pergunt huc gentes omnium Begnorum atque parfüm!, Ad hunc currunt ex partibus Mundi totius bominesy Ac etiam mulieres omnes amare anxii. Ex orientis partibus Ex Aquilonis mom-ihm, Meridiei plagisque ,'- Et ab occasus omnibus. Festinant Parthi Mediqu’e Sic Elamita‘e properant Atque Mesopotamii ‚ Simul et Cappadocii. Ex Pontique Provincia A regione ‘Lybiae, ‚A Phrygiaque populi omnes amore properant. Gentis sic ex Pamphilia, Et ex Aegypti partibus, . Atque totius Asiae , Ad locum hunc perveniunh ea »dann dem Ritter“'die-Füße in'Feidenq gold- »verbrämte Kai-nafchem daO-(Onallt *die Pergunt Bomani advenae , omnes fervore 11811111, (7b Christi reverentiam Ac Matris suae virginis. Agamus ergo gratias ' Siinul cum his omnibusa Ut suam ob victoriam Donet nobis et veniam‘! Gloria tibi Domine ‚ Pro tantis donis gratiam Quibus ditasti animas , quae tuam colunt gratiam. 11111811., An tiph. quem totusmundus caper-d nequiverata hie uno saxo clausus fait, atque Morte yjam perempta lnferni claustra penetravit. Vers. Surrexit Dominus de hoc Sepulchrm Alleluja. Besp. qui pro nobis pependit in ligno. Alleluja. Orati-o. Domine jesu Christa, qui in hora diei vespertina de cruce depositus, in hrachiis dulcissimae Matris tuae (ut pie'creditur) reclinatus fuisti, horaque ultima in hoc sa- cratissimo Moinumento corpus tuum exanime contulistig et die tertia mortalitate depositaa gloriosus exinde resur- rexisti, Angelos quidem ejus Be‘surrectionis testes appa- rere jussisti: tribue qualaesum-usp ut nos et omnes ‚ quos in orationem commendati stiiscepimyuss qui de tua Passione et Morteumemoriam facimus ‚ Besurrectionis tuae gloriam consequamur. qui vivis etcQ etc '11. lin dem Altare- d. i.- dem Orte* we Jefus nach feiner fAuferfiebung-dee Mggdalena erfchie n: De Ma gdalena ‘fervida Quaeramus nunc , quid viderit? 74' "Sporen Gottfrieds _von Bouillon dem- »felben an. Diefe find aus Metall- ganz ein 0 tu christi discipula, Die nobis: quid apparuitz Sepulchrum cum sudario Et testibus'angelicis , In albis sedentibusz Haec meis vidi oculis. Meum quaerebam Dominum; A Sed tota plena lacrymis , Hinc inde currens rediens ‚ Et mori secum cupiens. Euntibus discipulis Non iham ego illico ‚ . lgne amoris anxia ’ - . Ardebam dcsiderio. O vitae nostrae slot-ia, . o nostrae amor animae ! ' . clamabam ut insipiens ‚ Amore Ejus lanquida. Ipse post haec apparuit Sua divina gratia ‚ Licet tunc non cognoverim In hortulani habitu. ' Sed qui donavit mortuis Vitam, et hos ab Inferis _ _ Beduxerat ad gaudia'‚ ‘ Me consolari voluit. N'oli devota plangere Maria, sed quiescere opportet ab his lacrymisj lmple cor tuum gaudiis. Ad Ipsum cito adii, * 0 tu, mi dulcis Babboni! nixi , et pedes protinus Tunc osculari volui. -5, »fach, stark, 8 Zoll lang, wovon 5 auf die »Spitze kommen, mit einem scharfen Stern, Sed Ille, quia omnia Nondum sciebam optime, Ad Patrem mon ascenderat, Noli, inquit, me tangere. Gloria tibi Domine , Et nobis hic ignoscere Dignere; nam ex cordibus Mariae huic credimus. Amen. Antiph. Surgens Jesus mane prima Sabbathi apparuit hic Mariae Magdalena e , de qua ejecerat septem, daemonia. Vers. Maria, noli me tangere. - Resp. Nondum adscendi ad Patrem meum. O r a t i o. Benigne Domine Jesu Christe, Alpha et Omega, qui mane prima Sabbathi Magdalenam, lacrymabiliter te quaerentem, primum inter peccatores in hoc loco appa- rere voluisti, et eite affabilem jucundis confabulationibus et vultu desiderabili praebuisti: conce de nobis, indignis famulis tuis, ut sacratissimam faciem tuam, gratiarum ple- nam, in coelesti gloria meritis tuae Resurrectionis videre valeamus. Quivivis etc. etc. 12. In der Erfcheinungskirche am Hauptaltare Mariens: Regina Coeli Laetare, Laetare super sidera, Quem meruisti parere, Vidisti Ipsum vincere. Surgens Christus ab Inferis Primo tibi diluculo 76 »d effen Dornen 1 Zoll, 4 Linien Länge ha- »ben. Das Schwert Gottfrieds, eine 30 Zoll »lange, zwey schneidige, flache Klinge mit »5 Zoll langem einfachen Kreuzgriff, deffen »Querarme nach unten etwas eingekrümmt »sind, in einer Leder scheide, Knopf und Be- »schläge aus Metall, wird entblößt in die »Hand gegeben, dann umgürtet; endlich em- »pfängt man um die Brust Gottfrieds Kreuz, »aus Metall mit Granaten geziert, an lan- »ger, metallener Kette hängend. Zwischen »jedem Abschnitt der Ceremonie finden Ge- »be the Statt, und zwischen den bey den letzten der eigentliche Ritterschlag mit Gottfrieds Venit cum omni jubilo, Ut darettibi gaudium. Quem Crucifixum corpore Die vidisti tertia, Surrexit tam in gloria Et corporis et animae. Existis ergo omnibus Sit. Trinitati gloria, Actibi Matri Virgini, Salus nobis in patria! - - Vers. Gaude et laetare Virgo Maria. Alleluja. Resp. Quia surrexit Dominus vere. Alleluja. Deus, qui per Resurrectionem Unigeniti Fili tui, Domini nostri Jesu Christi, familiam tuam laetificare di- gnatus es: praesta quaesumus, ut per venerabilem Geni- tricem Ejus Virgin em Mariam perpetuae capiamus gaudia vitae. Per eundem etc, etc. g »Schwert auf Haupt und Achfeln, worauf »man von allen Brüdern und Mönchen um- »armt wird und sie umarmt. Vor mahls ge- »f chah die Aufnahme in die fein Orden vor »dem heiligen Grabe selbst, jetzt aber findet »fie in der katholischen Capelle bey verfchlof- »fenen Thüren. Statt« – In Österreich werden die Ritter aber nicht befugt, diesen Orden auch öffentlich tragen zu dürfen, - - Der Aufenthalt in den dunklen und kleinen Wohnun- gen des halb in der Erde steckenden Hospizes ist nichts weniger als gesund, und der Dienst der Geistlichen, welche hier 3 Monathe eingesperrt bleiben müssen, wirklich hart. Da die Grabkirche in der Regel nur an den höheren Festtagen des Jahres und zur Fastenzeit von Morgen bis Abend von den Türken geöffnet wird, so können sie bloß während einer zufälligen Apertur für die Zeit des Offen- feyns von 1 bis 2 Stunden den Platz vor der Kirche be- treten und frische Luft schöpfen. Durch eine Öffnung QUI dem Hauptthore wird ihnen das Essen gereicht, wozu sie durchein, einer jeden Parthey bestimmtes Glockenzeichen ge- rufen werden. Ihre Anzahl beläuft sich gewöhnlich auf 8 Priester und 4 Layenbrüder, welche aus den verschiedenen Klöstern des heiligen Landes genommen und nach Verlauf eines Vierteljahres mit andern verwechselt werden. Das große und prächtige Chor oder eigentliche Preis- byterium der Grabkirche, im Osten des heiligen Grabes, nimmt die Kirche der Griechen ein. Diese ist sehr ge- räumig, und reich mit Gold, Bildwerken und Marmor geschmückt. Über ihr wölbt sich die zweite große und schöne R Kuppel des Tempels *). In der Mitte befindet sich ein Stein von Marmor, nach Art einer Vase ausgehauen. Diese Stelle halten die Griechen für den Mittelpunkt der Welt. – Die Grabesdenkmähler Gottfrieds von Bouillon und feines Bruders Balduin sind bey dem neuen Baue im Jahre 1809 von den Griechen mit in die Mauern ihrer Kirche einbezogen worden, und daher nicht mehr zu sehen. An den Seiten der Kirche und in den oberen Stockwerken find die Wohnungen für den griechischen Clerus angebracht. Im Süden, am Eingang des Grabtempels, ist dann der Kirchenamt heil der Armenier, mit einem ihnen gehörigen Nebengebäude und Convente. Um die Außenwand der inneren griechischen Kirche zieht sich von der Vorhalle der Katholiken bis zur Vor- halle am Haupteingange ein Bogengang, in dessen Kreise mehrere heilige Stellen, oder Stationen liegen, die durch die letzten Ereignisse des Leidens und Todes Jesu ihre Weihe erhielten, und nebst dem Plateau der Schädel- stätte gegenwärtig mit in die Umfangsmauer der Grabkirche aufgenommen sind“). So ist in der Vorhalle der katholischen *) Die erste Kuppel steht über der heiligen Grabcapelle. *) Dieselbe Reihe der heiligen Orter, wie sie hier folgt, erwähnen schon ältere Reiseberichte. Vergl. das bekannte, reichhaltige, aber seltene Werk: Les observations des plusieurs singularités et choses mémorables, trouvées en. Grece, Asie, Judée, etc, etc. Par Pierre Be lon du Mans. (Dediés à Mon- seigneur le Cardinal de Tournon) à Paris I555. Übersetzt unter dem Titel: Peter Bellon's Bemerkungen auf einer Reise von Cairo nach Palästina, zwischen den Jahren 1546– 1549; – Itinerarium Hierosolymitanum et Syriacum, auc- tore Joanne Cot ovico, Ultrajectano, J. U. D. et Milite Hierosolymitano. Antwerpiae 1619. (Sehr genau im Be- 9 Kirche ein grauer, mit Mosaik umgebener Stein, und an dem nahen Pfeiler ein Altar, der den Ort bezeichnet, wo Jesus in dem hier gelegenen Garten *) nach der Aufer- stehung sich der Magdalena in Gestalt eines Gärtners zeigte*). Die Nestorianer, welche lange Zeit im Besitze dieser Station waren, haben sie an die Lateiner verloren. - Von da an folgt nun im Halbzirkel gegen Osten eine Reihe von Nischen-Capellen, die dem Andenken der letzteren Leidenscenen unsers Herrn gewidmet sind. Die erste bildet in einem finsteren Gewölbe eine natürliche un- terirdische Höhle, der Kerker Jefu genannt, weil er sich da befunden haben soll, während die Soldaten sich mit der Vorbereitung zu seiner Kreuzigung beschäftigten. Die Griechen nahmen diese Station den Georgianern ab. *) – Weiterhin ist eine zweite Nische als der Platz bemerkt, wo Jesus von den Soldaten entkleidet und das Loos über sein Gewand geworfen wurde *); daher die Capelle der Theilung der Kleider genannt. - Nach einigen Schritten kommt man zu einer Stiege, welche 28 Stufen hinab in die den Armeniern gehörige Ca- pelle der heiligen Helena führt, und von da zu dem schreiben der heil. Orte). – Reise von Aleppo nach Jerusalem, um Ostern des Jahres 1697, von Heinrich Maundrell (durch biblische und antiquarische Kenntniffe ausgezeichnet). – Siehe vorstehende Hymnen und Orationen. *) Joan, XIX., 41. *) Joan. XX., 13 – 18. - **) Math. XXVII., 38. Marc. XV., 24. Luc. XXIII., 34, Joan. XIX., 23. 24. Ps. XXI., 19. - *) Die nächstfolgende Nische, oder Capelle des Longinus, wird als Sanktuarium von den Lateinern nicht anerkannt. HCD Sitze, wo diese Fromme bethete, während man das heilige Kreuz suchte; und 16 Stufen rechts noch tiefer hinab ge- langt man in einer, von den natürlichen Felsen gedeck- ten Höhle an den Ort, wo das Kreuz aufgefunden wurde. *) Diese Stelle zeigt eine besondere Marmorplatte an, und der Platz ist ein Eigenthum der Lateiner, welche am 3. May, als dem Festtage, hier immer feyerlichen Got- tesdienst halten. Wenn man wieder die Treppe hinauf in den Bogen- gang gestiegen ist, so erblickt man gleich zur linken Seite eine Nische, in der die einige Schuh hohe und einen Schuh im Durchmesser haltende Säule steht, woran Jesus ge- bunden ward, als ihm die Dornenkrone aufgesetzt und er verspottet wurde. *) Diese Säule, welche die Armenier den Abyssiniern abgenommen haben, wird die Schimpf- oder Spottsäule genannt, zum Unterschied von jener Säule, an der Jesus gegeißelt wurde“), welche gleichfalls einige Schuhe hoch ist, und in dem Tabernakel des zur rechten Hand stehenden Altares in der Kirche der Katholiken *) Der Legende zufolge war am Fuße des Calvarienfelsens eine offene Vertiefung, welche man die Leichenschlucht nannte, wohin die Leiber der Hingerichteten mit den Werkzeugen ihrer Hinrich- tung geworfen wurden, indem die Juden alle diese Gegenstände, als verunreinigend, mit Abscheu betrachteten. In dieser Schlucht wurde nun auch nach dem Kreuze Christi gesucht, und, nachdem man den Schutt hinweggeschafft hatte, ein Kreuz mit noch zwey andern gefunden. Eine wunderbare Wirkung an einer in den letzten Zügen liegenden Kranken entdeckte dann das wahre Kreuz Christi. **) Math. XXVII., 27. Marc. XV., 16. Joan. XIX., 1.–4. ***) Math. XXVII., 26. Joan. XIX., 1. H31. aufbewahret wird. Die Pilger können sie nur mittelst eines Stabes, der mit Messing beschlagen ist, durch ein Gitterbe- rühren und küssen. Die andere Hälfte dieser Geißelungs- fäule wird in der Kirche S. Prassede zu Rom verehrt. – Nachdem man von hier abermahls einige Schritte vorwärts gegangen ist, kommt man zu einer Stiege, welche über 18 ziemlich hohe Stufen zur Schädel- stätte *) oder auf den Calvarienfelfen führt, wo die Kreuzigung vor sich ging. Derselbe ist eine Erhö- hung, welche höchstens 4 oder 5 Klafter betragen kann, ein erhabener Felsblock, von dessen Natur man aber nichts sehen kann, weil er rings ummauert ist. Die obere Fläche enthält ein Gevierte von ungefähr 25 Schritt in der Breite und Länge, ist durch einen in der Mitte stehenden Pilaster, der das Kirchengewölbe stützt, in 2 Hälften getheilt, wovon die rechte den Lateinern, die linke den Griechen gehört. Er- fere umfaßt den Platz, wo Jesus ans Kreuz gefchla- gen wurde. In dem mit Marmor und Mosaik ausgelegten Fußboden ist das Zeichen eines Kreuzes eingesetzt, um zu bezeichnen, daß hier die Annagelung geschah. Nebenan ist die Capella dolorofa, d. i. jene Stelle, wo Maria weinte, und wo neben ihr noch die beiden andern Frauen nebst dem geliebten Jünger standen. *) Beyde Plätze trennt nur die äußere Tempelmauer. Die zweite Abtheilung zeigt das Loch, worin das Kreuz aufgerichtet fand. – Hier sieht man auch jene merkwürdige Felfenspaltung, die durch das Erdbeben bey dem Leiden unters Herrn entstan- *) Math. XXVII., 33. Marc. XV., 22. Luc. 33. Joan. XIX., 17. *) Joan. XIX., 25., 26. - 6 H2 den ist, »als, »wie der Evangelist schreibt*), die Felfen vzerriffen und die Gräber sich auft halten.« Dieser Riß, welcher mit einer Silberplatte an den oberen Theilen eingefaßt ist, um ihn vor Beschädigungen und frommen Angriffen von Seite der Pilger zu wahren, ist etwa eine Spanne breit, und läuft in die unbekannte Tiefe der Erde hinein. Beide Abtheilungen haben im Hintergrunde Altäre, und der Boden ist überall mit schö- nen Marmorplatten bedeckt. Eine Menge Lampen brennen hier Tag und Nacht. Für die Funktionen des Charfreytages überlaffen die Griechen Abends den Lateinern die Stelle der Kreuzerhöhung. Viel Zank und Verwirrung entsteht aber im Tempelgebäude, wenn Griechen und Lateiner zu gleicher Zeit die Charwoche und Ostern feyern, und ihre Ceremonien an den heiligen Orten begehen wollen. Da sind es dann nur die Türken, die Wächter des Hauses, welche die hierüber entstandenen Streitigkeiten schlichten, Ordnung schaffen, und der anmaßenden Religionsparthey oft mit Gewalt Achtung für die Rechte und Gebräuche der andern gebiethen! – Zur Besorgung des Gottesdienstes befinden sich be- ständig in der heiligen Grabkirche katholische, grie- chifche und armenische Geistliche, nebst einem Kop- ten; aus den übrigen christlichen Religionssekten erscheint jetzt selten einer mehr, um zu fungieren. Die Lateiner besitzen gegenwärtig noch: das heilige Grab, die Kirche der Erfcheinung, die Geißelungsfäule, den Altar der heiligen Magdalena, die Grotte der *) Math. XXVII., 51. Kreuzauffindung; auf dem Calvarienberg: den Al- tar der Anna gelung, die Capelle der schmerz- haften Mutter; den Salbft ein verloren sie an die Griechen; in den Besitz der übrigen Sanktuarien der Grabkirche theilen sich die andern Partheyen. Sind die heiligen Stätten wirklich die echten? Nun entsteht die Frage: Sind die Orter, welche man in der Grabkirche als heilige Stellen bezeichnet, wirklich die echten? Oder sollen wir annehmen, daß, wo nicht alle, doch die meisten nur frommer Glaube hieher ver- fetzte, um den gemeinen Mann, desto finnlicher an das Lei- den Christi zu erinnern, und in den Umfang eines und des- selben Lokals einen Cyklus der heiligen Stätten zu brin- gen, und so ihr Interesse zu erhöhen ? Wenn gleich Herr v. Chateaubriand *) in den Reisenden, welche das heilige Land besuchen, Zwei- felfucht, oder vorsätzliche Vernachlässigung der Bibel, welche einem Jeden bey der Würdigung der hierortigen Lokalitäten zur Führerinn dienen muß, mit Recht mißbilligt und sagt: »Will man den Geist des Zweifels »und des Widerspruches hie her mitnehmen, »so verdient Palästina die weite Reife nicht. »Was würde man von einem Manne sagen, »der bey einer Reise nach Griechenland und »Italien nur immer daran dächte, dem Ho- *) Itinéraire de Paris à Jerusalem. Par Mr. Vicomte de Cha- teau briand, Paris 1829, Tom, II. P, 20. 6 * H4 »m er oder Virgil zu widersprechen?« – so ist es doch auch dem Unbefangensten nicht zu verargen, wenn er einige Nachweisungen oder Aufschlüsse hierüber wünschet und verlanget. Ohne mich daher in eine kritische Untersu- chung, die ohnehin außer den Gränzen dieser Erinnerungs- blätter liegt, einzulaffen, will ich für den Leser nur Folgen- des bemerken: - - Es ist außer allem Zweifel, daß sowohl die Apostel als auch die ersten Christen in Jerusalem alle durch ihren Heiland und Meister merkwürdig gewordenen Stellen werden gekannt, und so im Wege der Tradition von einer Generation auf die andere der Verehrung werden empfoh- len haben. Selbst die Zerstörung der Stadt durch Titus konnte hierauf nicht nachtheilig einwirken, da die Ortslage auch unter Trümmern und Schutthaufen immer bezeichnet bleiben, und nach der Hand aus dem mündlichen Zeugen- verhör derer, denen sie früher bekannt und ehrwürdig war, neue Glaubwürdigkeit erhalten konnte. Auf den heiligen Apostel Jakobus den Jüngeren, welcher im Jahre 35 nach Christo zum Bischof von Jerusalem geweiht worden war, folgte eine ununterbrochene Reihe von Bischöfen, denen gewiß diese Monumente des Leidens und Sterbens des Herrn nicht gleichgültig waren, die vielmehr mit aller Sorgfalt über die Erhaltung ihres Andenkens werden gewacht haben. Da ferner die Überlieferungen im Oriente immer reiner und steter als in irgend einem andern Lande sich fort- pflanzen, so war es auch nicht leicht möglich, eine Ver- wechslung oder Verfälschung derselben zu begehen, und der Großvater eines damahls lebenden Menschen mochte noch aus dem Munde der Apostel oder eines ihrer ersten 35 Nachfolger die Orte der allgemeinen Verehrung wissen, und selbst oftmahls dieselben besucht haben. Dazu kommen meh- rere achtungswerthe christliche Schriftsteller, welche in Pa- lästina gelebt, dießfalls ihre Forschungen angestellt haben, und uns für ihre Echtheit bürgen. Ihre Beschreibungen stimmen aber genau mit der Situierung überein, welche die jetzigen Lokalitäten einnehmen. Würden sie schon zu ihrer Zeit irgend eine unrichtige Tradition bemerkt haben, fo hätten sie sicher nicht ermangelt, selbe zu verbessern, und fo- wohl ihre Zeitgenoffen als auch die Nachwelt über den wah- ren Standpunkt aufzuklären, Unter die vorzüglichsten und wesentlichsten heiligen Stellen in Jerusalem zählen wir aber den Ort des Todes und des Begräbnisfes Jefu. Und gerade über diese bleibt gegenwärtig kein vernünftiger Grund zu zweifeln übrig. Wir finden beyde Orte jetzt so nahe an einander gelegen, wie sie die Bibel uns darstellt, da sie sagt: »Es war an dem selben Orte, wo er »ge kreuziget worden, ein Garten, und in »dem Garten ein neues Grab, in welches «noch Niemand war gelegt worden; da leg- »ten sie Jefu hin c.*) - Was insbesondere das heilige Grab betrifft, so wird uns erzählt*), daß schon in den ältesten Zeiten daselbst eine Capelle erbaut wurde, zu welcher die Gläubigen aus allen Theilen zu wallfahrten anfingen. Um dieß zu verhin- dern und die Christen von der Verehrung dieses Ortes ab- *) Joan. XIX., 41. *) Epitome Bellorum sacrorum. H6 zuschrecken, ließ der Kaiser Hadrian, als er im Jahre 136 n. Chr. die Stadt wiederherstellte, und ihr den Nah- men Aelia Capitolina gab, hier die Statue des Jupiter aufrichten. Dasselbe geschah bei der Schädel- stätte, auf welche er die Bildsäule der Venus stellte, welche abgöttische Standbilder 180 Jahre bis zur Erbauung des heutigen Tempels durch Constantin blieben.*) – Aber eben darum ist er uns indirekter Weise ein Zeuge jener heiligen Stätten geworden; denn wer in dieser Zwischen- zeit nach der Bildsäule des Jupiter oder Venusfragte, er fuhr von jedem Christen, daß diese ihm wohl Gegenstän- de des Gräuels und des Ärgernisses, aber auch Wahr- zeichen des heiligsten Andenkens eyen. Selbst die periodi- fchen Verfolgungen konnten hierinfalls keine Vergessenheit herbeiführen, da gerade die Entweihungen, womit die er- habenen christlichen Denkmähler beschimpft wurden, indem Heldenmuthe der Martyrer und Eifer der übrigen Christen eine bleibende Dauer des Gedächtnisses an sie begründeten. Aller Irrthum mußte endlich ganz schwinden, als im Jahre 326 der Kaiser Constantin eine Basilika erbaute, und die Heiligthümer mit einem prachtvollen Gebäude bedeckte, wie es der Hauptsache nach noch gegenwärtig besteht.*) Eusebius von Caesarea und der heilige Hieronymus, welcher mehr als 30 Jahre in dem heiligen Lande, theils zu Jerusalem, theils zu Bethlehem lebte, und jener schändlichen That Hadrians erwähnt*), *) Euseb. Vita Constantini III., 25., 26. *) Euseb. Vita Constantini, III., 29. **) Libr. II. Epist. XIV. B7 liefern in einem eigenen Werke“) eine solche Schilderung der heiligen Orte, daß sie hinlänglich die Einerleyheit der zu ihrer Zeit und der heut zu Tage dafür ange- fehenen darthun; insbesondere bezeichnet. Letzterer am erst- angeführten Orte die Schädelstätte als keinen Berg, wie man sich ihn gewöhnlich vorstellt, sondern heißt ihn nur einen Felsen (in Crucis rupe, in rupe Calvariae), gerade so, wie wir jetzt Golgotha im Tempel als keinen wirklichen Berg, der von allen Seiten frey wäre und den man hart besteigen müßte, sondern nur als eine Fel- fenmaffe mit einem oben geebneten halbgeräumigen Platze erblicken“). Zur Zeit des seligen Theodoret mußten Grab und Calvarienhügel sehr wohl bekannt und von einander unterschieden worden seyn; denn als derselbe von dem Baue einer Kirche über dem heiligen Grabe redet*) (Tem- *) Liber die situ et nominibus Locorum he brai- co rum. Ed. Paris. T. II. Einiges über heilige Stätten auch in Ep. ad Pam mach ium contra errores Joan. Hiero- solymitani. In Ep. ad Eustochi um. In Epitaphio Paula e m at ris. - Herr v. Chateaubriand hat aus der Tradition der Kirchenväter, und aus Zeugniffen. Anderer die Lokalität der heil. Stätten, wie sie heut zu Tage besteht, außer allen Zweifel gestellt und weitläufig erörtert. Ich verweise daher auf dessen gründliche Abhandlung hierüber in seinem Werke: Itinéraire de Paris à Jerusalem. Tom. I. Seconde Mémoire de 1"Introduction, Pag. CXXV – CXL. Ed. Paris 1829. *) Auch alle 4 Evangelisten melden kein Wort von einem Berg e. Vergl. Math. XXVII., 33. Marc. XV., 22. Luc. XXIII., 33. Joan, XIX., 47. **) Theodoret. Ezech, XLVIII. plum Resurrectionis), unterscheidet er diese aus- drücklich von jener Capelle, die auf dem Orte erbaut war, wo das Kreuz (Templum Crucifixionis oder Crucis) gestanden. Dasselbe war in den Zeiten des heiligen Bischo- fes Cyril lus von Jerusalem der Fall, welcher versichert, sehr oft auf Golgotha geprediget zu haben, und diesen Ort, so wie das Grab Christi, als heilige, feinen Zeitgenoffen sehr bekannte Orte schildert.*) Da nun die heiligen Orte im vierten Jahrhun- derte und zu Anfang des fünften schon so bestimmt und marquirt waren, und selbst im siebenten unter dem Kai- fer Heraklius (J. 627), der das von den Persern eroberte Kreuz wieder nach Jerusalem trug, noch dieselbe Zuverläffigkeit besaßen, ist es wohl glaublich, daß so merkwürdige Stellen in dem Intervallum bis zu Anfang der Kreuzzüge, oder gar unter den lateinischen Königen, verrückt worden, oder verloren gegangen seyn sollten? – Wenn man einwendet und sagt: Aus der Darstellung der heiligen Schrift gehe hervor, daß das Grab Christi und der Calvarienberg zwar in der Nähe der Stadt*), aber *) S. Cyrillus Hieros oly mit. Cateches. X.: De uno Deo Jesu Christo, und Catech. XIII.: De Christo crucifixio et resurgente: »Golgotha iste Sanc. tus et hucusque conspicuus (collis) atque in praesen- tem diem fidem faciens, quomodo petrae propter Chri- stum eo tempore sunt scissae. – Proximum quoque monumentum, in quo conditus est et ostio impositus la- pis, qui ad h un c usque diem proxime monumen- tum jacet.« – **) Joan. XIX., 20. H9 außerhalb Jerusalemlagen, folglich an dem Orte, wohin man sie jetzt versetzt, nähmlich in der heiligen Grabkirche, nicht feyn können, da diese fast in der Mitte der jetzigen Stadt steht und niemahls außerhalb gewesen feyn kann; – so hebt sich die Schwierigkeit für Jeden, der Jerusalem einmahl betreten hat, und für den fach- und geschichtkundigen Archäologen, welcher weiß und bedenkt, daß die jetzige Ummauerung verschieden von jener zu Zeiten Christi ist*), und bey der Wiedererbauung der Stadt durch Hadrian gerade die Mauer an jener Seite, wo der Calvarienhügel gelegen, vorgefchoben, und der hier ehemahls bestandene Winkel mit in die innere Stadt um so leichter einbezogen werden konnte, da selbst nach der Erzählung des heil. Evangelisten Johannes*) Golgo- tha oder die Stätte, wo Jesus gekreuziget wurde, nahe bey der Stadt lag. Eines Tages ging ich in die Nähe des heiligen Tempels, um dessen äußere Umgebungen kennen zu lernen. Ihn umfangen westlich und nördlich Häu- fer; östlich aber kommt man durch ein Gäßchen zu einer Menge von verfallenen Gebäulichkeiten, Schutthaufen und Trümmern, die sich hier aufhäufen und hügelig nach Süden ziehen. Auffallend und höchst bedeutend sind die gothischen Ruinen eines Gebäudes, das einer Fe- ftung geähnelt zu haben scheint, 500 Schritte lang und *) Jos. Flav. Arch. XV. **) Joan. XIX., 20. nicht minder breit gewesen feyn mag. Man nennt sie die Ruinen des Hospitiums der Johanniter- Ritter aus den Zeiten der Kreuzfahrer. Als Saladin durch Verrath und Glück schon die Mauern Jerusalem's erstiegen hatte, vertheidigten sich die Christen im diesem noch lange hartnäckig. Endlich mußten sie sich ohne Hülfe und Hoffnung ergeben, und über die Klinge springen. Es wurde nun festgesetzt, daß innerhalb der Mauern dieses Hos- pizes in Zukunft nichts mehr gemauert werden sollte; da- her ist dieser fast in der Mitte der Stadt liegende Fleck bis auf den heutigen Tag verödet; nur hin und wieder ragen einige Palmbäume hervor, und an die kleinen Häuser der nahen Straße reiht sich der Bazar mit seinen Bouti- quen an. Vielleicht war hier die Niederung, welche einstens zwischen dem Akrahügel und Moria lag. – Das Kloster S. Salvator. Etwa 300 Schritte von der Kirche des heiligen Grabes entfernt, liegt in einer engen Gaffe das lateinische Kloster, vorzugsweise das Kloster di Terra San- ta (des heiligen Landes), und von feiner Kirche, die dem Erlöser geweiht ist, auch S. Salvator genannt. Es ist ein unregelmäßiges Gebäude, von Außen zur Sicher- heit, wie alle Klöster im Oriente, mit einer hohen Mauer verwahrt, und im Innern mit einer Menge von Kreuz- gängen, Stiegen, Zellen, Terraffen angefüllt, jedoch Alles in gutem Stande erhalten. Von der höchsten Ter- raffe übersieht man beynahe ganz Jerusalem und die Um- gegend. Ich bestieg oft und selbst um Mitternacht beym - 01 Mondenschein dieselbe, um meiner Seele das Bild der Stadt und ihrer Umgebung, die mit keiner andern ver- glichen werden kann, tief einzuprägen. Die Ordensgeist- lichen, welche dieß Kloster und die übrigen Hospitien im heiligen Lande bewohnen, sind Franziskaner, mit dem Titel: Minori Osservanti. Sie sind in Sy- rien fast so alt, wie ihr Orden. Im Generalkapitel von Narbonne wurde die zwey und dreyßigste Pro- vinz desselben für die Provincia Terra e san c- ta e erklärt, und in zwey Custodien, in jene von Cy- pern und Syrien, getheilt. Im Jahre 1257 kamen sie als Wächter und Hüther der Sanktuarien nach Palästina, theilten im Jahre 1291 nach dem Falle des lateinischen Königsreiches das traurige Loos mit allen übrigen Christen im Lande, durften aber im Jahre 1333*) schon wieder bey dem heiligen Grabe wohnen, seit dem Jahre 1342 dort die heilige Messe lesen, den Chor bethen, und in einem Kloster nächst dem Coenaculum auf dem Berge Sion wohnen, wo fie endlich von Martin V. für ewige Zeiten im Jahre 1420 in der Bulle Salutare Studium als Custod ein des heiligen Grabes zu Jerusalem bestätiget wurden. Dieß letztgenannte Kloster verloren sie jedoch im Jahre 1569 an die Armenier in Folge einer be- absichtigten, aber mißglückten Kirchenvereinigung mit ihnen; fie zogen sich nun in das von den Georgianern an sich ge- kaufte Kloster zum heiligen Johannes, jetzt Sankt *) Gene brardus in Chronographia Libr. IV.: »Custodia Sepu 1 c h ri Christi anno 1333 Hieros olym is octo Franciscan is, com mit titur a Sultano Aegypti« Salvator genannt, und leben daselbst, so wie anders- wo, bis auf den heutigen Tag ein Leben voll Entbehrun- gen, unter mannigfaltigen Verfolgungen der Türken und Araber, in beständigen Neckereyen und unaufhörlichem Streite mit den schismatischen Griechen und Armeniern um die heiligen Stätten. Die Mission zählt gegenwärtig beyläufig 200 Indi- viduen, theils Italiener, theils Spanier, Priester und Layenbrüder, welche von ihrem Ordensgenerale in Rom von Zeit zu Zeit nach dem heiligen Lande beordert wer- den. Da aber Spanien in neuester Zeit das Beyspiel Frank- reichs nachgeahmt und alle Klöster aufgehoben hat, so dürfte die Familie bald nur aus Italienern bestehen. Sie leben in 20 Conventen verheilt, als: zu Jerusalem, Bethlehem, Nazareth, St. Johann im Ge- birge, Ramla, Jaffa, Kaiffa, Jean d'A kre, Saida, Tripolis, Beirut, Lariffa, Aleppo, Damask, zu Alexandrien, Cairo, Rofette in Egypten, zu Larnaka und Nicofia auf der Insel Cypern, und noch in einem Convente auf dem Berge Libanon. In den drey erstgenannten wohnen zur Hälfte Spanier, zur Hälfte Italiener; in Jaffa, Ramla, St. Johann und Damask ausschließlich Spanier; in allen übrigen Klöstern bloß Italiener. Alle sind entweder sogenannte Vifi- tanten, oder Miffionäre; und find es Deutsche, fo führen sie noch überdieß den Titel: Imperialen. Die Erften bleiben in der Regel nur 3 Jahre im heiligen Lande, binnen welcher Zeit fiel alle Sanktuarien zu besu- chen verpflichtet sind; die zweyten sind als Seelsorger 93 der arabischen christlichen Bevölkerung bestimmt, und ver- weilen wenigstens 12 Jahre in ihrer Mission. Zu dem Ende begeben sie sich vorerst in die Klöster von Cairo und Da ma sk, wo sich ihre Bildungsschulen befinden, um die arabische Volkssprache zu erlernen. In Jerusalem, als der Station des Mutterkonvent es, das auch von mehr als 40 Geistlichen bewohnt wird, residiert der Vor- steher sämmtlicher Klöster, der sie beaufsichtiget und visitiert. Er hat den Charakter eines Abts, als solcher in kirch- lichen Verrichtungen den Gebrauch der Pontifikalien, trägt aber außer denselben kein Ehrenzeichen seiner Würde, und führt den Titel: Paternità Reveren dissima, Präfekt der katholischen Miffionen in Sy- rien, Cypern, Egypten, Quardian vom Berge Sion und vom heiligen Grabe, Custos des hei- ligen Landes u. f. w. Er wird auf 3 Jahre von Rom immer gewählt, oder nach Verlauf derselben wieder in seinem Amte bestätiget. Ihm zur Seite steht der Pater Vicar, der seine Stelle in Abwesenheits- oder sonst nöthigem Falle supplirt, und bald ein Italiener, bald ein Spanier ist; und der Pater Procurator, jederzeit ein Spanier, der die Temporal- und Ökonomie- Geschäfte besorgt. Ersterer wird auf 3 Jahre, und Letz- terer auf Lebenslang vom P. Reverendissimus gewählt. Den Verwaltungsrath bildet ein Discretorium, welches aus vorbenannten Obern und noch 3 andern Patres discreti besteht. Zum Unterhalte sämmtlicher Klö- fter und ihrer Missionarien sind ungefähr jährlich 200,000 Franks nöthig, welche die Mönche, da sie kein Grund- eigenthum besitzen, auch sonst keine Stoltaxen oder an- 94 dere Opfergaben von den ohnehin sehr armen und hülfs- bedürftigen arabischen Christen beziehen, bloß aus milden Spenden und dem Almosen von Europa erwarten. Schlägt diese Hoffnung in einem Jahre fehl, so find sie gezwun- gen, bey Türken und Juden zu borgen und überspannte Intereffen zu bezahlen. In Folge der früheren Bedrü- ckungen und harten Contributionsforderungen von Seite der Pascha"s von Jean d'Acre und Damask, lastet oh- nehin noch die ungeheure Schuld von zwey Mil- lionen Piafter *) auf ihrem Rücken. Mit den Al- mosengeldern aus Europa werden aber nicht nur ihre we- nigen und höchst nothwendigen Lebensbedürfniffe befrie- diget, sondern sie bestreiten damit auch die Ausgaben für Avanien, auf Unterhaltung ihrer Kirchen und Armen, auf die Anschaffung der erforderlichen Kirchengeräthe und Pa- ramente, und zahlen in gleichen die laufenden Steuern und Abgaben an den Landesherrn u. . w. Als Grund- feuer für die Sanktuarien in und um Jerusalem ent- richten sie alljährlich den Tribut von 7000 Piaster noch gegenwärtig an den Pascha von Damask. Unter dem Schutze Ibrahim's sind sie zwar jetzt von andern Geldforderungen, die sonst der Mufti, die be- nachbarten Pascha"s und raubsüchtige Beduinen-Scheichs an fie stellten, befreyt*), müssen aber noch immer, wenn *) Ungefähr Ein Hundert Taufend Wiener - Conven- tions - Gulden. - **) Auch die Ghafars, oder Abgaben, welche ehemals von andern Christen, die nach Jerusalem wallfahrteten, an den Gouver- neur, Kadi und die muhamedanischen Vorsteher der Grabkirche und Omars - Moschee gezahlt werden mußten, haben aufgehört. 95 fie eine Reparatur entweder in ihren Kirchen oder Kloster- gebäuden vornehmen wollen, vorerst die Erlaubniß des Gouverneurs einhohlen, und für die Genehmigung jedes- mahl eine ziemlich hohe Taxe bezahlen, wie der Fall ge- genwärtig bey der nothwendig gewordenen Wiederherstel- lung der Marienkirche im heiligen Grabtempel obwaltet. Überdieß besolden die Franziskaner und erhalten zu ihrer Sicherheit im Kloster 2 Dragomane und mehrere Kloster- knechte, ernähren nach hergebrachter Sitte alle Schulkin- der, den Lehrer derselben, alle Witwen und Waisen, versehen aus ihren 28 Cisternen oder Brunnen, die ihr Eigenthum sind, alle Bewohner Jerusalem's mit trinkba- rem Waffer *), reichen aus ihrer Apotheke, die sehr wohl und zweckmäßig eingerichtet ist, allen Christen und Mu- hamedanern umfonft jede Gattung von Arzeneymitteln und Medikamenten, lösen die gefangenen Christen aus, zahlen sonstige Strafgelder oder leisten Bürgschaft für arme Gläubige, welche bedroht sind, von den Türken oder Beduinen muthwillig gepeiniget zu werden. Thun dieß die Franziskaner nicht, so thun es die Schismatiker, und der Delinquent muß dann aus Dankbarkeit zu ihrer Sekte übertreten. Endlich ist die Erhaltung der armen Pilger, fo gering auch ihre Anzahl ist, dennoch eine große Last, und verursacht ihnen bedeutende Auslagen. Da es in Je- rusalem keine Herbergshäuser oder Khans zur Unterkunft *) In dem äußeren Klosterhofe sieht man immer mehrere Kamehle mit Schläuchen beladen, in denen das Waffer in entferntere Gegenden transportiert wird. 96 für Fremde gibt, so haben sie zur Aufnahme von europäi- fchen Pilgern oder Reisenden ein eigenes Haus zunächst dem Kloster an sich gebracht: das Pilgerhaus oder Ca- sa nuova allgemein genannt. Darin wird jeder An- kömmling ohne Unterschied der Religion, er mag Katholik oder Protestant feyn, aufgenommen, und durch einen ganzen Monath fowohl in Jerusalem als auch in an- dern Klöstern, wo Sanktuarien sind, mit edler Gast- freundlichkeit ernährt und verpflegt. Dieß beurkundet fo- gar öffentlich eine Inschrift auf einer Tafel im Convente, zur Wissenschaft für Alle, welche eintreten. Die Mönche entbehren selbst lieber, um durch ihre Frugalität etwas zu erübrigen und Andern mittheilen zu können. Sie ver- dienen daher gewiß die Rüge und den Vorwurf nicht, den ihnen ein Reisender im Jahre 1823 machte, da er schreibt: »Die Lateiner verpflegen die Pilger durch einen »Monath recht gut; aber nach Verlauf dieser Zeit müffen »sie sich entfernen. Sie haben bey Beobachtung dieses sonst »sehr weisen Gesetzes oft alle christliche Liebe verläugnet, »und sich Grausamkeiten erlaubt, die ein ewiger Schand- »fleck für die Fürbitter der Katholiken am Grabe Christi, »ein Beytrag zur Geschichte des ausgearteten Klostergeistes »seyn können; denn anders hat es der heilige Franziskus »gewollt! – Arme, halbnackte Pilger haben sie auf die »Straße geworfen, ihnen nicht gereicht, worauf sie ihr »Haupt legen konnten, ihr Flehen und Seufzen um Brot »stolz zurückgewiesen. Auf folch' einem Treiben ruht der »Segen Gottes nie!« – Es ist möglich, daß sie in der frü- heren Schreckenszeit, und im Drange so vieler grausamer Mißhandlungen, Bedrückungen und Erpressungen von Seite 9 - ihrer unersättlichen Feinde und Barbaren, zur Verweige- rung eines Obdaches oder einer Unterstützung für Rei- sende und Fremde gleichsam von selbst zuweilen gezwungen wurden; aber nie ist eine solche Klage in neueren Zei- ten laut geworden, und so viele Andere sprechen jetzt ihrer Hospitalität gebührend das Wort, und loben ihr Wohl- wollen und ihre Mildthätigkeit gegen Fremde, wie es z. B. Herr v. Röfer in dem Kloster zu Ramla fand *). – Der Fremde erhält täglich eine meist auf italienische Art, aber gut und schmackhaft zubereitete Kost, welche in Reis, Hülsenfrüchten, Eyerspeisen, Fischen oder Lammfleisch, und dem besten weißen süßen Weine besteht, den man sonst in Syrien vergebens sucht, und Niemand wird zu einer eigentlichen Bezahlung des Genoffenen, wenn er nicht selbst freiwillig ein Opfer bringen will, verpflichtet. Bemittelte unterlassen jedoch niemahls die empfangenen Wohlthaten mit einem Almosen für das heilige Grab zu vergelten. – Streit der Lateiner mit den Griechen um die Sanktuarien. Unversöhnliche Feinde der Lateiner sind die fichis- matischen Griechen *). Abgesehen von so vielen gro- ben Insulten und Beleidigungen, die sich der bittere Haß und die große Verschlagenheit der Letzteren bey jeder Ge- *) Vergl. Pag. 20. **) Katholisch- unirte Griechen sind in Palästina nicht wohnhaft, oder in der Anzahl sehr wenig. 7 95 legenheit gegen die Ersteren erlaubt, bewährt dieß der heftige Kampf, in dem beständig die griechischen Geistli- chen mit den Franziskanern um die Sanktuarien leben. Obschon diesen der Besitz der heiligen Orter durch viele Fermane zugesichert ist, fo haben die Griechen den Katholiken doch schon mehrere gewaltsam entzogen, und suchen noch immer durch Geschenke und Bestechungen die Türken für sich zu gewinnen, und die Lateiner aus einem Heiligthume nach dem andern zu verdrängen. Auf diese Art haben sie sich schon einer großen Anzahl von heiligen Stätten bemeistert. So eigneten sie sich den Salbungstein in der Grabkirche, den Platz der Kreuzaufrichtung am Calvarienberge, den großen schönen Chor des Tempels, in dem sie ihre Kirche einrichteten, ja selbst das heilige Grab zu, das sie aber nachher den Katholiken wieder ein- räumen mußten. In Bethlehem eigneten sie sich wider- rechtlich die Geburtsstätte des Heilandes und das Feld der Hirten zu, so wie sie schon früher die Grotte und Grabkirche Mariens im Thale des Öhlberges an sich ge- riffen hatten. So vergeht kein Jahr, in welchem sie nicht neue Eingriffe wagten und ihre feindselige Gesinnung gegen die Unsrigen bethätigten. – Als gegen das Ende des Jahres 1836 der Herzog von Joinville, Prinz von Frankreich, nach Jeru- falem kam, war es eine der ersten Bitten der Väter, da sich das heilige Land des Schutzes Frankreichs erfreuet, daß die Griechen zur Rückstellung aller jener Sanktuarien verhalten werden möchten, die sie den Lateinern seit den Zeiten der Kreuzzüge wider Fug und Recht abgenommen hatten. Der Prinz versprach dießfalls bey feinem königlichen Vater zu 99 thun, was er vermöge. Und wirklich wurden im diplomati- fchen Wege hierüber die nöthigen Verhandlungen zwischen der hohen Pforte und dem französischen Cabinette eingeleitet, welche auch zum Vortheile der Bittwerber so günstig gedie- hen, daß Erstere einen Ferman an den griechischen Patri- archen in Constantinopel mit dem Auftrage erließ, den Latei- nern alle jene heiligen Stätten wieder zurück zu geben, von denen er seit dem Erlöschen des christlichen Königreiches in Jerusalem keinen legitimen Besitz auszuweisen im Stande wäre. Die Schlauheit der Griechen wußte aber bald die Executirung dieses Fermans zu hintertreiben und das Mandat unwirksam zm machen. Der Pascha von Damask, an dem die großherrliche Weisung hierüber ergangen war, ward mit einem Geschenke von 500 Beuteln *) bestochen, und die Sache blieb auf sich beruhen. Die Väter, davon in Kenntniß gesetzt, berichteten diese ärgerlichen Umtriebe an ihren Commissario di Terra Santa (Commissär des heiligen Landes) in Constantinopel und an den fran- zösischen Consul Guys in Beyrut, der ihre Interessen vertritt. Es wurden neue Verhandlungen gepflogen, deren Resultat zwar noch gewärtiget wurde, aber, wie mir der P. Reverendissimus einem letzterhaltenen Schreiben zufolge mittheilte, wahrscheinlich einem für sie erwünschten Ziele entgegen gehen dürften, wenn nicht die griechische Kirche Rußlands intervenieren werde. So fand diese An- gelegenheit während meiner Anwesenheit im Monath July zu Jerusalem. *) Ein Beutel enthält 25 spanische Thaler oder Colonnati, d.i. fo viel als 225 türkische Piaster, mithin 500 Beutel 262.500Piaster, oder beyläufig 26250 steuer-Generation sei. 100 Um den Leser mit dem Treiben der Griechen in Je- rusalem und ihren mannigfaltigen Anmaßungen gegen die katholische Kirche bekannt zu machen, laffe ich Einiges aus dem Reisebericht des Herrn Sieber *) folgen, der die Lage beyder Partheyen, welche noch heut zu Tage die felbe ist, genau kannte und unbefangen schildert. Er erzählt: »Der Aufenthalt im Kloster des heiligen Landes wäre gewiß der ruhigste und der beseligendfe; allein – »der Zwist, welcher zwischen den Religionspartheyen, vorzüglich zwischen den Griechen und Lateinern »herrscht, verbittert gerade in den Momenten feyerlicher »Handlungen den beseligenden Genuß. Der griechische » Clerus will aus schließlich Alles besitzen, neckt und hindert die gutmüthigen Franziskaner, wo er nur kann; »alles dieses ertragen diese Männer mit der größten Ge- zlaffenheit; und als ich über so mannigfaltige Beweise von »Bosheit ihnen rieth, strengere Maßregeln zu ergrei- »fen, gaben sie die mir und einem jeden Andern sehr an- »genehm befremdende und passende Antwort: daß an »dem Orte, wo Jefus das höchste Beyfpiel von »Geduld und Ergebung gab, fie willig und »gern feinetwegen alles Widerwärtige zu er- tragen bereit wären. Vergebens habe ich gesucht, »Spuren von Veranlassungen ihrer feits aufzufinden; »allein immer fand ich, daß sie nachgaben, verziehen und »vergaßen.« *) Siehe: Reife von Cairo nach Jerusalem, und wieder Z1- rück, nebst Beleuchtung einiger heiligen Ort er, von F. W. Sieber. Prag 1823. Pag 40 - 101 »Die Griechen *) laffen es an Händeln mit den »Lateinern gar nie fehlen. Bald nehmen sie ein Bild *) »herab, welches ihnen zu schön ist, und die Franziskaner »sind gezwungen, ein schlechtes hin zu hängen, wenn sie »den Platz nicht leer laffen wollen. Bald verstopfen fie »die Pfeifen in der Orgel; trennen vor ihren Augen die »Stickereyen von den Tapeten aus, wo das fünffache »Kreuz, das Wappen des heiligen Landes, sich befindet; »löschen die Lampen aus, zerbrechen sie; hindern die Geist- »lichen in ihren Verrichtungen, und vertreiben sie wohl »gar von einem ihnen rechtmäßig zukommenden Platze. »So nahmen sie den Lateinern das heilige Grab weg, »wurden aber gezwungen, es ihnen wieder einzuräumen, »und suchen sie jetzt von Jerusalem ganz zu verdrängen. »Eine silberne Lampe *) von ungeheurer Größe, 14 Cent- »ner Gewicht, und einer bewunderungswürdigen Arbeit, »welche die Lateiner unter Maria Theresia erhalten »hatten, riffen die griechischen angestifteten Pilger herun- »ter, zerschnitten den Strick und zerdrückten sie; dieß ge- »schah bloß aus Neid, weil die Lateiner geschmackvoller »in ihren Kunstwerken und Verzierungen sind. Binnen *) Pag. 121. - *) Gegenwärtig besitzen die Franziskaner das Portrait ihres er- lauchten Protectors, des jetzt regierenden Königs Philipp von Frankreich, in Lebensgröße, welches sie in ihrer oberen Galerie der heiligen Grabkirche aufgehängt haben, das aber die Griechen, fo oft sie vorübergehen, anzuspucken pflegen. **) Jetzt sind aus dieser Lampe zwey große massive silberne Can- del abres verfertiget, welche an höheren Festtagen den Ein- gang der heiligen Grabeapelle zieren. - -- Anmerkungen des Verfaffers. 110- »den vierzig Tagen unserer Anwesenheit wurde ein Kir- »chendiener mit Steinen geworfen; ich selbst sah seine »Wunden, die man ihm geschlagen hatte.« »Der Übermuth*) der griechischen Geistlichen kommt »aber von dem vielen Gelde her, welches die Pilger ihnen »jährlich zubringen. Es gibt dreyzehn griechische Klö- »ster daselbst, welche alle vom Patriarchen von Constan- »tinopel um hohes Geld an den Meistbiethenden verpach- »tet sind. Seine jährliche Einnahme von hier allein be- »trägt eine volle Million Piaster. Alle griechischen Bischöfe »und Priester des ottomanischen Reiches stehen ferner in genauer Verbindung unter einander; reiche, vermögende »Griechen, deren Umstände es nur einiger Maßen zulaf- »sen, werden ermuntert, dahin zu wallfahrten; sowie »sie aber abgereiet sind, so weiß man schon den Charakter »und den Reichthum des Ankommenden in Jerusalem auf »das Genaueste. Griechen, welche kein Vermögen haben »und dahin reisen wollen, werden daran verhindert, »außer dem fiel weisen sich mit einer hinlänglichen Unter- fützung aus, oder sie reisen in Gesellschaft. Arme Grie- »chen werden, wenn sie sich in Jaffa einschleichen, zu- »rückgewiefen; denn kein Pilger darf sich nach der be- » stehenden Verordnung außerhalb eines Klosters irgend- »wo aufhalten oder beherbergen laffen. Kommt er in Je- »rusalem an, und wird als Bettler erkannt, so schafft »man ihn augenblicklich ab, und escortiert ihn nach Jaffa » zurück, es fey denn, er fände einen Freund, der mit »300 Piafter für ihn gut steht und seine Verpflegung *) Pag. 122. 123. 124. 125. 1os »über sich nimmt. Kommt der erste griechische Pilger in »einem der dreizehn Klöster zu Jerusalem mit oder ohne »Gesellschaft an, so vermiethet man ihm die Zimmer, schreibt ihm für Kost und andere Bedürfniffe die Taxe »vor, und er muß sie pünktlich von Tag zu Tag bezahlen. »Kommen viele an, so müffen die Vorhergehenden sich's »gefallen laffen, noch Andere bey sich aufzunehmen, und »sich in einen Winkel zurückziehen. Jeder zahlt für das »Zimmer, als ob er der alleinige Benützer wäre, und oft gibt es drey Partheyen beysammen.« »Überall, wo nur was zu sehen ist, müssen bedeu- »tende Opfer gebracht, alle Freypäffe, Einlassungen zum »heiligen Grabe müssen dem Kloster vorausbezahlt werden, »welches sich mit den Türken abfindet. – Endlich, wenn »das Fest vorüber ist, wird ein jeder Grieche vom Prior »einzeln gerufen und befragt: Wie viel er dem hei- »ligen Grabe *) zurücklassen wolle? Es wird »ihm nun vorgerechnet, wie viel die türkischen Behörden »fordern, was die Erhaltung aller dieser heiligen Orte »kostet, und daß an allem diesen die Lateiner Schuld trü- »gen, deren Anmaßungen man allein durch große Zah- »lungen hintertreiben könne. Da sie nun, wie früher ge- »meldet worden, die Vermögensumstände eines jeden der- »selben genau kennen, so befriedigen sie sich nie mit dem »Angebothe, welches er freiwillig zu leisten sich anheischig *) Nach dem angenommenen delikaten Sprachgebrauche wird die Gabe nicht für die Geistlichkeit, sondern für die Kirche gefordert. Anmerkung des Verfassers 1O4 »macht, sondern steigern es bis zu der Summe, auf welche »man sie in den vorangegangenen Berichten aufmerksam gemacht hat. Weniger als 3oo Piaster darf kein Pilger »so leicht anzubiethen sich erkühnen. – Sollte sich einer ge- »gen diese Finanz-Operationen auflehnen, so würde er als »gottlos ausgestoßen, verfolgt und mißhandelt werden. »Ein jeder muß daher dem heiligen Grabe etwas hinter- »laffen.« »Diese großen Einnahmen werden alle dem griechi- »fchen Patriarchen von Jerusalem eingeliefert, welcher, »da durch solche Maßregeln der Fond ungemein zunimmt, »fich. Alles erlaubt, was er für gut findet. Um die Ein- » nahmen noch mehr empor zu bringen, werden manche »Vorrechte an den Meistbiethenden verkauft. So wird das »heilige Feuer in der Capelle des heiligen Grabes um »die Zeit der Auferstehung angezunden, und derjenige, »welcher am meisten zu zahlen sich verbindet, erhält das »Recht, zuerst feine Kerze an der geheiligten Flamme an- »zuzünden. – Dieses kostet oft 4, 5 bis 8000 Piafter.« »Das reine Einkommen, welches die griechischen Geist- »lichen jährlich ohne Zweifel einnehmen, kann für den »einzelnen Pilger an 500 Piaster auf das Geringste ange- schlagen werden. Da nun mehr denn 3000 derselbenjähr- »lich eintreffen, so macht dieses die ungeheure Summe von »1,500,ooo Piaster aus; die Bezahlung für Kost, Quar- »tier, Opferungen, Abläffe, Paradiesverkäufe, Beicht- »gelder u. f. w. gar nicht gerechnet.« »Man kann daher voraussetzen *), was nach einer so *) Pag. 126. 105 »guten Einrichtung für Reichthümer in Jerusalem zusam- »men fließen, und welches Ansehen dadurch der griechische »Clerus gewinnt, der sich auch auf jede Weise einen gro- »ßen Anhang zu verschaffen weiß. Landleute, Schuldner, »Gewerbsmänner, welche Unterstützung bedürfen, werden, »wenn sie sonst gerettet werden wollen, vor Allem zum »Übertritte zur griechischen Religion bewogen. Da hierorts, »der oft wiederkehrenden Unruhen wegen, jede Parthey »einen tapferen Anhang überaus nothwendig hat, so sucht »man vorzüglich jene Katholiken, welche als muthige Män- »ner bekannt sind, oft auf den unerlaubtesten Wegen zur »Apostasie zu verleiten.« »Merkwürdig bleibt *) der Brand der Grabeskirche, »welche so viele Jahrhunderte hindurch unversehrt geblie- »ben war. Den 12. Qktober 1808 brach das Feuer hinter dem Altare der Armenier auf der Gallerie aus, griff »rasch um sich, faßte die hölzerne Kuppel, und bald da- »rauf fand die ganze Kirche in Flammen, deren Raub fie »auch in Kurzem wurde.« »Wer alle Umstände vereinigt, kann füglich daraus „den Schluß ziehen, daß dieses Feuer angelegt worden „sey. Die Sucht, alle heiligen Orte ausschließlich zu be- »fitzen, erzeugte den Gedanken, sie einzuäschern, um sie - auf eigene Kosten wieder aufbauen zu können, und dann „das Recht zu haben, die ganze Grabeskirche allein für »sich zu behalten und alle damit verbundenen Vortheile »zu genießen. Die Griechen schoben daher den »Brand auf die Armenier, diefe auf die Grie- *) Pag. 129. 130. 131. 106 »chen. – Letztere bauten, und der Bau kostete ihnen auch »eine ungeheure Summe. Unerwiesen ist es freilich, »ob sich nicht dieses Unglück – zufällig ereignet habe, »und es kann sich Niemand ein entscheidendes Urtheil »darüber erlauben; doch steht es wohl einem Jeden frey, »seine Meinung unumwunden zu sagen.« »Das Empfindlichste – und Allerschmerzlichste ist aber »die eigenmächtige Verwüstung, welche die Grabeskirche »bey ihrer Wiedererbauung durch die Griechen erlitt. »Alle Spuren aus den Zeiten der Kreuzzüge, alle In- »schriften, ja sogar die herrlichen Monumente des Gott- »fried von Bouillon und König Balduin des »Ersten, welche selbst noch nach dem Brande zu sehen »waren, wurden von den Griechen vernichtet, ja sogar »die Gebeine der dort ruhenden frommen Helden und Gläu- »bigen aus ihrer Friedensstätte geriffen! Dieses verräth in »der That eine beyspiellose Unwissenheit, Rohheit und »einen Haß, der feine Ungerechtigkeit selbst auf die Tod- »ten erstreckt *).« »Dagegen ist die musterhafte Lebens- und Handlungs- »weise *), und die wahrhaft auferbauliche Andacht der *) Der Fanatismus der schismatischen Griechen geht so weit, daß sie die Katholiken für gar keine Christen, ja für weit schlim- mer als Muhamedaner und Juden halten, und auf alle Weise zu verfolgen trachten. In der Moldau und Wallachey, wie ich mich auf meiner Rückreise überzeugte, verweigern sie den Katho- liken fogar das Begräbniß in ihrem Leichenhof und sagen: Diese müßten wie Hunde sterben und begraben werden! Anmerkung des Verfassers. *) Pag. 128. - 10- »Franziskaner für jeden unbefangenen Beobachter rüh- »rend. Dafür hängt aber auch Alles, was katholisch »heißt, mit einem wahrhaft kindlichen Sinne an diesen »in der That geistlichen Vätern, wie denn das Unglück »überhaupt die Menschen vereinigt und veredelt. Die bey- »spiellose Freygebigkeit, die unbegränzte Gaft- »freundlichkeit und Uneigennützigkeit dersel- »ben in der Beherbergung und Bewirthung eigener sowohl »als fremder Religionsverwandten, muß ich um so mehr »rühmen, als sich diese edlen Männerbey ihrer beschränk- »ten Einnahme in jeder Hinsicht ganz vorzüglich vor dem »griechischen Clerus auszeichnen.« - Wilmofen für das heilige Land. Mit Recht nennt Herr Sieber die Einkünfte der Väter befchränkt; denn sie bestehen einzig in dem Almofen, welches ihnen Europa spendet; aber leider fangen diese milden Gaben im empfindlichen Maße sich zu mindern an, und eine Quelle beginnt zu versiegen, die feit Jahrhunderten zur Unterstützung des christlichen Ori- entes floß. – Schon im apostolischen Zeitalter wurde für die Gläubigen zu Jerusalem unter den übrigen Ge- meinden gesammelt, und dieß geschah nach dem Zeugniffe des Sozomenius, Theodore tus und Rufi- nus auch in späteren Zeiten. Bekannt ist, was Kaiser Constantin und seine fromme Mutter Helena für das heilige Land thaten. Ihrem schönen Beyspiele folgten mehrere christliche Fürsten und Könige, welche gleich- fam wetteiferten, zum Besten des Christenthums in dem 410H Lande seiner Wiege mit wohlthätigen Geschenken und groß- müthigen Gaben zu wirken. England, Frankreich, Spanien, Portugal, Österreich, Deutsch- land, Pohlen, Venedig, Toskana, Neapel, Rom u. f. w., fandten zu einer Zeit reiche Spenden an die heiligen Orter; die Fürsten schenkten nicht nur selbst große Summen und prachtvolle Kirchengeräthschaften zur würdigen Abhaltung des Gottesdienstes an die Väter des gelobten Landes, sondern erlaubten auch, daß in ihren Ländern für die Almofen gesammelt und ihren bestellten Commissarien überantwortet werden dürfe. Seit der zwey- ten Hälfte des verfloffenen Jahrhunderts ist aber diese milde Theilnahme für die Bedürfniffe Palästina"s fühlbar schwächer geworden und ein großer Theil der Almosen- gelder aus mehreren Reichen ausgeblieben. Einiges spen- det noch immer Österreich und Frankreich, Spar- fam opfert Italien und das Königreich Neapel, aber nichts mehr Spanien und Portugal in Folge der ver- änderten politischen Verhältniffe, welche jetzt nicht erlau- ben, einen Blick des Mitleids auf die Bedrängten in der Ferne zu werfen, obgleich beyde Reiche einstens so will- fährige und ergiebige Hülfe leisteten. – Mit bangem Her- zen sehen deshalb die Väter der Zukunft entgegen! – Und sollte das Land, welches die Mysterien unserer Re- ligion geheiliget, und für welches einstens Millionen in frommer Begeisterung ihr Leben geopfert haben, nun keine Rücksicht, – sollte die dort noch immer unter manchem Drucke seufzende christliche Bevölkerung keine Unterstützung mehr verdienen? – Oder sollten die erhabenen Denkmähler der Wiege unsers Glaubens keiner Erhaltung mehr würdig 109_ seyn? – Allein noch verzagen unsere christlichen Mit- brüder im Morgenlande nicht ganz, ihre Hoffnungen sind erwartungsvoll auf die Theilnahme des Abendlandes ge- gründet, und die Väter bitten Gott täglich, daß ihre Stimme um Hülfe nicht fruchtlos in den Ohren echter Religionsfreunde verhallen möge! *) – Die Gemeinde der Heiligen wird dann, selbst nach den Worten der heiligen Schrift*), das ihr liebreich zu Theil gewordene Almosen verkünden! – Eine milde Gabe, gespendet auf das Grab Desjenigen, der uns Alle zu lieben und wechselseitig zu unterstützen befahl, dient nicht nur als Mittel zum Schutz und Schirm aller jener heiligen Stätten, die unser Herr und Heiland mit *) Bereits haben, laut öffentlichen Berichten, Se. Majestät der Kö- nig von Bayern in Berücksichtigung der zu Allerhöchst Ihrer Kenntniß gebrachten bedrängten Lage der Väter des Franzis- kaner-Ordens – sich bewogen gefunden, eine allgemeine Samm- lung im ganzen Königreiche Bayern zu bewilligen, mit der Wei- fung an sämmtliche Distriktsbehörden, diese Collekte im Beneh- men mit den Pfarrämtern einzuleiten, für deren rasche Durch- führung Sorge zu tragen, und die eingegangenen Sammelgel- der zur sicheren Beförderung an ihren Bestimmungsort, der kö- niglichen Regierung von Oberbayern, einzuliefern. Mit dem rüh- rendsten Beyspiele von königlicher Großmuth und religiösem Wohlwollen haben sich Se. Majestät selbst an die Spitze der Wohlthäter gestellt, und aus Höchst eigener Privatkasse als Al- mosengabe ein Capital von 10.000 fl. zu einer ewigen Stiftung in der Art bestimmt, daß die abfallenden Zinsen hievon jähr- lich den Vätern übersendet werden sollen. – Durch die Milde Sr. Hoheit des Herzogs Max von Bayern sind denselben schon wäh- rend dessen Aufenthaltes in Jerusalem reiche Unterstützungen zu- gefloffen. Möchten diese erhabenen Beyspiele auch bereitwillige Nachahmer finden! – *) Eccles. XXXI., 11. 110 seinem Blute färbte, sondern auch zur Erquickung jener Tausende von Pilgern, die entweder aus unserm Vater- lande, oder anderswoher zu diesen heiligen Schwellen wallen. Und wie wohl liebreiche Aufnahme, Pflege und ein sicheres Obdach auf diesem unwirthbaren Boden thut, weiß der am besten zu würdigen, der ihn einmahl betre- ten hat! – – Andere Gebäude Jerusalem's. In der Mitte des lateinischen Klosters di Terra Santa befindet sich im ersten Stockwerke die Kirche ad S. Salvatorem, welche drey kleine Schiffe bildet und einen Beth-Chor für die Franziskaner hat. Sie ist mit Mar- mor gepflastert, nebst dem Hochaltar mit noch 6 Seiten- altären versehen, und immer sehr reinlich gehalten. In einer Nische des Beth-Chors ist auch eine kleine Orgel an- gebracht. Ist das Kloster wegen der Pest oder Cholera ab- gesperrt, so wird im äußeren Klostergange ein Altar errich- tet, und daselbst der Gottesdienst von zwey bestimmten Curatgeistlichen, welche die Seelsorge für die außen woh- nenden Gläubigen üben, abgehalten. – Über den Klo- fergang kommt man in die Sakristey, welche geräu- mig ist und an den Wänden große Schränke hat, worin die Kirchengefäße, als: silberne und goldene Lampen, Lichtkro- nen, Meß- und Pontifikalkleider, wovon einige mit werth- vollen Edelsteinen geschmückt sind, und andere Paramente aufbewahrt werden. Ich fah mehrere der Ornate, welche außerdem, daß sie zu altern anfangen, noch gut erhalten sind. Mit Stolz wies mir P, Vicar jene Geschenke, 1111 die fiel einstens von der Munificenz der erlauchten Ahnen unsers Kaiserhauses empfingen. In Folge derselben sehen sich die Väter noch immer zum Dankgebethe verpflichtet, und lesen in schuldiger Anerkennung der ihnen zu Theil gewordenen Wohlthaten für die Allerhöchste Familie die Choralmeffe am Mittwoche zu Nazareth, am Donners- tage zu Bethlehem, und am Freytage jeder Woche in der heiligen Grabkirche zu Jerusalem. – Man muß sich aller- dings wundern, daß hinsichtlich der kirchlichen Paramente aus den Stürmen der Zeit und so mancher harten Be- drückung noch fo viel gerettet worden ist; was freilich nur dadurch geschehen konnte, daß die Väter bereit wa- ren, eher ihr Leben und alles Übrige zum Opfer zu brin- gen, als auf irgend eine Weise des Kirchenschatzes verlu- ftig zu werden. Das Kloster besitzt auch eine Bibliothek, deren Bücher aber meist ascetischen oder historischen und theo- logischen Inhaltes sind, und etwa 2000 Bände in der Anzahl betragen. Darunter find 150 Bände Kirchenväter und Concilien, einige syrische Manuscripte, vermuthlich von den einstigen hiesigen Maroniten zurückgelaffen, la- teinische Predigtbücher und Bibeln, unter denen sich auch eine deutsche Übersetzung der heiligen Schrift vorfindet, welche aber keinen Anfang und kein Ende hat, jedoch sehr alt zu feyn fcheint. - Der Klostergarten ist großentheils Gemüsegar- ten, und lehnt sich westlich an die Stadtmauern an. Ganz nahe an der heiligen Grabkirche liegt das grie- chische Kloster, mit einem weitläufigen Hospizgebäude für die Pilger, die alljährlich nach Jerusalem strömen, 112_ Nebst einer großen Anzahl von Mönchen wohnen hier Archimandriten, auch mehrere Bischöfe, die aber nur Titular sind und zur Erhöhung des Glanzes bey litur- gischen Funktionen dienen; die Liturgie selbst wird im mer in griechischer Sprache gehalten, da die Popen nur diese und keine andere verstehen; selten lernen. Einige Ara- bisch; ihre ganze Bildung und Wissenschaft beschränkt sich auf die Kenntniß des Lesens, Schreibens, der Ceremo- nien und des Katechismus. Überdieß besitzen die Griechen noch 9 Mönchs- und A Nonnenklöster in Jerusalem, und außer der Stadt das zum heil. Kreuz, des heil. Saba, des Elias, und jenes zu Bethlehem. – Das Kloster der fchismatischen Armenier, zum heil. Jakob genannt, auf dem Berge Sion, un- weit dem Davidsthore, aber noch innerhalb der Stadt gelegen, ist eines der schönsten und reichsten, und eben dasselbe, welches einstens die Lateiner besaßen; es wird von mehr als 100 Mönchen nebst einem Patriarchen be- wohnt. Das darin befindliche Hospiz faßt über 1000 Pilger. Von den Terraffen des Klosters genießt man eines herrlichen Überblickes der ganzen Umgegend. Wohlthätig spricht auch die Reinlichkeit an, die sowohl hier, wie in dem ganzen umliegenden Armenierquartier herrscht. Ins- besondere zeichnet sich die Kirche aus, ein schönes Kuppel- gebäude, das im Innern sehr licht und überreich mit Bil- dern verziert ist. Die Wände sind mit Platten von blauem und weißem Porzellan belegt, die Kanzel und Thüren mit Perlmutter und Schildkröte ausstaffiert, und der Fußboden ist aus feinem geglätteten Marmor zusammengesetzt. Über der Stelle, wo der heilige Apostel Jakobus der Äl- - 113 tere enthauptet wurde“), steht eine niedliche Capelle, in der man am Altare den Stein zeigt, welcher mit dem Blute des heiligen Apostels bey dessen Hinrichtung benetzt worden seyn soll. An dem Festtage des Heiligen, den 25. July, gestatten die Armenier den Lateinern, hier eine heilige Messe lesen zu dürfen. Außer dem Davidsthore liegt eine andere arme- nifche Kirche, zum Gefängniß Christi, darum so genannt, weil sie auf dem Platze stehen soll, wo sich ehemahls das Haus des Hohenpriesters Kaiphas befand, und der Heiland in einem Kerker desselben in- zwischen von der Rathsversammlung bis zum Verhöre ein- geschlossen wurde *). Die Kirche enthält nun dieses Ge- fängniß, welches an der Epistelseite steht und ein en- ges Behältniß ist, in welchem kaum zwei Menschen Raum haben. Auch sieht man hier den Schaft einer Säule eingemauert, woran Jesus angebunden war. Die Mensa des Hauptaltares soll jener Stein seyn, der ein- stens das innere Felsengrab Christi deckte. Im Hofe zeigt man den Ort, wo Petrus sich aufhielt und den Herrn verläugnete *). Die Armenier haben hier die Gewohnheit, jeden Aus- und Eingehenden mit Rosen- waffer zu besprengen. Ihnen gehört auch noch zu Jerusa- lem ein Nonnenkloster, die neugebaute Kirche der - - - - - *) Act. XII., 2. - - *) Math. XXVI., 57. Marc. XIV., 53. Luc. XXII., 54. Joan. XVIII., 13. - - - - - - - **) Math. XXVI., 70. Marc. XIV., 70. Luc. XXII., 57. Je 1. XVIII., 27. - - - Z 114 --- Himmelfahrt des Herrn auf dem Öhlberge, und nebst den Sanktuarien im Grabestempel – ein Kloster zu Beth- lehem. - Den christlichen Pilgern werden in Jerusalem noch andere Gebäude als denkwürdig bezeichnet und der Ver- ehrung empfohlen, als: das Gefängniß des heili- gen Petrus*), worein er von Herodes Agrippa ge- worfen wurde, um nach Ostern hingerichtet zu werden, aus welchem ihn aber der Engel des Herrn befreyte; das Haus der Maria, der Mutter des Johan- n es, mit dem Zu nahmen Markus *), in dem sich der Apostel nach seiner Befreyung aufhielt; das Haus Simon’s des Pharisäer s*), in dem Magdalena zu den Füßen Jesu weinte, und diese albte; endlich in der Nähe des Stephansthores das Haus, worin die heilige Anna und Maria geboren seyn fol- len, einstens den Lateinern gehörig, die es in eine Kirche und in ein Nonnenkloster umstalteten, jetzt aber ein Eigenthum der Türken, und in eine Moschee verwandelt. Noch ist ein Hospital zu bemerken, das ursprüng- lich von der frommen Kaiserinn Helena erbaut und ein- gerichtet, und zur Aufnahme und Verpflegung christlicher Armen bestimmt war. Von den aus den Zeiten der Stifte- rinn hier noch vorhanden seyn follenden Kochkeffeln ist aber nichts mehr zu sehen. Zum Andenken ist jedoch das Haus in ein türkisches Spital umgeschaffen, von außen gut *) Act. XII , 3 – 11. - *) Act. XII , 12 – 19. - - - *) Math.XXVI, 7. Luc, VII., 37. Marc. XIV., 3. Joan. XII , 3. - 115 gebaut, und die Thore zum Theil mit weißem und rothem Marmor bekleidet. Über denselben sind arabische Inschrift ten aus dem dreyzehnten Jahrhundert, woraus hervor- geht, daß dasselbe von den Muhamedanern schon dazu- mahl als Hospiz für ihre Hadschis (Pilger) benützt wurde. In der Nähe des Pilgerthores zeigt man auch das Haus des Urias, und eine ausgetrocknete Cisterne voll Schutt als den Ort, wo Bathseba sich badete, so wie an dem nahe gelegenen Thurm des Castells, der Thurm Da- vid's oder der Pisanerthurm genannt, ein Fenster, wo sich David sehr häufig aufgehalten und die Frau des Urias erblickt haben soll*). Allein da nach II. Reg. 5. 7, 11, und I. Paralip. 14, 1. 15, 1. anzunehmen ist, daß der Thurm David's von der Burg oder dem Palaste (Haufe) David's, von dessen Bauart die heilige Schrift wie- der genaue Nachricht gibt“), unterschieden werden müsse, und die Bibel am angeführten Orte ausdrücklich sagt: daß David auf dem Dach e des königlichen Hauses herum ging, und beyfügt: daß er das Weib von feinem Dache gegenüber, und nicht von einem Feuster aus – baden fah, – so ist hier wahr- scheinlich eine Verrückung der Orte vorgegangen, und man hat sich vielmehr das königliche Haus oder den Palast David's auf dem Berge Sion, wo jetzt das Cöna- culum gezeigt wird, und jenes antike Waffe r behält, niß, das im Thale Gihon gerade dem königlichen Hause gegenüber liegend gewesen seyn konnte, zu denken, wohin *) II. Reg. 11, 2–27. **) II. Reg 5, 9. 7., 2. I. Paralip. 11, 5, 17. 1, 8 - 116 David von einem Dache leicht hinabgesehen haben mag. Überdießtritt hier noch die Lokalschwierigkeit ein, daß das nach der gemeinen Volkssage bezeichnete Haus des Urias eben auf einen Terrain zu stehen angegeben wird, der ver- muthlich damahls noch gar nicht im Bereiche der Stadt lag, indem ihre Mauern heut zu Tage gerade auch auf dieser Seite vorgerückt scheinen. - Hohes Interesse gewährt für den Alterthumsforscher die noch innerhalb des Stephans- oder Marienthores an der rechten Seite der Stadtmauer liegende große Cisterne von wenigstens 150 Fuß Länge und 50 Fuß. Breite, von dem Evangelisten *) der Schaf-, auch Schwemmteich, hebräisch Bethesda, oder »das Haus der Gna- de« genannt, wo Jesus den Lahmen heilte. Es ist gewiß noch ein Baudenkmahl aus uralter hebräischer Zeit, des den Trümmer in jedem Beobachter Staunen und Bewun- derung erregen. Die Mauerüberreste werden durch eiserne Klammern und Haken zusammengehalten, und zeigen an der Seite, wo der Teich einstens sich an das alte falo- monische Tempelgebäude angelehnt haben mag, ein paar Arkaden oder Gewölbe, mit einigen Gesträuchen und in dischen Feigenbäumen umwachsen. Die Tiefe liegt jetzt ganz trocken, und in derselben sind auf der Erde allerley Marmorstücke, die theils von Oben herabgefallen, theils aber auch Überreste von ehemahls anstoßenden Gebäuden und Häusern sein können. Die berühmte und herrliche Moschee Omar’s“), *) Joan. V., 2. et seq. - *) Sie wird Omars-Moschee genannt, weil sie Omar im Jahre - 11- auch Sahara oder El Haram genannt, welche ihrer ausgezeichneten Bauart nach im ganzen ottomanischen Reiche eine der schönsten Moscheen ist, und bey den Türken in dem Ansehen, wie bei uns die Peterskirche in Rom steht, ist für Christen noch immer nicht leicht zugänglich. Sie nimmt auf dem Berge Moria mit ihren Nebengebäu- den, welche zu Wohnungen für die muselmännischen Imans und Derwische dienen (Vergl. Plan von Jerusalem), den ganzen Platz des ehemahligen salomonischen Tempels ein. Ich konnte von dem Gebäude und dem Plateau, auf dem fie steht, nur vom Ohlberge aus eine Ansicht nehmen. Um das Innere desselben zu sehen, versuchte ich es eines Ta- ges, mit dem mich begleitenden P. Camillo in den Vor- hof zu kommen; wir wurden aber Beyde bald von einem Sherif, der uns entgegen kam, jedoch mit aller Art an- gewiesen, zurückzutreten, und uns vom Haram fern zu halten. Ich verweise meine Leser daher auf die Be- – 637 der christlichen Zeitrechnung nach der Eroberung Jerusalems zu bauen anfing; – die Moschee Sahara, oder die Moschee des Steines, d. i. jenes Steines, den sie aufbewahrt, wel- - cher, der muhamedanischen Tradition zufolge, vom Himmel ge- fallen ist, und auf dem die Propheten, wenn sie weissagten, saßen; oder gemäß einer anderen Überlieferung, soll es jener - Stein seyn, auf welchem der Patriarch Jakob, während seiner Reise nach Mesopotamien ruhend, im Traume die Himmelsleiter - erblickte. – Sie heißt auch El Haram, gleich den Moscheen von Mekka und Medinah, und bezeichnet damit einen heiligen, verbothenen Ort, den nach dem Ausdrucke der Muselmänner kein ungläubiger betreten darf. Als Hauptmoschee geht sie im Range sogar der Sophienmoschee zu Constantinopel vor 11B schreibung der einzelnen Theile derselben, von Dr. M. Ruffel.*) - - - - - - - Im Süden steht die Moschee, El Aksa genannt, vormahls die Kirche Maria Opferung, nach der Tradition an dem Orte erbaut, wo die heilige Jungfrau einstens im Tempel ihr neugebornes Kind Gott darbrach- te.*) Schon die äußere Struktur, welche im Innern Schiffe und Bogenfenster, wie sie in unsern Kirchen ge- wöhnlich sind, vermuthen läßt, deutet offenbar auf christli- chen Ursprung hin. Sie ist mit einer Gruppe von Cypres- fenbäumen umgeben, welche sie angenehm beschatten. Zu- nächst soll sich eine schöne Reinigungsquelle befinden, welche den Muhamedanern zu ihren vorgeschriebenen Ablutionen dient, und für gewöhnlich auch bei andern Moscheen nicht zu mangeln pflegt.*) - - - Bevölkerung Jerusalem's. Was die Bevölkerung Jerusalems betrifft, so kann fie sich gegenwärtig mit Inbegriff der egyptischen Milizen, *) Palästina, oder das heilige Land, von der frühe- ften bis auf die gegenwärtige Zeit. Aus dem Engli- fchen des Dr. M. Nuffel, übersetzt von Dr. A. Diezmann. Leipzig, 1836. I. Th. Pag. 136–146. *) Luc. II., 22. *) Die Moscheen El Aksa und Sahara stehen heut zu Tage auf dem Terrain des Berges Moria, der nach der Erzählung des Josephus Flavius (Arch. I., 13., 2.) für den Berg - gilt, auf welchem Abraham feinen Sohn opfern wollte *) und Salomo später den Tempel erbaute *). *) Genes, XXII., 2. - - - **) II. Chron, 3, 1. - - 119 welche die Besatzung der Stadt bilden, auf 25.000 Ein- wohner erstrecken, die in den, so ziemlich jede Nation ab- gränzenden Quartieren der Türken, Lateiner, Griechen, Armenier, Juden und Mohraraber wohnen. Die Türken machen die Mehrzahl aus; die Lateiner mögen 1500 zäh- len, und wohnen in der Nähe ihres Klosters und der hei- ligen Grabkirche. Sie sind hier, so wie in Bethlehem, sehr arm, ernähren sich von wenig Feldbau, Rosenkranz machen, u. f. w., und leben größtentheils von dem Almosen der Väter. Sie stammen aus den Zeiten der Kreuzzüge, und nennen sich Franken. Ihre Sprache, so wie in Jerusalem überhaupt, ist die arabische. Nebst den Lateinern sind die fchismatischen Griechen und Armenier am zahl- reichsten. Im Südosten der Stadt ist das Quartier der Ju- den, wo sie elende, schmutzige Häuser bewohnen, und noch immer den Erretter Israels erwarten. Sie schätzen sich glück- lich, in Jerusalem zu sterben und im Thale Josaphat begra- ben zu werden. – Übrigens ist die Lebensweise aller Einwohner sehr einfach und einförmig, wie die Gegend, die sie umgibt. Alles ist hier nur auf ihre Lage und auf die nothwendigsten Bedürfniffe berechnet, und an Luxusarti- kel gar nicht zu denken. Die bei den Bazars oder öffentli- chen Marktplätze sind nur mit wenigen Boutiquen von ärm- lichen Handels- und Handwerksleuten besetzt, welche einige Leinwaaren oder Oliven, Obst, Getreide und anderes trockenes Gemüse verkaufen. – Die Häuser, zuweilen zwey, selten drey Stockwerke hoch, haben nach morgen- ländischer Art platte Dächer, sind größtentheils Mauer- werke von gehauenen Steinen, und gegen die Straßen zu, wie schon im Alterthum, ohne Fenster; nur hier und 120 da zeigen sich kleine viereckige Löcher an den steinernen Wänden, und geben ihnen ein unheimliches, gefängniß- artiges Ansehen; an einzelnen sieht man auf die Straße heraus ein hölzernes rothes Gittergehäuse, die Vorfen- fer der Muselmänner. Häufig gehen über die Straße von einem Hause zum andern steinerne, brückenähnliche Bögen, die nicht sehr hoch sind und die schattige Enge der Gäffen noch vermehren. Die Terraffen sind flach und vergypst, und gränzen sich durch niedere Geländer von halbausgehöhlten Ziegelröhren ab, die, übereinander ge- legt, durchbrochene Mäuerchen bilden, und gleichsam als Parapete oder Gitter dienen, so daß man auf dem sonst platten Dachboden nicht leicht, ohne zu steigen, von einem Hause zum andern wandern kann. Viele Häuser haben auch Kuppeln. - Topographische Beschaffenheit Jerusalem's. In Ansehung der topographischen Beschaffenheit und des Umfanges gleicht Jerusalem einem unregelmä- ßigen, verschobenen Viereck (Siehe den Plan von Jeru- falem). Im Vergleiche zur alten Lage und Größe, wie sie Josephus Flavius“) beschreibt, ist die Stadt offen- bar im Westen vorgeschoben, im Süden und Norden aber bedeutendenger, da die gegenwärtigen Mauern auf erste- rer Seite die Hälfte des Berges Sion, der jetzt Acker- oder Steingrund ist, und auf der andern einen großen Theil *, Josephus Flavius: De Bello judaico, W., 4. - 1121 der sogenannten Neustadt. Beze tha ausschließen. Im weiten Umkreise sieht man insbesondere hier große Stein- und Trümmerhaufen eines aus seinen Fundamenten gewor- fenen Mauerwerkes herumliegen, welche augenscheinlich auf die in den letzteren Zeiten von Herodes Agrippa aufgeführ- te Umfangsmauer hindeuten. *) Die heutigen Mauern, welche, wie eine arabische Inschrift am Pilgerthore besagt, ein Werk Soliman's, des Sohnes Selim, aus dem Jahr re 1545 sind, und 56 Fuß Höhe mit Einschnitten haben, werden auf den vier Seiten mit 40 festen Thürmen flan- kirt, unter denen die Citadelle am höchsten und stärksten ist. Sie beherrscht auch die ganze Stadt, ist von oben bis unten mit Kanonen besetzt, mit einem Graben umgeben, und gleicht einer starken Burg. Man nennt sie der Über- lieferung zufolge die Burg David's, oder das Pifaner- fchloß, welches Einige jedoch weiter hinauf nach Westen versetzen, womit ich mich aber nicht einverstanden erklären kann, weil die Pisaner gemäß der Geschichte *) einen festen Thurm am Berge Sion zum vorzüglichen Stützpunkte ihrer Fortifikations- und Vertheidigungslinie machten, – der vermeintliche im Westen aber nicht mehr auf Sion, sondern auf dem Akrahügel liegt. Der Thurm Tan- fred's steht weiter gegen das Ende der nördlichen Stadt- mauer. – Obwohl Jerusalem so viele gewaltsame Wech- elfälle, Belagerungen*), Eroberungen, Zerstörungen *) Josephus Flavius : Joco cit. *) Siehe: Paolo Tronci, Annalen von Pisa. Pag 35. ***) Im Jahre 1834 wurde Jerusalem zum 19. Mahle durch die Ara- ber belagert, eingenommen und geplündert, bis Ibrahim zu Hülfe kam und die Stadt den Räubern wieder entriß. 122 und Wiederaufbauungen erlitten, und ihre Gestalt mehr- mahls verändert hat, und es eben deshalb so schwer hält, die Lage der alten Stadt mit Bestimmtheit zu bezeichnen, fo läßt sich doch so viel annehmen, daß es heut zu Tage eben den Umfang einnimmt, welcher schon vom Kaiser Hadrian der Aelia Capitolina angewiesen wurde“). - *) Altere und neuere Reisebeschreibungen stimmen darin über- ein, daß die Lage des heutigen Jerusalem noch die selbe der alten Stadtfey. So fagt Burchard, der im 14. Jahr- hunderte das heilige Land besuchte, daß die jetzige Stadt an keinem andern Orte stehe, als wo die alte Stadt gestan- den, und behauptet überdieß, daß der Leidensplatz oder Golgo- tha in der Stadt des jetzigen Jerusalem an feinem richtigen Orte liege. »Es ist nicht an dem, daß die Stadt jetzt an einem andern Orte als zur Zeit des Leidens J. C. erbaut fey, wie Einige meinen, indem sie zu ihrem Beweis anführen, daß Je- fus außer dem Thore gelitten habe, wie Paulus an die He- bräer bezeugt, heut zu Tage aber der Leidensplatz innerhalb der Stadt an einem andern Orte angebracht fey. Sie schließen fo, weil sie diese Gegend und die Stadt selbst nicht gefehen haben. Die Lage der Stadt Jerusalem ist im- mer fo gewesen, daß es vergeblich und ganz unmöglich gewesen, - sie an einen andern Ort hinzubringen. Der Berg Calvarie, wor- auf unser Heiland gekreuziget wurde, lag zwar außerhalb der Stadt; aber Aelius Hadrianus hat die Stadt, welche Titus Vespasianus ganz verwüstet, wieder repariert, so daß sie den Ort der Kreuzigung und des Begräbnisses Christi zwifcheu ihren Mauern jetzt einfaffet. Die ganze Lage der Stadt ist geblieben, wie sie vorher war.« Burchardi Descrip- tio Terra e Sancta e. Venet. 1519. C. 7. $. 43. Jonas Kortes, der sonst als sehr richtig und charakte- ristisch in der Fällung eines Urtheiles geschildert wird, bemerkt: »Ein Hauptirrthum ist, wenn man meint, die Stadt Jerusa- lem liege nicht auf eben dem Plaße, wo die alte Stadt gestanden. Einige Erdbeschreiber sagen: Jerusalem, 123 - Der Schutt und die Trümmer der vielen Zerstörungen, auf denen die Stadt immer wieder neu erwuchs, verur- Stadt im gelobten Lande, nicht weit von dem Orte, wo vor mahls die berühmte Stadt Jerufa- lem gestanden hat c., schreiben von einem neuen Jeru- falem. Beydes ist grundfalsch; denn das heutige Jerusalem steht nicht nur auf dem alten Orte, sondern auch recht mitten auf dem alten und allerbesten Platz, wo das alte Jerusalem gestanden hat. Weil die Mauern Jerusalem's von Außen gemäch- lich in einer Stunde umgangen werden können, und die fe Stadt also bey weitem so groß nicht ist, als die alte Stadt gewesen seyn muß, so ist gegen Süden und Norden ein Stück - außer den Mauern der jetzigen Stadt gelassen, welches - in den Mauern des alten Jerusalem gelegen war. Gegen Süden liegt außer der Mauer die Spitze des Berges Sion, welcher zum Unterschiede von den andern Hügeln eigentlich Berg Zion heißt. Hier war die alte Burg der Jebusiter gelegen, welche David eingenommen und Davidsstadt genannt hat. Gegen Norden liegt noch ein viel größerer Theil außer der jetzigen Stadt, der vormahls in der alten Stadt gelegen war. Gegen Osten und Westen steht nothwendig die jetzige Mauer da, wo die alte Stadt gestanden haben muß, weil das tiefe Thal dieß zur Genüge anzeigt. Daß das jetzige Jerusalem recht auf dem alten und besten Orte der vorigen Stadt stehe, bezweifelt keiner von den jetzigen Einwohnern, auch Niemand von den Fremden, die dahin kommen, sobald er nur die Si- tuation der Stadt von Außen umhersieht.« Siehe: Jonas Hor- te's Reife durch Egypten, über Jappe nach Palä- stina in den Jahren 1737–1739. Halle, 1751. Der im Jahre 1762 reisende Niebuhr schildert die Lage Jerusalem's also: »Jeru fallem liegt wahrscheinlich mit- ten auf dem Platze, den die alte Stadt eingenommen hat. – Die verschiedenen Berge und Hügel, worauf das alte Jerusalem lag, find zwar etwas unkenntlich geworden, weil die zwischen denselben liegenden Thäler, nach und nach, und vor- nehmlich bey oftmahliger Zerstörung der Stadt, durch Schutt erhöht worden sind; – die Lage des Berges Sion ist aber 124 fachen ohne Zweifel auch, daß alle Spuren eines Thales zwischen den Bergen Moria, Akra und Sion verschwin- den, und ihre hügelige Lage sich immer mehr ebnet. Jerusalem, das zu den Zeiten Christi 12 Thore zählte, hat gegenwärtig fieben, wovon bloß vier ge- öffnet, die andern drey aber zugemauert sind. 1) Ge- gen Westen das Thor von Jaffa oder Bethle- hem, auch das Pilgerthor genannt. 2) An der südlichen Stadtmauer a) das Sions- oder Davids thor; und b) 3) das schmutzige oder Mitthor (Porta Sterquilina), durch welches Christus der Herr aus dem Garten Gethsemani gefangen eingebracht wurde. (Jetzt zugemauert) Zwischen diesem und dem Da- vidsthore fieht man an den Stadtmauern ungeheure Qua- dersteine, welche nur zu deutlich beweisen, daß sie noch Überbleibsel der alten Tempel- und Stadtmauern eyen. Wahrscheinlich ist auch noch hier ein Theil der alten jüd- lichen Ummauerung bis auf diesen Tag übrig, und die Mauer, an welche sich der Tempelberg lehnt, von wel- fo genau beschrieben, daß man gar nicht zweifeln kann, der fey derselbe, den man noch jetzt den Reisenden zeigt. Eben fo bemerkbar ist die Lage des Tempels auf dem Berge Moria- - Letzterer ist vor allen Hügeln, worauf Jerusalem liegt, der nie- drigste. Die Nordseite der Stadt liegt höher, und die nach Nord- weit am höchsten. Man kann die Stadt auf dem nach Osten liegenden Öhlberg am besten übersehen. An den übrigen 3 Seiten sieht man von Außen nicht viel mehr als die Stadt- mauern, die Minarets, und die Kuppeln der Moscheen und Kir- chen.« Siehe: C. Niebuhr's Reifen durch Syrien und Palästina. III. Band. Hamburg, bey Friedrich Perthes, 1837, S., 51. - - 125 chem Jo fehpus Flavius *) schreibt, daß er an der Südseite, wo er schräg abwärts geht, von einer, 400 jü- dische Ellen, d. i. etwa 500 Fuß hohen Mauer unter- stützt gewesen sey, – scheint nur jetzt mit herabgespülter Erde und mit Schutt bedeckt zu seyn. Diese Gegend der Stadt ist noch jetzt die niedrigste, und man soll in der Schlucht zwischen dem Berge Sion und dem Tempelberge zuweilen bey. Aufgrabungen noch Häuser unter der Erde finden. Hier lag wahrscheinlich das alte Ophel. 4) Gegen Osten a.) das goldene Thor (Porta aurea oder Speciosa), welches vor Alters in den Tempel Salomon's führte, und durch welches Christus seinen Einzug zum Osterfeste hielt*); auch war es jene Pforte, an der Petrus und Johannes den Lahmgebornen heilten*). (Jetzt von den Türken zugemauert, da unter ihnen die Sage geht, daß die Christen sich einstens Jerusalem's wieder bemächtigen und durch dieses Thor siegreich einziehen werden). 5) b) Das Stephansthor oder das Marienthor, darum so genannt, weil es unmittelbar zu dem Platze, wo der hei- lige Stephanus gesteiniget wurde, und zur Grabkirche der seligsten Jungfrau führt, ehemahls das Schaftho r*), weil hierdurch die Opferthiere zum Tempel gebracht wur- den. An der nördlichen Stadtmauer: 6) a) Das Thor H erodis (zugemauert), und 7) b.) das Ephraims- *) Jos. Flav. Arch. VIII., 3., 9. XV., 11., 3. XX., 9, 7. De Bell. V., 5, 1. 6. **) Math. XXI., 10. ***) Act. III., 2. ****) Joan, v., 1. 125 thor oder das Thor von Damaskus. – Man braucht etwas mehr als eine Stunde, oder macht unge- fähr 4800 Schritte, um die Mauern der jetzigen Stadt zu umgehen. - - Umgebungen Jerusalems. B erg Sion.“) Auf jenem Theile des Berges Sion, welcher heut zu Tage außerhalb der Stadtmauern liegt, und zu wel- chem man zunächst durch das Davidsthor gelangt, stehen gegenwärtig einzig zwey Gebäude, welche die Aufmerk- famkeit des Pilgers und Reisenden auf sich ziehen: a) Das Haus des Kaiphas *), jeßt die armenische Kirche zum Gefängniß Christi; und b) das Grab *) oder Haus (Palaf) David's, wo einst die Bundeslade stand*) und die Könige von Juda begraben wurden), jetzt eine Moschee mit einem türkischen Hospital. Im In- nern des Gebäudes zeigt man einen Saal, das heilige Cönakel genannt, wo Christus mit den Aposteln das *) Der Berg Sion, wie die alte Stadt Jebus, gehörte bereits zum Stamme Benjamin, Josua XVIII., 28. Judic. XIX., 10. I. Chron. 12, 4. - *) Math. XXVI., 3. *) III. Reg. 2, 10. - - - , *) II. Reg. 7, 2. I. Paral. 15, 1. 17, 1. - †) III. Reg. 11, 43. 15, 8. 22, 51. IV. Reg. 8, 24. 15, 7. 16, 20. II. Paral. 9, 31. 12, 16. 14, 1. 21, 1, 24, 16. 25, 28. 26, 23. 27, 9. 28, 27, 33, 20, 35, 24, etc. etc. 12- heilige Abendmahl feierte“), ihnen die Füße wusch“), den Zehnen nach der Auferstehung*) und dem heiligen Thomas 8 Tage darauf erschien*); wo Mathias zum Apostel erwählet*); wo die Herabkunft des heiligen Geistes geschah +); wo die Sieben zu Diakonen erwäh- let++); wo der erste christliche Tempel erbaut; wo Ja- kob der Jüngere zum ersten Bischof geweiht, und vom Petrus das erste Concilium gehalten wurde +++). End- lich gingen von diesem Platze die Apostel in alle Welt aus, ohne Geld und ohne Mittel, um das Wort des Evan- geliums alle Völker zu lehren und ihren Glauben auf alle Throne der Erde zu erhebenft-ff). – Rechts vom Cöna- kel, gegen die Stadtmauern zu, liegt der Leichenhof der Lateiner, Griechen und Armenier; auf den Grab- mahlen gibt es Inschriften in lateinischer, griechischer und armenischer Sprache; unter andern fand ich auch eine deutsche auf einen Verstorbenen, der aus Österreich ge- bürtig war, und erst im verfloffenen Jahre hier eine Ru- hestätte fand. Der übrige Theil des Berges ist schlechtes Ackerland, wenig bebaut, und nur hier und da mit Ge- sträuchen bewachsen. Die Prophezeyung ist eingetroffen: 4) Mah. XXVI., 18. Marc, XIV., 12. Luc. XXII., 12. **) Joan. XIII., 4–15. - ***) Marc. XVI., 14. Luc. XXIV., 36. Joan. XX., 19., 20., 21. ****) Joan. XX., 24–29. ****) Act. I., 12 – 26. +) Act. II., 1 – 4. ++) Act. VI., 1 – 6. +++) Act. XV., 1 – 29. ++++) Math. XXVIII, 18–20. Marc. XVI., 15. 123 Sion wird wie ein Feld gepflügt und der Tem- Pelberg zu einer wilden Höhe werden *)« – Südlich steigt man in das mit mehreren Öhlbäumen be- fetzte Thal Ge Ben Hinnon *), in jenen zur Zeit der abgöttischen Könige so sehr verrufenen Ort, wo der Götze Moloch *) stand, dem man Kinder durchs Feuer opfer- te, dessen Qualen aber so außerordentlich waren, daß sie Jesus mit jenen der Hölle vergleicht*); und unmit- telbar zieht sich von da der Berg des Bösen Rathes +) hinan, der deshalb so heißt, weil auf ihm die versammelten Priester und Pharisäer den Rathschluß gefaßt haben sollen, Jesum zu tödten. Auf einer Höhe sind Trümmer eines verfallenen Gebäudes, das man für das Land haus des Kaiphas ausgibt, sichtbar. D e r Ö h lb er g. Der Öhlberg, im Osten von Jerusalem, liegt, wie selbst die Schrift erwähnt ++), nur einen Sabba- therweg von der Stadt entfernt, das ist, ein Weg von 2ooo Schritten, welcher den Hebräern ohne Verletzung ihres Gesetzes an einem Sabbathe zu machen erlaubt war. *) Mich. III, 12. Jerem. XXVI., 18. Sophon. III. *) Josue. XV., 8. XVIII., 16. *) IV. Reg. 23, 10. 13. ****) Math. V., 22. 29. 30. X., 28. XVIII., 9. XXIII., 15. 33. Marc. IX., 42. 44. 46. Luc. XII., 5. +) Math. XXVI., 3. 4. 5. Marc. XIV., 1. 2. Luc XXII., 1. 2. Tit) Act. I., 12. - - 129 Man gelangt zu ihm am nächsten durch das Ste- phansthor. Gleich außerhalb desselben dehnt sich rechts nach der ganzen Länge des abhängenden Hügels Moria bis zum goldenen Thore ein türkischer Leichenhof mit seinen Mahlen aus. "Man passiert ihn und steigt alsbald den Abhang des Berges hinab, wo man an den Ort kommt, an welchem der heilige Stephanus gestei- ni get wurde. *); und daneben an jene Stelle, wo Pau- lus fand, als er die Kleider derjenigen bewachte, die ihn feinigten. Etwas tiefer – und man hat das trockene Bett des Baches Kidron *) erreicht, über den eine stei- nerne Brücke führt. Sie wird als merkwürdig bezeichnet, weil Jefus hier fiel, als er aus dem Garten Geth- femani zum Gerichte abgeführt wurde; man zeigt noch Ab- drücke von seinen Füßen und Ellenbogen im Felsen. Der Bach (in der heiligen Schrift immer tör- rens *) genannt) hat nur zur Regenzeit Wasser, und durchfließt die, erstlich von Moria und dem Ohlberge, dann von Sion und dem Berge des Argernisses gebildete Thallschlucht von Norden nach Süden. Sein Bett ist an manchen Stellen tief eingeschnitten, und das Ufer an bey- den Seiten ganz baumlos. Sobald man die Brücke über- schritten hat, so befindet man sich in einer kleinen Thal, ebene am Fuße des Ohlberges, welche zur Rechten den * Act, vII., 56–58. *) II. Chronic. 29. 16. Joan. XVIII., 1. - . . . . . " *) II. Reg. 15, 23. III. Reg. 2,37. 15, 13. IV. Reg. 23, 12. II. Paral. 15, 16, 29, 16. 30, 14. Jerem. XXXI., 40. * 9 130 Öhlgarten Gethsemani *) hat, und zur Linken auf einem Pfade zur Grabkirche der feligsten Jung- frau und zu jener Grotte führt, welche der Schauplatz des Todeskampfes und des blutigen Schweißes des Erlö- fers war *). Die Grotte ist ein natürliches Gewölbe, in dem röthlichen Kalkfelsen eingehauen, und hat links in dem tieferen Hintergrunde einen Altar mit einem Ge- mählde, das den Heiland kniend darstellt, wie ihm ein Engel den Kelch des Leidens reicht. Darüber stehen in lateinischer Sprache die Worte: »Und fein Schweiß ward hier wie Blutstropfen, welche auf die Erde rannen*).« Der Vordergrund ist etwas geräu- miger; man steigt in die Grotte einige Stufen hinab; das Licht erhält sie durch eine Öffnung von oben, welche mit einem Gitter versehen ist; sie ist ein Eigenthum der Lateiner und wird mit einer eisernen Thür geschloffen. Einen Steinwurf von hier entfernt liegt am Fuße des Öhlberges der Ohlgarten Gethsemani †), von den Arabern noch jetzt Dsches manije genannt. Eine niedrige Steinmauer von ungefähr 3 Fuß Höhe umschließt einen Raum über 200 Schritte in der Länge und 150 in der Breite, in welchem 8 Öhlbäume stehen, deren ehr- würdiger Wuchs gleich beim ersten Anblick ein hohes Al- ter verräth und Jeden staunen macht. Man sieht, daß sie *) Math. XXVI., 36. Marc. XIV., 32, Luc. XXII., 39. Joana. XVIII, 1. *) Luc. XXII., 39 – 47. . **) Luc. XXII., 44. - - - - - - - - †) Luc. XXII., 41. - - 11311 sorgfältig erhalten und durch einen besonderen Erdwall um die Wurzel gestützt werden. Ihre Zweige sind so ver- knorpelt, und ihr Holz so ergraut, daß sie uralten Stäm- men gleichen, und sich durch ihr Äußeres schon auffallend von allen übrigen Olivenbäumen der Umgegend unter- scheiden. Wenn man nun gleich nicht behaupten will, daß fie dieselben sind, welche schon zu den Zeiten Jesu bestan- den, indem eine solche Existenz durch die Erzählung des Josephus Flavius zweifelhaft wird, welcher zufolge Titus während der Belagerung Jerusalems alle Bäume auf 100 Stadien in der Runde niederhauen ließ *); so kann man doch annehmen, daß sie wenigstens Sprößlinge und Nach- kommen der Ersteren sind, da diese Bäume ihrer Natur nach ein tausendjähriges Alter erreichen, und sich unmit- telbar aus ihren Wurzeln auf Jahrhunderte fortpflanzen. Hiezu kommt noch der beachtenswerthe Umstand, daß ge- rade die in Frage stehenden durch eine besondere Steuer, welche in 8 Medinen *) besteht, sich auszeichnen, die sie seit der ersten Eroberung der Stadt durch die Sarazenen im Jahre 636 nach Christi bezahlen, während alle übri- gen die Hälfte ihrer Ernte als jährlichen Tribut entrich- ten müssen. Die Tradition findet demnach in diesem Um- fande einen nicht ganz verwerflichen Beleg und Grund des früheren Vorhandenseyns der einen vor den andern. Der Garten gehört den Franziskanern, welche ihn zur Zeit der Anwesenheit vieler Pilger besonders bewachen lassen, um ihn so viel möglich vor frommen Diebstählen zu be- *) Josephus Flavius: De Bello Judaico. VII., 15. *) Eine Medine oder Para ist so viel als ein türkischer Pfennig. 9 s 132 wahren. Die reifen Oliven werden emsig und mit aller Sorgfalt gesammelt, und die Kerne zu Rosenkränzen verwendet. Ich erhielt deren einige von P. Reverendis- simus zum Geschenke, so wie die Erlaubniß, im Gar- ten selbst einen grünen Zweig dieser Oliven pflücken zu dürfen. Derselbe wird jetzt in Wien als heiliges Andenken aufbewahrt. – Auch bei den Türken“) stehen diese Bäume in großen Ehren, die sich insbesondere vor jeder muth- willigen Beschädigung derselben scheuen. An der Südseite dieses kleinen Gartens zeigt man den Ort, wo die drei auserwählten Jünger, welche Jesus mit sich nahm, und dann zurückließ, Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus: Jakobus und Johannes, eingeschlafen waren*), und etwas ent- fernter die Stelle, wo Judas den Erlöfer mit einem Kuffe verrieth *). Man verläßt diesen Platz mit einem unbeschreiblichen Gefühle des Schmerzes und der Wehmuth! – Er ist als ein, selbst von den Türken ver- abscheuter und verfluchter Ort, eigens mit einem niedri- gen Mäuerchen umfangen und abgegränzt. – Die Kirche über dem Grabe der heiligen Jungfrau ist nahe an der Grotte der Blutschwitzung *) Die Türken zeigen zwar alle Verehrung für diesen Ort, glau- ben aber, im Garten Gethfe man i wäre jemand Anderer statt Christo gefangen und sodann gekreuziget worden; auf diese Weise suchen sie die Ehre ihres Propheten Jasu (Jesu) zu retten. - **) Marc. XIV., 33 – 41. - - - - *) Math. XXVI., 47. Marc. XIV., 43. Luc. XXII. 47, 48. Joan. XVIII. 3. - - - - - - - - - - - - - - - - - 133 in eine Felsenniche eingesenkt, und deren äußere Vor- derseite mit kleinen Marmorsäulen verziert. Man steigt auf einer Treppe von ungefähr 50 breiten Marmorstufen in den unteren Raum. Schon in der Mitte der Stiege stößt man auf Nischen zu beiden Seiten, welche Altäre und die Gräber der heiligen Anna, Mutter der seligsten Jungfrau, und des heiligen Joseph enthalten. Auch Joachim, Mann der heiligen Anna, soll hier begraben feyn. Inmitten der unterirdischen Kirche, welche bei 40 Schritte lang und 12 Schritte von Norden nach Süden breit ist, steht eine kleine Capelle mit dem Grab- mahle der Mutter Gottes, ganz ähnlich jenem ihres gött- lichen Sohnes im heiligen Grabestempel. Auf dem inneren Altare, der einer einfachen Bank gleicht und mit Mar- mor belegt ist, lesen die Griechen Messe; doch haben außen an den Wänden der Kirche auch die Armenier, Kopten und syrischen Christen ihre Altäre, auf denen sie Gottes- dienst halten. Die Kirche und das Grabmahl war früher ein Eigenthum der Katholiken; aber beyde Theile wurden ihnen durch die Griechen entrissen. Ihre Erbauung schrei- ben. Einige der heiligen Helena, welche überall Monu- mente ihrer Frömmigkeit errichtete, Andere dem Kaiser Theodosius zu; fie wurde von Chosroës, König der Perser, zerstört, aber von den lateinischen Köni- gen wieder hergestellt *). *) »Der Legende zufolge soll die heilige Jungfrau nicht in Jerusalem, »sondern in Ephesus, wohin sie, wie man glaubt, dem heili- »gen Johannes gefolgt fey, gestorben, dennoch aber in Geth- femani in dem oben besprochenen Grabe beygesetzt worden seyn. 134 Nun besteigt man den Öhlberg *), der nur spär- lich zerstreute Ohlbäume und Gras oder Anbau zeigt, ja größtentheils kahl, unfruchtbar und steinig ist. Man ge- langt nach einer halben Stunde mühsamen Weges auf eine Höhe, auf welcher man deutlich drey Gipfel oder Kuppen unterscheidet. Auf der mittleren liegen Gebäude, von denen einige heilige Stellen bezeichnen. Die wichtigste ist jene, wo Christus gegen Himmel fuhr *). Die heilige Helena baute hier eine Kirche, welche die Tür- ken in eine Moschee umwandelten, und den verschie- denen christlichen Glaubenspartheyen gegen Entrichtung eines gewissen Tributes nur gestatteten, an dem Festtage »Ein Schreiben der Kirchenversammlung von Ephesus, welche »im 5. Jahrhundert gehalten wurde, unterstützt den letzten Um- »stand. Die Kaiserinn Pulcheria hatte nähmlich zu Constan- xtinopel eine Kirche erbauen lassen, in der sie die Reliquien der »Mutter Gottes beysetzen wollte, die sie in dem Thale Jofa- »phat vermuthete. In dieser Absicht wendete sie sich an Juvenal, »Bischof zu Jerusalem, und einen der Väter des Conciliums zu zpEphesus. Dieser antwortete, daß, wie man aus der unbestreit- »baren Überlieferung wiffe, dieser Leib nicht mehr auf Erden »fey; daß die zum Predigen des Evangeliums in alle Gegen- »den der Welt zerstreuten Apostel durch die Allmacht Gottes für »einen Augenblick in dem Hause versammelt wurden, worin sie »auf dem Todtbette lag, und daß sie dieselbe in Gethsemani »beerdigten; endlich, daß der heilige Thomas 3 Tage darauf an- »kam, und um die Verstorbene zu sehen, den Sarg öffnen ließ; »daß man aber im Grabe nur noch ihre Gewänder fand, was »zu der Überzeugung führte, daß sie dem Leibe und der Seele »nach wieder auferweckt und von Engeln in den Himmel aufge- »nommen worden fey.« Siehe: Reifen Christiac. Linz, 1836. *) Luc. XIX., 29. Act. I., 12. *) Marc. XVI., 19. Luc. XXIV., 51. Act. I., 9. 135 der Himmelfahrt daselbst ihren Gottesdienst verrichten zU dürfen. Gegenwärtig ist aber wieder eine kleine christ- liche Capelle hier eingerichtet, welche ausschließend den Armeniern gehört, und von diesen nach der Zerstö- rung des früheren Gebäudes durch ein Erdbeben erst im Jahre 1853 neu aufgebaut wurde. Ein armenischer Geist- licher hält hier beständig die Wache; als ich demselben für den Einlaß den sonst überall gewöhnlichen Backschis (Geschenk, Trinkgeld) reichen wollte, war er so höflich, ihn nicht anzunehmen; es wunderte mich, ihn in dieser Hinsicht bey dem dießfalls so häufigen Begehren der Orien- talen eine Ausnahme machen zu fehen. - Die Capelle steht in der Mitte von alten Mauern, welche einen größeren Kreis bilden, und wahrscheinlich zu jenem Klostergebäude gehört haben, das einstens hier die Olivetaner - Mönche bewohnten. Gleich am Eingange rechts der Capelle wird die Spur des linken Fußes unsers Heilandes auf einem Felsensteine verehrt, auf dem er stand, als er gegen Himmel fuhr. Der Stein ist je- doch durch das Küffen der Pilger schon so abgenützt, daß es schwer hält, die Weltgegend zu entziffern, nach wel- cher das Haupt des Emporschwebenden gekehret war. Herr v. Prokesch *) glaubt dasselbe nach Norden ge- richtet, Andere aber als nach Mittag fehend betrach- ten zu müffen, und diese Letzteren berufen sich auf die Weissagung des Propheten Zacharias *), welcher zufolge die Rechte des Auferstehenden der Stadt Jeru- *) Siehe: Reise in’s heilige Land. Pag. 80. *) Zachar. XIV., 4. 136 falem und die Linke dem todten Meere zugewendet seyn sollte. – In der Nähe der Capelle steht auch jetzt noch eine Moschee mit einem Minarete, welche einige Lehmhüt- ten von arabischen Dorfbewohnern umgeben. Unter den Trümmern des alten Bauwerkes aus Bruchsteinen, die man hier noch sieht, soll sich jene Grotte befinden, welche der heiligen Pelagia, einer reichen und berühm- ten Schauspielerinn aus Antiochien, die nach ihrer Be- kehrung zum Christenthume hier ein bußfertiges Leben führte, zur Einsiedeley gedient hatte. – In einiger Ent- fernung zeigt man auf der nördlichen Spitze des Berges den Ort: Viri Galila ei*), die galiläischen Männer, oder die Stelle, wo die Männer von Gali- läa fanden, die Christum gegen Himmel fahren sahen; – die Stelle, wo der Feigenbaum gestanden hat, den Christus verfluchte *); – und etwas weiter den Ort, wo Judas fich erhenkt hat. *). Da der Ohlberg der höchste Berg in Rücksicht der andern, welche Jerusalem umgeben, ist, so genießt man von seiner oberen Höhe die schönste Aussicht auf Stadt und Umgebung, und so zu sagen, einen Überblick über das ganze Bibelland. Hier ist wahrlich ein Punkt, wo das Gemüth im Anschauen dessen, was es vor sich hat, lebendig ergriffen, und an so viele wichtige Ereigniffe der *) Act. I., 11. *) Math. XXI., 19. Marc. XI., 13. 14. **) Math. XXVII, 5. Act. I. 18 13- Vorzeit und Vorfälle erinnert wird, die das Land trafen, und entweder in den heiligen Schriften erzählt werden, oder durch mündliche Überlieferung bis auf uns gekommen sind. So erblickt man deutlich in der fernen Thaltiefe ge- gen Norden den Silberstreif des Jordan's *) und dessen Einmündung in das todte Meer *); sogar ein Drittheil des Letzteren in seiner ganzen nördlichen Breite; den übrigen Theil verbergen dem Auge die hügelige Um- gebung und wellenförmige Gebirgskette. Vor sich hin er- heben sich östlich und südlich die traurigen, nackten Berge - - - - - - - *) Genes. XIII., 10. *) Genes. XIV., 3. XIX., 24. Deuteron. III, 17. Josue. III., 16. Ezech. XLVII, 18.Joel. II., 20. Zachar. XIV., 8. Nach den neuesten Bemessungen liegt das todte Meer 500 englische Fuß tiefer als das Mittelmeer und hat 400 Faden innere Tiefe. Jerusalem liegt etwa 2500 Fuß über dem Meeresspiegel, und das Gebirge von Moab mag ungefähr gleich hoch, wenn nicht noch etwas höher feyn; folglich, da das Niveau des todten Meeres und jenes des in dasselbe einströmenden Jordan's nicht weniger als 500 Fuß unter dem des Mittelmeeres liegt,– kann man immer annehmen, daß schon vor der Zerstörung der Städte Sodoma, Gomorrha, Adama. Zeboim und Zoar der Jordan seinen Lauf füdwärts, dem Wadi el Araba ent- lang, fortgesetzt habe. – Andere sind jedoch der Meinung, dieser Fluß, welcher sich in das todte Meer ergießt. aber daraus noch heut zu Tage keinen Auslauf hat, habe sich auch vormahls in diese große, weite Ebene ergoffen, und fey ohne Zweifel durch Kunst und Fleiß so in Canälen herumgeleitet worden, daß er nebst einigen Flüßchen und Quellen, die aus den Gebirgen um sich her darein sich mögen ergoffen haben, das ganze Land ge- wäffert und dadurch die Ebene zu jenem Lustgarten gemacht habe, wie sie vor dem Untergange der Städte geschildert wird. Siehe: Genes. XIII. - - 1863 Arabiens *), die einen schauerlichen Anblick gewähren, hoch und steil himmelan steigen. Dort, dachte ich also in mich selbst vertieft, in der ehemahligen anmuthigen Ebene Siddim fanden die fünf Städte Sodoma, Go- morrha, Adama, Ze boim, Zoar, welche ihrer Laster wegen den gerechten Zorn des Herrn auf sich ge- laden hatten, ihren Untergang *); – dort, am todten Meere herum, war der Schauplatz der erften Käm- pfe“) des israelitischen Volkes um das Land seiner Vä- ter; – dort war das Bergland Seir*), wo die Edo- miter wohnten; – dort hin die Gefilde der Moa- biter und das Land der Amoriter H); – dort die Spitze des Phas ga-Gebirges ++), wo Moses in das Land der Verheißung sah, aber ihm nicht erlaubt war, in dasselbe auch einzutreten; – dort Abel Sa- tim+++), wo Josua das Volk über den Jordan führte;– dort auf einer Felsspitze Silo ++++), wo die Gemeinde des Herrn die Stiftshütte aufrichtete, und Josua das Loos zur Vertheilung des Landes warf; –– und hier, in der näheren Umgebung, in den zerklüfteten Gebir- *) Num. XXIII., 7. *) Genes. XIX., 20 – 25. Deut. XXIX., 23. Isai. XIII., 19. Jerem. L., 40. Ezech.XVI., 49. Hosea. XI, 8. Amos. IV, 11. Luc. XVII., 28. Jud. I., 7. *) Liber Numerorum. Deuteronium. Josue. Judicum. *) Genes. XIV., 6. XXXVI., 8. 9. Deut. I., 2. II., 1. 5. †) Genes. Exod. Num. Deuter. Josue. Jud. Reg. Paral. Esdr. etc. ++) Deut. III., 27., und XXXIV. †+) Num. XXXIII., 49. †tt) Josue. XVIII. 1 34) gen Judäa's *) war der Schauplatz des umherir- renden David's, als er vor dem verfolgenden Saul in die Höhlen der Berge und Felsen floh. – Endlich liegt am Fuße des östlichen Abhanges des Öhlberges einsam Bethphage *), das Dorf, noch heute so genannt, von wo aus Jesus zum Osterfeste nach Jerusalem zog; – und südlich Bethanien*), mit dem Grabe des La- zarus. – An dem westlichen Abhange gibt es noch an- dere Plätze, welche dem frommen Pilger ehrwürdig find; als: die Grotten, welche man die Gräber der Pro- pheten*) nennt; jene zwölf Nischen, wo die Apostel das Glaubensbekenntniß verfaßt haben sollen; der Platz, wo Christus das Vater Unfer lehrte +); der Ort, wo er das Weltgericht ++) verkündete; ins- besondere aber die Stelle, wo er über die Stadt Je- rusalem weinte, und ihr das künftige traurige Schick- fal vorher sagte FFF). An der nähmlichen Stelle er- *) I. Reg. XVI. – XXIX. *) Math. XXI., 1. Luc. XIX., 29. *) Marc. XI., 1. Luc. XIX., 29. Joan. XI., 1. XII., 1. etc. *ss) Math. XXIII., 37. Luc. XIII., 34. †) Math. VI., 9 – 13. Luc. XI., 1 – 4. †) Math. XXIV., 25. Marc. XIII., 3 – 37. †) Ein unnennbares Gefühl des tiefsten Schmerzes "überwältiget Jeden, der auf diesem Plaße steht und einen Rückblick auf die Weissagungen des Herrn über Jerusalem wirft. Da stand. Er, als Er den Öhlberg herabkam, mit seinen Jüngern die Stadt ansah, und indem Er über sie weinte, das schaudervolle Urtheil aussprach: »Daß üb er fiel alles auf Erden vergof- fene Blut kommen foll *).! – O. wenn du es doch erkannt hättest, und zwar an die fem deinen Tage, *) Math. XXIII., 35. 140 bauten die Kreuzfahrer eine Kirche, welche aber die Tür- ken wieder zerstörten, und dafür eine Moschee errichteten. was zu deinem Friedem die net! Nun aber ist es vor deinen Augen verborgen. Denn es wird eine Zeit über dich kommen, daß dich deine Feinde mit einem Walle umgeben, ringsherum einfchließen und auf allen Seiten beängstigen werden. Sie werden dich fammt deinen Kindern, die in dir find, zur Erde werfen, und in dir keinen Stein auf dem andern laffen, weil du die Tage deiner Heimfuchung nicht erkannt hat. *). – Wenn ihr aber fehlen werdet, daß Jerusalem ringsherum belagert wird, fo foulet ihr wiffen, daß feine Verwüstung herbey gekommen ist. Als dann flie- he, wer in Judäa ist, auf das Gebirge, und wer in Mitte der Stadt ist, der weiche hinaus, und wer auf dem Lande ist, der komme nicht herein; denn das find die Tage der Rache, auf daß erfül- let werde. Alles, was geschrieben steht. Wehe aber den Schwangern und Säugenden zu dieser Zeit; denn es wird als dann eine große Bedrängniß in dem Lande und ein Zorn über die fes Volk fey n ? Dasfelbe wird fallen durch die Schärfe des Schwertes, und gefangen unter alle Völker hin- weggeführt werden; Jeru fallem wird zertreten werden von den Heiden, bis daß die Zeifen der Nationen erfüllt feyn werden *)!« – – Und so ist es auch geschehen! Unerforschlich sind die Rath- fchlüffe Gottes, unbegreiflich feine Wege *)! – Das schrecklichste der Gerichte, welche je der Zorn des gerechten Gottes über eine Stadt verhängte, – ist über die Tochter Sion's er- gangen, weil sie auch den größten Frevel verübte, der je auf Erden begangen worden. Jerusalem liegt jetzt zertre- *) Luc, XIX., 41 – 44, *) Luc. XXI., 20–24. Math. XXIV., 16–21. *) Röm, XI., 33. - 141 Jetzt liegt auch diese in Schutt und Ruinen. Ich besuchte zweymahl diesen interessanten Punkt, um mich an dem herrlichen Anblicke der ehrwürdigen Stadt, die sich hier ganz vor den Augen des Beschauers ausbreitet, und am allerschönsten zeigt, zu weiden. Sie entfaltet sich so sehr vor den Blicken, daß man sogar in ihre einzelnen Stra- ßen sieht. Unter den gedrängten Maffen der Häuser un- terscheidet man sehr deutlich das lateinische, griechische und armenische Kloster, die heilige Grabkirche, die Davids- burg, viele Moscheen und Minarete, vor Allem aber die prächtige Sahara oder Omars-Moschee, ein Octogon mit einer Bleykuppel, an dessen Spitze der Halbmond sich er- hebt, das ganze terrassenförmige Plateau derselben, mit seinen Portiken, Bögen, Säulengängen und andern an- ten unter den Heiden. – Der überlieferung zufolge war an demselben Platze, wo Jesus einst stand, Titus mit der X. - römischen Legion gelagert, und leitete von hier aus die Bela- gerung der verbrecherischen Stadt. Jerusalem ward von ihm der Erde gleichgemacht; nur 3 Thürme sollten noch der Nach- - welt sagen, daß hier die Stadt gestanden, welche selbst nach .. - dem Zeugniffe der heidnischen Schriftsteller“) bey weitem die - berühmteste des ganzen Orients gewesen war. Aber - - auch diese letzten Überreste fielen bald darnach, damit der gött- lichen Prophezeyung gemäß kein Stein auf dem andern bleibe, der nicht zerbrochen würde *)! – Die Chri- ften, welche damahls in Jerusalem - lebten, der prophetischen Warnung gehorsam, flohen bey der Herannäherung der Bela- gerung nach Pella; daher auch keiner von ihnen dem Gerichte anheim fiel, das über alle diejenigen kam, welche Christ um verworfen hatten **). - - *) P1inti Histor. nat. V.,15. Tacit. Hist. v., 2. *) Math. XXIV., 2. Marc. XIII.; 2. Luc, Xix, 44. *) Euseb. Hist. Eccl. III., 5. . . . . . . . . ( 142 sehnlichen, zur Moschee gehörigen Gebäuden, in einer Länge von wenigstens 1500 Fuß und beynahe 1000 Fuß Breite. und auf demselben Platze stand einstens der herrliche Bau des salomonischen Tempels, mit feinen großartigen Vor- höfen und Hallen, über dessen prachtvollen Anblick selbst einmahl die Jünger hingerissen wurden und zum Herrn in Verwunderung ausbrechend sprachen: »Welcher Bauls Worauf Jesus antwortete: »Ja, staunt an diesen mächtigen Bau; und doch sage ich euch, daß kein Stein auf dem andern bleiben wird“)!« – Und so liegt auch das Wort der Prophezeyung genau erfüllt vor unsern Augen! Der Berg des Ärgernisses. - - - Im Süden des Öhlberges erhebt sich nach einer unmerk- ichen Thalfläche der Berg des Skandals (des An- stoßes), oder des Ärgernisses *) (Mons offen- sionis), von der Abgötterey so genannt, welche hier Salo- mo und mehrere seiner Nachfolger trieben, bis König Josias die Götzen vernichtete und den Gottesdienst reinigte*). Auf dem Gipfel sollen einige dort stehende Mauerstücke noch Überreste jenes Gebäudes sein, das Salomo seinen abgöttischen Weibern erbaute, und etwas weiter die Stelle des Tempels, in dem sie fremden Göttern dienten. – So wie der Ohlberg der östlichen Fronte Jerusalems fei- Math. KXIv, 1. MarexIII, 1. 2. Luexx, 4.xxI, 6. *) I. Reg. XI., 7. . . . . . . - - - - - - - - - ***) IV. Reg. XXIII., 13. - - - - - - - - - - - - - - - - - 143 ner ganzen Länge nach gerade gegenüber liegt, eben so steht der Berg des Argernisses dem Berge Sion in gleicher Ausdehnung, nur mit dem Unterschiede entgegen, daß ersterer höher als letzterer ist. Das Thal Kidron. - - Das Thal zwischen dem Öhlberge und der östlichen Stadtmauer Jerusalems wird“ füglich das Thal K i- dron, oder das Thal des Öhlberges genannt, und bildet in seiner weiteren Fortsetzung, zwischen dem Berge des Argernisses und dem Berge Sion, das Thal Jo- saphat. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Das Thal Josaphat. Das Thal Josaphat, Anfangs das Königs- thal, oder das Thal des Melchisedek, von einem Ereigniffe so genannt, dem zufolge hier der König von Sodom dem aus der Schlacht gegen Chodorlaho- m er siegreich zurückkehrenden Abraham entgegen kam, und Melchisedek, der König von Salem, herabstieg, um denselben zu segnen, und ihm Brot und Wein zu opfern, wofür der Patriarch dem Priester des Allerhöch- fien den zehnten Theil seiner Beute überließ“); – spä- ter erhielt es erst den Nahmen Josaphat; entweder daher, weil der gleichnahmige berühmte König von Juda ein prachtvolles Grabmahl sich hier erbaute; oder von der - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - A w- - - ») Genes. XIV". - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 144 Meinung, daß einstens in diesem Thale das Weltgericht abgehalten werde, gemäß einer Weissagung des Prophe- ten Joe 1*), bei dem der Herr spricht: »Als dann »will ich alle Völker versammeln, und sie »in das Thal Josaphat führen; dafelbst »will ich mit ihnen wegen meines Volkes »und meines Erbtheiles Israel reichten.« Der Nahme Josaphat (hebräischer Ausdruck) aber bedeutet: »Gott richtet.« Auch die Muhamedaner glau- ben, daß Mohamed in diesem Thale am jüngsten Tar ge, von einer Säule der Moschee Sahara herab, über seine Gläubigen Gericht halten werde.–Das Thal läuft von Norden nach Süden, wo es sich erweitert, und als Fortsetzung des Thales Kidron, von diesem Regenbach durchschnitten, westlich von dem Abfalle des Moria, der die Stadtmauer trägt, und dem Berge Sion, östlich von einem Theile des Öhlberges und dem Berg des Ärger nisse gebildet wird. Es ist mehr als eine halbe Stunde, oder etwa 2000 Schritte lang, und in der Mitte 400 Schritte breit, und schließt sich im Süden mit jener An- höht, auf welcher Hakeldama liegt. Hier wendet sich auch der Bach Kidron nach Osten, und läuft in eine Thai- schlucht, in welcher sich der Weg nach dem todten Meere und nach Jericho hinzieht. Die Menge der hier befindli- chen Grab- und Leichenmähler läßt vermuten, daß dieses - - - - - - - - . . ." - ') sein, 2. sc Er sah O onne gentes, die du- cam eas in vallem Josaphat, et discept a bo c um eis ibi super populo meo et haer editate mea Israel.« (Versio Vulgatae.) . . . . . . . 145 . Thal schon seit den ältesten Zeiten der vorzüglichste Be- gräbnißplatz der Stadt Jerusalem gewesen sey, und das traurige und düstere Aussehen desselben bestätiget die rich- tige Bemerkung, welche ein neuerer Reisender hierüber macht, da er sagt: »Man könnte nach der Ode »der kahlen, gefträuchlofen und kreidefärbi- »gen Hügel, die es einfchließen; nach dem »Verfalle aller der eingestürzten, zerbro- »chienen und halb offen stehenden Gräber »leicht auf den Gedanken kommen, daß die »Posaune des Weltgerichtes bereits ertönt »fey, und das Thal Josaphat feine Todten eben zurückgeben wolle.« - - - Gleich am Eingange dieses engen Thales, noch am Fuße des Öhlberges gegen Osten, liegen nebeneinander drey wichtige Denkmähler, welche die Augen des Pilgers auf sich ziehen: sie sind die Gräber des Absalom, Zacharia, und des Königs, dessen Nahmen das Thal noch jetzt führt, der aber hier nicht begraben liegt, sondern, wie die Schrift“) ausdrücklich meldet, in der Stadt David's, d.i. in dem allgemeinen Mausoleum der Könige beygesetzt wurde. – Ich bemerke hier vor Al- lem, daß mehrere Reisebeschreiber diese Grabmähler mit einander verwechseln, und bald das eine für das andere bezeichnen, je nachdem sie von ihren Führern unterrichtet und über die Nahmen derselben belehret wurden. Diese Monumente haben das mit einander gemein, daß sie aus dem Leben des Felsen gehauen sind, und man unmittel- *) Il. Paralip. 21, 1. * - 10 146 bar in keines derselben gehen kann, da sie ganz geschloffene Capellen aus Steinmassen ohne Eingang darstellen, und eines solchen ohne Zweifel nur nach Art der egyptischen Pyramiden aus Achtung für die Ruhe der Todten entbeh- ren. Wahrscheinlich entlehnte man auch den Styl und den Plan dieser Gebäude, die immerhin morgenländischen Ge- schmack verrathen, aus dem Lande der Pharaonen, wäh- rend die griechischen Säulen und Pfeiler die Arbeit einer späteren Zeit seyn mögen, als die Juden mit den massi- ven Bauten der Vorzeit die zierliche Leichtigkeit zu verbin- den gelernt hatten, welche die egyptische Bauzeit der Se- leuciden bezeichnete. - - Das erste, nördlich liegende Grabmahl, welches mir gezeigt wurde, ist das des Absalom. Es ist eine Art Tempelchen, in einen mächtigen, von allen Seiten frey stehenden Felsen gehauen, läuft in eine Pyramide und Kuppel aus, und ist ringsherum mit Säulen verziert. Es wurde nach der Erzählung der Bibel von demjenigen aufgerichtet, dessen Nahmen es trägt. »Absalom, heißt es *), »hatte sich ein Denkmahl errichtet, »da er noch lebte, welches im Königsthale steht; denn er sprach: Ich habe keinen Sohn, darum foll dies ein Denkmahl meines Nah- »mens feyn. Und er gab dem Denkmahl fei- »nen Nahmen, und das felbe heißt auch noch »bis auf den heutigen Tag Absalom’s Werk. - Das zweyte Grabmahl, gleich neben dem ersten, ist das des Propheten Zacharias, eine große Höhle mit *) II. Reg. 18, 18. - 147 drei Säulen im Vordergrunde, die in dem Felsen ge- hauen find, mit Gemächern im Innern, welche aber un- regelmäßig, plump und unverziert sind. Dasselbe soll sich der heilige Apostel Jakobus zum Zufluchtsorte erwählt haben, als er sich nach der Gefangennehmung Jesu zu verbergen suchte. Das dritte, nur wenige Schritte weiter entfernte Grab ist das des frommen Königs Josaphat, in der Form ähnlich dem ersten, nur etwas kleiner, – ein viereckig - zugehauener Felsblock, den man vom Hauptfelsen durch Loshauen abtrennte und von dem Bruche durch einige Fuß. Breite an drey Seiten absonderte; der vierte und westliche Theil ist offen, und sieht nach dem Thale und dem Berge Moria zu. Hier beginnt nun der jüdische Leichenhof, ein Feld, mit unzähligen Leichensteinen besäet, die eng anein- ander stehen und auf jedem Grabe schief nach Südwesten gekehrt sind. Er dehnt sich in der ganzen Thalniederung zwischen dem Ohlberge und dem Berge des Argernisses hinan, und mag einen Flächenraum, der jedoch unbegränzt. ist, von ungefähr einer Viertel-Quadratmeile einnehmen. Indeß sind die überhangenden Felsenwände, so wie die Umgebungen der steinigen Berge überall voll Begräbniß- höhlen und Todtengrüfte, die dieses Thal mit den Schau- ern des Grabes allenthalben umdüftern, und bey der tie- fen Einsamkeit, welche hier immer herrscht, es zu einem wahren Todtenthal machen. - - - - 10 * 14 B - - Gleich unterhalb fängt das Dorf Siloa an, so daß dessen armselige Häuser, welche wie hingeklebt an der Bergwand stehen und aufgebrochenen Bienenkörben glei- chen, von den sie umgebenden Grabmählern kaum zu unter- scheiden sind. Es hat seinen Nahmen von der Quelle Si- loa, welche westlich vom Bache Kidron am Berge Sion liegt, und zieht sich in 30 oder 40 Wohnungen, die theils aus Stein, theils aus Lehm gebaut sind, und deren Öffnun- gen wie die Mündungen von Ofen sich übereinander stellen, längs des Bergabhanges hin. Die Einwohnerschaft gehört einer wilden, ausgearteten Araber-Race an. Diese war - es, welche bey der letzten Belagerung Jerusalems im Jahre 1834 fich als Nachbar am feindseligsten gegen die Stadt betrug, indem sie den angerückten Beduinenhorden aus ihrer Mitte raub- und mordsüchtige Anführer zum Angriffe darboth. – Als ich eines Tages mit meinen Be- gleitern P. Giovanni und PCamillo hier vorüberzog, war es bereits Abend geworden, und die Sonne schien ihre letzten Strahlen auf den Gipfel des Öhlberges werfen zu wollen. Es war nun keine Zeit zu verlieren, um noch vor Thorschluß nach Jerusalem einzukehren, da, wie bekannt, nach orientalischer Sitte alle Städte in Syrien mit Son- nenuntergang geschlossen und unter keiner Bedingung vor der Morgendämmerung mehr geöffnet werden. Hätten wir unser Ziel nun nicht noch zurechter Zeit erreicht, so wären wir genöthiget gewesen, außerhalb zu übernachten, und in der Gefahr, von dem herumziehenden Gesindel ange- fallen zu werden. Als uns daher ein Dorfbewohner eilen und unsere Schritte verdoppeln sah, konnte er seine Scha- denfreude nicht verbergen und meinte, daß es uns wohl - - 149 – – – – nicht gelingen dürfte, das nächstgelegene Stephanshor noch bei Zeiten zu erreichen; – aber dennoch glückte es uns, dasselbe in dem Augenblicke zu gewinnen, als eben der Janitschar des Gouverneurs mit den Schlüsseln zur Sperre eingetroffen war. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - , - : " - - - - - - - - - - . . . " - - Westlich vom Bache Kidron, am Fuße des Berges Sion, dem Dorfe Siloa gegenüber, liegen zwei wich- tige Quellen oder Brunnen, bedeutungsvolle, in der Bi- bel oft erwähnte, Gegenstände: der Marienbrun- nen, ehemahls die sogenannte Quelle Rogel, oder der Wäscher- und Walkerbrunnen, und die Quelle Siloa; erstere oberhalb zu Anfang des Dorfes, und letz- tere am Ende desselben auf der entgegen gesetzten Seite gelegen. Die Quelle. Rogel ist ein Brunnen mit einer Tiefe von mehreren Klaftern, in den Felsen gehauen, daher man auch zu ihr auf zwei Absätzen von Stufen wie in einen Keller hinabsteigt; der Eingang ist gemauert und bildet ein kleines Vorgebäude. Es ist gewiß, daß sie durch einen unterirdischen Canal mit der Quelle Siloa in Ver- bindung steht, indem Engländer erst vor zwei Jahren " neuere Untersuchungen hierüber anstellten, und als sie in den kleinen, schmutzigen Gang des einen, von dem man bloß den Anfang sieht, hineinkrochen, beym Ausgang des an- dern, zum Schrecken und Staunen der eben hier sich ba- denden muselmännischen Weiber, zum Vorschein kamen. In dem Buche Josua *) und in der Geschichte - - *) Josua. XV., 7. XVIII., 16; erwähnt in der Angabe der Grän- zen der Stämme Juda und Benjamin. David's") wird die Quelle Rogel so bezeichnet, daß man ihre ursprüngliche Lage nicht verkennen kann. Sie heißt gegenwärtig der Marienbrunnen, weil der Sage nach die heilige Jungfrau daraus das Wasser hohlte, das sie für sich und ihren göttlichen Sohn brauchte; heut zu Tage schöpfen die nahen Siloaner ihr trinkbares Wasser aus selbem. In einiger Entfernung gegen Süden, nur etwas höher am Berge Sion, findet man die Quelle oder den Brunnen Siloa, in der älteren Geschichte Israels, wo er auch Gihon*), vom Propheten Jesaias *) aber und von Nehemias*) schon wieder Siloa genannt wird, – eben so wie in der Geschichte der Wunder unsers Erlö- fers durch die Heilung des Blindgeborien berühmt †). – Sie quillt aus dem Loche eines Kalkfelsens hervor, ist die einzige lebendige Quelle Jerusalems i) und hat eine Art Ebbe und Fluth, indem sie zeitweilig versieget, dann wieder zu fließen beginnt, welches, wie uns Araber ver- sicherten, in Zwischenräumen von drey zu drei Stunden geschieht. Dieselbe Beschaffenheit zeigte die Quelle schon zu den Zeiten des heiligen Hieronymus, der sich hierüber deutlich ausspricht HFF). Als wir ankamen, war eben kein -, in Rag, 17., 17 mit Reg: o, 10 - *) II. Paral. 32, 30. ***) Jesai. VIII., 6. - *) Nehem. oder II. Esdr. 3, 15. †) Jo an. IX., 7., 11. - †) Tacit. Hist. V., 12, - - - - - - - - †ff) S. Hieronymus Comment, in Jesai. VIII., 6: »Si- Joe autem fontem esse – qui non jugib us a quis, sed in certis horis, die busque ebullat et per terrarum - r 15 Ausfluß mehr zu sehen. Das Überwasser geht durch den künstlich gesprengten Felsencanal in den Brunnen Rogel. – Bei der Belagerung Jerusalems durch den Affyrer-König Sennacherib ließ der jüdische König Ezechias die Quelle Siloa von Außen verstopfen *), so daß das Wasser durch einen verborgenen Abfluß in die Stadt floß, die Bela- gerer aber daran Mangel litten. Als die Kreuzfahrer in Jahre 1099 das erste Mahl Jerusalem belagerten, that der arabische Emir und Befehlshaber des egyptischen Cha- lifen in Jerusalem, Iftikhar Edda ul ah, welcher die Stadt vertheidigte, dasselbe *); welches Verfahren auch - - - - - - - concava et antra sah darissimi eum magno somitu veniat, dubitare non possumus, nos praesertim, qui in hac habi- tanus provincia.« *) II. Chronic. 82, 3.4. II. Reg.20, 20. Vergl, Jesai. XXII. 9. *) Siehe: Wilh. Tirius. De Bello sacro, Libro VIII. cap. 4. – Wilkens Geschichte der Kreuzzüge. II. Th., Gründung des Königreiches Jerusalem. Leipzig, 18.07. – Histoire des Croisa- des. Par M. M is chaud. Tom-I., Libr. IV. Paris. 1825. – - Nach der Erzählung des heiligen Epiphanias ließ Gott diese Quelle während der Regierung des Königs Ezechias auf die Für- bitte des Propheten Jesaias entspringen, als Sennacherib, König von Affyrien, eben Jerusalem belagern wollte, dergestalt, daß fie durch eine besondere Gnade der göttlichen Vorsehung sich er, goß, wenn die Bewohner der Stadt hingingen, Waffer zu hoh- len, immer aber trocken war, als die Feinde dahin kamen, um daraus zu trinken. – Nach I ofephus Flavius“) soll gerade das Gegentheil während der Belagerung der Stadt durch T- tus geschehen seyn. – Nach der Meinung der Rabbiner fey die Quelle, in deren Nähe der Prophet Jesaias den grausamen Martertod litt, plötzlich zum Vorschein gekommen, um den Durst dieses Propheten inmitten seiner Schmerzen zu lindern. *) Jos. Flav. De Bell. V., 4. 152 Saladin nachahmte, als Richard Löwenherz, König von England, sich zur Belagerung anschickte. – Sie fließt noch gegenwärtig in ein antikes Becken, das jetzt unbenützt, aber mit schönen Steinen ausgesetzt, und offenbar ural- ten Baues ist. Man steigt über mehrere Stufen in dasselbe hinab, wo ein schmaler Steinweg noch rings um das eigentliche Becken herumführt, auf dessen Boden mehrere Säulenstücke und Trümmer liegen; man bemerkt noch, daß es einmahl mit vielen Verzierungen ausgestattet gewe- fen sein mag, und daß man viele Sorge darauf verwen- det hatte, dieses Denkmahl zu erhalten. – Aus der Quelle fließt ferner das Waffer noch unmittelbar durch einen klei- nen, in Stein gehauenen Canal weiter, und läuft ein größeres Becken vorüber, das aber jetzt trocken liegt und mit Gemüse und Bäumen bepflanzt ist. Ich halte dieses Becken gleichbedeutend mit dem von Nehemia*) gebauten Teiche (im Hebräischen Asuja). Wohlthuendes Grüner frischt hier das Auge; man sieht auf mehreren Plätzen, die zu Gartenbeeten umgeschaffen sind, Gemüse und Feld- früchte angebaut, die ihre Bewässerung von der nahen Quelle erhalten. Hieher sind also die einstigen Königs- gärten*) zu versetzen; in dieser Nähe stand gleichfalls der Thurm Silöa, der eingestürzt ist er) 5 und wahr- fcheinlich auch Millio*), das Rüsthaus oder das Haus - - - - - – - - - - - - *) Neh. oder II. Esdr. 3, 16. - - - - - - - - - *) Neh. oder II. Esdr. 3, 15. Vergl. II. Reg. 25, 4. Jerem. XXXIX., 4. LII. „7 - - - - - *) Luc. XIII, 4. … - - - - - *) Jud.IX, 6. II. Reg. 5, 9. II. Chron. 32, 5. Neh. oder II- Esdr. 3, 16. - - - - - - - _153 _ der Gewaltigen, der Helden. – An dem Becken oder dem vermeintlichen Teiche Asuja thürmt sich mächtig der Fels Zohe leth gleich einem Berge empor, von dem es in den Büchern der Könige heißt *), »daß er nahe bey dem »Brunnen Rogel war«, wodurch sich Einige verleiten ließen, den eben beschriebenen Brunnen Siloa für den des Rogel zu halten*). Allein es ist kein Grund vorhan- den, diese Verwechslung als gültig anzuerkennen, indem für den Augenzeugen der erwähnte Stein eben so in der Nähe der Quelle Rogel als Siloa liegt, und die unter- scheidenden Merkmahle bei der Brunnen sonst auch so genau angegeben sind, daß sie ihre Ortslage hinlänglich bezeichnen. Übrigens stehen beyde Quellen nicht bloß bey den Christen, sondern auch den Muhamedanern in großer Verehrung, und fromme Pilger gebrauchen noch immer das Wasser der Siloa, welches sehr rein und kühlend ist, als Hülfs- mittel gegen Augenkrankheiten. - - Unweit vom Brunnen Siloa zeigt man das Grab des Propheten Jesaias, welches jedoch nur eine mit dem Meißel in den rohen Felsen gehauene tiefe Grube ist, und sonst weiter keine Verzierung hat. Einer unge- wissen Sage der Talmudisten zufolge soll hier der Pro- phet, aus grausamer Rache seines Schwiegersohnes, des ruchlosen Königs Manasses, unmenschlicher Weise mit einer Holzsäge entzwey gesägt worden seyn. Weiterhin über den Bach Kidron, im Osten des Ber- *) III. Reg. 1., 9. 10. - *) Siehe: Reife ins heilige Land. Im Jahre 1829. Von A. Prokefch, Ritter von Osten. Pag. 68. - - - * - _154 - - ges Sion, wo sich das Thal etwas erweitert und der unbedeu- tende Regenbach Gihon in den Kidron einmündet, findet sich zu unterst ein gut gemauertes Wasserbecken, an dem der Nehemias-Brunnen stößt. Dieser ist sehr regel- mäßig in den Fels eingehauen, oberhalb mit festen Mauern überbaut, und über 150 Fuß tief. Er wurde von N. eh e- mias *), dem Führer des israelitischen Volkes, nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft gegraben, und führt selbst in den trockensten Jahrgängen Wasser, das vortrefflich ist, und in dem Brunnen immer sehr hoch steht. Die Muhamedaner nennen ihn den Brunnen des Hiob, weil sie behaupten, daß jener heilige Mann dahin kam, um sich zu waschen, und wirklich von allen feinen Geschwüren geheilt wurde. Die Juden nennen ihn den Feuer- oder Jeremias-Brunnen, und glau- ben gemäß der Erzählung der Bücher der Makkabäer*), daß an diesem Orte einstens ihre Priester nach dem Rathe des Propheten Jeremias das heilige Feuer verbar- gen, und dessen Erhaltung der Vorsehung überließen, als Nebukadnezar Jerusalem zu belagern und zu zerstören gekommen war, und die Juden gefangen nach Babylon führte. Dieß Feuer, sagen sie, fey dasjenige von Gott gesandte gewesen, welches die ersten Schlachtopfer des Priesters Aaron verzehrte *), und vom Himmel wie jenes gekommen, welches auf das Opfer des Propheten … - - *), I. Maccab. 1, 18 – 36 **) Levit. VI., 20. *) II. Maccab. 1 , 18. - . . . . .“ - 155 - Elias") herabsank. Man hatte es seit dieser Zeit mit Sorgfalt erhalten. Nach der Rückkehr aus der Gefangen- schaft, wo man nach dem Feuer in der Vertiefung suchte, brachte man aus dieser nur schlammiges Waffer heraus, das auf Befehl des Nehemias über die Schlachtopfer aus- gegossen wurde; aber so wie die Sonne zum Vorschein kam, entzündete sich daraus ein Feuer und verzehrte die Opfer, Nehemias ließ auch noch das übrige auf die gro- ßen Steine des Altars ausschütten, und sogleich kam eine Flamme hervor, welche aber von der Flamme der Opfer angezogen und von dieser verschlungen ward. Dieses Wun- der erregte am Hofe der Perser großes Aufsehen, und wirkte auf den König so sehr, daß er einen Tempel er- bauen und denselben mit dem heiligen Feuer betheilen ließ dabei Priester anstellte, denen er reichliche Geschenke machte. Nehemias aber nannte diesen Ort Nephtar, was Reinigung bedeutet, indessen er von Vielen - auch Nephi genannt wird. Das Ende des Thales Josaphat, welches hier, durch die Nähe des Brunnens Siloa, auch das Thal von Siloa, genannt werden kann, so wie dessen Vordertheit das Tball von Kidron heißt, – schließt eine An; h öhe, worauf sich eine Menge in Felsen eingehauener Grotten befinden, die unverkennbar zur Aufnahme vor Todten bestimmt waren, d. i. Felsengräber. Die meisten dieser Grabhöhlen sind gewiß sehr alt, einige ver - * schüttet, und viele sehr beschädigt. Fast alle haben eine Vorhalle, aus der man durch eine kleine, viereckige, un- *) III, Reg: 18, 18–40, … . 155 - - - Die Jeremias grotte. - … - • - - - - - - - - * - - - - - - - - - welche die Grotte des Jeremias : " . - - - . . . . . . . . . . . . . . . . . ." gefähr 3 Schuh im Durchmesser haltende Öffnung in eine Kammer oder Stube kriecht, wo sich Steinlagen, Fächer und Behältnisse zur Aufnahme von Leichnamen zeigen. Da sie jetzt vorüberziehenden Beduinen zum Aufenthalte und zur Hürde ihrer Herden dienen, so sind sie sehr unrein, mit Ruß und Kohlendampf überzogen, und die Luft so mephitisch, daß man sich nicht lange darin verweilen kann. - Oberhalb dieser Grotten, auf der Höhe des Berges, ist dann jene Fläche, welche der Blutacker, hebräisch Hakel dama, oder der Acker des Töpfers ge- nannt wird, den die Hohenpriester nach dem Tode Jesu üm den Preis seines Blutes, nähmlich um die 30 Sil- berlinge kauften, welche der verzweifelte Judas ihnen zu- rück erstattete, sie aber dieß Blutgeld nicht in den Tem- pelschatz legen wollten“). Den Erdgrund fand ich wirklich töpferthonartig, aber vermißte jene Scherbenhaufen, die nach der Angabe Einiger noch da liegen sollen. - - - - - “ : . . .“ - - - - - - - - - - - - - - . - - - - - - - - - - - - - Auf der Nordseite der Stadt, zwischen dem Thore, von Damaskus und dem des Herodes, liegt in der Ent- fernung eines Steinwurfes von den Stadtmauern auf der Fläche ein mächtiger Fels, wie ein kleiner Berg, der auf seinem Rücken einen muhamedanischen Leichenhof trägt, im Innern aber eine breite und weite Grotte enthält, - - - heißt, und Ju- - - - - - - - - - - - - - *) Math. XXVII., 3 – 8. Act. I, 19. " 157 den und Muhamedanern heilig ist. Sie lag in den ältesten Zeiten vermuthlich innerhalb der Stadt. In dieser soll der Prophet seine rührenden Klagelieder verfaßt haben. Die Einsamkeit und Abgeschiedenheit dieses Ortes ist auch ganz geeignet, das menschliche Herz zu wehmü- thigen Ergießungen und Trauerliedern zu stimmen. Den Vordergrund des Einganges, welcher der Stadt zuge- wendet ist, umschließt eine Mauer, hinter welcher ein Gärtchen, und in demselben eine kleine Moschee sich be- findet. Das Innere ruht gleichsam auf einem massiven Felsenpfeiler, der es auch im 2. Hälften theilt, ist sehr ge- räumig, oval gerundet, und mißt bey einer Höhe von 30 Fuß wenigstens 200 Schritte im Umkreise und 60 im Durchmesser. An der linken Seite des Einganges sieht man einen großen ausgehöhlten Stein, der etwa 8 bis 10 Fuß von der Erde erhöht ist, und den man das Bett des Jeremias nennt, weil der Prophet darauf geruht haben soll. – Ein muselmännisches Weib läßt gegenwärt - - tig die Pilger gegen Entrichtung eines Bakschis eintre- ten und die Grotte besehen. Die heilige Helena hatte hier einstens auch eine Kirche erbaut, von der jedoch jetzt alle Spuren, wo sie gestanden, verschwunden sind. - Die Gräber der Könige. - - - - - - Von der Grotte des Jeremias gelangt man nach - einer Viertelstunde gegen Nordwesten über steinige Felder, die zum Theil mit Oliven bepflanzt, größtentheils aber mit Steinen und Mauerstücken besetzt sind, welche die beständigen Verwüstungen Jerusalems aller Zeiten beur- - - - - - - - - - 156 kunden, und an den Steintrümmern der ehemahligen, von Herodes Agrippa erbauten Stadtmauern Bezetha's noch Überreste eines alten Stadtthores erblicken lassen, – zu einer cisternenartigen, quadratförmigen Vertiefung, oder einer Steingrube von ungefähr 30 Fuß Tiefe und 60 Schritt Breite, welche gleichsam einen aus dem Felsen gehauenen Vorhof bildet, an dessen Nordseite eine große Halle mit einem schönen Architrav und Fries sich öffnet, der mit Bildhauerarbeiten von Blumen und Früchten, den Lieblingsemblemen der alten Hebräer, geschmückt ist, die sich noch sehr gut unterscheiden lassen: Hier sind die berühmten Gräber der Könige. – Das Karnies des Portikus ist prachtvoll gemeißelt, und mit Weinblättern, Trauben, Ahren und Blumenkränzen, kurz, mit allen Symbolen des gelobten Landes verziert. Beynahe. Alles ist im Außern schon zerstört und verwüstet, und die Wände insbesondere an jener Seite durch das Rauchfeuer von Horden, die sich hier lagern mögen, so geschwärzt, daß sie denen von Schornsteinen gleichen; auch ist die Halle mit Unrath und Schutt dermaßen angefüllt, daß ein Mensch kaum zur Noth auf Händen und Füßen durch eine enge Offnung, die sich links zeigt und in das Innere führt, hineinkrie- chen kann. Ist man aber hineingeschlüpft und hat Fackeln, mit denen man sich nothwendig versehen muß, angezün- det, so stellt sich ein unterirdisches Bauwerk dar, das mit bewunderungswürdiger Kunst aus dem Kalkfelsen gehauen ist. Vorerst kommt man in einen langen und breiten, Saal, aus dem in einer Gallerie zu beyden Seiten über 40 Todtenkammern oder Nebengrüfte hinlaufen, deren Wände - - - mit Nischen oder Löchern, in der Zahl vielleicht von 500, zur Aufnahme von Sarkophagen bedeckt sind. Die Thüren der Kammern liegen häufig daneben, und bestehen meistens aus einem einzigen massiven Steinblocke, wie dieß auch bey den Thüren der Pyramiden in Egypten der Fall ist. Diese Grabstätten gehören unstreitig unter die bedeutende ren Baudenkmahle Jerusalems, und sind ein wahrhaft königliches Werk zu nennen; aber noch ist es ein Gegenstand der archäologischen Untersuchung: Welchen Königen eigentlich diese Gräber zur Ruhestätte dienten? Da zufolge der heiligen Schrift*) alle Könige des Reiches Juda, mit wenigen Ausnahmen, in der Stadt Davids, am Berge Sion, begraben wurden, die makkabäischen Fürsten und Könige aber zu Modin*) ihre Grabstätte fanden; so ist es höchst wahrscheinlich, daß es die Grä- b er zur Beerdigung der Könige aus der Herodiani- fchen Familie waren, welche selbst der jüdische Geschicht, schreiber Josephus Flavius *) als im Norden die r Stadt gelegen schildert, und, indem er die Circumvallationslinie Jerusalems beschreibt, ausdrücklich sagt, die Grabdenkmähler Herodis feyen mit ein begriffen gewesen. Wenn dieser gleich auch von bewunderungswürdigen Gräbern der Königinn Helena von Adia bene redet*), die sich im ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung stammt - - - - … *) I-Reg. 14 u. 15. II. Reg. 8, 9, 12, 14, 15, 16, 21. *) I. Marc. 2, 70. 9, 19. 13,25. 30. 14,4 *) Jos. Flav. De Bell. Jud. Libr. V. 31. ***) Jos. Flav. Arch. XX., 2. - 160 - - - - - - - - - - - - - - ihrem Sohne Izates nach Jerusalem zog, und dort die jüdische Religion annahm, großen Glanz um ihren Hof verbreitete und viele Wohlthaten spendete; – so sind die oben beschriebenen Gräber der Könige offenbar für eine weit größere Anzahl von Leichen, als für die wenigen Per- fonen dieser königlichen Familie eingerichtet, abgesehen davon, daß sich an den ersteren jene besonderen, Merk- mahle in der äußeren Verzierung nicht vorfinden, welche Josephus Flavius, Pausanias und noch andere Schriftsteller den letzteren als den Gräbern der Helena bey- legen - Dagegen verrathen die Art der Arbeit und die Skulpturen sowohl an dem Portale als an den inneren Ornamenten bei den in Frage stehenden Gräbern augen- fcheinlich griechischen Styl und eine Mischung der syrisch- griechischen Architektur, wie sie den Zeiten der Fürsten aus dem Hause Herodes angemessen war. Dazu kommt die Prachtliebe und die Bauluft Herodes des Gro- ßen selbst, von dem es wohl anzunehmen ist, daß er, welcher glänzende Städte gründete, wovon Cäsarea ein auffallendes Beyspiel ist, prächtige Tempel herstellte, für sich königliche Paläste, sowohl zu Jerusalem als auch an- derwärts, und mehrere Burgen im Lande baute, – bey dem rücksichtswürdigen Umstande, daß seine Familie so zahlreich war, gewiß auch darauf bedacht gewesen ist, für sich und seine Nachkommen ein nicht minder pracht- volles Mausoleum zu errichten, als seine Vorgänger, die Könige von Juda, besaßen; und obwohl er nach der Erzählung des Josephus Flavius“) nicht selbst da- * Jos. Flav. Arch. XVII, 8,2–3. De Bello Jud. 1, 33,8–9. 161 hin begraben wurde, doch mit Grunde dafür sorgen könnte, daß die weithin sich verzweigenden Äste eines Familien- stammes darin ihre Grabesstätte fänden*). In wie ferne diese meine Vermuthung, vorzüglich in letzterer Bezie- hung, gegründet sey, überlasse ich dem Urtheile des Le- fers, und verweise auf die Stammtafel der Hero- dianischen Familie und deren chronologisch- historische Erklärung, welche ich am Ende des Buches beygefügt habe, Eine Stunde weiter gegen Norden, auf dem Wege von Damaskus, liegen die Gräber der Richter, die ich aber nicht besuchte. Sie sind nach der Meinung der Reisenden, welche sie sahen, von minderem Belange, verrathen aber ein höheres Alterthum. Warum sie übri- gens Gräber der Richter genannt werden, läßt sich weder aus der Bibel, noch aus andern geschichtlichen Ur- kunden entnehmen. - - B. e t h l e h e m. - Am 15. July , dem Tage nach meinem Austritte aus der heiligen Grabkirche, ritt ich in Begleitung des P. *) »Auf der Nordseite Jerusalems,« sagt Rosenmüller, » zeigt man in einer Felsenwand die Gräber der Könige, die jedoch schwerlich aus den Zeiten der ältesten jüdischen Könige herrühren, sondern vielleicht von Herodes oder feinen Nach- folgern, den Königen von Judäa, erbaut worden sind. Wie dem auch fey, sie gehören unstreitig zu den schönsten Denkmäh- - lern alter Baukunst, die noch in Jerusalem vorhanden sind.« Siehe: E. F. C. Rosenmüller’s Biblische» Geographie. II, B. 2 Th, Pag. 270. 1f. - 162 Camillo nach Bethlehem. Wir machten uns um 4 Uhr Morgens auf den Weg, und hatten um 6 Uhr die Geburts- stadt David's erreicht. Der Weg führt zum Jaffa- oder Bethlehemer-Thor hinaus, dem Castell vorüber, und geht durch den oberen Theil des Thales Gihon, wo sich ein altes Wafferbecken befindet, nahe dem Berge des Bösen Rathes vorüber. Auf dem öden und steinigen Felde, das man nun betritt, und welches ungefähr 3 Stunde im Durch- meffer beträgt, bemerkt man überall Spuren früherer Ge- bäude, die jetzt in Ruinen liegen; so z. B. gleich Anfangs der Höhe zur Linken ein moscheenartiges, halbzerfallenes Tempelchen, welches der Thurm oder das Haus Simeon's feyn soll, der auf den Trost Israels war- tete, und gerne sterben wollte, nachdem er das Kind Jesu gesehen hatte"). Im Hintergrunde sieht man in der Einbiegung zwischen zwey mäßigen Anhöhen, welche mit Ohlbäumen besetzt sind, ein großes Gebäude, das Kloster St. Elias genannt. Sonst zeigt die ganze Umgegend wenig Cultur, und die vielen, mit kleinen Holzbündeln dem Frem- den begegnenden Leute, so wie die damit beladenen Ka- mehle nebst ihren elenden Führern laffen nur zu deutlich ihre Armuth verrathen. Die Weiber sind weniger vermummt. – Einige hundert Schritte vor dem Kloster, das man immer im Auge hat, kamen wir über Fundamente alten Gemäuers, sicher Überreste eines früher bewohnten Ortes, in deren Nähe mir mein Begleiter einen alten, mit mächti- gen Steinblöcken umgebenen Brunnen wies, welcher als derjenige verehrt wird, woraus der Stern den drey Wesen *) Luc, II , 25. 163 emporstieg, als sie aus Jerusalem zogen *), um das neu- geborne Kind in Bethlehem zu suchen. Das Kloster des Propheten Elias, an dem wir jetzt standen, liegt gerade auf dem halben Wege zwi- schen Jerusalem und Bethlehem, in der Einbucht des Ge- birges an einer Stelle, wo man beyde Städte zugleich übersehen kann. Es wird von griechischen Cönobiten bewohnt, und gleicht eher einer Burg als einem Kloster, da es mit solch hohen Mauern, die mit Schießscharten ähnlichen Offnungen versehen sind, umgeben ist, daß über sie eine kleine steinerne Kuppel, wie sie mehrere Häuser Jerusalems haben, wenig hervorragt, und eine kaum mannshohe Pforte blicken läßt, zu der man über eine Art Wall und Brücke gelangt. – Unweit des Klosters im Freyen wurde mir ein Stein gezeigt, auf welchem Elias geruht haben soll, als er vor Jezabel floh *). Man bemerkt an selbem die Umrisse eines Körpers, der sich auf diesem harten Lager abgedrückt hatte. Bethlehem ist von hier aus schon sehr deutlich sichtbar, und nur eine kleine Stunde entlegen; auch wird die Gegend baumreicher und die Aussicht freyer. Zur Lin- ken bemerkt man eine Hügelreihe von arabischen Gebirgen mit ihren spitzigen Gipfeln und einen Raum der ehemah- ligen Ebene Siddim; zur Rechten ein paar Dörfer, an Berghügeln gelegen, von terrassenförmigen Gärtchen umge- ben, und im Hintergrunde von höheren Bergen überragt. Bald gelangten wir zum Grabmahl Rachel's. *) Math. II., 9. *) III. Reg, 19, 3. 11 * 164 Es ist dieß ein viereckiges, halb zerfallenes, moscheenarti- ges Gebäude, mit einer kleinen Kuppel, von einigen alten Mauerresten und türkischen Gräbern umgeben, in deren Nähe sich auch eine Cisterne befindet. Obschon das jetzige Grabmahl nicht von Jakob errichtet seyn kann, da es offenbar von neuerer und türkischer Bauart ist, so mag wohl die bezeichnete Stelle der wahre Beerdigungsort Ra- chel's seyn, indem es im Buche Genesis *) ausdrücklich heißt: »Alfo starb Rachel, und ward an dem Wege begraben, der gegen Ephrata führt, welches mit einem andern Nahmen Bethle- hem genannt wird.« – Das Grab wird noch jetzt nicht nur von Juden und Christen, sondern auch von Mu- hamedanern in Ehren gehalten. Etwas weiter entfernt lie- gen in langen Reihen aufgehäufte Steinmassen und Mauer- trümmer, welche die Stätte des ehemahligen Rama *) bezeichnen, dessen der Evangelist Matthäus *) mit den Worten des Propheten Jeremias *) erwähnt: »Da- mahls (nach dem Kindermorde zu Bethlehem) wurde erfüllt, was der Prophet vorhergesagt hat, da er spricht: Es ist eine Stimme viel Wei- nens und Heulens gehört worden: Rachel be- weinte ihre Kinder und wollte sich über ihren Verlust nicht trösten lassen.« – In der Nähe des Grabes der Rachel findet man eine Menge Steinchen von *) Genes. XXXV., 19. Genes. XLVIII., 7. **) Rama oder Ruma, im Stamme Juda gelegen, Josua XV., 52. ***) Marh. II., 17. 18. ****) Jerem. XXXI., 15. 165 der Größe der Erbsen und ihnen ganz ähnlich; daher der Ort auch Erbfenfeld genannt wird. Der Volksglaube verknüpft damit ein Wunder, durch welches die heilige Familie als Strafe der eigennützigen Eigenthümer alle in diesen Gärten und Feldern einmahl vorhandenen Früch- te, weil sie ihr verweigert wurden, in solche Steine ver- wandelte. Der Weg führt nun immer auf einem freyen Berg- rücken fort, und zeigt zur Rechten schöne, mit Oliven- bäumen besetzte Anhöhen, während die Vertiefungen links mehr kahl und baumlos erscheinen. Auch stößt man öfters auf Substruktionen eines Aquäduktes, der einstens Je- rusalem von den falomonischen Teichen mit Waffer ver- ah, nun aber ganz in Ruinen liegt, und in abgetrenn- ten Steinquadern besteht, die für den Wafferzug in Rin- nen ausgehöhlt find*). *) »Einige Spuren dieser Wafferleitung,« sagt Nuffel*), »laffen sich noch jetzt auffinden, und sie verrathen eine Bekannt- fchaft mit den Grundsätzen der Hydraulik, welche man von den hebräischen Baumeistern wohl nicht erwarten sollte. Sie war längs der Oberfläche des Bodens hingebaut, und aus durchbohrten Steinen gebildet, die man aneinander gesetzt hatte, um deren Höhlung herum ein Band gelegt war, damit nichts heraus sickere, und im Ganzen mit so festem Mörtel vereini- get, daß sie eher brechen, als sich auseinander nehmen laffen- Diese Röhren waren mit einem Bogen oder einer Lage von Steinplatten bedeckt, und durch einen besonders festen Mörtel zusammengehalten, als wenn das Werk für die Ewigkeit be- rechnet fey. Die Türken haben indeß an diesem Beyspiele be- wiesen, daß nichts so gut gearbeitet fey, das sie nicht zerstö- *) Palästina, oder das heilige Land. II. Th. Leipz. 1836. Pag. 17. - 166 Bethlehem, Stadt Davids*), in der Bibel so oft gepriesen*), liegt auf dem Rücken eines kleinen Berges, und ist von mehreren andern Hügeln umgeben, die mit Feigenbäumen terrassiert sind und ein sehr freundliches Aussehen gewähren; auch finden sich Weingärten und an- dere Obstbaumpflanzungen, so daß die heutige Stadt, die jedoch nicht viel besser als ein großes Dorf ohne Mauer ist, noch immer Spuren der alten Ephrata, d. i. der Fruchtbaren, hinterläßt. Nur befinden sich ihre steiner- nen Häuser, deren etwa 150 feyn mögen, in einem ärm- lichen Zustande; sie scheinen wie Käfige aus dem felsigen Boden zu wachsen, und gleichen mehr Gefängniffen als Wohnungen. Ich besuchte einige derselben, um die Werk- stätten zu sehen, in denen sich mehrere Bethlehemiten mit dem Verfertigen von Kreuzen, Rosenkränzen aus Holz, Perlmutter, Oliven- und Dattelkörnern, und anderer hei- ligen Schnitzwaaren beschäftigen,– und ward immer tief von ihrer Armuth gerührt. Unter den 25oo Einwohnern find 1000 Katholiken, eben so viel Griechen, und die übrigen armenische und türkische Familien. Die Christen behaupten jedoch hier die Oberhand, und zeichnen sich durch Fleiß und einigen Betrieb des Ackerbaues, so wie durch ein freundliches Betragen gegen Fremde aus. ren könnten; denn von dieser festen Wafferleitung, die mi ungeheurem Aufwande von Geld und Arbeit sonst 5–6 Stun- den weit geführet wurde, sieht man nur noch hie und da ein Bruchstück.« *) Luc. II., 4. *) Genes.XXXV., 9. Ruth. I, 1. et seq. Judic. XII, 8, I. Reg. 16, 1. Mich. V., 1. 116 Ungefähr 2oo Schritte von der Stadt entfernt, ge- gen Osten, auf einer zweiten Bergabtheilung, ist der Ort der einstmahligen Herberge oder Grotte, wo der Hei- land geboren wurde *). Über demselben steht die von der heiligen Helena erbaute Kirche mit dem jetzigen Franziskanerkloster. Man kommt auf dem schmalen Rain- wege des Berges, an und auf welchem Bethlehem mit feinen engen und schmutzigen Straßen liegt, durch ein Thor zu diesem Gebäude, das vor sich einen freien Platz hat und einem eigentlichen Castell gleicht, indem es mit fehr hohen Mauern umfaßt ist, die kaum einige Löcher zeigen, und im Innern drey feste Klöster und Kir- chen für Lateiner, Griechen und Armenier ein- schließt. Eine enge Pforte, durch die man nicht gehen kann, ohne sich zu bücken, führt zufördert in die alte Kir- che, welche den allgemeinen und einzigen Eingangs- punkt darbiethet, und gleichsam die Vorhalle bildet. Wenn man durch diese niedere Pforte eingetreten ist, so steht man in dem von der frommen Kaiserinn erbauten, nun aber halb zerstörten Tempel, der einst eine der prachtvollsten Kirchen des heiligen Landes war, jeht aber alles seines Schmuckes beraubt, zerfallen ist. Noch verrathen die Wände, nebst Merkmahlen von lateinischen und griechischen Inschriften, Spuren von herrlicher Mosaikarbeit, ange- bracht wie im Dome zu Venedig; noch ist sie mit zwey Säulenreihen, ungefähr 40 – 48 an der Zahl, geziert und mit einem Sparrwerk gedeckt, das, nicht angestrichen, *) Luc. II., 4 – 7. 16 H. wie neu aussieht, und von Cedernholz des Berges Li- banon feyn soll. In die Räume dieses Tempels theilen sich die Griechen und Armenier; die Lateiner find hievon ausgeschloffen, da sie eine eigene Kirche in ihrem Kloster haben. Das Schiff des großen Tempels gehört den Arme- ni ern, welche auch das Klostergebäude rechts am Ein- gange bewohnen. An den Seitenwänden dieses Schiffes führt zur linken Hand eine Thür in die katholische, und weiter oben zur Rechten in die griechische Woh- nungsabtheilung. Der Chor der Kirche, der durch eine Mauer, welche mit einer Thür versehen ist, von dem Schiffe getrennt wird, bildet die eigentliche griechische Kirche. Diese enthält außer einem marmornen Stern an dem Hauptaltar, der in dem Boden gerade unter der Stelle am Himmel ausgelegt wurde, wo das übernatür- liche Zeichen der Weisen aus dem Morgenlande stehen geblieben war *), – sonst nichts Merkwürdiges. Der rechte Kreuzflügel dieses Chores gehört gleichfalls den Griechen, und in dem linken haben die Kopten und Maroniten ihre Altäre. Die Katholiken, welche hier einen Eingang hatten, der ihnen aber im Jahre 1829 gewaltsam von den Griechen genommen und vermauert worden ist, haben sich wieder einen eröffnet, besitzen jedoch daselbst keinen Altar. Unter dem Hochaltar ist die geheimnißvolle Grotte oder Höhle der Geburt und der Krippe des *) Math. II., 9. 139 Herrn, zu welcher an beiden Seiten zwey gewundene Stiegen, jede von 18 bis 20 Stufen, hinabführen; die eine dieser Stiegen gehört wieder den Griechen, die andere den Armeniern. Die ganze unterirdische Grotte kann beyläufig 30 Fuß Länge und 12 Fuß Breite haben, verengt sich gegen den Hintergrund, und bildet eine na- türliche unregelmäßige Felsenhöhle, deren Wände und Fußboden jetzt mit schönem Marmor überkleidet sind, aber fonst ihre ursprüngliche Form beibehalten haben. Wir fa- hen mehrere Marmorsteine am Boden zerbrochen, und erfuhren von dem uns begleitenden Padre Mariano, dem Pfarrer der katholischen Bevölkerung in Bethlehem, daß der Bruch ihrerseits geflissentlich geschehen fey, damit fie ihnen nicht von einem türkischen Pascha genommen würden, der bereits schon einige schöne Wandsteine aus- brechen und für feine Gebäude verwenden ließ, überdieß die Absicht zu erkennen gab, etwas Ähnliches mit den Bo- densteinen, die ihm gefielen, zu einer Zeit vorzukehren. So ward einstens auch der obere Tempel seiner herrlichen Mosaiken beraubt, die, wie behauptet wird, zur Aus- schmückung der großen Moschee Sahara in Jerusalem hin- weggenommen wurden. – Ist man die rechte Wendeltreppe hinabgestiegen, so zeigt sich gleich links der ewig denk- würdige Ort, wo der Erlöser zur Welt gekom- men ist. Derselbe ist durch einen in weißen Marmor gefaßten Serpentinstein, und einen, früher mit Edel- steinen besetzt gewesenen Stern von vergoldetem Silber in Gestalt einer strahlenden Sonne bezeichnet. Auf dem Umkreise dieses flammenden Sternes liest man ringsherum die Inschrift: _10_ Hie die Wirgine Maria Jesus Christus InatuS eSt. (Hier ist von der Jungfrau Maria Jesus Christus geboren.) Die ganze Stelle bildet eine mit Marmor ausgekleidete Nische im Felsen, die immer von vielen Lampen erleuch- tet ist. Diese heilige Stätte, welche ursprünglich ein Eigen- thum der Lateiner war, wie dieß schon aus der noch vorhandenen Überschrift erhellet, gehört jetzt den Griechen, welche sie den Ersteren seit Kurzem wider Fug und Recht entrissen haben. – Die Stätte, wo unser Herr und Heiland den Weifen zur Verehrung und Anbethung gezeigt wurde, und diese ihre Gefchenke niederleg- ten *), ist nur drei Schritte von feinem Geburtsplatze entfernt, und bildet eine sehr geringe Vertiefung, wo- selbst ein Altar mit einem der Vorstellung entsprechenden Gemählde angebracht ist, der Altar der Weifen ge- nannt; gerade gegenüber ist jene Stelle, wo die Hir- ten das Kind in der Krippe liegend fanden, gleichfalls ein Altar, und zwar der Altar der Krippe, mit einem Bilde, das Kindlein Jesu darin liegend vorstellend; hinter demselben wird die nackte Felsenwand, die man anrühren darf, und an der die Krippe gelehnt war, ge- zeigt, welche aber nach Rom gebracht wurde, und gegen- wärtig in der Basilika S. Maria Maggiore verehret wird. Beyde Altäre gehören den Lateinern, welche auf ihnen nach Belieben celebrieren. Ich war so glücklich, die heilige *) Math. II., 11. __ 171 _ Meffe am Altare der Weisen zu lesen. – In dem Win- kel der zwey Altäre bemerkt man einen Stein, einen Schuh hoch und etwas bearbeitet, welcher derselbe feyn soll, auf dem Maria sitzend die Weisen des Morgenlan- des empfangen hatte. – Übrigens befinden sich alle diese drey Gegenstände in einer Vertiefung, welche eine kleine Seitenabtheilung der unterirdischen Capelle ausmacht, und ausschließend noch ein Eigenthum der Katholiken ist. Ganz im Hintergrunde der Grotte befindet sich an der Schlußwand eine Thür, welche in einen unterir- difchen, bergstollähnlichen, ziemlich langen aber gekrümm- ten Gang führt, der zugleich Verbindungsgang mit der Kirche und dem Kloster der Franziskaner ist, und mehrere geweihte Stellen enthält. Da trifft man zuerst den Al- tar des heiligen Joseph, als den Platz, wo die- fer Pflegevater geschlafen haben soll, als er von dem En- gel im Traume zur Flucht nach Egypten ermahnt wurde; – den Altar des heiligen Eufe bius von Cremona, Abtes eines Klosters von Bethlehem und Schülers des heiligen Hieronymus; – dann den Altar und die Grabes gruft der unfchuldigen Kinder, welche zur Zeit der Herodianischen Verfolgung getödtet und hie- her geworfen wurden; – 30 Schritte weiterhin, etwas seitwärts, die Grotte und das Oratorium des heiligen Hieronymus“), worin dieser Kirchenva- *) Der heilige Hieronymus, einer der gelehrtesten lateinischen Kirchenväter, wurde im Jahre 310 in Aquileja, einer damahls fehr berühmten großen Stadt an der Nordküste des adriatischen Meeres, geboren, und kam, nachdem er lange in Rom gelebt, 12 ter so lange Zeit seines Lebens zubrachte und die Bibel übersetzte; ein Altar, und über demselben ein Gemählde mit den gewöhnlichen Attributen des Heiligen, ziert jetzt diesen einsamen Ort, der nur durch eine Höhlenöffnung von Oben Licht und Luft erhält; – endlich, noch tiefer in dem Stol- lengang, das Grab der heiligen Paula und ihrer Tochter Euftochium einerseits, und ge- genüber das Grabmahl des heiligen Hiero- nymus anderseits, mit den beyden darüber errichteten Altären. Das erste enthält die heiligen Leiber zweyer vornehmer römischer Frauen, welche, dem berühmten ade- ligen Geschlechte der Grachen und Scipionen entsproffen, ihr Vaterland verließen, und sich nach Palästina begaben, um dort vom heiligen Hieronymus belehrt zu werden. Von viele Reisen gemacht, jahrelang in einem syrischen Mönchsklo- fer sich dem beschaulichen Leben und den ernsthaftesten Studien gewidmet, endlich noch einige Zeit in Rom, wohin er vom Pabste war berufen worden, zugebracht hatte, – im Jahre 385 nach Palästina, wo er sich bald in Bethlehem niederließ, und sich vorzüglich durch eine Übersetzung der Bibel in die lateinische Sprache verdient machte, welche Übersetzung der Vulgata zum Grunde liegt. Er stiftete 2 Klöster, das eine für Männer, das andere für Frauen, und starb nach einem 35jährigen Aufenthalte in Bethlehem, im Jahre 420 nach Christi Geburt. – Ihm folgte nach dem heiligen Lande auch Paula, eine Nömerinn aus vor- nehmen Geschlechte. Diese wurde von der Geburtsstätte Jesu fo angezogen, daß sie dort den Rest ihres Lebens zu vollenden be- schloß, und mit ihrer frommen Tochter, Nahmens Eustochi- um, die Ruhestätte fand, welche sie sich beyde freywillig erwähl- ten. Paula hatte von ihrem Vermögen daselbst ein Mönchsklo- ster und 3 Nonnenklöster gebaut, in deren eines sie sich selbst zurückzog, und in aufopfernder Liebe und Verläugnung ihrem Lebensende entgegen sah. der Freude über den Anblick der Geburtsstätte unters Heilandes so sehr hingeriffen, faßten sie den Entschluß, auch da ihr übriges Leben zuzubringen und begraben zu werden. Ein passendes Gemählde ziert den darüber erbau- ten Altar, welches aber durch die Einwirkung der feuch- ten Luft schon bedeutenden Schaden gelitten hat. – Das Grab des heiligen Hieronymus ist leer, da sein Leib, wie bekannt, nach Rom übertragen worden ist. Am Ende dieses unterirdischen Ganges führt zuletzt eine Stiege von 20 Stufen in die Frauenkirche der Franziskaner hinauf, welche wohl klein, aber reich an Schmuck und Bildern ist, und der heiligen Jung- frau und Martyrerin Katharina geweiht ist. – In das anstoßende Kloster konnte und durfte ich nicht eintreten, weil die Väter sich wegen Ausbruch der Cho- lera abgesperrt hatten und Quarantaine beobachteten. Zu dem Ende wird auch während der Zeit der Absperrung der Gottesdienst für die katholischen Bethlehemiten nicht in der Kirche, sondern in dem äußeren Kreuzgange auf einem hiezu eigens errichteten Altar gehalten, und die Seelsorge von einem ebenfalls außen wohnenden Padre Curato versehen; dieser war es auch, der uns gast- freundlich in seiner Zelle aufnahm und bewirthete. 12 – 15 Priester, und einige Layenbrüder bewohnen das In- nere des Klosters. - Wenn man frägt: In wie weit die Sage über die Stelle der Geburt unser s Herrn in der beschriebenen Höhle wohl gegründet sey?– 14 so antwortet Herr Sieber in feinem Reisebericht“) Folgendes: »In wie fern man diesen Platz für echt oder »un echt ausgeben kann, darüber können jene, welche »nicht anwesend waren, fast gar nicht urt heilen. »Das Kritteln über Dinge, welche so sehr von der Loka- »lität abhängen, die in unsern Tagen nicht einmahl durch »halb brauchbare Karten begreiflicher gemacht wurde, sind »für den Anwefen den meistens übel angebracht, um »etwas in sarkastischen Zweifel zu setzen, dessen Anmaßung »dem weniger Unterrichteten auch noch in anderer Rücksicht »schadet.« – . . - - - »Es ist fast ein allgemeines Streben aller neueren »Reisebeschreiber, die wahre Lage der Plätze unbestreitbarer »Begebenheiten unserer Religionsgeschichte mit einer vorsätz- »lichen Vernachlässigung oder Geringschätzung in eine Zwey- »deutigkeit zu setzen, welche sie durchaus in dem Grade nicht »verdienen, als es fich der Mangel an Selbstanfchau- »ung erlaubt. Man gewahrt dabey eine Verachtung »aller Überlieferungen, aus einer sehr zweifelhaf- »ten Folgerung, und vergißt dann, daß sich diese nicht »auffich selbst, sondern auf unwiderlegbare und am Orte selbst wahrzunehmende Beweise gründen. Es ist »gewiß sehr lächerlich, von einem Schlachtfelde zu sprechen, sund sich in die nothwendigen Einzelnheiten einer darauf »vorgefallenen, nur etwas verwickelten kriegerischen Bege- »benheit einzulaffen, wenn man von dem Raume, auf welchem sie sich ereignet hat, nicht einmahl eine richtige - - - - - - - - - - - - - - - - - - -) Siehe: Reife von Cairo nach Je ru fallem, und von da wieder zurück. Prag, 1823. Pag. 50, 51 und 55. 15 Vorstellung, viel weniger einen erschöpfenden Plan in »Händen hat. Daher kommt es, daß man zuweilen über »Dinge zweifelt, welche für den Anwesenden, den »felbst Gegenwärtigen unbedingt bestehen, und da- »für andere erweisen will, welche ein auch nur oberfläch- zlicher Augenschein in ihr früheres Nichts zurückwirft.« – »Hundert Jahre sind ein viel zu kleiner Zeitraum, »um eine so wichtige, die ganze damahlige Welt interessi- rende Begebenheit (wie es die Geburt des Herrn war),– in irgend einen Zweifel ziehen zu können. Hatte es sich er- »wiesener Maßen 100 Jahre unter den Christen bey so vie- »len Verfolgungen erhalten, so haben wir keinen Grund, »zu glauben, daß die Verehrung der Zeugen, die Achtung für die heiligen Orte, und hiermit die Kenntniß derselben in den nachfolgenden zwei Jahrhunderten abgenommen haben könne, bis solche die Kaiserinn Helena öffentlich autorisierte. Ihr Tempel steht noch.« »Die Bildsäule des Adonis zu Bethlehem mag bis »zu den Zeiten des heiligen Kirchenvaters Hieronymus »die Beweise der Geburtsstätte auf diese Weise erhalten, »und zugleich vermehrt haben. Daß diese Stätte ein ge- »meiner und abseitiger Ort gewesen sey, gibt schon der »Evangelist Lukas an, indem er spricht: Und sie gebar »ihren ersten Sohn, den sie in Windeln wi- »ckelte und in eine Krippe legte, weil sie fast »keinen Platz in der Herberge fanden. *) »Man muß die Lage von Bethlehem gesehen, und »hinter dem Kloster die Reihe der natürlichen Kalkhöhlen, *) Luc, II, , 7. 116 »welche nach der Beschaffenheit und Richtung oder Fort- »setzung auch an der Stelle des jetzigen Klosters befindlich »feyn mußten, betrachtet haben, um außer allem Zwei- »fel zu seyn, daß es kein Haus, sondern ein Stall, oder »wenigstens ein schlichter Ort, eine Höhle, wo sich eine »Krippe vorfand, in der Nähe derselben gewesen fey, wie es »der heilige Hieronymus sagt.« - »Wer in den alten Zeiten keinen Gastfreund besaß, » war genöthiget, in den Herbergen (Xenodochium) »einen fast für Bettler bestimmten Ort einzunehmen; fand »sich aber endlich auch da noch kein Platz, so blieb ihm wohl »nur der Stall übrig. Erwägt man aber, daß die Thiere »damahls, so wie es jetzt noch geschieht, bey günstiger »Witterung im Freyen blieben, so muß um so mehr jedes »Behältniß, wo man sie früher hatte, in diesem dringen- »den Nothfalle, während dem Zusammenfluffe so vieler »Einberufenen, zur Unterkunft der letzten benützt worden »seyn, wenn sich in der Herberge kein Platz fand. Da noch »jetzt eine Caravanferei im Oriente beynahe um nichts besser als ein Stall ist, so konnte auch damahls die Wahl nicht »schwer fallen. – Ein Ort war es, der auch nicht den »geringsten Hausrath hatte, darum fand Maria bloß eine Krippe, welche im Morgenlande, in der Nähe »der Umzäunung, wo die Thiere außerhalb der Stadt einge- schlossen werden, sich vorfand.« c. 2c. – So viel ist gewiß, daß die Geschichte und die Über- lieferung*) so vieler Jahrhunderte die Stelle be- - - - - - - - - - - - - - - - - *) »Die überlieferung hinsichtlich der Grotte der Geburt des Heilandes,« bemerkt der Reisende Clarke, »scheint so wohl ge- 17- stimmt haben, wo unser Heiland geboren wurde. Schon die ersten Christen hatten an der Stätte der Krippe ein Bethhaus errichtet, welches der Kaiser Hadrian, um sie von der so eifrigen Verehrung dieses Ortes zu entfernen, niederreißen und an dessen Stelle einen Tempel des Adonis, von den Syrern sonst auch Thamus genannt, erbauen ließ. Dieß geschah in dem zweiten Jahrhunderte und zu einer Zeit, als die Geburts- höhle in Bethlehem eben so bekannt war, wie der Umstand, dem sie ihren Ruhm verdankte. Im vierten Jahrhunderte führte der heilige Hieronymus diese Thatsache als ein unbestreitbares Zeugniß an *), wodurch die Höhle be- - - - - - - - - - - gründet, daß sie schwer zu bestreiten seyn dürfte. Da sie stets ein Gegenstand der Verehrung war, so zog das Bethhaus, welches die ersten Christen über derselben errichtet hatten, die Aufmerksamkeit und den Unwillen der Heiden zu Hadrian's Zeit auf sich, welcher das Bethhaus zu zerstören und den Ort für die Verehrung des Adonis einzurichten befahl. Dieses geschah in dem 2. Jahrhunderte zu einer Zeit, da die Grotte der Ge- burt Christi in Bethlehem eben so gut bekannt war, als der Umstand, welchem sie ihre Berühmtheit verdankte. Im 4. Jahr- hunderte, oder zu Anfang des 5., beruft sich der heil. Hiero- nymus auf jene Thatsache als auf ein allgemein bekanntes Zeugniß, daß die fer Ort die Grotte der Geburt Christi fey.« Siehe: Clarke's Travels in various coun- tries of Europe, Asia and Africa. 4. Ed. 8. Vol. 8. Lon- don, 1816 – 1818. *) Betle em nunc nostram et augustissimum urbis locum, de quo Psalmista canit (Ps. LXXXIV., 12): »Veritas de t er ra orta est.« – Lucus inumbrabat Tha mus, i. e. Adonis, et in spe cu, ubi quondam Christus parvu- lus vagit, Vene ris Amasius plangebatur. S: Hierony- mus: Ep. ad Paul. 12 1. H. kannt erhalten worden sey. Hierüber scheint nicht der geringste Grund zum Zweifel vorhanden zu sein, und das Zeugniß eines solchen Schriftstellers über einen Ort, wo er selbst lebte, wird wohl zu dem Glauben genügen, daß das über der heiligen Stätte erbaute Kloster auch noch gegenwärtig den bestimmten Ort der Geburt unters Erlösers anzeige. – Warum sollte man es also versuchen, den Glauben der christlichen Welt über einen Gegenstand wankend machen oder zerstören zu wollen, über den bis- her, alle Völker übereinstimmten? Die Glieder der ersten Kirche mußten doch nothwendiger Weise über die Schau- plätze der evangelischen Geschichte beffer unterrichtet seyn, als wir, und es unterliegt keinem Zweifel, daß nichts unwahrscheinlicher ist, als daß bey allen Veränderungen, welche die Örter des heiligen Landes erlitten, die Gläu- bigen jene heiligen Stätten vergeffen haben sollten, wo das Werk der Erlösung begonnen und vollbracht ward, oder daß sie ihre Verehrung fogar auf andere Orter übertrugen; vielmehr setzten sie eine große Sorg- falt und einen Wetteifer darein, das Andenken an die ihnen bekannten Sanktuarien durch neue Gebäude auf den Trümmern der alten zu verherrlichen und zu erhalten! – Padre Mariano führte mich auch in die Grotte, in der Joseph und Maria vor der Flucht nach Egypten das Christuskind verborgen und sich daselbst mehrere Wo- chen aufgehalten haben sollen"). Sie liegt ungefähr 400 *) Auch Maundrell erwähnt dieser Grotte, und erzählt: »Sie wird darum, so verehrt, weil sich hier, der Sage nach, die hei- lige Jungfrau mit dem göttlichen Kinde vor ihrer Flucht nach 19 Schritte vom Kloster entfernt an einem Kreidenberge; ihr Eingang ist einfach gemauert, das Innere länglicht und unregelmäßig, mit einem Altar in der Mitte, um den mehrere Lampen brennen. Auch find die Wände dieser Grotte, welche ganz in ihrem natürlichen Zustand gelaf- fen ist, und ziemlich weit in den Berg hineinführt, mit vielen Ohlkrügen umstellt, welche Opfer muhamedanischer Weiber sind, die glauben, diese Erde habe die heilbrin- gende Kraft, die Geburtsschmerzen zu erleichtern; daher sie auch selbe, zu Pulver gerieben, als Medikament ge- brauchen. Die Höhle wird Milch grotte geheißen, weil die heilige Jungfrau das göttliche Kind hier mit ihrer Muttermilch gestillt hatte. Ob er derselben war früher eine Kirche, von der aber nur noch der bestehende Bo- den übrig ist, und in deren Nähe, wie man sagt, auch die Klöster des heiligen Hieronymus und der heiligen Paula gestanden haben sollen. - Egypten auf einige Zeit vor der Wuth Herodis verborgen hat. Es ist nichts weiter als eine Höhle in Kalkfelsen. Die Weiße derselben wird aber nicht für natürlich gehalten, sondern man glaubt, daß sie durch einige wundervolle Tropfen der Milch der heiligen Jungfrau entstanden fey, die ihrer Brust entfielen, als sie ihr heiliges Kind säugen wollte. Ja, die Leute sind von dieser Meinung so eingenommen, daß sie glauben, der Kalk der Grotte habe die wundervolle Eigenschaft, die Milch der Frauen zu vermehren. Man versicherte mir, daß die Weiber, sowohl türkische als arabische und christliche, in dieser Gegend häufig den Kalk dazu brauchen, und eine sehr gute Wirkung davon verspüren.« Siehe: Reife von Aleppo nach Jerusa- lem, um Ostern des Jahres 1697, von Heinrich Ma und rell. 12 * 1 HRO Von der Anhöhe des Kreidenberges, welcher höher als der ist, auf dem das Kloster liegt, genießt man wie- der einen genügenden Überblick über die umliegende, an geschichtlichen Erinnerungen so reiche Gegend. Vor Allem fällt der Blick gerade vor sich hin auf ein, die stufenwei- fen Abhänge des Berges, auf dem man steht, begrän- zendes, zum Theil bebautes, grünendes Thal, wo die Hirten bey ihrer Herde Nachtwache hielten, als ihnen der Engel die Geburt des Heilandes verkündigte. Es wird daher das Feld der Hirten genannt. Darüber hinaus sieht man deutlich einen großen Theil des todten Meeres, mit feiner hügeligen Umgebung, und die trau- rigen Gebirge Judäa"s in dem zusammengedrängten Ge- sichtskreise der Ferne; beyde so wichtig in der älteren Ge- schichte des Landes. Im Süden erweitert sich der Hori- zont beträchtlicher als auf der Spitze des Ohlberges zu Jerusalem. Da sieht man Engaddi*), wo die schö- nen, noch heut zu Tage blühenden Weinpflanzungen sind, aus denen einstens Josue und Caleb die große Traube hohlten*), und noch gegenwärtig die Väter von Jerusa- lem sich mit Wein versehen; dort jene Grotte in Ein- gaddi, in der David Saul's Leben schonte *); – da sieht man auf einem Berge die Ruinen von Thekua, den Geburtsort des Propheten Amos*), und dort *) Cant. I., 13. *) Num. XIII., 24. Deuteron. I., 24. *) I. Reg. 24, 1–9. *) II. Reg. 14, 2. 23, 26. II. Paral. 11, 6. 20, 20. Jerem. VI., M. Amos I., 1. 1a1 _ weiter rechts ein Gebirge, vielleicht das Vaterland des Propheten Habakuk;– da das alte Bethacharem des Jeremias *), dort den Berg Geth, so oft erwähnt in den Büchern der Könige“); – da Hebron*), mit den Gräbern Abraham's, Isaakºs und Jakobs, der Sara, Rebecca und Lea; dort das Thal Mambre*), mit Calebs Asche; da die Hügel von Odolla m+), den spitzigen Felsen, der die Höhle schützt, in die sich David versteckte, um sich der Wuth Sauls zu entziehen, und das Gebirge, den Schauplatz so mancher wichtigen Er- eigniffe in der Geschichte. David's; – und hier, in näherer Umgebung, die Cisternen Salomons ++), die aus 3 übereinander liegenden großen Waffer behäl- tern bestanden, und das Wasser aus einer tief in der Erde, in einem kellerartigen Gewölbe sich befindenden Quelle erhielten, und von da aus zum Bedarf nach Je- rusalem leiteten. – Endlich zeigen sich ringsherum auf den Bergen Ruinen, vermuthlich aus den Zeiten der Kreuzzüge, unter denen vorzüglich einige auf dem spitzigen Frankenberg bemerkbar werden; vielleicht das alte Herodium Fff) oder Massa da, die Spuren des Forts Herodis, wo sich nach dem Falle und Verluste Ie- *) Jerem. VI., 6. - - - - - **) I., II., III., IV. Reg. I., II. Paralip. ***) Genes. XXV., 10. XXXIX., 29. I, II. Reg. III. Paralip. ***) Genes. XIII., 18. XIV, 13. XVIII, 1. XXIII, 19. XXXV., 27. IXLIX., 30. †) I. Reg. 22, 1. II. Reg. 23, 13. I. Paral. 11, 15. ii) II. Reg. 23, 15. I. Paralip. II, 17. ++) Jos. Flav. Arch, XVII., 8, 2. 3. De Bell. jud, I., 33, 8. 9. 1H2 rusalems die letzten Kämpfer des christlichen Glaubens noch 40 Jahre hielten, und ihren Unterhalt durch Aus- fälle in das nahe Gebieth erbeuteten. Unsern Rückweg nach Jerusalem nahmen wir über das Feld der Hirten*), welches von Bethlehem eine halbe Stunde entfernt, gegen Osten in einem Thale lie- gend, einen Flächenraum von 2–3 Morgen Landes ein- nimmt, und mit einer niederen Steinmauer umzäunt ist. In diesem Raume stand einmahl eine Kirche und ein Kloster, zum Andenken jener frohen Bothschaft erbaut, welche die Engel den Hirten über die Geburt des Erlösers brachten. Jetzt sind von beyden Gebäuden nur noch Trümmer, unter denen man deutlich Bruchstücke von Altären unterscheidet, und jene Grotte übrig, in wel- cher sich die Hirten befanden, als die himmlische Both- fchaft an sie erging. Feld und Grotte waren immer ein - Eigenthum der Lateiner, bis vor wenig Jahren die Griechen sich ihrer bemächtigten und die Fran- ziskaner aus ihrem Besitze verdrängten. Ein schmutziger Pope zeigt jetzt den Pilgern um Geld das Innere der Grotte. - S$ t. oh an n. Am 19. July wallfahrtete ich von Jerusalem aus nach St. Johann, mit dem Beynahmen: im Gebirge oder *) Luc. II., 8–16. 1B3_ in der Wüste, der Geburtsstätte des heiligen Johannes des Täufers. Der Weg führt durch das Bethlehemer Thor; dann geht es einen türkischen Leichenhof vorüber und in ein Thal hinab, wo das griechische Kloster zum heiligen Kreuz steht, dessen man auch auf dem Wege von Ramla nach Jerusalem ansichtig wird. Über die hohen Mauern des festungsähnlichen Baues dieses Klosters sieht man von der Anhöhe herab nur eine kleine, aus einer Mörtelmasse gebildete Kuppel hervorragen; an der innern Seite der Mauern laufen die Terrassen des Gebäudes wie die Absätze an einer Festungsmauer herum; einige Felder mit Öhlbäumten gränzen gegen Abend an das einsam dalie- gende Gebäude, das die Legende als die Stelle angibt, wo der Baum zum Kreuze Christi gehauen wurde. – Der Fußpfad führt von da sofort über Steine und Hügel hin, bis er sich nach einer Stunde ins Thal hinunterzieht, an das jener Tereb in thenhain stoßt, in welchem der Kampf zwischen den Philistern und Israeliten vorgefallen war, und wo David den Riesen Goliath erlegte*). Einen Ausläufer dieses Haines hatte ich schon auf dem Wege von Jaffa nach Jerusalem bei dem Dorfe Kolumijeh passiert.*) Am Fuße des höheren Berges, den man hinabsteigt, und der zum Theil mit Äckern, zum Theil mit einigen Weinbergen bestockt ist, liegt das Kloster St. Johann, frey, jedoch noch auf einen Hügel, von dreifachen, hohen, starken Mauern umgeben, groß und geräumig im Innern, mit breiten und weiten Gängen, aber nur etwas unregel- *) I. Reg. 17. - - - - - - *) Siehe Pag, 31. 1B4 mäßig in der Anlage. Es ist das schönste katholische Kloster im heiligen Lande. Ein arabisches Dorf mit elenden Steinhütten umgränzt dasselbe. Schon von Ferne gewahrten und begrüßten uns Mönche, die sich auf der Terraffe befanden, welche wie gewöhnlich auf den Häusern im Oriente einen herrlichen Spaziergang und zugleich einen Überblick über die Umgebungen gewährt. Das Felsen- thal, worin St. Johann liegt, ist einigermaßen fruchtbar zu nennen, heiter und angenehm, und beginnt erst nach einer Stunde von hier etwas rauh und unwirth- fam zu werden. – Ich und P. Camillo, der mich begleitete, wurden von den Geistlichen, lauter Spaniern, deren 8 – 10 das Kloster bewohnen, sehr freundlich aufgenommen, und sogleich in die Kirche geführt. Diese ist auf jenem Platze erbauet, wo Zacharias' Haus gestanden ist, und wo Johannes der Täufer geboren wurde. Die heilige Helena hatte schon an dieser von Zacharias und Elisabeth bewohnten Stätte einen Tempel errichten lassen; aber wie kein Theil der Verwüstung und Zerstörung, ent- gangen, welcher jedes Gebäude in Palästina unterworfen war,– so geschah es auch hier; erst neuere Zeiten schufen das sehr schöne, in Kreuzesform auf Kosten Spaniens gebaute, mit farbigen Marmorsteinen geplattete und nied- liche Gotteshaus, welches einige Gemählde aus der spani- schen Schule, so wie auch eine Orgel besitzt. Zur Ge- burtsstelle, welche zu einer besondern Capelle in der Kirche umgestaltet worden, führt eine Treppe von 25 Stu- fen hinab, die am Eingange ein vergoldetes Gitter schmückt. Hier steht in einer halbzirkelförmigen Nische ein Altar mit dem Bilde des Täufers, und am Boden, der mit weißem 1B5 und schwarzem Marmor ausgetäfelt ist, umschließt eine mit Verzierungen ausgestattete, kleine, runde Porphyr- fcheibe die unmittelbare Stelle, wo Johannes das Licht der Welt erblickte *) und um welche die Inschrift läuft: , „Hic Praecursor Domini Christi natus est.“ (Hier wurde der Vorläufer des Herrn Christus geboren.) In weiße Mamorplättchen sind die wichtigsten Sce- nen feines Lebens gehauen, und in der oberen Marmordecke sieht man ein Lamm ausgemeißelt, worüber die Worte ge- schrieben sind: »Ecce Agnus Dei« (Sieh' das Lamm Gottes). Mehrere Lampen brennen beständig in diesem Heiligthume. Nachdem ich am Morgen des 20. July hier das heilige Meßopfer dargebracht hatte, begab ich mich an den Ort der Heimsuchung, der eine kleine halbe Stunde vom Kloster entfernt liegt. Zacharias soll nähmlich noch ein anderes Haus gehabt haben, worin er während der schö- nen Jahreszeit zu wohnen pflegte, und in das sich auch Elisabeth aus Anlaß ihrer Schwangerschaft, die sie durch 5 Monathe verborgen hielt, zurückgezogen hatte. *) Diese Wohnung stand an dem Abhange eines fruchtbaren Hügels, der mit Ohlbäumen und Weingärten bedeckt war, und zum Theil noch ist, und daneben befand sich eine Grotte, -- *) Luc, I., 57, *) Luc. I., 21 1H6 in welcher die Zusammenkunft mit Maria Statt gefun- den haben und Elisabeth an einer Seite des Gewölbes auch begraben liegen soll. Auf der Stelle von Zacharias Hause ward früh schon eine Kirche und ein Kloster erbaut, von denen jetzt nur noch ein Theil der Mauern steht, an welchen man einige Bruchstücke von Mahlerey wahrnimmt. Hohe Bedeutung hatte für mich die Grotte, da ich hier an dem Platze fand, wo die Worte jener köst- lichen Begrüßung: »Benedicta tu in mulieri- bus etc.,« und der Erwiderung: »Magnificat ani- ma me a Dominum etc.«*), gesprochen wurden, die auch einen Theil meines täglichen Pflichtgebethes aus- machen. Sie wird nicht bloß von Christen, sondern auch von Muhamedanern in Ehren gehalten, welch" Letztere insbesondere häufig Öhl in Krügen hieher zum Opfer bringen. - - Auf dem Wege zur Heimsuchungsgrotte zeigt man einen Brunnen oder eine Wafferquelle, durch den oftmahligen Besuch der heiligen Jungfrau während ihres Aufenthaltes bei Elisabeth geheiligt, und daher die Quelle Mariens genannt, welche immer reines, frisches, helles und kühlendes Waffer sprudelt, ein kleines Flüßchen bildet, und sehr vortheilhaft zur Bewäfferung in die anliegenden Gärten geleitet wird. – Zunächst steht eine kleine Moschee, vorhin eine christliche Capelle. Die Einöde“), wohin sich der Vorläufer bis zu der Zeit zurückzog, in welcher er öffentlich auftrat, und *) Luc. I., 39 – 56. **) Luc. I., 80. 137 sich in die Wüste am Jordan begab, wo er Buße und Befferung predigte, – liegt etwas tiefer im Gebirge. Auf dem Rückwege hatte ich das Vergnügen, eine herrliche Natur erfcheinung dieser Gegend zu sehen. Es war am Morgen Nebel gefallen, der sich bald in graue und dichte Wolken gruppierte. Als wir die höchste Bergspitze erreicht hatten, war das fämmtliche Gewölk zu unsern Füßen, und schien wie ein Wellenmeer über das ganze Terebinthenthal gelagert, aus dem fich nur die Spitzen der nahen Berge hoben, und die zum Theil fichtbaren Trümmerreste des Makkabäer-Grabmahls zu Modin wie eine feste Burg auf der Oberfläche schweb- ten. – Das Erscheinen eines Nebels in diesem Monathe, sagt man, sollte Vorbedeutung des frühen Eintrittes der Regenzeit feyn, - Es waren bereits 10 Tage seit meiner Ankunft in Jerusalem verfloffen, Tage, die ich in heiliger Begeiste- rung zubrachte, und die mir ewig unvergeßlich bleiben werden. Meinen Plan, über die Ebene Esdreon nach Na- zareth zu gehen, und mich von Beyrut aus nach Europa überschiffen zu lassen, mußte ich aus rücksichtswürdigen Gründen aufgeben, da keiner meiner bisherigen Gefähr- ten entschlossen war, denselben Weg zu machen, und das Weiterreisen für mich allein zu beschwerlich und gefähr- lich gewesen wäre. Zudem war die Sommerszeit schon ziemlich vorgerückt, und ich mußte bedacht feyn, noch ins vor Eintritt des strengeren Winters in mein Vaterland einzukehren. Ich konnte daher meine Pilgerreise so viel als vollendet ansehen, da ich auch das Bewußtseyn hatte, die wichtigsten Schauplätze des Lebens und Leidens unters Herrn in einer Stadt besucht, meine Thränen mit denen einer Jünger und Freunde nach dem Beyspiele fo vieler Frommen vereiniger, und da Trost und Beruhigung gefunden zu haben, wo sie vor mir schon so vielen Mil- lionen Pilgern zu Theil geworden sind. Mein Gewissen fühl- te überdieß eine Glückseligkeit über alle irdische, bei dem Gedanken, da von den begangenen Fehltritten losgespro- chen worden zu seyn, wo der Heiland selbst Vergebung der Sünden verheißen hat; da den Leib des Herrn ge- noffen zu haben, wo Er selbst das heilige Abendmahl ein- fetzte; und an dem Orte mein Meßopfer, das Opfer seines Leibes und Blutes, dargebracht zu haben, wo Er selbst den Kreuzestod für das Menschengeschlecht litt, drey Tage im dunklen Grabe lag, aber, siegreich über Tod und Hölle, uns zum Heile wieder auferstand; – anderer Sta- tionen nicht zu erwähnen, an denen ich gleichfalls zu cele- briren das Glück hatte. Der schmerzliche Scheidetag, an welchem ich Jeru- falem verlaffen sollte, war also gekommen. Nachdem ich mein letztes Gebeth in der St. Salvatorkirche verrichtet hatte, nahm ich mit tiefer Trauer Abschied von dem hei- ligen Orte und von den frommen Vätern, denen ich mit Herzlichkeit für ihre Gastfreundschaft, so wie für ihre man- nigfaltige Güte dankte, und aufrichtig versicherte, das Andenken an ihre Nahmen sowohl, als an ihr liebevoll- les Bemühen, mir Dienste zu leisten, nie aus meinem 16:9- - - Gedächtniffe zu verlieren. Ich laffe hier meinen Pilger- brief folgen, den mir P. Reverendissimus beim Schei- den überreichte: FIT. FITEN In CiSC U1S XK & WELTi U1S an MIG Ilität, Ordinis Minorum Regularis Observantiae S. P. N. Francisci; Custodiae Melitensis Lector Theologus; Exdefinitor; Sacrae Congregationis Propagandae Fidei Responsalis; Missionum Aegypti et Cypri Praefectus; in Partibus Orientis Commissarius Apo- stolicus; sacri Montis Sion et Sanctissimi Sepulchri D.N. Jesu Christi Quardianus; Totius Terrae Sanc- tae Custos; Visitator et Humilis in Domino Servus: Dilecto Nobis plurimum in Christo Adm. Illi et Rvdo Domino D. Josepho Salzbacher, Cano- nicoMetropolitanae Ecclesiae Seti Stephani Vienn.: Universis et singulis praesentes literas inspec- turis, lecturis et audituris Nos infrascripti fidem indubiam facimus et attestamur, prael.audatum adm. Illem et Ryd um Dominum devotionis causa suscep- ta peregrinatione ad Sancta Loca praesentia, et sanctissima conversatione Salvatoris Nostri deco- rata, quinimo praetioso Ejus Sanguine consecrata, Anno Millesimo Octingentesimo Trigesimo Septimo, Pontificatus vero Sami Dni Papae Gregorii Sexti- decimi, feliciter regnantis Anno Septimo, Dieter- tiadecima mensis Juli Jeros olymam appulisse: mo inde subsequentibus diebus praecipua- Sanctuafiag in quibus Miin di S uli-ut 0 r suum populum dilec- [um, imo et totius humani generis massam dam- natama a miserabili daemonum potestate misericor- diter salvavitg utpotez calvariumj ubi cruci affi- xus , devicta mortes coeli januas nobis aperuitg S e p ul ch rum p ubi sacrosanctam lijus corpus re- conditum triduo ante gloriosissimam suam Piesur- rectionem qhievitg Montem Zion, uijocv dis- cipulis ultimam fecit coenamp Sucharisticum Sa- cramentum instituita iisdem Apostolis januis clau- sis post suam liesurrectionem apparuita Phomae latus misericorditer ostenditz et Spiritus Slanctus in igneis linguis descenditg sepulchrum viirlginis Mariaep unde ad-- coelos assumpta est gioriosag M o n te m o li v elti-a ubi videntibus- discipulis ad coelos ascendit bominusa suorum pedum vestigia in aetemam relinquensr memoriamg caeteraquelafiia in- et extra jerosolymamkconstitutag- itemlvet seth- lehe m p ubi idem Salvalor Mundii de virgine Maj ria naScia in Praesepio collocari-ij- scilicit-aliscalefieria a Pastoribus- veneraria ai Stellivindicavij ab Magis adorari et modico lacte pasci non est sane dedig- natuSg et quae c irc a liethlehem et in ?MLM-:>16- liemitica-conspiciunturg -M o n t a n a quo qud FW' q a e ao', ubi beata virgo illisabeth visitavits ortum-l que habuit magnus Propheta et-PraecursofljoMni joannes g - deniquea quae in u n i v e r s a luciu- ea consPiciuntur et continentur 7 gressibus nomini ac liealissimaer lSjus Matris consecrataj et a Peregri 191 mis Catholicis visitarisolita, pie ac devote visitasse. In quorum et singulorum fidem has, manu nostra subscriptas et Sigillo majori Offici nostri munitas, expediri mandavimus. – – – - Datum Jerosolymis ex Conventu Sami Salvatoris, die 21. Juli 1837. F", "erweeds Cees XKerwepers Ole Meisterz, Cassis. Teamgrenze Sensacture. m. - P. L. S. Mandato Rmi. in Chr. Patris Julianus a Revello, Secret, Terrae Scrae - m. - - P- - ESSE Sonntag, den 23. July, Abends 5 Uhr, war die Stunde der Trennung und der Retourreife nach Jaffa. Ich zog in Gesellschaft des französischen Marquis Char- les de l'Escalopier, des spanischen Colonels Reding, begleitet von unserm Dragoman, einem Ar- nauten und den Muchros (Treibern) unserer Thiere, auf einem türkischen, gut gesattelten Pferde von dannen. Auf dem Glacis vor dem Jaffathore exercierte eben das in Je- rusalem garnisonierende, auserlesene Infanterie-Regi- ment Ibrahim's, in welchem, wie man mir sagte, alle Offiziere für die übrigen Corps der egyptischen Armee gebildet und erzogen werden. Mein Gemüth war zu sehr 199 angegriffen und mit sich selbst beschäftigt, als daß ich ihren Evolutionen große Aufmerksamkeit schenken konnte und wollte; nur so viel fah ich, daß sie dieselben mit vie- ler Geschicklichkeit ausführten, und so wie ich erfuhr, hier- in mehrere Franzosen zu Lehrmeistern haben. Auf der letzten Höhe wandte ich mich, um die Stadt noch einmahl zu überblicken. Da lag sie, die schwer heim- gesuchte Stadt David's, im Zwielichte des scheidenden Tages, und ein tiefes Schweigen, wie das Schweigen des Grabes, herrschte in ihr und auf dem über ihr im Hintergrunde sich aufthürmenden Öhlberge! Die Erinnerung an die Vergan- genheit und an das außerordentliche Geschick dieser Stadt ging wiederhohlt mit dem tiefsten Gefühle der Wehmuth und des Mitleids an meiner Seele vorüber, und hieß mich unwillkührlich die Frage stellen: Wo ist wohl eine Stadt, die mit ihr verglichen werden kann? Ich erkannte, wie wahr der Prophet von ihr gesprochen hat: »Schauet doch »und fehet, ob irgend ein Schmerz fey, wie »mein Schmerz, der mich getroffen hat. *)« – Fast kein Jahrhundert ist, in dem sie nicht gefallen; fast kein Volk, das sie nicht bezwungen; fast kein Eroberer, der sie nicht betreten. – Und hat nicht die Natur selbst fie alles ihres Schmuckes beraubt, ihrer Wälder und Haine, ihrer Reben und Bäche, um den tiefen Ernst nicht zu stören, der wie das Gericht Gottes ewig über ihr herr- fchen soll? – Heiße Thränen füllten mein Auge; ich bath Gott im stillen Gebethe, gewürdiget zu werden, einst *) Lament, Jerem. I., 12. 193 g - - -- - in das himmlische Jeruf alem“) eingehen zu dür- fen, da das irdische jetzt meinen Blicken – und zwar auf immer – entschwunden war, aber ein Bild un- austilgbar meinem Innern eingedrückt bleiben wird! –– Die Sonne war bereits untergesunken, und halber Mondschein beleuchtete nach Mitternacht unsern Pfad. Im Thale Jeremias machten wir auf kurze Zeit Halt, und genoffen in der Nähe des Dorfes Keiriat El En- neb an einem Lagerfeuer der Beduinen einige Ruhe. Bald brachen wir wieder auf und verfolgten ungestört un- fern Weg durchs Gebirge. Es war eine feyerliche Nacht, deren kühlende Luft uns insbesondere wohlthätig erquickte. Zufällig waren wir Europäer wieder im schnelleren Trabe, wie schon bey der Hieherreise, unserer kleinen Caravane vorausgeeilt und abwärts gekommen. An einem arabischen Dorfe, dem wir uns näherten, suchten wir Erkundigung über die Richtung der einzuschlagenden Straße nach Ramla einzuhohlen, aus dem fich jedoch nur ein paar Bewohner durch unser Rufen und durch das Geheul und Gebell einer Legion Hunde, die durch unsere Annäherung aufge- schreckt wurden, aus ihrem Schlafe erwachen ließen und kriechend aus ihren Lehmhütten zum Vorschein kamen. Wir hatten Mühe, uns ihnen verständlich zu machen. Doch bald errieth einer derselben unser Begehren, der bereitwillig voranschreitend uns den rechten Weg wies, worauf wir auch nicht zauderten, ihm den erwiesenen - - *) Apocal. III., 12. XXI., 2. 413 -- 194 - -- Dienst mit einem syrischen Thaler zu lohnen. – Um 4 Uhr Morgens standen wir an der Klosterpforte zu Ram- la, die uns fogleich geöffnet wurde. Nach einer Erhoh- lung von zwei Stunden fetzten wir unsere Reise nach Jaffa fort, das von dieser Seite den Blicken des An- kommenden, inmitten seiner Gärten auf einem Hügel wie ein Kiosk gelagert, sich anmuthig darstellt. Mittags waren wir im Convente daselbst angelangt, wo man uns erwartete, da kurz vorher unsere Bagage, auf Kamehlen geladen, eingetroffen war und unsere Ankunft gemeldet hatte. Die erste Schiffsgelegenheit zur Weiterreise benü- zend, ließ ich ungesäumt meinen Paß, der ohnehin durch die vielen Visa bereits ein großartiges diplomatisches Aus- sehen erhalten hatte, auch durch den hiesigen österreichi- fchen Consular-Agenten des heiligen Landes vidiren, und schiffte mich mit meiner Gesellschaft Abends den 24. July auf einer arabischen Germe nach Damiatte ein, wo wir aber wegen fortwährenden widrigen Winden ge- nöthiget wurden, gegen Cypern hinaufzusegeln, und je nen unangenehmen und mißlichen Reise-Schicksalen preis- gegeben waren, wie sie dem Leser schon aus meinem frü- heren Berichte bekannt sind *). *) Siehe I. Bd. Pag. 165. 195 In Alexandrien hatte ich die Ankunft der franzö- fischen Dampfschiffe zur Überfahrt nach Europa abgewartet. Mit denselben schiffte ich über die Insel Syra nach Smyrna, und von da nach Constantino- pel, wo ich am 26. August eintraf. Hier bestieg ich die österreichischen Dampfboote, die mich über das schwarze Me er dem heimathlichen Donaustrome zuführten, und von dessen Ausmündung immer zwischen den reizen- den Ufergestaden Rumeliens, Bulgariens, Bessarabiens, Serviens, der Moldau, Wallachey und Ungarns, auf seinem Rücken bergfahrend, in mein Vaterland brachten, wo ich nach einer Schifffahrt von ungefähr 1500 Seemei- len und beyläufig 4oo deutschen Meilen, und nach über- standener Quarantaine *) von 42 Tagen zu Galacz und *) Die Quarantaine dauert je nach der Heftigkeit und Nähe der Seuche. Ich war von Constantinopel gekommen, wo die Pest dermaßen wüthete, daß in den Vorstädten Pera und Galata allein an manchen Tagen bey 200 Personen starben, daher die längere Quarantainezeit, welcher ich unterworfen ward.–Die Contumaz-Anstalt in Galacz besteht außerhalb des Ortes aus einem bedeutenden Grundstücke, welches mit Ver- pfählungen aus Holz umgeben ist. Innerhalb dieses Raumes steht eine Anzahl Hütten, die wieder mit einer eigenen Palli- fadirung versehen und von den übrigen getrennt ist. Hieher wer- den nun die Reisenden gebracht, und in der Anzahl zu 4, 6 oder 8 in die einzelnen Hütten einlogiert. Ein griechischer Re- staurateur versieht zu genauer Noth die Bewohner dieser An- falt mit Trank und kalten Speisen. Niemand darf von Außen in nähere Berührung mit den Contumazirten kommen, wohl aber ist es gestattet, sich bis auf einige Klafter der Hüttenver- _196_ Alt-Orsowa, den 18. November aus Palästina wie der in Wien eintraf, preifend die gütige Vaterhand Gottes, welche mich bisher geleitet, und gesund und wohl behalten zurückgeführt hat! – pfählung zu nähern und mit den Gefangenen zu sprechen, oder sie sonst gleich wilden Thieren in ihren Käfigen zu betrachten. – Das zu Or fowa, oder eigentlich im Dorfe Schupp a nick bestehende Lazareth dagegen, ist eine geräumige, mit Mauern ringsherum, und für feinen Zweck sehr wohl eingerichtete Anstalt. Historisch - chronologische Erklärun der Stammtafel. - Die Periode der Makkabäer oder Hasmonäer, – so hieß das Geschlecht des Matathias, der ein Sohn Johanan's, 166 I vor Enkel Simons und Urenkel Hasmon's aus der 4. Priester-Chr. klaffe Jojarib war, – bildet eine der glänzendsten Perioden in der Geschichte des jüdischen Volkes. Diese tapfere Familie, be- stehend aus dem Vater Matathias und feinen 5 Söhnen, hatte gegen die Bedrückungen des mächtigen aber ruchlosen Monarchen von Syrien, Antiochus Epiph am es, alle gut gesinnten Israeliten, welche an der Beobachtung des mosaischen Gesetzes hingen, zum Widerstande aufgerufen, und mit glücklichem Er folge die Freyheit ihres Vaterlandes erkämpft, aber dasselbe auch in die gefährliche Verbindung mit den Römern gebracht, welche um diese Zeit nach Unterjochung des syrischen Reiches bereits - ringsherum festen Fuß gefaßt hatten, nachher zur Beylegung der in der Familie entstandenen Streitigkeiten um den Besitz der Herrschaft als Schiedsrichter auftraten, und endlich in Palästina einrückten. – Doch war eine hundertjährige völlige Unab- hängigkeit des jüdischen Staates die Folge ihrer siegreichen Käm- pfe, und die Juden hatten die seltene Freude, sich von eigenen Landesfürsten aus der Familie der Makkabäer regiert zu sehen, welche Könige und Hohepriester zugleich von der Zeit an waren, als Jonathan das Hohepriesterthum 159 J. vor aus der ersten Klaffe der Priester und aus der Familie des Jo-Chr. zadak, in welcher es feit Cyrus geblieben war, übernahm, und fo die weltliche und geiftliche Macht miteinander ver- einigte. Unter diesen zeichnete sich Johann Hyrk an I. ganz 135 J. vor vorzüglich ans. Er dehnte seine Herrschaft selbst über den Jordan Chr. aus, und unterwarf sich mehrere wichtige Städte, obgleich die That, welche seinen jüdischen Unterthanen die größte Freude machte, die Einnahme von Sichem war, welcher die Zerstörung des Tempels auf dem Berge Garizim folgte, der so lange von den 11 2 Hebräern für eine Schmach ihres Glaubens gehalten worden war, Später bemächtigte er sich auch Samaria"s und Galiläa's, wobey er, um den rachsüchtigen Geist feiner Unterthanen zu befriedigen, die Hauptstadt des ersteren Gebiethes zerstörte, so daß an ihrer Stelle ein Sumpf entstand. Ihm gebührt der Ruhm, die Grän zen des Reiches, wie ein zweyter David, nach allen Seiten hin erweitert zu haben. Seine Aufmerksamkeit richtete sich indessen nicht bloß auf Eroberungen, er verstärkte auch die Befestigung Jerusalem's, und baute die von feinem Vater Simon ange- fangene Burg Baris innerhalb der Mauern, welche den Tempelberg umgaben, – eine Feste, die in späterer Zeit unter - dem Nahmen Antonia bekannt wurde. Er war es auch, wel- 105 J vor cher die südlich wohnenden I dumäer besiegte, und sie zwang, Chr. entweder auszuwandern, oder das Gesetz Mofis anzunehmen und sich beschneiden zu lassen. Da sie das Letztere wählten, wurden fie durch die Beschneidung mit dem jüdischen Volke vereinigt. Unter diesen erscheint nun - Am t i p a S., aus einem vornehmen Hause der Idumäer – unter Alexan- Jos. Flav, der Jannaeus und Alexandra Statthalter von Arch. XIV. J du mäa, hatte 2 Söhne, Antipater und Ka e pha- I, 3. li on oder Ph a lion. De Bell. 6, - 2. 104 – 77 Antipater, I. vor Chr. Nachfolger feines Vaters im Statthalteramte zur Zeit des Bru- 60 S. vor der zwistes zwischen Hyrkan II. und Aristobulus II. um Cy r. den Thron des jüdischen Landes – war bey Hofe im großen An- / sehen, hatte aber nach dem Tode der Alexandra die Parthey des Hyrkanus gegen Aristobulus ergriffen, und wurde nun vom Letzteren zurückgesetzt, welches ihn verleitete, Hy rk an, unter dem Vorwande, daß sein Bruder ihn tödten wolle, zu überreden, mit Aretas, dem Könige der benachbarten Araber, insgeheim ein Bündniß einzugehen. Nachdem Antipater Alles veranstaltet, auch viele Juden auf feine Seite gebracht hatte, so entfloh er mit Hyrkanus zu Aretas nach Arabien; dieser führt ihn mit 50.000 Mann nach Judäa zurück, schlug den König Ari - - fobulus, und nahm Jerusalem ohne Widerstand ein. Aristobus lus, der von den Seinigen großen Theils verlaffen ward, warf sich in den Tempel und wurde nun da belagert. Die Erbitterung war so groß, daß die Belagerer dem Aristobulus, da eben das Osterfest einfiel, keine Opferthiere zu kommen ließen, ob er ih- nen gleich das Geld dafür, was sie verlangt hatten, schon über die Mauern herabgelassen hatte. Sie steinigten auch den frommen Juden Onias, weil er den Aristobulus nicht verfluchen wollte. In diesen mißlichen Umständen schickte Aristobulus zu Scau- rus, dem römischen Feldherrn, der eben Damask besetzt - hatte, und versprach ihm 400 Talente, wenn er ihm zu Hülfe komme; und obgleich Hyrkan ihm eben so viel versprechen ließ, so ließ sich der Römer doch lieber mit Aristobulus ein, empfing das Geld, und auch Gabinius erhielt eine Summe von 300 Ta- lenten. Scaurus kam nun , und befahl dem Könige Aretas, in sein Reich zurückzukehren, oder die Macht der römischen Waf- fen zu erwarten. Aretas fand das Letztere zu gefährlich, und ging nach Arabien zurück, wurde aber von Aristobulus eingehohlt und erlitt eine große Niederlage, in welcher viele Juden, die für Hyrkanus kämpften, und felbst Kaephalion oder Phalion, der Jos. Flav. Bruder des Antipater, umkamen. So war nun zwar Aristo- Arch XIV. bulus wieder Herr im Lande, suchte aber, um als Konig auch I, 4. 2, 3. von den Römern bestätiget zu werden, durch Gesandtschaften De Bell. I. und Geschenke die Freundschaft des Pompejus zu erlangen, wel- 6, 3. cher mit seiner Armee in Syrien, welches er erobert hatte, stand. Allein auch Hyrk an wandte sich durch Antipater, der ihn Jos. Flav. in Allem kräftig unterstützte, an Pompejus. Pompeius lieh Arch. XIV. vorerst bey den Thronbewerbern ein williges Ohr, verschob aber 3, 2. - feine Entscheidung, weil er, wie sich später ergab, keinen der bey den Brüder im Besitze der Regierung lassen wollte. Aristobu- lus verlor die Geduld, griff, da er auf eine gute Sache nicht vertrauen konnte, von Neuem zu den Waffen, und schloß sich endlich in Jerusalem ein. Der römische Feldherr befahl nun den G a bin ius, die heilige Stadt zu belagern, die nach 3 Mona- 63 J. vor then unter großem Blutvergießen, und zwar an einem Sabbathe, Chr. auch genommen, fo wie der Tempel, in dem sich die Gegenpar- they am meisten befestiget hatte, erstürmt wurde. Die Juden, treu ihrem Gesetze, ließen sich am Altare, wie die Opferthiere, niederschlachten, ohne die Hand aufzuheben; viele Priester wur- den bey ihren heiligen Beschäftigungen ein Opfer der Wuth der Krieger, während andere, die die Entweihung ihres Tempels durch die Götzendiener nicht mit ansehen konnten, sich von dem Felfen herabstürzten, auf welchem das Gebäude stand. Die Mauern der Stadt wurden geschleift, und Hyr kam zum Hor s 4 henpriester und Regenten, jedoch unter römifcher Oberherrlichkeit, ernannt; Aristobulus und feine Söhne aber wurden als Gefangene nach Rom geführt. Das ganze frü- her von den Juden nach Norden hinauf eroberte Gebieth wurde 54 J. vor ihnen abgenommen und zu der römischen Provinz Syri E. In Chr. geschlagen. Als bald darauf Julius Caesar an die Stelle Jos. Flav. des Pompejusgetreten war, trachtete nicht minder Antipater, Arch. XIV. welcher den schwachen Hyrkan noch immer leitete, des Ersteren 4, 4–5. Gunst zu gewinnen. Er unterstützte Julius Caesar in dem De Bell, I. alexandrinischen Kriege, begleitete ihn auf seiner Reise nach dem 7, 6–7, Pontus bis an die äußersten Gränzen der Provinz, und wußte der herrschenden Parthey mit solchem Erfolge zu schmeicheln, daß er nicht nur für feinen Herrn den Schutz des Römers, der ihn in feiner Schattenwürde bestätigte, und die Erlaubniß ertheilte, die von Pompejus zerstörten Mauern Jerusalem's wieder auf bauen zu dürfen,– sondern auch für fich fel bft die Prokura- tur (Nebenstatthalterey) in Judäa erhielt. In dieser hohen Stel- lung ernannte Antipater feinen ältesten Sohn Phasa el zum Commandanten von Jerusalem, und übertrug dem jünge- ren, dem listigen und gewissenlosen Herodes die Verwaltung von Galiläa, des nördlichen Gebiethes des ehemahligen israeli- tischen Königreiches. – Hie mit fing sich also die Herr- fchaft der Familie H. e r o d es über die Juden an, während welcher aber im Grunde die R ö m er die eigentlichen Herren des Landes waren. - Antipater hatte 4 Söhne: Phasa e 1, Herodes, Jo- seph, Phero ras, und eine Tochter, Mahmens Salome, und wurde von einem gewissen Malich us, für welchen er bey Hyrkan Fürbitte eingelegt hatte, weil er den ihm zufallenden Antheil einer Contribution zum Unterhalte einer neu gesammel- ten Armee nicht bezahlen konnte, die dann Hyrkan erlegte, zu 37 J. vor Lohne dieser Wohlthat vergiftet. - C h U- Jos. Flav. Herodes *). Arch. XIV. - - 11, 2. Herodes, mit dem Beynahmen der Große, zu Askalon De Bell, I. geboren, daher auch der Ask a lonite genannt, zeigte als 11, 2-3. *) Siehe Jahn's biblifche Archäologie, II. Theil. Politische Alterthümer, II. Bd. 13. K. Gefchichte unter dem Könige Herodes. Pag. 1–73. junger Statthalter von Galiläa schon bey Lebzeiten seines Va- ters kühnen, unternehmenden Geist. Er bekriegte die Räuber in Galiläa, und ließ ihren Anführer Hezekia, und alle, die er ge- fangen bekam, hinrichten. Dieses fetzte ihn bey den Inwohnern, und felbst bey Sextus Cäsar, dem Präses von Syrien, in gro- ßes Ansehen; das Synedrium aber lud ihn nach Jerusalem vor Gericht, daß er das Recht über Leben und Tod eigenmächtig aus- geübt hatte. Er erschien auf die Warnung seines Vaters mit einer Leibwache, in Purpur gekleidet und wohl frisiert, vor dem hohen Gerichte, wodurch alle Beyfizer stumm gemacht wurden; aber Same as (vielleicht Sime on, Luc. 2, 25–35) verwies ihnen ihre Zaghaftigkeit, und soll unter andern gesagt haben, daß Herodes einstens sie nicht, wie jetzt sie ihn, schonen würde, wie es späterhin auch geschehen ist. Hiedurch erwachten zwar die Beyfitzer des hohen Gerichtes; aber der Präsident und Fürst Hyrkan machte der Sitzung ein Ende und ließ Herodes, der ihm von Sextus Cäsar durch Briefe war empfohlen worden, einen Wink geben, sich von Jerusalem zu entfernen. Er ging fofort nach Damask zu Sextus Cäsar, und erhielt nicht nur feinen Schutz, sondern auch für eine gewisse Abgabe die Ver- waltung von ganz Cölesyrien. Nun ließ er sich nicht damit be- gnügen, dem Synedrium zu trotzen, sondern sammelte eine kleine Armee, zog gegen Jerusalem, um das Synedrium zu züchtigen, und auch Hyrkan abzusetzen, wurde aber noch von seinem Vater und von seinem Bruder Phafael auf bessere Gesinnungen gebracht. Als sein Vater vergiftet worden war, hatte er lange Zeit 43 J., vor feine Nachgierde gegen den Thäter in seinem Herzen verborgen, Chr. und wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, diese in Vollzug Jos, Flav. zu setzen. Eine folche both sich ihm dar, da er mit Malich us Arch. XIV. und mehreren andern umliegenden Fürsten nach Laodicea reiste, 9, 1–5. um dem römischen Feldherrn Cassius Longinus (einem De Bell. I. von den Mördern des Cäsars) seine Beyfreude über die Erobe- 10, 4–9. rung dieser von Dola bella besetzt gewesenen Stadt zu bezei- gen. Bei der Rückkehr veranstaltete nun Herodes die Sache im Einverständniß und mit Billigung des Caffius Longinus der- gestalt, daß Mal ich us, als er gegen Tyrus kam, von den Jos. Flav. römischen Soldaten ermordet wurde. Arc h. XIV. Zu Jerusalem hatten gleich nach dem Abmarsche des Caffius 11, 4 – 6. Longinus, der bis dahin vorgerückt war, die Anhänger des Ma- De Bell. I. lichus große Unruhen erregt, indem sie die Hinrichtung ihres 11, 3 – 8. Oberhauptes an Herodes und Phafael zu rächen suchten. Sie (5 hatten sowohl Hyrkan, als auch den von Longinus zurückgelaffe nen Befehlshaber der Truppen auf ihre Seite gebracht, und ein Bruder des Malchus hatte mit Vorwiffen des Hyrkan Maffada und andere feste Plätze besetzt. Herodes lag zu Damaskus krank, sein Bruder Phafael aber trieb die Anführer der Unruhigen fammt ihrem Befehlshaber Felix aus Jerusalem; und als Herodes end- lich ankam, so wurde diese Parthey bald ganz unterdrückt. Pha- fael und Herodes machten zwar dem Hyrkan wegen feiner Be- günstigung der Unruhigen bittere Vorwürfe, föhnten fich aber Jos- Flav. bald wieder mit ihm aus, weil Herodes Marianne, eine En- Arch. XIV. kelinn des Hyrkan"s ehelichen wollte. 11, 7. Die unterdrückte Parthey spukte aber noch hie und da, und . Pºe Bell. I. rief endlich Antigonus, den jüngsten Sohn des Aristobulus, 1, 1-2. der zu den Partheyen geflüchtet war, von Chalcis ins Land, um ihn anf den Thron, feines Vaters zu erheben. Das Unternehmen wurde von dem Könige von Tyrus, Marion, aus Haß gegen Herodes, ferner von Ptolomäus Menn äus, dem Fürsten von Chalcis, der die Schwester des Antigonus zur Ehe hatte, und felbst von Fabius, dem römischen Vorsteher von Damask, welcher mit Geldsummen gewonnen war, unterstützt. Als aber “, ' Antigonus mit feinem Heere nach Judäa kam, so wurde er von 12, 1. "Herodes gänzlich geschlagen, und mußte für dieses Mahl sein De Be II. I. Vorhaben aufgeben. - - - 12, 2–3. Die mißvergnügte Parthey gab sich aber hiermit nicht zu: 40 J. vor frieden, sondern schickte an Antonius, der eben in Syrien Chr. angekommen war, Gesandte, und ließ Phafael und Herodes anklagen, daß sie dem Hyrkan die Regierung entziehen. Aber Antonius ward von Herodes, der eben gegenwärtig war, durch Geschenke an die guten Dienste erinnert, die sein Vater Antipa- ter ihm und dem Gabinius auf dem Zuge gegen Egypten er- Jos. Flav. wiesen hatte, und hiemit ward die Klage verworfen. Arch XIV. Obgleich aber die Mißvergnügten mit ihrer Klage gegen 12. 2, Phafael und Herodes abgewiesen waren, fo erneuerten doch bey De Bell. I. hundert andere und zwar vornehme Juden, die zu Antonius 12, 4. nach Daphne bey Antiochien kamen, diese Anklage. Antonius befragte nach ihrem Verhöre den Hyrkan, der eben zugegen war, wen er zur Verwaltung unter ihm für den Geschicktesten hielte, und dieser nannte Phafael und Herodes; worauf Antonius Jos. Flav, diese zwey Brüder zu Tetrarchen von Palästina nach- Arch. MIV- te, und 15 von den Klägern hinrichten lassen wollte, wenn nicht Fin. Hyrkan sie freigebethen hätte. Indessen hatte Antonius, der 12 5–6, - -------- Sprößling des Aristobulus, ein starkes Heer der Parther nach 3 – 34 J. Syrien geführt, drang in Judäa ein, und belagerte selbst Jeru- vor Chr. falen; da er aber in den Gefechten gegen Herodes und Phafael nicht bestehen konnte, so mußte er sich, ungeachtet er schon einen großen Theil der Stadt inne hatte, in den Tempel werfen. He- rodes und Phafael aber besetzten das an den Tempel stoßende kö- nigliche Schloß Baris. Beyde Theile suchten nun aus allen Kräften einander Abbruch zu thun, konnten aber kein großes Uebergewicht erhalten; und ob sie gleich durch die zum Pfingst- fest kommenden Juden, die sich zu einer der beyden Partheyen schlugen, verstärkt wurden, so wurden die Gefechte nur ernst- hafter und blutiger, aber nicht entscheidender. Endlich kam man zu einem Vergleiche, wobey auf Verlangen des Antigonus der parthische Mundschenk Pak or us, welcher mit feiner Mann- fchaft vor Jerusalem lag, als Schiedsrichter, mit 500 Reitern in die Stadt eingelassen wurde. Phafael, der Bruder des He- robes, nahm ihn in sein Haus auf, und ließ sich unvorsichtiger Weise bereden, mit dem Fürsten Hyrkan zu Bar zapharnes, dem parthischen Statthalter von Syrien, zu reisen, um die Sache beyzulegen. Der Mundschenk Pak or us begleitete Hyr- kan und Phafael mit seiner Reiterey bis nach Galiläa; und nachdem er hier eine Reisenden einer andern Abtheilung der par- thischen Reiterey übergeben hatte, so kehrte er nach Jerusalem zurück. Der parthische Statthalter Barz ap ha rn es begegnete dem Hyrkan und Phafael so lange freundschaftlich, bis er ver- muthen konnte, der Mundschenk Pak or us werde sich nun zu Jerusalem des H e r odes bemächtiget haben, worauf er feine bey den Gäste plötzlich gefangen nehmen ließ. Allein Hero des hatte die Verrätherey gewittert, und war mit seinen Soldaten und feiner Familie zur Nachtzeit aus Jerusalem entwichen, und in die Bergfestung Maffada an der Westseite des todten Meeres entflohen. Diese Flucht, auf welcher er sich beinahe selbst ent- leibt hätte, war aber mehr ein Rückzug vor dem Feinde, als eine ganz heimliche Flucht; denn die Feinde setzten ihm nach, und er hatte auf dem Zuge immer zu kämpfen; nur war er stär- ker als die nachfetzenden Feinde, und ihnen überlegen. Bey Reja kam ein anderer Bruder Joseph zu ihm mit der übrigen Mannschaft. Er legte seine Familie und auch feine Schätze und Kostbarkeiten in das Schloß Maffada, und ließ eine Besatzung von 800 Mann unter dem Befehle seines Bruders Joseph da; bep 9000 Soldaten, die in dem Schloffe nicht Raum hatten, -- entließ er, und mit den übrigen ging er zu Malchus, dem Nach- folger des Königs Aretas, nach Petra, wurde aber von demselben zurückgewiesen, und war also genöthiget, auch die übrige Mann- fchaft zu entlaffen. Er ging nun mit einem kleinen Gefolge über Jos. Flav. Rhinokolura und Pelusium nach Alexandrien, wo er sich Arch. XIV. einschiffte, um nach Rom zu reifen. 13, 3 – 9. Die Part her plünderten nach der Flucht des Herodes die 14, 1–3. Stadt Jerusalem und die umliegende Gegend, fetzten Antigo- De Bell. I.nus zum König ein, und lieferten ihm den Fürsten Hyrkan und 13, 1 – 8. Phafael, den Bruder Herodes, aus. Phafael zerstieß sich im 14, 1–13. Gefängniffe den Kopf an der Mauer, um nicht durch die Hände der Feinde getödtet zu werden. Dem Fürsten Hyrkan aber ließ Antigonus, um ihn auf immer zu dem Hohenpriesterthum un- fähig zu machen, die Ohren abschneiden, und schickte ihn fover- Jos. Flav. stümmelt zu den Parthern zurück, von welchen er nach Seleucien Arch. XIV. am Tiger geführt wurde, - - - - - - - 13, 9 – 10. Herodes fuchte zu Rom bloß, daß Aristobulus, ein En- De Bell. I. kel. Hyrkan"s und Bruder feiner verlobten Braut Maria mne, 13, 9 – 11. zum König erklärt, er selbst aber als Statthalter unter ihm bestätiget werden möchte, wie er es unter Hyrkan bisher gewesen war. Er fand an Antonius, denn er eine Summe Geldes versprach, noch den alten Freund, und wurde durch ihn, als der Sohn des Antipater, der vormahls dem Cäsar in Egyp- ten so große Dienste geleistet hatte, dem Octavianus so gut empfohlen, daß es Beyde ihrem Intereffe für angemessener hiel- ten, dem Herodes selber die Vasallenkrone von Judäa zu übertragen, statt sie einem unerfahrenen Jünglinge auf die Stirn zu setzen; überdieß glaubte man, da der Sohn Antipater's sich mit einer Prinzessinn aus dem Hause der Hasmonäer verbinden wollte, dadurch die Forderungen jeder Familie zu befriedigen. H er odes wurde demnach in der 184. Olympiade unter den Consuln Domitius Calvinus und Asin ius Pollio, in Begleitung des Antonius und Octavianus, auf das Kapito- lium geführt, hier zum König von Judäa ausgeru- 37 J. vor fen, und als folcher bey abgöttischen Opfern ein- Chr. geweiht *). - Jos. Flav. Arch. XIV. - - - - 14, 3–5. *) Da war d also der Scepter von Juda genom- Denen I. men, und die Zukunft desjenigen nahte sich, der gesandt werden soll, dem die Völker an 14,3. 4.15,3. hängen werden. Genes. XLIX., 10. 49 – - - Dieses geschah. Alles so schnell hintereinander, daß Hero- des nach 7 Tagen schon wieder von Rom abreiste, und etwa 3 Monat he nach feiner Flucht abermahls zu Ptolomais an's Land stieg. Bey der Ankunft des Herodes waren die Parther nicht mehr in diesen Gegenden, da sie von dem in die Morgen- länder geschickten römischen Feldherrn Ventidius bereits ge- Jos. Fl schlagen und aus Syrien vertrieben worden waren. A ' Das Erste, was nun Herodes that, war, daß er ein Kriegs- “ - heer sammelte; und nachdem er von Ventidius und feinem Feld- ID n - 1 I. I herrn Silo einige Hülfstruppen erhalten hatte, so nahm er Ga- C 1. 1. 1. liläa bis auf einige Plätze weg, eroberte dann Joppe, und “ eilte hierauf nach Maffa da, wo seine Familie von Antigo- mus scharf eingeschlossen war und heftig belagert wurde. Nach- dem er diese Festung entsetzt, und so feine Familie gerettet hatte, so eroberte er Reffa, eine starke Festung in Idumäa, ging dann zurück, vereinigte sich mit Silo, welchen Ventidius ihm zu Hülfe geschickt hatte, und lagerte sich vor Jerusalem. Aber weder Ventidius noch Silo meinte es wirklich gut mit Herodes; . jener hatte sich schon vorhin von Antigonus, den er bedroht hatte, durch Geld zum Abzug bewegen lassen, und Silo nahm nun bald von Herodes, bald von Antigonus große Summen an, und half in der That Beyden nur vom Gelde; er ließ auch noch überdieß unter dem Vorwande des Mangels an Lebensmitteln seine Soll- daten Räubereyen verüben, so zwar, daß sie endlich die Stadt Je richo plünderten. Herodes konnte wirklich froh seyn, daß endlich Silo seine Truppen in die ihnen angewiesenen Winter- Jos. Flav quartiere nach Samarien, Galiläa und Idumäa abmarschieren Aren xiv. ließ. - - - - - Heroid es mußte nun zwar die Belagerung Jerusalems 15, 1–3. aufheben, ging aber nicht in die Winterquartiere, sondern schickte De Bell. I. seinen Bruder Joseph mit einer Abtheilung nach Idumäa, um 15, 1–6. das Land im Gehorsam zu erhalten; er selbst zog nach Galiläa, eroberte Sepp h oris und andere feste Plätze, und reinigte das Land von den Räubern, welche besonders bey Arlb e la so zahlreich waren, daß sie ein Kriegsheer ausmachten und ordent- liche Schlachten lieferten. Sie fochten so tapfer, daß Herodes die Schlacht bey nahe verloren hätte. Er jagte sie zwar endlich Jos. Flav. über den Jordan; doch blieben viele in den Höhlen verborgen. Arch. XIV. Hierauf verlegte er seine Soldaten in die Winterquartiere, in- dessen sein Bruder Pheroras die Zufuhr der Lebensmittel", I. besorgen mußte. 16, 1 – 3. 116) ------- -- 36 3. vor. Im Frühling hatte Herodes noch unbeschreibliche Mühe, Chr. die Räuber in ihren Höhlen vollends zu bezwingen. Zu den Höh- len in den steilen Felsengebirgen bey Arbela mußten die Soll- daten in Kisten durch Seile hinaufgezogen werden, wo sie dann am Eingang der Löcher noch harte Gefechte hatten, um die Un- holden zu bezwingen. So viele Mühe es sich aber Herodes - kosten ließ, diese Räuber zu vertilgen, so hatte er doch kaum - den Nücken gewendet, und die Gegend war wieder voll Räuber, indem die sich über den Jordan geflüchtet hatten, nun sogleich wieder nach Galiläa zurückkehrten. Herodes mußte daher nach feinem Abzuge bald wieder umkehren, und er verfuhr jetzt auch um so viel strenger mit diesem Gesindel. Er machte. Alles nieder, zerstörte die Höhlen, die ihre Schlupfwinkel waren, und ver- bannte Alle, welche diese Brut auf, was immer für eine Art be- günstigt hatten. Auf diese Weise stellte er endlich die Ruhe im Lande her. - - - - - - Herodes war indessen nach der Niederlage der Räuber I in Galiläa gegen Antigonus nach Samarien gezogen; da "aber Ptolomäus, den er in Galiläa zurückgelaffen hatte, von den zurückkehrenden Räubern geschlagen wurde, fo mußte er wieder umkehren. Nachdem er die Ruhe in dieser Provinz aber- mahls hergestellt hatte, so erhielt er von Ventidius auf Befehl des Antonius 2 Legionen und 1000 Mann Neiterey unter dem Befehle des Mach ärus. Diese Hülfstruppen schadeten ihm aber mehr, als sie ihm nützten; denn da Machärfus, um mit , Antigonus zu sprechen, sich den Mauern von Jerusalem ni- herte, und von den Schleuderern auf den Stadtmauern zurück- getrieben wurde, so ließ er Alles, was ihm aufstieß, auch die , Soldaten des Herodes, niedermachen. Hierüber aufgebracht, ging H er odes in aller Eile zu Antonius, der damahls noch vor Samosata lag. Mach ärus eilte ihm zwar nach, und befänf- tigte ihn; Herodes fetzte aber defen ungeachtet seinen Weg fort, um dem Antonius feine Aufwartung zu machen und wirksamere Hülfe zu erhalten. Während seiner Abwesenheit wurde fein Bruder Joseph, der indessen das Commando führte, auf einem Zuge gegen Jericho von Antigonus umringt, und fammt dem größten Theil seiner Truppen niedergehauen. Diese Nach- richt erhielt Herodes auf seiner Rückkehr zu Daphne bep Antiochien; er beschleunigte daher eine Reise, warb auf dem Libanon 800 Mann Soldaten, und erhielt auch noch eine römi- sche Legion, und bald darauf eine zweyte, Nachdem er die wieder Jos, Flav. Arch, XIV. 15, 5. De Bell. I5, 4. 5, . . . 11 unruhig gewordenen Galiläer in Ordnung gebracht hatte, so er-, Jos. Flav. litt er auf dem Zuge nach Samarien von Antigonus einigen Ver- Arch. XIV. lust, schlug aber bald darauf Papus, den Feldherrn des Anti- 15, 6 - 13. gonus, worauf die einbrechende Kälte beyde Theile zwang, die De Be 11. I. Winterquartiere zu beziehen. 16, 6. 7. 17, - Zu dem folgenden Feldzuge hatte Herodes große Zurü-1–8. fungen gemacht. Er führte sogleich im Frühling fein Heer vor 35 J. vor Jerusalem, und ließ Anstalten zur Belagerung treffen, indefen Chr. er nach Samarten ging, und mit Marianne, mit der er nun schon 4 Jahre verlobt war, Beylager hielt. Durch diese Verbindung mit einer Person aus dem Hasmanäischen Haufe, welchem die Juden sehr zugethan waren, hoffte er die Nation . . . für sich zu gewinnen. Als er wieder ins Lager kam, so stieß der römische Feldherr Sofius nach dem Befehle des Antonius mit feinen Truppen zu ihm, und hierdurch wuchs sein Heer auf 11 Legionen an, nebst einem Corps von 6000 Reitern und den fyrischen Hülfstruppen. Ungeachtet aller Anstrengung einer so zahlreichen Armee wurde die Stadt doch erst nach einiger Zeit erobert. Die römischen Soldaten waren so erbittert, daß sie auch, 34 J. vor nachdem sich Alles ergeben hatte, noch immer fortfuhren zu töd- Chr. ten und zu plündern; und da Sofius, ungeachtet aller Vor- stellungen, doch dieses Verfahren billigte, so mußte Herodes, um die Stadt nicht zur Einöde machen zu laffen, die Schonung durch eine große Summe Geldes erkaufen. So gelangte endlich Herodes zum Besitze des Reiches, welches ihm die Römer, Jos. Flav. die fonst immer nur Prinzen Reiche schenkten, vor 3 Jahren Arch. XIV. verliehen hatten. - 15, 14. 16, Der König Antigonus ergab sich auf eine sehr niedrige 1 - 4. Art, und ward daher auch eben so niedrig behandelt. Er fiel dem Pº" e II. I, Sofius zu Füßen, wurde aber von ihm zurückgestoßen, und aus 17, S. 9 ", Verachtung weiblich, Antigona, genannt. Man legte ihn in - Feffeln, und brachte ihn nach Antiochien, wo ihn Antonius auf die Vorstellung des Herodes, daß die Juden, wenn er bey Leben bliebe, wegen ihrer Anhänglichkeit an das Hasmonätsche Haus neue Unruhen anfangen würden, gerichtlich verurtheilen, und wie einen gemeinen Mann, durch das Beil des Lictor hin- richten ließ. Hiermit endigte sich das Hasmonäische Reich, unter den Consuln Marcius Vispa nius Agrippa und Cani- lius Gallus, in der 185. Olympiade, gerade in der Jahres- Jos. pla, zeit, in welcher vor 27 Jahren Pompejus Jerusalem er Arch XIV. obert hatte, 16, 4. 12 34 – 31 J. Obgleich die Juden mit Herodes, als einem, durc "º" Chr. langwieriges Blutvergießen aufgedrungenen Könige, fchlecht zufrieden waren, so machte doch Herodes sich tion noch mehr abgeneigt, indem er, um seinen Thron zu fast täglich einige seiner Gegner hinrichten ließ. Dieses Schicksal traf alle Beysitzer des Synedriums bis auf San und Pollio, die während der Belagerung Jerusalem" 9erathen hatten, Herodes als König anzunehmen, da die ' Flav. sich in einem trotzigen Vertrauen auf den Tempel Gotte rch. XV. setzten. “ # Damit nun die Mißvergnügten nicht an einem m 18 " I. Hohenpriester und feiner Parthey eine Stütze finden - 4. fo berief Herodes Anane 1, einen gemeinen Pries aber aus der Familie der alten Hohenpriester abstamm Babylonien zu dem Hohenpriesterthume, der für sich w Jos fehen noch Anhang besaß, und ihm folglich nie gefährl Arch lav. den konnte. – Um sich vor dem Kronprätendenten, d " *V mahligen Könige und Hohenpriester Hyrkan II, der zu Sº 2, 4. von den orientalischen Juden königlich unterhalten wurd zu stellen, und ihn in seine Gewalt zu bekommen, lud rodes, unter dem Vorwande, ihm die empfangenen Wo zu erwiedern, zu sich nach Jerusalem ein, und wirkte 35 I. vor Phra hat es, dem Könige der Parther, Erlaubniß z Chr. kehr aus. Der Greis war schwach genug, den falschen Jos. Flav-sungen zu glauben, und kam, ungeachtet der Warnun Arch. XV. orientalischen Juden, nach Jerusalem, wo er von Hert 2, 1 – 4. Zeitlang gut gehalten wurde. 32 J. v or Indeffen war Herodes nicht nur durch das zud Chr. Bitten seiner geliebten Gemahlinn Maria mne, sond mehr durch die Bewegungen, welche ihre Mutter Alex eine Tochter Hyrkan"s II. und Gemahlinn Alex an die Kleopatra von Egypten, und durch sie bey Antonius genöthiget, feinen Hohenpriester Ananel abzusetzen, u *) Dieser Sam eas, der von Josephus Flav ein Prophet vorgestellt und von den Talmud dem Beysatze: der Gerechte, als der Vater de liel angegeben wird, konnte gar wohl der S i feyn, welcher bey Lucas 2, 25 so rühmlich erwäh Vergl. Michaelis' Anmerk. zu feiner Ue des n. T. Luc. 2, 25. I. Th. S. 373 – 378. 113 Würde Aristo bulus, dem Bruder der Marianne, der erst 17 Jahre alt war, zu verleihen, wodurch auch das Volk einigermaßen mit Herodes ausgesöhnt wurde. – Allein Hero- Jos. Flav. des traute darum der Alexandra nichts Gutes zu, befahl ihr, Arch. XV. sich in der Residenz aufzuhalten, und ließ sie von getreuen Auf-2, 7. 3, 1. fehern genau beobachten. Hierüber klagte sie in Briefen der Kleo- patra ihre Noth, und erhielt von ihr den Rath, zu ihr zu ent- fliehen. Sie sperrte nun ihren Sohn Aristobulus in einen Sarg, und sich selbst in einen andern, und die Bedienten sollten sie zur Nachtzeit an die Küste tragen, wo schon ein Schiff bereit stand. H er od es aber, der es bey Zeiten erfahren hatte, ließ diese Kontrebandwaare anhalten, durfte aber aus Furcht vor Kleopatra nicht mit Strenge verfahren; er stellte sich daher, als ob er Alles verziehen hätte, und war von nun an darauf bedacht, den Aristobulus, der ihm fo gefährlich werden könnte, auf die Seite zu schaffen. Als nun der junge Hohepriester am Versöhnungstage und am Lauberhüttenfeste fein Amt verrichtete, und das ganze Volk für sich eingenommen hatte, fo veranstal- tete H e r odes, da er bald darauf zu Jericho bey Alexandra zu Gaste war, nach der Tafel in einem Teiche ein Bad, in wel- chem er durch feine Vertrauten den Arift ob ulus, gleichsam scherzend, so oft und so lange untertauchen ließ, bis er ertrank. Je tiefere Trauer nun Herodes über den Todesfall, als über einen unversehenen Verlust, äußerte, und je größer das Leichen- begängniß war, so er dem Ermordeten veranstaltete, desto mehr „ Flav, leuchtete es Allen ein, wie sehr sich Herodes innerlich freute, Arch. XV. daß fein Anschlag so gut gelungen war. 3, 2-4. Aller an dra ermangelte nicht, diese Treulosigkeit der Kleo- patra zu berichten, welche ihr dagegen persprach, alles Mögliche beyzutragen, um den Mord zu rächen. Es kam auch wirklich da- hin, daß Antonius, da er zu Laodicea war, den Herodes 31. J. vor hierüber zu Rede stellte; doch ließ er sich durch Gründe, welchen Chr. H e r odes mit Geschenken die Vollwichtigkeit zu geben wußte, belehren, und fuchte die Kleopatra, welche nach dem Neiche des Herodes strebte, mit dem Geschenke von Cölesyrien zu befriedi- gen- Ob nun gleich die Sache hiemit beygelegt war, so gab die Jos. Flav. doch Gelegenheit zu neuen Unruhen. Denn da Herodes die Arch. XV. Macht der Kleopatra über Antonius kannte, so hatte er sich bey 3, 5, 8. der Abreise zu Antonius auf allen Fall zum Verlust seines Ko- pfes gefaßt gemacht, und Jofeph , feinem Oheim, die Reichs- verwaltung und die Aufsicht über seine Familie übergeben, mit 14 dem Auftrage, auf die Nachricht von seinem Tode sogleich Mae riamne hinrichten zu laffen, damit diese fchöne Beute dem wollü- istigen Antonius, bey denn sie vielleicht eine Mitursache zu dem Verdammungsurtheile feyn durfte, entzogen würde. Jofeph wartete nun während der Abwesenheit des Herodes der Mariamne fleißig auf, und plauderte dieses Geheimniß, als einen Beweis der Liebe des Herodes gegen fie, heraus. Welche Wirkung diese Entdeckung auf Mariamne und ihre Mutter Alexandra machen mußte, ist leicht zu erachten. Da sich nun hierauf ein Gerücht verbreitete, Hero d es fey hingerichtet worden, fo wollte sich Alexandra unter den Schutz des Julius begeben, welcher eben mit einer römischen Legion vor Jerusalem lag. Allein sogleich darauf kamen Briefe von Herodes, mit der Nachricht, daß er von Antonius sehr gut aufgenommen worden. Da er nun bald darauf selbst ankam, so hörte er von feiner Schwester Salome, wie fleißig fein hinterlassener Aufseher die Königinn Mariamne besucht habe, und hiedurch war feine Eifersucht erregt. Als He- ro des hierüber Mariamne selbst vernahm, so hielt er Anfangs die Anklage für eine bloße Verläumdung; aber da er sie hierauf feiner Liebe versicherte, und aus ihrem Munde hörte, daß Jo- fe p h ihr den geheimen Auftrag entdeckt hatte, fo, meinte er, hierin den Beweis eines verbothenen Umganges zu haben, und rannte mit dem Dolche auf sie los, hielt aber doch noch an sich; Jos. Flav. dagegen ließ er Joseph, ohne ihn zu verhören, hinrichten, und Arch. XV. Alexandra ins Gefängniß werfen;" mit Mariamne aber, die er 3, 5–9. sehr liebte, suchte er sich wieder auszusöhnen. 31 J. v or Eben dieses Jahr mußte Herold es doch der Kleopatra Chr. ein großes Opfer bringen; denn sie ließ sich mit allen von An- tonius erhaltenen Ländern, als : Cyrene, Cypern, Phönicien, Cölesyrien, Ituräa, und einem großen Striche von Cilicien und Creta noch nicht begnügen, sondern bath ihren Liebhaber, bey dem sie sich eben in Syrien aufhielt, noch immer, ihr auch Pa- lästina und den Bezirk des Malchus, Königs vom steinigen Ara- bien, zu schenken, und Antonius war so schwach, daß er ihr die Bitte nicht ganz abschlagen konnte; er gab ihr demnach von Judäa die fruchtbarste Gegend, den Bezirk von Jericho fammt Jos. Flav. den Balsamgärten, die Städte an der Küste von dem Eleutherus Arch. XV. bis an den Strom Egyptens, nur Zidon und Tyrus ausgenom- 4, 1. 2. men, und von dem steinigen Arabien den an Egypten gränzenden De Bell. I. Antheil. Herodes fand sich dann für eine jährliche Abgabe von 18, 4. 5. 200 Talenten mit Kleopatra ab. - 15 Ob nun gleich Kleopatra bey Antonius. Alles versucht hatte, um die Hinrichtung des Herodes auszuwirken, so kam sie doch auf ihrer Rückreise von dem Euphrat, wohin sie ihren Lieb- haber auf dem Zuge nach Armenien fo eben begleitet hatte, zu Herodes nach Jerusalem, und war fo unverschämt, auch diesen, ihr sonst so verhaßten König in ihr Netz zu ziehen; sie erhielt aber einen Korb, und hätte auch noch ihr Leben verloren, wenn Herodes nicht die Rache des Antonius zu sehr gefürchtet hätte. Er bewirthete also diesen feindseligen und verhaßten Gast auf das Freundlichste, und begleitete sie dann mit allen Ehrenbezei- gungen bis an die Gränze von Egypten, damit ihm dieser böse Jos. Flav. Geist nicht noch mehr schaden möchte. Indessen suchte er sich auf Arch. XV. allen Fall einen Zufluchtsort zu bereiten, und ließ in dieser Ab- 4, 2. ficht Maffada auf's Beste befestigen und mit Waffen für 10.000 De Bell. I. Mann versehen. 18, 5. Als in Griechenland Octavianus und Antonius sich 30 – 27 3. wechselseitig mit ihren Armeen gegenüber standen, wollte Hero- vor Chr. des mit feinen Truppen zur Hülfe des Antonius abmarschieren, als von diesem Briefe mit der Weisung ankamen, er sollte M al- chus, den König von Arabien, bekriegen, weil er für den an Egypten gränzenden Theil seines Reiches, welchen Antonius der Kleopatra geschenkt hatte, die in einem Vertrage versprochene Abgabe nicht entrichtete. Herodes befolgte den Auftrag, gewann Jos. Flav. ein Treffen gegen Malchus, wurde aber hierauf bei Cana in Cö Ar": V. lesyrien mit großem Verluste geschlagen. Zu diesem unglücke". kam bald hernach auch noch ein so heftiges Erdbeben, daß, wie 19, 1. 2. Josephus Flavius an einem Orte erzählt, bey 10.000, und Jos. Flav, wie er wieder an einem andern Orte schreibt, bey 30.000 Men-Arch, XV. fchen umkamen. Hierauf wollte Herodes mit Malchus Frieden 5, 2. machen, allein Malchus ließ die Gesandten tödten, und fiel ' in's Land ein, wurde aber von Herodes, dessen Kriegsheer wäy- - - rend des Erdbebens eben in einem Lager war, und also nichts " " “ gelitten hatte, sehr übel empfangen. Malchus verlor im ersten - Treffen 5000 Todte, wurde dann in seinem Lager eingeschlossen, "os. Flav. und durch Waffermangel zu einem zweyten Treffen gezwungen, Areth, XV. wo noch 7000 getödtet wurden, worauf der Friede so geschloffen 5, 2 – 5. wurde, wie ihn Hero d es wünschte. De Bell. I, H er odes hatte bisher dem Antonius durch Rath und That 19, 3 – 6. zu helfen gesucht; da aber Antonius feinen letzten Vorschlag, Kleopatra zu tödten, um aus ihrem Schatze in Egypten eine neue Armee zu werben, vernachlässigte, auch auf einen ihm angebot __AG thenen Beystand nicht achtete, so machte Herodes Anstalt, zu Octavianus zu reisen, und wo möglich, ihn mit sich zu ver- föhnen. Er übergab die Reichsverwaltung feinem Bruder Phe- ro ras, mit dem Auftrage, das Reich, im Falle, daß er nicht wieder zurückkäme, zu behaupten. Den nun schon achtzigjährigen Greis Hyrkan, der auf Anstiften feiner Tochter Alexandra nach Arabien entfliehen wollte, ließ er tödten; doch scheint die vor- gehabte Flucht nur ein Vorwand gewesen zu feyn, um diesen Kronprätendenten mit einigem Schein der Gerechtigkeit aus dem Wege zu räumen. Seine liebste Gemahlinn Marianne setzte er fammt ihrer Mutter in das Castell Alexandrium, und gab den Befehlshabern Joseph und Sohem, die ihm fehr getreu waren, den Auftrag, beyde Frauen zu tödten, fobald eine zuverlässige Nachricht käme, daß er selbst getödtet worden. Nach 27 J. vor diesen Vorkehrungen reitete er dem Octavianus entgegen, Chr. und traf ihn nach feiner Rückkehr aus Italien zu Nhodus an. Als er vorgelassen wurde, fo legte er fein Diadem ab, und be- kannte. Alles frey, was er für Antonius gethan hatte, und noch in feinen Unglücke gethan haben würde, wenn derselbe es nur angenommen hätte; woraus sich denn ergäbe, welch' ein Freund er fey, und es käme nur darauf an, ob Octavianus einen solchen Freund, der sich ihm nun antrüge, annehmen wolle. Oe- „ p. tavianus, der schon vormahls mitgewirkt hatte, dem Herodes A„„h. Xy, das Königreich zu verschaffen, ließ sich den Antrag gefallen, und 6, 1–7. bestätigte ihn in seinem Reiche. e Bell, I. So kam Herodes, fehr vergnügt über den guten Aus- 20, 1 – 3. gang, nach Judäa, und fand da zwar Alles in gutem Stande, 22, 1. nur eine geliebte Gemahlinn Mariamne, die abermahls den, ihre Person betreffenden Mordbefehl erfahren hatte, war äußerst betrübt, und dem Herodes abgeneigt. Diese Gelegenheit benütz- Jos. Flav. ten ihre Feindinnen, Cypros, die Mutter, und Salome, Arch. XV. die Schwester des Herodes, ihn gegen Mariamne aufzubringen. 7, 1–3. Als Octavianus in Palästina einrückte, um Egypten - anzugreifen und den Antonius zu vertreiben, so bestrebte sich H er odes auf alle mögliche Art, sich als einen thätigen Freund zu zeigen; er bewirthete ihn fammt einer ganzen Armee zu Pto- lomais mit königlicher Pracht, brachte ihm 800 Talente zum Geschenk, und führte ihn auf dem ganzen Zuge bis nach Pelu- sium, Waffer und Lebensmittel zu. Auf die Nachricht von der Einnahme Egypten's reisete H. e- ro des zu Octavianus, der bald darauf abzog, und begleitete Jos. Flav. De B e l I, I. 20, 3. 1- den Sieger durch Arabien, Palästina und Syrien, bis nach An- tiochien, und erhielt von ihm nicht nur den Strich von Jericho mit den Balsamgärten wieder zurück, sondern auch Gadara, Hippo, Samarien, Gaza, Anthedon, Joppe, Stratonsthurm, und auch noch die 400 Gallier, welche die Leibwache der Kleo- patra ausmachten, zum Geschenke. - Maria m nie war indessen nicht mehr zu versöhnen. Sie verschwieg zwar forgfältig, was ihr Sohem anvertraut hatte, verschmähte aber alle Gefälligkeiten des Herodes, warf ihm öfter die Ermordung ihres Bruders und Hohenpriesters Aristobulus, ihres Vaters Alexanders, des Sohnes Aristobuli II., ihres Großvaters Hyrkan"s II., und ihres Oheims Antigonus, des Bruders Alexandri und des Sohnes Aristobuli II., vor; und da fie auch Cypros, der Mutter, und Salome, der Schwester des Herodes, öfters ihr geringes Herkommen vorrückte, so suchten auch diese den Zorn des Herodes bey allen Gelegenheiten gegen fie anzufachen. Als Herodes einstens wegen einer ungestü- men Weigerung der Mariamne sehr aufgebracht war, schickte Salome den Mundschenk zu ihm, welcher auf Anstiften fälsch- lich aussagte, Mariamne habe ihn verleiten wollen, ihm einen Liebestrank, welcher Gift feyn dürfte, beyzubringen. Hierauf ließ Hero d es den vertrautesten Verschnittenen der Mariamne foltern; aus diesem war aber nichts herauszubringen, als daß der Haß der Königinn von den Reden Sohem's, während daß der König zu Rhodus war, herkomme. Hieraus schloß Hero- de s, daß Sohem nicht nur den geheimen Befehl verrathen habe, sondern auch ein Ehebrecher feyn müßte, und ließ ihn fo- gleich hinrichten; Mariam nie aber klagte er vor Richtern, die er selbst gewählet hatte, des Ehebruches an. Die Richter sprachen, wie sie wußten, daß es der König wünschte, und mein- ten nicht, daß er das Todesurtheil vollstrecken würde. Er wollte auch wirklich die Verurtheilte nur in ein Schloß in Verwahrung fetzen; allein Salome und Cypros stellten ihm die Gefahr einer Empörung des Volkes vor, und er gab dann Befehl, Ma- riamne hinzurichten. Ihre Mutter Alexandra, die sich nun fürchtete, gab ihrer, unerschrocken zum Tode gehenden Tochter noch bittere Vorwürfe mit in's Grab. Sobald sie todt war, so wurde Herodes von Liebe und Gewissensbissen auf das Schreck- lichste gefoltert, und er konnte lange nicht wieder zu sich selbst kommen. Diese Marter ward noch dadurch verbittert, daß er eine große Menge einer Unterthanen durch die Pest verlor. Hero Jos. Flav. Arch XV. 7, 3. De Bell. I., 20, 3. 26 – 22 J. vor Chr. 25 Jahr vor 2 15 Jos. Flav- des zog sich in dieser Beklemmung nach Samarien in die Ein- famkeit zurück, und fiel in eine schwere Krankheit. Er erkannte darin zitternd die Hand der strafenden Gottheit. Unter dem Vorwande der Jagd fuchte er die einsamsten Orte auf, bis die Krankheit feines Gemüthes eine körperliche veranlaßte, und er eine heftige Entzündung und Schmerzen in dem Hinterkopfe be- kam, welche zu einer zeitweiligen Verstandesverwirrung führten. Da die Arzte an seinem Aufkommen verzweifelten, so suchte sich Alexandra der Festung von Jerusalem und des Tempels zu bemeistern, wurde aber verrathen und hingerichtet. H er odes Arch. XV., wurde endlich gesund. Diese widrigen Vorfälle haben den oh- 4,8. De Bell. nehin harten Mann noch mehr verhärtet und grausamer gemacht, I., 22,2-5, als er vorhin gewesen war, daß er nun auch feine besten Freun- 25 J. vor Chr. de ohne hinreichende Ursache hinrichten ließ. Herodes fand bald darauf Gelegenheit, den Hasmonäi- fchen Stamm auch seiner letzten Zweige zu berauben. Denn da feine Schwester Salome sich nach römischer Sitte von ihrem zweyten Gemahle Kost oba rus, der Statthalter von Idumäa und Gaza war, eigenmächtig trennte, und zu ihrem Bruder He- rodes zurückkam, so gab sie als Ursache hievon an, daß Koto- harus mit Antonius, Do fit heus und Antipater einen Anschlag gegen Herodes gemacht, auch die Söhne des Ba- bas, anstatt sie nach dem Befehle Herodis zu tödten, in Si- Jos. " cherheit geschafft, und bloß vorgegeben habe, sie wären ent- Arch. V. flohen. Herodes fand richtig diese Söhne an dem, von Saº 7., 9., 10. C- 22 J. vor wilden Thieren kämpfen sollten, waren den Juden fehr mißfäl- Chr. lome genannten Orte, und ließ nun nicht nur Kostobarus mit feinem Anhange, sondern auch diese letzten Überbleibsel aus dem Geschlechte Hyrkan"s, hinrichten *). Da nun kein Kronprätendent mehr vorhanden war, fo fing Herodes an, Neuerungen einzuführen. Er baute zu Jerusa- lem ein Theater und Amphitheater, und stiftete Kampfspiele, die er alle 5 Jahre mit vieler Pracht dem Oktavianus zu Eh- ren gab. Diese Spiele, und besonders, daß auch Menschen mit lig. Die Trophäen, die aufgestellt waren, und von den Juden für Statuen angesehen wurden, waren auch anstößig; da aber Herodes die Rüstung von denselben in ihrer Gegenwart *) Von 16 Gliedern der Hasmonäischen Familie starben nur eines natürlichen Todes. Ein blutbefleckter Stamm- aum - - 19 abnehmen ließ, und nichts als ein Pflock zum Vorschein kam, so endigte sich zwar der Verdruß für dieses Mahl in ein lautes Gelächter, war aber bey weitem nicht getilgt; im Gegentheil verschworen sich zehn, unter welchen auch ein Blinder war, und kamen mit verborgenen Dolchen in’s Theater, um Herodes bey seiner Ankunft zu ermorden. Der Anschlag wurde aber ent- deckt, und Herodes ließ die Verschwornen auf eine grausame Art hinrichten; dafür ward der Verräther der Schuldigen bey Jos. Flav. der ersten Gelegenheit von Einigen, die sich verabredet hatten, Arch. XV., in Stücke zerriffen. Herodes ließ nun auch diese Thäter durch 8. 1–4. die Folter ausforschen, und sie fammt ihren Familien hinrichten. - - Herodes fah nun sehr wohl ein, daß er die Juden nichts 22 J. vor weniger als gewonnen hatte, und fand daher nöthig, zu einer Chr. Sicherheit noch einige Festungen zu bauen. Zuerst machte er sich an Samarien, welches von Johann Hyrkan I. war zerstört, und auf Befehl des Gabinius zwar wieder erbaut, aber nicht befesti- get worden. Er nannte die Stadt dem Octavianus Augustus zu Ehren, Sebastie, d. i.Augusta, und baute in derselben dem Jos: " Augustus auch einem Tempel; dann baute er Stratons thurm, Arch. *". » ein Schloß in der Ebene Esdrelon, Gaba in Galiläa und 8 . . " Hefebon (Chesch bon) in Peräa. In diese Städte führte er Bºll. . . " Colonisten von feinen ausländischen Soldaten, um das Land im 2. Gehorsam zu erhalten. In eben diesem Jahre blieben in Palästina und Syrien die 22 J. vor gewöhnlichen Regen aus, und es entstand eine große Hungers-Chr. noth; hierauf folgte eine Pest, welche viel Volk aufrieb. Hero- des verwandte all' fein Geld, ja sogar eine silbernen Tischgerä- the auf den Ankauf der Lebensmittel, welche er aus Egypten von einem Freunde Petronius, der damahls Egypten ver- waltete, erhielt, und nicht nur feinen Unterthanen, sondern auch den benachbarten Syrern zukommen ließ. Weil aus Mangel der Nahrungsmittel auch die meisten Schafe, die wegen der Dürre ohnehin keine Weide fanden, geschlachtet wurden, so ließ Hero- - des auf feine Kosten auch Wolle einführen, um feinen Untertha- Jos. Flav. nen Kleider zu verschaffen. Hie durch gewann er zwar die Gemü-Arch. XV., ther, und erwarb sich großes Lob, aber er regierte bald wieder 9, 1. 2. fo, daß diese Zuneigung verdrängt wurde. Als in Palästina nach jener Hungersnoth und Pest bessere 21–16 J. Zeiten eintraten, fo ließ sich Herodes auf dem Berge Sion ei- vor Chr. nen Palast bauen. Das Werk wurde nach griechischem Geschmack C- fehr“ prächtig aufgeführt; besonders werden von Josephus die zwey e J. vor - - 20 Jos, Flav. Säle Caesare um und Agrippe um gerühmt. Er vermählte Arch. XV., sich hierauf mit Mariamne, der Tochter des Priesters Simon, 9,3. De Bell. den er deshalb an der Stelle Jesus, des Sohnes des Phebes, I., 21, 1. zum Hohenpriester machte. Er ließ dann bey dem Orte, wo er Jos. Flav. auf seiner Flucht vor dem parthischen Mundschenk Pakorus Arch. XV. , eine nachsetzenden Feinde besiegt hatte, auf einem runden Hügel 9, 3. - das Schloß Herodium bauen, wobey hernach am Fuße dieses Jos. Flav. Hügels eine Stadt entstand. Arch. XV., Nicht minder brachte Herodes die Festungswerke von Sa- 9,4. De Bell.marien, die 20 Stadien oder eine halbe deutsche Meile im Um- I., 21. 10. fang hielten, vollends zu Stande, und fing an, Stratons thurm - an der Küste des Meeres aus lauter weißen Quaderstücken auf das Prächtigste zu erbauen. Er zierte diese Stadt, die er dem Kaiser zu Ehren Caesarea nannte, mit einem Theater, einem Am- phitheater und mit einem Tempel des Augustus, und versah sie mit einem fehr bequemen Hafen. Herodes war ein gro- los. '' 5er Liebhaber vom Bauen; und da er durch Pracht- Arch, Y: »gebäude ) feinen Nahmen unsterblich machen woll- 9, 5, 6. De te, fo führte er auch in fremden Städten viele Gebäude auf, als: Bell. I., 21, Gymnasien oder Kampfhäuser zu Ptolomais, Tripolis und 4–12. Damask; die Stadtmauer zu Biblus; Portikus oder bedeckte Gänge zu Tyrus, Bery tius und Antiochie n; Tempel, Bazars oder Marktgassen und Theater zu Zidon und Da- mask; eine Wafferleitung zu Laodicea am Meere; Bäder, Jos. Flav. Wasserbehälter und Portikus zu Ask alon; auch ließ er in man Arch. XVI., chen Städten Haine anlegen, und andern Städten machte er 5,3. De Bell, große Geschenke, oder dotierte ihre Kampfplätze, um sich allent- I., 21., 11. halben berühmt zu machen. - Bepläufig um diese Zeit schickte er seine zwey Söhne von 19 I "der hingerichteten Mariamne, Alexander und Aris to bu- Chr. lus, nach Rom. Auguft us nahm sie sehr gnädig auf, und gab Herodes die Freyheit, welchen Sohn er wollte, zu einem Nachfolger zu ernennen; schenkte ihm auch Trachomitis, Aurani- tis und Batanäa, welche Bezirke vorhin dem Lysanias, als Für- ften von Chalcis, gehört hatten, jetzt aber dem Zenodar us cls Tetrarchen eines Striches zwischen Galiläa und Trachonitis in Pacht gegeben waren; weil aber dieser die Räuber in den Höhlen von Trachonitis für einen Antheil des Raubes schützte, 19 J. vor Chr, - - - - - - - *) Vergl. Pag, 157: Die Gräber der Könige. 21 und hiedurch die umliegenden Gegenden immerfort beunruhiget wurden, – so glaubte Augustus diese Unholden am leichtesten unterdrücken zu können, wenn er diese Bezirke der Herrschaft des Herodes unterwürfe, der ihnen auch wirklich das Handwerk bald legte. Zenodorus klagte zwar hierüber zu Nom, fand aber kein Gehör; und da hernach auf ein Anstiften die Gadarener mit ihrer Klage hierüber zu Agrippa, dem Günstlinge des Au- - - gustus, der nun eben oberster Statthalter vom ganzen Morgen- Jos. Flav. lande geworden war, auf die Insel Lesbos nach Mytilene ka-Arch. XV., men, – so war Herodes schon da gewesen, und hatte sich 10, 1 – 22. feine Freundschaft erworben; daher wurden diese Kläger bey ih- De Bell. I, rer Ankunft gefesselt und an Herodes gesandt, der sie aber, um 21., 4. die Mißvergnügten zu gewinnen, ohne Strafe entließ. - Als Augustus selbst in die Morgenländer, und zwar nach 18 J. vor Antiochien in Syrien gekommen war, so erschienen. Zenodo- Chr. arus und die Gadarener aufs Neue und klagten Herodes der Ge- waltthätigkeit und des Tempelraubes an. Weil aber Augustus bey dem Verhöre den Herodes, der eben angekommen war, sehr auszeichnete, so entleibten sich die Gadarener in der folgenden Nacht selbst, und Zenodorus zerplatzte am Unterleibe; ver- muthlich hatte er Gift genommen. Dieß fah Augustus als ein fillschweigendes Bekenntniß der Ungerechtigkeit der Klage an, schenkte dem Herodes noch das nicht kleine Fürstenthum Chaleis - welches dem Zenodorus gehört hatte, und setzte ihn dem Präses“ von Syrien an die Seite, mit der Weisung, daß der Präses ohne seine Einstimmung nichts unternehmen sollte. Auf das An- fuchen des Herodes wurde auch sein Bruder Pheroras zum - Tetrarchen erhoben, indem ihm Herodes einen Strich in Peräa von 100 Talent Einkünften abtrat. Aus Dankbarkeit er- Jos. Flav, baute Herodes, der jetzt ins siebzehnte Jahr regierte, bey Pa-Arcb. XV., neas dem Augustus einen Tempel aus weißem Marmor, und er- 10, 3. 4. De ließ den Juden, die solche Tempel nicht gern sahen, den dritten Bell. I., 21, Theil der Abgaben. . 3. 24, 5. Die Juden wurden indessen wegen der Neuerungen, die He- - rodes einführte, und wegen der von ihm erbauten heidnischen 16–13 J. Tempel, immer schwieriger; denn obgleich Herodes vor schützte, vor Chr. er habe, was er gethan, wegen der Übermacht der Römer thun müffen, fo beruhigte dieses doch die Mißvergnügten nicht, und Herodes fand zur Erhaltung der Ruhe nöthig, alle Zusammenkünfte auf das Strengste zu verbiethen, feinen Kund- "fchaftern, deren er eine sehr große Menge hatte, mehr Wachsam- keit zu empfehlen, und sogar selbst öfters verkleidet zur Nachtzeit unter das Volk zu gehen, um die Gesinnungen gegen feine Per- on zu erfahren. Er ließ die Mißvergnügten, welche sich zu weit herausließen, streng bestrafen, und viele wurden theils öffent- lich, theils heimlich in das Schloß Hyrkanium abgeführt, und dort getödtet. Da es aber dessen ungeachtet immer gefährlicher aus- sah, fo forderte er von allen feinen Unterthanen, ihm den Eid der Treue zu schwören: aber es gab nun viele, welche sich weiger- Jos. Flav.ten, und deshalb hingerichtet wurden; nur die Effener, die den Arch. XV.» Eid überhaupt für unerlaubt hielten, und die Phärisäer, die 10, 4. 5. sich an Polio und Sameas anschloffen, blieben verschont. Da sich um diese Zeit der Bau von Caesarea feiner Vollen- , PHP dung näherte, so suchte Herodes, die Juden dadurch zu gewin- nen, daß er ihnen versprach, ihren Tempel zu Jerusalem neu, größer und prächtiger zu bauen, wodurch er fich zugleich einen unsterblichen Nahmen bey der Nation zu machen hoffte. Er trug sein Vorhaben dem Volke im Tempel vor, und versprach, weil er Mißtrauen fand, den alten Tempel nicht eher abzubrechen, als bis alle Baumaterialien zu dem neuen Tempel in Bereitschaft - wären, und er hielt auch Wort. Die Herbeyschaffung der Bauma- terialien nahm 2 Jahre weg; und dann wurde der alte Tempel nur stückweise abgebrochen, und sogleich durch den neuen Bau los. " ersetzt. Das Hauptgebäude wurde in 9/, Jahren vollendet, aber V» - an den Nebengebäuden ward auch noch lange nach seinem Tode – immerfort gearbeitet bis zur Zeit, da Geffius Florus Proku- Pe " rator von Judäa wurde; und hierauf bezieht sich, was die Juden I. - 21. 1- Joh. II, 20.fagen. So angenehm dieser Bau den Juden war, so wurden sie doch - bald wieder durch ein neues Gesetz mißvergnügt, in welchem He- Jos. Flavºr odes befahl, die Diebe zu Sklaven außer Landes zu verkau- Arch. XVI., fen, wo sie dann den Heiden dienen mußten, welches den Juden 1 , 1. nicht gefallen konnte. 16 J Chr. - - - In dem folgenden Jahre, nach dem Anfange des Tempel- 13 J. vor baues, reitete Herodes nach Rom. Auf dieser Reise wohnte Chr. er zu Athen den Kampfspielen bey, und wies den Eliern Ein- künfte an, um diesen Spielen mehr Pracht zu geben, wofür sie ihn auch für ihr ganzes Leben zum Vorsteher der Kampfspiele Jos. Flav. wählten. Bey feiner Ankunft in Rom wurde er von Augustus De Bell. I., fehr gnädig aufgenommen; er fand feine Söhne in Wissenschaft 21 , 12 "ten gut unterrichtet, und bey feiner Abreise nahm er sie mit - - - nach Jerusalem, wo er Alexander, den älteren, mit Gla- 23 phyra, einer Tochter Archelai, des Königs von Kappadocien, vermählte, der ein Enkel des Archelaus, ehemahligen Königs - von Egypten, und ein Urenkel des Feldherrn Archelaus war, Jos. Flav. welcher von Mithridates zu den Römern übergegangen ist; dem De Bell. I., jüngeren, Aristobulus, aber gab er Berenice, die Toch-23, 1. ter feiner Schwester Salome, zur Gemahlinn. Als nicht lange hernach Agrippa von Augustus wieder in die Morgenländer geschickt wurde, so reitete Herodes ihm 12 J. vor nach Klein-Asien entgegen, und begleitete ihn nach Palästina, wo "9" er ihm Sebastie oder Samarien, Cäsarea, Alexandrium, Hyr- kanium, und feine übrigen Gebäude, die alle nach griechischem Geschmack prächtig aufgeführt waren, zeigte, und ihn dann nach Jerusalem führte. Das ganze Volk mußte ihm aus Jerusalem entgegen gehen, und es wurde nichts unterlaffen, was zu einer Ehre und zu einem Vergnügen die- nen konnte. Agrippa brachte dagegen auch eine Hekatombe von Jos. Flav Opfern im Tempel, an welchem eben gebauet wurde, und be-Arch. XVI., wirthete dabey das Volk. Vor dem Anbruche des Winters segelte 2, I. er nach Jonien zurück. Das folgende Jahr segelte Herodes zu Agrippa nach Si- 11 3. vor nope, machte mit ihm den Feldzug in dem cimmerischen Bos- Chr. porus, und begleitete ihn hernach durch Paphlagonien, Kappa- docien, Phrygien und Jonien nach Ephesus, wo er allenthal- ben dem Volke, welches Bitten anbrachte, bey Agrippa Man- ches auswirkte. Da nun dieses bekannt wurde, so wandten sich auch die Juden in Jonien, welche zuerst von Antiochus dem Großen waren dahin verpflanzt worden, und feit der Zeit sich sehr vermehrt und ausgebreitet hatten, an ihn, um von Agrippa die Bestätigung der Religionsfreyheit, der Ausnahme von Kriegsdiensten und der übrigen Privilegien zu erhalten, die sie zum Theil schon von Antiochus bekommen, nun aber fast ganz verloren hatten. Herodes nahm sich ihrer um fo viel thätiger an, da er hiedurch feine Juden in Palästina zu gewinnen hoffte; daher er auch bey feiner Zurückkunft nicht vergaß, dem Volke im Tempel öffentlich kund zu machen, was er für die Juden in Jos. Flav. jenen Gegenden ausgewirkt habe. Die Verordnungen, die zur Arch. XVI., Bestätigung dieser Privilegien ergangen, führt Jofephus 6, 4. 5. Flavius an. Ohne Zweifel gehört auch die Bestätigung der Privilegien ''. '' der Juden von Cyrene und Klein-Asien unter Augustus feiner Arch. XVI., Verwendung an; oder die Juden dieser Länder haben gleich nach 1 – 3. 24_ dem günstigen Spruche des Agrippa für die Juden in Asien - Gesandtschaften nach Rom gefandt, und fo vom Kaifer selbst die Bestätigung der Religionsfreyheit erhalten. 10–1 J. Salome, die Schwester, und Pheroras, der Bruder vor Chr. des Königs Herodes, die Beyde Mariamne bis zum Tode ge- haßt hatten, waren nun ihren Söhnen Alexander und Ari- fobulus um so viel mehr abgeneigt, je mehr ihnen das Volk geneigt war. Diese jungen Prinzen ließen sich aber bisweilen auch über die Hinrichtung ihrer Mutter ein Wort entfallen, wel- ches der Salome hinterbracht wurde, und ihren Haß gegen fie vermehrte. Sie wußte es dann mit ihrem Bruder Pheroras den Herodes fo vorzustellen, als ob er selbst vor feinen Söhe nen nicht sicher wäre. Man gab den unvorsichtigen Prinzen Ge- legenheit, sich herauszulaffen, und ihre Reden wurden dann auf diesem Wege mit Zusätzen ihrem Vater hinterbracht. Daher fuchte Hero d es fiel durch Kränkungen bescheidener zu machen, rief Antipat er, den Sohn feiner Gemahlinn Doris, der er bey feiner Vermählung mit Mariamne einen Scheidebrief ge- geben hatte, nach Hof, und zog ihn den Söhnen der Mariamne vor. Alexander und Aristobulus, hiedurch aufgebracht, Jos. Flav, wurden in ihren Reden noch kühner und unvorsichtiger, und Arch. XVI., Herodes wurde durch die Nachrichten von diesem Benehmen 3, 1–3. De feiner Söhne noch mehr erbittert. Antipater, ein schlauer Bell. I., 23, Kopf, ließ keine Gelegenheit unbenützt, die Erbitterung zu ver- 1. 2. mehren, um sich den Weg zu dem Throne zu bahnen. Als Herodes, wie erst vorhin erzählt worden, das letzte Mahl zu Agrippa reisete, so nahm er Antipater mit sich, und schickte ihn mit Agrippa nach Nom. Nun wußte Antipater Jos. Flav.feinem Vater in Briefen immer etwas gegen Alexander und Arch. XVI., Aristobulus beyzubringen, aber allezeit so, als ob er nur für 3, 3. 4, 1. die Sicherheit seines Vaters besorgt wäre. Auf diese Art stieg das Mißtrauen des Herodes gegen die 8 J. vor Söhne der Mariamne so hoch, daß er mit ihnen nach Rom rei- Chr. fete, von da nach Aquileja ging, wo Augustus sich damahls aufhielt, und sie vor ihm förmlich verklagte, daß sie ihm nach Jos. Flav dem Leben strebten. Allein da Augustus fah, daß die ganze Arch. xv1 Klage bloß auf einem Verdacht beruhe, fo sprach er die Prinzen 4, 1–4 De los, und föhnte den Vater mit ihnen aus. Deffen ungeachtet nen “I - 23 ernannte Herodes nach feiner Ankunft zu Jerusalem, in einer * * * “ºfeyerlichen Verfammlung des Volkes im Tempel, Antipater B- zum Nachfolger im Reiche, und erst nach ihm die Söhne der 25 Marianne, welches einen neuen Zunder zu Mißhelligkeiten ab- Jos. Flav. gab. Denn obgleich Alexander und Arift ob ulus sich nun Arch. XVI., bescheiden betrugen, so leiteten doch Antipater, Salome 4, 5, 6. De und Pheroras Alles so, daß Herodes immerfort böse Nach- Bell. I, 23, - richten von dem Betragen dieser zwey Prinzen hören mußte,4. 5. und so wurde ein noch weit ernsthafterer Auftritt vorbereitet. Jos. Flav. Indessen vollendete Herodes den Bau von Stratons thurm Arch. XVI., oder Caesarea, und feyerte die Einweihung mit sehr präch-4, 7. tigen Kampfspielen. Er baute dann Antipatris nach dem 7. J- vor Nahmen feines Vaters, Cypron bey Jericho nach dem Nah- Chr. nen seiner Mutter Cypros, die vom Geschlecht eine Araberinn, Jos. Flav, aber aus Askalon in Philitäa gebürtig war, und auch Pha- Arch. XVI., saelis, gleichfalls in der Ebene von Jericho, nach dem Nah- 5, 1. 2. men feines Bruders benannt, von welchem er auch einen neu erbauten Thurm zu Jerusalem, so wie einen anderen von der einst geliebten Mariamne benannte. - - Im folgenden Jahre, in welchem die Juden in Asien und 6 J. vor in Cyrene von Augustus selbst die Bestätigung ihrer Religions-Chr. freyheit und anderer Privilegien erhielten, wurde Herodes von Antipater, Pheroras und Salome durch immerwährende Verläumdungen gegen feine Söhne Alexander und Aristobulus so furchtsam und mißtrauisch gemacht, daß er Tag und Nacht keine Ruhe hatte. Er ließ daher die Vertrauten der zwey Prin- zen foltern, um den vorgeblichen geheimen Anschlag auf ein Leben zu entdecken. Da nun Manche, um sich von den Martern der Folter zu retten, etwas Unwahres aussagten, wovon Eini- ges Alexander betraf, so wurde dieser ins Gefängniß ge- worfen; und nun kam die Reihe der Folter auf. Andere, um aus ihnen die Bestätigung jener Unwahrheiten herauszubringen. All er an der aber verfiel auf einen Kunstgriff, welcher seine Wirkung that; er verfaßte 4 Schriften an seinen Vater, in welchen er eine Verschwörung fälschlich eingestand, aber dabey Pheroras, Salome und Andere, welche den Herodes durch - diese Verläumdungen so unruhig gemacht hatten, als Mitschul- dige anklagte. Alexander erreichte hiedurch feinen Zweck, die- fen Veräumdern das Vertrauen bey feinem Vater zu benehmen, welcher die Anklage Alexander's um so viel fester glaubte, weil All er an der sich selbst von der Verschwörung nicht ausgenom- men hatte. Nun war der ganze Hof in Verwirrung. Herodes ließ. Einige hinrichten, und viele Andere, um Bekenntnisse zu erzwingen, foltern, worunter Manche zu Tode gemartert wurden - - 5 J. vor Mitten in diesen Verwirrungen kam Arche laus, der König Chr. von Kappadocien und Schwiegervater Alexander's, gleichsam von ungefähr nach Jerusalem; und als er von Herodes den Herr gang und die Lage der Sachen erfuhr, stellte er sich noch weit zorniger wider Alexander als Herodes selbst, drohte, ihm seine Tochter zu nehmen, und brachte durch diese Verstellung den Herodes dahin, daß er ihn mit Thränen für seinen Sohn Ale- xander bath. Kurz, Archel aus spielte eine Rolle so gut, daß er feinen Zweck ganz erreichte, und eine vollkommene Versöh- Jos. Flav.nung des Herodes mit seiner Familie stiftete. Herodes war Arch. XVI., gegen Archelaus ganz von Dankbarkeit durchdrungen, ging mit 7, 2 – 6. 8, ihm nach Antiochien, und föhnte dafür Volumnius mit ihm 1 – 6. De aus, der Präses in Syrien und gegen ihn aufgebracht war. Bell. I., 24, Hierauf reifete Herodes nach Rom, um Augustus, I – 8. 25, von dem er durch Briefe die Erlaubniß, mit feinen verräthe- 1 - 6. rischen Söhnen nach den Rechten verfahren zu dürfen, angesucht hatte, von der Aussöhnung Nachricht zu geben. Während seiner Abwesenheit thaten sich die Räuber in Trachonitis wieder hervor, die Herodes vormahls besiegt und zum Feldbau gezwungen hatte. Sie hatten schon, als Herodes das erste Mahl mit feinen Söhnen nach Rom gereiet war, einen Versuch gemacht, ihre Räubereyen wieder anzufangen, waren aber von den könig- lichen Truppen bald wieder zur Ordnung gebracht worden, und hatten sich 40 der Vornehmsten zu O badas, dem Könige von Arabien, geflüchtet, und von feinem Minister Syll äus, der vormahls Aelius Gallus nach Arabien geführt hatte, Repta, eine starke Festung, zur Wohnung erhalten. Diese ka- os "men nun aus ihrer Zuflucht wieder nach Palästina und Cölesy- Arch. *V» rien, und raubten, plünderten und verheerten das Land. – 9, 1. Syll äus wollte sich hiedurch an Herodes rächen, weil er ihm als Unbeschnittenen vormahls feine Schwester Salome, die Jos. Flav. er zur Ehe verlangte, nicht hatte geben wollen. – Als Hero- Arch. XVI., des bey feiner Zurückkunft die traurige Lage seiner Untertha- 7, 6. nen fah, und den Feinden unter dem Schutze des Syläus nicht Jos. Flav.bey kommen konnte, so nahm er alle Anverwandte, welche diese Arch. NVI.» Räuber in Trachonitis hatten, gefangen, weßwegen die Räuber 9, 1. noch wüthender und dem Lande noch weit beschwerlicher wurden. • Herodes klagte bey Saturninus und Volumnius in Sy- rien, daß Syll äus die Räuber beschütze, und die 60 Talente, welche er ihm für Obadas eingehändiget hatte, nicht bezahlen wolle. Sylläus erschien vor diesen Richtern, und versprach D- endlich die 60 Talente in 30 Tagen zu bezahlen, und alle, die Jos. Flav. sich in das Gebieth des Obadas geflüchtet hatten, auszuliefern. – Arch. XVI., Allein anstatt seinen Eid zu erfüllen, ging er nach Rom, und 9, 1. H er odes erhielt nun von Sarturninus und Volumnius die Er- laubniß, das Seinige durch die Waffen zu suchen. Er zog dem- nach mit feiner Armee nach Arabien, zerstörte die Festung Nep ta, und ließ Alles über die Klinge springen. Es war zwar Nakeb mit einem Heere von Arabern den Räubern zu Hülfe gekom- meu, allein er wurde von Herodes übermannt , und er, fammt 25 seiner Leute, blieben auf dem Platze. Herodes ging dann, ohne andere Feindseligkeiten auszuüben, nach Judäa, und legte 3000 Mann Idumäer in Trachonitis ein, um das Land in Ruhe zu erhalten. Syll äus, der zu Rom vom Allem Nachricht hatte, klagte nun bey Augustus, daß Herodes nicht nur die Festung Repta zerstört, sondern auch einen großen Schatz, der dort nie- dergelegt war, erbeutet und über 25.000 Araber niedergemacht hätte. Hierdurch wurde Auguft us dem Herodes fo abgeneigt, daß er ihm einen schriftlichen Verweis zu schickte, und weder Ent- schuldigung noch Gesandtschaft annahm. Diese Umstände wußten die Trachoniter trefflich zu benützen; sie machten sich gegen die Jos. Flav, Besatzung des Herodes auf, und raubten mit den Arabern gemein- Arch. XVI., fchaftlich, ohne daß Herodes abhelfen durfte. Indessen wurde Obadas, der König der nabathäischen Araber, durch die Veranstaltung des Sylläus vergiftet, und Sylläus fuchte in Rom als sein Nachfolger nach Petra gesandt 9, 2. 3. Jos. Flav. zu werden. Allein die Araber verlangten keinen König von Rom, Arch. XVI., sondern setzten Anneas oder Anetas auf den Thron. Herodes schickte nun den Nikolaus von Damask, einen sehr geschickten und ihm sehr ergebenen Mann, nach Rom; und die- fer, weil er eben so wenig als die zwey Gesandten, welche He- ro des schon vorhin vergebens gesandt hatte, Gehör zu hoffen hatte, verlangte keine Audienz, sondern ließ sich von den drey Nabathäern, welche von Aretas den Auftrag hatten, den Augu- fus seiner Freundschaft zu versichern und Syläus über den Kö- nigsmord anzuklagen, zum Redner anwerben. Augustus verweigerte zwar den Nabathäern, was ihr er- fes Anbringen betraf, die Audienz, aber für die Klage gegen Syläus ließ er ihnen einen Tag anberaumen. In der Anklage kam nun Nikolaus auch darauf, daß Augustus selbst durch Syläus vor der ganzen Welt beleidiget worden, indem er ihn über das Benehmen des Herodes gegen Trachonitis und gegen 9, 4. 2F die Araber ganz falsch berichtet hätte. Augustus verlangte nun vor allem andern eine Erläuterung über diesen Punkt, und fo erhielt Nikolaus die gewünschte Gelegenheit, den Herodes hierüber zu rechtfertigen. Augustus gab dann Befehl, den Syläus nach Arabien zu führen, und ihn, nachdem er dort dem Könige Herodes die schuldigen 60, oder wie Nikolaus in Jos. Flav. seiner Rede sagte, 500 Talente bezahlt haben würde, hinzurich- Arch. VI- ten. Da er aber hernach in Arabien nichts bezahlen wollte, und 9,4. 10, 8.9. in tipater, der Sohn Herodis, der eben wieder zu Rom war, Pº". »ber Augustus abermahl klagte, so wurde Syläus wieder nach 29, 3. Rom gebracht, und da mit Ruthen gestrichen und enthauptet. Jos. Flav. Während dieser Begebenheit hat Herodes aus Geldman- Arch. AVI, gell insgeheim das Grab Davids öffnen lassen, aber nichts als 7, I. den königlichen Schmuck gefunden. Augustus ging eben mit dem Gedanken um, dem Herodes 3 J. vor zur Vergütung der Ungnade, die er ihm hatte empfinden laffen, Chr. das Königreich der Nabathäer zu schenken, als er Briefe von Herodes erhielt, in welchen er wieder um die Erlaubniß bath, Alexander und Aristobulus nach dem Nechte zu richten. Jos. Flav. Denn Salome, Pher or a s und Antipat er, und be- Arch. XVI., sonders der böse Lacedemonier Ery kles hatten ihm diese zwey 10, 1 – 8. Söhne der Mariamne wieder so verdächtig gemacht, daß sich De Bell. I., Herodes nicht sicher glaubte, obgleich nicht mehr bewiesen war, 26, 1 – 5. als daß sie zu ihrer eigenen Sicherheit hatten entfliehen wollen. Augustus wollte nun dem alten Herodes, der fein eigenes Haus nicht mehr regieren konnte, nicht noch die Eroberung und Verwaltung eines andern Königreiches auftragen; er bestätigte also Aretas im Reiche der Nabathäer, und dem Herodes gab er Vollmacht, mit feinen Söhnen, die fchon gefeffelt waren, nach Gutbefinden zu verfahren, rieth ihm aber, die Obrigkeiten der benachbarten Provinzen, und insbesondere Archel aus, den Kö- nig von Kappadokien, zu Rathe zu ziehen. Herodes lud zwar, - nachdem er diesen Brief erhalten hatte, zu diesem Gerichte alle von Augustus benannten Herren nach Berytus ein; aber gerade Arche laus, als den Schwiegervater des Alexander, hielt er Jos. Flav. für partheyisch, und überging ihn. Als Herodes eine Klage Arch. XVI., vor dieser Versammlung vorgebracht hatte, fo wurden Alexan- 1H, 1 – 7. de r und Aristobulus verdammt, und nach Sebastie oder Sa- De Bell. I, marien geschickt, wo sie auf Befehl des Herodes bald hernach 27, 1–5. stranguliert wurden. - Nachdem nun die eitlen Gespenster von Feinden verschwun- 29 den waren, fo traten die waren Feinde Herodis mit ihrem Ent- J„s, pl, wurfe auf den Schauplatz. Antipat er verschwor sich mit Phe- Arch. XVII., roras, den König Herodes zu vergiften. – Antipater wollte 2,4. De Bell, die Krone an sich reißen. – Pheroras aber wollte sich an fei- 1., 29, 1. nem Bruder wegen Heirathszwistigkeiten rächen, indem er zwey Jos. Flav Prinzessinnen, die ihm Herodes angebothen, ausgeschlagen hatte, Arch xvil worüber Herodes nicht ganz gleichgültig geblieben war. " 1.1 Denn Diese Zwistigkeit wurde dadurch vermehret, daß die Gemah-" s 1 linn des Pheroras die Geldstrafe bezahlte, welche Herodes “” “” “T“ dne Pharisäern, die, über 6000 an der Zahl, den Eid der Treue los. Flav. gegen Augustus und Herodes als gesetzwidrig nicht schwören Arch. XVI., wollten, auferlegt hatte. – Denn da diese Pharisäer nun aus 7 - 3 – 5. Dankbarkeit ausstreuten, Gott werde das Reich auf Pher or as Jos. Flav, bringen, so ließ Herodes nicht nur viele Pharisäer, sondern Arch, Xy., auch mehrere von seiner eigenen Familie hinrichten. – Er hielt 10., 4., und dann eine Rathsversammlung, in welcher er die Gemahlinn des XVII., 2, 4. Pheroras als die Urheberinn von allen Unruhen angab, und De Bell, I., von Pheroras forderte, entweder ihr einen Scheidebrief zu geben, 29, 2. oder sich nicht mehr feinen Bruder zu nennen. Da nun Phe- Jos. Fl - - - - - - I'I AV". ror as antwortete, es könne ihn von seiner Gemahlinn nur Arch. XVII der Tod trennen, so verboth Herodes dem Antipater und 1. • » feiner Mutter allen Umgang mit Pheroras und seiner Ge- “” “ mahlinn, die aber nur auf den Schein gehorchten, und insge- Jos. Flav. heim ihr Verständniß fortsetzten. – Pheror als begab sich nach Arch. XVII. Peräa in feine Tetrarchie, und Antipat er wußte die Sache 3, 1. De Bell. so anzulegen, daß er nach Rom berufen wurde. – Während 29,2 der Abwesenheit der beiden Verschwornen sollte die Ermordung Jos. Flav. des Herodes durch Gift bewerkstelliget werden. Allein Phero-Arch. XVII., ras wurde bald darauf krank, empfing von Herodes noch einen 3, 2, 3. De Besuch, und starb. Bell. I., 29, Dieser Todesfall gab Gelegenheit zur Entdeckung der Ver-2–4, fchwörung; denn da zwey Freygelaffene die Witwe des Phe- Jos. Flav. roras bey Herodes anklagten, daß sie ihrem Gemahl mit Gift Arch. XVII vergeben habe, und Herodes. Einige durch die Folter zur - CEntdeckung des Geheimnisses zu nöthigen suchte, so ergab sich “” “ ganz deutlich, daß Antipat er Gift für Herodes verschafft und dem Pheroras übergeben habe; Phero ras habe es dann feiner Gemahlinn in Verwahrung gegeben, bis daß sich eine Gelegenheit ereignen würde, es dem Herodes beyzubringen. Die Witwe des Pheroras gestand auf die erste Frage. Alles ein, und stürzte sich gleich darauf vom Dache herab. Der Fall war ZO --- nicht tödtlich, und sie erzählte nun noch die ganze Verschwörung umständlich; nur fetzte sie hinzu, es habe ihren Gemahl auf dem Todbette nach dem freundschaftlichen Besuche des Herodes sehr gereut, und er habe das Gift vor feinen Augen ins Feuer wer- fen laffen, und etwas weniges habe sie für sich selbst aufbewahrt welches sie auch vorzeigte. Eben um die Zeit traf der freygelaf- Jos, Flav.fene Bathyllus mit Briefen von Antipater aus Rom ein, Arch. XVII., in welchen er feinen Vater, auch feine Brüder Archel aus und 4, 1–3. De Philippus verdächtig machte. Auf der Folter gestand Bathyl- Bell. I., 30, lus, daß er stärkeres Gift mitgebracht, um es dem Pheroras 1–8.31,1.2. einzuhändigen. Herodes verstieß hierauf Mariamne, die Toch- ter Simon's, die der Mitwissenschaft der Mordanschläge über- wiesen war; er strich uach ihren Sohn aus feinem Testamente Jos. Flav. aus, fetzte ihren Vater Simon von dem Hohenpriesterthum ab, Arch. XVII., und gab dieses Amt Mathias, dem Sohne des Theophilus. 4,2. De Bell. Vor Antipater, der in Rom war, wurde Alles geheim gehalten, I., 30., 7. und Herodes rief ihn mit vielen Versicherungen der väterli- 31, 3. chen Liebe zurück. --- - Um die fe Zeit, am Anfang des letzten oder am Ende des vorletzten Jahres des Herodes, wurde Jefus geboren. – – – Antipater war nicht ohne Furcht und schlimme Ahnung von Rom nach Judäa zurückgekommen. Er wurde von Niemand bewillkommt, und von feinem Vater mit dem Vorwurfe em- pfangen, daß er ihn zur Hinrichtung feiner unschuldigen Söhne verleitet, und nun ihn selbst habe vergiften wollen. Den folgen: den Tag wurde er vor Quintilius Varus, der indessen Präses von Syrien geworden, und nun eben zu Jerusalem war, Jos, Flav. förmlich des Vatermordes angeklagt, überwiesen und in den Kerker Arch. XVII. geworfen, bis daß die Sache an Augustusberichtet würde. He- 5, 1–8. De rodes schickte hiermit zugleich einen Brief der Akme, einer Bell. I., 31, Zofe der Kaiserinn Julia, an Augustus, in welchem dieselbe 1 – 5. 32, Salome, die Schwester des Herodes, mörderischer Anfchläge 1 – 7. beschuldigte. Um diese Zeit wurde Herodes krank; und da er bereits 69 Jahre alt war, so machte er Testament, in welchem er nebst andern Vermächtniffen feinen jüngsten Sohn Antipas zum Nachfolger ernannte, weil er seinen älteren Söhnen Arche- 311 1 aus und Philippus durch die Verläumdungen des Antipater J„ Flav. abhold geworden war. - Arch, XVII. Da die Krankheit immer zunahm, und die Hoffnung der 6,1. Denen Genesung immer mehr verschwand, so wurden die Juden kühner, 1., 33,1 und zwey berühmte Lehrer, Judas, der Sohn des Sari, phäus, und Mathias, der Sohn Margalloth's, verlei- teten ihre Schüler, den goldenen Adler, den Herodes über das östliche große Tempelthor hatte aufhängen lassen, herabzureißen. Die tollkühne That war kaum vollbracht, so rückten die könig- lichen Soldaten heran, und nahmen die zwey Lehrer und vierzig von den herzhaftesten Schülern gefangen, welche auf Befehl des . " Herodes theils lebendig verbrannt, theils auf andere Art hingerich Arch. XVII., tet wurden. Herodes fetzte auch Mathias, weil er an der That 6, 2–4. De nicht ganz unschuldig befunden wurde, von dem Hohenpriester- Bell. I., 33, thume ab, und erhob Joazar, den Bruder der Gemahlinn“ *** des Mathias, zu dieser Würde. Die Krankheit Herodis be- fand in einem Fieber, welches ihm innerlich große Hitze verur- fachte. Die Eingeweide und besonders der Mastdarm waren ge- schwürig, die Füße geschwollen, und das geheime Glied faulte ab, wobey. sich Würmer erzeugten. Er hatte einen kurzen stinkenden Athem, und fühlte fast in allen Gliedern Convulsionen, doch hatte er einen starken Appetit. Die warmen Bäder zu Kalirrhoe, welche ihm die Ärzte angerathen hatten, waren unwirksam, und das verordnete Öhlbad war schädlich; denn er gerieth in dem- felben in Ohnmacht. Als er wieder zu sich selbst kam, so ver- zweifelte er an seinem Aufkommen, ließ feinen Leuten und Sol- daten Geschenke austheilen, und ging von Kalirrhoe nach Je- richo zurück. Die Schmerzen der Krankheit, das böse Bewußt- feyn und die Unruhen in feiner Familie machten den alten har- ten Mann noch grausamer. Da er nun einsah, daß die Juden keine Ursache hätten, feinen Tod zu betrauern, so ließ er die Vor- nehmsten der Nation zu fich rufen, und gab seiner Schwester Salome und ihrem Gemahle Aller als den Auftrag, die in Jos, Flav. der Rennbahn zu verwahren, und sogleich nach feinem Tode nie- Arch. XVII., dermachen zu laffen, damit die Nation Stoff zur Trauer erhielte. 6, 5. 6. De Als die Briefe von Augustus mit der Nachricht anlangten, Ben, 1., 33. daß die Verläumderinn Akime hingerichtet worden, und dem 5, 6. Herodes die Vollmacht eingeräumt fey, mit feinem Sohne Anti- pat er nach Gutbefinden zu verfahren, fo schien Herodes wieder neu aufzuleben, machte aber bald darauf einen Versuch, sich selbst zu tödten. Er wurde zwar an der Ausführung verhindert; es 32 erhob sich aber doch durch den ganzen Palast das gewöhnliche Klagegeschrey, als ob er wirklich todt wäre. Sobald Antipa- t er das Klagegeschrey hörte, so both er feiner Wache eine große Jos. Flav. Summe Goldes, ihn aus dem Gefängniffe zu laffen. Er war Arch. XVII, aber bey Jedermann so verhaßt, daß die Wache das Anerbiethen 7,1. De Bell. anzeigte, und H e r odes ließ nun den ungerathenen Sohn I., 33., 7. tödten. – Hierauf änderte Herodes fein Testament, ernannte Arche- 1 aus zum Nachfolger im Reiche, Herodes Antipas zum Tetrarchen von Peräa und Galiäa, und Philippus zum Te- trarchen von Batanäa, Gaulonitis, Trachonitis und Paneas. Seiner Schwester Salome vermachte er Jamnia, Azot und Phasaelis nebst 500.000 geprägten Silbermünzen. Er bedachte auch alle übrigen Blutsverwandten mit Geld und Einkünften. Dem Augustus vermachte er 1000 Myriaden, d. i. 10 Millionen geprägte Silbermünzen, vermuthlich römische Denarien, nebst vie- len goldenen und silbernen Geschirren und kostbaren Kleidern; der Kaiserinn Julia aber und einigen Andern 500 Myriaden. Jos. Flav. Hierauf starb er kurz vor Ostern, am 5. Tag nach der Hinrich- Arch. XVII, tung des Antipater, im 34. Jahre nach der Vertreibung des An- 8, 1. De Bell. tigonus, im 37. nach feiner Ernennung zum König in Rom, und I., 33, 8. im 70. Jahre seines Lebens. - Nach der Ankündigung des Todtenfalles entließ Salome, ohne Zweifel aus Furcht vor der Erbitterung des Volkes, die Jos. Flav. Vornehmen des Landes aus der Rennbahn, als ob es Herodes Arch. XVII., selbst befohlen hätte. Die Leiche wurde dann mit großer Pracht S., 2. 3. De und unter Begleitung der Leibwache, die aus Thraciern, Deut- Bell. I., 33. fchen und Galliern bestand, nach Herodium, etwa 8 Sta- 8. 9. dien von Jericho, gebracht und dort beygesetzt. Herodes hatte zwey ungenannte und unfruchtbare Ge- mahlinnen; dann 3. Doris, die Mutter des 5 Tage vor seinem Tode hingerichteten Antipate r; 4. Maria mne, die H as- man ä er inn, die Mutter des Alexander und Arift ob u- lus, welche stranguliert wurden; ferner eines ungenannten Sohnes und zwey e r Töchter, nähmlich: Ca 1 amp so und Cyprus; 5. Maria mne, die Tochter Simon's Boethius, Jos. Flav. welche einen Sohn Herodes geboren hat; 6. Malthake, Arch. XVII., eine Samariterinn, die Mutter des Archel aus, und des He- 8, 4. XVIII» rodes Antipas, und der Olympias; 7. Kleopatra, 5, 3. 4. De eine Jerusalemiterinn, die Mutter des Herodes und Phi- Bell. 1,28,4-lippus; 8. Pallas, die Mutter des Phasae lus; 9. P hä- _38_ - dra, die Mutter der Roxan e; 10. Elpis, die Mutter der Salom e. Will der Leser auf die Regierung Herodis und dessen un- mittelbare Nachfolge einen Überblick werfen, so schildert sie Ruf- fel *) im Kurzen mit Folgendem: - »Die Regierung des Herodes, den man, um ihn von Andern mit gleichem Nahmen zu unterscheiden, gewöhnlich »den Großen nennt, zeichnete sich nicht minder durch häus- sliches Unglück als durch die Ruhe und das Glück des Lan- vdes aus. Aus Argwohn ließ er seine geliebte Gemahlinn, deren »Mutter, Bruder, Großvater, Oheim und zwei Söhne um- »bringen **). - - *) Siehe: Palaestina oder das heilige Land. Aus dem Englischen des D. M. Russell, I. Thl. S. 78. *) Wie die Gefchichte meldet, so ließ der blutdurstige und grausame Monarch seine Gattinn Mariam ne, die Hals- , mon äle rinn, die er am meisten liebte, wegen falschanz geklagten Ehebruches ermorden; er ließ ihre Altern Ale- x an der (Vater) und Alexandra (Mutter), ihren Großvater Hyrk an II., ihren Oheim (väterlicher Seite) “ Antigonus, ihren Bruder Aris to bulus (Hohens priester), feinen eigenen Oheim - Joseph, feine drey Söhne Alexander und Aristobulus, welche Beyde er mit der Mariamne erzeugte, und Antipat er, nebst "anderen Anverwandten aus der Hasmonäischen Familie, * - als: Rosto ba rus, Antonius, Dositheus und " Antipater, hinrichten, ohne jener großen Anzahl von , Freunden, Befehlshabern, Vertrauten, Mißvergnügten . . und Verschwornen zu erwähnen, die Alle auf feinen Be- fehl oder auf ein Gutheißen eines gewaltsamen Todes - starben. Kurz vor seinem Ende ließ er noch eine Menge vornehmer Juden aus der Ursache als Schlachtopfer be- reit halten, damit die Nation Stoff zur Trauer nach fei- nem eigenen Tode habe. Unter diesen Grausamkeiten, welche die Tage des blutdürstigen Tyrannen schändeten, konnte die Ermor- du ng der unfähuldigen Kinder zu Bethle- hem, welche im Jahre vor oder in dem Jahre des To- des des Herodes Statt fand, unbemerkt vorüber gehen. Unter den schrecklichen Ereigniffen, welche das Reich wäh- rend der Regierung Herodis betraf, konnte diese Unthat - wenig Aufsehen, außer bey denen machen, die unmittelbar - darunter litten, und war zu geringfügig und unbedeutend, - * - als daß sie von Profanschriftstellern hätte erwähnt wer- - den follen. Selbst Josephus Flavius berührt sie nicht. Nur Macro bius, ein heidnischer Schriftsteller - - - - - 3 _34 »Sein Palast war ein Schauplatz immerwährender Intri- »guen, Elendes und Blutvergießens und feine nächsten Ver- »wandten waren stets die Hauptursache seiner schlimmsten Leiden » und feiner Furcht. Vielleicht um sich zu zerstreuen, beschäftigte wer sich fo viel mit Bau ein. Außer einem königlichen Palaste »auf dem Berge Zion, errichtete er mehrere Burgen im Lande, » und gründete einige glänzende Städte. Zu den letztern gehörte * Caesarea, an einer zum Handel gaaz geeigneten Stelle, so »daß der Ort unter einer andern Regierung ein wichtiger Platz »werden konnte.« »Seine unreine Abstammung und feine Vorliebe für die »Religion seiner heidnischen Herren verhinderte eine vollständige »Vereinigung mit feinen Unterthanen, und er konnte dieß Ziel »trotz aller persönlichen Freundlichkeit, trotz seiner Weisheit in »der Leitung des Staates nie gänzlich erlangen. Endlich ent- * schloß er sich zu einer Maßregel, welche, wie er hoffte, zuglei- »cher Zeit das Volk beschäftigen und ihm den Dank der höheren »Claffen erwerben sollte; nähmlich den Wiederaufbau des Tem- »p els in einem früheren Glanze und seiner ehemahligen Größe. »Die Zeit von 500 Jahren und die Verwüstungen in den ver- »schiedenen Kriegen hatten das Gebäude Seru ba be l's sehr »beschädiget. Da nun die verfallenen Theile des alten Gebäudes »weggenommen werden mußten, ehe man das neue beginnen »konnte, so sahen die Juden mit argwöhnischem Auge dem Un- »ternehmen zu, und fürchteten, der König wolle unter dem Vor- »wande, ihren Glauben zu ehren, jede Spur von ihrem alten »Heiligthume vertilgen. Aber die Klugheit des Herodes beruhigte »ihre Furcht; das Werk schritt mit der größten Regelmäßigkeit »vorwärts, und die Nation sah mit großer Freude ein stattli- »ches Gebäude mit glänzenden Massen von weißem Marmor und »vergoldeten Thürmchen auf dem Berge Moriah sich erheben. - - - erzählt, Saturn. Libr. II. c.4., daß Kaiser Augustus, als er vernahm, daß unter den Knäbchen von 2 Jahren herab, welche Herodes hatte umbringen lassen, auch deffen eigener Sohn getödtet worden fey, – gesagt haben soll: »Es ist allfo beffer das Schwein, als der Sohn des Herodes zu feyn« Uebrigens läßt man die Zahl der in der Nähe Bethlehem"s und in Rama unter Herodes gemordeten Kindlein sehr hoch hinaufsteigen. - - - - - 35 »Selbst während dieses frommen Unternehmens behauptete der »jüdische Monarch einen doppelten Charakter, indem er den »Vorsitz bey den Olympischen Spielen führte, große Geschenke »zur Unterstützung derselben gab, und sich selbst zum Vorstande »dieses heidnischen Festes ernennen ließ. Bey einem zunehmenden »Alter vermehrten sich feine Besorgniffe und fein Mißtrauen, »bis er endlich, etwa 4 Jahre vor dem Beginne der christlichen »Zeitrechnung, an einer ekelhaften Krankheit starb. Die Nömer »erlaubten ihm, insoweit die Vorrechte eines unabhängigen Für- »ften zu üben, durch ein Testament das Reich unter seine ge- »liebtesten Kinder zu vertheilen; und demzufolge fprach er fei- »nem Sohne Archel aus die Regierung von Idumäa, Sama- »ria und Judäa, dem Antipas aber Peräa und Galiläa zu.« »Die jungen Fürsten hielten die Sanktion des römischen »Kaisers für nothwendig, den sie Beyde für ihren Oberherrn »ansahen, und in dieser Absicht begaben sie sich in die Haupt- »stadt Italiens. Das Testament des verstorbenen Königs wurde »von Augustus anerkannt und bestätiget, dem es außerdem »gefiel, dem Herodes Philippus, dem ältesten (?) der »Brüder, die Provinzen Auranitis, Trachonitis, Paneas und »Batanäa zu geben. Archel aus, dessen Hauptstadt Jerusalem »war, herrschte als Ethn arch (Regent) gegen 9 Jahre, aber »so wenig zur Zufriedenheit feines Herrn in Rom und des »Volkes, das er regieren sollte, daß er nach Verlauf jener Zeit »Befehl erhielt, vor einem kaiserlichen Gerichtshofe Rechenschaft »über feine Verwaltung abzulegen. In Folge davon verlor er »seine Macht und feine Güter, und wurde zuletzt nach Gallien »verbannt. Judäa wurde nun förmlich eine römische Pro- »vinz, die unter dem Präfekten von Syrien stand, gewöhnlich »aber von einem niederen Beamten, der Prokurator (Land- »pfleger) genannt ward, verwaltet wurde. So verlor Juda den »Scepter, und kein Nachkomme der Familie Jakob's hatte »in dem gelobten Lande Gewalt.« -------- “A. Er C. In E I & U1 S., E t h n a r ch ü h e r Jauclavecz, Haltemarzecz, Samarriaz. 2 – 11 J. nach Chr. Archelaus ließ dem Kriegsheere fogleich nicht nur das Danksagungsschreiben des verstorbenen Herodes für die geleisteten Dienste, in welchem der König eine Empfehlung für Archelaus hatte einfließen laffen, sondern auch das Testament vorlesen, und wurde als König ausgerufen; er nahm aber den Titel nicht an, weil das Testament erst von Augustus bestätiget wer- den mußte. Nach den 8 Tagen der Trauer gab er dem Volke die Jos. Flav. Trauermahlzeit, und versprach im Tempel vom goldenen Thro- Arch. XVII. ne eine gerechte und beffere Regierung, als man unter seinem 8, 3. 4. Vater erfahren hatte: die verschiedenen Bitten aber, welche das De Bell. I. Volk that, wies er alle auf die Zeit zurück, da er im Reiche be- 338.9. II. 1, tätiget feyn würde. 1, 2. Das Volk ließ sich die Rückweisung gefallen, nur blieb es auf Anstiften der Pharisäer bey der Forderung, Joazar den Hohenpriester sogleich abzusetzen, und diejenigen zu bestrafen, welche dem Herodes zur Hinrichtung der berühmten Lehrer Ju- das und Mathias und ihrer Schüler, die den goldenen Adler herabgerissen, gerathen hatten. Alle Vorstellungen, die Archelaus durch die angesehensten Männer machen ließ, daß er vor der Bestätigung des Augustus nichts thun könnte, waren vergeblich. Der Auflauf wurde immer größer, zumahl da eben eine große z, plar, Menge Volkes zum Osterfeste nach Jerusalem kam, und Viele sich Are, yyII. zu den Mißvergnügten schlugen. Da nun auch die Soldaten, 9, 1 – 3. welche Archelaus in den Tempel fchickte, mit Steinen zurück- Die Hall. II. gewiesen wurden, fo rückte endlich die ganze Besatzung aus, 1, 1. 2. welche bey 3000 niedermachte, und die übrigen versprengte. Hierauf ging Archel aus nach Rom, und nahm Salo- me mit, welche ihm ihre Vermittelung bey Augustus ver- sprach, aber in der That fein Gesuch zu vereiteln fuchte. Zu Cäsarea, wo er sich einschiffte, fand er Sabinus, den Pro- kurator von Syrien, der eben kam, die Schätze Herodis in Be- schlag zu nehmeu; er wurde zwar von Varus zurückgewiesen, ging aber deffen ungeachtet, sobald Archelaus und Varus weg - 3- waren, nach Jerusalem, besetzte den Palast, und fing an, mit den Jos. A. Flav. Schätzen und mit den festen Plätzen nach Belieben zu schalten, Arch. XVII. wodurch er zu noch größeren Unruhen Anlaß gab. 9,3. De Bell, Archel aus fah zu Rom feinen Bruder Antipas, den II., 2, 1. 2. Herodes im vorletzten Testamente zum Nachfolger ernannt hatte, - - mit einem großen Anhang auftreten, indem nicht nur Salo- me, fondern auch die übrigen Blutsverwandten zu ihm übertra- ten; sie wünschten zwar keinen König, im Fall sie aber einen Jos. Flav. haben müßten, so zogen die Antipas weit vor. Augustus ver-Arch. XVII. nahm beyde Partheyen, verschob aber die Entscheidung, um Alles 9, 4-7. wohl zu überlegen. Indessen waren Unruhen nicht bloß in Ju- De Bell. II, däa, sondern in ganz Palästina ausgebrochen; denn sogleich nach 2, 3 – 7- der Abreise des Archelaus empörte sich die ganze Nation auf eine Jos. Flav, fürchterliche Weise. Nur mit Mühe konnten die herangerückten Arch. XVII. römischen Legionen und ihre Hülfsvölker die Ruhe wieder her- 10,2 – 10 stellen. - 11, 1–5. Augustus hatte nun das Testament des Herodes bestäti- De Bell. II., get, nur sollte Archel aus sich mit dem Titel Ethn arch be-3, 1 – 4. gnügen, und den Königstitel erst dann erhalten, wenn er sich 4, 1–3. desselben würdig zeigen würde. Er follte auch den Samaritern 5, 1 – 3. zur Belohnung ihrer Treue, weil sie an der letzten Empörung 6, 1 – 3. nicht Theil genommen, den vierten Theil der Abgaben nachlaffen. Die Städte Gafa, Gadara und Hippos, welche griechische Einwohner hatten, wurden zu Syrien geschlagen. Archelaus hatte von Judäa, Idumäa und Samarien immer noch bey 600 Talente, oder 1,320000 Rthl. jährliche Einkünfte. – Salome erhielt von Augustus nebst den ihr vermachten Städten noch Ask a lon zur Nesidenz, und ihre Einkünfte beliefen sich jährlich Jos, Flav. auf 60 Talente, oder das Talent beyläufig zu 2200 Nthlr. ge-Arch. XVII, rechnet, 132.000 Rthl. –Augustus vertheilte auch dasjenige, was 11, 1–5. Herodes ihm selbst vermacht hatte, unter die Prinzen, und be-De Bell. II., hielt nur einige Geschirre zum Andenken. 6, 1-3. Arche laus nahm demnach feine Ethn archie ruhig in " > - Befiz; fetzte gleich nach seiner Ankunft zu Jerusalem, nach dem Wunsche des Volkes, Joazar vom Hohenpriesterthume ab, Jos. Flav. und erhob Eleazar, den Bruder desselben, und etwas später Arch. XVII. Josua, den Sohn des Sia, zu diesem Amte. Er stellte Jeri- 13, 1. De cho wieder her, legte einen Palmengarten an, und erbaute dann Bell. II, 7. Archelais. Das Mosaische Gesetz lag ihm aber eben nicht sehr 3, am Herzen, denn er vermählte sich mit Glaphyra, der vor- nahligen Gemahlinn seines Bruders Alexander, des Sohnes der ZB 12 J. nach Mariamne, ob sie gleich in dieser Ehe Kinder geboren hatte. Er Chr. herrschte auch fehr hart, so zwar, daß er im 10. Jahre feiner " " Regierung von Juden und Samaritern bei Augustus verklagt Arch. XVII. und nach Vienne in Gallien verwiesen wurde. 13, 1 – 5. Die ungerechte und grausame Regierung des Archelaus, um Pº", "derentwillen er von dem Haupte des Reiches entsetzt wurde, war " *-* wahrscheinlich die ursache, daß auch die heilige Familie sich nicht wieder in Judäa niederließ, sondern die mildere Herr- fchaft des Antipas vorzog. »Alls Joseph hörte,« erzählt der Evangelist, »daß Arche laus im jüdischen Lande Kö- »nig war, anstatt feines Vaters Herodes, fürchte- »te er fich da hin zu kommen. Und im Traum e em- »pfing er Befehl von Gott, zog in das Land Ga- »liläa, und kam und wohnte in der Stadt, die da »heißt Nazareth«. *) – HI e r o di e S A m t i p a S, T e. t r a r ch über Garbeloweg anpec Perezeer. - 2 – 40 J. nach Chr. 10 J. nach Herodes Antipas, Sohn Herodis des Großen und Chr. der Malthake, einer Samariterinn, ein Mann von kaltem und Luc. XXIII. schlauem Charakter, ist der von Jesu selbst als der Fuchs be- 32. schriebene Herodes. Er wird in der evangelischen Geschichte Judäa, eine römische Provinz *). 12–26 J. nach Chr. no J. n. Chr. Nachdem Archelans feines Thrones entfetzt worden war, schlug Augustus Judäa und Samaria zu Syrien, wohin er P. Sulpicius Quirinus als Präfes fchickte, und der römische Ritter Cop onius kam als Prokurator nach Judäa, Quirinus zog die Güter des Arche- - - *) Math. II. 22, 23. •) Ich fchalte diesen historischen Abschnitt über die Prokura e oren von Judäa als gleichzeitig mit der Geschichte der Herodianer hier ein, dessen Zusammenhang der Lefer – nach der kleinen Drucks fchrift zu verfolgen hat, überhaupt als ein schwacher, sonst gutmüthiger, aber verschla- gener Wollüstling geschildert, welcher nur durch äußere Umstände zu eigentlicher Härte und Grausamkeit verleitet werden konnte; daher denn auch Jesus in Galiläa einen weit sicherern Aufenthalt vor feinen Feinden hatte, als in Judäa, und nur dann und wann auf einige Zeit daraus zu entweichen gezwungen war, wenn ihm besondere Umstände Gefahr brachten, oder wenn sich die jüdischen Pharisäer des Herodes als Mittel zum Zwecke zu be- dienen fuchten. Das Schändlichste, was die Geschichte von ihm meldet, ist der blutschänderische Ehebruch, in welchem er mit der Hero- dias, der früheren Gemahlinn eines Bruders Herodes Philipp us, der ein Sohn Mariamnens, der Tochter des Hohenpriesters Simon, war, – lebte. Er hatte diese, welche eine Tochter Arift ob ulus", des Sohnes der Hasmonäischen Mariamne war, bey feinem Bruder in Rom, wo er als Pri- vatmann lebte, kennen gelernt, mit ihr Liebeshändel angespon- nen, und ihr fogar versprochen, ungeachtet er mit einer Prin- zessinn des Königs Aretas von Arabien vermählt war, dieser den Scheidebrief zu geben und Herodias zu feiner Gemahlinn zu nehmen. Die nothwendige Folge davon war, daß Feindselig- keiten zwischen Herodes Antipas und dem arabischen König ent- standen. Denn als die arabische Dame das ihr bevorstehende Schicksal erfuhr, entfloh sie zu ihrem Vater noch Petra, der, hierüber höchst beleidiget, Gränzstreitigkeiten über Gamalis er- regte, und sich zum Kriege rüstete, als Antipas nach feiner Rück- laus ein, und nahm die Luc. II. a. im Vorbeigehen erwähnte jüngere Beschreibung des Volkes vor, um die Abgaben anzuordnen. Der Hohe- - priester Joazar, ein Sohn des Boethius, fuchte zwar das Volk, wel- ches hierüber fchwierig wurde, zu beruhigen, aber Ju das der Gaulos mite aus Gamalis oder der Galiläer, in Verbindung mit Sad du k, Jos. Flav, einem Sadducäer, stellte diese Beschreibung der Bürger und ihres Ver- Arch. xvIII., mögens, und die Abtragung der Steuern allenthalben als eine fchmäh- 1., 1. De Bell. liche Sklaverey vor, die gegen das Gesetz fey, nach welchem die Juden II, 8, 1. Vergt. nur Gott als ihren Herrn anerkennen sollten. Durch diese Erklärung, Act. Apost. v., zu welcher jedoch in dem Mofaifchen Gesetze gar kein Grund vorhanden 37. war, erhielt er bald einen Anhang und erregte große Unruhen. Er fcheint zwar unterdrückt worden zu feyn, aber feine Anhänger erhielten Jos. Flav. sich und formierten eine besondere Sekte, die nach der Zeit zu den Arch. Xvu. , unruhen und zu der letzten Empörung gegen die Römer. Vieles beyge- , 1. De Bell, tragen hat. " - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 11, 9, 1. HO - kehr aus Rom die Ehe mit Herodias wirklich vollzog- Herode, Jos, Flav- er in DeM zugleich Arch.XVIII durch Überläufer verrathen, verlor das Treffen, unvers --- 5, 1 – 4 “ fein ganzes Heer aufgerieben w" Auf diesem seie ' A - schah es, daß einige einer Soldaten " ohanne“ E „ III. Täufer kamen ar, die Schmid 14. (Sin anderes 3erbrechen." Johannis de * äufers, " ih z, stolze, herra- Math. XIV. füchtige und verhärtete RJeib zu „eranlassen „ußte. Auch " „itt er in dem ihm eigenthüm “ der geidensgeschi" zeiu tri 111 20 ' ichen Charakter auf. Als Jude nahm ". - --- : ' Osterfestes zu Sei' - mit welchem er manchen Streit über ": benützte diese Gelegenheit ich i - – 12. . machen, und ich zugleich aus einem „erdrießlichen Handel 5 ziehen, indem er ihm den vom als einen g alt I & i chem untertha falle die Bestätigung seines Tº ins '' schieben. Allein der an ich nicht blutd stige Hierfür stina" nur zum Scherze gegen Jesu" UUl würde hielt, demselben " "An E - sich herab s wait dem Angeklagte" eine fürstliche Poffe zu Spit und ihn dem Pilatus, unter andschaftlich“ Anerkennung “ Dieselbe ", deren Suhlerkünfte diesen F u to wankten Schändlich" „SOD eS OU1 u laden. " " –T hatte, - en s n. Chr. Eve Ouirinus die geschreibung geendige I ern - Hohenpriester Joazar- mit dem gotte zerfa" uc. III, - * Ann und übertrug die Würde " A - - - Sohn des Sees sie bis auf das Jahr * nach Christo Hehl . . . . . . am Im Jahre 14 nach Ghristo wurd der Tempel zu. serie " . . . . . Nr Osterfeue von wigen Sam" EM verunreinig“ die fict - - - - - - - in dem Tempel, der " vieler Zeit bald nach Mittern - - - - - - - Jud wurde, einschlichen WM enge beim ausreuten. " - - Po n ihn miese besuchen unten. Die geschah im * zu... weiter bald dar" nach Rom zurückging, . . – g . . " - - - - - - - - - - - - - - , - . . - - - - - - - - - - - - - - - » Es sei sen teil. " dem --- - F: der Joazar keine würde entfe" so scheint nd felbe wieder übernommen. " haben.» &1 --- ins Verderben, da er sonst vielleicht seine lange Regierung, die ihm jährlich bei 200 Talente, oder ungefähr 440.000 Thaler eintrug, – in Frieden geschlossen hätte. Weil nähmlich ihr Stolz und ihre Herrschsucht nicht ertragen konnte, daß ihr Bru- der Herodes Agrippa, der lange Zeit von ihrer Gnade gelebt hatte, vom römischen Kaiser Cajus Caligula die Tetrar- chilen des Ost-Jordanlandes mit dem Königstitel erhielt, fo veranlaßte sie ihren Gemahl zu einer Reise nach Rom, um sich da selbst gleichen Titel auszuwirken. Hier aber wurde er auf die vorangegangenen Anklagen des Herodes Agrippa nicht nur feiner bisherigen Würde entsetzt, sondern auch sammt der Hero- dias nach Lyon in Gallien ins Elend verbannt. Sein Land fiel "os. Flav. gedachtem Herodes Agrippa zu, von welchem weiterhin die Arch. XVIII. Rede seyn wird. 7. 2. Nach Antipas befestigte und verschönerte seph oris oder Bell, Jud. II. Dio caesarea an der Gränze des Ober- und Niederlandes, 9 - 6, aber und machte es zur Hauptstadt von Galiläa; der gewöhnliche Re-n. Spanien. fidenzort des Tetrarchen aber war die Stadt Ti berias, die er selbst erbaute; und nicht selten hielt er sich auch in den Ge- genden seines per älischen Gebiethes auf, an der Ostseite des - füdlichen Jordan, wo Joha nn es der Täufer aufgetreten - - war. Daher die nähere Berührung, in welche dieser Prophet ' mit dem Tetrarchen kam. Er hatte auch Bethar am phta"“ u, befestiget, und nach dem Rahmen der Kaiserinn – Julia 2, 1. - - - - - - genannt. - - - - - - - - - - - TT De Bell. II. TT - - - - 9, 1. - - - - - - - - - - - - - - - - . . . . . . . . " - - - - - - - - - - - - - - Unter Ambivius, der an feine Stelle kam, starb Salome, und vermachte ihre Städte der Kaiferinn Julia, - *** - Nach 8 Jahren wurde Annius Rufus Prokurator von Judäa, 17 J. n. Chr. unter welchem Augustus im 76. Jahre feines Lebens zu Nola in Cam- panien starb. Sein Nachfolger war Tiberius, ein Sohn der Julia, Gemahlinn des Augustus. - - - - - - - - - - - " - Tiberius schickte Valerius Cratus als Prokurator nach Judäa, … . - - - - welcher dieses Amt 11 Jahre begleitete. Dieser setzte den Anamus ab - und ernannte Ismael, den Sohn des Phabus, zum Hohenpriester; auf - - diefen ließ er Eleazar, den Sohn des gewesenen Hohenpriesters Ana- mus, hernach Simon, den Sohn des Kamiehus, endlich Joseph, “B " Chr welcher auch Haia phas oder … Kaiphas genannt wurde, und ein Jos. Flav. Schwiegerfohn des Amanus war, folgen, welcher bis in das 35. Jahr Arch. XVIll.. Nach Christo Hoherpriester blieb. Bald nach der Einsetzung des Joseph 2 ; 2. De Bs Il Kaiaphas kam Pontius Pilatus als Prokurator nach Judäa. - - - - - 11., 9, z. 42 --------------- P h 1 1 1 p pus, T et r a r ch üb er - - - - - Trachomeitis, Hüterweger, Gioresopotkits, Alas- Monats, Perseers, Roeters schwer, Gewasserdickica, " . . . Decapolis, Abelar. - - 2–35 J. nach Chr. - Philippus, Sohn Herodis des Großen, aus der Ehe mit Kleopatra, einer Jerusalemikanerin, der älteste fei- - - ner Brüder, wird einstimmig als ein milder, gutmüthiger und gerechter Fürst geschildert, daher denn auch Jesus in feinen Gebiethe am sichersten war , wenn ihm sonst in Judäa oder Ga- liläa Gefahren drohten. Er erbaute Pan eas, und nannte es Caesarea, vergrößerte Beth saida am Gestade des Sees Genesareth, vermehrte die Einwohner, erhob den Ort zum Range Jos. Flav. einer Stadt, und nannte sie Julia, obgleich der alte Nahme Arch.XVIII. dessen ungeachtet immer gangbar blieb. Er besaß 100 Talente 2, 1. jährliche Einkünfte, beiläufig 220.000 Thaler, regierte 34 Jahre, De Bell. II. und starb kinderlos im 20. Regierungsjahre des Kaisers Tibe- 9, 1. rius, wo dann feine Tetrarchie zu der römischen Provinz Syrien geschlagen wurde, welcher Judäa und Samaria be- Jos. Flavereits angehörte. Später ward sie wieder Herodes Agrippa Arch, XVIII, - - - - - - - - - - 4, 5. - - - * - - - - - - - - - Pontius Pilatus, , - Prokurator von Judäa, 26–38 nach Chr. Pontius Pilatus, ein stolzer, eigensinniger, grausamer und bes Philo Leg. ad stechlicher Mann, der, wie Philo schreibe, die Gerechtigkeit verkaufte, Caj.p,589,590. die Leute beraubte und unfchuldig hinrichten ließ, – hatte mehr als Ed, Mang, 10 Jahre das Amt eines Prokurators in Judäa bekleidet. Sein Benehs men erregte gleich Anfangs Unruhen; denn da er mit den Soldaten, die er aus Samarien nach Jerusalem - in die Winterquartiere schickte, die Abbildungen des Kaisers auf den Feldzeichen zur Nachtzeit nach - - Jerusalem bringen ließ, fo fah das Volk dieses als eine Verletzung fei- '“ - nes Gesetzes an, und viele Juden kamen nach Cäsarea, um Pilatus zu - - - - - - - - bewegen, diese Abbildungen aus der Stadt zu schaffen. Sie blieben 5 - Tage vergebens vor dem Palaste des Pilatus liegen. Am fechsten Tage _4_ zu Theil. – In eben diesem Jahre scheint Stephanus ge- Jos. Flav. steiniget worden zu feyn. – Von diesem Tetrarchen ist wohl zu Arch. XVIII. unterscheiden sein Bruder: Herodes Philippus. 6, 8–10. - - - - - - De Bell, II. - , Herodles Philippus. ". Apost Herodes Philippus, gemeinglich nur H erod eswil, p ohne Beynahme geheißen, ein jüngerer Sohn Herodis des Großen, den er mit der Maria mne, einer Tochter Simon's des Hohenpriesters, erzeugte, lebte nur als reicher Privatmann im jüdischen Lande, weil ihn sein Vater wegen einer von feiner Mutter gegen ihn angezettelten Verschwörung aus feinem Te- stamente ausgestrichen hatte. Er privatisierte auch längere Zeit in Rom, lernte daselbst die Herodias, Tochter des Ari- fobulus und der Berenice (siehe Stammtafel), kennen, und ehe- lichte sie, worauf sie ihm dann, wie bekannt, von Herodes Antipas entführt wurde. … … … … Herodes Agrippa I., König der Juden. - 38–45 I. nach Chr. Herodes Agrippa, ein Sohn des Aristobulus, des Sohnes der Hasmonäischen Mariamne, hat mancherley Wechsel des Glückes erlebt. Er war kurz vor dem Tode des Königs He- rodes I., feines Großvaters, nach Rom gekommen, wo er unter fetzte er sich im Stadio auf den Thron; und da die Juden vor ihm er - fchienen, fo ließ er sie von Soldaten umringen, und drohte ihnen den - Tod, wenn sie sich nicht fogleich entfernten. Da aber die Juden sich Jos. Flav. Arche auf die Erde legten, den Hals darbothen und schrien: Sie wollten lie- XVIll., 3, 1. ber insgesammt sterben, als wider ihr Gesetz. Bilder in ihrer Stadt De Bell, l., 9- haben, so ließ endlich Pilatus, die Feldzeichen aus Jerusalem wegbrin- 4. 3. gen - - r Ist es ferner richtig, was phito erzählte, daß Pilatus auch Philo De Leg. Schilder mit abgöttischen Aufschriften zu Jerusalem hat aufstellen laffen, ad Caj. und auf die Bitte der Juden vom Kaiser Tiberius Befehl erhielt, die ärgerlichen Schilder wieder wegzunehmen, fo war es wohl zum Theil Rache, daß er hernach zu Jerusalem eine Wafferleitung von einer 5 deutsche Meilen entfernten Quelle anlegen wollte, und hiezu die Aus- lagen aus dem Tempelfchatze forderte. Pilatus wurde definvegen zu Je» rusalem auf feinem Throne von dem Volke mit heftigem Geschrey um 44 die Freunde des Drusus, des Sohnes des Kaisers Tiberius, aufgenommen, und auch bey Antonia, der Gemahlinn des älteren Drusus, einer Freundinn der Berenice, der Mut, ter des Agrippa, gut gelitten wurde. So lang Berenice lebte, - - hielt Agrippa noch etwas an sich; nach dem Tode seiner Mut ter aber war der leichtsinnige Prinz mit seinem Vermögen bald - - - - fertig, und er gerieth in Mangel und Noth, besonders als Dru- sus gestorben war, und Tiberius allen Freunden seines verstor- benen Sohnes, damit sie ihm nicht das Andenken an denselben erneuerten, den Zutritt versagte. In dieser Verlegenheit ging Agrippa nach Malath a in Idumäa, wo er sein Elend durch den Selbstmord endigen wollte, aber von seiner Gemahlinn Cypros, die sein Vorhaben merkte, noch auf andere Gedan- ken gebracht wurde. Sie verschaffte ihm durch Herodias, die seine Schwester war, bey Herodes Antipas einen Jahr gehalt und die Staathalterschaft von Tiberias. Allein einige Spötter reyen des Antipas über seine Umstände verleideten ihm bald die- fen Posten. Er ging daher zu Flaccus, dem Prokonsul von 9. Flav. Syrien, dessen Freundschaft er schon zu Rom genossen hatte, und Arch VIII. ward gut aufgenommen. - - - 6, 1. 2. Es währte aber nicht lange, so wurde er von seinem Stief bruder Aristobulus, der sich gleichfalls hier aufhielt, bey Flaccus angegeben, daß er den Damascenern für eine Summe Geldes, in einer Gränzstreitigkeit mit den Zidoniern, feine Ver- wendung bey Flaccus zugesagt habe. Agrippa kam nun wie- der ganz hülflos nach Ptolomais; und als er von da über Alexan- 3, pl, A., ringt; er ließ aber die Menge von verkleideten Soldaten mit Prügeln xvin., 3. „ auseinander treiben, wobey. Viele eheils erschlagen, theils in dem Ge- De Bell, n, dränge zertreten wurden. - - - - - - - - - - - - / Im 3. Jahre des Pilatus trat Johann es der Täufer öffentlich 9. 4. " Matth. in auf, und fuchte die Gemüther durch Befferung zur Ankunft und An- 1–4. 13 – nahme des Messias vorzubereiten, und das folgende Jahr taufte er Je fus, und zeigte ihn dem Volke als den verheißenen Messias an. Bald hernach stand in Samarien ein Betrüger oder falscher Meffias auf, welcher unter der Vorfpiegelung, die mofaifchen heiligen Gefchirre auf dem Berge Garizim auszugraben, viel bewaffnetes Volk versammelte. Als aber eine große Anzahl zu Tiribat hat bereit war, auf diesen Berg wirklich zu ziehen, so ließ Pilatus, den Weg, welchen fiel nehmen woll- ten, mit Reiterey und Fußvolk befetzen, und die Betrogenen wurden im ersten Angriffe größtentheils niedergemacht, die übrigen aber zers streut, und nur Einige gefangen genommen, aus welchen die Vornehms Marc. I., 1 – 9. Luc. m,", – 2o Joh, I., a3 – 4o. 45 drien nach Rom fegelte, borgte er überall große Summen Gel- Jos. Flav. des, und machte leichtsinnig bedeutende Schulden. In Rom Arch. XVIII. hielt er sich an Cajus Caligula, und ließ auf einer Spa- 6, 3. 4. zierfahrt mit diesem den Wunsch entfallen, daß Tiberius nur . . . bald dem Cajus das Reich überlassen möchte. Da nun fein Kutscher, der dieses gehört hatte, ihn bald darauf bestahl, und auf der Flucht ergriffen wurde, fo äußerte er sich, er habe dem Kaiser etwas Wichtiges zu entdecken, und wurde sofort gefesselt nach Cäsarea gesandt, aber von Tiberius eine geraume Zeit nicht verhört, bis endlich Agrippa selbst durch die Vermittelung der Antonia ein Verhör für ihn auswirkte, worauf Agrippa, obgleich in Purpur gekleidet, fogleich in Feffeln gelegt wurde, in welchen er bis zum Tode des Tiberius blieb, wo ihm Anto- nia nichts als eine Erleichterung verschaffen konnte. – In die- Jos. Flay, ser Gefangenschaft von 6 Monathen soll ihm ein deutscher Vo-Archyyi, gel deuter, der eine Nachteule auf dem Baume, unter dem 6, 5. 6. Agrippa stand, fah,– vorhergesagt haben, er werde bald be-De Bell. freyt und zur höchsten Würde erhoben werden; sobald er aber 9, 5. diesen Vogel wiedersehen würde, werde er nach fünf Tagen Jos. „. ferben. – - Arch,XVIII. Als Cajus Caligula bald darauf Nachfolger des T-6, 7. berius geworden war, ließ er sogleich Agrivpa in der Gefan- genschaft beffer halten, nach wenig Tagen zu sich rufen, und gab ihm ein Diadem, womit er ihn zum König über Gau- lonitis, Bata naea, Trach on it is, kurz über die Te- trarchie eines Onkels Philippus und jene Lysaniens •, sten dann hingerichtet wurden. Hierüber fchickten die Samariter Abge, Jo, pla, Arch, ordnete an Vitellius, den Prokonsul von Syrien, und ließen Pilatus xvul., 4., , der Gewaltthätigkeit anklagen. Vergl. Math. Vitellius fandte demnach Marce11us als Prokurator nach Judäa, xxiv., ... hieß Pilatus feine Prokuratur niederlegen, und sich zur Verantwortung 3, J. n. Chr. wegen feiner begangenen Verbrechen und Gewaltthätigkeiten nach Rom begeben. Er ward als fchuldig befunden, von Cajus Caligula, der dem Tiberius in diesem Jahre in der Regierung folgte, nach Vienne in Gallien verwiesen, dafelbst in einem Thurme eingekerkert, der noch jetzt der Pilatus s Thurm heißt, und foll, nachdem er sich hier Jos. Flav. Arch. erhenkt habe, in die Rhone geworfen worden feyn. Auch in Rom zeigt XVIII., 4. 2. man ein Haus, das er während der Zeit seiner dortigen Anwesenheit bewohnt haben foll. Kaiser Claudius, der Nachfolger des Cajus, schickte Cu spius Fadus 45 J. n. Chr. als Prokurator nach Judäa, auf ihn kam Tiberius Alexander, und 46 s. „ es. 46 - Jos, Flaw, machte, und ihm für die eisernen Ketten, womit er an einen ArchyVIII, Soldaten geschmiedet war, eine goldene vom gleichen Gewichte 6, 8 – 10. schenkte. De Bell. II. Im 2. Jahre des Cajus Caligula ging nun Agrippa 9, 6. von Rom über Egypten in ein Königreich, und wurde, wie Philo *) berichtet, zu Alexandrien beschimpft, in Palästina aber angestaunt, und insbesondere von Herodias, feiner Schwe- fer, beneidet. Die Eifersucht dieses Weibes ging so weit, daß 39 J. nach sie ihren Gemahl Herodes Antipas zu einer Reise nach Rom Chr. vermochte und beredete, daselbst gleiche Ehre zu fuchen, und sich den Königstitel zu erbitten. Allein Agrippa schickte ihm sogleich feiuen Freygelassenen Fortunatus mit Briefen und mündlichen Aufträgen an Cajus Caligula nach, in welchen er den Herodes eines heimlichen Einverständniffes mit den Par- thern beschuldigte, und zum Beweis anführte, daß er Waffen für 70.000 Mann gesammelt habe. – Er reitete auch selbst nach Italien, um seiner Anklage mehr Nachdruck zu geben. Antipas war also schon vor feiner Ankunft in Rom bey Cajus Cali- gula angeschwärzt, und wurde daher, statt seinen Wunsch erfüllt zu sehen, nach Lyon in Gallien verwiesen, wohin ihm eine 40 J. nach Gemahlinn Herodias freiwillig auch folgte. Seine Tetrarchie Chr. aber, d.i, Galiläa und Peräa, und sein ganzes Vermögen wurde Jos, Flav, dem Herodes Agrippa als Verläumdungslohn zu Theil; und Arch. XVIII. da sich dieser auch bey dem Kaiser Claudius , welcher dem bald 7, 1. 2. darauf ermordeten Cajus Caligula in der Regierung folgte, ein- De Bell. II. zu schmeicheln gewußt hatte, so erhielt er von demselben nicht nur 9, 2. 48 J. n. Chr. auf diesen Ventidius Cumanus. unter diesen drei Prokuratoren herrschten viele Unordnungen und Unruhen im jüdischen Lande. 53 J. n. Chr. An Cumanus' Stelle ward der Freygelaffene des Kaisers Claudius, Antonius Claudius Felix, Prokurator von Palästina und über Ju- däa, Samaria, Galiläa und Peräa. Dieser Felix ist der felbe, vor wel- chem sich der gefangene Apostel Paulus in Cäsarea verantworten mußte. ZDa es diefer unter feiner Würde hielt, einen gerechten Urtheilsfpruch 60 J. n. Chr. mit Gelde zu erkaufen, so überließ er ihn als Gefangenen feinem Nach- folger. Dieser war Portius Festus, welcher die Prokurators-Stelle 3 Jahre bekleidete. Auch er zog den Apostel bei Gelegenheit eines Bewillkommungs-Befuches, den er vom König Agrippa ll- und feiner Schwester Berenice erhielt, vor feinen Richterstuhl, und fandte ihn dann nach Rom, weil er an den Kaiser appelliert hatte. Aet. Apost. XXI. XXII. XXIll. XXIV. Act. Apost. XXIV, XXVI. XXVll, Act. Apost. XXV, XXVl, - *) Philo contra Flacc. . . . . . . 47 die Bestätigung in seiner bisherigen Herrschaft über das Ost- Jordanland, Galiläa und Peräa, sondern auch noch das bis jetzt durch römische Prokuratoren verwaltete Samaria , Judäa und A bila Lysaniens fammt einem Striche vom Li- banus, so daß er wie sein Großvater Herodes I. König vom ganzen jüdischen Lande war. Er durfte über ganz Pa- lästina herrschen, und hatte zu feiner Verfügung die gewöhn- Jos. Flav. liche Anzahl römischer Truppen, welche nach der Erfahrung zur Arch. XIX. Erhaltung des Friedens in einer so entfernten und unruhigen 1, 1 – 4. 5, Provinz immer nöthig waren. – Claudius gab auch Hero-1. De Bell. des, dem Bruder des Agrippa, das Reich Chalcis, jammt II. 9, 1–4. der Würde eines Prätors. - - - - - - - Die Juden hatten auf diese Weise die Freude, nicht nur wieder einen eigenen König mit jener Ehre und Macht zu besitzen, welche schon der Familie David's zugehört hatte, fon- dern fahen sich auch nach den schrecklichsten von Cajus Caligula erduldeten Mißhandlungen, unter welchen das Land durch große Räuberbanden, Verwüstung vieler Städte und Flecken, und völlige Vernachlässigung des Ackerbaues, theilweise in eine Ein- öde verwandelt worden war, – vom Kaiser Claudius, dem Könige Herodes Agrippa zu Liebe, so glimpflich und schonend behandelt, daß mit des Letzteren Regierung eine neue Periode des bürgerlichen Glückes begonnen zu haben schien. In der That fuchte Agrippa nicht nur dem eingeriffenen Elende zu steuern, durch erlaffene Abgaben die Lasten des Volkes zu erleichtern, und die Partheyen, die das Verderben des Landes veranlaßt hatten, auszurotten, sondern er verschönerte und befe- ftigte auch viele Städte des Landes, baute Theater, Amphithea- ter, Portikus, mehrere Bäder; erweiterte und vergrößerte die Mauern von Jerusalem, insbesondere an der Seite der Neu- Unter diesem Festus und feinem Nachfolger Albinus nahm die bisherige Verwirrung in Palästina mit jedem Tage zu, und unter den 64 J. n. Chr. gräßlichsten Gewaltthätigkeiten, welche fich die Prokuratoren gegen das - Volk, und die verschiedenen Partheyen des Volkes sich gegen einander felbst erlaubten, – näherte sich der Ausbruch eines völligen Krieges zwi- fchen den Juden und ihren römischen Oberherren. Er begann im zweys ten Jahre des Prokurators Gessius Florus, der alle bisherigen Pro-66 J. n. Chr Furatoren an Härte, ungerechtigkeit und Geldgier übertraf, und gleich, 3., Flav. an. kam das Oberhaupt aller mit ihm heilenden Räuberbanden war, die das xx.„ 9. De - Land verwüsteten, - - Boll. H. 14. 2, - - - - - 4B 44 J. nach Chr. stadt, - und nahm sich der Aufrechthaltung der väterlichen Religion eifrigst an *). - - - - - - - - - - - Dieser Umstand hatte natürlich auch gewaltsame Maßregeln gegen das Christenthum zur Folge, das sich bereits im jüdischen Lande durch die Thätigkeit der Apostel ziemlich auszubreiten an- gefangen hatte: Er verfolgte daher die Bekenner desselben, und ließ, um ihnen einen entscheidenden Schlag beyzubringen, den Apostels Jacobus, den Bruder des Johannes, öffentlich hinrich- - ten, und den Petrus zum nähmlichen Zwecke ins Gefäng- Jos. Flav. Arch. XIX. 8, 2. niß werfen, wie in der Apostelgeschichte *) mit Mehrerem erzäh- let wird. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Kurz darauf gab er in Caesarea, fo vorhin Stratons- thurm geheißen hatte, zu Ehren des Kaisers Claudius die gewöhnlichen Kampfspiele, bei welcher Gelegenheit er in einem prachtvollen Anzuge im Theater erschien, und an die Gegenwär- tigen nach damaliger Sitte eine Rede hielt, welche mit solchen Schmeichelworten beantwortet wurde, die an einen jüdischen Mo- narchen nicht gerichtet werden konnten. Da er nun diesen vergöt- ternden Zuruf nicht mißbilligte, so soll er, wie Josephus Flavius sagt, ober seinem Haupte auf einem Stricke eine Nachteule haben sitzen sehen, woraus er sogleich nach der vor mahligen Wahrfagung jenes deutschen Vogel deuters zur beson- dern Strafe des Himmels auf fein nahes Ende geschloffen habe. Er ward plötzlich von einer Krankheit im Unterleibe befallen, an - - - - - - - - - - - - - - - “- - *) »Keine Stellung,« sagt in dieser Hinsicht über die Regie- - rung Agrippa's Ruffel*), »konnte schwieriger mit Sicher- … »heit und Ehre behauptet werden als die dieses hebräischen »Fürsten. Auf der einen Seite drängte ihn die Eifer- »sucht der römischen Abgeordneten und auf der andern »der Verdacht seiner Landsleute, die sich nie von der Furcht »entwöhnen konnten, daß die Erziehung im Auslande ihn »gegen „die Gebräuche des Mosaischen Gefetzes gleichgültig * »gemacht habe. Damit, die Letztern zufrieden gestellt wür- - - - - - - - - - - - »den, sparte er keine Kosten, um den täglichen Gottesdienst »im Tempel so prachtvoll als möglich zu machen, während »er seine Hand zur Verfolgung der christlichen Kirche in der »Person des heiligen Petrus und Jakobus, des Bru- oders des Johannes, both.« *) Siehe: Palaestina oder das heilige Land. Aus dem Englischen des Dr. M. Russel, Leipzig, 1836- - - I. Th." .“ 85, ------- -- * , & - - - - - - - - - - - - - - - - - - *) Act, Apost. XII, 21 – 23. - - - - - 49 "T der er auch starb. Die heilige Schrift*) schildert die letzen Auftritte mit folgenden Worten: »Als Herodes einen Tag be- vstimmt hatte, fetzte er fich in feinen königlichen »Kleidern auf den Nicht erfuhl, und hielt an die „Verfammelten eine Rede. Das Volk aber rief »ihm zu: Dieß ist Gottes und nicht eines Men- pfchen Stimme! Alsbald fchlug ihn der Engel „d es Herrn darum, weil er Gott nicht die Ehre »gegeben hatte; und nach dem er von Würmern »war gefr effen worden, gab er feinen Geist auf.« Während der Krankheit war das gange Land in Trauer, um von Gott die Lebensverlängerung des guten Königs zu erbitten, 45 J. nach Allein, er starb den 5. Tag im 54. Jahre seines Alters, im 7. Chr. vom Anfangefeiner Regierung, und am Ende des 3. Jahres feines Jos. Fl Reiches über ganz Palästina. – Er hinterließ einen Bruder, OS. II a V, Herodes, Fürsten und König von Chalis, einen 17jäh": " rigen Sohn, Herodes Agrippa, der damahls in Rom er- 8, 2. De zogen wurde, und 2 Töchter, Berenice und Drusilla, Bell, II., 11., welche Kinder eine nicht unwichtige Rolle zu Ende der Apostel-” geschichte **) spielen. Sein Tod erregte allgemeine Trauer; nur Jos. Flav. die Griechen zu Sebastie und Caesarea hielten Freuden- Arch. XIX. feste, und ließen durch die Soldaten die Statuen seiner Töch- 9, 1. ter aus dem königlichen Palaste in’s Hurrenhaus bringen, dort De Belm, II. auf das Dach stellen und schändlichen Muthwillen treiben. 11, 6. HerodleS Agrippa II. »Die Jugend und Unerfahrenheit dieses Prinzen,« sagt Russel *) »nöthigte die römische Regierung, die Verwaltung »des jüdischen Landes noch einmahl ganz zu übernehmen. Die »Statthalterschaft von Syrien wurde Cassius Longinus »übertragen, unter welchem Caspius Fad us, ein strenger »aber rechtschaffener Soldat, Judäa verwaltete. Der Haß und »Widerwille des Volkes hatte indeß jetzt einen solchen Grad er- *) Act. Apost. XII. 21–23. *) Act. Apost. XXV. -) : Palaestina oder das heilige Land e. S. 86. • Ly). 4 SO »reicht, daß die Ruhe des Landes weder durch Sanftmuth noch »durch Strenge erhalten werden konnte. Überall standen Betrü- »ger auf, welche den unterdrückten Kindern Jakob's Befreyung »verkündigten, und die heftigsten ihrer Landsleute veranlaßten, »die Waffen zu ergreifen. Es folgten verschiedene Kämpfe, in »denen die Kriegszucht der Legionen die aufrührerischen Banden »fast immer zerstreute oder vernichtete, welche unter so ungünstigen »Umständen das Königreich Israel wieder herzustellen suchten. »Die heilige Stadt, welche von Zeit zu Zeit von beyden Par- »theyen belagert wurde, litt fehr durch die Angriffe der Heiden und »der Juden. Die Weissagungen von ihrem Untergange, welche »bereits unter den Christen cirkulirten, mischten sich mit dem »Geschrey der fanatischen Bewohner, und schon bey der Thron- »besteigung Agrippa's II. zeigte. Alles das elende Ende, welches »in nicht entfernter Zeit die hebräischen weltlichen Hoffnungen »schloß.« – Da man dem Kaiser Claudius widerrathen hatte, den noch allzu jungen Agrippa zum Nachfolger seines Vaters zu ernennen, so schlug er Palästina wieder zum syrischen Pro- konsulate, machte den Caspius Fadus zum Prokurator darüber, und ertheilte dem Herodes von Chal cis das Recht, die jüdischen Hohenpriester zu erwählen, und die Auf- ficht über den Tempel und Tempelschatz in Jerusalem zu füh- ren, oder die oberste Leitung des ganzen jüdischen Religionswefens. H ero des Agrippa II. war vorerst feinem Oheim Herodes in dem Besitze dieses Königreiches nach 47 J- nach gefolgt, und erhielt dann die ehemahlige Tetrarchie eines Chr. 53 J. nach (Chr. Großo heims Philippus im Ost-Jordan lande, mit der Aufsicht über den Tempel zu Jerusalem, und der Ober- herrlichkeit über die dortigen Hohenpriester. Unter ihm wurde der Kaiser Claudius, welcher zuletzt die unruhigen Juden 56 F. nach aus Rom vertrieb“), ermordet, und der Kaiser N e r o trat Chr. an feine Stelle, welcher der Herodianifchen Familie nicht weniger günstig war, als sein Vorgänger im Reiche. In Pa- lästina war Felix Prokurator, und verwaltete Judäa, Sa- maria, Galiläa und Peräa. In diese Zeit fällt die Gefangen- nehmung des heiligen Apostels Paulus und dessen Verhör zu Caesarea unter Felix, so wie unter seinem Nachfolger *) Act. Apost. XVIII., 2. Portius Festus, welcher die Prokurators stelle 3 Jahre 60 – 63 bekleidete. Auch Agrippa und seine Schwester Berenice, I. nach Chr. mit welcher er im blutschänderischen Umgange lebte, waren gegenwärtig, und der Konig sprach das Urtheil, daß man Paulus, der nichts begangen, was den Tod oder die Bande verdiente, hätte loslaffen können, wenn er sich nicht felb ist auf den Kaifer berufen hätte *). Indessen hatten die Unruhen in Palästina auf allen Seiten überhand genommen, und in Jeru fallem selbst herrschte der höchste Grad von Anarchie. Herodes Agrippa verlegte zwar hieher den Sitz seiner Regierung, wo seine Gegenwart die Partheyenwuth einigermaßen mäßigte, und dadurch den end- lichen Bruch zwischen den Einwohnern und ihrem kaiserlichen Herrn etwas hinausschob; auch Festus war mit einigem Erfolge bemüht, die Insurgentenbanden zu vernichten; – aber dieser kurzen Zeit der Ruhe folgte ein um so höherer Grad der Wuth und der Erbitterung. Eine allgemeine Empörung war aus- gebrochen und der jüdische Krieg hatte feinen Anfang ge- nommen. Herodes Agrippa II. befand sich endlich mit seinen 66 J. nach Jos, Flav. Hülfstruppen im Belagerungsheere des Vespasian und Titus vor De Bell.jud. Jerusalem. --------- - *) Act. Apost. XXI. – XXVII. I., 19, 3. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Zerstörung z Arzz- z4 zz, ------- - - - - - - - - - - - - - - - - - - – - - - - - - - - - - - - ---------- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -