Z160256302

- Annotations   ·   No Other Contributors   ·   Out of copyright

Österreichische Nationalbibliothek Z09.8Z4-C Alt- - = - * ==- ------- - - - ob - Do... se 3.750-C. KGr- Beſchreibung VON r a h i e N Aus eigenen Beobachtungen und im Lande ſelbſt geſammleten Nachrichten abgefaſſet - VON Carſten Niebuhr. – ++++++++++++++++++++++++++++++++H – # = - [. Il D 0 0 ÄFLÄ- F +++ 7 - VIT z.tv, 1. FClernen - cup K op e n hage n, I 772. Gedruckt in der Hofbuchdruckerey bey Nicolaus Möller- In Leipzig zu bekommen bey B. C. Breitkopf und Soht. 395. 83 – C. A+- ------ An d e n K ÖN ig. ------ Allergnädigſter König! asjenige Land, von welchem ich Eurer König- lichen Majeſtät unterthänigſt eine Beſchrei bung überreiche, verdient noch jezt eben ſo ſehr die Aufmerkſam- keit der Europäer, als es von jeher berühmt geweſen iſt. Es wird von einer Nation bewohnt, die nie von einem fremden Volke bezwungen worden iſt, die vielmehr ihre Herrſchaft, Sprache, Wiſſenſchaften und Religion weit umher verbreitet ( 3 hat. hat. Ich darf zwar nicht hoffen, daß man die Nachrichten von dieſem Lande, die ich in dieſem Buche bekannt mache, der Erwartung gemäß befinden werde, zu der die Welt durch die Königliche Unterſtützung berechtiget iſt, die mich in den Stand geſetzt hat, ſie zu ſammlen. Das getraue ich mich aber doch zu behaupten, daß die Kenntniß dieſes Landes dadurch einen Zuwachs erhalten wird, den ſie ohne Friederich des Fünften, und Chriſtian des Siebenden ruhm volle Liebe zu den Wiſſenſchaften in einer langen Reihe von Jahren nicht erlangt haben würde. Ich erſterbe in tiefſter Ehrfurcht - - Eurer Königlichen Majeſtät Kopenhagen, - alleruntertänigſter Knecht He! I 5 September 1772, - Carſten Niebuhr, ® Tºd FN es 28 s s3c Ses 26 SEEFEEE Vorbericht. E wird den meiſten von meinen Leſern, vornemlich denen, welche die Vorrede zu den Fragen des Herrn Michaelis geleſen haben, bekannt ſeyn, durch welche Mittel ich in den Stand geſetzt worden bin dieſe Beſchreibung von Arabien zu liefern. Ich muß aber wegen der übrigen, und beſonders der künftigen Leſer bemerken, daß ſie, wenn ſie in dieſem Buche ſolche Nachrichten finden, die ihre Aufmerkſamkeit verdienen, den Königen von Dännemark dafür verpflichtet ſind. Der ſeelige Graf Bernſtorff, deſſen Aufmerkſamkeit nichts entgieng, was nicht etwa allein unſerer Nation, ſondern auch dem ganzen geſitteten menſchlichen Geſchlecht nützlich ſeyn konnte, hatte Friederich dem Fünften vorge- ſtellt, daß man hoffen dürfe, aus dem glücklichen Arabien viele wichtige Nachrichten zu erhalten, wenn eine Geſellſchaft von Gelehrten dahin ge- ſandt würde. Der König gab darauf Befehl, zu dieſer Reiſe ſolche Perſonen auszuſuchen, die dazu geſchickt wären, und ich war ſo glück- lich, daß dieſe Wahl mich mit traf. Ich erhielt zwar in Aſien die be- trübte Nachricht von dem Tode des Königs. Aber hiedurch haben die Gelehrten in Abſicht der arabiſchen Reiſe nichts verloren. König Chriſtian VII befahl mir meine Reiſe fortzuſetzen, und nach mei- ner Zurükkunft dieſe Beſchreibung von Arabien der Welt bekannt zu machen. - Es waren überhaupt fünf Perſonen, welche Befehl erhielten die Reiſe nach Arabien anzutreten, und von dieſen ſollte jede in der Wiſſenſchaft, welcher ſie ſich vornemlich gewidmet hatte, Beobachtungen machen. Der Profeſſor Friderich Chriſtian von Haven hatte ſich haupt- ſächlich VIII eº-ºeº-R2 ſächlich auf die morgenländiſchen Sprachen, und der Profeſſor Peter Forſkäl auf die Naturgeſchichte gelegt. Unſer Arzt, Doctor Chriſtian Carl Cramer, ſollte gleichfalls Beobachtungen in der Naturgeſchichte anſtellen, und der Mahler und Kupferſtecher, Georg Wilhelm Bauren- feind, der Reiſegeſellſchaft mit Zeichnungen der Naturalien, Proſpekte, Kleidertrachten u. d. gl. behülflich ſeyn. Mir ward vornemlich die Erd- beſchreibung aufgetragen. Der König hatte zwar ſchon den Vorſchlag genehmigt, daß wir von Kopenhagen nach Tranquebar reiſen, und von da ſuchen ſollten nach dem arabiſchen Meerbuſen zu kommen. Weil wir aber auf dieſer langen Seereiſe nicht viele Beobachtungen hätten machen können, und endlich doch nach Jemen, derjenigen Provinz von Arabien, von welcher vornemlich die Gelehrten Nachrichten zu erhalten wünſchten, ganz als Fremdlinge gekommen ſeyn würden, weil wir weder auf der See, noch in Indien die Sprache der Araber hätten lernen, und uns zu ihren Sitten gewöhnen können; ſo erhielten wir noch kurz vor unſe- rer Abreiſe Befehl, unſern Weg über Egypten und den arabiſchen Meer- buſen zu nehmen. Wir giengen alſo am 4ten Januar 1761 von Kopen- hagen an Bord eines Kriegsſchiffes, welches der damalige Commandeur, jeziger Contre-Admiral, Herr Heinrich Fiſcher, nach Smirna führen ſollte. Nachdem wir uns nachher einige Zeit zu Conſtantinopel aufgehalten hat- ten, und von dem Geheimenrath Herrn von Gähler, damaligen däni- ſchen Geſandten bey dem türkiſchen Hofe, mit allen zu unſerer Reiſe nö- thigen Bedürfniſſen verſehen worden waren, nahmen wir unſern Weg nach Egypten, und weiter über den arabiſchen Meerbuſen, nach Jemen. In dieſem Lande ſollten wir zwey bis drey Jahre bleiben, und über Básra und Häleb zurückreiſen. Die Gelehrten hätten alſo gewiß viele wichtige Nachrichten von Arabien erwarten können, wenn wir uns ſo lange in dieſem Lande aufgehalten hätten, und alle wieder zurück gekom- men wären. Wir langten aber erſt am Ende des Decembers 1762 in Jemen . "Gºro-Rº Gºro-R9 IX Jemen an. Herr von Haven ſtarb ſchon 1763 den 25ten May zu Möchha, und Herr Forſkäl am 1 tten Julius zu Jerim, einer andern Stadt in Jemen. Nach dem plözlichen Verluſt dieſer unſrer beyden Rei- ſegefährten, beſchloſſen wir übrigen mit dem lezten von den Schiffen, welche in dieſem Jahre von Möchha nach Indien ſegelten, nach Bom- bay zu gehen, und auf dieſem Wege ſtarb Herr Baurenfeind am 29ten Auguſt auf der See, in der Nähe von der Inſel Socotra, Herr Cramer aber am 1oten Februar 1764 zu Bombay. Obgleich der Tod unſre Geſellſchaft faſt ganz aufgerieben hat, ſo glaube ich doch, daß andere ſich dadurch nicht dürfen abſchrecken laſſen, Reiſen nach Arabien zu unternehmen. Man irret, wenn man vermuthet, daß meine Reiſegefährten durch anſteckende Seuchen hinge- riſſen wurden, weil ſie ſo bald nacheinander geſtorben ſind. Ich glaube vielmehr, daß wir ſelbſt Schuld an unſern Krankheiten geweſen ſind, und alſo andere ſich leicht davor hüten können. Unſere Geſellſchaft war zu groß, als daß wir uns frühzeitig hätten bequemen ſollen, nach der Art des Landes zu leben. In verſchiedenen Monaten hatten wir gar kein trinkbares ſtarkes Getränk erhalten können, wozu wir doch ge- wohnt waren, gleich wohl aßen wir beſtändig Fleiſchſpeiſen, welche in allen heiſſen Ländern für ſehr ungeſund gehalten werden. Die kalte Abendluft war uns nach heiſſen Tagen ſo angenehm, daß wir uns ihr zu ſehr ausſezten. Auch auf die ſehr merkliche Verſchiedenheit der Wärme in den bergigten Gegenden, und den niedrigen Ebenen, hätten wir auf- merkſamer ſeyn ſollen. Wir eileten zu ſehr mit unſerer Reiſe, um das Innere des Landes kennen zu lernen. Wir hatten beſchwerliche Wege, und manchen Verdruß mit den Einwohnern, vielleicht aber zuweilen nur deswegen, weil wir dieſes Land und ſeine Einwohner nicht genug kann- ten, und oft mit Unrecht Urſache zu haben glaubten uns zu beſchweren, ohne uns zu erinnern, daß man ſelbſt in Europa nicht immer mit Ver- - H gnügen X *Gºrd-R9 Gºrd-RS gnügen reiſet. Ich ſelbſt bin noch beym Leben meiner Gefährten, weil ich ſo wie ſie gerne nach europäiſcher Art leben wollte, einigemal ſehr krank geweſen. Aber ſeitdem ich bloß mit Morgenländern umgeben war, und nun lernete wie man ſich in dieſen Ländern in acht nehmen müſſe; ſo reiſte ich in Perſien, und von Básra zu Lande bis nach Kopenhagen, bey völliger Geſundheit, und ohne viele Verdrießlichkeiten mit den Ein- wohnern jener Länder gehabt zu haben. - - Eben ſo wenig darf ſich jemand dadurch abhalten laſſen eine Reiſe nach Arabien zu unternehmen, weil die Araber gemeiniglich als ungeſittet, habſüchtig und räuberiſch beſchrieben werden. Ich habe dieſe Nation nicht ſo ſchlimm gefunden. Wir Europäer urtheilen oft zu früh über die Sitten fremder Nationen, ehe wir ſie recht kennen lernen. Man findet freylich in Arabien, und beſonders in der Wüſte, Räuber, welche einzelne Reiſende bey Gelegenheit, man findet ſogar ganze Heere, die große Karwanen plündern. Das leztere aber geſchieht doch nur ſelten, außer wenn die Araber unter ſich oder mit den türkiſchen Paſchäs Krieg führen. Man muß alſo durch die arabiſche Wüſte niemals allein, und in Kriegszeiten nicht einmal mit Karwanen reiſen, wenn man nicht in Gefahr ſeyn will geplündert zu werden. Die Europäer wollen ſich ſelten bequemen lange in einer morgenländiſchen Stadt zu bleiben, ſon- dern verlangen in Arabien ſo geſchwinde zu reiſen als in ihrem Vater- lande mit der Poſt. Und weil die wenigſten die verſchiedenen ganz, oder größtentheils unabhängigen Stämme kennen, ſo halten ſie alle diejenigen Araber für Räuber, welche ihnen etwa auf ihrer Reiſe hin- derlich ſeyn wollen. Einige Reiſende haben ſich vielleicht auch dadurch der Habſucht der Araber mehr ausgeſezt, weil ſie ſich ein vornehmes Anſehen geben wollen. Diejenigen Araber, welche hoffen von einen reiſenden Europäer zu gewinnen, ſind deſto eher bedacht, ihn zu plün- dern, wenn ſie ſich in ihrer Hofnung betrogen finden, und es ſie gerenet, daß "SPO-RS**S O-RS XI - daß ſie ſich um einen vermeinten Ungläubigen vergebliche Mühe gemacht haben. Weil wir es anfänglich für nöthig hielten, die Bekanntſchaft und den Schutz der Obrigkeit eines jeden Orts zu ſuchen; ſo wendeten wir uns allezeit an die Statthalter der verſchiedenen Provinzen. Die Einwohner glaubten daher, daß wir wichtige Perſonen, und reich ſeyn müßten. Die Bedienten der Vornehmen, welche oft nicht wußten wie ſie ihre Zeit zubringen ſollten, beſuchten uns fleißig, und dieſes koſtete uns nicht nur viel, ſondern wir mußten auch in allen unſern Fragen und übrigen Handlungen äußerſt behutſam ſeyn, da wir gewiß ſeyn konn- ten, daß alles, was wir nur geſagt hatten, bekannt werden würde. Auf meiner Rükreiſe habe ich mich faſt gar nicht um die obrigkeitlichen Perſonen bekümmert, und mich dabey wohl befunden. Ich ſuchte die Bekanntſchaft der angeſehenſten Kaufleute, und der armen Gelehrten. Die vornehmen Mohammedaner, ſowohl geiſtlichen als weltlichen Stan- des, haben wichtigere Beſchäftigungen, und ſind auch zu ſtolz, als daß ſie ſich mit einem Chriſten, der nicht einmal ihre Sprache ganz fer- tig redet, Stundenlang unterreden ſollten. Ich habe auch gefunden, daß die, welche in großen Bedienungen ſtunden, oft weniger wußten als andere; wenigſtens waren ſie zurükhaltender. Bey Kaufleuten, welche mit allen Nationen umzugehen gewohnt ſind, und bey armen Gelehrten, denen man kleine Geſchenke geben kann, darf man ungeſcheut fragen, ja man kann mit ihnen frey von der mohammedaniſchen Reli gion reden. Nur iſt es natürlich, daß auch die Araber ihre Religion von niemand, und am wenigſten von Fremden, wollen verächtlich machen laſſen. Und wenn man mit dem arabiſchen Pöbel von der Religion re- den will, ſo hat man allezeit verdrießliche Antworten zu fürchten. Wenn man nur ſanftmüthig mit den Arabern umgeht, ſo kann man wie- der eben ſo viele Höflichkeit von dieſen Mohammedanern erwarten, als vernünftige Chriſten in Europa den Juden erzeigen... Man kann ſelſt h 2 aus XII "Sºf.de-RS *S-O-RO aus den Anmerkungen einiger Europäer, die ſonſt doch nicht mit den Mohammedanern zufrieden ſind, ſchließen, daß die Araber nicht ſo gar ungeſittet und habſüchtig ſind. Der Herr von Breidenbach ſpricht alle- zeit mit Unwillen von den Arabern, wenn er ein Wegegeld, Trinkgel- der u. d. gl. bezahlen muß, und hernach ſagt er doch, daß er die venetia- niſchen Schiffer habſüchtiger gefunden habe, als die Saracenen. Otter verſichert bey ſeiner Zurückkunft nach Marſeille, daß ihm kein Rahdar in Perſien, Arabien und der Türkey, ſo viel Verdruß gemacht hätte, als die franzöſiſchen Zollbedienten. Ich glaube zwar, daß zwey Europäer, die beyde gleichem Eifer zu reiſen hätten, und ſich bequemen könnten völlig nach den Sitten und Gewohnheiten der Araber zu leben, durch alle Provinzen von Arabien, Hedsjas ausgenommen, reiſen könnten; aber nirgends mit weniger Ge- fahr, als in Jemen. Die Einwohner dieſes Landes ſind höflich gegen Fremde, und man kann, wenigſtens in dem Gebiete des Imams, mit eben ſo großer Freyheit und Sicherheit reiſen, als in Europa. Iſt der Reiſende ein Arzneyverſtändiger, ſo iſt es ſo viel beſſer. Man wird es aber auch ſonſt keinem verbieten, im Lande herum zu reiſen, vornemlich wenn er ſich die Freundſchaft der Einwohner dadurch gewinnen kann, daß er ihnen ſeine Wiſſenſchaft mittheilet; denn dieſe Araber ſchämen ſich nicht, ſo wie die Türken, etwas von Europäern zu lernen. Der Rei- ſende muß ſich aber ſeine Abſicht, daß er bloß gekommen iſt, um alle Städte zu beſuchen, nicht ſo gleich, ſondern nur nach und nach merken laſſen. Er muß nicht alles tadeln was ihm etwa nicht gefällt, aber auch nicht ſuchen, die Araber durch Schmeicheleyen zu gewinnen; denn ſie lieben die Aufrichtigkeit, und wiſſen zwar daß ſie viele Fehler haben, wollen aber eben ſo wenig als andere Nationen daß man ſie ihnen ſpöttiſch vor- werfen ſoll. Die engländiſche oſtindiſche Handlungsgeſellſchaft ſendet alle zwey Jahre ein Schif aus Europa über Bombay nach Mochha, und * - –==- mit "SPOORS *SPOORS XIII mit demſelben einen Kaufmann, welcher einige Monate nach Beitel fa- kl) reiſet. Es gehen überdieß alle Jahre verſchiedene engländiſche Schiffe von Bengalen, Madras, Bombay und Surat nach dem arabi- ſchen Meerbuſen. Ein europäiſcher Gelehrter könnte dieſe Gelegenheit erſt unter dem Vorwand wählen, daß er die arabiſche Sprache lernen wollte. Verſteht er davon noch gar nichts, ſo kann er zu Möchha Be- diente antreffen, die Portugiſiſch reden. Er findet bald einen armen Ge- lehrten, den er als Sprachmeiſter annehmen kann, und ſchon durch ihn kann er unvermerkt viele Nachrichten erhalten. Weil er es in den weni- gen Monaten, ſo lange die Engländer ſich zu Möchha und Beitelfakth aufhalten, nicht ſehr weit in der arabiſchen Sprache bringen würde, ſo kann er ſie abreiſen laſſen, und bis zu ihrer Zurückkunft in dem folgenden Jahre einige botaniſche oder geographiſche Reiſen machen. Er wird ſich ohne Zweifel, ſo lange es ihm nur gefällt, bey den Gelehrten auf den Academien zu Zebid und Damär aufhalten können, vornemlich wenn er denjenigen, welchen er gleichſam zu ſeinem Lehrmeiſter in der arabiſchen Sprache, und den arabiſchen Sitten erwählt hat, allenthalben mit her- umführet. Dieſer kann ihm Vornehme und Gelehrte zu Freunden ma- chen, da ſonſt die Araber ſich gewiß eben ſo wenig um einen reiſenden Europäer bekümmern, als wir uns in Europa um die Araber bekümmern würden, wie vornehm ſie auch in ihrem Vaterlande ſeyn, und welche Ehrentitel ſie ſich beylegen möchten. Alle Reiſende ſind nicht gleich geneigt, ſich nach den Sitten des Landes, wohin das Schickſal ſie führet, zu bequemen, und es iſt auch unmöglich, vorher zu beſtimmen, welche Schwierigkeiten jeder insbe- ſondere antreffen werde. Solche junge Herren aber, die die Bequemlich- keit und eine wohlbeſezte Tafel lieben, oder ihre Zeit angenehm in Geſell- ſchaft vom Frauenzimmer zubringen wollen, müſſen gar nicht nach Ara- bien reiſen. Einige vornehme Morgenländer haben vielleicht ebenſoviele, b 3 und xiv eBooºººººooºº und eben ſo ſchmakhafte Gerichte als die Europäer, aber man findet bey ihnen nicht ſolche Gaſthöfe als bey uns. Ein Reiſender muß ſein Eſſen, ſo wohl in den Karwanſerois als in der Wüſte, ſelbſt zubereiten laſſen. Er muß ſogar in wohlbewohnten Gegenden ſein Bett und Küchengeräth mit ſich führen, und kann alſo ohne erſtaunliche Koſten nicht ſo bequem leben, als die Eingebornen. Der Umgang mit dem Frauenzimmer iſt ihm gänzlich verboten, ausgenommen wenn er ſeine eigene Frau mitbringt, und dieß möchte nicht ſehr zu rathen ſeyn, weil jeder für ſich allein ſchon Beſchwerlichkeiten genug antreffen würde. Ueberhaupt muß man eine Reiſe nach Arabien nicht als eine Luſtreiſe anſehen. Wer aber begie- rig iſt, fremde Nationen kennen zu lernen, und Hofnung hat, dadurch nach ſeiner Zurückkunft ſein Glück in ſeinem Vaterlande zu befeſtigen; der muß ſich bisweilen etwas unangenehmes gefallen laſſen, er wird in- deſſen auch manche vergnügte Stunde haben. Wenn ein Araber durch Europa reiſete, ſo würde auch er viele Schwierigkeiten bey den Gaſtwir- then, Poſtmeiſtern, Poſtillionen und Zollbedienten antreffen; ja er würde vielleicht ebenſo große Urſache finden, ſich über die Habſucht der Europäer zu beſchweren, als ein Europäer über der Araber ihre. Er würde aber unrecht handeln, wenn er deswegen, weil einige übel mit ihm umgegangen wären, ſeinen Landesleuten alle Europäer als ungeſittet und habſüchtig beſchreiben wollte. - Das erſte, warum ein nach Arabien kommender Europäer ſich bekümmern muß, iſt die Sprache, und es iſt deswegen deſto beſſer, je weiter er es darinn ſchon in Europa gebracht hat. Meine zwey Reiſe- gefährten, Herr von Haven und Herr Forſkäl, welche die morgenländi- ſchen Sprachen grammatikaliſch in Europa gelernt hatten, lerneten die jezt gewöhnliche arabiſche Sprache viel leichter als ich. Noch ſchwerer als mir ward ſie aber meinen beyden übrigen Reiſegefährten, Herrn Cra- mer und Herrn Baurenfeind, ob ich mich gleich in Europa, ohne die ... - hebräiſche – – –-“--–––--------------- erosºnats- xv hebräiſche Sprache zu verſtehen, nur eine kurze Zeit mit der arabiſchen beſchäftigt hatte. Doch muß man ja nicht glauben, daß man die Ara- ber verſtehen werde, wenn man arabiſch aus alten Büchern gelernet hat. Die gemeine Sprache hat ſich auch bey ihnen gar ſehr verändert, ob- gleich nicht ſo ſehr als die europäiſchen Sprachen, weil die Araber in den lezten tauſend Jahren die Sprache des Koräns für die ſchönſte gehalten, und ſie deswegen in ihren Büchern, ſo viel möglich, beyzubehalten ge- ſucht haben. Ein europäiſcher Gelehrter, der nur die verſchiedenen Dialekte der Araber gründlich lernen will, wird auf einer ſolchen Reiſe als die unſrige war, bloß damit genug Beſchäftigung finden. Indeſſen muß dieſes andere Reiſende nicht abſchrecken, wenigſtens ſo viel arabiſch zu lernen, daß ſie die Landeseinwohner verſtehen, und ihnen wieder ihre Gedanken eröfnen können, und hierzu ſind ihnen ſelbſt die Araber ſehr behülflich. Sie haben die vortrefliche Gewohnheit, welche man gewiß nicht bey allen europäiſchen Nationen findet, daß ſie einem Fremden, der ihre Sprache reden will, zu helfen ſuchen, ihn aber niemals lächer- lich machen, wenn er falſch redet. Um arabiſch zu lernen, ließ ich gleich zu Kähira einen Maroniten, der außer ſeiner Mutterſprache auch Italiäniſch redete, zu mir kommen, und laß mit ihm eine kleine Samm- lung von Geſprächen und Fabeln, die ein Jeſuit zu Häleb, zum Unter- richt der Europäer in der jezigen arabiſchen Sprache, aufgeſezt hat. Dadurch lernte ich lauter Wörter und Redensarten, die im gemeinen Le- ben vorkommen. Am Ende des Buchs ſteht eine Menge Sprichwör- ter, und Denkſprüche, welche zwar noch jezt ſehr oft von Leuten die Er- ziehung gehabt haben, gebraucht werden, wovon aber einige ſchon ſo alt ſind, daß der gemeine Araber ſie nicht verſteht. Es iſt alſo zwar nicht ſo nothwendig, daß ein Reiſender ſich darum bekümmert, doch wird es ihn nicht verdrießen, wenn er ſich auch damit wohl bekannt macht. Ich habe von dieſem kleinen Werke ein Exemplar an den Herrn Hofrath XVI - *Sºd-RO**S rd-AG Hofrath Michaelis geſandt, und wünſche daß er es mit einer Ueberſet- zung drucken laſſen möge, wie er in der Vorrede zu der von ihm heraus- gegebenen Grammatik des Erpenii S. XIX davon nicht abgeneigt zu ſeyn ſcheinet. Dadurch könnten andere, welche eine Reiſe nach Syrien un- ternehmen wollen, ſich mit der Sprache dieſes Landes ſchon zum voraus in Europa bekannt machen. Weil viele Gelehrte behaupten wollen, daß die neuere Sprache der Araber von der Sprache des Koräns nicht ſehr verſchieden iſt, welches ich doch glaube, ſo würde man aus dieſer Probe auch urtheilen können, wer Recht habe. Als der Hofrath Michaelis, welcher dem Grafen Bernſtorff den Wunſch der Gelehrten, Nachrichten aus dem glücklichen Arabien zu er- halten, zuerſt eröfnet hatte, die Erlaubniß erhielt, in den Zeitungen bekannt zu machen, daß wir zu dieſer Reiſe Befehl erhalten hätten, und daß der König allen Gelehrten erlaubte, uns Fragen mitzugeben; ſo erhielten wir auch noch vor unſerer Abreiſe verſchiedene Aufſätze, unter welchen beſonders die Anmerkungen der königlich franzöſiſchen Geſellſchaft der Inſchriften und ſchönen Wiſſenſchaften merkwürdig ſind. Aus den Fragen des Herrn Michaelis, welche zugleich mit den erwähnten An- merkungen der franzöſiſchen Gelehrten gedruckt ſind, iſt bekannt, daß dieſer große Kenner des Morgenlandes uns nicht weniger Anleitung ge- geben habe, Beobachtungen zu machen. Aber von ihm erhielten wir vor unſerer Abreiſe noch nicht mehr als zwey ganz kurze Fragen. Der Graf Bernſtorff ließ ſich alles, was nur zu dem glücklichen Fortgang unſerer Reiſe, von dem erſten Anfang an bis zum Ende, etwas beytra- gen konnte, eifrigſt angelegen ſeyn, und ſendete uns eine Abſchrift von den hundert Fragen nach. Wir erhielten die erſten zu Conſtantinopel, nachher einige in Egypten, und die leztern erſt in Jemen. Sobald ſie 1762 in Deutſchland gedruckt waren, und von da nach Kopenhagen kamen, ſchickte er ſie mit der erſten Gelegenheit durch drey verſchiedene Wege - - ºrasºººº xvt Wege an uns ab. Aber ich erhielt die erſten nicht eher als im Auguſt 1764 zu Bombay in Oſtindien, und alſo über ein Jahr nach dem Tode meiner zween Reiſegefährten, für welche die meiſten derſelben aufgeſetzt waren. Nachher habe ich von dem Herrn Michaelis keine Fragen mehr erhalten, wie man vielleicht aus dem was er gegen das Ende ſeiner Vor- rede davon ſagt, vermuthet hat. Seine gedruckten Fragen haben mir indeſſen auf meiner Rückreiſe über Básra, Bagdad, Moſül, Diarbekr und Häleb viele Gelegenheit zum Nachfragen gegeben. Es war für mich ſehr vortheilhaft, daß ſie nicht zu kurz abgefaßt waren. Denn ob es gleich überflüſſig war, mich zu der Zeit da meine Reiſegefährten noch lebten, um die Fragen aus der Philologie, Naturkunde und der Arzney- wiſſenſchaft zu bekümmern, ſo mußte ich mich doch nach ihrem Tode be- mühen, gleichfals einige Antworten auf ſie zu erhalten, welches nicht geſchehen ſeyn würde, wenn ich nicht durch die Umſtändlichkeit der Fra- gen und Beſchreibungen mit der Sache bekannt worden wäre, und ſelbſt N vorher einigermaßen einen Begrif von dem, wornach ich fragen ſollte, erhalten hätte. Ich fing auch erſt nach dem Abſterben meiner Freun- de an, von der Lebensart, den Sitten und Gebräuchen der Araber et- was aufzuzeichnen. Vorher verließ ich mich hierinn auf die beyden älte- ſten unter ihnen, vornemlich da ich fand, daß ſchon andere Reiſende vieles darüber angemerkt haben. Jezt möchte ich wünſchen, daß ich gleich angefangen hätte, alles aufzuzeichnen, worinn ich die Sitten der Morgenländer von der Europäer ihren, verſchieden fand. Ich ward nachher zu ihrer Lebensart ſo gewohnt, daß ich manche Dinge, die einem neulich angekommenen Europäer ſehr fremd geweſen ſeyn würden, gewiß nicht für außerordentlich würde gehalten haben. - Weil die größte Anzahl der michaeliſchen Fragen zu ganz anderm Wiſſenſchaften gehören, als die ſind, welchen ich mich gewidmet hatte; ſo kann man darauf keine ſo vollſtändige Anwort von mir verlangen, als C MM!! XVII "Sºro-R9"Sºro-RS" man ſie von meinen Reiſegefährten mit Recht hätte erwarten können. Ich habe wegen der Fragen aus der hebräiſchen Sprache weiter nichts thun können, als den Gelehrten Juden die Wörter zu zeigen, und ihre Antwort zu bemerken. Da ſelbige keine europäiſche, ſondern bloß die arabiſche Sprache redeten; ſo mußten viele Erklärungen, wenn ſie auch ganz richtig waren, mir dennoch bisweilen dunkel bleiben, indem ich deswe- gen, weil ich mit den Arabern von täglich vorkommenden Sachen reden konnte, noch nicht im Stande war, mich eben ſo gut mit ihnen von Wiſ ſenſchaften zu unterhalten. Wegen der übrigen Fragen erkundigte ich mich ſo wohl bey Mohammedanern, als bey Chriſten, und es koſtete mich oftmals auch ſehr viele Mühe einige Erläuterungen darüber zu erhals ten. Es iſt für einen Reiſenden, welcher nur eine kurze Zeit in einer Stadt bleiben kann, oft ſchwer mit Leuten in Bekanntſchaft zu kommen, die von den Einwohnern für gelehrt gehalten werden, und wenn man auch würklich einigemal Zutritt bey ihnen erhält, ſo macht es ihnen doch gar kein Vergnügen, von einem Fremden mit Fragen überhäuft zu wer- den. Man muß deswegen nach allem, was man zu wiſſen verlangt, nur beyläufig fragen. Hierzu gehört nicht nur viele Gedult und Zeit, ſondern man muß auch ſehr aufmerkſam und mistrauiſch auf die Antwor- ten ſeyn, weil man auch in den Morgenländern Leute findet, die mit Fleiß, oder aus Unwiſſenheit Unwahrheiten ſagen, um einen Fremden nicht gleich von allem zu unterrichten, oder um das Anſehen zu haben als wüßten fte alles. Ich habe zwar die Nachrichten, und diejenigen von welchen ich ſie erhalten habe, ſo viel mir möglich war, geprüft, und mich wegen der Beantwortung einer Frage gemeiniglich bey mehr als einem er- kundigt; ich bin aber dennoch nicht gewiß, ob ich nicht bisweilen unrecht unterrichtet worden bin, und werde es daher gerne ändern, wenn je- mand mir dergleichen Stellen anzeiget. ", Ich *Sºrdº RSSProg-RS XIK Ich wollte anfänglich dasjenige, was ich zur Erläuterung der von verſchiedenen Gelehrten uns aufgegebenen Fragen aufgezeichnet hatte, allein drucken laſſen. Ein Freund aber, dem ich meinen Aufſatz zeigte, wünſchte dabey auch dasjenige mit angeführt zu ſehen, was meine Reiſe- gefährten davon bemerkt haben. Ich hatte alle ihre Papiere ſogleich nach ihrem Tode verſiegelt, und von Indien nach Kopenhagen geſandt, und ſie nach meiner Zurükkunft nicht einmal ſelbſt in Verwahrung neh- men wollen, um nicht in die Verſuchung zu gerathen, mir einige ihrer Beobachtungen zuzueignen. Mein Freund aber glaubte, daß die Ge- lehrten die Beantwortung einerley Fragen beyſammen, und nicht in ver- ſchiedenen Büchern erwarten würden. Dieſes bewog mich die Papiere des Herrn Forſkäls durchzublättern, und das, was er zur Beantwortung dieſer Fragen aufgezeichnet hatte, meinen eigenen Anmerkungen, jedoch allezeit unter ſeinem Namen beyzufügen. Das jenige was er zur Erläu- terung derſelben in ſeiner Mutterſprache, nemlich im Schwediſchen geſchrie- ben hatte, überſezte ich, das Lateiniſche aber habe ich bloß copiirt, weil dieſe Sprache allen Gelehrten bekannt iſt. Ich ſchickte nachher eine Ab- ſchrift von allem was ich ſelbſt zur Brantwortung der michaeliſchen Fragen aufgezeichnet, und was ich hieher gehöriges unter Forſkäls Papieren ge- funden hatte, an den Herrn Michaelis (S. deſſen Ueberſetzung des 2 Buch Moſis in den Anmerkungen S. 51. Moſaiſches Recht 2 Theil S. 1 56) mit der Bitte es aufmerkſam durchzuſehen, auszuſtreichen, zu verbeſſern oder mir ſonſt ſeine Anmerkungen darüber zu ſchreiben, weil ich gewiß glaube, daß unter meinen Beantwortungen viele von geringer Erheb- lichkeit, und einige von gar keinem Nutzen ſeyn werden. Ich bedaure aber, daß er in meinem Manuſcripte nichts erhebliches verbeſſert, und daß ich die Anmerkungen, welche ich nachgeſchickt erwartete, noch bis jezt nicht erhalten habe. Ich habe es daher nicht wagen wollen, die Be- antwortung der Fragen allein drucken zu laſſen, ſondern da ſie gleich- *, C 2 fals XX esoººººoase" fals Arabien betreffen, lieber mit meiner geographiſchen Beſchreibung die- ſes Landes verbinden wollen. Im vorhergehenden iſt ſchon bemerkt, daß mir auf meiner Reiſe vornemlich die Erdbeſchreibung aufgetragen worden iſt. Man wird viel- leicht vermuthen, daß ich verſchiedene, in Europa noch unbekannte Erd- beſchreibungen gebraucht habe. Allein ich muß bekennen, daß ich es bis jezt in der arabiſchen Sprache noch nicht ſo weit gebracht habe, daß ich Bücher fertig leſen kann, und daß ich auf meiner Reiſe keine andere arabiſche Erdbeſchreibung gehabt habe, als die längſt bekannte des Abul- feda. Die griechiſchen Erdbeſchreiber haben die arabiſchen Namen der- geſtalt zerſtümmelt, daß man davon faſt gar keine wieder kennet. Der fünfte Theil der Erdbeſchreibung des Herrn Doctor Büſchings würde mir auf meiner Reiſe beſonders große Dienſte haben leiſten können, weil dieſer Gelehrte in demſelben alles merkwürdige, was man in den in Eu- ropa bekannten arabiſchen und griechiſchen Werken, ingleichen in allen Reiſebeſchreibungen, von Arabien findet, mit großer Mühe zuſammen- getragen, und wenn die verſchiedenen Schriftſteller die Namen der Städte oft ſehr verſchieden geſchrieben haben, ſie doch glücklich mit einander ver- einigt hat. Allein dieſer Band iſt erſt nach meiner Zurükknnft ge- druckt worden. Ich habe alſo meine Beſchreibung von Arabien bloß aus eigenen Beobachtungen, und von den Einwohnern dieſes Landes mündlich eingezogenen Nachrichten zuſammen getragen. Sie iſt frey- lich nicht vollſtändig, welches ſchon darsaus erhellet, daß man die Namen vieler Städte und Dörfer, welche man bey dem Scherif Eddris und Abul- feda antrift, hier nicht wieder findet, ob ich gleich nicht zweifle, daß viele davon noch jezt übrig ſind. Hingegen habe ich von vielen merk- würdigem alten Städten, und kleinen Herrſchaften dieſes Landes, Nach- richten erhalten, welche bisher in Europa ganz unbekannt waren. Und weil man von einem Reiſenden vornemlich Beobachtungen verlangt, ſo wird. "sooºººººoººº XX wird man es gewiß lieber ſehen, daß ich die Örter, wovon ich ſelbſt in Arabien keine Nachricht erhalten habe, gar nicht erwähne, als wenn ich meine Beſchreibung aus ſchon bekannten Büchern hätte vollſtändi- ger machen wollen. Ich liefere hier die jezt gebräuchlichen Namen einer Menge arabiſcher Städte und Dörfer. Treffen ſie mit den alten Na- men überein, ſo kann man gewiß ſeyn, daß ſie ſich nicht verändert ha- ben. Weil nicht alle Araber ihr Vaterland gleich gut kennen, und nicht allezeit geneigt ſind, einen Fremden davon zu unterrichten, ſo habe ich mich oft wegen einer Stadt, wohin ich ſelbſt nicht kommen konnte, bey verſchiedenen erkundigen müſſen, um zuverläſſige Nachrichten zu er- halten. Man kann ſich alſo leicht vorſtellen, daß ich viele Mühe gehabt: habe, wenigſtens glaube ich mir alle mögliche gegeben zu haben, um viele und genaue geographiſche Nachrichten von Arabien zu bekommen. Ich wünſchte, daß ich meine Nachrichten in einer angenehmern. Schreib- art hätte vortragen können. Leſer die darauf vornemlich ſehen, werden an meinem Buche vieles auszuſetzen finden. Doch werden diejenigen, welche meine Beſchreibung von Arabien bloß von dieſer Seite beurthei- len wollen, weil ſie mit dem Lande ſelbſt viellicht ganz unbekannt ſind, daran jezt weniger zu tadeln finden, weil ein gelehrter Freund, den ich hier nennen würde, wen er mir es nicht verboten hätte, die Mühe übernommen hat, mein Manuſcript durchzuſehen, und meine Schreibart an vielen Stellen zu verbeſſern. Da ich alle von mir geſammlete Namen der Städte, Dörfer, Berge und Thäler von Arabern habe nennen hören; ſo wird man viel- leicht erwarten ſie auch alle mit arabiſchen Buchſtaben aufgezeichnet zu fin- den. Dieſes hätte zwar geſchehen können. Der wahre Gelehrte aber würde es mir keinen Dank wiſſen. Obgleich verſchiedene Nationen in Europa einerſey Alphabet haben, und urſprünglich nur eine Sprache hatten, ſo iſt doch die Ausſprache gewiſſer Buchſtaben bey ihnen ſehr C 3 Hey- "XXII "Sººd-R9"SPO-R9" verſchieden, und eben eine ſolche Verſchiedenheit trift man in den ver- ſchiedenen Gegenden an, wo arabiſch geredet wird. Die Ausſprache ge- wiſſer Buchſtaben iſt ſo gar in einem und demſelben Lande verſchieden. Ein deutſcher Gelehrter wird nicht allezeit die ihm unbekannten Namen der Dörfer in einer entfernten Provinz ſeines Vaterlandes, bloß nach dem Gehör recht ſchreiben können. Er wird noch mehr fehlen, wenn er die nomina propria der Engländer, Dänen und Schweden ſchreiben will, er wird die wahre Orthographie noch weniger treffen, wenn er die ſclavoniſchen Namen, ohne die Sprache, und ihre verſchiedene Dialeckte gründlich zu kennen, nach ſeinem Gehör aufzeichnet. Ein Europäer trift eben dieſe Schwierigkeiten in Arabien an, ja es ſcheint, daß die ara- biſche Gelehrte und der Pöbel in derſelben Provinz, die Namen ihrer Dörfer bisweilen verſchieden ausſprechen. Darum habe ich die arabiſchen Namen nicht ſelbſt mit arabiſchen Buchſtaben, ſondern nach dem Gehör, als ein geborner Niederſachſe, aber mit Accenten geſchrieben, weil man ſonſt die fremden Namen, beſonders wenn ſie lang ſind, unmöglich recht leſen kann. Ich habe auch keine Gelegenheit verſäumt, die arabiſchen Namen von gebornen Arabern ſchreiben zu laſſen. Ob ich gleich nicht verſichert bin, daß ſie alle nach der wahren Orthographie geſchrieben ſind, ſo kann man ſich darauf doch mehr verlaſſen, als wenn ich ſie ſelbſt mit arabiſchen Buchſtaben hätte ſchreiben wollen. Nun mag ſie der Däne, der Engländer, der Franzos, der Ruſſe nach ſeiner Ausſprache ſchreiben, wenn er glaubt, daß meine Orthographie falſch iſt. Zum Druck dieſes Bandes habe ich einen Kaſten mit arabiſcher Schrift von der hieſigen 1Univerſitäts Bibliotheck erhalten. Weil aber in demſelben viele Buchſta- ben fehlen, die die Araber im Schreiben mit dem =* oben, die Europäer aber gemeiniglich mit den ordinairen Buchſtaben durch einen => Strich verbinden, wodurch in den Buchdruckereyen ſreylich viele Schriften erſpart werden, ſo habe ich nicht nur dieſe, ſondern auch andere, und nach und nach *SProcºRS *Sºros RSR - XXIII nach die meiſten der übrigen, von unſerm geſchickten Schriftgießer Pötzſch, ganz neu ſchneiden und gießen laſſen. Kurz, ich glaube auch alles, ſo viel mir möglich geweſen iſt, gethan zu haben, um dem Leſer das arabiſche, das in dieſem Werke vorkömmt, deutlich zu machen. Unter den bisher bekannten Charten von Arabien, verdient keine ſo viel Aufmerkſamkeit , als diejenige, welche D'Anville im Jahr 175 1 unter dem Titel: Premiere partie dela Carte d'Aſie, conte- nant la Turquie, l'Arabie, laPerſe, l'Inde & de la Tartarie, hat drucken laſſen. Ich könnte eine Menge Namen anführen, die dieſer Gelehrter aus Reiſebeſchreibungen und arabiſchen Schriftſtellern genommen hat, und welche noch jezt bekannt ſind, ob man ſie gleich nicht auf andern Charten findet. Einjeder aber wird ſie auch nach meinen Nachrichten ſelbſt bemerken können. Da ich Gelegenheit gehabt habe, viele Städte in Jemen zu ſehen, ſo habe ich von dieſer Provinz eine ganz neue Charte entworfen, und ſie zu dieſem Bande mit abdrucken laſſen. Ich habe die Lage ihrer vornehmſten Städte, als: Loheia, Beitelfakih, Mochha, Taäs, Damär, Saná, Möfhak u. ſ. f. gegen einander mit dem Com- pas, und ihre Entfernung gleichſam in Schritten beſtimmt. Denn ich bemerkte, wie viele Schritte unſere Karwane in einer viertel Stunde machte, und berechnete allezeit die Länge unſers Weges, welche ich ge- nau in Stunden und Minuten aufzeichnete. Weil die geometriſchen Meſſungen allein zur Verfertigung der Landcharten nicht genau genug ſind, ſo habe ich auch die aſtronomiſchen Beobachtungen nicht verſäumt. Ich hatte einen ſehr guten Quadranten von ohngefehr zwey Fuß im Ra- dio, den der ſeelige Profeſſor Mayer mit eigener Hand eingetheilt hat. Mit dieſem nahm ich die Höhe verſchiedener Sterne nach beyden Seiten im Mittagscirkel, und wo möglich, gleich weit vom Scheitelpunkt. Hiedurch war zugleich mein Inſtrument corrigirt. Und weil ich meine Beobachtungen an einem Orte bisweilen oft wiederholte, ſo bin ich von Herº KXIV *eºrexereºr-RS- der Polhöhe der Stelle wo ich obſervirte, bisweilen auf wenige Secunden gewiß. Aber weil man in der Erdbeſchreibung keine ſo große Genauig- keit verlangt; ſo habe ich die Polhöhe, ſowohl auf der Charte, als in der Beſchreibung, nur in Minuten bemerkt, und die genauere Rechnung ſo lange verſpart, bis ich die Beobachtungen ſelbſt bekannt macheu werde. Es iſt bekannt, daß man nicht ſo oft Gelegenheit findet die Län- ge eines Orts zu beſtimmen. Doch habe ich auch zu Loheia einige Be- obachtungen von Verfinſterungen der Jupiters Trabanten erhalten, und aus dieſen hat Herr Profeſſor Hell, nachdem er ſich vorher die Mühe gegeben, die Güte meines Fernglaſes zu beſtimmen, gefunden, daß dieſe Stadt 2 Stunden 39 Minuten 14 Secunden nach Oſten von dem Mit- tagscirkel zu Paris ſey. Die Namen der Städte und Dörfer welche ich ſelbſt nicht geſehen habe, habe ich nur aus geſammleten Nachrichten auf die Charte geſezt. Da ſich gewiß kein europäiſcher Gelehrter erinnern würde, nach welcher Gegend, und wie viele Stunden oder Tagereiſen die Dörfer und Städte von einander liegen, welche er auf ſeinen Reiſen, ohne Abſicht darüber eine Charte zu entwerfen, geſehen hat; ſo wird man noch viel weniger erwarten, daß der Theil meiner Charte ganz ge- nau ſey, den ich bloß aus den Nachrichten der Araber entworfen habe. Aber ich habe meine Nachrichten größtentheils von Eingebornen, und zwar von Kaufleuten, welche in den Morgenländern überhaupt, mehr zu reiſen pflegen als die in Europa, und von ſolchen Leuten geſammlet, welche Kameele an Reiſende vermiethen. Leztere ſind nicht allezeit ſo ſchlechte Leute, als man ſich in Europa vielleicht einem Kameeltreiber vor- ſtellet. Sie unternehmen, Karwanen nach weit entlegenen Städten zu führen, und müſſen gleichſam ihre Hafen eben ſo gut kennen, als die eu- ropäiſchen Schiffer die ihrigen, da hingegen die Knechte ſich eben ſo we- nig um die Lage und Entfernung der Städte, wo ihr Herr ſie hinfüh- ret, bekümmern, als unſere Matroſen, Kurz, dieſe Charte von Jemen, –=-–- –-T “ - -- -- =- iſt *Sºrdº RS Sºrd-OS KXV iſt zwar nicht ſo genau und vollſtändig, als andere, die in Europa von ganzen Geſellſchaften mit der größten Genauigkeit gemeſſen, und gezeich- net worden ſind. Ich glaube aber doch, daß diejenigen, welche wiſſen, wie ſchwer und gefährlich es iſt, in dem Gebiete eines fremden Herrn Meſſungen anzuſtellen, und geographiſche Nachrichten zu ſamm- len, damit zufrieden ſeyn werden, und daß ſogar von gleich großen Ge- genden in Europa noch keine genauere Charten bekannt ſind. Ich habe S. 96 geſagt: daß Herr D. Reiſke in Leipzig, die Schriften der alten Araber beſſer leſen könne, als die jezigen Gelehrten in Arabien. Hier kann ich meinen Leſern noch einen Beweiß davon geben. Ich ſchickte ihm neulich einen Abdruck von allen kufiſchen Schriften die zu dieſem Bande gehören. Er hat mir die Erklärung der meiſten bald nach- her wieder zurückgeſandt. Und weil dieſe den Liebhabern der alten ara- biſchen Sprache ſehr viele Mühe erſparen kann, ſo laſſe ich ſie mit ab- drucken. Er ſagt: das Manuſcript, wovon ich auf der IV und V Ta- belle ein Blatt habe drucken laſſen, iſt ohnſtreitig ſehr alt. Das weiſet nicht nur die rohe Geſtalt der Buchſtaben, ſondern auch der Mangel der Aufſchriften über den Capiteln oder Suren. Möglich wäre es, daß dieſer Codex im 9ten oder 1oten Jahrhundert nach C. G. geſchrieben worden. Daß er aber der in der critiſchen Geſchichte des Koräns be- rühmte Codex des Chalifen Omar geweſen ſey, daran zweifle er gar ſehr. Ein Philologe kann über dieſes Fragment allerhand Betrachtungen und Unterſuchungen anſtellen. Er kann z. Er, die Ähnlichkeit der kufiſchen Schrift mit ihrer Mutterſchrift, dem ſyriſchen Eſtrangelo prüfen. Beyde Arten haben ſich ſo ziemlich in der noch heut zu Tage in der Weſt- barbarey üblichen ſo genannten Morenſchrift erhalten. Ferner kann der Sprachforſcher unterſuchen, ob die ſo genannten puncta diacritica, die auf dieſem Blatte über den Buchſtaben, gemahlt ſind, mit der übrigen - H Schrift XXVI ºe2ooºººººoººs Schrift gleichzeitig, oder, welches dem Herrn Doctor wahrſchein- licher iſt, erſt von einer andern weit ſpätern Hand hinzugethan worden ſind. Er erinnert ſich ein Stück vom Korän, auch auf Pergament und mit kuſiſcher Schrift, auf der herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel geſehen zu haben. Ich hatte die IV Tabelle deswegen zuerſt geſezt, damit dem Le- ſer die Scheidungslinie gleich in die Augen fallen möchte, weil ich ſchon vermuthete, daß hier der Anfang eines neuen Capitels ſey. Herr Reiſke zeigt mir, daß die 5te Tabelle vor der vierten hätte ſtehen ſollen. Tab. V fängt mit dem Worte OK- Surata xxII verſ 74 an. Wer des Ma- raccii Ausgabe nachſchlagen will, der wird die Stelle S. 462 finden. In der lateiniſchen Ueberſetzung fängt ſie S. 465 im 74ten Verſe mit dem Worte Similitudo an, und geht ſo fort, bis auf die Worte im lez- ten Verſe des gedachten 22 Capitels, wo es heißt: Uy“,'' -5%) ö*3_s Darauf fängt Tab. IV mit dem Worte Joºgº an, und beſchließt die 22te Sure. Hierauf folgt, ohne Aufſchrift, welches ſehr merkwürdig iſt, das 2 3te Capitel. Es heißt in den gemeinen Koränen -- 3 º/y“ und geht bis auf die Worte C-MAN e335,2 - 2&J wiewohl der lezte Buch- ſtab in dem Worte U2 º.ä.) fehlet. Die VI Tabelle fängt mit den Worten ºA -->, M U “s an. Herr Doct. Reiſke glaubt weiter zu leſen . . . . ä=' yºë Lºys . . o-" . . .» - es «zä2/2 05 -3 z=“ ey!X» ...“ äºw Sat."3/s exº/s U“é- ää“ Dz) - S 3 Dieſe Inſchrift iſt alſo im Jahr der Hedsjera 445 geſchrieben worden. Die Inſchrift auf der VII Tabelle ſcheint ein Spruch aus dem Korän zu ſeyn, in welchem Joſephs des Sohns Jacob Erwähnung ge- ſchiehet. Herr Doct. Reiſke hat einige von den folgenden Worten dar inn gefunden. * Ja-3 f sº eya Gº GRAXLs e-Wºº!- &-s U-A- 0-3- GR - -yºº - - - - - 89 Er giebt dieß nicht - für "SPO-RS**SPro-YSº XXVII. für die Erklärung der Inſchrift aus, glaubt aber gewiß, daß die von ihm angeführten Worte einen andern auf die Spur bringen können, den Spruch im Korän zu finden. - - Der Anfang von Tab. VIII heißt: 0= "SAM e. «*AM «U) a«s „UM -- SAS 3 - º Gº Yºyº exy -ls Sy' äè C-s ºy! Sº Muso." Ex- - - - - - Jºol. Das folgende iſt ſehr undeutlich. In der neunten Zeile ſtehen die Worte „ºs äs-Säº. . . . . vs Dieß ſoll ohnfehlbar 419 heiſſen. Die beyden lezten Worte der Aufſchrift ſind: sº sº - Ich zeigte meine kufiſchen Abſchriften verſchiedenen mohammeda- uiſchen Gelehrten, aber nur einer zu Bagdad, mit Namen Sajid Höſ- ſein, wollte ſich die Mühe geben, ſie aufmerkſam anzuſehen. Dieſer konnte verſchiedenes von den drey vorhergehenden Inſchriften leſen, und ſchrieb es mit den jezt gewöhnlichen arabiſchen Buchſtaben, jedoch ſo feh- lerhaft, daß ich gleich hin und wieder Stellen bemerkte, wo er ſich geir- ret hatte. Die Schriftzüge auf der IX Tabelle kannte er gar nicht. Aber Herr Doct. Reiſke hat ſie faſt ganz erklärt. Er findet daſelbſt: 9-“ - - - - - - - - - - - - - - 8- =' . . . =-M „äé «U 9 s "Sºlº v_stº yº» al-“Sº exº, sº === „sé 3 «U 2-“ Be- „º A- sº ex“- &-F's Lega0J Yº Lºgº «U sº.» **) AS» In der dritten Zeile hat der Steinhauer »U2 yºs an- ſtatt sº y” geſezt. Er und ſeine Kinder, und die Kinder ſeines Bruders, der bey Gott iſt. Gott vergebe ihnen beyden (dem Stifter der Moſqué und deſſen Bruder) und ihrer beyder Vater und Mutter, und allen Rechtgläubigen ihre Sünde u. ſ. w. Der Inhalt der kufiſchen Inſchriften auf Steinen iſt gemeinig- lich von ſo geringer Erheblichkeit, daß ſie in dieſer Abſicht ſelten verdie- nen abgeſchrieben zu werden. Aber die Buchſtaben derſelben ſind groß, und daher deutlich. Der jezige Gelehrte wird durch ſie mit den alten d 2 Schrift- XXVIII "ePºdo RSR Gºrd-RS" Schriftzügen genauer bekannt, und kann daher die alten Münzen, wel- che dem Geſchichtſchreiber ſehr wichtig ſind, deſto beſſer erklären. Es geſchah vornemlich in dieſer Abſicht, daß ich mich bemühete alte arabiſche Inſchriften zu ſammlen. Die wenigen kuſiſchen Münzen, welche ich auf meiner Reiſe erhalten habe, ſind zum theilverſtümmelt, und ich hielt die meiſten davon bloß deswegen für merkwürdig, weil man Figuren auf ihnen antrift, die man ſonſt auf den Münzen der Mohammedaner nicht zu finden pflegt. Ich hatte keine große Hofnung, daß Herr D. Reiſke vieles von der abgenutzten Schrift würde leſen können. Aber dieſer Ge- lehrte hat mir doch verſchiedenes darüber geſchrieben, und gleichſam ei- nen Grund gelegt, worauf andere durch Hülfe der Zeit, des Zufalles und Nachſinnens werden fortbauen können. Er ſagt von meinen arabi- ſchen Münzen: No. 1 auf der X Tabelle iſt ziemlich neu, und die Schrift nicht kuſiſch. Auf der einen Seite kann ich zwar nicht mehr als die Worte - US/0.32 0.“ 22 Abu Saiid Behadur Khän leſen; aber das ſind juſt die Hauptworte. Mehr brauchen wir nicht das Alter der Münze, und den Namen des Fürſten von dem ſie herrühret, zu erfahren. Von dieſem Abu Saiid kann man den Abul pharagium, D'Herbelot, l'Hi- ſtoire de Genkizkhan par Petits de la Croix, THiſtoire genealogi- que Abul Gazi Bayadur Khan und de Guignes nachſehen. Er be- ſchloß die Reihe der tartariſchen Khäne vom Stamme Holaku in Chora- ſän. Er kam zur Regierung im Jahr der H. 716 und ſtarb A. H.736. Nur trift die Jahrzahl auf der Münze mit der Lebensgeſchichte dieſes Abu Saiid nicht zu. Denn auf dem Rande eben dieſer Seite ſteht, theils zweifelhaft ausgedruckt, theils verblichen . . . -- & - ää“ 3 -2- Wal- Man lege das nun aus wie man will, 6o7 oder 6o9, oder 7o7 oder 709, ſo trift das allemal mit der Geſchichte nicht zu. Auf der an- dern Seite dieſer Münze ſtehen die gewöhnlichen Worte 04-F* *UX) "MX * *V Uy“/. "Sºrdo RS *S rd-RS" XXIX sº Us“ (Ich glaube an den Seiten auch die Namen der vier erſten Chalifen Abu bekr, Omar, Othman und Ali zu finden.) - Auf der erſten Seite der Münze 2 ſteht folgendes: exºy'A- "Vº/ex-U «EVA-X so> *UX)-MY LA Hier müſſen die erſte, vierte und fünfte Zeile zuſammen geleſen werden. Auf dem Rande ſteht in der innern Umſchrift O-312 /La0JJö* -2,8 za-«S» – Es sº. Dieſes Goldſtück iſt A. 503 zu Moſül geprägt worden. Das lezte Wort iſt zwar verblichen. Doch kann es ehedem anders nichts als a-«Sº geweſen ſeyn. Denn der Chalif el Moſtath- her iſt A. H. 5 12 geſtorben. Der äußere Reifen iſt größtentheils verlo- ren gegangen. Auf der andern Seite ſteht in der Mitte: . . . e20Jy LéoJ/-as sºss W--- *WUy“./9.--* yºy) Auch hier muß die erſte, vierte und fünfte Zeile hinter einander geleſen werden. Allein wiederum ein hiſtoriſcher Knoten. Wer iſt der Näsr eddin Lulu, Herr zu Moſül zu Anfange des 6ten mohammedaniſchen Se- culi geweſen? Lulu verräth einen ehedem geweſenen Leibeigenen, oder Mamluken, der ſich nachher zum Herrn aufgeworfen hat. Allein ob mir gleich ein Lulu, Herr von Moſül im 7ten Jahrhundert gar wohl bekannt iſt, ſo kenne ich doch keinen aus dem ſechſten. Im Umkreiſe ſteht der be- kannte Spruch aus dem Korän, der ſich auf allen kufiſchen Münzen ſin- det: * Gºe" As yss –= Gaº Jose - A "Jº" -" eg - Ay» wiewohl das allermeiſte von dieſem Spruch iſt auf dieſer Münze verblichen. Auf der rechten Seite der Münze 3 ſteht auf der Ebene X «W Y vo* * *U) und der Verfolg davon «U Uy“, o«-“ ſteht auf der Ebene der linken Seite. In der Umſchrift auf dieſer lezten Seite findet Herr D. Reiſke die Jahrzahl sa-«Wº exºis „oa> ää“ A. 33 1. Auf der Fläche der rechten Seite der Münze 4 ſteht ein Mann wie der Herr Chriſtus, oder wie ein Apoſtel, oder ſonſt ein Heiliger, d 3 Und - - - - * - >---- --- ==“– – ---- V. - - XXX "e-cºesnas und rund umher exºy) --- Emirelmumenin . . . Das Bild zeigt, daß die Münze in einem Lande geſchlagen ſeyn müſſe, das zum theil unter arabiſcher, zum theil aber auch unter griechiſcher Hoheit geſtanden hat, und wo die Einwohner von beyderley Volke und Glauben vielen Verkehr mit einander gehabt haben. Das Bild und das heilige Kreuz machte, daß die Chriſten dergleichen Geld annahmen. Der Name des Chalifen aber, und die Umſchrift der linken Seite «U Uy“/ 9-“ so- «UX <MY machte ſie unter den Mohammedanern gangbar. Seltſames und aben- theuerliches Gemenge von Licht und Finſterniß! Wen muß das nicht befremden, der es zum erſtenmal ſieht? Allein man findet es ſehr häufig auf denen Münzen die in Nord-Syrien, Armenien und klein Aſien, zu Zeiten der Kreuzfahrten geſchlagen worden ſind. Auf der Fläche der linken Seite ſteht die Zahl 616 auf der einen Seite des Kreuzes. We- nigſtens ſcheint es ſo, als wenn die Zahl 616 da ſtünde. Hiebeyer- äugnet ſich eine doppelte Schwierigkeit. 1) Sehen die arabiſchen Zie- fern oder Zahlenzeichen ganz anders aus. 2) War denn unter den Chri- ſten ſchon damals die Figur 6 üblich, wie wir ſie heut zu Tage machen? Daran ſteht gar ſehr zu zweifeln, und gleichwohl thut die Chronologie hier keinen Einſpruch. Herr D. Reiſke glaubt auf der andern Seite des Kreuzes 29-- Bimonaſtir, zu Monaſterium zu leſen. So hieß eine Stadt im Ponto, in der Gegend von Sinope. Doch ſtellet er es fer- nerweitigen Prüfungen anheim, ob dieſe Münze hier, oder an einem an- dern Orte geſchlagen worden iſt. - Die 5te Münze iſt gar zu ſehr beſchädigt, als daß ſich was er- hebliches und beſtimmtes herausbringen ließe. Denn die Worte X! * Y *U die ſich noch leſen laſſen, thun zur Hauptſache gar nichts. Auf der Münze 6 ſteht bey der linken Hand des Mannes, der den halben Mond mit beyden Händen vor und über ſich hält, das Wort äº, und gegen über bey der rechten Hand a-“é» exs-V Die Zahl - - - welche *- - - - - -- - - --T- - * -- - - –-T>---- - - –- - - - - - - - - - - - - - –- – - - - - - - - ––T -– - ------ - - - - - eroxgºesraxe XXXI welche fehlt (zwiſchen 1 und 10) iſt verblichen. Dieſe Münze iſt alſo zwiſchen 580 und 59o geſchlagen worden. Auf der andern Seite zei- gen ſich noch folgende Ueberbleibſel von halb verwiſchten Worten. . . . . . . . «U) e20) . . . *U Uy“, o*=* *UX s!Y …“5- Bey der erſten Lücke fehlt vielleicht /-LM und in der zweyten Lücke ſoll 2) /* ſtehen. - Auf der rechten Seite der Münze 7 ſitzt mit untergeſchlagenen Schenkeln ein Sultän, in der rechten Hand ein Schwerdt, und in der linken den Schädel eines Chriſten haltend. Die wenigen Buchſtaben bey der rechten Hand, ſind ganz unkenntlich geworden. Die linke Seite hat zwey Kraiſe, oder Reifen. Von dem äußern iſt kaum die Hälfte abgedruckt. Man kann davon nur die Worte «Ja AG/U23- -ÄÄ„J es „US leſen. Der innere Reifen enthält die Namen SX4 v„US „eLa) SX4, As 0-SM Das waren zwey Brüder, Söhne des bekannten Saladins. Die innere Fläche enthält die Worte - U Ex-5) /* U e. 40! Das war der damalige Chalife zu Bagdad. Dieſe Münze iſt ganz gewiß zu Diarbekr gegen das Ende des 12ten, oder zu Anfang des 13ten Jahrhunderts nach C. G. geſchlagen worden. Auf der rechten Seite der Münze 8, gleich über dem Kopf des Mannes, deſſen Bild die Fläche der Münze einnimmt, ſtehen die Worte: – , es " Ä* 0a AA29 EL- Geo" - Auf der andern Seite ſteht über den Köpfen der beyden Mannsgeſichter «U Y. sMY, und unter denſelben «U) Uy“/ 0«=” Was aber auf der Seite ſteht, iſt auf dieſer Präge nicht kenntbar. Die Münze 9 iſt mit der vorigen von einerley Ort und Zeit her. Auf der linken Seite derſelben ſteht: . . . 3' „ls Ja und auf der rechten . . . -”, exº „...* Oa es „Jeº Von der Münze Io iſt nicht mehr leſerlich, als was auf der Fläche der linken Seite ſteht. exºy) /- «Wº / «Ä« e-X. Dieſer - MO- - -– XXXII “er-RS er- sº Moſtánſer billáh iſt der lezte Chalif, ohne einen, zu Bagdad geweſen, und iſt A. 64o mit Tode abgegangen. Auf dem Umkreiſe ſind nur die Worte L30J - ais noch leſerlich. Dieſer Nasreddin war der Sohn des elGaziben AlpibenelGaziben Ortok, von welchem die Münze 9 ſich her- ſchreibt. Die folgende Münze 11 auf der XI Tabelle iſt von dieſer nicht verſchieden. - Auf der Münze I 2 lieſet man in der Umſchrift, die um das Ge- ſicht des Mannes, über den zwey Engel ſchweben, ſteht &« oder Fal-“Sº ex“é.» &“S 5 57 oder 5 59. Auf der linken Seite ſteht oben das Wort „US Vielleicht findet man auch den Namen Ja,- Thogril in der lezten Zeile. Die Aufſchrift auf der linken Seite der Münze 13 lautet alſo: « A0J - US9J /> U9- €. Ex-3) - «U -20) - M Die- ſer Nüreddin aber iſt nicht der in der Geſchichte der Kreuzzüge bekannte Norandinus, wie ihn die ſcriptores geſtorum dei per Francos nen- nen, auch keiner von deſſen Nachkommen. Doch gehört er mit zu den Zenghiden. - Auf der Münze 14 iſt mehr nichts als "al-Är.» und ſechs hun- dert, leſerlich. Während meiner Reiſe hielt ich es der Mühe nicht wehrt die beyden Briefe auf der XIV Tabelle deutlicher ſchreiben zu laſſen. Ich habe ſie eigentlich auch nur bekannt gemacht, um zu zeigen, daß man noch jezt in der Provinz Jemen in Briefen gar keine Lautbuchſtaben, und nur ſelten die Unterſcheidungspuncte über und unter den Buchſtaben ſezt. Araber in andern Gegenden werden ſo wohl deswegen, als wegen des beſondern Dialekts Mühe haben ſie zu leſen. Ich hatte davon noch zu Kopenhagen ein Beyſpiel. Hier war ein Maronit vom Berge Libanon, der ſich Joſeph Abayſ Prinz von Paläſtina nannte, und der zwar vorgab den Brief A leſen zu können. Aber wenn ich ſeine Erklärung mit "Goºººººoººº xxxtt mit der vergleiche, welche ich von Herr D. Reiſke erhalten habe, ſo finde ich, daß dieſer Gelehrte, der Ä und wie man auch im vor- hergehenden geſehen hat, geübt iſt alte araliſche Schriften ohne Punkte zu leſen, auch die beſondern Wörter der Jemener beſſer kennet, als der Maronit, der das Arabiſche doch als ſeine Mutterſprache redet und ſchreibt, aber alle arabiſche Dialekte tadelt, die von dem abweichen, wel- chen man zu Häleb redet. Ich will alſo nur das anführen was er da- von hat leſen können. Man findet in demſelben die Worte: A-M e- Uy-y! Sºººº Lºrºro- . . . eaoy! /-<JA . . . ->, . . . –xºS - 0. d. i. Von dem Emir Farhän (ſo hieß der Döla zu Loheia) . . . an die angekommene Chriſten. Ich habe euch ein Schaf zur Gage der Ankunft geſandt, und ihr ſeyd demnach Gäſte . . . - In dem Briefe B kann der erwähnte Maronit faſt kein Wort leſen. Herr DoctorReiſkefindet darinn folgendes: -2- 3 U-M 0.2 sº U-/ -3,-We-5 -- sy-º.- --- -a9*y' - „SWU & FU Die Amtleute auf dem Wege, der nach Tehäma führet, ſollen für die fremden An- kömmlinge zu Vollendung ihrer Reiſe einen vollen Monat beſtellen, was ſie bedürfen. ... U4/« -- Lºy“-“ Cºº!," salº - alV -- sä=a Lº und was dem anklebet von hinlänglicher Verpflegung, und von der Verpflegung der Streu, d. i. der Thiere, die auf der Streu liegen *). Gerechnet auf die Kammer (oder; das ſoll den Domainen des Landes- herrn angerechnet werden). . . Zulezt ſteht e!- c/+“ in dem heiligen Monat Mahárrem 1 177, oder am Ende des Julius 1763 nach C. G. - Ich zeigte die IV, V und XIV Tabelle noch zulezt einem Seiidelhadsj Abdelrachman Aga, der ſich jezt, da dieſes ge- druckt wird, als Geſandter des Paſcha von Träblos (Tripolis in der Bar- “) Cº.,W ſoll hier vielleicht das Quartier bedeuten. - E XXXIV. *Gºrd-KS"Gºrd-NG Barbarey) zu Kopenhagen aufhält. Er konnte die beyden Seiten aus dem Korän ganz, aber von den beyden Briefen auf der 14ten Tabelle nur wenige Worte leſen. Er wunderte ſich gar ſehr, da ich ihm nachher die Erklärung des Herrn Reiſke zeigte. Er fand alles richtig, konnte aber auch weiter nichts herausbringen, als am Ende der erſten Linie des Briefes A, die Worte: „y" / 9- 0 99 „W Aus den beyden Linien, welche in der Mitte des Briefes B ſtehen, und durcheinander geſchrieben ſind, wird ein Europäer, ohne es vorher zu wiſſen, wohl nicht leicht folgende Worte heraus bringen: „sog' sº es *U säy eV e. 20) Dieſe Worte ſtehen ſo verzogen wie ſie auf der 14 Ta- belle geſchrieben ſind, über alle Befehle des Imams zu Saná, wie mich ein Gelehrter, der viele Jahre in Jemen geweſen war, zu Maſkät verſicherte. Die Schrift auf der Münze C, Tab. XIV, iſt ſehr deutlich. Doch will ich ſie um derer willen, welche noch nicht gewohnt ſind Hand- ſchriften zu leſen, noch hieher ſeßen, vornemlich da die Worte Elmet- wokkel, und Elmanſör ſo geſchrieben ſind, daß ſelbſt Herr Doct. Reiſke den Sohn für den Vater gehalten hat, da ihm die Genealogie dieſes Hauſes noch nicht bekannt war. Auf einer Seite ſteht: A- UY es vy-º) -- C-L» ,os exº und auf der andern: 77 -- 3 --- *N- - -9 gos - E- es º Man vergleiche dieß mit der Geſchlechtstafel S. 194, ſo wird man finden, daß die Namen ſo auf einander folgen müſſen. Es ſcheint daß die Ara- ber ſich um die Deutlichkeit auf ihren Münzen nicht ſehr bemühen, da ihnen die Abkunft ihrer Prinzen ohne dieß bekannt iſt. Auf dieſe Münze haben ſie das kleine Wort exº unten und oben geſezt, weil ſie daſelbſt für ein größeres nicht Platz fanden, und doch alles ausfüllen wollten. Dieß muß freylich einen europäiſchen Gelehrten irre machen. Viele meiner Leſer werden ſich zwar eben ſo wenig um die kuſ- ſchen Inſchriften, als um ihre Erklärung bekümmern, ja dieſe werden es - wohl "Gºrd-RS SPO-RSR .XXXW wohl gar für überflüſſig halten, daß ich die Namen der Städte und Dör- fer mit arabiſchen Buchſtaben habe drucken laſſen. Andere aber, die etwa ein gedrucktes arabiſches Buch leſen können, und ſich auch mit den alten Schriftzügen der Araber bekannt machen wollen, werden es dem Herrn D. Reiſke Dank wiſſen, daß er ihnen die Mühe erleichtert, ſo wie ich ihm ſehr verbunden bin, daß er meine Abſchriften brauchbarer gemacht hat. Dieſer Gelehrte hat es in der arabiſchen Sprache ſo weit gebracht, daß Deutſchland hierinn ſeines Gleichen vielleicht noch nicht gehabt hat. Sein Vaterland hat in ſeinen vielen öffentlichen Bücher- ſammlungen, auch viele arabiſche Manuſcripte, worunter ohne Zweifel manche Werke ſind, die den europäiſchen Gelehrten nüzlich ſeyn könn- ten. Aber die Wiſſenſchaften haben bisher ſehr wenig dabey gewonnen, daß dieſe Bücher nach Europa gekommen ſind, ſie hätten eben ſo gut in Arabien bleiben können. Der Buchhändler will ſie nicht verlegen, weil er dazu nicht ſo viele Leſer findet, und alſo dabey nicht ſo viel verdient, als wenn er ſolche Bücher drucken läßt, die der größere Haufen zum Zeit- vertreib leſen kann. Wenn der Gelehrte auch Eifer genug für die Wiſ- ſenſchaften hat, ſo iſt er doch ſelten reich genug, umſonſt arbeiten, und noch darzu die Verlagskoſten beſtreiten zu können. Wenn alſo nicht ein großer Herr ſich der arabiſchen Litteratur ernſtlicher annimt, ſo wird ſie in unſern Gegenden gewiß ſehr langſam empor kommen. Dieß, wird man ſagen, iſt nicht leicht zu erwarten, ich halte es aber doch nicht für unmöglich. Es würde freylich am beſten ſeyn, wenn jemand eine gewiſſe Summe zur Ueberſetzung und zum Druck arabiſcher Werke beſtimmte, ſie für einen billigen Preiß verkaufen ließ, und das daraus gelöſte Geld f- – --- =---- == ------ - wieder zum Druck anderer arabiſcher Bücher anwendete. Weil es äber vielleicht ſchwer halten möchte, einen ſolchen Liebhaber der Wiſſen- ſchaften zu finden, ſo will ich ein anderes Mittel vorſchlagen, wodurch große Herren ſich die Gelehrten, wie ich gewiß glaube, nicht nur ohne ( 2 Scha- xxxvi *eºrº R9 Gro: RS- Schaden, ſondern noch mit Vortheil, verbindlich machen könnten. Einige bezahlen jährlich große Summen um ihre Bücherſammlungen zu vermehren. Wenn dieſe von dem Doctor Reiſke arabiſche Werke über- ſetzen, und zum Druck befördern ließen; ſo würde zwar die erſte Auslage anſehnlich werden, aber ſie könnten den Verlag durch ihren Buchhänd- ler nach und nach gegen andere Bücher vertauſchen, und dadurch wieder viel Geld erſparen. Es ſcheint, daß die Buchhändler auf den Meſſen in Deutſchland jezt mehr Bücher eintauſchen, als kaufen. Da alſo die arabiſchen Werke jezt doch ſchon viel geſucht werden, ſo würden ſie ge- wiß auch dieſe nehmen, wenn ſie ſie gegen ihre eigene Verlagsbücher er- halten könnten, anſtatt daß ſie ſich bisher nicht viel darum bekümmert haben, weil die Verleger arabiſcher Werke baar Geld gebraucht haben, und es den Buchhändlern daran auf der Meſſe gemeiniglich fehlet. Doch, da mir die Umſtände des Herrn Reiſke nicht genugſam bekannt ſind, und ich nicht weiß, ob ich ihm dadurch einen Gefallen erzeige, daß ich ihn als einen Ueberſetzer empfehle; ſo will ich die Deutſchen nur erinnern, daß ſie unter ihren Landesleuten immer Leute genug antreffen werden, die ihnen Bücher aus andern europäiſchen Sprachen überſetzen, aber nicht leicht einen der im Stande iſt eine getreue Ueberſetzung aus dem Arabiſchen zu liefern, und daß die Großen deswegen ſehr wohl thun würden, wenn ſie einen Gelehrten unterſtützten, der in ſeiner Art ſo ſel- ten iſt, weil nicht leicht ein anderer ſeine beſte Lebenszeit auf eine Wiſ- ſenſchaft verwenden wird, die man ſo wenig verlangt. Ich will hier noch einiger hebräiſchen und arabiſchen Wörter, deren zum theil in den Fragen des Herrn Michaelis gedacht wird, erwäh- nen. Weil aber die Philologie gar nicht meine Wiſſenſchaft iſt, ſo muß ich nochmals bemerken, daß ich ſelbſt nicht beurtheilen kann, ob die Er- klärung derſelben allezeit richtig iſt. Ich habe die Bedeutung bloß ſo - - (Uſ- "eºro-Rº2ºrax2 XXXVII aufgezeichnet, wie ich ſie von den morgenländiſchen Juden, Chriſten und Mohammedanern erhalten habe. Fr. xxx. n2ºs ſind zu Maſkät und Bagdad die Zug- heuſchrecken, welche alles was ſie vor ſich finden, wegzufreſſen, und alsdann weiter zu gehen pflegen. 23n iſt gleichfals eine bekannte Heuſchrecke zu Maſkät. nºzzt Ridſelejn, die zwey Springfüße. DyY2 Kirraejm, die Knöchel. Fr. xxxIII. 0-3 eine Laus, ingleichen ein kleines Inſekt, welches ſich in Zwiebacken, Waizen und andern Früchten aufzuhal- ten pflegt. - Fr. xxxIx. --dº Dähhab, Gold. «ä3 Fadda, Silber. C-E- „ - Sufr und Nahäs, Kupfer. ĺ Bettru, Meſſing. -x- Sät, Metal. Dy“. C-L</ Ruſſäsaswad, Bley. Le-/. Léº Ruſſäsabead, Zinn. 02.0-> Hadid, Eiſen. /a/G Kas- dir, weißes Blech. - - Fr. xLI. 59 Delu, ein großer lederner Sak, in welchem die Morgenländer das Waſſer aus einem Brunnen ziehen. -X sº heißt überhaupt eine Rolle, und alſo anch die Rolle über einem Brun- nen. Die Wörter „Jºe und -3-sº-• kannte man nicht. Die Waſ- ſermaſchine, welche mit Füßen getreten wird, heißt in Egypten ºU- JSA- Aos Sakkie tdir beridsjel. - Fr. XLIII. / FV Elbmchör, iſt der allgemeine Name von Räuchwerk. Hievon zählet man in Arabien über 20 verſchiedene Arten, wovon aber nur wenige einheimiſch ſind. Pro2p Kinnämon, yº Jy=- Oudelbuchor und „ºy° TS Agädsj Oudi, iſt der hebräi- ſche, arabiſche und türkiſche Name von dem Holz, welches die Englän- der Agal Wood, und die Indianer zu Bombay Agar nennen. Hie-, von hat man wiederum zwey verſchiedene Sorten, nemlich: „A/ -- 25° e 3 OUd xxxvin "e-cº2ººgº Oudmawardi, und dieſes iſt das beſte. „GG Sys Oudkakulli, iſt die ſchlechtere Sorte. Dº7TN iſt nach der Meinung eines Juden zu Maſkät, von welchem ich auch die Erklärung verſchiedener anderer hebräiſchen Wörter erhalten habe, das Sandelholz. Fr. xLv. NSD Die Blume von Elhenne. Fr. xLv1. º2/ eine Art weißer Ghaſellen. Dieſes ſagte man zu Háleb. Man bemerkte aber zugleich, daß man ſelbige nicht in der Gegend dieſer Stadt findet, Fr. xLix. Sº Schhh, ein ſehr bitteres Kraut, welches in der Medicin gebraucht wird. Die Kameele ſollen es gerne freſſen. «D" Län, der Fluch. - Fr. Liv. n27 vxD bedeutet nach der Meinung des Juden zu Maſkät: dem die Teſtikeln platt zuſammen gedrückt ſind. n2Eurº- dem ein Stück vorn an der Ruthe abgeſchnitten iſt. Wenn dieſes wie- der geheilet worden, ſo iſt die Öfnung in der Ruthe nicht in der Mitte, ſondern mehr unterwärts, und alſo nicht mehr geſchickt das Geſchlecht fortzupflanzen. -ºº/ Ux- A & Dakr, Achlil und Süb ſind die jezt gebräuchlichen Namen der Ruthe. UN> oder UMá- nennet man unreife Datteln und andere Früchte. Ingleichen das unreine zwi- ſchen den Zehen und Zähnen. S<s zerdrücken. Nicht ausdrücken. vº-* Dieſes Wort wird bey Sachen gebraucht die geknetet werden. Z. E. der Teig, ingleichen etwas durch einander rühren. e-yo- Madkük, zerſchlagen. -as-" Machſ, wird von Thieren gebraucht, denen der Beutel aufgeſchnitten iſt, und die Teſtikeln herausgenom- men ſind. Hievon ſagt man: - aºs“ / 55 Tör Machſ, ein verſchnit- tener Ochſe. -a=* Cº-S= Käbſch Machſi, ein verſchnittener Bock. - aºs“ --<a Hüſſän Machſi, ein Wallach. Leztere findet man in Arabien ſelten, ja in einigen Gegenden dieſes Landes gar nicht. Fr. *Gºrd-RS *Gros RS XXXIX Fr. Lvm. EXJs Walik, ausſchelten. -/s Warrak, Papier. Eine andere Bedeutung kannte man von dieſem Worte in der neu arabiſchen Sprache nicht. e-Mº Tafän, ausſpeyen. Fr. Lx. Lºs S. aus allen Kräften laufen. Sº sºs --- Jmſchiakibahu Dsjidden, verfolge ihn aus allen Kräften. - 2 - Fr. LxII. -- Sif. Von dieſer Art Schlangen erzählen die Araber ähnliche Fabeln als man in Europa von dem Baſiliſken hört. e Ä- was verſchiedene Hörner oder Spitzen hat. Ä- was Ecken hat. Fr. LxIv. - x W -?S Ainebettäleb oder die Fuchstraube, wächſt ſehr viel in der Gegend von Häleb. E.ºº-Dsjifn, bedeutet die Augenlieder. Fr. LxvII. – SE“ bedeutet nach der Meinung eines Arabers zu Maſkät, welcher nur bloß das arabiſche Wort ſah, ohne zu wiſſen, was in deutſcher Sprache dabey geſchrieben war, einen Menſchen der einen blöden Verſtand hat. Einem Mulla zu Básra war dieſes Wort gar nicht bekannt. - - Fr. Lxx 5/USA- Charchäre, wird von einem Menſchen gebraucht, der mit Mühe Luft ſchöpfet. - Fr. LXXIII. Ä- bedeutet zu Básra und Häleb niemals Erde oder Land, ſondern allerhand Fleiſch. - Lahin, was zuſammen- gefügt oder gelötet iſt. = Liham, bedeutet bey den Schiffern an der Süderſeite von Básra ein Schif, welches auf dem Grund ſitzet. Die Schiffer an der Norderſeite dieſer Stadt nennen ſelbiges Schilech. Fr. xxvi. „X“.» Muſkure, eine Getraidekrankheit in Ie- men, welche derjenigen, die wir den Brand nennen, ähnlich, wo nicht dieſelbe iſt. Zu Kähira nennet man ſie Ainel bint, d. i Mädgen- (UgeM. XL "eºrº-Rºeloºssº augen. 1–20a Schaubo, bedeutet bey den Chriſten zu Moſül den Wurm im Getraide. G9 Dik, eine auszehrende Krankheit. Fr. LxxvIII. Der Name eines Thiers Jachmur, iſt in der jezigen arabiſchen Sprache weder zu Dsjidda, noch am perſiſchen Meer- buſen und zu Básra bekannt. Ghaſellen aber findet man in Egypten, Indien, Perſien, Arabien und Syrien, - Fr. LxxxI. Das Wort ÖS iſt zu Básra nicht bekannt. Ein Mulla in dieſer Stadt aber meinete den Namen dieſes Thiers bey den Bedouinen gehört zu haben. Fr. LxxxII. Ö- Dieſer Name des Baſiliſken war verſchie- denen Arabern, bey welchen ich mich deswegen erkundigte, nicht bekannt. Endlich ſagte ein Mulla das Wort Silbedeutete Pech. Lezteres Wort wird vielleicht mit ähnlichen Buchſtaben geſchrieben. Aber sUs Afa ſoll eine ſo giftige Schlange ſeyn, daß derjenige ſterben muß, welchen ſie nur anziſcht. Sie ſoll ſich in bergigten Gegenden von Perſien aufhalten, mehr als 100 Jahr alt werden, ihre Geſtalt nach gewiſſen Jahren ver- ändern, u. ſ. w. - - Fr. Lxxxv. U-9-- Dsjamüs iſt der arabiſche Name des Büffelochſens. Hievon ſoll der perſiſche Name Lºsé Gaumiſch ent- ſtanden ſeyn. sº nennen die Chriſten zu Moſül in der arabiſchen Sprache Äns, d. i. eine Ziege, (nemlich das Weißgen.) - , - Fr. xcI. S5 El much, das Mark im Knochen. Das Wort Algomm kennen die Araber nicht. Gunni nannte man zu Básra Sengk, und zwar: --- &« Semgk Arabi, das Gummi welches aus der Landſchaft Nedsjed kömmt. Dieſes hält man für die beſte Sorte. „-2 &“ Semgk Jemani könmt von Maſkät. &“ „«F Senngkadsjemi kömmt aus Perſien *). „9 /> *) Herr Etatsrath Zall zeigt mir daß obige Wörter, welche ich durch meinen Sprach- meiſter "S'ro-R9 Gro-R9 XL1 Fr. xcII. „92,- Dsjeredi, eine Raße. Eine Maus nennet man zu Básra ./º Fara. . Fr. xcv. Das Wiederkäuen der Thiere nennet man zu Basra EL- Alk. -- Chuf, der Ball von dem Fuß eines Kameels. A-> Häfir, die Klaue. - * Dilf, der Ballen von dem Fuß ei- nes Schafs. - Fr. xcv11. / 22 Bellür iſt der allgemeine Name von Glas und Cryſtall. ſº Jiſchin, ein Stein der aus Perſien kömmt, und eine Farbe zwiſchen grün und gelb hat. Ein anderer, welcher gleichfals verſicherte, daß dieſer Stein in Perſien einheimiſchſey, meinte daß ſeine Farbe dem Akjk ähnlich ſey. - Fr. xcix.nps) rothe Corallen. Im arabiſchen heißen ſelbige - LS- Murdéjän. U 23 ſoll ein grüner Stein ſeyn. t-TN ſoll arabiſch - -- Elhummurte, oder Jaküt Ceilani ge- nannt werden. Der Jaküt Ceilani iſt ein koſtbarer rother Stein, und kömmt von der Inſel, wovon er benannt wird. - ſp 25 ſoll ein Him- melblauer Stein ſeyn. n vºn der Smaragd. Die Bedeutung die- ſer hebräiſchen Namen der Steine erhielt ich von einem verſtändigen und aufrichtigen Juden zu Maſkát. Die Juden zu Bagdad und Háleb, welche ich dieſerwegen gleichfals gefragt habe, ſchienen die Steine gar nicht zu kennen, oder mir nur Namen zu ſagen, damit ſie bald von mei- nen Fragen befreyet ſeyn möchten. - - . . Die an Worten ſonſt reiche arabiſche Sprache ſcheint an den Namen der Steine würklich arm zu ſeyn; denn verſchiedene Arten Edel- - - ſteine meiſter hatte ſchreiben laſſen, S-W Und &*- geſchrieben werden müſſen. Alſo ſchreiben auch nicht alle Araber, welche ſich Gelehrte nennen, ortho- graphiſch. . « f Y - - º- - “---- - - - - - XLII *SPO-RS *G rd-RS ſteine nennen ſie alle Jaküt, und bemerken dabey nur den Namen der Farbe, um ſie von einander zu unterſcheiden. So hat man z. Er. /“> Gya Jakütachmar, der rothe Jaküt oder der Rubin. Gyls Ä- Jakütasfar, der gelbe Jaküt. –//) Gyºta Jakütasrak, der blaue Jaküt u. ſ. w. U-4) Elmäs, der Diamant. Q-j Sümrud, der Smaragd. 0-0 Läl, ein feiner hellrother Stein, der weicher iſt als der Rubin. 02/R/ ein grüner Stein von geringern Wehrt als der Smaragd. vºr” iſt auch der Name eines grünen Steins. />äé- Achdar, grün. Fr. c. -WS Akäb, 50- Hadät und SAL- Dsjarech, ſind alles bekannte Raubvögel in der Gegend von Básra. Ich habe ſie aber nicht ſelbſt geſehen, und kann alſo ihre europäiſche Namen nicht be- ſtimmen. a>– Nabo, heißt zu Moſül in der arabiſchen Sprache Gräb, d. i. eine Krähe. 1a- Nako wird daſelbſt Abukambre genannt. OOnn Thachmas, iſt bey den Juden zu Moſül der Name einer Schwalbe. Jº Bäs, ein kleiner Falk, deſſen man ſich auf der Jagd bedienet, und welchen man zu Básra in der neuern Sprache «DººLº Schahin nennet. --- Baſchäk, ein kleiner Raubvogel. U- iſt auch ein bekannter Vogel zu Básra. e) - - Thärelha- ram nennet man einen jeden Vogel, welchen man nach dem Geſetze nicht eſſen darf. Ich habe mich wegen der in dieſer lezten Frage vorkommen- den hebräiſchen Namen der Vögel auch zu verſchiedenenmalen bey den morgenländiſchen Juden erkundigt; allein keiner hatte ſo viel Gedult mir die Erklärung davon zu geben. Es ſcheint auch, daß ſie ſich ſehr wenig um die Namen der in ihrem Geſetz verbotenen Vögel bekümmern, ſon- dern ſie eſſen nur diejenigen, wovon ſie gewiß wiſſen, daß ſie ihnen zu eſſen erlaubt ſind. Herr exo29.eºrºsº xLrtr Herr Forſkäl machte einen Auszug aus den Fragen des Herrn Michaelis, und nicht nur bey dieſen, ſondern auch auf andern loſen Blättern, finde ich verſchiedene hieher gehörige kurze Anmerkungen, welche den Gelehrten gewiß angenehm ſeyn werden. Ich will ſie alſo hier noch beyfügen, und nur bemerken, daß er die Anmerkungen, bey welchen Saadias ſtehet, aus einer arabiſchen, mit hebräiſchen Buchſtaben ge- ſchriebenen Erklärung des Pentateuchi genommen habe. Muri iſt der Name eines Juden zu Mochha bey dem er das erwähnte Manuſcr. ſah, und von welchem er verſchiedene mündliche Nachrichten erhielt. Fr. 1. FYO Planta aquatica, ar. U-29 Fr. vIII. Urn L./J9 Ö-a-Saadias. Karaitis in Kahira T/J9 . U / Jo Golio eſt nomen Perſicum corii nigro colore tinčti. Fr. xv. P2Y referente Judaeo A“ in Jemen. Fr. xvIII. Lignum pro corrigenda aqua ſalſa. Targ. Jonat. arbor aquatica amariſſimo flore magno roſeo, nomine Ch. "2DYTºn Karaitis in Kahira traditiofuiſſe «so Nerium Oleander. Fr. xxII. Ich fragte den griechiſchen Patriarchen, und ſei- nen Erzbiſchof oder Metropolit zu Káhira nach der Bedeutung des Wor- tes II«zvgos, wovon nach der Ueberſetzung der Lxx die Mutter Moſis ihm einen Kaſten machte, als ſie ihn ans Ufer des Nilsſezte, ingleichen des Inſekts azyDes welches eine der egyptiſchen Plagen war; ich erhielt aber auf keines eine gewiſſe Antwort. Sie meineten indeſſen, daß akypes eine Art kleiner Mücken ſey, deren Stich ſehr empfindlich iſt. Derglei- chen findet man ſehr viel in den Gärten zu Kähira. Ein Kaufmann, welcher zugegen war, ſagte daß ſelbige auf arabiſch Namüsſakiti heiße, und ein anderer nannte ſie Dubäbelkelb d. i. die Hundsfliege. Fr. xxIII. F-Yu iſt der Zweig (ſtipes) welcher abgeſchnitten und gepflanzt wird. Fr. xxv. „Lie reperitur circa Taäs. Muri. f 2 Fr. XLIV *Sºro-RS *SVrd-RS Fr. xxvIII. HNv *** (a ey“) naevus niger. Gol. nrad sº/LS non niſi exverſione biblica Golio nota vox. INNT2 «sº color geminus ex albo & nigro. Gol. (i. e. macula.) Lev. 13, 6 x-rpop **/S v. 18 Prw T * Vulnus. Gol. dicitur conſiſtere in morbo cutaneo efflorescente puſtulis magnitu- dine piſiprurientibus. Medela. Sulphur cum butyro interne, ſi- mulque ſulphur cum oleo externe. v. 30. pn) – S- Lentigo faciei, macula inter nigrum & rufum medio colore. v. 39. PT2 -äg? Leuce, Vitiligo. Biennio vel annuo ſpatio per ſe ſänatur. . Fr. xxx. EA dicuntur in Jemen pedes ovini bovini- que, qui in foro cum capite ovis bovisque ſimul veneunt. Sedde pedibus ſaltatoriis gryllorum hic non uſurpatur, verum eos appel- lant &U: S 26- Mekäva, Menäka. In SanáJudaei veſcuntur gryllis, ſed non ſunt ibi aliae gryllorum ſpecies commemorate a Moſe quam ſoli n2TN ar. 9,- Furnum cylindricum calefačtum replent gryllis Ita relinquunt per horas 8 ad IO. Deinde hunc cibum ficcum vel annuo ſpatio ſervare poſſunt. Ante 43 annos fames plures annos continuos vexavit Jeinen circa Saná & alibi. Devorarunt grylli ſegetes, & dein omnes fere nonniſi gryllis veſce- bantur & Judaei & Muſlemi. Muri. - - - Fr. xxxII. E3 Species grylli Ad Saná animalcula pediculorum inſtar ſegetes vexantia dicuntur Ä» Uagza. Fr. xxxv. Morbus Jobi erat Prw Muri. Fr. xLII. EYYYYP /- Saadias. Judaei in Saná eo re- ferunt U-à- Lačtucam & / 5 U -- commedunt cum Paſcha Laëtucam.vel fi non adeſt, Bugloſſum. In HEgypto pariter com- medunt cum Lačkuca oleracea. Muri. Herr Forſkälbemerkte eben dieſer Frage wegen auf einer andern Stelle, vermuthlich zu Kähira: Morrejr eſt centaurea calcitrapa. Caules juniores edules maxime menſe Febr. & Mart, Fr. "Sºrdº RS SPO-RO XLV Fr. xLIII. nºznN Num. 24, 6 -. - Sº Saadias i. e. pro- ſapia genus. Karaitis in Kahira, Sandal. - - - Fr. xLv. ns) - Kähm. Muri. NO. „º- Saa- dias. Exod. 2, 3. - - - Fr. xLvIII. Sº in montibus Jemenis occurrit. Muri. Fr. xLIx. n297 Karaitis in Kähira dºs alkam. Fr. Liv. n2T v\xD ſine teſtibus (Karaiti in Kähira). n2ºw n»N- fine virga & teſtibus. nr- zerdrückt. Caſtrati demtis & teſtibus & virga dicuntur - =* . . . . . . Fr. LvIII. De fputo ob negatum Leviratum, 5. Moſ 25, 9. Etiamnum mos ſervatur a Judaeis Jemenis. Sie binden einer Schuh an den Waden. Dieſen löſet die npaº mit der rechten Hand ab, wirft ihn auf die Erde, und ſpeiet dreymal vor ihm auf den Boden, nicht in ſein Angeſicht. Sie erklären Y2D2 durch Y2D7 - Nec patres in filiorum vultum ſpuunt in Jemen, nec de lepra phraſis illis eſt: Deus in vultum ejus exſpuit. - - - - * Fr. LIx. Bey der translatione dominii den Schuh auszu- ziehen, iſt weder bey den Juden noch andern Arabern länger ge- - Fr. LXI. Phraſis Saadiae - S 0a- non in uſu eſt arabice loquentibus. Muri. - - - Fr, LXII. ſ)D DU Karaitis in Kähira arab. - Ä- Ita & Saadias. - Fr. LXIV. YPPD 2. Reg 4, 39. U. a. Colocyn- this. Muri. - " - - - - Fr. LxvII. HDr.U U- Sill. Saadias. Fr. LxvIII. Nrrip //> Saadias. . . . . Fr. LXXI. Dolor dentium frequens in Jemen, dic- tur Cº-S! ÖSº F7D» vºy? Haemorrhoides. Muri. - f 3 Fr. – - - - - - --- XLVI *S ºd-RS Sºfd-RS Fr. LxxIII. nnz non uſurpatur proterra. Muri. Fr. LxxvII. ſ)DTU in ſegetibus eB-5 Wenn der Waizen oder die Gerſte eine Elle hoch iſt, ſo wird er bisweilen durch eine ſtarke Kälte dergeſtalt verdorben, daß er keine Ähren ſetzet. JPY, So/MA-2 ein ſtiller für die Saat ſchädlicher Wind, welcher in dem Monat der Ju- den Marcheſchwan kömmt. Hievon werden die Ahren gelb, und es ſetzen ſich in denſelben keine Körner. Dieſer Wind trift nur hin und wieder. Diejenigen Stellen aber, welche getroffen werden, werden gänzlich verdorben. Muri. - A arab. id. ac A- Muri. Le- vit. 22, 22. Rºnn /y - Saadias perculſüm. n22) Uy'US Co Saadias. nomen frequens in loquela arabum, ſimilis morbus cuta- neus -5° OD7) /A> Saadias. Fr, LxxvIII. Animalia munda 2»Nº O2 in montibus Je- Inen. Femina dicitur -7v, sº Muri. Fr. LxxxI. 2x -5 i. e. Gazella, eſt in Jemen. NYOrº / y«= eſt in montibus Jemen. Muri. ſºwT -oº, Muri. Ypst Jº Muri. Yººn 0 Ä Muri. - Ypt –*// Der Tragela- phus heißt bey Linnaeus Capra Ammon. - - - - Fr. LxxxIv. Dieſe Frage erhielten wir erſt nach dem wir ſchon aus Egypten gereiſet waren. Der Salpeter, welcher von Terräne kömmt, ſoll aus Erde gekocht werden. Auch zu Másrelatik oder Alt Kähira ſind Salpeterfabriquen, es ſcheint aber daß die Egypter die Kunſt, ſo wie ſelbiges alda zubereitet wird, von den Europäern gelernt haben. Salpeter heißt –y“. S- Wegen der Worte Plinii: ce- dente Nilomadent ſucco nitri xxxx diebus continuis kann man die Recueil des obſervations curieuſes, Paris 1749 Tom. II. 55 ſequ. nachleſen. Borax iſt in des Walerii mineral. ſpec. I99 unterſucht worden. NYY2 Habent in Jemen fručtum plantae ſiccum, quae in aqua frigida ſi movetur ſpumam dat ſäponis inſtar. Eo veſtes & 2ºooººººooººº xLvII & Metalla lavant. Appellant sº / confimilifere vocabulo. Muri. Ar2 U / - 5 pulvis lavatorius qui ex Dsjóf affertur. Muri. Sed falſo. - : , Fr. LxxxvII. Ypp „Sº sºº Muri, i e. Calbaſſer *). Fr. xc. YN Dicitur eſſe in cacumine montis Sabr. Fr. xci. jºw / Saadias. Eſt in montanis Jemenis, moſlemis edulis. - - Herr Forſkäl hat auch noch zu verſchiedenen in der xcIx und c Frage erwähnten hebräiſchen Wörtern die arabiſchen Namen geſetzt. Weil aber der Herr Etatsrath Kall mir zeiget, daß alles dieſes ſchon in dem Werke des Saadias gedruckt iſt, ſo habe ich es hier nicht wieder ab- ſchreiben wollen. *) Durch Calabaſſer verſteht Herr Forſkäl wahrſcheinlich die großen Kürbiſſe, welche man trocknet, und alsdann als Gefäße zu Waſſer und Milch gebraucht. Nachricht wegen der Kupfertafeln, Tab. I kömt neben - - S. 56. II - A A 64. III - - 66. - IV und V - 94. 3 : . . vI, vII, vIII, IX 96. - X, XI, XII – 98. XIII, XIV A IO 2. XV - - - - - I 58. XVI Z 2 14. XVII - 288. XVIII - 296. XIX - 3 IO. - XX - 358. XXI 2. 362. XXII 374- XXIII * 4O8- XXIV - 4 IO. Die Charte von Jemen wird am Ende des Buchs gebunden. - FEFÄ- ÄF HÄ=>? º2N =>: FTa STE Beſchreibung VON A r ab i e n. Erſte Abtheilung von Arabien überhaupt. $ ie Halbinſel Arabien gränzet nach Weſten an den arabiſchen Meerbuſen, oder das ſogenannte rothe Meer, nach Süden und Oſten an das Welt- meer, und gegen Nordoſt an den perſiſchen Meerbuſen. Eine gerade Linie von hier nach dem äußerſten Ende des arabiſchen Meerbuſens machte vermuthlich in den ur- alten Zeiten die Gränze nach Norden. Jezt aber kann man auch das ganze Aräk Arabi, ingleichen die Wüſte von Syrien und Paläſtina mit zu Arabien rechnen. Dieſe Landſchaft gränzt nun alſo nach Norden an den Euphrat und Syrien, und nach Weſten, auf der Erdenge welche Africa mit Aſien verbindet, an Egypten. Arabien beſtehet aus verſchiedenen großen Provinzen, als: Jemen, Hadramaut, Omän, Lachſa, Nedsjed, Hedsjäs und einigen kleinern dar- an gränzenden Landſchaften. In einer jeden derſelben ſind viele kleine unabhän- gige Herrſchaften, wovon ich diejenigen, welche ich habe kennen lernen, nachher - A bemer- - 2 Gränze von Arabien. - bemerken werde. In allen den erwähnten großen Provinzen ſind hohe bergigte und fruchtbare Gegenden. Den großen Ebenen aber fehlet es an Regen, und alſo an Fruchtbarkeit. Indeſſen ſammlen ſich in den bergigten Gegenden während der Regenzeit viele Flüſſe, (Wadi,) welche einen beträchtlichen Theil der Ebenen fruchtbar machen, und ſich nachher auf den Feldern, oder im Sande verlieren, oder ſich, wenn die Berge nicht gar weit von der See entfernt, und die Flüſſe groß ſind, ins Meer ſtürzen. Thäler, in welchen ſich während der Regenzeit das Waſſer ſammlet, und nach und nach ausdünſtet, weil es keinen Abzug hat, ſind würklich nicht ſo viel in Arabien als die Gelehrten (Michaelis 4ote Frage) vermuthen, wenigſtens habe ich auf der Reiſe von Sues nach dem Berge Sinai, und in ganz Jemen keine geſehen. Das Gebürge, welches von Süden nach Nor- den durch ganz Arabien gehet, iſt nach der Seite des arabiſchen Meerbuſens von Tör bis zu dem Berge Sinai, und von Tehäma nach Oſten bis Saná, ſo ſehr abhängig, daß das Waſſer, welches ſich nach einem ſtarken Regen etwa zwi- ſchen den Bergen ſammlet, und nicht gleich abfließen kan, doch bald Wege über oder unter der Erde findet. Von dem leztern Fall ſah ich ein Beyſpiel an dem hohen Berge Sumära in Jemen. Hier war nicht weit von nnſerm Wege ein tiefes Thal an einem ſteilen mit Erde bedeckten Felſen, und zwiſchen dieſer Erde und dem Felſen war ein kleiner Fluß, welcher ſich in die Tiefe herabſtürzte, als wenn der Erde hier gleichſam eine Ader geöffnet worden wäre. In einer andeen Gegend, wo das Waſſer ſchräge bergab floß, nicht ſteil von einem Berge her- unter ſtürzte, kam es aus einer Quelle, und machte einen Bach. Dieſer floß nur eine gewiſſe Weite, verlor ſich darauf im Sande, kam aber in einiger Entfernung als eine neue Quelle wieder zum Vorſchein, vermuthlich weil der Felſen da- ſelbſt mit weniger lockerer Erde oder Sand bedeckt war. Nach einem ſtarken Re- gen aber ſtürzt das Waſſer hier in ſo großer Menge von den umherliegenden Bergen herab, daß der unterirdiſche Fluß nicht alles faſſen kan, und dam ſiehet man, ſo lange dieſer Vorrath an Waſſer dauert, von der Quelle bis in das ſandigte Te- häma einen Fluß über der Erde. - - Von Gränze von Arabien. 3. Von Salzthälern habe ich weder auf der Weſtſeite von Arabien, noch in Omän etwas gehört. Ein ähnliches Salzthal aber wie Herr Rüſſel beſchreibt, ſiehet man auch bey Basra. Auch hier iſt das ganze ſo genannte Thal mit kleinen, Hügeln umgeben, welche den Abzug des Waſſers verhindern. Höher am Euphrat, ich glaube zu Ardsje, redete man gleichfals von einem Salzthal. Nachher aber hörete ich von keinem mehr, als von denen bey Häleb, und bey Larneca auf der In- ſel Cypern. Dieß lezte liegt dicht an der See, und könnte deswegen leicht abge- leitet werden. Man findet es aber vortheilhafter das Waſſer bis auf eine gewiſſe Höhe aufzuhalten, und dieſes geſchiehet wahrſcheinlich auch bey Häleb, Ardsje und Basra; denn das bey Basra liegt nicht weit von Schat el Arrab, und man würde ſelbiges vermutlich dahin ableiten, wenn das Land in dieſer Gegend koſt- barer wäre. Jezt aber erndtet man von dieſem ſonſt wüſte liegenden Stücke Lan- des gutes Küchenſalz, und zwar in ſo großer Menge, daß die Schiffe von Benga- len es bisweilen als Ballaſt mit zurück nehmen. Die Witterung in Arabien iſt nach der Lage der verſchiedenen Gegenden dieſer großen Halbinſel, ſehr verſchieden. Man hat nemlich in der bergigten Ge- gend der Landſchaft Jemen eine Regenzeit, die man Mattar el Charif nennet, und welche in die drey Monate Tamüs, Äb und Ailül, d. i. ohngefehr von der Mitte des Junius bis gegen Ende des Septembers, und alſo in die heißeſten Monate fällt, wenn der Regen für das Land am nützlichſten, und für die Einwoh- ner am angenehmſten iſt. Er ſoll in den beyden erſten Monaten am ſtärkſten ſeyn, und im Ailül allmählig abnehmen. Der Himmel war in dieſer Gegend während der Regenzeit bisweilen, jedoch ſelten, 24. Stunden lang beſtändig mit Wolken bedeckt. In der übrigen Zeit des Jahrs aber ſieht man hier manchmal in einigen Monaten keine Wolken, und in Tehäma hatten wir oft ganze Tage einen heitern Himmel, wenn es in der benachbarten bergigten Gegend faſt täglich regnete. Man redet hier auch von einem Mattar es Seif, oder Frühlingsre- gen, welcher in den Monat Niſänfallen, aber nicht lange dauren ſoll. In- deſſen erwartet man eine um ſo viel fruchtbarere Erndte, je ſtärker dieſer Regen iſt. So ſagte man noch daß der Frühlingsregen die Perlenmuſchel fruchtbar mache. A 2 - Dieſe 4. Witterung in Arabien. Dieſe Fabel würde ich nicht einmal anmerken, wenn ich nicht gefunden hätte, daß die Araber an dem perſiſchen Meerbuſen ſie ſchon vor 600. Jahren geglaubet ha- ben. *) Zu Maſkat und in der bergigten Gegend auf der Oſtſeite von Arabien, iſt die Regenzeit (Schitte) in den Monaten Keſle, Teibet und Schabät, d. i.ohngefehr von dem 21ten November bis den 18ten Februar. Die Jahrszeit Seif dauert in Omän ohngefehr von dem 19ten Februar bis den 2oten April, nem- lich in den Monaten Adär und Niſän. Die heißeſten Monate ſind Ejar, Si- wän, Tamüs, Ab und Eilul, nemlich etwa von dem 2oten April bis den 20ten September. Und die Jahrszeit in den beyden Monaten Teſchri und Haſch- wan, ohngefehr von dem 2oten September bis den 2oten November, nennet man Robai. Die Wärme in Arabien iſt unter einerley Polhöhe bisweilen gar ſehr ver- ſchieden; denn anſtatt daß man des Sommers in dem niedrigen Tehäma eine faſt unerträgliche Hitze ausſtehen muß, weil es alda ſehr ſelten, bisweilen wie man mich verſichert hat, in einem ganzen Jahre nicht, regnet, ſo iſt die Witterung zu der Zeit in den nahe dabey liegenden bergigten Gegenden nicht nur deswegen, weil die Wolken, welche über den arabiſchen Meerbuſen und Tehäma wegziehen, an den hohen und kalten Bergen im Regen herunter fallen, ſondern auch weil dieſe Ge- genden höher liegen, und daher eine dünnere Luft haben, ſehr gelinde. Ich habe die Höhe eines Thermometers nach Fahrenheitiſcher Eintheilung in Jemen faſt täg- lich aufgeſchrieben, und nach dieſem wird man finden, daß es zu Saná von dem I8ten *) Benjamin von Tudela redet hiervon bey El Katif, welchen Ort er Katiphan nennet. alſo: C'eſt en ce lieu que ſe trouve le Bdellium qui eſt un ouvrage merveil- leux de la nature , fait de cette maniere; le 24. du Mois Niſän il tombe fur la ſuperficie des eaux une Roſée, que les habitants recueillent: apres Ia- voir renfermée ils la jettent dans la mer, a fin qu'elle aille au fond; maisau. milieu du mois Tisri, deux hommes deſcendent au fond de la mer, attachez a des cordes, qu'on retire apres qu'ils ontramafé de certains reptiles (Hui- tres) qu'on ouvre, ou qu'om fend pour entirer la pierre precieuſe qui y eſt renfeimée. Witterung in Arabien. 5 18ten bis den 24ten Julius nicht über 85. Grad geſtiegen iſt. In dem nahe lie- genden Tehäma aber ſtand es von dem 6ten bis den 21te Auguſt faſt beſtändig auf 98. Grad. Wir hatten überdieß in dieſer lezten Gegend die meiſte Zeit Windſtille, welche uns die Hitze noch mehr empfindlich machte. Es ſoll in der Gegend von Saná im Winter des Nachts auch Eis frieren, obgleich das Thermometer zu Lo- heia im Januar noch eben ſo hoch ſteigt, als in den heißeſten Sommermona- ten in dem nordlichen Theile von Europa, nemlich bis auf 86. Grad. Schon die Einwohner der Landſchaft Jemen wohnen alſo gleichſam unter verſchiedenen Himmels“ ſtrichen, und man trifft daher in dieſer Provinz in einer kleinen Entfernung ver- ſchiedene Arten Thiere und Früchte einheimiſch an, welche man in andern Ländern aus weit entlegenen Gegenden holet. Man ſiehet in den heißen Ländern ſehr oft Sternputzen, und bisweilen ſehr groß. Das Nordlicht aber kannte man in Arabien, Indien, Perſien und in Syrien nicht. *) Von dem Lichte der Sterne habe ich nach verſchiedenen Be- obachtungen auf der Reiſe von Bombay nach Maſkat bemerkt: daß man die von der zweyten Größe, bey klarer Luft, wegen der vielen Dünſte am Horizont nicht eher ſehen konnte, als bis ſie drey bis vier Grad hoch geſtiegen waren, und die Sterne von der erſten Größe ſchienen unter der Höhe von 20. Grad nicht zu fun- keln, oder zu zittern. Die Sterne von 25. Grad Höhe bis zum Scheitelpunkt ſchienen mir allenthalben, beſonders aber in bergigten Gegenden, eben ſo ſehr zu funkeln, als bey den hellen Sommernächten in Europa, wiewohl nicht ſo ſtark als bey einem klaren und ſtarken Froſtwetter, und dieſes wird man auch nicht er- warten. Doch, da wir in der Mitte des März zu Schiras in Perſien ſehr kalte und helle Nächte hatten, funkelten ſie nicht weniger als bey ſtarkem Froſt in Eu- ropa. Auf dem arabiſchen Meerbuſen, auf der Reiſe von Mochha nach Bom- A 3 bay, *) Michaelis 88te Frage. Das Nordlicht ſcheiner in Syrien nicht ganz unbekannt zu ſeyn, obgleich diejenigen bey welchen ich mich deswegen erkundigte, davon niemals erwas ge- hört hatten. In der Hiſtoire de la première Croiſade, ecrite en Armenien, par Matthieu, Moine d'Edeſſe wird ein Nordlicht, welches man im October des Jahrs 1097. in Syrien ſah, umſtändlich beſchrieben. Journal Encyclopedique Sept. 1771. *-*------ - - - - - - - - - - - - - - - - 6 Witterung in Arabien. 4 bay, und von hier nach Maſkat, ſchien mir der Horizont immer weniger hell zu ſeyn als in der Nordſee, ſogar daß ich oft verhindert ward die Polhöhe durch die beobachteten Sternhöhen genau zu beſtimmen. Die Würkung des Windes iſt in den arabiſchen Städten, nach der Be- ſchaffenheit der umliegenden Gegenden, auch ſehr verſchieden. Zu Häleb iſt der Weſtwind, welcher von der Seeſeite kömmt, feucht, und der Oſtwind von der Wüſte her, trocken. Auf der Inſel Charedsj oder Karek, und zu Basra war bey dem Südoſt oder Seewinde gemeiniglich trübe Luft, und dieſe war ſo feucht, daß unſer Tiſch, wenn wir des Abends in freyer Luft aßen, in kurzer Zeit angefeuch- tet ward. Er ward aber auch eben ſo geſchwinde wieder trocken, wenn der Wind ſich auf einmal nach Nordweſt drehete. Bey dem feuchten Südoſtwinde iſt auf der Inſel Chareds und zu Basra in der heißeſten Jahrszeit gemeiniglich Windſtille, und deswegen ſchwitzet man dann am meiſten. Der trockene Nord- weſtwind hingegen iſt nicht ſo unbequem, weil die Luft bey ihm mehr in Bewe- gung iſt. Indeſſen ſcheinet er heißer zu ſeyn; *) denn er macht alle feſte Körper, als Holz und Eiſen, ob ſie gleich im Schatten ſtehen, ſo heiß, als wenn ſie den Sonnenſtrahlen ausgeſetzt wären. Sogar das Waſſer in gläſernen oder metallenen Töpfen wird dadurch warm. Dagegen ward das, welches in den Gorgolets oder Bardaks, d.i. Töpfen von loſer Thonerde, in die freye Luſt geſtellet war, durch den Nordweſtwind viel kälter als durch den Südoſtwind. Ueberhaupt wird es in ſteinernen, nicht glaſürten Töpfen der freyen Luft ausgeſetzt, kälter, und alſo an- genehmer. Selbſt die Europäer trinken deswegen in einigen Gegenden des Mor- genlandes bloß aus Bardaks. *) Weil *) Nemlich in den Sommermonaten. Im Winter iſt er kälter. **) Auf der 34te Tabelle zu Nordens Reiſe findet man eine Abbildung dieſes Trink- geſchirrs. Das Waſſer wird, in hölzernen Gefäßen der freyen Luft ausgeſtellt, auch ſehr kalt. So hatte ein Europäer zu Gambrón oder Bender Abbas, welcher ſich in EI!!?!' Witterung in Arabient. - 7 Weil die Sonne in ihrem Sommerſtillſtande faſt mitten über Arabien ſteht, ſo iſt es in den meiſten Gegenden dieſes Landes im Julius und Auguſt ſo heiß, daß ſich faſt niemand, der nicht dazu genöthiget iſt, von Vormittags um II. Uhr, bis Nachmittags um 3. Uhr auf den Weg begiebt. Die Araber arbeiten um dieſe Zeit nur ſelten, ſondern halten ihren Mittagsſchlaf, und zu Bagdad und auf der Inſel Chareds, vielleicht auch in andern Städten dieſer Gegend, bisweilen in einem Zimmer unter dem Hauſe, in welches ſie durch eine Art Schornſtein den Wind von oben herunterleiten, und die Luft dadurch in Bewegung bringen. An- dere laſſen in dieſer Jahrszeit oft Waſſer auf die Straſſe ſchütten, um die Luft da- durch abzukühlen. Einige verſchließen nur Thüren und Fenſter um die heiße Luft abzuhalten. Dieſe heiße Jahrszeit nennen die Araber, ſo viel ich aus dem Sprachgebrauch habe bemerken können, Smüm, ſo wie wir ſelbige die Hunds- tage, und die Egypter ihre heiſſe Jahrszeit Chamsin zu nennen pflegen. In die- ſen Monaten hat man zu Basra, obgleich ſelten, Beyſpiele, daß Leute auf der Straße, ſowohl in der Stadt als auf dem Wege nach Zobeir, von der großen Hiße umgefallen und verſchmachtet ſind, ja Mauleſel ſollen auſſerhalb Basra von der Hitze geſtorben ſeyn. - - Von dem giftigen Winde Säm, Smüm, Samiel oder Samèli, nach der Ausſprache der Araber, beywelchen ich mich deswegen erkundigte, hört man am meiſten in der Wüſte zwiſchen Basra, Bagdad, Häleb und Mekke. Er ſoll aber auch in einigen Gegenden von Perſien und Indien, ja in Spanien nicht unbekannt ſeyn *). Dieſer Wind iſt gleichfalls nur in den heißeſten Sommermo- - * - - UAtef. einer Tonne Waſſer, die einige Stunden im Zugwinde geſtanden hatte, baden wollte, ſo gleich ein heftiges kaltes Fieber bekommen. Bloß der Zugwind iſt in den heiſſen Ländern bisweilen ſehr geſährlich. Ich fiel darüber in Jemen, als ich mich einmal von der Hize und meiner Reiſe ganz abgemattet zum ſchlafen niederlegte, in ein ſtarkes kaltes Fieber. *) Ein Jude zu Mochha ſagte dem Herrn Forskäl, daß man den Wind Sömun in den Monaten Tannus, Ab und Ailul anch wohl auf der Ebene um Beit el Fakih und Hodeide verſpüret habe. Daß er aber nicht alle Jahre Schaden verurſache. - - 8 Witterung in Arabien. naten zu fürchten. Er ſoll allezeit von der Seite der großen Wüſte kommen; denn man ſagte, daß der Smüm, ich bin nicht verſichert ob man blos den tödtlichen meinete, zu Mekke aus Oſten, zu Bagdad aus Weſten, zu Basra aus Nordweſt, und zu Surat aus Norden komme. Zu Kahira kömt der heißeſte Wind über die Lybiſche Wüſte, und alſo aus Südweſt. Weil die Araber in der Wüſte einer reinen Luft gewohnt ſind, ſo ſollen einige unter ihnen einen ſo feinen Geruch haben, daß ſie den tödtlichen Smüm an dem ſchweflichen Geruch erkennen können. Ein anderes Kennzeichen dieſes Windes ſoll ſeyn, daß die Luft in der Gegend, woher er kömmt, ganz röthlich wird. Da aber ein gerade ausgehender Wind nahe an der Erde keine Macht hat, weil er vielleicht von den Hügeln, Steinen und Sträuchen gebrochen, und auch durch die Ausdünſtung der Erde gehindert wird; ſo werfen die Menſchen ſich nieder wenn ſie den Smüm in der Ferne ſehen. Die Natur ſoll auch die Thiere gelehrt haben den Kopf zur Erde zu halten, wenn dieſer Wind ſich nähert. Einer meiner Bedienten war in einer Karwane auf dem Wege von Basra nach Háleb von dieſem Winde überfallen worden. Da einige Araber der Geſellſchaft bey Zeiten zugerufen hatten, daß ſie ſich auf die Erde werfen möchte, ſo hatte keiner, der dieſes gethan, Schaden genommen. Einige von der Kar- wane aber, und unter dieſen auch ein franzöſiſcher Wundarzt, welcher dieſe Erſchei- nung genau unterſuchen wollte, waren zu ſicher geweſen, und hatten deswegen ſterben müſſen. Es ſollen oft Jahre vergehen, daß man den giftigen Smüm auf dem Wege von Basra nach Häleb nicht verſpüret. Sowohl Menſchen als Thiere erſticken nach der Erzählung der Araber, durch dieſen Wind auf eben die Art, wie von dem gewöhnlichen heißen Winde, deſſen ich im vorhergehenden erwähnt habe. Denn bey einer außerordentlich großen Hitze kömmt bisweilen ein Lüftgen, welches noch heißer iſt, und wenn die Menſchen oder Thiere ſchon ſo matt geworden ſind, daß ſie faſt vor Hitze verſchmachten, ſo ſcheinet es daß der kleine Zuſaz von Hitze ihnen vollends alle Luft benimmt. Wenn nun ein Menſch von dieſem Winde erſtickt, oder wie man auch ſagt, wenn ihm das Herz geborſten iſt, ſo ſoll dem Todten bisweilen zwey Stunden nachher das Blut aus der Naſe und den Ohren ſtürzen. Der Körper ſoll auch lange warm bleiben, aufſchwellen, blau und grün werden, und, wenn man ihn bey einem Arm oder Bein Witterung in Arabien. 9 º Bein in die Höhe heben will, ſo ſoll ſich dieſes abtrennen. Man will bemerkt haben, daß diejenigen, welche vorher nicht ſo ſehr abgemattet geweſen ſind, nicht ſo viel gelitten haben, als die übrigen, und deswegen ſollen von einer großen Kar- wane bisweilen nicht mehr als vier bis fünf Perſonen ſo gleich geſtorben ſeyn. An- dere ſollen noch einige Stunden gelebt haben, und andere durch Erſriſchungen wie- der hergeſtellet worden ſeyn. Die Araber ſollen auf ihren Reiſen Knoblauch und Roſinen bey ſich führen, und damit oftmals Leuten wieder geholfen haben die bey nahe erſtickt geweſen. - - Nach dieſer Beſchreibung des Smüm wird man ſchon vermuhten, daß ich keine große Neigung gehabt habe das in der 24ten Frage des Herrn Hofrahts Michaelis vorgeſchlagene Erperiment zu machen. Wenn ich auch hierzu beſtändig alles in Bereitſchaft gehabt hätte, ſo würde meine Mühe dennoch vergebens geweſen ſeyn, weil ich ſelbſt dieſen Wind niemals getroffen habe. Ich habe auch keine Verſuche anſtellen können: ob der Thau aus der Luft falle, oder aus den Pflanzen in die Höhe ſteige; denn ſolche gläſerne Kolben, die hierzu geſchickt ſind, habe ich bey den Arabern nicht gefunden. Wir ſelbſt aber hatten keine mit aus Europa ge- nommen, und hätten ſie wahrſcheinlich auch nicht wohl auf Kameelen und Maul- eſeln fortbringen können, da ich nicht einmal meine Wettergläſer habe erhalten kön- nen. Der Thau fällt in den heißen Ländern und in dürren Gegenden bisweilen ſehr häufig. Zu Abuſchähhr auf der perſiſchen Küſte, und auf der Inſel Chareds hatten wir ihn im Julius des Nachts, beſonders mit einem ſchwachen Südoſtwin- de ſo ſtark, das die Betten des Morgens ganz angefeuchtet waren. Weil Basra etwas von der See entfernt iſt, ſo hatten wir daſelbſt mit eben dieſem Winde we- niger Thau. Zu Gambrön oder Bender Abbäs ſoll er in der heißeſten Jahrszeit auch ſehr ſtark fallen, wie mich verſchiedene Engländer verſichert haben. Weil es auf der öſtlichen Küſte des perſiſchen Meerbuſens in den Sommermonaten gar ſehr heiß iſt, und man gefunden hat, daß der Thau daſelbſt nicht ſchädlich iſt, ſo ſchläft man in dieſen Gegenden gemeiniglich unter freyem Himmel. Ich ſelbſt habe auf der Inſel Chareds nicht beßer geſchlafen, als in denen Nächten, in welchen mein Bette vom Thau ganz angefeuchtet ward. Zu Merdin iſt die Luft ſo rein, daß man daſelbſt von der Mitte des May bis in den October die meiſte Zeit in freyer Luft --*, IO Witterung in Arabient. ſchläft. In einigen Gegenden aber wird dieſes für ſehr ſchädlich gehalten, und nan ſchläft deswegen z. E. zu Basra, auch in den heißeſten Sommermonaten nicht gerne in freyer Luft, obgleich daſelbſt nicht ſo viel Thau ſält, als auf Charedsj. Die umher liegenden ſumpfichten Gegenden machen vielleicht die Luft zu Basra un- geſund. Ueberdieß ſind einige Winde den in der freyen Luft ſchlafenden, und be- ſonders den Europäern, ſehr ſchädlich, und der Wundarzt auf Charedsj meinete, dieſes wäre die Urſache, warnm ſo viele von den daſigen Soldaten des Morgens kaum gehen könnten, ja daß viele gar gelähmt würden. Die Morgenländer haben aber weder vom Thau, noch von ſchlimmen Winden etwas zu befürchten; denn ſie bedecken des Nachts nicht nur den ganzen Körper, ſondern auch das Geſicht. Könnten die Europäer ſich darzu gewöhnen, ſo würden ſie eben ſo ſicher ſeyn. Die Araber wohnen in Städten und Dörfern, oder in abgeſonderten Fa- milien unter Gezelten. Sie haben eine große Anzahl Regenten, wovon die mei- ſten ſehr ſtolz auf ihren Adel ſind, und darzu einige Urſache zuhaben ſcheinen, weil ihre Familien ſeit einigen Jahrhunderten unabhängig regieret haben, nicht aber weil ſie ihren Adel durch ein von einem mächtigen Chalifen oder Sultän erhgltenes Di- plom beweiſen können; denn einen ſolchen Adel kennen die Araber nicht. Unter allen arabiſchen Familien ſind jezt diejenigen welche von Mohammed abſtammen, die berühmteſten. Hierüber wird man ſich auch nicht verwundern, da ihr Stammvater nicht nur bereits von einer der berühmteſten Familien abſtaminete, ſondern ſelbſt ein mächtiger Regent ward, nnd noch jezt von einem großen Theil des Orients als ein Prophet erkannt wird. Die Anhänger der mohammedaniſchen Religion gaben den Nachkommen ihres Propheten beſondere Ehrentitel, um ſie von dem übrigen arabi- ſchen Adel zu unterſcheiden. Die Sunniten, und vermuthlich anch die Anhänger anderer Sekten, wollen ſogar behaupten, daß dieſe Familie allen übrigen in der Welt vorzuziehen ſey, weil der Engel Gabriel, ihrem Vorgeben nach, ein Tuch über Mohammed, ſeinen Schwiegerſohn Ali, ſeine Tochter Fátima und ſeine beydeu Enkel Haſſan und Höſſein gehalten, und den Segen über ſie geſprochen habe. Daß die Nachkommen Mohammeds durch dieſe Ceremonie gleichſam in ei- nen höhern adelichen Stand erhoben ſeyn ſollen als die arabiſchen Schechs, ler- Plet? Adel der Arößer. II nete ich zu Maſkat von einem gelehrten Sunniten aus Indien, welcher viele Jahre auf der Academie zu Zebid geweſen war. Dieſer nannte die fünf erwähnten Per- ſonen *-«XU) 0d) Ahhl el Kiſſa. Die Ehrentitel welche man dieſer Familie beygelegt hat, ſind verſchieden. In Arabien heißet man ſie: -2/ º Scherif und 2 - Sejid. In den nordlichen mohammedaniſchen Ländern heißen ſie Scherif und Emir. In den arabiſchen Colonien auf der ſüdöſtlichen Küſte von Africa, in Indien und Perſien, zu Basra und Bagdad, werden ſie blos Sejid genannt. Zu Hawiſa, einem kleinen Diſtrikt nicht weit von Basra, wird der regierende Herr, welcher gleich- fals einer von Mohammeds Nachkommen iſt, M9-9 Maula genannt, und eben dieſes Titels bedienet ſich auch, wenn ich nicht irre, der Sidi, d. i. Herr, oder wie die Europäer zu ſagen pflegen, der Kayſer von Marocco. Sie haben in ei- nigen Ländern ein gewißes Zeichen zur Unterſcheidung von den übrigen Mohamme- danern. So tragen die Scherifs oder Emirs in den türkiſchen Städten beſtän- dig einen grünen Turban *), und ſogar die Schiffe auf dem perſiſchen Meerbuſen welche einem Sejid gehören, führen eine grüne Flagge. Doch erkennet man die Nachkommen Mohammeds in andern Ländern nicht allezeit an der grünen Farbe des Tuches, welches ſie auf dem Kopf tragen. Einer von unſern Bedienten in Je- men, ein franzöſiſcher Renegat, hatte beſtändig einen grünen Turban, ohne daß jemand ihn deswegen zu Rede ſtellete. Sogar die Maroniten, welche unter der Herrſchaft der Druſen auf dem Berge Libanon wohnen, tragen ihn oft von die- ſer Farbe. - Die Scherifs in Hedsjäs werden für die edelſten unter allen Nachkom- men Mohammeds gehalten, weil ſie ſich nicht ſo viel mit Fremden vermiſcht haben als die in entfernten Ländern. Die Araber dieſer Gegend ſollen auch eine unglaub- liche Ehrfurcht vor ihnen haben. So ſoll ſich ein ſolcher Scherif in einer Schlacht mitten unter die Feinde wagen dürfen, ohne zu befürchten, daß man ihm B 2 : VOr- *) Dieſe Gewohnheit iſt im 773ten Jahre nach der Hedsjera in Egypten eingeführet werden. Marais Geſchichte der Regenten in Egypten, in Buſchings Magazin V Theil, P. 419. I 2 Adel der Araber. vorſeßlich das Leben nehme, oder nur eine Hand gegen ſeine Perſon ausſtrecke. Er ſoll ſo ſicher vor Räubern ſeyn, daß er keiner Thür vor ſeinem Hauſe bedarf. Auch ſoll der Sultan keinen Scherif aus Hedsjäs zum Tode verurtheilen, ſon- dern, wenn einer gar zu viel Unruhe unter ſeinen Landesleuten macht, ſo läßt er ihn nach Conſtantinopel kommen, und höchſtens im Gefängnis bewahren. Man erweiſet aber nicht allen Nachkommen Mohammeds eine ſo große Ehrfurcht, und noch weniger den Hadsjts, d. i. denen, welche eine Wallfahrt nach Mekke ge- macht haben, wie man doch bisher in Europa geglaubt zu haben ſcheinet. Zu Basra war vor wenigen Jahren einer, welcher ſich Sejid nannte, und auch zu Mekke geweſen, nachher aber verſchiedener groben Verbrechen überführt worden war. Mit dieſem hatte man zwar anfangs etwas durch die Finger geſehen. Da aber alle Ermahnungen nicht hatten helfen wollen, ſo hatte man ihn ſo wie einen andern Mißethäter, zum Tode verurtheilet. In eben dieſer Stadt ward ein rei- cher Kaufmann, der als Janitſchar eingeſchrieben, und auch zu Mekke geweſen war, aber mit dem Gouverneur in Feindſchaft lebte, kurz vor meiner Ankunft zu Basra heimlich ſtrangulirt, und ſein Körper auf den Marktplaz geworfen. Der Sultän ließ vor wenigen Jahren einen ſehr reichen Paſcha von Damaſk, welcher die Karwane Pilgrimme viele Jahre nach einander begleitet hatte, und bey dem Pöbel ſehr geliebt war, in einem Bade erwürgen, u. ſ. w. Weil man in Hedsjäs einen Unterſchied zwiſchen einem Scherif und Sejid machte, ſo erkundigte ich mich deswegen zu Dsjidda etwas genauer, und hörte, daß die Scherifs dieſer Gegend von Haſſan abſtammen, und ſich von Anfang an dem Soldatenſtand gewidmet haben. Die Sejids aber ſollen ihre Abkunft von Höſſen herleiten, und ſich anfangs bloß anf Wiſſenſchaften und die Handlung ge- legt haben. Aber auch dieſe ſcheinen die Laſt der Regierung nicht zu ſcheuen; denn ſonſt würden ſie nicht eine ſo lange Zeit ſowohl in als außerhalb Arabien geherrſcht haben. Weil man in allen mohammedaniſchen Ländern ſogar viele antrifft, die von Mohammed abzuſtammen vorgeben; ſo erkundigte ich mich auch zu Dsjidda bey einem Türken, ob einer, deßen Vater ein Scherif, die Mutter aber eine Sclavin geweſen wäre, den Titel ſeines Vaters annehmen dürfte? Er antwortete mir durch die Frage: Ob das Gold nicht immer Gold bleibe, es möge in einem fei- ULI. Adel der Araber. 13 nen oder groben Beutel verwahret werden? und gab alſo dadurch zu erkennen, daß der Sohn allezeit ein Scherif ſey, wenn nur der Vater von dieſer edlen Familie geweſen. Ein gewiſſer Scherif in Jemen aber wollte niemand für einen wahren Nachkommen Mohammeds erkennen, der nicht ſo wie er von ſich glaubte, beydes von väterlicher und mütterlicher Seite von Mohammed abſtammete. Dieſer war aber auch bey großer Armuht der hochmühtigſte Scherif den ich jemals geſehen habe. Nach der algemeinen Gewohnheit der Mohammedaner, wenigſtens in der Türkey, werden die Kinder alle Scherifs genannt, wenn nur der Vater oder die Mutter von einem Scherif oder von einer Scherifa geboren iſt. Ich reiſete in Natolien mit einem Mohammedaner, deßen Sohn einen grünen Turban trug, und jederzeit Scherif genannt ward, weil ſeine Mutter eine Scherifa geweſen war. Der Vater aber hieß blos Achmed, und trug nicht das Zeichen eines Scherifs. Zu Basra, Merdin, und Diarbekir hörte ich ähnliche Beyſpiele. Wenn man alſo bedenkt, daß die Nachkommen Mohammeds ſich ſchon unter der Regierung der Chalifen in allen mohammedaniſchen Ländern zerſtreuet, und ſich alſo meiſten- theils immer mit Fremden verheyrathet haben, und daß es ſehr wahrſcheinlich iſt, daß ſie auch bisweilen ganz Fremden die Ehrentitel Scherif und Sejid beygelegt haben, um nur ihre Parthey gegen die Chalifen zu verſtärken; ſo darf man ſich gar nicht wundern, daß die ſcheinbare Nachkommenſchaft Mohammeds ſo zahlreich ſey. Obgleich die Türken ſich zu hüten ſcheinen, Leuten von dieſer Familie wichtige Bedienungen in der Regierung anzuvertrauen, vielleicht aus Furcht, daß auch ſie nach dem Beyſpiele Mohammeds Luſt bekommen möchten, ſich ſelbſt als Regenten aufzuwerfen, ſo hat man doch eine gewiße Ehrfurcht vor ihnen. Inzweifelhaften Fällen iſt das Vorurtheil immer für ſie, weil man glaubt, daß ihnen wegen ihrer Abſtammung von dem Propheten, die Tugend gleichſam angeboren ſey, und daß ſie ſich ſelbiger jederzeit befleißigen. Kurz, man ehret ſie als Perſonen vom geiſt- lichen Stande. Ueberdieß werden ſie, wenigſtens in den türkiſchen Ländern, klei- ner Verbrechen wegen, nicht vor die weltliche Obrigkeit, nemlich vor den Päſcha und den Kádi geführet, ſondern ſie ſtehen in jeder Stadt unter einem von Moham- meds Nachkommen, welchen ſie ihren Nakib (General) nemen. Schon des- wegen wünſcht einjeder vom mitlarn Stande einen grünen Turban tragen zu dürſen. B 3 Ja I4 Adel der Araber. Ja der Bettler hoft dieſes Zeichens wegen mehr Almoſen zu erhalten. Die Scherifs welche mir in Arabien als Regenten bekannt worden ſind, wohnen zu Mekke, Abu Ariſch, Mareb, Harib und Rachwän. Sejids regieren zu Saná, Kaukebän, Säade und in andern kleinern Diſtrikten der Provinz Jemen. Der allgemeine, und vielleicht der älteſte Ehrentitel des arabiſchen Adels, ſo wohl desjenigen, welcher in bergigten Gegenden in Städten und Dörfern, als des andern, welcher in der Wüſte unter Gezelten wohnet, iſt Sehech, oder nach der Ausſprache der Araber, Schächh. Die wortreiche arabiſche Sprache ſcheinet an beſondern Namen für Ehrenſtellen, in Vergleichung mit einer jeden europäiſchen Sprache ſehr arm zu ſeyn. Das Wort Schech hat deswegen in den Städten auch ſehr viele Bedeutungen. Die Profeſſores bey einer Academie, gewiſſe Be- diente bey den Moſqueen und niedrigen Schulen, die Nachkommen eines pratendir- ten Heiligen, einige närriſche Leute wovon man glaubt daß ſie göttliche Eingebungen haben, die Bürgermeiſter, Dorfſchulzen, u. ſ. w. ja ſogar die Vorſteher der Ju- den zu Saná und Maſkat, welche ſelbſt Juden ſind, werden Schech genannt. Der Name aber macht dieſe Leute eben ſo wenig zu edlen Arabern, als das Wort von, einen deutſchen Edelmann macht. Die Druſen, die Naſſairie und die Me- täueli in Syrien haben einen Titel Mkaddem, der weniger als Emir, und mehr als Schech bedeutet. Unter den Arabern habe ich aber nicht davon gehöret. Die kleinen Fürſten in einigen Gegenden von Arabien, z. E. in Hadra- maut, Jafá und Dsjöfnennen ſich Sultän. Ich weiszwar nicht gewiß ob die- ſes Wort bey den Arabern ſo wichtig und bedeutend iſt, als das Wort Schech, ich vermuthe aber daß ein Schech von einer alten Familie, dieſen ſeinen Namen nicht mit dem Namen Sultän vertauſchen würde. In Jemen werden ſolche Gou- verneurs die von einer alten und vornehmen Familie ſind, bisweilen Wält genannt. In Omän aber wird dieſer Titel jedem Gouverneur einer großen Stadt beygelegt. Sonſt iſt Wäli eigentlich der Titel der mohammedaniſchen Heiligen vom er- ſten Range. - - Ich habe kurz vorher bemerkt, daß die Nachkommen Mohammeds in den türkiſchen Ländern gemeiniglich Emir genannt werden. Man nennet aber auch oft andere vornehme Herren eben ſo. Die türkiſchen Paſchas in Syrien heißen den Adel der Araßer. I5 den Schech eines großen Stammes in ihrer Nachbarſchaft, welcher ſich verpflichtet hat die Karwänen ſicher durch die Wüſte zu führen, Emir, obgleich dieſe Schechs gar nicht von Mohammed abſtammen. Das Oberhaupt, und verſchiedene andere unter den Druſen, führen auch den Namen Emir. Derjenige welcher die egypti- ſchen Pilgrimme nach Mekke begleitet, wird während dieſer Reiſe der Emir Hadsje genannt, ob er gleich allezeit ein egyptiſcher Begk, und alſo gemeinig- lich von Chriſtlichen Eltern in Georgien oder Mingrelien geboren iſt. Der Titel Emir wird in Jemen noch geringern Perſonen beygelegt. Der Gouverneur zu Loheia war ein geborner Aſricaner und ganz ſchwarz, und hieß dennoch ſo wie an- dere vornehme Officiers des Imams, die in ihrer Jugend als Sclaven nach Je- men gekommen waren, Emir. Einer vom bürgerlichen Stande zu Taäs welcher die Einnahme der Einkünfte von den liegenden Gründen der Familie des Sidi Ach- meds verwaltete, ingleichen diejenigen, ſo die Aufſicht über einen Haſen, oder über die zu Markte kommende Waaren, Maas und Gewichte haben, u. a. m. führen den Namen Emir. Ich habe zwar nicht gehört, daß man einen Unterſchied unter den urſprüng- lichen und naturaliſirten Arabern macht. Es geſchieht aber doch vielleicht würk- lich; denn die Schechs der Bedouineu ſind unter ſich ſo ſtolz auf ihre Gebnrt, daß ſie die übrigen Araber gar nicht zu achten ſcheinen. Man ſagt auch, daß ein großer Schech (Schechelkbir) nicht einmal die Tochter eines kleinen, gleichſam unterwürfigen Schechs, und noch viel weniger die Tochter eines ſolchen Arabers heyrathet, welcher gar nicht von adelicher Abkunft iſt. Die Araber in den Städ- ten aber gebrauchen mehr Geld als die in der Wüſte, und deswegen ſehen ſie bey ihren Heyrathen oft mehr auf Reichthum als auf die Familie. Ich habe zu Bag- dad einen Schech von einer anſehnlichen Familie aus der Wüſte gekannt, welcher mit der Tochter eines daſigen Mufti verheyrathet war. Wenn man ſagt, daß die Araber ſehr eifrig über ihr Geſchlechtregiſter halten, ſo iſt dieſes vornemlich von den vornehmen Schechs, den Sejids und Scherifs zu verſtehen. Aber auch bey dieſen findet man wohl nur ſelten ein voll- ſtändiges Geſchlechtregiſter von vielen hundert Jahren. Man wird nachher finden, A daß -–-T ––-- –--–----- -–--------- 16 Geſchlechtregiſter der Araber. daß die Scherifs, welche in den lezten Jahren zu Mekke regieret haben, von äl Bünemi abſtammen, daß aber der eine zu der Linie Daui Sejid, und der an- dere zu Daui Barkäd gehöre. Ingleichen daß die jezt zu Saná regierende Fa- milie von Khaſſem elkbir, dieſer aber ſowohl als die Häuſer, welche zu Kau- kebän und Sáade regieren, von einem Imam Hädi herkommen. Wenn alſo kein Araber daran zweifelt, daß Daui Sejid und Daui Barkäd von äl Bü- nemi, daß dieſer von Haſſan ibn Ali, in gleichen daß Khaſſem elkbir von dem Imam Hädi, und dieſer von Häſſejn ibn Alt abſtamme; ſo können die regie- renden Familien zu Mekke, Saná, Kaukebän und Säade auch leicht beweiſen, daß ſie alle von Mohammed herkommen, weil die Stammväter ihrer verſchiedenen Familien vor nicht gar vielen Jahren noch gelebt haben. Eben ſo ſuchen wahr- ſcheinlich auch die arabiſchen Schechs ihre Abkunft nur von ſolchen Perſonen be- weiſen zu können, die ſich beſonders hervorgethan haben, und von welchen allge- mein bekannt iſt, daß ſie ſchon Nachkommen von einer alten berühmten Familie ſind. Verſchiedene alte Häuſer, beſonders unter den Bedouinen, wollen behaup- ten, und bey einigen zweifelt man gar nicht daran, daß ihre Vorfahren ſchon zu der Zeit Mohammeds und der erſten Cháliſen, regierende Schechs geweſen ſind. Da aber nicht alle arabiſche Familien gleich groß und berühmt ſind, ſo haben ſie auch nicht Urſache ſich wegen ihres Geſchlechtregiſters gleiche Mühe zu geben. Der gemeine Araber bekümmert ſich ſelten um den Namen ſeines Großvaters, und wür- de oft nicht einmal ſeinen Vater zu nennen wißen, wenn die Morgenländer nicht gewohnt wären, den väterlichen Namen dem ihrigen beyzufügen. So aber nen- net ſich ein Ali, deßen Vater Mohammed heißt, Ali ibn Mohammed. Er nimmt auch wohl den Namen ſeiner Geburtsſtadt an, z. E. Ali ibn Mohammed el Basri. Einige, beſonders diejenigen, welche in ihrer Jugend als Sclaven bey den Mohammedanern verkauft ſind, und den Namen ihres Vaters oft gar nicht wiſſen, nennen ſich nach ihrem älteſten Sohn, z. E. Abu Salech Ali ibn Mo- hammed el Basri. Die Gelehrten erwähnen überdieß noch bisweilen der Sekte, zu welcher ſie ſich bekennen, z. E. Abu Salech Ali ibn Mohammed el Basri el Schäfei. Wenn nun hierzu noch die Ehrentitel kommen, die ein Mann wegen der Bedienung welche er bekleidet, führet, oder die man ihm wegen ſeiner vornehmſten Tugen- Geſchlechtregiſter der Araber. 17 Tugenden beylegt, ſo wird man ſich gar nicht wundern, daß die arabiſchen Namen welche man in Büchern findet, oft ſo ſehr lang ſind. Die Namen berühmter Araber werden aber gemeiniglich erſt nach ihrem Tode von Schriftſtellern ſo ver- längert. Ich habe niemals gehört, daß ein Mohämmedaner den Namen ſeiner Tochter angenommen hätte, indeſſen nennet die Mutter ſich oft nach ihrem älteſten Sohn. Ein Türk, welcher zu unſerer Karwäne von Háleb nach Konie Maul- eſel vermietet hatte, hieß Salech, und ließ ſich faſt beſtändig Fätime Ugli, d.i. Sohn der Fätime nennen. Ich erkundigte mich, ob viele Türken den Namen ihrer Mutter annehmen? man antwortete, daß man davon mehrere Beyſpiele hätte, daß aber kein verſtändiger Mann ſich nach einem Weibe nennen würde. Die Mutter des erwähnten Türken war vielleicht in dem Dorſe, wo er erzogen wor- den, berühmt, und der Vater gar nicht bekannt. Nicht allein die arabiſchen Regenten halten eifrig über ihr Geſchlechtregiſter, ſondern man findet auch zu Mekke, außer den Scherifs, noch einige Häuſer, die würklich von den Koraiſchiten abſtammen, und denen daran gelegen iſt, dieſes be- weiſen zu können, weil gewiſſe Bedienungen in dieſer Stadt in ihren Familien erblich geworden ſind. Hieher gehört: - 1.) Die Bedienung desjenigen welcher den Schlüſſel zu der Kabá hat, weil ſelbiger auf Mohammeds Befehl, beſtändig in der Familie des Othman ibn Tälha bleiben ſoll *). Derjenige, welcher jezt dieſe Stelle hat, nennet ſich Schech Mohämmed Schäbt von Beni Schäba die von Beni Abduddär ab- ſtammen, und wird würklich für einen Nachkommen des erwähnten Othman ibn Tälha gehalten. 2.) Die Bedienung des Mufti der Sekte Schäfei. Der jetzige heißt El Imäm Abdelwähheb Tábberi. 3.) Die Bedienung des Mufti el Hänbali. 4.) Die Bedienung eines gelehrten Schechs, welcher ſich Mohämmed el Dsjanädsjeni nennet. Außer *) Sales Koran chap. 4. p. 68. Herbelots Bibliot. orient. p. 221. E I8 Geſchlechtregiſter der Araber. Außer dieſen ſoll man zu Mekke noch eilf bis zwölf Häuſer antreffen, wovon man gewiß wiſſen will, daß ſie von dem Stamme Koraiſch ſind. Wenn man alſo irgendwo noch vollſtändige Stammregiſter von mehr als tauſend Jahren antreffen kann, ſo iſt es wohl bey dieſen Koraiſchiten, denen viel daran gelegen iſt ſie in Richtigkeit zu erhalten. Man findet in den arabiſchen Städten vielleicht noch viele andere Bedienungen, welche ſeit einigen Jahrhunderten in gewiſſen Familien erb- lich geweſen ſind, und von dieſen haben alſo vermuthlich einige auch Geſchlecht- regiſter. Es iſt bekannt, daß man in der mohämmedaniſchen, wie in allen andern Re- ligionen, verſchiedene Sekten antrifft, und daß die Türken ſich zu der Sekte Sünni, die Perſer aber zu der Sekte Schia bekennen. Selbſt in Arabien, wo die mohämmedaniſche Religion ihren Urſprung genommen hat, und noch herr- ſchet, findet man dieſen Unterſchied. Nemlich: 1.) Die Sekte Sünni. Dieſe iſt die zahlreichſte auf dieſer Halbinſel. Sie iſt auch deswegen die merkwürdigſte, weil die Einwohner der berühmten Städte Mékke und Medina ſich zu ſelbiger bekennen. - 2.) Die Sekte Schia hat ihre Anhänger in einigen Gegenden auf der Oſtſeite von Arabien; ihren Hauptſitz aber am perſiſchen Meerbuſen, und vornemlich auf der Inſel Bähhrein. Die Metaueli oder Müt Ali in Syrien ſind auch Schii- ten. Ihre Sekten haben wenigſtens ſehr viel ähnliches. 3.) Die Sekte „502/ Ze-idi iſt die herrſchende in Jemen, und hat ihren Urſprung von einem Zeid ibn Ali ibn Höſſejn ibn Ali. Hierzu gehören vermuthlich die Zéidianer deren Sales in ſeiner Vorrede zu der Ueberſetzung des Koräns S. 175. erwähnet. 4.) Die Sekte Beiäſi, Beiädi oder „*-*) Abädi herrſchet in Omän. Die Anhänger derſelben werden in der Ueberſetzung der Erdbeſchreibung des Scherif Eddriſ S. 49. und 56. Abadhita genannt. Sie haben ihren Urſprung vermuht- lich von den Feinden des Chalifen Ali, die ſo geſchlagen wurden, daß nur neun übrig blieben, wovon nach der Anmerkung der Verfaſſer der allgemeinen Welthiſto- rie, zwey nach ORän giengen. Dieſe vier ſind die vornehmſten von allen mo- hämme- Religion der Araber. I9 hämmedaniſchen Sekten, weil ſie mächtige Fürſten zu Anhängern haben. Man findet aber in Arabien auch noch andere; denn 5.) Die Bedouinen auf der Gränze zwiſchen Hedsjäs und Jemen ſollen ihre Sekte SJ-a.» Meſſalichh nennen, und ganz beſondere Meinungen in der Religion haben. Sie beſchneiden ſich wenigſtens anders als die übrigen Mo- hämmedaner, wie nachher bemerkt werden wird. 6.) Ein Schech Mékkrami zu Nedsjerän, und ein anderer Schech Ab- dulwáhheb in Nedsjed haben auch vor wenigen Jahren beſondere Sekten geſtiftet, deren Namen mir noch unbekannt ſind. Mohammed ſoll geſagt haben, daß in den Religionen der Juden und Chri- ſten über 70. verſchiedene Sekten entſtanden, und daß ſeine neue Religion, durch die Uneinigkeit ihrer Anhänger, in eben ſo viele Sekten vertheilt werden würde. Ich habe niemand angetroffen, der mir von allen eine umſtändliche Nachricht hätte geben können. Indeßen kan auch die Sekte U-9S Dsjedsjäl, worzu ſich die Einwohner in Mekrän, und die Sekten „50.-º./gº Schähreäri und A-39,-- Merdinär, worzu ſich die Belludsjes, gleichfalls eine Nation in dem Südweſt- lichen Theil von Perſien, bekennen, mit zu den Mohämmedanern gerechnet wer- den; denn die Anhänger aller dieſer Sekten ſetzen Mohámmed unter die Anzahl der Propheten, und nennen ſich nicht nur Mohämmedaner, ſondern der Korän iſt auch bey ihnen das vornehmſte Geſetzbuch in ihren geiſtlichen und weltlichen Gerichten. Sie halten ſich unter einander aber für „a-/Lé- oder Zw-à- Chauäredsji oder Räfiditen, d. i für Ketzer. Zu Basra verſteht man durch das Wort Räſidi allezeit einen Schiiten, und durch Chauäredsji einen Beiaſiten. Pocock nen- net leztere Chawarigii. Specimen hiſtor. Arabum, p. 26. Die Lehrſätze der Sünniten und Schiiten ſind bekannt, indeſſen werde ich noch verſchiedenes davon, was ich nemlich aus dem Munde ihrer Anhänger ge- hört habe, in meiner Reiſebeſchreibung bemerken. Mit den Bekennern der übri- gen erwähnten mohämmedaniſchen Sekten habe ich keine ſo genaue Bekanntſchaft gehabt, daß ich die Grundſätze ihrer Religion von ihnen ſelbſt hätte lernen können. Ich muß mich alſo begnügen nur das wenige anzuführen, was ich von den Sün- miten gehört habe. - E - Die 2O Religion der Araber. Die Zéiditen glauben, ſo wie die Anhänger einer jeden andern Sekte, daß nur ſie die wahre Religion unverfälſcht lehren, und halten ſich für die vornehm- ſten unter allen Mohámmedanern. Weil die Sünniten zu Mekke nur die Gebet- häuſer der vier von ihnen für orthodor gehaltenen Sekten: Schäfei, Hänefi, Mä- leki und Hänbali neben der Kabá herum dulden, ſo bauen ſich die Zéiditen noch ein fünftes unſichtbares Gebethaus in der Luft, mitten über derſelben, und wollen dadurch noch einen nähern Anſpruch auf die Kabá haben, als die Sünniten. Ob- gleich aber dieſe ihnen nicht verwehren können Luftgebethäuſer zu bauen, ſo nehmen ſie doch von ihren Pilgrimmen, ſo wie ſeit einigen Jahren von den Perſern, welche eine Wallfahrtsreiſe nach Mekke machen, und ſich nicht in allen Ceremonien vollkom- men als Sünniten zeigen können oder wollen, eine anſehnliche Kopfſteuer. Die Zéiditen erkennen Mohämmed für den größten Propheten, ſo wie die Sünniten und Schitten, und behaupten mit den letztern daß Ali Unrecht geſchehen ſey, als Abubekr, Omar und Othman ihm das Chalifät aus den Händen geriſſen haben. Indeſſen ſchelten ſie nicht auf dieſe drey Chalifen, wie die Schiiten. Es ſcheinet vielmehr, daß es ihnen, ſo wie den Sünniten gleichgültig iſt, wer zuerſt nach Mohämmed über die ſo genannten Muslimins (Rechtgläubigen) regieret habe. Die Zéiditen glauben auch nicht an die Reihe der zwölf Imams der Schiiten. Ich vermuthe aber doch, daß ſie vor den vier erſtern, nemlich bis zu dem Stifter ihrer Sekte, eine beſondere Ehrſucht haben. Die Sünniten in Tehäma behaup- ten, daß die Zéiditen in ihrem Gebete den Heiligen überhaupt gar keine Ehrſurcht erweiſen, und daß der Imäm von Jemen, welcher ſich zu dieſer Sekte bekennet, ſich kein Gewißen daraus mache, die Moſqueen, welche berühmten Sünnitiſchen Heiligen zu Ehren errichtet worden, niederzureißen, und die Einkünfte an ſich zu ziehen. Ich ſelbſt habe auf die Ceremonie der Zéiditen bey ihrem Gebete nicht genaue Achtung gegeben, und es ſchien mir auch, daß ſie in der Haltung ihrer Ge- bete wicht ſo gewißenhaſt ſind, als die nordlichen Mohämmedaner. Man ſagte mir aber, daß ſie ſich nicht bloß, wie die Sünniten, vor dem Gebete waſchen, ſondern auch ihre Beinkleider ablegen, um völlig gewiß zu ſeyn, daß ſie gar nichts unreines an ſich haben, wenn ſie in ihrer Andacht vor Gott erſcheinen. Dieſe leßte Nachricht iſt wohl nicht zuverläßig. Denn der gemeine Mann in Jemen trägt weder Religion der Araber. 2 I weder Beinkleider noch Hembd, ſondern nur ein Tuch um die Hüfte, nnd dieſes wird er bey dem Gebete vermuhtlich nicht ablegen, weil er ſonſt ganz nackender- ſcheinen würde. Die Sünniten, Schiiten und Zéiditen hegen alle eine gewiße Ehrerbie- tung vor den Nachkommen Mohämmeds. Die Beiäſ aber wollen ihnen in kei- nem Stücke einigen Vorzug vor andern Arabern einräumen, ſondern behaupten, daß alle Mohämmedaner von Geburt ein gleiches Recht zu allen Ehrentiteln, und den größten, ſowohl geiſtlichen als weltlichen Bedienungen haben. Der Regent des Gebietes, wozu der bekannte Hafen Maſkat gehöret, nennet ſich deswegen Imäm, und vermuhtlich auch, ſo wie der Regent zu Saná, Chalif, ohne ſeine Abkunft von Mohämmed herzuleiten. Die ſtarken Getränke ſind ſowohl den An- hängern dieſer Sekte, als allen übrigen Mohämmedanern verboten *). Die Beiäſirauchen auch keinen Tobak, und trinken keinen Caffe. Doch ſind ſie ſo höflich gegen Fremde ſie damit zu bewirthen. Selbſt der jezige Imäm hatte einem reiſenden Sünniten, welcher nach Roſtäk gekommen war, bey einem Beſuche beydes reichen laßen, weil es bey den übrigen Mohämmedanern für eine Unhöflich- keit gehalten wird die Fremden nicht zu bewirthen. Dieſer Regent erlaubt auch nicht nur den Fremden, ſondern auch den geringſten von ſeinen Unterthanen, ſich in ſeiner Gegenwart, und dicht an ihn zu ſetzen. Sowohl er als ſeine Glaubensgenoſſen vermeiden alle Pracht in ihrer Kleidung, in ihren Wohnhäuſern und Moſqueen, und die Gerechtigkeit wird bey ihnen, ſo wohl gegen Fremde als Einheimiſche, auf das ſtrengſte beobachtet. Aber auch nicht alle Regenten von dieſer Sekte haben mit ſo großer Gerechtigkeit, und Herablaßung regieret. Der vorhergehende Imäm C 3 WQY "oSie ſollen nemlich nicht ſo viel trinken daß ſie davon berauſcht werden. Weil aber der Pöbel hierin kein genaues Maas zu treffen weiß; ſo hat man ihm die ſtar- * - ken Getränke gänzlich verboten. Ein Geiſtlicher zu ZRáhira, der gewiß ein auf- richtiger Mohammedaner war, trank in unſerem Hauſe ein wenig Brantwein, weil unſer Arzt ihm ſelbiges als eine Arzney verordnete. Ein alter Kaufmann aus Mekke trank bey einem Engländer zu Bombay ein paar Gläſer Bier, und wußte ſchon aus der Erfahrung daß dieſes ſeine Sinnen nicht betäuben würde. 22 Religion der Araber. X - war dem Trunk und andern Laſtern ergeben. Er ward aber abgeſet, und ſeine Familie von der Regierung ausgeſchloßen, wie nach er bemerkt werden wird. Von dem Urſprung der Sekte Dsjedsjäl ſagte man mir zu Maſkat, daß ein berühmter Geiſtlicher in Mekrän einmal geſagt habe, Gott würde ihnen ein großes Wunderwerk zeigen, wenn ſie die Bäume in einer gewißen Gegend umhaue- ten. Man hätte deswegen einen allgemeinen Bettag angeſtellet, die Bäume nie- dergehauen, und in einem derſelben einen alten ehrwürdigen Mann, mit einem Buche in der Hand, gefunden, und dieſer wäre der Stifter ihrer Sekte gewor- den. Solche Erzählungen erhält man bey den Anhängern einer mohämmedaniſchen Sekte, wenn man ſich bey ihnen nach den Grundſätzen der übrigen erkundiget. Die Sekte der Schiiten ſoll nach dem Berichte des Prinzen Kantemirs auf einem ähnlichen Wunderwerke gegründet ſeyn. Geſchichte des Osmanniſchen Reichs von Schulz S. 276. Ich habe weder bey den Zéiditen in Jemen, noch bey den Beiäſten in Omän etwas von Derwiſchen (Mönchen) und daß ſelbige in dieſen Ländern Klö- ſter haben, gehört, ich habe mich aber darnach auch nicht erkundiget. Doch ver- muhte ich, daß der in dem ſüdlichen Theil von Jenien berühmte Achmed ibn Al- wän, welcher ein Sünnite war, einen Orden geſtiftet, und daß ſeine Schü- ler in ſolchen Städten von Jemen, wo lauter Sünniten wohnen, eine Art Kloſter (Täkkie) haben. In den großen türkiſchen Städten, vermuhtlich alſo auch zu Mekke, Medina, Dsjidda und Jánbo, findet man viele verſchiedene Mönchsorden, als: Naksbéndi, Chalweti, Kädri, Edhèmi, Hisréwi, Ishäki, Be- dewi, Bectäſchi, Rofai, Mevlawi, Kalendari oder Karéndali, u.ſ w. Zu Mochha nannte man einige Bettler, welche einzeln auf der Straße herumgingen und ſangen, ingleichen arme Geiſtliche, die für eine Kleinigkeit ein Capitel aus dem Korän auf den Gräbern leſen, auch Derwiſche. Ich ſah auſ unſerer Reiſe von Mochha nach Taäs einen Sünniten von den Nachkommen eines berühmten Schechs Schädeli zu Mochha, der würklich kindiſch war. Unſere Kameel- und Eſeltreiber, die gleichfalls Sinniten waren, bezeigten aber keine große Ehrfurcht vor ihm, ſondern ſie lachten, ſie lieſen, ſie hüpften mit ihm, weil ſie ihn darzu auſgelegt fanden, und nannten ihn nur wegen ſeines Religion der Araber. 23 ſeines Stammvaters, Schech, da ſie ihn ſonſt, wie ſie ſelbſt ſagten, für einen Narren gehalten haben würden. Die ſo genannten Santons, welche ſo häufig auf der Straße zu Kähira herumlaufen, würden alſo ihr Glük bey den Sünniten in Jemen vielleicht nicht finden. Weil die Zéiditen und Beiäſten gar keine Hei- ligen haben, ſo haben ſie vermuhtlich auch weder Derwiſche noch Santons. Da die Türken und Perſer viele blutige Kriege gegen einander geführt ha- ben, und dieſe immer als Religionskriege angeſehen worden ſind, ſo ſind die Sün- niten und Schiiten ſo ſehr gegen einander aufgebracht, daß ſie ſich mehr haſſen als die ganz fremden Religionsverwandten, oder die ſo genannten Ungläubigen. Deswegen erlauben beyde zwar den Chriſten und Juden in ihren Ländern Kirchen und Synagogen zu bauen. Die Schiiten leiden aber keine Moſqueen der Sün- niten in Perſien. Dieſe verſtatten wieder den Schiiten nicht in der Türkey ihren Gottesdienſt öffentlich zu halten, ausgenommen bey den Gräbern ihrer vermeinten Apoſtel, welche man in der Gegend von Bagdad antrifft, und dieſe Freiheit müſſen ſie theuer bezalen. In dem kleinen Königreiche Jemen, wo doch die Sünniten ſaſt eben ſo zahlreich ſind als ihre Beherrſcher, die Zéiditen, vertragen ſich die Anhänger dieſer beyden Sekten ziemlich gut. Ich habe nicht bemerkt daß ſie die fremden Religionsverwandten haſſen, wohl aber daß ſie ſelbige, ſo wie die Euro- päer die Juden, für geringſchätzig und verächtlich halten. - Wenn aber auch die Mohämmedaner die vermeinten Keßer und Ungläubi- gen nicht ſo hoch ſchätzen als ſich ſelbſt, ſo habe ich doch niemals gehört, daß ſie ſelbige blos der Religion wegen verbrennen, woferne ſie nicht eine Miſſethat began- gen, z. E. ſich mit mohämmedaniſchen Weibern abgegeben haben. Auch alsdann ſind ſie gemeiniglich von der Strafe ſrey, wenn ſie nur Mohämmedaner werden. Doch diejenigen, welche Gottesläſterungen ausgeſprochen haben, werden ohne Gnade mit dem Tode beſtraft, und wenn der Mißethäter auch ein Mohämmedaner iſt. Beyſpiele hiervon ſind nicht ſelten. Während meines Aufenthalts zu Bag- dad verlangte ein Janitſchar eine Schuldſederung von einem Bürger, der ihn be- ſtändig mit einer andächtigen Mine ermahnete ſich Gottes und des Propheten zu er- innern, nicht zonig zu werden, ſondern Gedult zu haben, bis er im Stande ſeyn würde zu bezale. Der Janitſchar ward endlich verdrießlich. Und als der Schnld- 24 Religion der Araber. Schuldner ihn nochmals an Gott und den Propheten erinnerte, antwortete er im Zorn und in der Uebereilung mit einer Gottesläſterung. Der ſcheinheilige Schuld- ner rief Zeugen, und der Janitſchar ward noch an demſelben Tage aus dem Corps geſtoßen, und den folgenden Tag aufgehängt. Die Araber ſuchen weder durch gute Worte, noch durch Zwang, Pro- ſelyten zu machen, außer etwa bey einigen ihrer gekauften Sclaven. Sie ſind aber dem Korän nach verbunden, diejenigen, zu beſchützen welche ihre Religion an- nehmen wollen. Dieſes Geſetz beobachten die Araber in Jemen ſehr genau. Es entlaufen oft europäiſche und indianiſche Matroſen von den Schiffen zu Mochha, und wenn dieſe freywillig und im Ernſt verlangen Mohämmedaner zu werden, ſo werden ſie geſchützt, ſonſt aber gleich wieder ausgeliefert. Damit auch dieſe ihre neuen Glaubensgenoſſen nicht gänzlich Noht leiden mögen, ſo iſt der Gouverneur zu Mochha verpflichtet einem jeden monatlich 1. Species Thaler zu bezalen. Dieſes verleitet freylich viele Nichtswürdige ihren Glauben zu verläugnen, vor- nemlich wenn ſie auf dem Schiffe eine Miſſethat begangen haben, und ſich vor der Strafe fürchten. Weil ſie aber von dieſem kleinem Gehalte nur ein kümmerliches Le- ben führen können, ſo kan man doch wohl nicht ſagen, daß die Araber in Jemen dadurch ſuchen ihre Glaubensgenoſſen zu vermehren. Wenn ein Chriſt würklich ein Mohammedaner geworden iſt, ſo ſind die Araber auch nicht ſo eiferſüchtig, daß ſie ihm allen Umgang mit Chriſten verbieten, oder ihm nicht erlauben aus dem Lan- de reiſen. Ein Franzoſe, der zwey Jahre vor unſerer Ankunft in Jemen ein Mo- hämmedaner hatte werden müſſen, um nicht den Engländern, von welchen er ent- laufen war, ausgeliefert zu werden, erhielt anfänglich, ſo wie die übrigen Renega- ten, monatlich von der Regierung etwas weniges zu ſeinem nohtdürftigen Unterhalt, er verlor es aber bald, weil man merkte daß er ein gutes Handwerk gelernt hatte, und ſein Brod ſelbſt verdienen konnte. Er nahm zu Beitel Fakih bey uns Dienſte, und reiſete mit uns von hier nach Mochha, Taäs, Saná und wieder zurück, ohne daß die Mohämmedaner ihm deswegen im Ernſt Vorwürfe machten. Weil er ſich während dieſer Zeit etwas Geld erworben hatte, und wir ihn nicht mit aus dem Lande nehmen wollten, damit man nicht glauben ſollte als hätten wir ihn verführt; ſo ſuchte und erhielt er noch vor unſerer Abreiſe von Mochha, einen Paß, um mit einem Religion der Araber. 25 einem andern Schiffe, worauf der Capitain ein Mohämmedaner war, nach Indien zu gehen. Die Araber glaubten, daß dieſer Menſch nie ein guter Mohämme- daner werden würde, und man wollte ihn deswegen nicht zwingen zu bleiben, ob er gleich der beſte Büchſenſchmidt im Lande war. Man findet nicht nur in den meiſten Provinzen Arabiens einige Juden, die zerſtreuet unter der Herrſchaft der Mohämmedaner leben, ſondern auch in der bergig- ten Gegend von Hedsäs um Cheibar herum ſo gar ganze Stämme, welche unter ihren unabhängigen Schechs ſtehen. Wenn ſich eine hinlängliche Anzahl von ihnen in einer Stadt befindet, ſo wohnen ſie gerne bey einander, und von den Mo- hämmedanern abgeſondert. Sie haben deswegen ihre Familien und Synagogen in Jemen, vielfältig in Dörfern nahe bey den großen Städten. Ich habe nicht ge- hört, daß die Chriſten in ganz Arabien, Básra nicht mitgerechnet, nur eine ein- zige Kirche haben, obgleich ihre Anzahl ehmals in Arabien anſehnlich geweſen iſt *). Doch trifft man noch viele Sabbäer, oder ſo genannte Johannis-Chriſten, in der Provinz Lachſa. - In Jemen, in Omän und zu Básra ſind auch viele Baniänen, oder ſo genannte Heiden aus Indien. Die Mohámmedaner verachten ſelbige vielmehr als die Chriſten und Juden, und zwar vornemlich weil ſie keine göttliche Bücher, d. i. weder die Bücher Moſis, noch das Evangelium oder den Korän haben, und ihrer Meinung nach alſo gar nichts von Gott wißen. Ein Mohämmedaner, der eine Jüdinn oder Chriſtinn heyrathet, bemühet ſich oft gar nicht ſie zur Verläug- nung ihres Glaubens zu bewegen. Die Sünniten aber ſagten, daß ſie gar keine Baniänen, oder eine von den Parſis, (den ſo genannten Feueranbetern,) heyra- then, und ich glaube nicht einmal, daß ſie mit ihnen eſſen dürfen *). Man erlaubt - den *) Sales preliminary diſcourſe p. 22. Pocock Spec. Hiſt. Arab. *) Die Araber nennen ſowohl die Banianen als die Parſis, Guri, vermuhtlich von dem Worte Geber, wovon die Türken, welche zu erſt nach Perſien kamen, die ſo ge- nannten Feueranbeter, und nachher die Chriſten Dsjaur genannt zu haben ſchei- nen. Die Heiden aus Africa nennet man Kafr. D 26 Religion der Araber. den Banianen in Jemen auch weder ihre Todten zu verbrennen, noch ihre Weiber mit zu bringen, weil einmal wegen einer ſchönen Indianerinn unter den Mohämme- danern zu Mocha Streit entſtanden ſeyn ſoll. Zu Maſkat aber können alle Religions- verwandte nach ihren eigenen Geſetzen leben. Die Baniänen haben daſelbſt nicht nur ihren angewieſenen Plaß außerhalb der Stadt an der Seeſeite, wo ſie ihre Tod- ten verbrennen, ſondern auch viele von ihnen haben ihre indianiſchen Weiber bey ſich. Einer der daſigen Baniänen, welchen ich fleißig beſuchte, hatte viele Figu- ren von Porcelain öffentlich in ſeinem Zimmer ſtehen, ohne zu befürchten daß die Mohämmedaner ihm deswegen Vorwürfe machen würden *). Ich habe auch in Perſien viele Baniänen geſehen, aber nicht erfahren, wie viel Freiheit man ihnen daſelbſt erlaubt. Die zu Basra können ihre Todten außerhalb der Stadt verbren- nen. In andern, den Türken unterwürfigen Städten, als zu Bagdad, Dsjidda und Sues habe ich keinen Baniänen gefunden. Doch ſollen noch einige zu Sau- äken und Maſſäua ſeyn, und dieſe werden eben ſo eingeſchränkt gehalten, als die in Jemen. Ich erinnere mich z. E. gehört zu haben, daß man vor einigen Jahren einen Baniänen zu Maſſáua, der verſchiedene Jahre mit einer Mohämmedanerinn gelebt, und einige Kinder mit ihr gezeugt hatte, endlich genöthiget habe ſelbſt ein Mohäumedaner zu werden. Es ſcheinet daß die Mohämmedaner in Indien diejenigen, welche von einer ſremden Religion ſind, noch weniger haſſen als die Araber. Wenigſtens ſagte man zu Surat, wo die Regierung mohämmedaniſch iſt, ein ſehr großer Theil der Unterthanen aber ſo genannte Heiden von allerhand Religionen und Sekten ſind, daß ſich alle dieſe ſehr wohl unter einander vertragen. Die Baniänen ſind auch ſehr *) Doch ich weiß nicht ob die Mohammedaner von der Sekte Beiäſ Feinde von Figuren ſind. Ihre Nachbaren die Schliten in Perſien, und die Sünniten in Judien haben ſelbſt Gemählde, und auch nicht alle Sünniten in der Türkey ſind ſo große Feinde von Figuren, als man vielleicht glanbet. Ich traf bey einem Gelehrten zu ZKáhira nicht nur Kupferſtiche, ſondern ſogar ein Bruſtbild von Gips an. Letz- teres zeigte er nur ſeinem vertrauteſten Freunden, nnd niemals dem unwiſſenden Pößel, damit mau ihn nicht der Abgötterey beſchuldigte. . Ich fah gleichfalls zwey Ge- mählde auf einem Landhauſe des Sultäns zu Conſtantinopel. “----- -- --------- --- Religion der Araber. 27 ſehr ruhige Unterthanen. Anſtatt daß die Geiſtlichen von der zahlreichſten Sekte unter den Chriſten, ſich alle Mühe geben um die Ungläubigen taufen zu können, und die Mohämmedaner alle diejenigen beſchneiden und beſchützen, welche ihren Glau- ben annehmen wollen, ſo nehmen die Bramänen, Baniänen, Rasbuten u. ſ: w. gar keinen Fremden in ihre Gemeine auf. Hergegen ſtoßen ſie das liederliche Geſindel aus ihren Verſamlungen, und verſchaffen dadurch bisweilen den Chriſten und Mohämmedanern neue Proſelyten. Die Erziehung der Araber iſt von der unſrigen ſo ſehr verſchieden, daß - man ſich gar nicht wundern darf, wenn man auch ihren Charakter, von dem Charak- ter der Europäer ſehr abweichend findet. Sie laſſen ihre Söhne vier bis fünf Jahre - in dem Harem d. i. bey dem Frauenzimmer, und da beluſtigen ſie ſich während die- ſer Zeit eben ſo wie die Kinder der Europäer. Sobald ſie aber aus dem Harem kommen, müſſen ſie ſich gewöhnen ernſthaft zu denken, und zu reden, und wohl ganze Tage bey dem Vater ſitzen, wenn dieſer nicht ſo begütert iſt, daß er ihnen be- ſondere Lehrmeiſter halten kann. Weil die Muſik und Tanzkunſt bey den Arabern für unanſtändig gehalten wird; weil das ſchöne Geſchlecht bey ihnen von allen öffent- lichen Geſellſchaften ausgeſchloſſen iſt; weil ſie gar keine ſtarke Getränke trinken dürfen, u.ſw. ſo lernen die jungen Araber die meiſten Vergnügungen der Europäer gar nicht einmal kennen, ſondern, ſo wie ſie unter der beſtändigen Aufſicht alter Leute erwachſen, ſo werden ſie auch ſchon in ihrer Jugend unvermerkt ernſthaft *). D 2 Die - *) Wenn man eine Vergleichung zwiſchen der Munterkeit verſchiedener morgenländiſchen Nationen anſtellen will, ſo glaube ich daß man auf den gemeinen Mann, bey wel- chem die Natur ſich mehr zeigt als bey den vornehmen, bey denen ſie durch die Erziehung abgeändert iſt, Achtung geben müſſe. Nach dieſer Beobachtung glaube ich die Araber in Jemen lebhafter gefunden zu haben, als die Araber in Hedsjas, und ſehr viel lebhafter als die Türken. Z. E. An dem Feſttage eines Heiligen, welcher zu M7ór begraben liegt, und deßen Grab der Pöbel von Loheia beſucht hatte, verſammleten ſich die jungen Leute bey ihrer Zurückunft auf dem großen Platz vor dem Hauſe des Gouverneurs, und einige unter ihnen, welche ihre bloße Säbel - - - - - - - - - 28 Carakter der Araber. - ------------- Die Araber lieben bey aller ihrer Ernſthaftigkeit große Geſelſchaften, und verſammlen ſich deswegen nicht nur in ihren Caffehäuſern, ſondern auch auf den Märkten. Man ſindet vielleicht kein Land, wo mehrere Märkte gehalten werden als in Jemen. Hier iſt faſt kein großes Dorf wo nicht alle Wochen Marktag iſt. Wenn die Dörfer etwas weit von einander entfernt liegen, ſo verſammlen ſich die Einwohner an einem beſtimmten Tage auf freyem Felde. Einige kommen dahin um Waaren zu kaufen oder zu verkaufen, andere, nemlich allerhand Handwerks- leute, welche bisweilen die ganze Woche durch von einem Dorfe zum andern wan- dern, um ſelbſt auf dem Markte zu arbeiten. Viele endlich um die Zeit angeneh- mer zuzubringen als in ihren Häuſern. Aus dieſer Neigung der Araber, und be- ſonders der Einwohner in Jemen, zum geſelſchaftlichen Leben, kann man ſchon ſchlieſſen, daß ſie nicht ſo ungeſittet ſind, als man vielleicht geglaubet hat. Andere europäiſche Reiſende wollen die Araber als Häuchler, Betrieger und Räuber gefunden haben. Ich habe aber keine Urſache mich hierüber zu be- ſchweren. Mir ſind zwar auch einige von dieſem Charakter bekannt worden, aber ich kan nicht aus der ſchlechten Aufführung einiger weniger Perſonen auf die Geſin- nung der ganzen Nation ſchließen. Die Araber ſelbſt wiſſen, daß nicht alle ihre Landesleute gleich gut denken. Weil ſie hin und wieder in den Seeſtädten mit ei- nigen wenigen, und wie es ſcheinet, lauter rechtſchaffenen europäiſchen Kaufleuten zu thun haben, ſo habe ich ſie unter ſich erzählen hören, daß kein Europäer jemals verſpreche etwas zu bezahlen, ohne ſein Wort genau zu halten. Sie hielten es für eine Schande daß die Muslemins (Rechtgläubige) nicht gleiche Redlichkeit im Handel Säbel oder krumme Meßer in die Höhe hielten, hüpfeten nach kleinen Trommeln immer auf einer Stelle, als wenn ſie vor Freude außer ſich wären. Derjenige welcher ſein Gewehr am höchſten halten, oder am höchſten hüpfen konnte, ſchien über ſeinen Vorzug beſonders vergnügt zu ſeyn. Andere foderten ſich zum Wetlauf heraus. Noch andere zeigten ihre Geſchiklichkeit darin wie weit ſie einen Dsjerd, d. i- einen Stok ohngeſehr vier Fuß lang, werfen könnten, u. ſw. Ich habe den egyptiſchen Pöbel auch ſehr oft an den Feſttagen ihrer Heiligen auf den Märf- ten und in großen Caſehäuſern zu Káhira verſammlet geſehen, aber niemals be- merkt daß er recht luſtig ward. -- --- --------- - - - –--- - Carakter der Araber. 29 Handel und Wandel beobachteten. Würde aber ein rechtſchaffener arabiſcher Kauf- mann nach Europa kommen, und ſich dem erſten, der ſich zu ſeinem Dienſte anböte, anvertrauen, ſo könnte er auch wohl große Urſache finden ſich über die Europäer zu beſchweren. Man trifft alſo in Arabien ſchlechte Leute, aber auch hier ſo wie in Europa und andern Gegenden der Welt, viele rechtſchaffene brave Männer an. Die Araber ſcheinen gar nicht zankſüchtig zu ſeyn. Wenn ſie aber anfan- gen zu hadern, ſo machen ſie viel Geſchrey. Ja ich habe ſie bisweilen ihre Meſſer gegen einander ziehen geſehen. Bey dem allen ſind ſie bald wieder zum Frieden ge- neigt; denn wenn der eine nur nicht ſo hitzig iſt als der andere, oder wenn nur ein unbekannter Kaltſinniger darzu kömmt, und einigemal ſagt: Gedenket an Gott und ſeinen Propheten! ſo vertragen ſie ſich gemeiniglich entweder auf der Stelle, oder ſie wählen einen Schiedsrichter um ſich gütlich mit einander zu vergleichen *). Sie haben vielleicht nicht ſo viele Schimpfwörter als der europäiſche Pöbel, ſie ſind deswegen aber nicht weniger empfindlich, und bisweilen rachgieriger. Wenn einer im Zorn vor dem andern auf die Erde ſpeiet, ſo verhält ſich der leidende da- bey eben ſo als wie bey uns. Nemlich, er erträgt den Schimpf gedultig, wenn er ſich nicht vertheidigen kann, ſonſt läßt er den andern ſeinen Unwillen gewiß empfin- den. (Michaelis 58. Frage.) Der Araber kann es alſo, wie man leicht glauben wird, noch weniger vertragen daß man ihm ins Angeſicht, oder wie man dort ſagt, D 3 auf - *) Der Capit. Hamilton erzählt ein Beyſpiel von der Manier der Araber ſtreitige Par- theyen mit einander zu vergleichen. Ein Schiffer beſchwerete ſich einigemal mit Ungeſtüm bey dem Gouverneur zu Maſkat, daß ein Kaufmann dieſer Stadt ihm nicht ſeine Fracht bezahlen wollte. Der Gouverneur bat ihn allezeit zu einer andern Zeit wieder zukommen, bis der Schiffer ihn endlich ganz kaltſinnig erſuchte ihm Recht zu verſchaffen, welches er auch ſogleich erhielt. Der Schiffer frug nachher den Gouverneur, warum er ſich dieſer Sache nicht eher angenommen hätte? Die- ſer antwortete: Weil er ihn vorher immer trunken geſehen hätte. Als jener hier- auf verſicherte, daß er in vielen Jahren nicht betrunken geweſen wäre, antwortete der Richter, daß er ihn doch in der allergefährlichſten Art Trunkenheit geſehen hätte, nemlich im Zorn. Alexander Hamiltons Account of the Eaſt Indies. Vol. I. p-71- - 3O Carakter der Araber. - auf den Bart ſpeiet, vornemlich wenn er dem andern gewachſen zu ſeyn glaubet. Ich erinnere mich einmal in einer Karwäne geſehen zu haben, daß jemand zur Seite ausſpie, und einem Mohämmedaner ein wenig auf den Bart traf, dieſer aber darüber ſehr entrüſtet ward. Der Beleidiger bat aber ſogleich um Entſchuldigung, küßte dem andern den Bart, und ſo ward dieſer wieder befriediget. Man würde einen Mohämmedaner auch ſehr beleidigen wenn man zu ihm ſagte: Drek auf deinen Bart! Ein Schimpfwort welches unter dem Pöbel ſehr gebräuchlich iſt. Ueber- haupt werden die meiſten Beſchimpfungen bey dem arabiſchen, ſo wie bey dem euro- päiſchen Pöbel zu gewiſſen Zeiten als witzige Einfälle angeſehen, da hergegen ehr- liebende Männer ſich dadurch höchſt beleidiget finden würden *). - Wenn *) Ich muß hier eine Anmerkung machen, zu der mich einige kleine Hiſtorien veranlaßen, die der Ritter Arvieur erzählt. Da man an der Richtigkeit ſeiner Nachrichten hat zweifeln wollen, ſo bemerke ich im Vorbeygehen, daß ich ihn, vornemlich in dem- jenigen, was die Sitten und Gebräuche der Araber betrift, ſehr zuverläßig finde. Ein Reiſender kan freylich nicht alles mit eigenen Augen ſehen. Er muß oſt mit Erzählungen zufrieden ſeyn, für deren Richtigkeit er ſich nicht verbürgen kan. Doch ich komme zur Sache. Man hat aus dem Arvieur ſchließen wollen, daß die Ara- ber eine gewiße Art von Unhöflichkeit, die meine Leſer leicht errathen werden, ſehr übel nehmen, und oft mit vielem Ernſt beſtrafen. Ich habe auch bemerkt, daß ſie ſie eben ſo ungerne ertragen, als wir Europäer. Ich glaube aber nicht daß man aus dieſen einzelnen Beyſpielen eine allgemeine Sitte der ganzen Nation her- leiten kann. Auf dieſe Weiſe könnte ich Erempel anführen, die das Gegentheil be- zeugten. Ein junger Bedienter, der in einem Bade zu ZKáhira einem Kaufmann die Glieder rekte, beging dieſen Fehler. Der ernſthafte Mohammedaner aber that nichts weiter, als daß er ſeine Pfeife niederlegte, und ihm gerade ins Geſicht ſah. Von dem regierenden Schech des Stammes Montefidsj erzählte man mir, er habe vor einigen Jahren in einer ſeiner heitern Stunden, einige ſeiner Leute einen Wett- ſtreit in dieſer Kunſt anſtellen laßen, und den Sieger beſchenkt. Aber deswegen würde dieſer Schech wohl nicht immer ein Vergnügen daran finden, wie ſich denn auch nicht alle Araber würden brauchen laßen ihm daßelbe zu machen. Man kann alſo wohl glauben, daß die meiſten eine Geſellſchaft, in der man unflätig redete oder handelte, verlaßen würden. Bey gewißen Stämmen zwiſchen Basra " Haleb, - - - - - - - - - - - - ------ ------ --- ------ Carakter der Araber. Z I Wenn aber ein Schech unter Bedouinen mit einer ernſthaften Mine zu dem andern ſagt: Deine Mütze (Turban) iſt unrein! oder deine Mütze ſitzt ſchief oder ſetze deine Mütze beſſer! u. d. gl. ſo glaubet der Beleidigte daß er ebenſo wohl als ein europäiſcher Cavalier, der einen andern wegen eines unbedachtſamen Worts erwürgen will, Ehrenhalber verpflichtet ſey nicht nur dem Beleidiger, ſondern auch ſeinen männlichen Anverwandten nach dem Leben zu trachten. Man erzählte mir hievon zu Basra folgende Geſchichte, die ſich vor zehn bis zwölf Jahren in der Nähe dieſer Stadt zugetragen haben ſoll. Ein angeſehener Mann von dem Stamme Montefidsj hatte ſeine Tochter an einen Araber zu Korne verheyrathet. Nicht lange nach der Hochzeit frug ihn ein Araber von einem andern Stamm, welcher gleichfalls unter dem großen Stamm Montefidsj ſtehet, in einem Caffehauſe etwas ſpöttiſch: Ob er der Vater der jungen und ſchönen Frau des N. N. wäre? Dieſer vermuhtete, daß man die Ehre ſeiner Tochter in Verdacht hätte, und verließ ſo gleich die Geſellſchaft um den Kopf ſei- ner Tochter zu holen. Bey ſeiner Zurückkunft hatte ſich der andere Araber aus Furcht vor der Rache, bereits entfernt. Der Beleidigte ſuchte nachher nichts ſo ſehr als das Unrecht, welches ihm und ſeiner Tochter wiederfahren war, zu rächen. Er bemühete ſich lange Zeit vergebens deu Beleidiger ſelbſt zu finden, indeſſen tödtete er verſchiedene Anverwandten ſeines Feindes, und legte anch ſogar Hand an ſeine Bedienten und ſein Vieh. Weil der Beleidiger endlich ſeinen Untergang unver- meidlich ſahe, und kein Mittelwuſte ſich zu retten; ſo bot er dem Oberhaupt der Ja- nitſcharen und Gouverneur zu Korne, eine große Summe wenn er ſeinen Feind an- halten, und ihm das Leben nehmen wollte. Der Aga foderte dieſen vor ſich, und verlangte daß er ſich verſöhnen möchte. Er wollte aber nichts von einem Vergleich hören, Haleb, ſoll die Unanſtändigkeit, von der ich in dieſer Anmerkung rede, auch würk- lich ſo ſehr übel gelitten ſeyn, daß derjenige, welcher ſie einmal begangen hat, den hbrigen nachher immer zum Gelächter und Geſpött dienen unuß. Es ſoll ſo gar einer von den Belüdsjes, auf der Gränze von Perſien, deswegen ſeinen Stamm verlaßen haben. Doch genug von einer Sache, die keiner ſo langen Anmerkung wehrt war. - - - - - 32 Carakter der Araber. f - hören, ſondern beſtund darauf ſeinen Feind zu tödten. Der Aga drohete ihm ſelbſt das Leben zu nehmen, und ließ darzu, um ihn zu ſchrecken, einige Anſtal- ten machen. Weil er aber ſo ſtandhaft war, daß er den Todt für nichts gegen die erlittene Schande und den Verluſt ſeiner Tochter achtete; ſo entſchloß ſich der Aga mit einigen vornehmen Arabern, aus Achtung gegen die ehrliebende Geſinnung die- ſes Mannes, ihm Genugthuung zu verſchaffen, ſo gut es möglich war. Man ward einig, daß der Beleidiger dem Beleidigten ſeine eigene Tochter mit einer be- ſtimmten Ausſteuer an Geld, Pferden, Waffen, u. d. gl. geben ſollte. Dieſer hörete nachher zwar auf weitere Rache zu ſuchen, aber der Beleidiger ſelbſt durfte doch niemals wieder vor den Augen ſeines neuen Schwiegersſohns erſcheinen. Der Todſchlag wird nicht einmal in dem kleinen Gebiete des Imäms von Je- men, geſchweige in ganz Arabien, auf einerley Art beſtraft. Man hat mir be- richtet, daß in der bergigten Gegend, wenigſtens zu Saná, ein Mörder mit dem Leben büßen müſſe, und von dem höchſten Gerichte zu Saná darzuverurtheilet wer- de. In dem Theil von Tehäma aber, welcher unter eben dieſem Imam ſtehet, ha- ben die Anverwandten des Ermordeten die Wahl: Ob ſie ſich mit den Angehörigen des Mörders vor der Obrigkeit vergleichen, oder ihn ausgeliefert haben wollen, um ihn mit eigener Hand zu tödten. Es ſtehet ihnen endlich auch frey, ſich ſelbſt in ei- nem Zweykampf an dem Todtſchläger oder ſeinen Freunden zu rächen. Es wird bey den Arabern dieſer Gegend für ſchimpflich gehalten, für das Blut eines Erſchla- genen Geld zu nehmen, weil es ſcheinen könnte, als hätte man dem Mörder Anlaß gegeben ihn zu tödten. Sie wollen auch ſelten den Mörder weder von der Obrigkeit erſchlagen ſehen, noch ſelbſt ihm das Leben nehmen, weil ſie die Familie deſſelben dadurch von einem ſchlechten Mitgliede, und alſo einer großen Bürde, befreyen würden. Die Familie des Ermordeten behält ſich deswegen gemeiniglich vor, dem Mörder und ſeinen Angehörigen gleichſam einen Krieg anzukündigen, und wiederum denjenigen von ihnen zu erſchlagen, welchen ſie ſelbſt für gut befinden. Ein ehrlie- bender Araber muß aber ohngefehr eine Gleichheit der Kräfte beobachten, und es würde für ſchändlich gehalten werden, wenn eine ſtarke Perſon einen alten oder kranken, oder wenn viele einen einzigen überfallen wollten. Doch iſt es ihnen erlaubt .“. « Gewohnheit bey Mºrdtaten. Z3 erlaubt ſelbſt den Vornehmſten, und gleichſam die Stüße der Familie wieder zu er- ſchlagen, indem ſie verlangen, daß beſonders derjenige, welcher als der Vornehm- ſte von derſelben angeſehen wird, und ſich ſelbſt dafür erkennet, ein wachſames Auge auf die Aufführung aller ihrer Mitglieder haben müſſe. Der Mörder wird indeſſen von der Obrigkeit angehalten, und wieder frey gelaſſen, nachdem er ihr eine gewiſſe Summe, man ſagte 200. Species Thaler, bezahlt hat. Dieß iſt vielleicht die Urſache, warum dieſes Geſetz nicht abgeſchafft worden iſt. Nachher muß jeder Angehörige von beyden Familien beſtändig in Furcht leben ſeinen Feind irgendwo an- zutreffen, bis endlich einer von der Seite des Mörders wieder erſchlagen iſt. Man ſoll Beyſpiele haben, daß dergleichen Familienkriege 5o. und mehrere Jahre gedauert haben; denn ſie fordern ſich nicht zum Zweykampf heraus, ſondern ſchlagen ſich nur bey Gelegenheit. Wenn unglüklicherweiſe in einem ſolchen Zweykampfe noch ei- ner von der Seite des zuerſt Ermoderten erſchlagen wird, ſo iſt nicht eheFriede zu hof- fen, als bis auch zwey von der gegenſeitigen Parthey dieß Schikſal gehabt haben, wenn ſich nicht etwa die Anverwandten von beyden Seiten gütlich vergleichen, und ſich, nicht aus einem falſchen Grundſatz der Ehre verleiten laſſen, noch länger ein ſo unruhiges und unglückliches Leben zu führen. Dieſe höchſt ungerechte Gewohnheit iſt nicht nur im Korän ausdrücklich verboten *), ſondern der menſchlichen Natur ſo ſehr zuwider, daß ich dieſe Nachrichten gar nicht würde geglaubt haben, wenn ich nicht ſelbſt Araber, die in einem Familienkriege verwickelt waren, gekannt und geſprochen hätte. Ein ange- ſehener Mann zu Loheia, welcher uns fleißig beſuchte, trug außer dem gewöhnlichen arabiſchen Gewehr, nemlich einem breiten ſpitz zulaufenden Meſſer vor dem Leibe, immer eine kleine Lanze, ohne ſie faſt jemals aus der Hand zu laſſen, wenn er auch UN *) Sales Koran Chap. 2. p. 20. & Chap. 17. p. 230. and whoſoever shall be ſlain unjuſtly, we have given his heir power to demand ſatisfaction; but let him not exceed the bounds of moderation in putting to death the murtherer in to cruel a manner, or by revenging his friends blood on any other than the perſon who killed him. Sales preliminary diſcourſe p. 139. E 34 Gewohnheit bey Mordthaten. in der Geſellſchaft ſeiner Freunde war. Da wir nicht gewohnt waren ein ſolches Gewehr bey den übrigen Arabern zu ſehen, und uns deswegen genauer erkundigten, ſo beklagte er ſich, er hätte vor einigen Jahren das Unglück gehabt, daß einer von ſeiner Familie wäre erſchlagen worden. Die Beleidigten hatten ſich es damals vorbehalten ſich ſelbſt an dem Mörder oder ſeinen Anverwandten, in einem Zwey- kampf zu rächen. Einer ſeiner Feinde, und zwar derjenige, welchen er vornemlich fürchtete, war auch in dieſer Stadt. Er traf ſelbigen einmal bey uns, gleichfalls mit ſeiner Lanze bewaffnet, an. Sie hätten hier ihren Streit gleich ausmachen kön- nen; aber ſie redeten kein Wort mit einander, und es kam noch vielweniger zu ei- nem Zweykampf. Unſer Freund verſicherte nachher, daß, wenn er ſeinen Feind auffreyem Felde antreffen ſollte, er ſich nohtwendig ſchlagen uüßte. Er bekannte aber auch zugleich, daß er dieſe Gelegenheit zu vermeiden ſuchte, und daß er aus Furcht überfallen zu werden, nicht ruhig ſchlafen könnte. An dem Tage vor un- ſerer Ankunft zu Mauſchid, einem Flecken zwiſchen Beitel Fakih und Mochha, hat- ten ſich zwey Araber in einem Familienkriege hier auf freyem Felde mit großen Knüt- teln bewafnet angetroffen, und einen Zweykampf gehalten, in welchem die Familie des erſten Mörders wiederum geſiegt hatte. Ein franzöſiſcher Schiffs Capitain ward nach dem Bombardement der Stadt Mochha durch die Franzoſen, da der Friede ſchon wieder geſchloſſen war, von einem arabiſchen Soldaten, dem durch eine Bombe ein Anverwandter getödtet worden war, vor ſeiner Thür, wo er ſaß und ſchlief, erſtochen *). Doch glaube ich nicht, daß eine ſolche Rache einem jeden er- laubt “) Es ſcheinet daß die Araber auf der gegenüberliegenden africaniſchen Küſte auch glauben, daß ſie das Blut ihrer Anverwandten rächen müſſen. S. Voyage d'Abyſſinie du R. P. Jerome Lobo p. 17. Der Capit. Hamilton ſahe im Jahr 1716. zu Mochha, daß ein Mörder, welcher zugleich ein Räuber war, der Familie des Ermordeten übergeben ward. Moham- med ſelbſt überlieferte eine Mörderinn den Anverwandten des Ermordeten. Eben dieſe Gewohnheit wird, nach den neuern Reiſebeſchreibungen, auch noch bey den Schiiten in Perſien, und bey den Chriſten in Habbeſch beobachtet. Hamiltons Account of the Eaſt Indies. Voyage d'Abyſſinie. Allgemeine Welthiſtorie der neuern Zeiten, Tom. I. § 115. Gewohnheit bey Mordthaten. Z5 laubt ſey, ſondern daß nur gewiſſe Familien in einer die Ehre betreffenden Sache die Erlaubniß haben ſich unter einander zu erwürgen; denn ſonſt würde in Tehäma nicht die Sicherheit für Reiſende ſeyn, welche man würklich daſelbſt findet. Auch bey den Bedouinen auf der Oſtſeite von Arabien ſucht eine jede Fa- milie ſelbſt Rache, wenn ſie ſich nicht mit dem Mörder oder deſſen Familie ver- gleichen kann. Sind beyde Theile von zwey großen Stämmen, ſo entſtehet deswe- gen bisweilen ein förmlicher Krieg. Sind ſie von zwey kleinen Stämmen, die ſich einem größern unterworfen, oder ſich vielmehr verbunden haben das ihrige gemein- ſchaftlich zu vertheidigen, ſo ſuchen ſie auch ſelbſt Rache, ohne daß dieſes den Frie- den unter den übrigen ſtöret. Wenn ſie aber unter einem Schech ſtehen, und alſo gleichſam als von einer Familie angeſehen werden können, ſo bemühen ſich die übri- gen die Familie des Ermordeten zu befriedigen, und den Mörder zu beſtrafen. Die verſchiedenen Seefahrenden arabiſchen Stämme in Omän und am per- ſiſchen Meerbuſen haben unter ſich auch ähnliche Kriege, und bey dieſen iſt die ſchwächere Parthey noch unglücklicher. Denn einige von ihnen leben bloß von dem Tranſport des Caffe von Jemen nach dem perſiſchen Meerbuſen, oder auch von der Perlfiſcherey, und haben alſo oft Gelegenheit ſich einander zu begegnen, und ſich zu ſchlagen. Viele Stämme haben deswegen ihre Handthierung liegen laſſen müſſen, und ſind faſt gänzlich in Vergeſſenheit gerathen. Wenn ein Mohämmedaner ein Mädgen heyrathet, und die Bedingung in den Ehecontrakt ſetzt, daß ſie noch eine reine Jungſrau ſeyn ſoll, ſo ſucht er biswei- len die Zeichen davon zu finden. Weil die Familie der jungen Frau, im Fall da ſie fehlen, erwarten muß, ſie wieder zurück zu bekommen, ſo wendet der Vater oft alle Vorſichtigkeit an, um ſich entſchuldigen zu können, wenn ſeine Tochter durch ei- nen unſchuldigen Zufall das Zeichen der Jungfrauſchaft verloren hat. Z. E. Ich hörete zu Háleb daß ein Araber ein Inſtrument von dem Kádi habe aufſeßen, und von Zeugen unterſchreiben laſſen, daß ſeine Tochter von einem Kameel gefallen wäre, und dadurch dieſen Schaden gelitten hätte. Die herumſtreiſenden Araber zwiſchen Bäsra und Häleb ſollen ſich gemei- niglich gleich ſcheiden laſſen, wenn ſie das Zeichen der jungfräulichen Unſchuld nicht E 2 finden. – – – – –- - - - - - –-- *- -–= –-- - - -------- --- - 36 Zeichen der Jungfrauſchaft. finden. Aber nirgend iſt man wohl eiferſüchtiger über dieſen Punkt, als in den bergigten Gegenden von Jemen; denn der gemeine Mann daſelbſt glaubet durch eine Heyrath mit einer nicht richtig befundenen Jungfer dergeſtalt beſchimpft zu ſeyn, daß er ſeine Frau ſo gleich wieder zurück ſendet, und den Vater nöthiget das Geld, welches er ihm für ſeine Tochter, oder vielmehr zu ihrer Ausſteuer bezahlt hat, wie- der zu geben. Ja einige ſollen nicht einmal damit zufrieden geweſen ſeyn, ſondern ihre Weiber ſogar ermordet haben. Doch wird eine ſolche Grauſamkeit gar nicht von der Obrigkeit gebilliget. Weil aber die Araber die todten Körper nicht öffnen, und überhaupt bey einer Mordthat keine ſo genaue Unterſuchung anſtellen als die Europäer thun würden; ſo ſoll es nicht einmal bemerkt werden, wenn etwa der Mann ſeiner Frau das Knie in den Unterleib gedrückt, und ſie auf dieſe oder eine andere Art erſtickt hat. Die mehr civiliſirten Bürger in den Städten würden es für ſehr ungeſittet halten, wenn einer ſeine Frau und ihre ganze Familie um einer ſolchen Kleinigkeit willen beſchimpfen wollte. Wenn dieſe bey ihren Bräuten nicht finden, was ſie ſuchen, ſo zeigen ſie es gemeiniglich dem Schwiegervater an, und dieſer ſucht den jungen Ehemann durch Geld zu befriedigen, oder der Mann macht es mit ihm aus, daß er ſeine Tochter einige Zeit nachher ohne die verſprochene Abſchiedsmitgabe, wie- der zu ſich nimmt. Es iſt deswegen unter den Arabern in den Städten ſo unge- wöhnlich, daß einer ſeine Frau gleich nach der Hochzeit wieder zurück ſendet, daß man ſich hievon zu Básra nur eines einzigen Beyſpiels, und zwar von einem ge- meinen Kerl erinnerte *). Die *) In dem ſüdlichen Thek von Polen und in Rußland verlangt der Mann auch das Ze- chen der Jungfrauſchaft, und man treibt damit in dieſen Gegenden vielleicht meh- rere Poſen als in Arabien. Z. E. Zu Kamieniec ward meinem Wirth nach ei- ner Hºchzeit ein Teller mit Confitüren geſandt, und auf dieſem lag ein kleines Stük rothes Band, zum Zeichen daß der Mann das erwartete gefunden habe. Michaelis Fragen LVI- Herr Forſtäl hat zur Beantwortung dieſer uns nachgeſandten Frage angemerkt: "In Jemen gehet man wegen Mangel des Zeichens der Jungfrauſchaft ſelten sors Gericht. T– Zeichen der Jungfrauſchaft. Z7 h Die Mohämmedaner reden nicht gerne von Sachen, welche das Frauenzim- mer angehen. Doch habe ich nach einem langen Umgang mit einigen davon zu ſprechen Gelegenheit genommen, und bemerkt: daß die vernünftigen Araber dem gefärbten Bettuch nicht viel trauen, indem ihnen bekannt iſt, daß ihre Weiber ſehr geſchickt ſind die Natur durch Kunſt nachzumachen. Auch wollen ſie beobachtet haben, daß einige das Zeichen der Jungfrauſchaft von Natur nicht gehabt, und an- dere es durch einen unſchuldigen Zufall verloren hätten. Ueberdieß iſt ihnen nicht unbekannt, daß die Weiber ſich durch unnatürliche Arten von Wolluſt vergnügen. Bisweilen würde auch ſelbſt der Mann nicht wünſchen, daß man das Blut nach der erſten Nacht ſuchte; denn die Araber glauben aus der Erfarung zu wiſſen, daß es bey einigen Frauenzimmern, beſonders bey den Sclavinnen aus der Gegend von Sennär, ſehr ſchwer halte es ſo weit zu bringen. In ſolchen Fällen würde dieſer Mangel ein Beweis von der Schwäche des Mannes, und nicht von der ſchlechten Aufführung der Frau ſeyn, und der Mann Urſache haben ſich zu freuen, wenn ſie durch eine künſtliche Farbe ſeine Schande zu verbergen wüßte. Man will überdieß Beyſpiele haben, daß zuweilen junge Ehemänner aus Scham- E 3 haftig- " Gericht. Die Klage muß deswegen in den erſten zwey bis drey Tagen ange- "bracht werden, ſpäter wird ſie nicht angenommen. Keine aber wird darum, "weil ſie ihre Jungfrauſchaft verloren hat, getödtet, wie zu Moſis Zeiten. Der " Mann kann ſich von ſeiner Frau ſcheiden laſſen wenn er ihr die Summe bezahlt, "welche er auf dieſen Fall in dem Heyrahtscontrakt verſprochen hat. Wenn er "ſich ungebührlich gegen ſeine Frau bezeigt, ſo kan ſie ihn auch beſtrafen laſſen, " und ſo gar verlangen von ihm geſchieden zu werden. Dann aber muß der Va: "ter die Kinder ernähren. In gewiſſen Familien wird die Jungfrauſchaft ohne " Blutvergießen verloren. Die Frauensperſonen, welche zu denſelben gehören, haben "darüber ſchriftliche Beweiſe von ihren Vorfahren. Man verlangt deswegen das "blutige Zeichen nicht von ihnen, aber doch arctam vulvam. Herr Forſtal ſchreitet auf einer andern Stelle, daß er von den Karaiten (vermuht- lich zu Kahira) gehört habe: " Wenn man Limonſaft auf das Blut, welches ein "Zeichen der Jungfrauſchaft ſeyn ſoll, tröpſele, und es dann grün werde, ſo ſey " es würklich ein Zeichen der neulich verlornen Jungfrauſchaft. Alles andere Blut " ſoll dadurch ſchwarz werden. 38 Zeichen der Jungfrauſchaft. haftigkeit oder allerhand Einbildungen in den erſten Tagen untüchtig geweſen ſind. Ein ſolcher Mann muß dann zu ſeiner Entſchuldigung ſagen, daß er marbüd (ge- bunden) ſey. Man glaubet nemlich, daß eine andere Frauensperſon, die ſich vergebens Hoffnung gemacht hat den Mann zu heyrathen, ihn durch heimliche Kün- ſte unfähig manchen könne. Die morgenländiſchen Chriſten haben mir davon viel erzählet. Die junge Frau iſt dann betrübt, weil ſie befürchtet, daß ſie für ihre ganze Lebenszeit unglücklich ſeyn, und keine Kinder bekommen werde. Wenn die Mut- ter von der Unſchuld ihrer Tochter verſichert iſt, ſo treibt ſie den Mann bisweilen mit Ungeſtüm zu ſeiner Schuldigkeit an, damit die junge Frau das Zeichen ihrer Ehre aufweiſen könne, und dieß macht den ſo ſchon furchtſamen Mann gemeinig- lich noch mistrauiſcher gegen ſich ſelbſt. Zuletzt nimmt man ſeine Zuflucht zu Ärz- ten, Mönchen oder alten Weibern. Der engländiſche Arzt zu Häleb, bey wel- chem ſich die hier wohnenden Chriſten oft Rahts erholeten, hatte bey ſolcher Ge- legenheit immer geſucht den armen Männern nur Zeit zu verſchaffen, um ſich von ihrer Beſtürzung erholen zu können. Doch hatte er ihnen allezeit einige Arzneyen geben müſſen, weil man nicht glaubte, daß ihnen ſonſt geholfen werden könnte. Mein Sprachmeiſter zu Kähira, ein Maronit oder Römiſchcatholiſcher von dem Berge Libanon, wendete ſich in ſeiner Verlegenheit an einen Mönch, der mit ge- wiſſen Ceremonien die Meſſe oder ſonſt was über ihn las. Die alten Weiber ma- chen in ſolchen Fällen auch gewiſſe Verſuche, worzu Zeit erfordert wird. Und wenn denn der Mann endlich im Stande iſt ſeine Schuldigkeit zu verrichten, ſo dankt die Frau dem Arzt, dem Mönch oder dem alten Weibe, welche ihu ihrer Meinung nach von dem Marbüd befreyet haben. Die Mohämmedaner in Jemen und Indien ſagten: es würde für eine Mannsperſon höchſt unanſtändig ſeyn, wenn ſie ſich das gefärbte Tuch zeigen laſſen wollte. Hiernach ſucht nur die Neugier der Weiber, und vornemlich der nächſten Anverwandtinnen des Mannes. - Sie konnten nicht glauben, daß jemand ſo thö- rigt ſeyn ſollte es aufzubewahren. Bey ihnen würde es gewaſchen, und wie das übrige Leinenzeug in der Haushaltung gebraucht. Eben dieſes verſicherte mich ein Jude von den Juden und Mohämmedanern zu MaſFät, und ein Chriſt von den Chriſten und Mohämmedanern zu Häleb. Zu Bäsra aber ſagte man mir, - daß Zeichen der Jungfrauſchaft. 39 daß einige gemeine Weiber dieſer Gegen das Zeichen ihrer ehmaligen Reinigkeit aufbehielten, um ſich damit bey ihren Anverwandten rechtfertigen zu können, wenn etwa ein unartiger Mann ihre Aufführung in ihrem Jungfernſtande für zweydeutig ausgeben ſollte. Ich hörte bey dieſer Gelegenheit, der Mann dürfe zwar ſeine Frau, ſelbſt um eines Ehebruchs willen, nicht tödten, aber ihr Vater, Bruder, oder ſonſt einer von ihren Anverwandten dürfe es ungeſtraft, oder doch für eine klei- ne Geldbuße thun, weil ſie ihre Freunde durch ihre ſchlechte Aufführung äußerſt beſchimpft hätte. Nach dieſer Genugthuung aber dürfe niemand der Familie etwas vorwerfen. Man erinnerte ſich an Beyſpiele davon zu Básra und Bagdad. In dieſer letzten Stadt hatte ein reicher Kauſmann vor wenig Jahren einen jungen Men- ſchen bey ſeiner Anverwandtinn angetroffen, und nicht nur ſie auf der Stelle in Stücken zerhauen, ſondern es auch durch Zeugen und Geld dahin gebracht, daß der junge Menſch, welcher eines anſehnlichen Bürgers Sohn war, noch in der- ſelben Nacht von der Obrigkeit war gehangen worden. Zum Beyſpiel daß ein Mohämmedaner ſeine Frau nicht ſelbſt tödten dürfe, erzählte man mir zu Kähira: daß ein reicher Herr, der ſeine Frau niedergehauen hätte, deswegen von ihren An- verwandten und der Obrigkeit ſo lange verfolgt worden wäre, als ſeine Reichthümer dauerten. Die Mohämmedaner beobachten in Anſehung ihres Körpers gewiß eine größere Reinlichkeit als die Europäer. Sie waſchen und baden ſich nicht nur fleißig, und halten ihre Nägel immer ſehr kurz, ſondern ſchneiden auch die Haare aus den Ohren und der Naſe mit einer Schere, aus den Achſelgruben mit einem Schermeſſer, und nehmen ſie an den heimlichen Theilen mit einer gewiſſen darzu zubereiteten Salbe weg, damit ſich an keiner Stelle ihres Leibes Unreinigkeiten ſetzen können. Sie bezeigen einige Geringſchätzung gegen alle diejenigen welche ein ſchmutziges Handwerk treiben. Z. E. gegen die Bediente in den Badſtuben, gegen die Schröpfer, Schlachter, Barbierer, u. ſ. w. Die Barbierer werden ſchon darum verächtlich angeſehen, weil ſie einem jeden ohne Unterſchied den Kopfreinigen, beſonders aber weil ſie die Knaben beſchneiden. Denn bey dieſer Operation wird die Vorhaut hervorgezogen, und eine kleine Zange darauf geſetzt. Der Barbierer muß 4-F-– - ----- - - -– – – – – – – – – - - - - - - - 4O Reinlichkeit der Araber. muß zuweilen mit dem Munde in die Öffnung blaſen, und der arme Knabe verliert dann, aus Furcht vor der Schmerzen die ihm bevorſtehen, leicht etwas Waſſer. Man ſchließt ſolche Leute aber deswegen nicht von der Geſellſchaft aus, ſondern man hält nur ihr Handwerk für geringſchätzig. Ich habe auch nicht bemerkt, daß die Mohämmedaner, wenn ſie etwa ein Aas angerühret haben, ſich für ſo ſehr verun- reinigt gehalten, daß ſie einige Tage lang von der Geſellſchaft abgeſondert leben müßten *). Sondern wenn einer ein todtes Vieh, oder eine menſchliche Leiche be- rührt hat, ſo wäſcht er ſich, und wenn man nach dieſer Reinigung nichts unreines mehr an ihm ſieht oder riecht, ſo fält es niemand weiter ein, ihn nicht bey ſich lei- den zu wollen *). Die Araber bezeigen ſich viel höflicher gegen Fremde als die Türken. Die Europäer können in Jemen und Omän, ingleichen in Perſien, faſt eben ſo viele Höflichkeit von den Eingebornen erwarten, als wir dieſen Mohämmedanern erzeigen würden, wenn ſie nach Europa kommen ſollten. Und wenn man gleich daſelbſt Leute antrifft, die ſich unhöflich gegen Fremde bezeigen, ſo findet man vielleicht auch *) Michaelis Frage XCV. Die Mohammedanerinnen dürfen während ihrer Reinigung, und zwar bey den Hanefiten in zehn, bey den Schafeiten in funfzehn Tagen, ihr gewöhnliches Gebet nicht verrichten, nach dem Grundſatz, daß man reinlich vor dem Angeſichte Gottes erſcheinen müſſe. Die Weiber der indianiſchen Heiden dür- fen während dieſer Zeit keinen Menſchen anrühren, ſondern müſſen ſich ſo lange fie dauret, in einem Winkel behelfen, wohin ihnen alles nohtwendige gebracht wird. “) Herr Forſtäl hat hierüber folgende Anmerkung gemacht: "Wenn jemand mit trocke- "ner Hand einen trockenen todten Körper berührt, ſo verunreinigt ihn dieſes nicht. "Wenn aber entweder die Hand oder das Aas feuchte iſt, ſo wird er unrein, "aber auch durch Waſchen gleich wieder gereiniget. Wenn ein Mohammedaner das "Aas eines Hundes oder eines Schweins angreifft, ſo muß er ſich ſiebenmal wa: "ſchen. Auch wenn ein Hund aus einem Gefäß getrunken hat, ſo muß es ſieben "mal gewaſchen werden, eh ein Mohammedaner es wieder zum Trinkgeſchirr brau- "chen darf. Betragen der Mohämmedaner gegen fremde Religionsverwandte. 4I auch europäiſche Reiſende, die dadurch Gelegenheit dazu gegeben haben, daß ſie ſich ſelbſt für wichtige Leute, alle Mohämmedaner aber für geringſchätzig gehalten, und weder die Sitten des Landes gekannt haben, noch ſich darnach richten wollen. Weil die Mohämmedaner in allen Städten, wo ich europäiſche Kaufleute angetroffen habe, weniger Zoll von ihnen als von ihren eigenen Unterthanen nehmen, ſo ſollte man doch faſt glauben, daß wenigſtens diejenigen, welche daſelbſt Antheil an der Re- - gierung haben, ſich auch in andern Fällen bemühen die Freundſchaft der Europäer zu erhalten. Bey dem größern Theil der Türken aber, welche ich gekannt habe, glaube ich bemerkt zu haben, daß ſie würklich einen Haß gegen die Europäer hegen. Viel- leicht weil ſie ſich der vielen blutigen Kriege erinnern, welche ſie mit ihnen geführt haben. Der Name der Türken kann unſern Kindern nicht ſo fürchterlich ſeyn, als es der Name der Europäer den jungen Türken iſt. Sogar diejenigen, welche bey Europäern in Dienſte gehen, ſcheinen ihre Herren nicht als ihre Wohlthäter, ſondern als Leute, die unter ihrem Schutz ſtehn, anzuſehen. Dagegen werden ſie von ihren Landesleuten verachtet, weil ſie ſich ſo ſehr erniedrigen der Europäer Brodt zu eſſen. Sie pflegen zu Conſtantinopel Schweinehüter genannt zu werden. Die Europäer ſind beſonders zu Damiät und DamáſF ſehr verhaßt, und werden auch von dem Pöbel zu Kähira ſehr verächtlich angeſehen. In Arabien und Perſien aber, wo die Einwohner niemals Krieg mit den Europäern gehabt haben, können dieſe auch von dem Pöbel mehr Höflichkeit erwarten. Ebenſo haben die morgenländiſchen Chriſten auch nicht von allen Mohäm- medanern eine gleiche Begegnung zu erwarten. Die Armener und Georgier ſchei- nen ſich in Perſien ſehr wohl zu befinden. Sie werden zwar bisweilen von dem Pöbel gemißhandelt, und die Mohämmedaner ſuchen ihre Geſellſchaft nicht, wenn ſie ſich nicht bemühen ſich bey ihnen beliebt zu machen. Aber ſie können doch zu großen Kriegsbedienungen gelangen, ohne zur Veränderung der Religion genöthiget zu ſeyn. Ich ſelbſt habe zu Schiras einen Khän, welcher ein georgiſcher Chriſt, und einen Hauptmann bey der Artillerie, der ein Armener war, gekannt. Bey einer kleinen Armee des Wekils Kerim Khän traf ich verſchiedene georgiſche Unter- officiers an, die Chriſten waren. Die Türken hergegen trauen den Chriſten ſo F - wenig, ->- 42 Betragen der Mohämmedaner gegen fremde Religionsverwandte. wenig, oder ſie ſchätzen ſie ſo geringe, daß ſie keinen nur als einen gemeinen Sol- daten unter die Armee des Sultäns aufnehmen wollen. Ja ſie bezeigen ſich in Vergleichung mit andern Mohämmedanern, in ihrem Betragen gegen ihre, chriſt- liche Mitbürger recht unverſchämt. Die Araber nennen die Chriſten Naſſära oder Nusräni. Weil ſie bey ihnen zu keinen Ehrenſtellen gelangen können, und die angeſehenſten Chriſten, welche unter ihnen wohnen, Kaufleute ſind, ſo nennet man in Egypten einen jeden, welcher anſtändig gekleidet iſt, Chauädsje oder Baſargän, welches beydes Kaufmann bedeutet. Und diejenigen, welche ſie nicht für Kaufleute, ſondern ſür Handwerker halten, nennen ſie Maallim, d. i. Meiſter. Weil ich als ein morgenländiſcher Chriſt reiſete, und oft der Bequemlichkeit wegen, ohne zu leugnen daß ich ein Europäer war, einen morgenländiſchen Namen annahm, ſo hieß ich in Egypten und auf der Weſtſeite von Arabien Chauädsje Abdállah. In Perſien nennet man ſowohl Mohämmedaner als Chriſten, Aga, und alſo hies ich daſelbſt Abdállah Aga, d. i. Herr Abdállah. Eben dieſe Ehre hatte ich zu Maſkät, Básra und Bagdad. In Syrien aber nennet man die chriſtlichen Kauf- leute Maallim, und alſo ward ich in dieſen Gegenden auch Meiſter genannt. Iu Natolien, wo die türkiſche die Hauptſprache iſt, ſcheinet die Höflichkeit der Mo- hämmedaner gegen die Chriſten gänzlich aufgehört zu haben. Denn daſelbſt nann- ten die Türken die morgenländiſchen Chriſten faſt jederzeit Dsjaurler (Ungläubige) ein Name welcher bey ihnen ſo verächtlich iſt, daß ſie im Zorn ihre Pferde und an- dere Thiere damit beehren. So gar der Mann, welcher mir auf der Reiſe vou Häleb bis Könie Pferde vermiethet hatte, und den ich alſo als meinen Fuhrmann anſehen konnte, nannte mich auch Dsjaur. Ich ſagte ihm gleich zu Anfange, daß ich kein Dsjaur, ſondern ein Europäer wäre, welche man in der ganzen Tür- key, Arabien und Perſien, Franken nennet, und erhielt dadurch ſo viel, daß er mich nachher immer bey dieſem Namen, oder Abdállah nannte. Da alſo die Türken ihren chriſtlichen Mitbürgern einen ſo verächtlichen Na- men beylegen, ſo kan man leicht denken, daß ſie in ihrem übrigen Betragen nicht höflicher gegen ſie ſind. Sie nöthigen die Chriſten nicht nur ein gewiſſes Zeichen zu tragen, damit ſie ſie unterſcheiden, und die Kopfſteuer (Charadsj) von ihnen for- dern können, (denn ordentliche Liſten halten die Morgenländer darüber nicht) ſon- dern Betragen der Mohämmedaner gegen fremde Religionsverwandte. 43 dern die Türken zu Conſtantinopel verlangen ſogar bisweilen von den vorbeygehen- den Chriſten, daß ſie ihnen die Straße fegen, und den Koht wegtragen, oder ihnen etwas bezalen ſollen um von dieſer Arbeit beſreyet zu ſeyn *). Dieſes wird vermuhtlich nicht von der Obrigkeit gebilliget. Ein chriſtlicher Unterthan des Sul- täns aber unterſteht ſich nicht einen Mohämmedaner wegen einer Kleinigket zu ver- klagen, und man findet deswegen unter den Janitſcharen und andern ſchlecht den- kenden Türken noch immer einige, die unverſchämt genug ſind dergleichen zu verlan- gen. Bey öffentlichen Freudensbezeugungen, z. E. wegen der Geburt eines Prin- zen oder einer Prinzeßinn, ſind ſie am ſchlimſten, und es iſt deswegen für Juden und Chriſten rahtſam an ſolchen Tagen nicht auf der Straße zu erſcheinen. Unter vielen Beyſpielen, die ich von dem hochmühtigen Betragen der Türken gegen die morgenländiſchen Chriſten ſelbſt geſehen habe, will ich nur dieſes anführen. Ein Türk, dem wir in Kleinaſien auf der Landſtraße begegneten, da er ſich eben zu Pferde ſetzen wollte, nöthigte einen griechiſchen Kaufmann aus unſerer Karwäne, der ihn nicht einmal kannte, von ſeinem Pferde zu ſteigen, und ihm den Steigbügel zu halten. Eine Aufführung, vor der ſich gewiß ein Araber ſchämen würde. We- nigſtens hat mich ein Schech, welcher uns 17. Kameele vermiethet hatte, mehr als einmal auf ſeinen Rücken treten, und von demſelben auf mein Kameel ſtei- gen laſſen. - - F 2 - Die *) Es ſcheinet daß auch die griechiſchen Chriſten vor einigen hundert Jahren nicht viele Höflichkeit gegen die Juden, welche unter ihrer Herrſchaft zu Conſtantinopel woh- neten, gebraucht haben. Itinerarium Benjamini Tudelenſis p. 31. Nulli au- tem Judaei intra urbem habitant, excluſi enim ab illis ſunt bracchio aquarum, atque inter illud & Sophiae maris bracchium aliud concluſi; neque in urbena venire permittuntur niſi navigio, idque negotiorum & commercii cauſa . . . Nulli autem Judeo illic equo vehi licet, prater Selamonem Aegyptium me- dicum regium, cujus officio Judaei recreantur, ſuamque captivitatem ſolantur quam gravem ſentiunt. Oppido enim inviſi ſunt Graecis Judaei omnes nullo bonorum ac malorum diſcrimine. Die Aerzte der Paſchäs in den verſchiede- nen Provinzen, ſind jezt faſt alle Griechen, und dieſe thun ihren Glaubensge- noſſen oftmals eben ſo wichtige Dienſte, als der von Benjamin erwähnte Salo- mon den Juden. 44 Betragen der Mohämmedaner gegen fremde Religionsverwandte. Die Mohämmedaner in Egypten, und beſonders diejenigen, welche türki- ſchen Urſprungs, oder türkiſch erzogen ſind, bezeigen auch einen übermäßigen Stolz gegen die Chriſten. Dieſe können ſich zwar nicht ſehr darüber beſchweren, daß ſie in der Stadt Kähira nicht zu Pferde reiten dürfen; denn die Eſel ſind hier ſehr ſchön, und nicht nur die meiſten Mohämmedaner, ſondern auch die vornehmſten Mohämmedanerinnen reiten auf Eſeln. Allein die Juden und Chriſten, die an- fänglich vielleicht aus Ehrerbietung oder aus Furchtſamkeit abſtiegen, wenn ihnen ein vornehmer Mohämmedaner mit einem großen Gefolge zu Pferde entgegen kam, ſind jezt genöthiget mehr als dreyßigen von den Vornehmſten dieſer Stadt, dieſe Ehre zu erweiſen. Wenn dieſe auf der Straße erſcheinen, ſo ſchicken ſie allezeit einen von ihren Bedienten voraus, der die ihnen auf Eſeln entgegen kommenden Juden und Chriſten, und ſo gar die Europäer, erinnern muß, gleich abzuſteigen, und der ſie allenfalls mit einem großen Prügel, welchen er beſtändig in der Hand trägt, dazu nöthigen darf *). Ich habe zu wenige von den morgenländiſchen Chriſten gekannt, als daß ichs ſollte wagen dürfen über den Charakter dieſer Nationen zu urtheilen. Ich glaube aber daß ſie es ſich ſehr oft ſelbſt beyzumeſſen haben, wenn ihnen die Türken ſchlecht begegnen. Wenigſtens ſchienen mir die meiſten der kleinen griechiſchen Kaufleute, die ich in klein Aſien gekannt habe, niederträchtige Schmeichler und Schwätzer zu ſeyn, und ſolche Leute können von den ernſthaften und ſtolzen Türken nicht viele Höflichkeit erwarten. Ich habe in dieſer Gegend oft geſehen, daß griechiſche Kaufleute ſich beeifert haben, nicht nur vornehmen Türken, ſondern ſogar ihren Katerdsjis, d.i. denen die ihnen Pferde und Maulthiere vermiethet hatten, den Steigbügel zu halten, *) Einige Engländer in Oſtindien, die zu Batavia geweſen waren, haben mich verſichern wollen, daß die daſigen Edlen Herren nicht nur alle Indianer welche ihnen auf der Straße begegnen, ſondern auch alle Europäer, von welcher Nation ſie auch ſeyn mögen, nöthigen aus ihrem Wagen, oder von ihrem Pferde zu ſteigen, um dem Edlen Herren den gebührenden Reſpekt zu beweiſen. Wenn ich dieſes bereits in Egypten gehört hätte, ſo würde ich mich nicht ſehr darüber geärgert haben, daß die mohammedaniſchen Edlen Herren zu Zähira eine eben ſo große Ehrenbe- zeigungen von den Chriſten und Juden verlangen. Betragen der Mohámmedaner gegen fremde Religionsverwandte. 45 halten, wenn ſie auf oder abſteigen wollten. Sie machten ſich mit dieſen Katerdsjts ſo gemein, daß einer von ihnen ein paarmal von ſeinem Kaufmann verlan- gen durfte, er ſollte ihm den Rücken kratzen. Ein türkiſcher Bedienter zweyer Griechen, nannte ſeine Herren Dsjaurler, oder den einen Chriſtophelo, und den andern Papas Ugli, und ſie nannten ihn Bekir Aga. Ja die Griechen nannten ſich ſelbſt in Gegenwart der Türken, Dsjaurler (Ungläubige), und die Mohämmedaner allezeitAga, Baschäm, Effendüm, Sultanüm, Hadsj u. ſ. w. War aber kein Mohämmedaner gegenwärtig, ſo bezeigten ſie ſich bisweilen unerträglich ſtolz, und die Namen Kafr, Köpek u. d. gl. waren die gelindeſten, welche ſie den Türken beylegten. Der gröſte Theil der Armener, welche ich gekannt habe, ſchien mir ernſthaft und aufrichtig zu ſeyn. Dieſe begegneten den Türken mit einer gewiſſen Würde, und es ſchien mir, daß die Türken ſich gegen ſie auch höflicher bezeigten, als gegen die Griechen. Sie mußten zwar auch beſtändig den Namen Dsjaur hören, ſie ſcherzten damit aber nicht, ſondern nannten ſich unter ſich Chriſten. Ich habe auch oft gehört, daßge- ringe Mohämmedaner ſie bey dieſem Namen gerufen haben. Es ſcheinet daß die Juden in Jemen und zu Schiräs von den Mohämme- danern wenigſtens eben ſo ſehr verachtet werden, als von den Chriſten in Europa. In dem Königreiche Omän ſind nur ſehr wenige Juden, und von dieſen habe ich blos ihren Vorſteher (Schech) geſprochen. Dieſer war mit den daſigen Mohäm- medanern ſehr zufrieden, und kleidete ſich ſogar als ein Mohämmedaner. In den türkiſchen Städten findet man eine große Menge Juden. Sie treiben daſelbſt, ſo wie in andern Morgenländern, allerhand Handthierungen, und ſcheinen in dieſem Stücke mehr Freyheit zu haben als ihre Brüder in Europa, wo ſie oft von den Zünften verhindert werden ihr Brod durch ihre Handarbeit ehrlich zu verdienen. Weil ſie aber wegen der Kopfſteuer ein gewißes Zeichen tragen müſſen, woran man ſie erkennen kan, weil ſie auch nicht nur von dem türkiſchen, ſondern auch von dem chriſtlichen Pöbel ſehr verachtet werden, ſo ſind ſie die zaghafteſten Unterthanen des Sultäns. Ich habe nicht gehört, daß die Araber ſie anders genannt hätten, als Jehüdi. Der türkiſche Pöbel aber, und nach ihrem Beyſpiel auch ſehr oft die Chriſten, nennen ſie Tschefüd, ein Name welcher noch weit verächtlicher iſt als Dsjaur. Man findet indeſſen unter ihnen auch große Kaufleute und Wechsler, F 3 die 46 Betragen der Mohämmedaner gegen fremde Religionsverwandte. die ihres Geldes wegen bey der türkiſchen Regierung ſehr wohl gelitten ſind, und daher Gelegenheit haben, ihre Mitbrüder zu rächen, wenn ſie beleidigt werden ſollten. Die morgenländiſchen Juden befinden ſich ſehr wohl in Egypten; denn ſie haben ſich in dieſem Lande ſo mohtwendig zu machen gewußt, daß ſie ſchon ſeit vielen Jahren alle Zölle gepachtet, und ſich vornemlich dadurch bey den vornehmen „Kähirinern ein großes Anſehen erworben haben. Man kann wohl nicht behaupten: daß die Mohämmedaner überhaupt, die fremden Religionsverwandten für unrein halten. Obgleich ein Araber, welcher niemals Europäer geſehen hatte, ingleichen einige ſcheinheilige Geiſtliche nicht mit mir eſſen wollten, weil ich ein Chriſt war, ſo habe ich doch ſehr oft mit Sünniten, und dieſe wiederum mit mir gegeſſen. Die verſchiedenen Sekten der Heiden in In- dien aber eſſen nicht einmal mit einander, obgleich die Bramänen ihre gemeinſchaft- liche Prieſter ſind, und noch weniger mit fremden Religionsverwandten. Die Perſer eſſen auch weder mit Heiden, Juden noch Chriſten aus einer Schüſſel, ja nicht einmal mit den Sünniten, obgleich dieſe Mohämmedaner ſind. Von den Juden iſt eben dieſes auch bekannt. Die Sünniten ſchließen aus dieſer beſondern Gewohnheit der Indianer, Perſer und Juden, daß dieſe Nationen alle andere für unrein halten. Weil nun die Chriſten ſich gleich willig zeigen mit ihnen zu eſſen, ſo iſt dieſes vermuhtlich eine der vornehmſten Urſachen, warum ſie zu ihnen ein weit größeres Vertrauen bezeigen, als zu allen übrigen der erwähnten Nationen. Die Gaſtfreyheit der Araber iſt von je her berühmt geweſen, und ich glaube auch daß die jetzigen Araber dieſe Tugend nicht weniger üben als ihre Vorfahren. Wenn jemand in Geſchäfften an einen vornehmen Schech oder andern Herrn geſandt wird, ſo wird er, nach der Gewohnheit der meiſten Morgenländer, während ſei- nes Aufenthalts auf Koſten deſſelben unterhalten, und er erhält überdieß bey ſeiner Ab- reiſe gemeiniglich ein Geſchenk. Ein bloß Reiſender, welcher einen vornehmen Schech in der Wüſte beſuchen wollte, könnte vielleicht eben dieſes erwarten. In den Städten aber ſind Karwanſerojs, oder andere öffentliche Häuſer für Reiſende. Ein Fremder kann daſelbſt eben ſo wenig erwarten, daß ihn Leute, die ihn nicht kennen, bitten werden bey ihnen einzukehren, als in Europa. Indeſſen findet man in eini- gen Gaſtfreyheit der Araber. 47 S--–-Y- - -" gen Dörfern von Tehäma auch freye Herbergen, wo alle Reiſende einige Tage um- ſonſt Quartier, Eſſen und Trinken erhalten können, wenn ſie ſich mit der gemeinen Koſt der Araber begnügen wollen, und dieſe Häuſer werden fleißig beſucht. Ich ſelbſt bin auf meiner Reiſe von Loheia nach Beit el Fakih mit allen meinen Reiſe- gefährten, Bedienten, Kameel- und Eſeltreibern in einem Dorfe Menejre, ein paar Stunden in einer ſolchen Herberge geweſen. Der Edelmann (Schech) von die- ſem Dorfe, der ſie unterhielt, war nicht nur ſo höflich ſelbſt zu uns zu kommen, und uns beſſeres Eſſen als ſeinen übrigen Gäſten geben zu laſſen, ſondern er bat uns ſo gar die Nacht bey ihm zu bleiben. Ich machte in Geſellſchaft eines Fakih (ara- biſchen Gelehrten) eine Reiſe von Beit el Fakih nach Tahäte, und wußte daß der Schech von dieſem Dorfe auch eine freye Herberge für Reiſende hatte. Ich wollte aber dieſem Herrn nicht zur Laſt ſeyn, ſondern nahm mit meinem Reiſege- fährten, welcher die Reiſe meinetwegen unternommen hatte, mein Quartier in einer andern Herberge, wo ich für mein Geld zehren konnte. Mein Fakih kannte den Schech zwar nicht, er machte ihm aber als ein Reiſender ſeine Aufwartung. Kaum war er wieder zurückgekommen, ſo kam der Schech ſelbſt, und bat daß wir bey ihm einkehren möchten. Weil ich aber noch das Dorf beſehen wollte, und nicht Luſt hatte mein Quartier um einer Nacht willen zu verändern; ſo ſchickte der Schech uns ein gutes Abendeſſen, welches mir ſehr wohl zuſtatten kam, weil ich in mei- nem Quartier nichts als die gemeine arabiſche Koſt erhalten konnte. In dieſen beyden Dörfern war vorher vielleicht niemals ein Europäer geweſen. Indeſſen kan man doch wohl aus der Art, wie ich hier empfangen ward, ſchließen, daß die Ara- ber noch jezt gaſtfrey, und nicht wenigergaſtſrey gegen Chriſten als gegen ihre eigenen Glaubensgenoſſen ſind. - Die Araber nöthigen auch einen jeden der ſie bey Tiſche antrifft, mit zu eſſen, er mag ein Chriſt oder Mohämmedaner, vornehm oder geringe ſeyn. Ich habe in den Karwänen oſt mit Vergnügen geſehen, daß ſogar arme Eſeltreiber die vorbergehenden genöthiget haben an ihrer Mahlzeit Theil zunehmen. Und wenn gleich die meiſten höflich dankten, ſo theilten ſie doch mit freudiger Mine das we- nige, was ſie an Brod und Datteln hatten, mit andern, die es annehmen wollten. Es befremdete mich deswegen nicht wenig, da ich nachher in der Türkey ſah, daß - bis- - ----- 48 Gaſtfreyheit der Araber. bisweilen reiche Türken ſich in einen Winkel ſetzten, um nicht nöthig zu haben, de- nen, die ſie etwa bey Tiſche hätten antreffen können, etwas von ihrem Eſſen an- zubieten *). Man hält davor, daß, wenn ein Schech der Bedouinen ein Stück Brodt mit einem Reiſenden iſſet, dieſer gewiß verſichert ſeyn könne, er werde ihn aufs möglichſte beſchützen. Ein Reiſender thut deswegen ſehr wohl, wenn er mit ſeinem Führer auf dieſe Art bald Freündſchaft macht. Man zweifelt aber daß die Araber in den Städten, und die Türken überhaupt, ſich einem Reiſenden für eine Mahl- zeit ſehr verpflichtet halten. Der gewöhnliche Gruß der Araber beſteht in den Worten: Saläm alei- kum, d. i. Friede ſey mit euch. Sie legen dabey die rechte Hand auf die linke Bruſt. Die Antwort darauf iſt, Aleikum eſſaläm, d. i. mit euch ſey Friede. Alte Leute ſetzen oft noch hinzu: und die Barmherzigkeit und der Segen Gottes. Die Mohämmedaner in Egypten und Syrien grüßen einen Chriſten niemals alſo, ſondern ſagen nur: Sebachhelchair, guten Morgen, oder Sahheb ſalamát, Freund, wie befindeſt du dich? Die Araber in Jemen welche nur ſelten Chriſten ſehen, - *) D. Schaw bemerkt in der Vorrede zu ſeiner Reiſebeſchreibung: Die Araber laſſen ausrufen, daß ein jeder, welcher Luſt habe, kommen, und mit ihnen eſſen möge. Dieß habe ich niemals gehört. Es geſchieht aber vielleicht bisweilen bey den großen Schechs. Dieſe haben weder Hoftrompeter noch Glocken wodurch ſie ihren Leuten anzeigen laſſen können, daß ſie zu Tiſch kommen ſollen. Und wenn die ganze Geſellſchaft Araber, die einen reiſenden Europäer begleitet, ſo wie bey ihren Schechs aus ſeiner Küche iſſet, ſo kan es ſeyn daß ſie dem Fremden in dieſem Stücke eine eben ſo gßroe Ehre erzeiget als ihren Oberhäuptern. Nemlich, daß ſie alle in der Nähe ſich aufhaltende Araber zur Mahlzeit rufen läſſet. Johann Wilde hat auch in der Türkey verſchiedene Häuſer angetroffen, wo den Rei- ſenden drey Tage umſonſt Quartier, Eſſen und Trinken gegeben ward. Er nen“ net dieſe Häuſer Imareth. Siehe ſeine Reiſebeſchreibung S. 19o. In Jemen - heiſſen ſie Menſale. 80 --- Von der Gaſtfreyheit der alten Araber lieſet man ei- nige Beyſpiele in den Melanges de litterature par Cardonne Tom. I. P. 149. 163. Gruß der Araber. 49 ſehen, ſind aber nicht ſo eifrig, daß ſie nicht auch bisweilen zu den Chriſten Sa- läm aleikum ſagen ſollten. Die gemeinen Leute in der bergigten Gegend von Ie- men, und beſonders die Soldaten, ſagen zu Leuten, welchen ſie auf der Reiſe be- gegnen, ve») e 22 Jaum el Nür, und der andere antwortet: / W) e. V. Jaum el Kbür. Ich habe die eigentliche Bedeutung dieſes Grußes nicht erfa- ren können. Man ſagte aber, daß kein vernünftiger jemanden alſo grüßen, daß aber demohngeachtet ein jeder die bemerkte Antwort geben würde, wenn ihm jemand mit den Worten Jaum el Nür anredete. Ich hielt es lange für einen übertriebenen Stolz und Religionseifer der Mohämmedaner, daß ſie die Chriſten nicht eben ſo wie ihre eigene Religionsver- wandte anreden. Ich grüßte ſie einigemal mit den Worten Saläm aleikum, und erhielt doch bisweilen die gewöhnliche Antwort. Endlich bemerkte ich in Na- tolien, daß vielleicht die Chriſten ſelbſt mit Urſache daran ſind, warum die Mo- hämmedaner ihnen nicht eben ſo, wie ihren eigenen Glaubensgenoſſen, danken. Denn die griechiſchen Kaufleute, mit welchen ich hier reiſete, ſahen es nicht gerne, daß ich die Mohämmedaner als ein Mohämmedaner grüßete. Und wenn ſie von den vorbeyreiſenden Türken nicht erkannt wurden, weil es den Chriſten in dieſer Ge- gend erlaubt iſt auf der Reiſe einen weißen Turban zu tragen, damit ſie von den Räubern in der Ferne für Mohämmedaner und herzhafte Leute gehalten werden mö- gen; ſo antworteten ſie niemals, wenn einer Saläm aleikum zu ihnen ſagte. Man wird vielleicht nicht vermuhten, daß man noch jezt ähnliche Gewohn- heiten unter den Europäern findet. Ich höre aber, daß die Römiſchcatholiſchen in einigen Gegenden von Deutſchland, wo ſie mit den Proteſtanten in denſelben oder nahe gelegenen Dörfern leben, die letztern niemals mit dem unter ihnen gewöhnli- chen Gruß: Gelobet ſey Jeſus Chriſt, anreden, und daß die Proteſtanten, wenn es auch aus einem Verſehen geſchähe, ihnen nicht mit der unter den Catholi- ken gewöhnlichen Antwort: in Ewigkeit Amen, danken. - Wenn ſich bekannte Araber in der Wüſte des Berges Sinai, oder auf dem Wege in Egypten antreffen, ſo geben ſie ſich wohl ſechs bis zehn mal die Hände. Jeder küſſet ſeine eigene Hand, und wiederholet immer die Fragen: Wie befindeſt du dich, u. ſ. w. Die Araber in Jemen, welche für Leute die Lebensart haben, ge- G halten 5O Gruß der Araber. halten ſeyn wollen, machen bey ihren Zuſammenkünften nicht weniger Compli- mente. Neinlich, jeder ſtellet ſich als wenn er dem andern die Hand küſſen, und jeder zieht ſeine Hand zurück, als wenn er dieſe Ehrenbezeigung von dem andern nicht annehmen will. Damit aber der Streit nicht zu lange daure, ſo erlaubt die vornehmſte oder älteſte Perſon gemeiniglich, nach einigem Zucken mit der Schulter und mit der Hand, daß die andere ihre Finger küſſen möge. Vornehme Araber umarmen ihres Gleichen bey Zuſammenkünften, und berühren ſich mit den Backen. Kurz, die Araber erweiſen ſich bey einer ſolchen Gelegenheit nicht weniger Höflich- keit als die Europäer. Die vornehmen Araber haben ihre Zimmer forne in ihren Häuſern, und von dem Frauenzimmer, welches immer hinten im Hauſe wohnet, höret man gar nichts. Alle andere, als Kauf- und Handwerksleute, Schreiber, u. ſ. w. ha- ben ihre Buden, wo man ſie den ganzen Tag finden kann, in den großen Markt- ſtraßen. Wenn man auch von einem Araber nach ſeinem Hauſe geführet wird, ſo muß man ſo lange vor der Thüre warten, bis er vorher alle ſeine weibliche Haus- genoſſen durch das Wort Tarik, d. i. Plaß, angewieſen hat, ſich in ihre Kammern zu begeben. Keine Mannsperſon grüßet das Frauenzimmer auf der Straße, ja es wird für ungeſittet gehalten es nur etwas ſcharf anzuſehen. Weil alſo das mo- hämmedaniſche Frauenzimmer, ſowohl vornehmeren als mittlern Standes, von der Geſellſchaft der fremden Mannsperſonen gänzlich ausgeſchloſſen iſt, ſo habe ich nie- mals Gelegenheit gehabt zu ſehen mit welchen Ceremonien Fremde von demſelben empfangen werden. Es ſcheinet daß die Weiber eine außerordentlich große Ehrfurcht gegen die Männer bezeigen. Eine arabiſche Dame, die uns in einem breiten Thal in der Wüſte des Berges Sinai entgegen kam, entfernte ſich vom Wege, ließ ihr Ka- meel von ihrem Bedienten führen, und ging ſelbſt ſo lange zu Fuß bis wir vorbey waren. Eine andere Frau, welche uns zu Fuß in einem engen Thal begegnete, ſcßte ſich zur Seite des Weges, und kehrte uns Vorbeyreiſenden den Rücken zu. Die Weiber der Bedouinen auf der Gränze von Jemen und Hedsjäs küßten die Schechs mit vieler Ehrerbietung auf den Arm, und dieſe küßten wieder ihnen das Tuch, welches ſie um den Kopf gebunden hatten. Wie ich mit dem Schechel Belled Gruß der Araber. 5 I Belled zu Loheia einmal außerhalb der Stadt ſpazierete, begegnete uns eine arme Frau, die ſich ſtellete als wollte ſie ihrem Bürgermeiſter ſogar die Füße küſſen. Er war aber ſo höflich ſtill zu ſtehen, und das eine Knie in die Höhe zu halten, welches ſie auch ehrerbietig küßte. Aus dieſen Beyſpielen läßt ſich aber noch gar nicht ſchließen, daß das ſchöne Geſchlecht unter den Mohämmedanern geringe ge- achtet wird. Die Araber ſind von mittelmäßiger Statur, mager und gleichſam von der Hiße ausgedörret. Sie ſind aber auch ſehr mäßig im Eſſen und Trinken. Der gemeine Araber trinkt gemeiniglich nichts als Waſſer, und genießet faſt kein ande- res Eſſen, als friſch gebackenes ſchlechtes Brod von Durra, (einer Art Hirſe) mit Butter, Öhl, Fett oder Kameelsmilch durchknetet. Dieſes Brod war mir zwar jederzeit eine ſo unangenehme Speiſe, daß ich nicht zweifle, ich würde an deſſenſtatt lieber Gerſtenbrod gegeſſen haben. Der gemeine Araber aber iſt daran von Ju- gend auf gewöhnt, und ſcheinet es mit Vergnügen zu eſſen, ja bisweilen lieber als Waizenbrod, welches er zu leicht findet. Die Araber haben verſchiedene Manieren ihr Brod zu backen. Auf dem Schiffe, mit welchem wir von Dsjidda nach Loheia fuhren, mußte einer von den Matroſen alle Nachmittage ſo viel Durra als für einen Tag nohtwendig war, auf einem länglicht breiten, und auf der Oberfläche etwas gekrümmten Stein, von der Figur H, auf der erſte Tabelle, mit einem andern langen und runden Stein, naß reiben, und aus dem Mehl einen Teig und platte Kuchen machen. Unterdeſſen ward der Ofen geheizt. Dieſer war ein umgekehrter großer Waſſertopf, etwa drey Fuß hoch, ohne Boden, rundum dick mit Leimerde beſchmieret, und auf einem be- wegkichen Fuß wie die Figur F auf eben dieſer Tabelle anzeiget *). Wenn der - G 2 Ofen *) Der Ofen in welchem die Türken zu Conſtantinopel ihre wohlſchmeckende Braten (Kabäb) machen, hat eben dieſe Figur. Er iſt merkwürdig, weil ſeiner in Sales Koran im 9. Cap. p. 178., im 23. Cap. p. 282., und bey andern morgenländiſchen Schriftſtellern mehr gedacht wird, . Es 52 Eſſen und Trinken der Araber. Ofen heiß genug war, ſo ward der Teig, oder vielmehr die Kuchen inwendig an die Seiten des Ofens angeklappet, ohne daß die Kohlen herausgenommen wurden, und der Ofen ward zugedeckt. Nachher ward das Brod, da es ſür einen Euro- päer noch kaum halb ausgebacken geweſen ſeyn würde, herausgenommen und ganz warm gegeſſen. Die Araber in der Wüſte bedienen ſich einer eiſernen Platte um ihre Brodkuchen zu backen. Oder ſie legen einen runden Klumpen Teig in heiße Kohlen von Holz oder Kameelmiſt, bedecken ihn ganz damit, bis das Brod ihrer Meinung nach gahr geworden iſt, da ſie alsdann die Aſche davon abſchlagen, und es ganz warm eſſen. Die Araber in Städten haben ohngefehr eben ſolche Back- öfen als die unſrigen. Dieſen fehlet es auch nicht an Waizenbrod. Es hat gleichfalls die Figur und Größe unſerer Pfannkuchen, und iſt ſelten genug gebacken. Die übrige Nahrung der Morgenländer beſtehet vornemlich in Reis, Milch, But- ter, Cheimak oder dicken Milchrahm und allerhand Gartenfrüchten. Es fehlet ihnen nicht an Fleiſchſpeiſen. Dieſe werden aber in den heißen Ländern nur wenig genoſſen, weil alles Fleiſch daſelbſt für ungeſund gehalten wird. Sie kochen ihr Eſſen allezeit unter einem Deckel, welches es ſehr ſchmackhaft macht. Der Tiſch der Morgenländer iſt nach ihrer Manier zu leben eingerichtet. Da ſie auf der Erde ſitzen, ſo breiten ſie ein großes Tuch mitten im Zimmer auf dem Fußboden aus, damit die abfallenden Brocken nicht verſchüttet, und die Tapeten nicht befleckt werden. Auf dieſes Tuch ſetzen ſie einen kleinen Schemel, der eine große runde kupferne, und ſtark verzinnte Platte trägt, auf welcher das Eſſen in verſchiedenen kleinen kupfernen, allezeit in und auswendig gut verzinnten Schüſſeln, aufgetragen wird. Bey den vornehmen Arabern findet man anſtatt der Servietten ein langes Tuch, welches alle die um den Tiſch ſitzen, auf den Schooß legen. - Wo Es iſt beſonders daß der gemeine Araber noch jezt ſein Brodkorn reibet, da doch die Naten Gelegenheit genug gehabt hat, die Bequemlichkeit und Einrichtung der Müh- ken kennen zu lernen. Sie finden aber vielleicht das Brod ſchmackhafter, wenn das Kern gerieben, als wenn es gemahlen iſt, und in dieſem Falle mögen ſie denn Urſache haben bey der alten Gewohnheit zu bleiben. Die africaniſchen Scla- ven in America ſollen auch noch, wenn ſie gleich viele Jahre unter den Europäern geweſen ſind, ihren kleinen Mais, ingleichen die Caffebohnen, auf einem Stein reiben. Eſſen und Trinken der Araber. 53 Wo dieſes fehlt, da nimmt jeder anſtatt der Serviette ſein eigenes kleines Tuch, welches er bey ſich trägt, um ſich damit abzutrocknen wenn er ſich gewaſchen hat. Meſſer und Gabel brauchen ſie nicht. Die Türken haben bisweilen bey ihren Mahl- zeiten Löffel von Holz oder von Horn. Die Araber ſind ſo gewohnt ihre Hand als - einen Löffel zu gebrauchen, daß ſie des Löffels auch bey der mit Brod durchkneteten Milch entbehren können. Andere Löffelſpeiſen erinnere ich mich nicht bey ihnen geſehen zu haben. Bey einer europäiſchen Tafel bezeigen ſich die Mohämmedaner nach unſerer Art ſehr ungeſittet. Ein Zöllner bey den Dardanellen, der erſte vornehme Mo- hämmedaner welchen ich habe eſſen ſehen, ſpeiſete des Abends bey dem allda woh- nenden franzöſiſchen Conſul. Er zerriß ſein Stück Fleiſch mit den Händen. Er brauchte ſeine Serviette um ſich die Naſe zu reinigen, u. ſ. w. Alles dieſes gab mir einen ſchlechten Begriff von den Sitten der Türken. Doch glaube ich, daß dieſer Zöllner entſchuldiget werden konnte; denn ich habe nachher oft geſehen, daß, wenn die Mohämmedaner es bey mir verſuchen wollen mit Meſſer und Gabel zu eſſen, es ihnen, da ſie gar nicht darzu gewohnt waren, ſo mühſam geworden, daß ich es ihnen nicht verdenken konnte, wenn ſie ſich nach Landes Gewohnheit der bloſ- ſen Finger bedienten. Sie laſſen alle ihre Fleiſchſpeiſen in kleine Stücke geſchnit- ten auftragen. Sie eſſen nur mit der rechten Hand, die linke aber dient ihnen zum waſchen der unreinen Theile des Leibes. Sie ſind alſo gewiß ſehr übel daran, wenn die Europäer ihnen ein großes Stück Fleiſch vorlegen, und doch verlangen, daß ſie mit Anſtändigkeit eſſen ſollen. Der erwähnte Zöllner hatte vielleicht bemerkt, daß einer von uns ſich eines Schnupftuchs bedienet hatte. Wenn er nun die ihm gegebene Serviette gleichfalls für ein Schnupftuch gehalten hat, ſo kann man es ihm auch gar nicht übel nehmen, daß er ſich darein ſchneuzete. Es iſt zwar einem in den Morgenländern neu angekommenen Europäer ſehr unangenehm mit Leuten zu eſſen, die die Speiſen mit Händen aus der Schüſſel neh- men, man gewöhnt ſich aber darzu doch leicht ſelbſt, wenn man genauer mit ihrer Le- bensart bekannt wird. Weil die Mehämmedaner ihrer Religion nach verpflichtet find, ſich fleißig zu waſchen, ſo iſt ſchon deswegen ſehr wahrſcheinlich, daß ihre Köche das Eſſen wenigſtens eben ſo reinlich zubereiten wie die europäiſchen. Sie G 3 ſind 54 Eſſen und Trinken der Araber. W ſind ſogar verpflichtet die Nägel ſo kurz zu halten, daß ſich nichts unreines darun- ter ſetzen kann, weil ſie glauben daß ihr Gebet kraftlos ſey, wenn ſie auch nur die geringſte Unreinigkeit an ihrem Leibe haben. D2 ſie nun auch vor dem Eſſen, Hände, Mund und Naſe, gemeiniglich ſogar mit Seife, waſchen, ſo ſcheinet es einem zuletzt gleichgültig, ob einer das Eſſen mit reinen Fingern, oder mit einer Gabel aus der Schüſſel nimmt. Beyden vornehmen Schechs in der Wüſte, welche zu einer Mahlzeit nicht mehr als Pilau, d.i. gekochten Reis, verlangen, wird eine ſehr große hölzerne Schüſſel voll aufgetragen, und bey dieſer ſetzt ſich eine Parthey nach der andern, bis die Schüſſel leer iſt, oder bis alle geſättiget ſind. Ich habe auch bey Vornehmen in den Städ- ten, wo viele kleine Schüſſeln voll über einander in der Figur eines abgeſchnittenen Kegels, aufgetragen waren, geſehen, daß die niedrigen Bedienten ſich hingeſetzt, nachdem der Herr mit ſeinen Gäſten und vornehmſten Bedienten abgeſpeiſet hatte. Zu Merdin, wo ich mit etwa ſechszehen Hofbedienten des Weiwoden aß, ward auf eine andere Art ſerviret. Hier ſtellete ſich ein Bedienter zwiſchen den Gäſten, und hatte weiter nichts zu thun, als die eine Schüſſel wegzunehmen, und die an- dere, welche andere Bedienten herbey brachten, wieder nieder zu ſetzen. So bald die Schüſſel nur niedergeſetzt war, ſo ſah man alle ſechzehn Hände zugleich in der- ſelben, und dieſe meineten es alle ſo gut, vornemlich mit dem Backwerk, von wel- chem die Morgenländer als Waſſertrinker, große Liebhaber ſind, daß jeder ſelten dreymal zulangen konnte. Im Orient iſſet man immer ſehr geſchwinde, und bey der Mahlzeit zu Merdin ſchickten wir auch in der Zeit von ohngefehr zwanzig Minu- ten, mehr als vierzehn leere Schüſſeln wieder zurück. Das Tiſchgebet der Mo- hämmedaner iſt nur kurz. Doch beten ſie, und ich glaube man kann ſagen mit großer Andacht. Wenn ſie ſich zu Tiſche ſetzen, ſo ſagen ſie Bism alläh errach- män errachhim, d. i. im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes, und wenn einer nicht mehr eſſen will, ſo ſtehet er auf, ohne auf die übrige Geſellſchaft zu warten, und ſagt: Elhämd lilläh, d. i. gelobet ſey Gott *). Sie trinken NUr *) Ich leſe daß die Europäer mit großer Gelehrſamkeit und Beredſamkeit unterſucht haben: Num inter naturalis debiti & conjugalis officii egerium liceat pſallere, orare, Eſſen und Trinken der Araber. 55 nur ſelten zwiſchen dem Eſſen, ſondern wenn ſie ſich nach der Mahlzeit wieder ge- waſchen haben, nehmen ſie einen guten Trunk Waſſer, und darauf eine Taſſe Caffe. Die nordlichen und öſtlichen Araber nennen das Getränk von den Caffebohnen, Káhhwe, und ſind davon eben ſo große Liebhaber als die Türken. Es wird bey ihnen auch eben ſo zubereitet. Die Bohnen werden nemlich in einer offenen Pfanne gebrannt, nachher in einem hölzernen oder ſteinernen Mörſer geſtoßen, in einem ku- pfernen, in und auswendig ſchön verzinnten Topf gekocht, und ohne Milch und Zucker getrunken *). In Jemen trinkt man dieſes Getränk, welches man hier Bünn nennet, nur ſelten, weil man glaubt, daß es das Geblüt erhiße. Sie machen ſich deswegen ein Getränk von den Schalen der Caffebohnen, welches eine große Ähnlichkeit, ſowohl im Anſehen als im Geſchmak mit dem Theewaſſer hat. Dieſes halten ſie für kühlend, und daher für geſund. Sie nennen es gleichfalls Kähhwe, gemeiniglich aber Kiſcher, und bereiten es eben ſo wie das von den Bohnen *). Die Schalen werden nemlich ein wenig geröſtet, ſehr wenig ge- ſtoßen, orare, u. ſºw. Ich weiß nicht was die Mohammedaner über dieſe Materien geſchrieben haben. Man hat mich aber verſichert, daß ſie, ſo wie ſie alle ihre Beſchäftigun- gen mit den Worten Bism alläh errachmän errachhinn anfangen, auch eben dieſes ante conjugalis officii egerium ſagen ſollen, und daß kein ehrbarer Mann. dieſes verſäumt. *) Wir hatten in Arabien zwar eine Caffemühle, wir fanden aber den Unterſchied zwiſchen dem gemahlenen und geſtoßenen Caffe ſo groß, daß wir uns ihrer zulezt gar nicht mehr bedieneten. Ich weiß die Urſache davon nicht anzugeben, wenn man ſie nicht etwa darin findet, daß die öhlichten Theilen durch das Stoßen beſſer aus den Bohnen herausgebracht werden, als durch das Mahlen. Man findet ſchon viele und weitläuftige Nachrichten von der Lebensart der Morgen- länder in andern Büchern. Das kürzeſte, das umſtändlichſte und zuverläßigſte was ich davon geleſen habe, ſtehet in des Herrn Aler. Ruſſels Natural Hiſtory of Aleppo. Norden und Pocock haben verſchiedenes Hausgeräht der Morgenländer ſehr gut abgezeichnet. ") Die Franzoſen nennen dieſen Trank le Caffe à la Sultane. Voyage de l'Arabie heur- euſe P 244. Ich weiß nicht warum man ihm einen ſo vornehmen Namen bey- gelegt 56 Eſſen und Trinken der Araber. - - ſtoßen, damit ſie in dem Gefäße nicht zu viel Platz einnehmen, und in einem irdenen Topf von der Figur A auf der erſten Tabelle gekocht. Die Vornehmen in Jemen haben chineſiſche Taſſen, und auch bisweilen eben ſolche Untertaſſen. Gemeinig- lich aber ſo wie die nördlichen Araber und die Türken, feine ſilberne oder meſſingene Untertaſſen von der Figur B. Der gemeine Mann in Jemen hat Taſſen von Töpfer- erde von der Figur C. Obgleich den Mohämmedanern der Genuß von allem was nur die Sinne berauſchen kann, verboten iſt, ſo findet man doch bisweilen einige welche große Liebha- ber vom ſtarken Getränke ſind. Unſer Arzt fand bey einem reichen Kaufmann zu Loheia ſogar alles Geräht was zum Branntweinbrennen erfordert wird. Sie müſſen ſich doch aber ſehr in Acht nehmen, daß ſie nicht verrathen werden, und deswegen trinken die Säufer nur des Abends in ihren Häuſern. In den Städten auf der Gränze von Arabien, wo gemeiniglich viele Juden und Chriſten wohnen, kann ein Reiſender Branntwein, und bisweilen Wein bekommen. Zu Dsjidda woh- nete ein Grieche, welcher auch ſchlechten Branntwein brennete. Einige engländiſche Schiffer die nach Mochha kommen, bringen auch indianiſchen Arrak zum Verkauf mit. Außerdem aber findet ein Reiſender in ganz Jemen keinen trinkbaren Wein und Brantwein, als nur zu Saná, wo die Juden beydes gut, und in Ueberfluß ha- ben, und es ſo wie die Armener in Perſien, in großen ſteinernen Krügen aufbehal- ten. Die Juden zu Saná ſchicken zwar Wein und Branntwein an ihre Brüder in den andern Städten von Jemen, aber weil es ihnen an andern Geſchirren feh- let, in kupfernen Gefäßen. Ein Europäer würde ſich alſo übel darauf befinden, wenn er davon trinken wollte. Eben ſo wenig iſt eine andere Art von Getränk trinkbar, von welchem man uns zu Loheia etwas anſtatt des Weins verkaufte. Die- ſes wird, wenn ich nicht irre, von trockenen Roſinen gemacht, die in einem in der Erde eingegrabenen Topf zur Gährung gebracht werden. Man hat noch ein weißes und dickes Getränk, Buſa, welches aus Mehl zubereitet wird. Letzteres ſchmekte ich –F– gelegt hat. Denn auch alle gemeine Leute in Jemen trinken Kiſcher, und man findet in den Caffehütten, welche man in dieſer Provinz ſo häufig am Wege an“ trifft, nur ſelten ein anderes Getränk. - “------ E. De/e/r/ /écº . Eſſen und Trinken der Araber. 57 ich zu Dsjiſa, nahe bey Kähira. Es ſoll aber auch zu Básra bekannt ſeyn. In Armenien iſt es ein allgemein bekannter Trank. Daſelbſt wird es in großen Töpfen in der Erde aufbehalten, und gemeinlich aus denſelben vermittelſt eines Rohrs getrunken *). Weil die geringern Araber in den Städten auch lieben Keif zu haben, d.i. vergnügt zu ſeyn, die ſtarken Getränke aber nicht bezalen, und vielleicht gar nicht bekommen können; ſo rauchen ſie Haſchiſch, ein Kraut, welches Herr Forſkäl, und ſchon andere, die vor uns in den Morgenländern geweſen ſind, für Hanfblätter hielten *). Die Liebhaber dieſes Krautes verſichern, daß es ihnen vielen Muht gebe. Wir ſahen hievon ein Beyſpiel an einem von unſern arabiſchen Bedienten zu Loheia, welcher Haſchiſch geraucht hatte. Ihm begegneten vier Soldaten auf der Straße, und er bekam Luſt ſie alle vor ſich her zu treiben. Aber einer von ihnen prügelte ihn derbe aus, und brachte ihn nach Hauſe. Dem ohngeachtet konnte er nicht zur Ruhe gebracht werden, ſondern war noch immer gewiß verſichert, daß vier Soldaten ſich nicht gegen ihn würden wehren können. Weil *) Dieſes Getränks erwähnet 3Zenophon in ſeiner Retraite des dix Mille Liv. 4. p. 135. der Ueberſetzung von Perrot, und Tom. II. p. 78. der Commentaires ſur la retraite des dix mille de Xenophon par le Cointe, mit ſolgenden Worten: On y trouva (in Armenien) pour breuvage de la biere, quietoit bien forte quand on n'y mettoit point d'eau; mais ſembloit douce a ceux qui y eſtoient accouſtumez. On beuvoit avec un chalumeau, dont il y avoit la grande nombre de toute ſorte, & ſans noeuds, dans les vaiſſeaux mesme ou eſtoit la biere, ſur laquelle on voyoit l'orge nager. . . Mais quand on beuvoit a la ſanté de quelqu'un , il falloit aller au tonneau, & ſe baiſſer pour boire. Das Buſa ſcheinet einige Aehnlichkeit mit dem Tranke zu haben welchen die Ruſ: ſen 2xislö - ſchti, oder mit dem welches ſie ZXwaſſ' nennen. Neitſchitz fand das Getränk Buſo auch zu Sues. S. Siebenjährige Weltbeſchauung S. I 45- *) Kämpferi amoenitates exotica Faſe. III. Obſ 15. Ruſſels Natural Hiſtory of Aleppo p. 83. Die Scythen krochen unter Tücher, warfen Hanfſaamen auf die im Feuer durchglüeten Steine, und wurden durch den Rauch und Dampf ſo betäubet, daß ſie ein Geheule machten. Herodotus 4. Buch 71. H 58 Eſſen und Trinken der Araber. z Weil die Türken und Perſer ſo große Liebhaber von Opium ſind, ſo iſt es wahrſcheinlich, daß auch einige Araber ſich deſſen bedienen. Ich will ſie aber kei- nes Misbrauchs darin beſchuldigen, weil ich unter ihnen kein Beyſpiel davon ge- hört habe. Bey einem Beſuche wird dem Fremden, ſobald er ſich geſetzt hat, eine Pfeife Tobak, etwas Confituren und eine Taſſe Caffe oder Kiſcher gebracht. Man breitet ihm auch wohl eine koſtbar brodirte Serviette auf den Schooß. Bey den Vornehmen in der bergigten Gegend von Jemen fanden wir in den Monaten May, Junius und Julius den ganzen Tag durch kleine Bündel Käad, d. i. junge Sproſ- ſen von einem gewiſſen Baum, die man gleichſam zum Zeitvertreib iſſet, ſo wie man bey uns Schnupftobak nimmt. Dieſer Leckerbiſſen wollte uns gar nicht ſchme- cken. Es iſt auch ſehr wahrſcheinlich, daß der Käad ſeine Liebhaber vom Schlaf abhalte, und zugleich auszehre. Gleichwohl muß einjeder wohler- zogener Jemenenſer ein Liebhaber davon ſeyn. Diejenigen, welche gute Zähne haben, kauen ihn ſo wie er vom Baum gekommen iſt. Ich habe aber auch geſehen, daß alte Leute, die nicht mehr gut kauen konnten, ihn vorher in einem Mörſer geſtoßen haben. Die Araber rauchen ſo wohl aus der langen Pfeife, als aus der ſo genann- ten perſiſchen, welche ſie entweder Kiddra, oder Buri, oder Nardstl oder Ankire s/PC) nennen *). Der gemeine Mann macht letztere mit geringen Koſten von einer Cocusnuß, die Vornehmen aber laſſen ſie in verſchiedener Figur von Glas, Silber, und wohl gar von Gold verfertigen. Die Morgen- länder ſchneiden ihre Tobaksblätter nicht, ſondern zerreiſſen ſie blos mit den Fingern. Wenn ſie ihre Kiddra füllen wollen, ſo wird der Tobak immer vorher ſtark ange- feuchtet, und ſie müſſen nicht nur deswegen allezeit eine glüende Kohle auf ihre Pfeife *) Ein Araber welcher nns nach dem Berge Sinai begleitete, und unterweges ſeine Pfeiffe verlor, ſtopfte ſeinen Tobak in einen Knochen. Eine neue Erfindung für die Tobaksraucher die gleiches Unglück haben. Daß man in Oſtindien den Tobak in ein Blatt rollet, ſelbiges an dem einem Ende anzündet, und durch das andere Ende den Rauch zieht, iſt bekamt. Eſſen und Trinken der Araber. 59 Pfeife legen, ſondern auch weil ſie ſehr langſam rauchen. Bey einer jeden Anfül- lung der Pfeife wird vorher friſches Waſſer in die Kiddra gegoſſen. Die Vor- nehmen tragen bisweilen eine kleine Doſe mit wohlriechendem Holzbey ſich, und ſtecken denen von ihren Gäſten, für welche ſie eine außerordentliche Aufmerkſamkeit zeigen wollen, ein kleines Stück davon in die Pfeife, welches beydes einen ange- nehmen Geruch und Geſchmack giebet. Wenn der Fremde aufſtehen und weggehen will, ſo wird den Bedienten ein Zeichen gegeben, daß ſie Roſenwaſſer und Rauchwerk bringen ſollen. Beydes, die Flaſche mit dem Roſenwaſſer und das Räuchfaß, iſt bisweilen von Silber und ſehr ſchön gearbeitet. In Jemen aber hat man gemeiniglich eine Flaſche von Por- celain mit einem ſilbernen Deckel von der Figur D, und ein Rauchfaß von gefloch- tenem Rohr auf einem hölzernen Fuß nach der Figur E auf der erſten Tabelle. Die- ſe Ceremonie aber ſiehet man nur bey außerordentlichen Gelegenheiten, oder auch wenn man jemanden mit einer höflichen Manier anzeigen will, daß der Herr des Hauſes Geſchäfte habe; denn ſobald man mit Roſenwaſſer beſprüßt iſt, und den Bart und ſeine weiten Ermel geräuchert hat, muß man ſich nicht länger aufhalten. Bey einem täglichen Beſuch paſſiret nichts weiter, als Caffe oder Kiſcher, eine Pfeife Tobak und Káad. Wir wurden zu Raſchid (Reſette) bey einem griechi- ſchen Kaufmann zum erſtenmal mit allen morgenländiſchen Ceremonien empfangen. Einer von unſerer Geſellſchaft ward nicht wenig beſtürzt, als ein Bedienter ſich gerade vor ihm ſtellete, und ihm das Waſſer ins Geſicht und auf die Kleider ſchüt- tete. Zu unſerm Glücke war ein Enropäer bey uns, der die Sitten dieſer Länder beſſer kannte, und uns mit wenigen Worten die Sache erklärte, ſonſten würden wir den anweſenden Morgenländern zum Gelächter geworden ſeyn. Die Häuſer der vornehmen Mohämmedaner ſind weder von außen, noch in den Zimmern der Mannsperſonen prächtig. Es ſcheinet daß dieſe in nichts an- ders Pracht ſuchen, als nur in ihrem Gewehr, Pferdegeſchirr, und in der Men- ge ihrer Pſerde und Bedienten. Der Fußboden iſt in allen Zimmern, ſo wohl der Vornehmen als Geringern, belegt, wenn es auch nur mit einer Strohmatte iſt, und wer darauf treten will, muß vorher ſeine Pantoffeln, oder Stiefeln aus- H 2 ziehen 6O Wohnungen der Araber. - ziehen *). In den Wohnungen des vornehmen Frauenzimmers, ſoll man ſehr koſtbare Tapeten, Sofäs und anderes Hausgeräht antreffen. Ich ſah in einem ſolchen Harem, den der Stadthalter der Provinz Fars zu Schiräs bauen ließ, ein Zimmer, in welchem nicht nur die Decke, ſondern auch die Wände und Thüren, ja ſogar zwey kleine Pfeiler, ganz mit kleinen Spiegeln bekleidet waren. Der Fußboden, welcher noch nicht fertig war, ſollte mit den koſtbareſien Teppichen und Sofas belegt werden. Mitten in dem Audienzſaal des Imäms zu Saná war ein großes Waſſerbehältniß mit verſchiedenen Springbrunnen, um die Luft abzuküh- len. Ich habe dergleichen auch bey andern vornehmen Morgenländern angetroffen. Der Fußboden war aber rund um das Waſſerbehältniß entweder mit feinen Teppichen oder Marmor belegt. Wenn alſo der arabiſche Prophet, welcher ſelbſt nicht leſen und ſchreiben konnte, in dem 27ten Capitel des Koräns ſagt: daß der Fußboden in dem Audienzſaal Salomons mit Glas bedeckt geweſen ſey; ſo erzählt er wohl nur eine Fabel, wie man noch jezt dergleichen bey öffentlichen Verſammlungen in den arabiſchen Caffehäuſern häufig höret. Weil die Morgenländer den Fußboden ihrer Wohnzimmer ſehr reinlich halten, ſo gewöhnen ſie ſich auch um dieſer Urſache willen nur ſelten auszu- ſpeien, und wenn ſie auch ganze Stunden lang Tobak rauchen. Doch iſt es gar keine *) Dieſe Gewohnheit ſcheinet den Europäern nicht allezeit gefallen zu haben. Als der Bediente des Gouverneurs zu MTochha den Verſaſſer der Voyage de l'Arabie heureuſe bey dem Eintritt in das Zimmer erinnerte ſeine Schuh, welche er für Pantoffel anſah, auszuziehen; ſo drohete dieſer, daß er lieber keine Audienz, und ſeine Reiſe ganz umſonſt gemacht haben, als ſich dieſer morgenländiſchen Gewohn- heit unterwerfen wollte. Die Araber waren ſo höflich dem Ausländer ſeinen Wil- len zu laſſen. Sie dachten aber wohl eben das, was ein europäiſcher Kaufmann denken würde, welcher Hoffnung hätte einen vertheilhaften Handel mit einem Freun- den ſchließen zu können, wenn er dieſem auf ſein Verlangen die Erlaubniß gäbe, auf ſeinen Stühlen herumzulaufen. Die Europäer verlangen in den Morgenlän- dern bisweilen Vorzüge, die ihnen keine Ehre machen. Hätte der erwähnte Fran- zoſe bey dem Eintritt in den Audienzſaal ſeine Schuhe reinigen laſſen, ſo hätte er ſie auch wohl ohne Einwendung anbehalten können. Wohnungen der Araber. 6I keine Unanſtändigkeit in der Geſellſchaft, wenn einer etwa auswirft. Ich ſelbſt habe oft bey vornehmen Arabern geſehen, daß der Herr vom Hauſe ein kleines Ge- fäß von Porcelain mit einer kleinen Öffnung und einem breiten Rande, bey ſich ſtehen gehabt, und daß andere an die Wand, oder hinter den Küſſen, worauf ſie ſich leh- neten, oder aus den Fenſteröffnungen ausgeworfen haben. Die Häuſer der Araber, welche von Steinen gebauet ſind, ſind alle oben platt. Die kleinern Häuſer in Hedsjäs und Jemen haben ganz dünne Wände, und ein rundes Dach, welches mit einer Art Gras bedeckt iſt. Ihre Figur iſt auf der erſten Tabelle bey I im kleinen abgebildet. Die kleinen Hütten der gemeinen Araber am Euphrat ſind gemeiniglich nur mit Strohmatten bedeckt, und durch Zweige von Dattelbäumen unterſtützt, oben aber auch rund. Ich weiß nicht, welche von dieſen Hütten man am beſten mit der Figur der Mappalia der Africaner, welche Salu- ſtius beſchreibt, vergleichen könne. Beyde aber ſcheinen ihnen ähnlicher zu ſeyn als die Zelte der herumſtreifenden Araber. Denn dieſe ſind ſo wie die Zelte der Türkmannen und Kiurden, welche ich geſehen habe, gemeiniglich von ſieben oder neun Stäben, wovon der mittlere der höchſte iſt, unterſtützt, und alſo oben nicht rund, ſondern ſie haben vielmehr die Figur eines alten europäiſchen Bauerhauſes. Herr Baurenfeind zeichnete zwar ein Zelt der Araber, welche ſich in der Gegend der Pyramiden aufhalten, es wird aber nicht nöthig ſeyn ſelbiges hier in Kupfer ſtechen zu laſſen, da man ſchon ein ähnliches auf der 65ten Tabelle des Herrn Nor- den ſiehet. - Die Araber haben verſchiedenen Manieren ſich zu ſetzen. Wenn einer be- quem ſitzen will, ſo ſetzet er ſich mit kreuzweis unter ſich geſchlagenen Schenkeln. In Gegenwart eines Vornehmern muß ſich ein jeder, welcher für geſittet angeſehen ſeyn will, ſo auf ſeine Hacken ſetzen, daß die Knie ſich auf der Erde oder dem Sofa berühren. Weil dieſe Stellung den wenigſten Plaß einnimmt, ſo ſitzen ſie auch gemeiniglich ſo bey Tiſche. . Zu dieſer letzten Manier zu ſitzen, habe ich mich nicht gewöhnen können, wie oft ich es auch verſucht habe. Die erſtere Art aber fand ich bey der weiten morgenländiſchen Kleidung bequemer, als das Sitzen auf einem Stuhl. Ich habe auch oft geſehen, daß die Araber ſich auf freyem Felde, H 3 WO 62 Manier der Araber zu ſitzen. wo es ihnen doch nicht an Platz fehlete, ſo geſetzt haben, daß ſie nur bloß von dem Fordertheil ihrer Füße unterſtützt waren. Dieſe Stellung iſt der Affen ihrer ziem- lich ähnlich. Man findet zwar in Tehäma eine Art Stühle oder Ruhebetten von der Figur G, man ſitzet aber auch auf dieſen ſowie auf der platten Erde, nemlich mit untergeſchlagenen Schenkeln. Die Araber tragen, ſo wie die Türken und Indianer, lange Kleider, doch ſind ſie in einigen Stücken von beyden unterſchieden. Die von mittlerm Stande in Jemen haben weite Beinkleider, und über dieſelben in Tehäma ein weites weiſſes, in der bergigten Gegend aber blau und weiſſes Hembd, mit ſehr weiten und langen Ermeln. Sie tragen gemeiniglich einen geſtickten, oder mit Silber beſchlagenen ledernen Gürtel, und in demſelben mitten vor dem Leibe, ein breites krummes, und forne ſpizes Meſſer (Jambea) mit der Spitze nach der rechten Seite. Ihr Ober- kleid gehet nur ein paar Handbreit unter die Knie, und hat keine Ermel, aber Un- terfutter. Auf der einen Schulter tragen ſie ein großes feines Tuch, eigentlich um ſich damit bey regnigten Wetter zu bedecken, und bey Sonnenſchein ſich gegen die Hitze der Sonne zu ſchützen, jezt aber auch bloß zum Zieraht. Ihre Kopftracht iſt beydes ſehr unbequem und koſtbar. Denn ſie tragen zehn bis funfzehn Müßen übereinander, wovon zwar einige nur von Leinwand, andere aber auch vom dicken Laken, (Fäs) oder mit Baumwolle ausgenehet, ſind, und die oberſte iſt bisweilen - koſtbar mit Gold brodiret. Auf denen welche ich mir bey meinen Freunden habe zeigen laſſen, fand ich allezeit die Worte: la alláh illa alláh, Mohämmed raſ- ſül alláh, oder einen andern Spruch aus dem Korän. Dieß iſt noch nicht die ganze Laſt, welche ein Araber auf dem Kopf trägt, ſondern er windet um die Menge Mützen noch ein großes, feines Neſſeltuch (Saſch). Dieſes hat an beyden En- den ſchöne ſeidene, und wohl gar goldene Franzen, die man zwiſchen den Schul- tern auf dem Rücken herunter hangen läßt *). Es würde ſehr unbequem ſeyn, dieſe - *) Die Mode das Ende des Turbans oder Saſch auf dem Rücken herunter hangen zu laſſen, ſcheinet ſchon ſehr alt zu ſeyn; denn ſo ſollen auch die Engel in der Schlacht bey ------- - ––--“ ------ –=---- - Kleidung der Araber. 63 - dieſe große Laſt beſtändig auf dem Kopf zu tragen. Die Araber ſetzen deswegen in ihren Häuſern, oder bey guten Freunden bisweilen alles, bis auf ein oder zwey VOUT den unterſten Mützen, bey ſich nieder, und beym Weggehen ſetzen ſie ihren Turban ſo bequem wieder auf den Kopf, als wir unſere Paruquen. Aber niemand kann vor einem Vornehmern anſtändig ohne Turban erſcheinen. Ich meyne auch bemerkt zuhaben, daß diejenigen Mohämmedaner, welche ſich das Anſehen großer Ge- lehrten geben wollen, einen beſonders großen Turban tragen. Die Schuhe der Araber mittlern Standes beſtehen, ſo wie der gemeinen Araber ihre, nur aus einer Sohle, mit einem oder ein paar Riemen über den Fuß, und einem um den Hacken. Man ſiehet davon verſchiedene Figuren auf der zweyten Tabelle bey E, F, G. Dieſe haben alſo nicht ſo lange Riemen als diejenigen, welche die Mahler zu den morgen- ländiſchen Kleidertrachten zu mahlen pflegen *). Die Araber tragen bisweilen in ihren Häuſern die in allen morgenländiſchen Ländern gebräuchliche hölzerne Pantof- feln von der Figur A, B, C. Das vornehme Frauenzimmer in Egypten und der Türkey trägt auch den Pantoffel C in ihren Häuſern, gemeiniglich aber noch viel höher *). / Die bey Bedr gekleidet geweſen ſeyn. S. Sales Koran Chap. 3. p. 51. in der Note b. Ingleichen die Ueberſetzung der allgemeinen Welthiſtorie der neuern Zei- ten. Tom. I. §- 8o. Man ſagte daß die Scherifs in Hedsjas wegen ihrer verſtorbenen Anverwandten ſchwarze Kleider anlegen. Dieſe Gewohnheit habe ich bey den übrigen Mohammedanern nicht bemerkt. *) Dieſe Tabelle iſt von Herr Baurenfeind. Er zeichnete auf ſelbiger auch den ſehr künſt- lich gemachten Schuh der Banianen H, deren übrige Kleidung nachher beſchrieben werden wird. In Natolien, wo es ſo kalt iſt daß man nicht mit bloßen Füſſen gehen kann, winden die armen Einwohner große Tücher um ihre Füſſe und Beine, und um dieſe binden ſie lange Riemen, oder Stricke, die an der Sohle be- feſtiget ſind. Dieſe Sohlen ſind oft nur von unzubereiteten Leder. *) S. Die Abbildung eines Frauenzimmers von Aleppo in des Herrn de Ferriols recueil de cent Eſtampes. Die übrige Kleidung der Aleppinerinnen iſt ſeit der Zeit ganz verändert. 64 Kleidung der Araber. Die vornehmen Araber in Jemen tragen eben ſolche weite Beinkleider, Hembden, und einen eben ſo großen Saſch oder Turban, ingleichen ein ſolch Meſſer vor dem Leibe, und ein Tuch auf der einen Schulter, wie die vom mittlern Stande. Sie haben überdieß eine Weſte mit engen, und einen weiten Rock mit ſehr weiten Ermeln. Auch entweder gelbe türkiſche Pantoffeln, oder Schuhe von gelben Leder nach der Figur D. Der gemeine Araber hat nur ein paar Mützen auf dem Kopf, und ſeinen Saſch nachläßig um ihn gebunden. Einige haben Beinkleider und ein Hembd, viele aber ſtatt derſelben nur ein Tuch, welches ihnen von der Hüfte bis an die Knie herunter hänget, einen großen Gürtel mit ihrer Jambea vor dem Leibe, und noch ein großes Tuch los auf der Schulter. Sie gehen übrigens nackend, und haben ſelten Schuhe. Man kann alſo leicht denken, daß die Haut unter ihren Füſſen ſehr dick und hart werden müſſe. In bergigten, und alſo kältern Gegenden trägt der gemeine Mann auch Schafpelze. Die vornehmen Araber haben zwar Taſchen in ihrer Weſte, nemlich eine an der einen Seite, und die andere auf der Bruſt. Die vom mittlern und geringern Stande aber verwahren ihren kleinen Geldbeutel, ihr Feuerzeug, Schnupftuch, u. d. gl. in ihrem großen Gürtel. Man vermuthet vielleicht nicht, daß die erwähnte wenige Kleidung auch die Bettkleider eines gemeinen Arabers ausmacht. Er breitet aber ſeinen großen Gür- tel aus, und ſo hat er ein Unterbett. Mit dem Tuch, welches er auf der Schul- ter trägt, bedeckt er ſich den ganzen Körper und das Geſicht, und ſchläft nackend zwiſchen dieſen beyden Tüchern ganz ruhig und zufrieden. Die Einwohner der ber- gigten Gegenden ſchlafen oft ganz nackend, in großen Säcken. Hierinn liegen ſie nicht nur warm, ſondern ſind auch mit wenig Mühe gegen Flöhe, Mücken, u. d. gl. geſchützt, wenn ſie ihr Bett nur umkehren und abſchütteln. In dem Königreiche des Imäms läßt ſowohl der Vornehme als Geringe ſeinen Kopf ſcheren. In andern Gegenden von Jemen aber laſſen alle Araber, ſelbſt die Schechs, ihre Haare lang wachſen, und tragen weder Mützen noch Saſch, ſondern ſtatt derſelben ein Schnupftuch, in welches alle Haare rückwärts auf dem Nacken liegend, eingebunden ſind. Einige laßen ihre Haare bis auf die Schulter herunter hangen, und binden, ſtatt des Turbans, einen kleinen Strick um den Baurer/Eºna. ae/ . '- De/ehrt ſeuz Kleidung der Araber. 65 den Kopf. Die Bedouinen auf der Gränze von Hedsjäs und Jemen trugen eine Mütze von geflochtenen Dattelblättern. Faſt alle Araber haben einige in Leder ge- nähete Amulete, oder auch einen Stein in Silber eingefaßt, über dem Elbogen auf dem Arm, und ſchlechte Ringe an den Fingern. Goldene Ringe und koſtbare Steine ſiehet man überaus ſelten bey einem Mohämmedaner. Man ſagt, daß ſie dem Geſetze nach verbunden ſind, ſelbige während ihrer Andacht abzulegen, wenn ihr Gebet erhöret werden ſoll. Das Oberkleid welches man Abba nennet, habe ich auf der Weſtſeite von Arabien nur bey reiſenden Kaufleuten geſehen. Auf der Oſtſeite dieſer Halbinſel, und vornemlich in der Landſchaft Lächſa aber iſt es die allgemeine Kleidung, ſowohl der Männer als Weiber. Die arabiſchen Schechs auf der türkiſchen Gränze klei- den ſich, vornemlich wenn ſie zur Stadt kommen, meiſtentheils türkiſch. Viele Araber tragen, wie geſagt, gar keine Beinkleider, dagegen haben die Araberinnen in der bergigten Gegend ſich derſelben völlig bemächtiget. Die ganze Kleidung der gemeinen arabiſchen Weiber beſteht aber auch nur in Beinklei- dern, und einem weiten Hembde, beydes von blauer Leinwand, und mit einigen Zie- rathen von verſchiedenen Farben genähet. Die Weiber in Tehäma tragen ſtatt der Beinkleider ein breites Tuch um die Hüfte gebunden. Die in Hedsjäs haben ſo wie die in Egypten, ein ſchmales Stück Leinwand vor dem Geſichte, ſo daß wenig- ſtens beyde Augen frey ſind. In einigen Gegenden von Jemen halten ſie, wenn ſie auf der Straße erſcheinen, einen großen Schleyer, den ſie über dem Kopf han- gen haben, ſo vor das Geſicht, daß kaum das eine Auge frey bleibet. Zu Saná, Taäs und Mochha haben ſie das ganze Geſicht mit einem Flor bedeckt. Einige Weiber zu Saná hatten ſelbiges mit Gold brodirt. Sie tragen überdieß eine Menge Ringe um die Arme und die Finger, und bisweilen in der Naſe und den Ohren, einige Reihen Glasperlen um den Hals, ſo wie die Weiber in Egypten und bey dem Berge Sinai. Ihre Nägel färben ſie blutroth, und ihre Hände und Füße mit dem Kraute Elhenne braungelb. Auch das inwendige der Augenlieder mit Köchhel, einer Farbe, welche aus Bleyerz verfertiget wird, pechſchwarz. Sie vergrößern nicht nur ihre Augenbraunen, ſondern mahlen ſich auch noch andere ſchwarze Zierathen ins Geſicht und auf die Hände. Ja ſie durchſtechen ſich des- I wegen 66 Kleidung der Araber. - wegen die Haut, und legen gewiſſe Materien auf die Wunden, welche die Ziera- then ſo tiefeinfreſſen, daß ſie Zeit Lebens nicht vergehen. Dieß alles halten die Araberinnen für ſchön. Sogar einige Mannsperſonen ſtreichen Köchel in ihre Augen, unter dem Vorwand, daß es das Geſicht ſtärke, da ſie doch von ehrbaren Leuten für petits Maitres gehalten werden. Dieſe färben auch ihre Nägel roth, und diejenigen, welche faſt nackend gehen, beſchmieren bisweilen ihren ganzen Kör- per mit Elhenne. Vielleicht weil die braungelbe Farbe ihnen beſſer gefält, als die natürliche Fleiſchfarbe, oder auch um anderen einzubilden, daß unter der Larve eine Schönheit ſey *). Die Araberinnen in den niedrigen und heißen Gegenden ſind von Natur braungelb. In den kältern bergigten Gegenden aber findet man, ſelbſt unter den Bauermädgen, ſehr hübſche Geſichter. Ich habe zwar einige Abbildungen von der Kleidung der gemeinen Arabe- rinnen, welche ich bey meiner Reiſebeſchreibung mit abdrucken laſſen werde. Aber das vornehme Frauenzimmer habe ich nicht geſehen, als nur etwa auf der Straße, und dieſe waren, auch in der heißeſten Jahrszeit, vom Kopf bis zu Fuß ſo eingehül- let, daß man kaum einen Finger ſehen konnte. Indeſſen ſah ich zu Loheia und Beitel Fakih daß einige, die vielleicht glaubten ſchön zu ſeyn, und deswegen ver- gaßen den Vorhang vorzuziehen, ſchwarze Zierathen im Geſichte, und beſonders ſehr große und ſchwarze Augenbraunen hatten. Die Juden in Jemen ſehen beynahe eben ſo aus als die polniſchen. Sie gehen nur nicht ſo bettelmäßig einher, und halten ſich reinlicher. In dieſer Pro- vinz dürfen ſie keinen Saſch tragen, und haben deswegen auf dem Kopf nichts wei- ter als eine ganz kleine Mütze. Ob ſie gleich bloß dadurch ſchon genug von andern Nationen unterſchieden werden können, ſo laſſen ſie doch an beyden Seiten einen großen Zopf Haare über die Ohren herunter hängen. Man erlaubt ihnen hier keine andere *) Die Europäer werden die erwähnten Moden gewiß nicht ſchön finden. Es gefällt aber den Arabern eben ſo wenig, wenn junge Eurºpäer ihre ſchwarzen Haare pudern, um ſich das Anſehen zu geben, als hätten ſie ſchon von Natur weiße Haare, oder wenn alte Leute ſich täglich den Bart ſcheren, und dadurch ein weibiſches Anſehen erhalten. - Tab. III . anen z« Mochha. 7 der Bani K/eza/zz. «rztreºt/ tr. / a/e/. Kleidung der Araber. 67 andere Kleider als von blauer Farbe zu tragen. Ihre Beinkleider, ihr Hembd, ihr Gürtel und ihr Oberrock iſt deswegen alles von blauer Leinwand. Den Baniänen in Jemen ward vor einigen Jahren, da ſie ſich noch, ſo wie in Indien, ganz weiß trugen, anbefohlen, ſich roht zu kleiden. Weil ſie aber eine große Summe an den Imäm bezahleten, ſo ward der Beſehl zwar zu der Zeit wieder zurückgenommen. Aber ſie erhielten bald darauf einen neuen Befehl, daß ihr Turban künftig roth ſeyn ſollte. Nun hatten ſie nicht Luſt mehr Geſchenke zu geben, und gehorchten. Sie gehen alſo jezt weiß mit einem rothen Turban. Die Kleidung eines jungen Baniänen, welchen wir zu Mochha ſahen, iſt auf der dritten Tabelle abgebildet *). Viele haben über dieſe, vornemlich wenn ſie ausgehen, noch ein Kleid von weißer Leinwand, das ihnen um den Leib und die Ermel dicht anſchließet, um die Hüfte aber hat es ſehr viele kleine Falten, und ſie- het alſo einen Rock der europäiſchen Bäuerinnen nicht unähnlich. Zu dieſer indi- aniſchen Kleidung gehört noch ein Gürtel. Die Baniänen und Juden dürfen in Jemen kein Gewehr, und alſo auch nicht das große arabiſche Meſſer tragen. Den Europäern, welche nach Arabien kommen, iſt erlaubt Gewehr zu tragen. Sie mögen ſich auch nach eigenem Gefallen kleiden. Es iſt aber des neu- gierigen und bisweilen unnützen Pöbels wegen am beſten, wenn ſie ſich nach Lan- desmanier kleiden, und alſo nur wenig bemerkt werden. Die Morgenländer haben nicht nur verſchiedene Moden in ihrer Kleidung, ſondern auch in der Manier ihren Bart wachſen zu laſſen. Die Juden in der Tür- key, Arabien und Perſien laſſen alle ihren Bart von Anfang an wachſen, und die- ſer iſt allezeit darin von den Bärten der Chriſten und Mohämmedaner verſchieden, O' J 2 - daß *) Dieſe Zeichnung iſt vom Herrn Baurenfeind. Das Tuch unn die Hüfte iſt durch ei- nen ſeinen Strik, in welchem man ferne eine von Silber ſchön gearbeitete Röhre ſiehet, befeſtiget. In der linken Hand hält der Banian einen Roſenkranz, nicht um darnach ſein Gebet zu verrichten, ſondern um ſich damit, ſo wie die Moham- medaner, bey müſſigen Stunden die Zeit zu vertreiben. Mit der rechten Hand zeigt er auf eine Kuh. Dieſe iſt zwar nach den perſpectiviſchen Regeln zu klein gezeichnet, ſie hat aber doch das Merkmal einer arabiſchen Kuh. Nemlich, kurze Hörner, und einen Klumpen Fett über den Forderbeinen. 68 Kleidung der Araber. daß die Juden ihn vor den Ohren und an den Schläfen nicht abſcheren, anſtatt daß die Bärte der übrigen oben ſpitz zulaufen. Die Araber halten den Knebelbart ganz kurz, und einige ſcheren ihn gänzlich weg, den eigentlichen Bart aber niemals *). In der bergigten Gegend von Jemen, wo man nicht gewohnt iſt Fremde zu ſehen, ſcheinet es ſogar eine Schande zu ſeyn, mit einem geſchornen Bart zu gehen. Man glaubte daſelbſt, daß unſer europäiſcher Bedienter, welcher nur einen Knebelbart trug, eine Miſſethat begangen hätte, und daß wir ihm deswegen ſeinen Bart hätten ab- ſcheren laſſen. Die meiſten Türken hergegen laſſen ihren Knebelbart ſehr langwach- ſen, und ſcheren den Bart mit einem Schermeſſer. Letzterer iſt bey ihnen ſogar ein Ehrenzeichen; denn die Sclaven und gewiſſe Bediente bey großen Herren müſſen ihn abſcheren, und dürfen nur den Knebelbart ſtehen laſſen. Die Perſer laſſen den Knebelbart gemeiniglich lang wachſen, den Bart aber halten ſie mit einer Schere ſo kurz, als wenn er nur einige Wochen alt wäre. Eine Mode, die ein Fremder nicht leicht ſchön finden wird. Die Kiürden ſcheren ihren Bart zwar mit einem Scher- meſſer, ſie laſſen aber außer dem Knebelbart, auch vieles von den Backenhaaren unter den Augen ſtehen *). Ich habe keinen von arabiſchen Vorfahren gebornen Araber geſehen, der nicht in ſeinen beſten Jahren, einen ſchwarzen Bart gehabt hätte. Dagegen habe ich einige alte angetroffen, die ihren weißen Bart roth gefärbet hatten, man ſagte aber daß ſie dadurch ihr Alter verbergen wollten. Dieſe Gewohnheit wird alſo mehr getadelt, als für ſchön gehalten. Die Perſer färben ihren ſchon ſchwarzen Bart oft noch ſchwärzer, und fahren damit wahrſcheinlich auch in ihrem Alter fort, um noch immer ein junges Anſehen zu haben. V Für einen ehrbaren Türken wird es für unanſtändig gehalten, ſeinen Bart ſchwarz zu färben, indeſſen ſollen es doch viele Vor- *) Plinius ſagt Libr. VI. 32. Arabes mitrati degunt, aut intenſo crine. Barba abra- ditur, praeterquam in ſuperiore labro. Aliis & harc intonſa. *) Ich ſah unter den indianiſchen Soldaten zu Bombay einige die nur blos das Kinn ſcho- ren, den Knebelbart und alle Backenhaare aber wachſen ließen. Dieſe Helden glaubten vielleicht ſich dadurch ein martialiſches Anſehen zu geben. Ich glaube alſº nicht daß ganze Nationen ihren Bart ſo tragen. Kleidung der Araber. 69 Vornehme thun. Dieſes ſcheinet für manche junge Herren von dieſer Nation, die ihre Schönheit erhöhen wollen, auch nothwendig zu ſeyn, weil die ſchwarzen Bärte unter den Türken nicht ſo allgemein ſind, als bey den mehr ſüdlich wohnenden Ara- bern und Perſern. Wenn die Türken, welche ihren Bart in ihren jüngern Jahren geſchoren haben, ihn wieder wachſen laſſen wollen, ſo beobachten ſie dabey einige Ceremonien. Sie beten nemlich ein Fátha, welches als ein Gelübde angeſehen wird, daß ſie ihren Bart niemals wieder ſcheren laſſen wollen. Die Mohämmedaner glauben vielleicht, daß die Engel in ihrem Barte wohnen, und daß ſie ihn deswegen nicht ab- ſcheren dürfen, wie von einigen Reiſenden bemerkt worden iſt. Es iſt aber auch gewiß, daß, wenn einer ſeinen Bart hat wachſen laſſen, und ihn hernach wieder abſchiert, er dafür ſcharf beſtraft werden kann. (Zu Bäsra, wie ich glaube, nach dem Ge- ſetze mit 3oo Prügeln, wenn er die Obrigkeit nicht mit Geld befriedigen kam.) Die Glaubensgenoſſen verlachen und verſpotten ihn darüber. Ein Mohämmeda- ner zu Básra, welcher ohngeſehr zwölf Jahre vor meiner Ankunft in dieſer Stadt, ſeinen Bart in der Trunkenheit abgeſchoren hatte, war heimlich nach Indien ent- wichen, und nicht wieder zurückgekommen, aus Furcht vor der Verachtung, Und der obrigkeitlichen Strafe. Er glaubte beydes zwiefach verdient zu haben, weil er ſeinen Eid, und das noch darzu in der Trunkenheit gebrochen hatte. Ich erkundigte mich bey einem Juden zu Maſkät, deſſen Familie über hun- dert Jahre in Omän gewohnt hatte, ob die daſigen Juden verpflichtet wären ihres verſtorbenen Bruders Frau zu heyrathen? Er antwortete mir: Wenn der älteſte von mehrern Brüder ohne Kinder verſtürbe, ſo müſſe der auf ihn folgende Bruder, auch wenn er ſchon verheyrathet wäre, die Wittwe, wenn ſie es verlangte, neh- men. Doch ſtehet es der Wittwe auch frey die Familie ihres verſtorbenen Mannes - zu verlaſſen, und ihr Glück anderwärts zu ſuchen. Zu Häleb ſoll der Fall faſt alle zwey oder drey Jahre vorkommen, daß ſolche Wittwen die Brüder ihrer ver- ſtorbenen Männer vor den Rabbi führen, wenn ſie ſich nicht freywillig bequemen wollen. Sie werden dann nach dem Geſetze Moſis darzu genöthiget, oder beſtraft. Umſtändlichere Nachrichten konnte ich von den Juden nicht erhalten. I 3 Eben 7o. Levirats Ehen. Eben der Jude zu Maſkät hatte zwey Kinder mit ſeiner Frau gezeugt. Nach einem Stillſtande von acht Jahren machte er ſich keine Hoffnung mehr Erben von ihr zu erhalten, und nahm deswegen eine andere, die aber ganz unfruchtbar blieb. Die erſte Frau hatte ihn vermuhtlich nicht darum gebeten eine zweyte zu nehmen; und er bekannte aufrichtig, daß er mit zwey Weibern nicht ſo geruhig und glücklich le- be, als vorher mit einem. Er müſſe nun zwey Haushaltungen führen. Er werde durch beyder Eiferſucht unaufhörlich gemartert, und könne nicht genug Verſtellun- gen und Geſchenke anwenden, um ſie zu beruhigen. Ich hörte anch zu Básra von einem Juden, der wegen der Unfruchtbarkeit ſeiner erſten Frau noch eine zweyte geheyrathet hatte, ohne die erſtere zu verſtoßen. Bey den Mohämmedanern geſchiehet es wohl daß einer ſeines verſtorbenen Bruders Frau heyrathet, die Wittwe hat aber kein Recht es zu verlangen. Kein Mohämmedaner darf auch mehr als vier Weiber zugleich haben, doch kan er ſo viele Sclavinnen halten als er ernähren kann, und mit ihnen leben. Indeſſen muß er entweder ſeinen Weibern die geſetzte Pflicht leiſten können, oder ſich auf eine andere Art mit ihnen abfinden, daß ſie ihn nicht verklagen. Den Schiiten iſt erlaubt freygeborne mohämmedaniſche Weiber zu halten, ohne ſich mit ihnen zu ver- heyrathen; den Sünniten aber iſt dieſes verboten. Niemand darf auch zwey Schweſtern zugleich heyrathen, ſondern wenn er die zweyte heyrathen will, ſo muß er vorher die erſtere verſtoßen. Die Frau wird von den Anverwandten des Mannes nicht als eine Verlaſſen- ſchaft angeſehen, die nicht in fremde Hände kommen und frey werden ſoll, wie Herr Michaelis in ſeiner LX Frage vermuhtet. Sie behält ſogar bey Lebzeiten ihres Mannes die Verwaltung ihres eigenen Vermögens, und alſo können die Anver- wandten des Verſtorbenen ſie noch viel weniger als eine Sclavinn anhalten. Ich habe mich nicht eigentlich darnach erkundiget, ob etwa die Geſetze der Mohámme- daner für die gekauften Sclavinnen, die der Herr geheyrathet hat, ſchärfer ſind, als ſür die freygebornen Mohämmedanerinnen. Es iſt mir nicht ſehr wahrſcheinlich, daß mehrere Brüder bey den Munga- len nur eine Frau bekommen können, weil ſo viele von ihren Mädgen zur Vielwei- berey Vielweiberey der Mohämmedaner. 71 berey in andere Länder verkauft werden, wie der Herr Hofraht Michaelis in ſeiner LX Frage nach Süßmilch bemerkt. Denn die Türken, Perſer, Araber und Indianer ziehen aus den Ländern, die ihnen weiße und ſchwarze Sclavinnen lie- fern, auch eine Menge Sclaven. Es bleiben alſo eben ſo viele vom weib- lichen als vom männlichen Geſchlechte zurück, wenn anders in dieſen Gegenden, ſo wie in Europa, von beyden ohngefehr gleich viel geboren werden. Vermuhtlich ge- het es bey den Mungalen eben ſo zu, als anderwärts, daß, wenn ihnen ihre Nachbaren ihre Mädgen rauben oder abkaufen, ſie auch die Knaben nehmen. Ich ſollte alſo denken, daß es den zurückbleibenden Männern nicht an Weibern fehle. Es iſt gleichfalls vermuhtlich, daß man bey den Mohámmedanern wegen des Scla- venhandels doch keinen größern überfluß an Weibern antrift, als in andere Län- dern. Denn die gekauften Sclaven der Türken und Araber heyrathen zumtheil auch, ja einige von ihnen, die zu großen Ehrenſtellen gelangen, oder ſich Reichthümer erwerben, nehmen bisweilen mehr als eine Frau. - Es iſt mir nicht wahrſcheinlich, daß in den Morgenländern mehr Mädgen als Knaben geboren werden ſollten, ob es gleich einige europäiſche Ärzte und Mönche, bey welchen ich mich darnach erkundigte, vermuhteten. Wer hievon et- was mit Gewißheit ſagen ſoll, der muß genaue Liſten von den jährlich gebornen haben. Weil man dieſe eben ſo wenig bey den morgenländiſchen Chriſten als bey den Mohämmedanern antrift, ſo kann ich darüber nichts ausmachen. Ich will in- deſſen hier einige kleine Liſten anführen, die ich von europäiſchen Mönchen erhalten habe. Hieraus wird man auch ohngeſehr die Anzahl der Römiſcheatholiſchen in dieſen Ländern beſtimmen können. Von den Capucinern zu Surát ſind getauft worden: Knaben. Mädgens. von 1 676. bis 17.oo. - I 4 O. I I 8. von 17o 1. bis 172 o. - I 2 2 . IZ O.» von 172 1. bis 1748. - I 49- I 29. von 1749. bis Sept. 1764. 94- 82. Alſo in 88# Jahren - 5 o5. | 459. Dieſe 72 Vielweiberey der Mohämmedaner. Dieſe Väter hatten unter andern in ihrem Kirchenbuche bemerkt: daß im Jahr 1678 zu Surät eine Frau, welche nicht mehr als 12 Jahr und 3 Monate alt geweſen, ein Kind geboren habe. Ingleichen daß im Jahr 1689 eine Frau an der Geburt eines Kindes geſtorben ſey, mit welchem ſie 18 Monate ſchwanger ge- weſen, daß man aber das Kind lebendig erhalten, und getauft habe. Nan wußte nicht mehr, wodurch man es habe beweiſen können, daß die Frau während der acht- zehn Monaten würklich ſchwanger geweſen ſey. - Ich hörte auch in Perſien von einer dreyzehnjährigen Mutter. Man verhey- rathet die Mädgens in dieſen Gegenden bisweilen ſchon in ihrem neunten Jahre, und ich ſelbſt habe jemand gekannt, deſſen Frau bey der Vollziehung ihrer Ehe nicht älter als zehn Jahre geweſen war. Eine Frau zu Abuſchähhr, die beynahe fnnſ- zig Jahre alt war, ſoll noch ein Kind geboren haben. Dieſes iſt wohl ein ſeltenes Beyſpiel, da die morgenländiſchen Weiber welche dreyßig Jahre zurück gelegt ha- ben, bereits ſür alt gehalten werden. - In der Kirche St. Michael zu Mahim auf der Inſel Bombay, ſind vo einem Carmeliter getauft worden: Knaben. Mädgens. Im Jahr 1758. - 55. 48. - - I 759. - 5 I . 48. - 2. 1 76 o. - 59. 56. Z - I 76 I. - 48. 54» - - 1 762. - 64. 59. Z - 1 763. - 64. 5 6. Alſo in ſechs Jahren 341 Knab. u. 3 2 1 Mädgens. In der Kirche Signora Eſperanza auſſerhalb der Stadt Bombay, wur- den getauft: Knaben. Mädgens. Von 175 1. bis 1755. - 4 I 9. 4 O 6. Von 175 6. bis 176 o. - 349« 35 5. Von 176 1. bis Oct. 1764. 2 46. 2 78. Alſo in 13 Jahren 1 0 1 4 Knab. u. 1 o 39 Mädgens. Unter Vielweiberey der Mohämmedaner. 73 Unter den zu Surät und Bombay getauften befinden ſich vermuhtlich einige wenige Sclaven und Sclavinnen der allda wohnenden Europäer, und der ſo ge- nannten Portugieſen. In den türkiſchen Ländern haben die Chriſten keine Gele- genheit Heiden zu taufen, und die Mohämmedaner dürfen ſie gar nicht bekehren. Wenn man alſo von daher viele Liſten von den getauften erhalten könnte, ſo würde man daraus mit mehrerer Gewißheit auf das Verhältniß der Männer zu den Weibern ſchließen können. Ich habe davon weiter keine Nachricht erhalten, als daß zu Bäsra von dem Anfang des Jahrs 1755 bis Auguſt 1765 in allem 52 Knaben, und 55 Mädgens von den europäiſchen Mönchen getauft worden ſind. Und von den Mönchen zu Bagdad habe ich dieſe Liſte erhalten: Knaben. | Mädgens. Von 174 1. bis 17.45. - I 3» 28. Von 1746. bis 175 o. - I 4. 2 I . Von 175 1. bis 1755. - 2 I » 2 O. Von 175 6. bis 1760. - 3 A . 34» Von 176 1. bis 1765. - Z9. 48. - Alſo in 25 Jahren 1 19 Knab. u. 15 1 Mädgens*). Nach einigen dieſer Liſten iſt nun zwar die Anzahl der gebornen Mädgen in den Morgenländern größer als die Anzahl der Knaben. Man kann aber dar- aus im Ganzen nichts ſchließen. Es ſcheinet auch, daß dieſer kleine überſchuß, wenn anders ein würklicher überſchuß da iſt, den Morgenländern noch keinen An- laß zu der Vielweiberey habe geben können. Die Vielweiberey iſt in den Morgenländern nicht ſo allgemein, als man vielleicht in Europa glaubet. Denn ſo ſehr auch einige Mohämmedaner dieſe ihre Frey- *) Die morgenländiſchen Chriſten, welche ſich mit der römiſchen Kirche vereiniget haben, und ſich in dieſer Gegend Chaldäer nennen, haben gleichfalls zu Bagdad eine kleine Kirche, und bey derſelben zwey Prieſter, die auch Kinder taufen. Man kann deswegen aus obigen die Anzahl der Römiſchcatholiſchen in dieſer Stadt nicht beſtimmen. K 74 Vielweiberey der Mohämmedaner. Freyheit gegen mich gerühmt haben, ſo haben doch andere, die begütert genug wa- ren mehr als eine Frau haben zu können, mir offenherzig geſtanden, daß ſie mit mehrern nie ſo glücklich gelebt haben, als mit einer. Man findet daher im Mit- telſtande nur wenige die mehr als eine Frau haben, und auch unter den Vorneh- men begnügen ſich viele lebenslang mit einer. Sie ſind nach dem Geſetze verbundeu alle ihre Weiber anſtändig zu unterhalten, und einer jeden wöchentlich einmal bey- zuwohnen. Eine Pflicht die vielen Mohämmedanern zu ſchwer iſt; denn ſie heyrathen entweder ſehr jung, oder der Vater kauft ſeinem Sohn eine Sclavinn, um zu verhüten, daß er nicht Bekanntſchaft mit liederlichen Weibern ſuche. Man hat eine Tradition, daß Mohämmed, welcher ein ſchlechter Naturkündiger gewe- ſen ſeyn muß, geſagt habe: Eine Mannsperſon werde, ſo wie ein Brunnen, im- mer ergiebiger, je mehr er gleichſam ausgeſchöpft werde. Aber die Mohämme- daner erſchöpfen ſich doch in ihrer Jugend dergeſtalt, daß ſich oft Leute von dreyßig Jahren bey unſerm Arzt über Unvermögen beſchwereten. Man beſchuldigt zwar in Europa die mohämmedaniſchen Väter, daß ſie ihre Töchter verkaufen, aber dieß geſchiehet bey den vernünftigen eben ſo wenig als bey uns. Der Mohámmedaner giebt freylich ſeine Tochter lieber einem vornehmen und reichen Mann, als einem geringern. Er bekommt alsdann mehr Geld. Kann er es aber nur einigermaßen entbehren, ſo giebt er ſeiner Tochter eine gute Ausſteuer, und dieſe iſt dann ihr Eigenthum. Der Heyrathscontrakt wird alle- zeit vor dem Kádi geſchloſſen, und in dieſem wird nicht nur beſtimmt, wie viel der Bräutigam ſeiner Braut ſogleich zur Ausſteuer, ſondern auch wie viel er ſeiner Frau bezahlen ſoll, wenn es ihm einfallen ſollte ſie zu verſtoßen. Es iſt ſehr wahr- ſcheinlich, daß ein armer Vater bisweilen von einem reichen Schwiegerſohn ſehr leicht befriedigt werden kann. Aber nicht alle Väter verheyrathen ihre Tochter bloß des Geldes wegen. Sehr oft giebt ein reicher Mann ſeine Tochter einem Armen, ja er ſchenkt dieſem eine gewiſſe Summe, damit er ſeiner Braut das in dem Heyraths- contrakt beſtimmte Antritsgeld in Gegenwart des Kádi und anderer Zeugen be- zahlen könne, und ein ſolcher muß es ſich alsdann gemeiniglich gefallen laſſen, ſeiner Frau auf den Fall da er ſie verſtoßen ſollte, eine ſo große Summe auszuſetzen, daß ſie ſicher iſt, er werde an keine Veränderung denken, Weil die Frau nicht ver- - pflichtet Vielweiberey der Mohämmedaner. 75 pflichtet iſt, ihrem Manne ihr eigenthümliches Vermögen in die Hände zu geben, ſo iſt dieſer ſehr oft von ihr abhängig. Die reichen Mohämmedanerinnen haben daher in ihren Häuſern bisweilen mehr zu befehlen, als die Chriſtinnen in Europa, ja ſie ſind gewiſſermaßen glücklicher, weil auch ſie verlangen können geſchieden zu werden, wenn der Mann ſich ungebührlich gegen ſie bezeigt. Bey dem allen iſt es bey den Mohämmedanern nichts ſeltenes, daß ſie ihre Weiber verſtoßen. Sie bedienen ſich dieſes Rechts aber nicht gerne, ohne ſehr wichtige Urſachen, theils weil es für ei- nen ehrbaren Mann für unanſtändig gehalten wird, theils auch weil ſie ihre Frau und ihre Angehörige nicht beſchimpfen wollen. Man findet nur hin und wieder reiche Wollüſtlinge, deren Aufführung von ehrbaren Mohämmedanern gar nicht ge- billiget wird, wenn ſie mehrere Weiber nehmen. Dieſe wählen ſich gemeiniglich Perſonen vom niedrigen Stande, denen es gut deucht auf einmal vornehm, und von vielen Bedienten umgeben zu werden. Dagegen müſſen ſie ſichs auch gefallen laſſen, daß der Mann ihnen nicht nur drey andere Frauen an die Seite ſetzt, ſon- dern ſich noch darzu Sclavinnen hält, und ſie ſelbſt am Ende gar verſtößt. Es giebt alſo Mohämmedaner, die mehr als eine Frau haben. Weil nun in den Morgenländern die Anzahl der Manns- und Weibsperſonen vermuhtlich ohn- gefähr gleich iſt, ſo wird ein Europäer noch immer glauben, daß der arme Mohäm- medaner keine Frau werde finden können. Indeſſen bemerkt man doch dieſen Man- gel nicht. Es ſcheinet vielmehr, daß ein armer Mohämmedaner mit wenigern Koſten eine Frau erhalten könne, als ein armer Chriſt in Europa. Z. E. Ein Mulla zu Romahhie, einer Stadt nicht weit vom Euphrat, hatte vier Frauen, um ſich zum theil von ſelbigen ernähren zu laſſen. Ich zweifle nicht, daß eine jede von ihnen nach dem Geſetze leicht eine Urſache hätte finden können, um ſich ſcheiden zu laſſen, wenn ſie gewußt hätte eine beſſere Parthey zu treffen. In den morgen- ländiſchen Städten ſind auch vielmehr Soldaten und Bediente verheyrathet als in den europäiſchen. Überdieß alles haben die Mohämmedaner an liederlichen Weibsleuten keinen Mangel. Dieſe haben in einigen großen Städten ſogar Frey- heit ihr Handwerk gegen eine gewiſſe Abgabe an die Obrigkeit öffentlich zu treiben, K 2 Wenn 76 Vielweiberey der Mohämmedaner. Wenn man nach der Urſache fragt: warum die Mohämmedaner bey der Vielweiberey dennoch keinen Mangel an Weibern haben? ſo weiß ich ſie nirgends ſonſt zu ſuchen, als in den Sitten und der Denkungsart ihrer Weiber. Es iſt noch jezt allen Morgenländerinnen ſehr unangenehm, wenn ſie mit einem unfrucht- baren Baum verglichen werden können, und den Mohämmedanerinnen insbeſondere wird von Jugend auf eingeprägt, daß es für ein erwachſenes Mädgen, oder für eine junge Witwe gleichſam eine Schande ſey, keinen Mann zu haben. Man fin- det daher bey ihnen keine Klöſter für unverheyrathete Frauensperſonen, ſondern eine jede ſucht ſich einen Mann. Auch alsdann, wenn ſie von einem Mann ver- ſtoßen iſt, bemüht ſie ſich wieder einen andern zu bekommen. Und weil die Wei- ber der Mohämmedaner, in Vergleichung mit den Europäerinnen, faſt unbemerkt le- ben, ſo wird es bey ihnen nicht ſo leicht beobachtet, wenn ſie unter ihrem Stande heyrathen. Daß die Vielweiberey der Vermehrung der Menſchen ſehr ſchädlich ſey, daran iſt gar kein Zweifel. Man findet zwar bisweilen einzelne Beyſpiele, daß ein Mann mit mehrern Frauen eine große Menge Kinder gezeugt habe. überhaupt aber will man doch bemerkt haben, daß diejenigen welche mehrere Weiber haben, wenigere Kinder zeugen, als die welche ſich mit einer Frau begnügen. An der Richtigkeit dieſer Bemerkung zweifle ich nicht; denn da die Weiber wiſſen, daß ſie Nebenbuhlerinnen haben, ſo bemüht ſich eine jede der andern zuvorzukommen, und die Gefälligkeit oder Wolluſt des Mannes entkräftet ihn bald für ſeine ganze übrige Lebenszeit. Es iſt bekannt daß die Mohämmedaner ſich nicht ſo beſchneiden wie die Ju- den. Ich hörte überdieß auch daß ein Stamm Araber zwiſchen dem Gebiet des Scheriſen von Abuariſch, und dem Gebiete des Scherifen von Mekke, ſich auf eine ganz andere Art beſchneidet als die Sünniten, und dieſe iſt vielleicht auch noch von der Beſchneidung der Zéiditen, der Beiäſ u. ſ. w. verſchieden. Daß die Be- ſchneidung in den heiſſen Ländern wegen der Geſundheit nohtwendig ſey, (Michaelis 52te Frage) iſt mir nicht wahrſcheinlich; denn die Parſi, d. i. die Schüler des Zoroaſters, welche man auch Gebers oder Feueranbeter nennet, und die Hei- Beſchneidung der Morgenländer. 77 Heiden in Indien, ingleichen viele Nationen Käfrs in Africa, welche doch alle unter einem eben ſo heiſſen Himmelsſtrich wohnen, als die Mohánmedaner in Ara- bien, beſchneiden ſich nicht, und leben dennoch eben ſo geſund als die Juden, die Mohämmedaner und einige Nationen Käſrs, welche dieſen Gebrauch durchgängig ha- ben. Einige coptiſche Chriſten in Egypten und Habbeſch, pflegen ihre Knaben bey der Taufe, welche gemeiniglich vierzig Tage nach der Geburt geſchiehet, zu beſchnei- den. Andere thun es in ihrem zehnten Jahre oder noch ſpäter, und viele werden gar nicht beſchnitten. Ich kann die Streitfrage nicht entſcheiden: ob Abraham, welcher ſich und ſein Haus auf Gottes Befehl beſchnitte, (1 Buch Moſis XVII, 23) der erſte ge- weſen ſey, oder ob ſich ſchon andere Völker vor ihm beſchnitten haben *). Weil aber alle Nachkommen Abrahams die Beſchneidung beobachteten, ſo haben die Ara- ber, die Egypter und Habeſſiner ſie vermuhtlich von ihm erhalten. Die Mohäm- medaner ſcheinen ſie als eine alte Gewohnheit ihrer Vorväter beybehalten zu ha- ben, wenigſtens habe ich nicht gehört, daß die Religion den Mohämmedanern die Beſchneidung befielt. Mit der mohämmedaniſchen Religion kann ſie nach Perſien und Indien gekommen ſeyn, und die Käfrs auf der Südoſtküſte von Africa können ſie von den Habbeſinnen, oder auch von den auf dieſer Küſte wohnenden Mohäm- medanern erhalten haben. Weil die Beſchneidung von ſo vielen Nationen angenommen iſt, ſo muß ſie vermuhtlich auch einen phyſicaliſchen Nutzen haben, obgleich verſchiedene, ſo wohl Mohämmedaner, als morgenländiſche Chriſten, bey welchen ich mich deswe- gen erkundigte, mir keinen davon anzugeben wußten. Sie iſt in den heißen Ländern bey denen die ſich nicht fleißig waſchen, gewiß ſehr nützlich. So verſicherte der Arzt der Engländer zu Häleb, daß ſich in den heißen Ländern mehrere Feuchtig- keiten unter der Eichel ſammlen, als in den kältern, und einer meiner Freunde in Indien, der ſich in dieſem heißen Lande nur nach europäiſcher Art reinlich gehalten, hatte eine Art Beulen unter der Eichel bekommen, welches nicht ſo leicht zu be- fürchten geweſen ſeyn würde, wenn er beſchnitten geweſen wäre. Er wuſch nach- K 3 her *) Spencerus de legibus Hebraorum p. 69- 78 Beſchneidung der Morgenländer. her dieſen Theil des Leibes fleiſſig, und ſeitdem ſpürete er dergleichen nicht mehr. Das Waſchen des ganzen Körpers, und beſonders der heimlichen Theile, iſt alſo in den heißen Ländern nothwendig, und es iſt vielleicht deswegen, daß die Stifter der Religionen der Juden, der Mohämmedaner, der Gebers, der Heiden in Indien, u. ſ. f. ſelbiges befohlen haben. Die jezt unter dieſen Nationen wohnende Chriſten müßen ſich nun auch, ſo wohl wegen des Wohlſtandes, weil man ſie ſonſt immer verachten würde, als wegen der Geſundheit, der Reinlichkeit befleiſſigen. Weil nun ein Beſchnittener ſich mit weniger Mühe waſchen kann, als ein Unbeſchnittener, vornemlich wenn er, ſo wie die Mohämmedaner, darzu nur eine Hand gebrauchen darf, ſo verſchafft die Beſchneidung denen die ſie gebrauchen, auch eine große Bequemlichkeit, und dieß könnte ſchon für eine Urſache gehalten wer- den, warum die Nationen, bey welchen ſie einmal eingeführt iſt, ſie beybehalten *). Der wahre Nutzen der Beſchneidung aber iſt wohl dieſer, daß dadurch viele Män- ner erſt zum Beyſchlaf tüchtig werden. Man findet ſowohl in den Morgenlän- dern als in Europa Leute, bey denen deswegen eine Art der Beſchneidung nothwen- dig iſt. Ich glaube davon zu Moſul einen Beweis geſehen zu haben. Ein da- ſelbſt wohnhafter Chriſt, der bereits einige Jahre mit ſeiner zweyten jungen Frau gelebt hatte, ohne Kinder gezeugt zu haben, beklagte ſich, ſeine Frau mache ihm immer den Vorwurf, er ſey Schuld daran, daß ſie ſich einen unfruchtba- ren Baum nennen laſſen müßte. Ich verſicherte ihn, daß ich kein Arzneyverſtän- diger wäre, wie er es daraus vermuhtete, daß ich die Sterne beobachtete, und die mohämmedaniſchen Sternkundige zugleich Ärzte zu ſeyn pflegen. Da er aber ſeine Bitte täglich wiederholete, daß ich ihm Arzneyen geben möchte, ſo verlangte ich endlich mit nach ſeinem Hauſe zu gehen, und ſeine Frau zu ſprechen. Hierinn wollte er anfänglich gar nicht willigen, weil er befürchtete ſeine Nachbaren möch- ten es bemerken, daß er einen Fremden in ſein Haus führete. Doch fürchtete die Frau, die ſich ſonſt von keinem Fremden würde haben ſehen laſſen, ſich gar nicht mit ihrem vermeinten Arzt zu ſprechen, weil die europäiſchen Ärzte und Mönche Die *) Herodotus ſagt in 2 Buch 34. daß die Egypter die Geburtsglieder um der Reinlich- keit willen beſchneiden. Beſchneidung der Morgenländer. 79 die Weiber der morgenländiſchen Chriſten ohne Verdacht beſuchen können, wenn einander ehrlicher Reiſender vor der Thüre ſtehen bleiben, oder ſich mit der Geſell- ſchaft des Mannes begnügen muß. Sie beklagte ſich, daß der Mann ſo ſelten mit ihr etwas zu thun haben wollte. Der Mann antwortete zu ſeiner Vertheidigung, daß ſie nichts von ihm verlangen würde, wenn ſie die Schmerzen empfände, wel- che es ihm verurſachte. Hiebey erinnerte ich mich, daß ein europäiſcher Arzt ei- nem von meinen europäiſchen Freunden eben dieſer Urſache wegen das Band an der Eichel gelöſet hatte. Bey genauer Nachfrage und Unterſuchung, welche ich mit einer ernſthaften Mine anſtellete, fand ich auch hier, daß dem armen Mann geholfen werden könnte, wenn er ſich eben dieſer Operation unterwerfen wollte. Ich ſchließe hieraus, daß, wenn er in ſeiner Jugend beſchnitten worden wäre, ſeine Frau ſich wahrſcheinlich nicht über ihn beſchweret haben würde, und er ſelbſt ruhiger leben und Erben hätte haben können. Doch ſeinem Mangel ward nicht abgehol- fen; denn die Frau verſicherte, ſie werde es nicht zugeben, daß ein Meſſer ange- ſetzt werde. Die Beſchneidung iſt nicht bey allen Morgenländern nothwendig. Ich ſahez. E. auf der Reiſe von Bagdad nach Moſul an einem Chriſtenknaben, der neben mir durch einen Fluß ging, eine ſo lurze Vorhaut, daß ſie nur wenig von der Eichel bedeckte. Ich äußerte meinen Verdacht gegen einen alten Maroni- ten, daß ich glaubte der Knabe wäre beſchnitten. Dieſer aber wollte bemerkt ha- ben, daß man dergleichen ſehr oſt bey ſolchen Leuten ſähe, welche in dem abneh- menden Monde geboren würden, ja daß ſie zuweilen gar keine Vorhaut hätten. Unſere Ärzte werden ſich vermuhtlicherin ern dergleichen Beyſpiele auch in Europa geſhen zu haben. Ich zweifle aber daß ſie die Urſache davon dem Monde zuſchreiben. Wenn es alſo nicht ſelten iſt, daß Knaben chne Vorhaut geboren werden, ſo kann dieſes die Morgenländer, welche das leichter bemerken können, weil die meiſten von ihren Kindern bis zu einem gewiſſen Alter ganz nackend gehen, zuerſt auf die Gedanken gebracht haben, daß die Vorhaut von keinem Nutzen ſey. Und weil man ſie bisweilen zum Beyſchlaf hinderlich fand, ſo kann dieß die Beſchneidung verurſacht haben, Ich ZO Beſchneidung der Morgenländer. Ich habe in Hedsäs und Jemen verſäumt mich zu erkundigen, ob auch die Mädgens in dieſen Gegenden beſchnitten werden *). Von den Weibern in Egypten, ſowohl der Copten als Mohämmedaner, von denen in Omän, wenig- ſtens in der Gegend von Sohär, von denen an beyden Seiten des perſiſchen Meer- buſens und zu Básra, ſollen die meiſten beſchnitten ſeyn. Eben dieſes ſagte man von den Weibern in Habbeſch und zu Cambay nicht weit von Surät. Zu Bag- dad laſſen die Weiber von arabiſcher Abkunft ihre Töchter auch beſchneiden. Die Türkinnen aber beobachten dieſe Gewohnheit nicht, und deswegen findet man in den türkiſchen Städten immer wenigere beſchnittene Weiber, je weiter man ſich von der arabiſchen Gränze entfernt. Der Nutzen dieſer Beſchneidung iſt wahr- ſcheinlich auch, daß die Weiber ſich nachher bequemer waſchen können, obgleich ein arabiſcher Kaufmann mir noch eine andere Urſache davon angab. Dieſe nemlich: daß die Clitoris (ar. Sünbula) ſich nicht erheben ſolle. Denn dieſer Araber mei- nete, die Sittſamkeit ihrer Weiber erfordere ſich jederzeit leidend zu verhalten. Die Stelle wo die Mädgens beſchnitten werden, iſt ſchon in Chambers Dictionary, und in andern Büchern beſchrieben worden. Herr Forſkäl und Herr Bauren- feind äußerten ihr Verlangen ein beſchnittenes Mädgen zu ſehen, und abzuzeich- nen, gegen einen vornehmen Kähiriner, welchen wir auf ſeinem Landgut einige Meilweges von der Stadt beſuchten. Dieſer befahlſo gleich ein junges Bauer- mädgen von achtzehn Jahren zu holen, und erlaubte ihnen ſich alles nach Bequem- lichkeit zeigen zu laſſen. Der Mahler zeichnete in Gegenwart verſchiedener tür- kiſchen Bedienten alles nach der Natur, aber mit zitternder Hand, vornemlich weil wir ſchlimme Folgen von Seiten der Mohämmedaner befürchteten. Weil aber der Herr vom Hauſe unſer Freund war, ſo unterſtand ſich keiner etwas dage- gen einzuwenden. - Die Weiber, welche die Mädgens zu Kähira beſchneiden, ſind daſelbſt ſo bekannt, als in Europa die Wehmütter, ja man ſagte, daß ſie in dieſer Stadt oft- - *) Herr Forſäl hörete, daß die Beſchneidung der Mädgen auch zu Mochha gebräuchlich ſey, aber nicht zu Sana. Und daß die arabiſchen Juden ihre Mädgen gar nicht beſchneiden. - Caſtration der Menſchen und Thiere. ZI oftmals nur von der Straße herein gerufen werden. Alſo geſchiehet dieſer Gebrauch wohl mit keiner großen Ceremonie. Die Zeit dazu fällt etwa ins Zehnte Jahr des Alters. Man wollte behaupten, daß es nach den Geſetzen der mohämmedaniſchen Religion verboten ſey einen Menſchen ſeiner Mannheit zu berauben. Indeſſen ſoll es, obgleich ſelten, in einigen von ihren Städten, vornemlich in Oberegypten geſchehen, und die Geiſtlichen predigen nicht mehr gegen dieſe alte Gewohnheit, weil die großen Herren ſich dadurch doch nicht abhalten laſſen würden ſolche Leute zu kaufen, und ihnen eine bequemes Leben zu verſchaffen. In Arabien aber iſt wohl nicht der na- türliche Sitz der Caſtration, wie der Herr Hofraht Michaelis in ſeiner 54ten Frage meinet. Denn daſelbſt werden gar keine, oder wenigſtens nicht ſo viele verſchnitten als in Italien, ſondern die meiſten Caſtraten in Arabien, Egypten und der Tür- key, kommen aus Häbbeſch und Nubien. Ihre Anzahl ſcheinet in den Morgen- ländern überhaupt nicht ſo greß zu ſeyn, als man gemeiniglich in Europa glaubet. Der Sultän zu Conſtantinopel hat vielleicht mehrere Verſchnittene, als alle ſeine Un- terthanen in ſeinem weitläuſtigen Reiche, und ihm werden die meiſten als Ge- ſchenke zugeſandt. ZuKähira hörte ich, daß faſt alle hieſige Beys Verſchnittenebal- ten. Der Päſcha zu Moſul hatte nur einen, welchen ſein Vater bereits vor vie- len Jahren gekauft hatte, und den er deswegen bis an ſeinen Tod verſorgen wollte. Der Päſcha zu Häleb hatte nur zwey Verſchnittene. - Es ſcheinet auch nicht, daß die Verſchnittenen ſo große Feinde des weib- lichen Geſchlechts ſind, als einige ſie haben beſchreiben wollen. Einer, welcher mit uns von Sues bis Janbo reiſete, hatte verſchiedene Sclavinnen zu ſeinem ei- genem Vergnügen, und unter dieſen ward die eine als eine vornehme Dame gehal- ten. Ich hörte auch zu Básra von einem daſelbſt wohnenden reichen Verſchnitte- nen, welcher Sclavinnen hatte. - Die Verſchneidung der Thiere iſt in den heißen Ländern wahrſcheinlich nicht ſo nohtwendig als in den kältern, weil die ſtärkere Ausdünſtung ihnen den Muht zu benehmen ſcheinet. Ein franzöſiſcher Officier, welcher verſchiedene Jahre auf der Coromandelküſte, und in Bengalen geweſen war, verſicherte mich, daß die Euro- L päer 82 Caſtration der Menſchen und Thiere. päer daſelbſt Hengſte zu ihrer Cavallerie gebrauchen, und er wollte bemerkt haben, daß dieſe im Winter ſchwerer zu bändigen ſind als im Sommer. Die Araber rei- ten zwar Hengſte, aber Hüſſän, d. i. ſolche welche noch keine Stute beſprungen haben, und ſelten Haſchäri, oder Hengſte welche das andere Geſchlecht kennen, weil dieſe ſich nicht ſo gut bändigen laſſen als ein Hüſän. Die Araber in der Wüſte brauchen gemeiniglich Fárraſ oder Stuten, und verkaufen die Hengſte in den Städten. - Die Araber haben gar keine Wagen oder Karren. Die Indianer aber be- dienen ſich einer Art Kutſchen mit zwey Rädern, welche durch große und ſchöne Ochſen gezogen werden. Der im vorhergehenden erwähnte Officier meinete daß dieſe Ochſen auf der Coromandelküſte und in Bengalen nicht verſchnitten werden; zu Bombay aber ſagte man, daß ihnen die Teſtikeln gequetſcht würden. Den Par- ſis oder den ſo genannten Feueranbetern ſoll es in ihrer Religion verboten ſeyn Thiere zu verſchneiden. Die Juden welche unter den Mohämmedanern wohnen, machen ſich kein Gewiſſen das Fleiſch von verſchnittenen Böcken zu eſſen, weil ſie unter den fremden Nationen auch in manchen andern Fällen nicht genau nach ihrem Geſetze leben können. Sie verſchneiden aber ihr Vieh nicht ſelbſt. Ein Jude zu Maſkät ſagte mir, daß er oft ſein junges Böckgen verkauft, und nachdem es caſtrirt wor- den, wieder gekauft habe. Das Schaffleiſch iſt eine Hauptnahrung der Morgenländer, und vornem- lich der herumſtreifenden Araber. Moſes verbietet gleichwohl den Iſraeliten die eßbaren Thieren zu verſchneiden. Ich weiß hievon keine andere Urſache, als daß es vielleicht geſchehen ſey, um ſie zunöthigen der weiblichen zu verſchonen, und ſie zur Zucht aufzuheben. Viele männliche unverſchnittene Thiere mußten deswegen jung gegeſſen werden, und zu dem Fleiſch der erwachſenen fanden ſich auch Liebhaber un- ter den geringern Leuten, weil ſie dieſes für einen wohlfeilern Preis erhalten konn- ten. Das Fleiſch der unverſchnittenen und erwachſenen Thiere, als Ochſen und Böcke, wird dieſer Urſache wegen auch in Europa gegeſſen, und wohl nicht weil man es wohlſchmeckend findet, Es Sprache der Araber. 83 Es iſt bekannt, daß die Araber in den ältern Zeiten ſchon verſchiedene Dialecte gehabt haben. Pocock hat davon in ſeinen Anmerkungen über den Abul Farajum S. 151 ein Beyſpiel angeführt. Nemlich der König der Hamjaren zu Dhaſär ſagte zu einem fremden Araber: Theb, und meinete damit daß er ſich ſeßen ſollte. Weil aber das Wort Theb in der Sprache des fremden Arabers ſpringen bedeutete, ſo ſprang er von einem erhabnen Ort herunter, und ward beſchädigt. Als dem Könige das Misverſtändniß erklärt worden war, ſagte er: Laß den Ara- ber welcher nach Dhaſär kömmt, den hamjariſchen Dialekt lernen. Arrian be- merkt gleichfalls, daß die Araber nicht nur verſchiedene Dialekte, ſondern auch verſchiedene Sprachen gehabt haben *). Jezt trifft man vielleicht in keiner Spra- che ſo viele Mundarten an, als in der arabiſchen. Man findet nicht nur in der bergigten Gegend des kleinen Gebietes, das der Imäm von Jemen beherrſchet, eine ganz andere Art zu reden als in Tehäma, ſondern die Vornehmen haben eine ganz andere Ausſprache, und für viele Sachen ganz andere Namen, als die Bauern, und beyde Mundarten ſind von der, welche die Bedouinen reden, ſehr verſchieden. Noch größer iſt der Unterſchied in entferntern Provinzen. Da alſo ſchon von un- denklichen Jahren her ſelbſt in den verſchiedenen Provinzen Arabiens mancherley Dialekte in Brauch geweſen, und die arabiſche Sprache auch viele Sprachen außer- halb Arabien vertrieben hat, aus welchen vermuhtlich viele Wörter in die neuere arabiſche aufgenommen worden ſind; ſo wird man ſich nicht darüber verwundern können, daß ſie reicher an Wörtern iſt, als irgend eine andere. Die Ausſprache gewiſſer Buchſtaben iſt ſchon ſehr verſchieden. Z. E. das -5, welches die nördli- chen und weſtlichen Araber als ein k. oder q. brauchen, wird zu Maſkät und am perſiſchen Meerbuſen als tſch ausgeſprochen, und daher ſagt man in einigen Gegen- den Bukkra, Kiäb, und in andern Batſcher, Tſchiäb, u. ſ. f. Die Aus- ſprache der ſüdlichen und öſtlichen Araber ſchien mir für die Kehle eines Europäers leichter zu ſeyn, als diejenige welche die Araber in Egypten und Syrien reden. Ebenſo giebt es in der türkiſchen Sprache verſchiedene Mundarten. Ein italiäni- L 2 ſcher *) Navigationi & Viaggi racolta da Ramuſio fol. 284. Periplus maris Erythrri. P. I 2. * 84 Sprache der Araber. ſcher Kaufmann, der dieſe Sprache zu Básra gelernt hatte, wo die Vornehmen auch türkiſch reden, weil ſie die Oberherrſchaft der Türken erkennen, und deswegen oft mit ihnen zu thun haben, verſicherte mich, daß die hieſige Mundart von der, welche zu Conſtantinopel gebräuchlich iſt, ſehr abweiche, und ich ſelbſt bemerkte auf unſerer Reiſe von Abuſchähhr nach Schiräs, daß er die in Perſien herumwandern- den Türkmannen oft gar nicht verſtehen konnte. Weil die Araber ſich zu der mohämmedaniſchen Religion bekennen, ſo hal- ten ſie die Sprache in welcher ihr Geſetzbuch, der Korän geſchrieben iſt, und al- ſo den Dialekt welchen man zu Mohämmeds Zeiten zu Mekke redete, für den aller- reinſten. Dieſer iſt von dem neuern ſo ſehr verſchieden, daß man die Sprache des Koräns ſelbſt zu Mekke, ſo wie zu Rom das lateiniſche, nur bloß in Schulen ler- net. Und weil der Dialekt in Jemen, der ſchon vor 1100 Jahren von dem zu Mekke verſchieden war, ſich gleichfalls durch den Umgang mit Fremden, und durch die Zeit verändert hat; ſo lernet man die Sprache des Korans auch daſelbſt nur als eine Sprache der Gelehrten. Die alte arabiſche Sprache iſt alſo in den Morgen- ländern eben ſo anzuſehen als die lateiniſche in Europa. Die neuere, die in Heds- jäs geredet wird, verhält ſich gegen die alte urſprüngliche, wie etwa die Sprache des mittlern Italiens gegen die alte lateiniſche, die verſchiedenen Mundarten in Ara- bien, wie die verſchiedenen Dialekte in Italien, und die arabiſchen Sprachen außer- halb Arabien, ſo wie das Provanſaliſche, das Spaniſche, das Portugiſiſche u. ſ. f. Die Sprache der Araber, welche die bergigten Gegenden auf der Gränze von Je- men und Hedsjäs bewohnen, und die faſt gar keinen Umgang mit Fremden haben, ſoll ſich am wenigſten verändert haben, und alſo auch von der Sprache des Koräns weniger als die übrigen verſchieden ſeyn. Für denjenigen der Anmerkungen über die «lte arabiſche Sprache zu machen gedächte, würde es alſo am vortheilhafteſten ſeyn, dieſe Gegenden zu beſuchen *). Zu *) Ich finde unter den Papiren des Herrn Forſtäl eine Liſte von Wörtern nach der Ausſprache der Araber zu Káhira und in Tehäma, und weil dieſe einen deutli- chen Beweiß von der großen Verſchiedenheit der Dialekte in der arabiſchen Sprache giebet, ſo will ich ſie hieher ſetzen. Jn Sprache der Araber. 85 Zu den Sprachen, welche von der arabiſchen gleichſam vertrieben worden ſind, gehöret unter andern das Coptiſche, oder die alte Sprache der Egypter. L 3 Dieſe Jn Jemen. Zn Zähira. Aſchkal Achſan, Acheir, beſſer. Saenn (bey den Bauern zu Môr.) Taiib, gut, vortreflich. Fén Tebuch Fén tidſchi Sén teſr - Sen terüch, mo gehſt du hin. Fen tisrah J LEdjlis - - OFod, ſetze dich. Dachel - - Djüa, darinnen. Chäredj - - Barra, darauſſen. Clint - - Schikl, Djins, Art. WEael - - %öſän, ein Pferd. Ghodua, bäqer - Büra, Morgen. Efteham lak - Fahinnt, verſtehſt du. Säa ſäa – - Bad el aufzt, bisweilen. Bel márra , márra – ála báadu, ganz und gar. MTáchtar tani - Ghaejr marra, einandermal. Tinnſ henäE - YTebät henäk, wir wollen daſelbſt bleiben. Delhin - - DilváEt, anjezt. Häcki Háckak - Betái, betäk, mein, dein. Sá:tu - - Sßa, geſchwind. Hajº eljóum (Vormittags) Fißa, eile. Haja ellaejl (Nachmittags) Schaedji - - Jdji, er wird kommen. MU7atän - - Oda, eine Kammer. MTodgd - - Dáva, Dinte. Jbil ZDjemmel - - Djemmel, ein Kameel. Räged - - WTajein, er ſchläft. MIa ragadt nouin fillaejlae Manyint ſchi di llaejl, Ich habe in dieſer Nacht gar nicht geſchlafen, Eſtekin - - Usbur, ſtehe, warte. Fóck 86 Sprache der Araber. Dieſe iſt dergeſtalt ausgeſtorben, daß man nur ſehr wenige Copten findet, die ihre Kirchenbücher verſtehen, ja die ſie nur recht leſen können. Dieß wird begreiflich, ÜV? NI Jin Jenen. Sóck elbäb – ZKän - 117afiſch, chaläf. Zu Gidda MIa alaeſh U7a ichälef ä du - äd bo minhu Djib – MJa aedri MTani däti Zäjid - 17äkis - 2Kalil - M7ä ſchiha MJeſterihin ZKeif énton Jéfal dáchel elfis Zan. Chalas Djähel - Djohäl - Ettaäm djähel ädu -- ) J Zu ZKáhira. Eftah elbäb, öfne die Thür. Saedd, es ſey. U7a fiſch durura. Es hindert nicht. Es iſt nichts daran gelegen. Léſſ: , noch nicht. %arini - %örina - Ubaadaejn M7a teſchä M7a tiſchtehi . MJa terto J Häfede - %äda - in Jemen Léſſa f. Iſt noch etwas übrig? Taäli, kom her. U7a arefüſch, ich weiß nicht. AFtar, mehr. Akáll, weniger. Schéije, wenig. M7éjce tájibe, gut Waſſer. Tajibºn Aiſch h3lºom Jöhött djua elEis, er ſtekt es in einen Beutel. %ader, es iſt vorbey. Es iſt fertig. Yä„d, ein Knabe, ein Jüngling. Aulad, Kaaben, Jünglinge. Eddurr; leſſ: djedid ſeu ſughájar, die Hirſe (Holcus) iſt annoch klein. UTisvän, Weiber. M7ar: , eine Frau. Ubándi, und nachher. } befindeſt du dich wohl. Wéiſch tötlob WEiſch byddak } was wilſt du? ZKidi alſo. Di Hadäk, Sprache der Araber. - 87 wenn man nur bedenkt, daß ſie ſchon ſeit mehr als 2oooJahren beſtändig von frem- den Nationen regiert worden ſind. Nach der Meinung der Copten zu Kähira – – – = =-------- haben Jn Jetten. Zi: Wähirg. %adák, hadit - Däk, dik, dieſer, dieſe. } - - Baelard, ein Dorf. Tanüs - - ZKarämae, Ehre. WTäties - - WTamus, eine Mücke. U7árhaba – - Bismilli , gerne. ZKinmal - - Barghüt, eine Floh- Taejr ddjädj - Sárcha, eine Henne. %ack eddidjädj - Bejd, Eyer. %alib - - Laebaen, Milch. ScharFg – - Lähm, Fleiſch. Láhin bey den Bauren zu Mör. Hénae, min hêne, hieher. Iémance – - Ibrik, ein Caſſetopf. Hada täni Di ghaer ſchil . . - - - Hada chaláf } -, Di baſchka } dieſes iſt ein anders, Biſ hin - - Dienſt, ſchön. S, ni - - Déghri, gerades Weges. Tariº - - Andak, Plaß. 17aeffacs, geh zur Seite. Jeminak, ſchemälak zur rechten, zur linken. ZKgin lo - - Zamän, wie lange Zeit. 2Báadi, chálfi – MItn varai, nach mir. Adjbae! %atede ! ! – - Jg! belgman! interječtio admirantis. ga, baſſ J5áuvidj - - Jgauvis, er hat geheyrathet. Uchäber jithäka bel árabi Ujarif jttkaellaen bel arabi, und er kan Arabiſch reden. M7g Fäl - - Aiſch fäl, was hat er geſagt? 1! Jin älzvg! - ZKäbce, vorher, vorzeiten. Chabr - - - - Reft, ein Gefährter. Zöbun - ym-x Ghäli theuer. Bünn 88 Sprache der Araber. haben die Griechen, welche ihre egyptiſche Unterthanen als Ketzer anſahen, und alle Mittel anwendeten ſie mit ihrer Kirche zu vereinigen, bey Lebensſtrafe verboten, die alte coptiſche Sprache zu reden, und ihnen ſogar anbefolen ſich des griechiſchen Alphabets zu bedienen. Indeſſen ſoll man ihnen erlaubt haben, ſieben Buchſta- ben aus ihrem alten Alphabet zu gebrauchen, weil das griechiſche nicht alle die Buchſtaben hatte die ſie brauchten, um ſich deutlich in ihrer alten Sprache auszu- drücken. Dieſes griechiſcheoptiſche Alphabet iſt in den neuern Zeiten das Coptiſche genannt worden. Nachher ſoll unter der Regierung der Mohämmedaner ein König von Egypten bey Strafe des Todes verboten haben, die vermiſcht griechiſcheoptiſche Sprache zu reden, und ſeitdem iſt die arabiſche Sprache in Egypten allgemein. Doch werden die Evangelia und einige Gebete in den Kirchen noch jezt in der Co- ptiſchgriechiſchen, aber gleich darauf auch in der arabiſchen Sprache geleſen *). Die Jn Jemen. Zu ZRáhtra. Buttºn - - ZKáhvce, das Getränk von Caffebohnen. Hedam - - %aſir, eine Decke. Tödrob min ſchani – Tödrébni, ſchlägſt du mich. Ana chaddam hacfak f. Zu Mocha. - Ana chaddän.;f, ich bin dein Diener. # Ä) -. - # º } ein Mädgen, eine Frau. Safi - - Chánir, Wein. Räs bákar - Bálara, báFar wähid, ein Ochſe. Bur - - ZKáinh, Waizen. U7a iſ dd - -, UNI: tkefſch, es iſt nicht genug. *) Herr Forſäl hat folgende Anmerkungen von den Copten hinterlaſſen, welche den ge- lehrten Europäern gewiß angenehm ſeyn werden. „ Die Copten glauben daß ihr erſter egyptiſcher König Copt geheißen, und daß ihre „ Nation von ihm ihren Namen habe. „ Ich habe mich erkundigt: ob die Copten nicht einige Erklärung der Hieroglyphen in , ihren Büchern hätten? und man hat mir geantwortet, daß ihnen der Schlüſſel hierzu „ eben ſo unbekannt ſey, als allen andern Nationen. »Ich Sprache der Araber. 89 Die übrigen Araber welche in Aſrica, nemlich an der Südſeite des mittel- ländiſchen Meers von Egypten bis an die Meerenge von Gibraltar, und von hier bis an das Vorgebürge der guten Hofnung, in der Gegend von Madagaſcar, und (NT „ Ich fragte den coptiſchen Patriarchen, welcher ſich Patiarch von Alexandrien „nennet, und eben ſo wie der hieſige (kahiriniſche) griechiſche Patriarch behauptet, der wahre „ Beſitzer des alten Alerandriniſchen Stulls zu ſeyn, ob der heilige Athanaſius ein Copt » oder Grieche war ? Seine Antwort war: Athanaſius ſey ein Copt geweſen. Sie nennen „ den Evangeliſten Marcus, deſſen Grab man in einer Kirche zu Alerandrien zeiget, ihren „ erſten Patriarchen, und haben noch eine Liſte aller Patriarchen von ihm an, bis auf den „ gegenwärtigen. „ (%err Etatzrath ZKall zeiget mir ſchon gedruckte Liſten von dle- ſen Patriarchen ) - „ 1762 den 31 Julius ſagte der Patriarch Markos i. e. Marcus, daß die Cop- „ten zwey Naturen in Chriſto glauben, nemlich daß er wahrer Gott, und wahrer Menſch, „ und daß ſowohl Eutyches als Teſtorius bey ihnen ercommuniciret ſind. „ Der Patriarch ließ mir die patriarchal Kirchenbücher durch einen Prieſter Abu „ natadrus zeigen. Dieſe waren alle liturgica und biblica in der coptiſchen und arabiſchen „ Sprache. Lezterer ſagte, daß man die meiſten coptiſchen Bücher in den Mönchsklöſtern, „ (arab. Dijür) finde. Vornemlich in: „ Deir Antonius, in Said (in Schaerk.) „ Deir Anbabulae, zwey Tage Reiſen weiter. ,, Deir Annbaba ſoj, in der Gegend von Damiat. „ Deir Eſſºijede Beſſirian, bey Tevratie. „ Deir MJakarias, gleichſalls in dieſer Gegend. „ Nachher beſuchte ich einen, welcher coptiſche Bücher ſchrieb, und Bilder der Hei- „ligen mahlete. Dieſer nannte ſich Abrahim Ennaſch, und war einer der gelehrteſten „ Copten zu ZKáhira, und ein ſehr höflicher Mann. Von ihm lernete ich folgendes: „ Als die Mohammedaner nach Egypten kamen, zählete man 7o coptiſche Bi- „ ſchöffe. Jezt aber ſind davon nicht mehr als 13 übrig, nemlich: „ 1. Zu Jeruſalem. 2. Zu Bahneſa. 3. Zu Adsjmunein. 4. Zu MJenuf. „ 5. Zu Abut.dj in Said. 6. Zu Girge in Said. 7. Zu Aſiut. 8. Zu „ MTonfalut. 9. Zu Abnub el hammam in Said. Io. Zu Esna in Said. „ 1 . Zu Armint in Said. 12. In Habbeſch 13. In Fajoun. „ Ehmals war auch ein Biſchoff zu Káhira. Seitdem aber der Patriarch ſelbſt »hier reſidiret, iſt das Bißchum eingegangen. „ Der 9O Sprache der Araber. an der Weſtſeite des arabiſchen Meerbuſens Eroberungen gemacht haben, haben auch in den meiſten dieſer Länder ihre Sprache eingeführet. Aber viele von ihren - Unter- „ Der erwähnte Ibrahim Ennaſch copiirte coptiſche Evangelien und andere Bücher, „ zugleich mit der arabiſchen Ueberſetzung gegen über. Er bekam einen halben Speciesthaler „ oder 43 Para für jedes Heft von zehn Blättern in Regal Quart oder klein Folio, und „ ein ſolches Heft copiirte er in drey Tagen. Unter den Wörterbüchern dieſes Mannes war „ eines in drey Columnen beſonders merkwürdig. In der einen Reihe waren die zum theil „ griechiſchen Wörter, welche in die coptiſche Sprache aufgenommen ſind. In der zweyten „ war die Bedeutung eben derſelben Wörter in der wahren alten coptiſchen Sprache, welche „ man Liſſºn Farain oder Pharés Sprache nennet, und in der dritten ſtand die Erklä- „rung davon in der arabiſchen Sprache. Dieſer gelehrte Copt ſagte, daß der König Pto- „lomaens, welcher nach dem Tode Alexandri U7agni in Egypten regierete, auf eben die „ Art geſucht habe die griechiſche Sprache in dieſem Lande allgemein zu machen, wie Sul- „tän Barkük die arabiſche. Ptolomeus nemlich ſoll befolen haben, daß derjenige ſeinen „ Kopf verlieren ſollte, welcher die pharaoniſche Sprache redete, und bey eben dieſer Strafe „ ſoll Sultän Barkük verboten haben Coptiſch zu reden. Jezt verſtehen ſelbſt viele coptiſche „ Prieſter die Bücher nicht welche ſie leſen müſſen. Wenn die Evangelia und Ritualia in „ der Kirche in der coptiſchen Sprache abgeleſen worden, ſo werden ſie auch arabiſch geleſen, „ damit der gemeine Mann ſie verſtehen möge. Er ſagte weiter, daß man die coptiſche „ Sprache mit griechiſchen Buchſtaben ſchreibe, doch aber ſo, daß man ſich hierzu auch der „ Buchſtaben des pharaoniſchen Alphabets mit bediene. Zu der alten pharaoniſchen Sprache „ hatte man nur 7 Hauptbuchſtaben, einjeder von denſelben aber hatte drey verſchiedene Zei- „ chen, und hiernach wurden ſie auf drey verſchiedene Arten ausgeſprochen. Als nun das „ coptiſche mit dem griechiſchen Alphabet verbunden worden iſt, ſoll man die drey verſchiede- „nen Züge eines jeden Buchſtaben zuſammengezogen und nur eine Figur daraus gemacht ha- »ben.» Herr Forſkäl hat die urſprünglich coptiſchen Buchſtaben auf einer andern Stelle abgeſchrieben, es ſind ſelbige aber die acht lezten Buchſtaben in dem bereits gedruck- ten coptiſchen Alphabet, welches ich deswegen nachgeſchlagen habe. Er bemerkt weiter: „Ich » hörete gleichfalls von ihm, daß er is den coptiſchen Klöſtern Bücher geſehen habe, welche » mit den pharaoniſchen Buchſtaben geſchrieben wären, und die keiner von ſeiner Nation » leſen könnte. „ Es iſt Schade, daß dieſe Bücher daſelbſt vergraben liegen ſollen. Man findee „ bisweilen auf den Mumien und alten Statüen zwiſchen den Hieroglyphen, Linien welche - z: keine Sprache der Araber. 9L Unterthanen reden noch jezt ihre alte Landesſprache, und hiedurch muß die wahre arabiſche Sprache ſehr verfälſcht worden ſeyn. In Syrien und Paleſtina hört ein Reiſender zwar nichts als arabiſch, doch kann die ſyriſche Sprache noch nicht M 2 zu „ keine Hieroglyphen ſind, ſondern bloß Buchſtaben zu ſeyn ſcheinen. Es würde vielleicht „ nicht ſehr ſchwer ſeyn die unleſerlichen Klöſterbücher zu deſchiſriren. Wenn die Gelehrten » ſich alſo mit der pharaoniſchen Sprache wohl bekannt machten, ſo könnte man wahrſchein- „lich nachher auch viele uralte egyptiſche Inſchriften erklären. Man findet zu Rom Gele- „genheit die jetzige egyptiſche, nemlich die arabiſche Sprache reden zu lernen. Vielleicht kann „ man bey dem Collegio de propaganda ſelbſt von gebornen Copten Unterricht in der copti- » ſchen Sprache erhalten. In der Vaticaniſchen Bibliothek und in dem Collegio de propa- »ganda findet man viele coptiſche Handſchriften, welche nach und nach von Egypten dahin gebracht ſind. Es ſind daſelbſt auch ſchon verſchiedene coptiſche Bücher gedruckt worden. „ Wenn ſich alſo jemand vorher zu Rom mit der arabiſchen und coptiſchen Sprache wohl be- „kannt machte, ſo könnte er nachher die coptiſchen Klöſter in Egypten mit großem Nutzen „ beſuchen. Er würde für eine geringe Bezahlung ſehr leicht Zutritt in ein ſolches Kloſter » erhalten, und ſich von den coptiſchen Geiſtlichen, die ſehr arm und mit wenigen vergnügt » ſind, ihre Bücher zeigen laſſen können. Sie fürchten die Catholiken, weil ſie wiſſen, daß ,, dieſe ſich durch ihre Miſſionarien alle Mühe geben ihre Gemeine durch den Ruin der copti- „ſchen Religion, in Egypten zu vermehren. Eine Empfehlung von dem Patriarchen hätte „ man vielleicht nicht einmal nöthig; denn diejenigen, welche dieſen Prelaten umgeben, ſchei- „nen mehr argwöhniſch zu ſeyn als die übrigen Mönche und Prieſter. Die Copten in dem „ Hauſe des Patriarchen ſagten mir, daß ich vermuthlich bey ihnen Bücher ſuchte, um ſie zu „ verfälſchen, und in Europa drucken zu laſſen, ſo wie die Catholiken zu thun pſiegten, „ Wenn alſo jemand arabiſch verſtünde, und beweiſen könnte, daß er kein Anhänger des „Pabſtes ſey, ſo könnte er noch wohl das Zutrauen dieſer Leute gewinnen. Sie ſind ſehr „ höflich und gaſtfrey. Sie leben mit allen Chriſten in Egypten unter dem Druck, und „ ſind deswegen friedlich und dienſtfertig. Man könnte vermuthlich in den Klöſtern Bücher » kaufen, oder von den Mönchen copiiren laſſen, die vorher niemals nach Europa gekom- » men ſind. - - - „ Eben dieſer Prieſter Abunatadrüs berichtete mir, daß in dem Hauſe des Pa- » triarchen nichts als Kirchenbücher vorhanden wären, daß er ſich aber ſehr leicht andere aus » den Klöſtern ſchicken laſſen könnte. Ich erkundigte mich bey ihm, ob man nicht in den » coptiſchen Klöſtern einige Erklärung der Hieroglyphen fände? Er antwortete, daß er es » nicht vermuthete; denn dieſes wäre Hermetis Wiſſenſchaft und Kunſt. --------- –-T-T-T- 92 Sprache der Araber. zu den todten gezählt werden. Denn, wie ich zu Damáſk vernahm, ſo ſollen in der Provinz des hieſigen Páſha noch einige wenige Dörfer ſeyn, wo die Bauern bloß Syriſch reden. In ſehr vielen Dörfern in der Gegend von Merdin und Moſül reden die Chriſten noch beſtändig Chaldäiſch, (andere ſagten Syriſch,) ja die Weiber, und diejenigen Männer welche keine Geſchäffte in Städten haben, verſte- hen keine andere als dieſe ihre Mutterſprache. Ich ſelbſt bin in einigen von dieſen Dörfern zwiſchen Arbil und Moſül geweſen. Ich kann nicht beurtheilen wie rein dieſe Sprache jezt noch geredet wird. Da ſie aber ſchon ſeit vielen Jahrhunderten faſt nur unter den Bauern erhalten worden iſt, ſo iſt ſie wohl nicht ſehr cultiviret. Die Prieſter zu Moſül verſicherten mich auch, daß das neu chaldäiſche eben ſo ſehr von dem alten abweiche, als das jetzige arabiſche von dem, welches zu Mohämmeds Zeiten geredet ward. Indeſſen waren ihnen einige Wörter in den Fragen des Herrn Michaelis bekannt. Und ich zweifle nicht, daß ein Gelehrter, der ſich überwinden konnte, ein Jahr bey den Mönchen in einem armſeligen Kloſter, z. E. zu Elköſch, wo der Patriarch der Neſtorianer wohnet, zuzubringen, viele Entdeckungen über dieſe Sprache würde machen können. Die Chriſten, welche in den Städten Moſül und Merdin geboren ſind, ſprechen gar kein chaldäiſch, wenigſtens nicht als ihre Mutterſprache. Doch ſchreiben ſie Karſchüni, d. i arabiſch mit chaldäiſchen Buchſtaben, ſo wie die Maroniten auf dem Berge Libanon arabiſch mit ſyriſchen, die Griechen in Nato- lien (wenigſtens die in der Gegend von Könie) türckiſch mit griechiſchen, und die Juden in Aſien, Africa und Europa, allerhand daſige Sprachen mit hebräiſchen Zei- chen. Die morgenländiſchen Chriſten ſchriben vielleicht, nachdem ihnen ihre alten Spra- chen unbekannt geworden ſind, deswegen nicht arabiſch oder türkiſch, daß die No- hämmedaner ihre Bücher und Briefe nicht leſen ſollen, und daß ihre Geiſtlichen und andere, die ſich vornemlich durch Schreiben ernähren müſſen, nicht Luſt bekommen mögen Mohämmedaner zu werden; denn bey dieſen würden ſie ihr Brod nicht verdie- nen können, ohne von neuen gut arabiſch oder türkiſch ſchreiben zu lernen. Die meiſten der zu Kähira und in Syrien gebornen Griechen (vielleicht auch die Armener) ſprechen bloß arabiſch, und der Gottesdienſt wird deswegen bey ih- nen ſowohl in der Sprache ihrer Nationen, als in der arabiſchen gehalten. Die - - Armener Sprache der Araber. 93 Armener und Griechen in den meiſten Städten von Natolien ſprechen noch im- mer ihre eigene Sprache, und haben unter ſich auch noch verſchiedene Dialekte. Ein griechiſcher Kaufmann von der InſelScio verſicherte mich zu Zille, einer kieinen Stadt der Griechen nahe bey Könie, daß er die Griechen dieſer Gegend bey ſeiner Ankunft kaum habe verſtehen können *). Sogar der Dialekt der Griechinnen zu Conſtantinopel und Pera ſoll verſchieden ſeyn. Ein Páſcha zu Kaiſar, wo die Chriſten in Gegenwart der Türken ihre eigene Sprache zu viel redeten, ſoll vor nicht gar vielen Jahren beyLebensſtrafe befolen haben, daß alle ſeine Unterthanen beſtändig türkiſch reden ſollten. Die Kinder der Chriſten lernten alſo nachher nichts als türkiſch, und daher findet man jezt ſelten einen zu Kaiſar gebornen Chriſten, der griechiſch oder armeniſch redet. Auch die Chriſten zu Angür (Angora) verſtehen jezt keine andere Sprache als die türkiſche. Doch verrichten die Griechen und Ar- mener ihren Gottesdienſt ſo wohl hier als zu Kaiſar, nur in der Grundſprache. Ich glaube kaum daß die Einwohner der Inſel Cypern noch vor nicht gar langer Zeit Syriſch geredet haben, wie Herr Michaelis in ſeiner 8oten Frage -zu glauben ſcheinet. Zu Larneca habe ich nichts von der ſyriſchen Sprache gehört. Aber die griechiſche Sprache iſt auf dieſer Inſel noch ſo ſehr die Hauptſprache, daß nicht nur die Einwohner, welche Mohämmedaner geworden ſind, noch beſtändig mit den Chriſten griechiſch reden, ſondern man trifft auf den Dörfern auch viele Mo- hámmedaner an, die keine andere als dieſe alte Landesſprache verſtehen. In andern Gegenden der Türkey wo ich geweſen bin, reden diejenigen, welche ihren Glauben verläugnet haben, nicht gerne ihre Mutterſprache, und ihre Kinder lernen ſie niemals. Die Kiurden haben ihre alte Sprache noch erhalten, und man trifft noch jezt in Kiurdeſtän drey Hauptdialekte an, nachdem nemlich ihre Provinzen nahe an Arabien, Perſien, oder an ſolche Dörfer gränzen wo chaldäiſch geredet wird. Einige von den kiurdiſchen Stämmen, die außerhalb ihrem Vaterlande unter Ge- M 3 zelten *) Die Griechen welche ſich Jonier nannten, hatten ſchon zu Herodotus Zeiten vier ver- ſchiedene Mundarten. Erſtes Buch 134. Man wird ſich alſo nicht darüber verwundern, wenn auch die jezigen Griechen verſchiedene Mundarten haben. 94 Alte Schriftzüge der Araber. zelten herumwandern, haben vermuthlich einige Wörter von ihren Nachbaren, den Turkmannen angenommen, und ein Jude zu Moſül wollte in der Sprache der Kiurden dieſer Gegend auch viele hebräiſche Wörter gefunden haben. Die Sabbäer oder ſo genannte St. Johannis Chriſten in der Gegend von Bäsra, ſollen ihre alte Sprache noch beſtändig unter ſich reden und ſchreiben. Es ſind ihrer nur ſehr wenige in dieſer Stadt, und unter dieſen war ein Schmid der gelehrteſte. Ich ließ mir von dieſem guten Manne ſein Alphabet ſchreiben; er mahlete die Buchſtaben aber nur ſchlecht. Ich habe zwar nicht das Glük gehabt in Jemen Denkmähler mit Inſchriften von der Zeit der Hamjaren zu ſehen; man ſagte mir aber, daß man noch unter den Ruinen der berühmten Stadt Dhafar, etwa zwey Meilweges nach Südweſt von Jerim, ingleichen an einer Mauer in dem Dorfe Höddäfa, am Wege von Da- mär nach Saná, alte Inſchriften antreffe, die weder Juden noch Mohánmeda- ner leſen könnten. Dieſe ſind vielleicht mit den Schriftzügen geſchrieben, welche Pocock in ſeinen Anmerkungen über den Abul Farajum S. 155 die hamjari- ſchen nennet, und die er ausdrücklich von den arabiſchen Schriftzügen unterſchei- det. Wenn alſo der erwähnte Gelehrte S. 156 auch ſagt, daß, als der Korän zum Vorſchein gekommen, in ganz Jemen keine einzige Perſon geweſen ſey, die arabiſch hätte leſen und ſchreiben können, ſo kann ich daraus nicht mit dem Verfaſſer der Fragen wegen der arabiſchen Sprache in dem Memoire der Academie des Jnſerip- tions & belies lettres ſchließen: Daß Jemen damals in einer großen Unwiſſenheit verſenkt geweſen ſey, ja daß die Völker des glückſeligen Arabiens, die doch jeder- zeit in Dörfern und Städten gewohnt, und nicht nur den Ackerbau, ſondern auch einen großen Handel mit fremden Nationen getrieben, damals den Gebrauch ihrer alten Art zu ſchreiben, verloren gehabt haben. Aber die kufiſchen Schriftzüge, F mit welchen der Korän geſchrieben war, können ihnen zu der Zeit noch unbekannt ge- weſen ſeyn. Ein Holländer, welcher ein Mohämmedaner geworden war, zeigte mir kurz vor meiner Abreiſe aus Mochha, eine Inſchrift von einem ganz unbekanten Al- phabet, die er in einem Dorfe (wenn ich nicht irre) in dem Diſtrikt Bellädanesco- piret hatte. Ich zweifle deswegen gar nicht, daß man in der bergigten Gegend von Jemen T - - - - –-T“ --- --------------- =----------- - - - - - ----- --- - -- - - ----------- - - - - - - - -7-- _ _–- - - - - - Alte Schriftzüge der Araber. 95 Jenen, und vornemlich zwiſchen Taäs, Saná und Tehäma noch jezt Inſchriften mit hamjariſchen Schriftzügen antreffen könne. Weil ich eben damals, als der erwähnte Holländer mir ſeine Abſchrift zeigte, an einem hitzigen Fieber ſehr krank lag, ſo hatte ich mehr Urſache mich zum Tode zu bereiten, als alte unbekannte In- ſchriften zu ſammlen, und verſäumte deswegen die Gelegenheit diejenige abzuſchrei- ben, die er mir wies. Erinnere ich mich recht, ſo beſtanden die Buchſtaben dieſer Schrift aus lauter geraden Strichen, und wenn dieſes iſt, ſo haben die Hamja- ren ihr Alphabet zu Inſchriften vielleicht von ihren Eroberern, welche ſie Tobbá nannten, erhalten. Dieſe waren aus Samarkánd, und Feueranbeter, wie nachher bemerkt werden wird, und hatten alſo vermuthlich eben die Schriftzüge welche wir perſepolitaniſche nennen, weil man ſie bisher noch nirgends anderswo angetroffen hat, als unter den Ruinen der Stadt Perſepolis. Auf die Schriftzüge der Hamjaren folgten die kufiſchen, und dieſe wer- den in einigen Gegenden des Morgenlandes bisweilen noch jezt gebraucht. Ich habe ein in den neuern Zeiten zu Tunis geſchriebenes Buch geſehen, in welchem alle überſchriften mit kuſiſchen Buchſtaben geſchrieben waren, und vermuthe des- wegen, daß dieſe Schriftzüge in der Barbarey noch eben ſo gebräuchlich ſind, als die alten deutſchen Buchſtaben in England. Zu Bagdad braucht man bisweilen noch jezt ein kufiſches Alphabet zu Inſchriften, in welchem alle Buchſtaben vier- eckigt ſind. Ich will aber nur die älteſten kufiſchen Schriften, welche ich geſehen habe, beyfügen, und überlaſſe es den Kennern der alten arabiſchen Sprache ſelbſt daraus die verſchiedenen Alphabete zu ſammlen, und ihre Anmerkungen darüber zu machen. - Auf der IV und V Tabelle ſiehet man eine Abſchrift eines Blatts aus einem Korän der auf Pergament geſchrieben iſt, und als ein großer Schatz in der Bücherſammlung bey der Academie Dſjämea el ashar zu Kähira aufbehalten wird, weil man glaubet daß der Chalif Omar ihn mit eigener Hand geſchrieben habe. Wenn aber auch Omar dieſes Blatt nicht geſchrieben hätte, ſo iſt es wenigſtens ſehr alt, und bloß deswegen merkwürdig. Die Buchſtaben auf demſelben ſind ſchwarz. Die Punkte, welche in dem Abdruck als kleine Cirkel angedeutet ſind, und ganz ohne Wahl zwiſchen der Schrift geſeztzuſeyn ſcheinen, ſind roth. Die Scheidungs- - linie 96 Alte Schriftzüge der Araber. linie, ingleichen die zwey großen runden Zierathen zwiſchen der Schrift, ſind braun und gold. Ich vermuthe daß bey der Scheidungslinie ein neues Capitel anfange. Wenn das iſt, ſo könnte man eben dieſe Stelle im Korän leicht aufſuchen, und das ganze Blatt leſen. Herr von Haven erhielt es nach vieler Mühe und für gute Be- zahlung, von ſeinem Sprachmeiſter, welcher die Erlaubnis hatte in die erwähnte Bücherſammlung zu kommen. Pocock redet in ſeinen Anmerkungen über den Abul- farajum S. 158 von einer ähnlichen Probe der kufiſchen Schriftzüge, und Chardin hat ſchon ein ähnliches, aber nicht ſo ſchönes Blatt auf ſeiner 71ten und 72ten Ta- belle in Kupfer ſtechen laſſen. - Die folgenden kufiſchen Schriften habe ich in Jemen geſehen und abge- ſchrieben. Nemlich die auf Tab. VT zu Beit el Fakih, und die auf Tab. VII und - VIII zu Ghalef'ca. Hiedurch wird nun wohl die Geſchichte des Landes nicht be- reichert werden; denn das kann man nicht von Inſchriften auf zerſtreueten kleinen Leichenſteinen erwarten. Aber die Schriftzüge ſind nicht nur von verſchiedenen Zeiten, ſondern auch auf allen Tabellen etwas verſchieden, und vielleicht deswegen merkwürdig. Keiner von den Gelehrten in Jemen, mit welchen ich ſo bekannt wurde, daß ich mich unterſtehen durfte ſie um eine Erklärung dieſer Inſchriften zu bitten, konnte davon vielmehr leſen als ich ſelbſt. Einer zu Bagdad ſchrieb mir zwey davon mit neuern arabiſchen Buchſtaben. Es würde aber überflüſſig ſeyn dieſe beyzufügen, weil die europäiſchen Gelehrten vermuthlich noch beſſer mit den alten Kufiſchen Schriftzügen bekannt ſind, als die jezigen Araber. Ich kann we- - nigſtens verſichern, daß ſie den Herrn D. Reiſke nicht ſo unbekannt ſind, als den meiſten Gelehrten in dem Lande, wo ſie geſchrieben geworden. - - Auf der IX Tabelle ſtehet man das Ende einer ſehr großen Inſchrift, welche ich an einer alten Moſqué zu Thöbäd, nahe bey Taäs geſunden habe. Dieſe iſt im Jahr der Hedsjera 540 d. i. 1145 chriſtlicher Zeitrechnung geſchrie- ben worden. Es ſcheinet alſo daß die alten kufiſchen Schriftzüge zu dieſer Zeit nicht mehr in Jemen gebräuchlich geweſen ſind. Die Inſchriften in der Wüſte am Wege von Sues nach dem Berge Sinai, ſind der großen Erwartung nicht gemäß, die man ſich von ihnen gemacht hat. Ich habe zwar keine Felſen geſehen, die halbe Meilen lang beſchrieben waren, wohl aber Tab:VI. 2, l FT, S Ä - T-7 - EU. DC JÄTZF = Ä TFT *AFIF – E XS - -- - - * - - “ ,-.- - – – L Inſchrift au/ einem Zec/ez Yen zu Beit-cl-Fakih. Inrcription d'une pierre repu/cra/e & Bette/ Fak - – Mazrter ſc .. Tab: VII. –Martzr Jc. - - - - / Zurc/zy? at/(*///C'/// Zezc/cz.4«z. Zº« Galefča Inscription a/une /ezerre sepulcra/e à Ga /Äa Tab VIII , – s AXA IM äl II - G - z S- L O AG -2- - T. - NE k S » T.AA, 5 v – - –– 4 S - FS -- – n al- S)4 O) AE a - -ÄT GºY G. G - T S – \U . S S N – – / M. 2. 2. a A G (o T "-Fº! “T)f, S. –r – – T - G “ – T. ſº.- , K\ N G SD T Y. . . . SS MVN ſº * s G ÄK) (e % , –– m G (S) TTR TÄT Arrr /Ä/ſ =S <l Sh-Al / - Zºrc/ºzy/? au/evezz Zetc/ey/etzt Z4 Galefča Znºrczipzzoz. dune /zzerre zu era à Ga/7éa . *----------- - - - - T- ºp zz ºp so./a/pyggy z ºº wéºel 2"Puoyahºo.eu/ " Sz-º./372you pe? L 77 on/rehzouo up Jalºu 2" //../zoIW > - g“ FIFWÄHF ##T - º -)W V lº *- –-- Alte Schriftzüge der Araber. 97 aber verſchiedene Inſchriften angetroffen, die alle von der Art waren welche Pocock vor, und Montagu nach mir copiiret haben. Weil alle dieſe Schriften, welche mir bloß Namen der Reiſenden zu ſeyn ſcheinen, nur auf rauhen Steinen einge- hauen, oder vielmehr eingeſchlagen ſind; ſo haben meine Abſchriften nicht deutlicher werden können, als diejenigen, welche die erwähnten Reiſende abgeſchrieben ha- ben. Doch werde ich künftig ſowohl einige von dieſen uns annoch unbekannten Inſchriften, als verſchiedene ſchön geſchriebene Hieroglyphen, die ich in dieſer Wüſte angetroffen habe, in meiner Reiſebeſchreibung mittheilen. Ich hörte von einem Maroniten von dem Berge Libanon, daß man an und auf dem Berge Kisr- vän Ruinen von alten Grotten, Gebäuden und Caſtellen mit uralten und ganz unbekannten Inſchriften finde. Dieſe ſind vielleicht phöniciſche, oder palmyreni- ſche, und verdienen alſo auch die Aufmerkſamkeit der Reiſenden. Zu den Denkmälern mit alten Schriften gehören auch alte Münzen. Hier- nach frägt ein in Arabien Reiſender zwar vergebens; denn, wenn auch die Einwoh- ner dieſes Landes etwa goldene oder ſilberne Münzen finden, ſo bringen ſie ſie gleich zu einem Goldſchmied, und dieſer weiß davon keinen beſſern Gebrauch zu machen als ſie zu ſchmelzen. Aber in Kiurdeſtän werden die alten römiſchen, griechiſchen und perſiſchen Münzen ſo häufig gefunden, daß ſie daſelbſt in einigen Städten bis- weilen auf dem Markte gangbar ſind, weil es in dieſer abgelegenen Gegend an Schei- demünze fehlet. Man findet ſchon in den Sammlungen der Europäer eine Menge alter römiſcher und griechiſcher Münzen, und ich darf nicht hoffen, daß unter den we- nigen, welche ich in Egypten, Syrien und in den Städten auf der Oſtſeite von Ara- bien, wo die Einwohner gewohnt ſind ſie an die daſelbſt wohnende europäiſche Kauf- leute und Mönche zu verkaufen, erhalten habe, noch unbekannte ſeyn ſollten. Aber unter meinen kufiſchen, oder vielmehr alt arabiſchen Münzen, ſcheinen fol- gende merkwürdig zu ſeyn. - No. 1 auf der X. Tabelle iſt eine goldene Münze, auf welcher ich unten den Namen Bagdad leſe, und deswegen vermuthe daß ſie in dieſer Stadt geſchlagen worden iſt. Der innerliche Wehrt dieſer Münze iſt in Vergleichung mit däniſchen Ducaten, das Stük zu zwey Reichsthalern gerechnet, ſechs Reichsthaler drey Lüb- ſchillinge. Franz Heinrich Müller, ehmaliger Münz und Bancoguardein, hat dieſe- N Mänze“ - - ----- =-T * - -- T-- 98 Alte Schriftzüge der Araber. - ------- -- Münze auf das genaueſte unterſucht, und mir davon folgenden Bericht gegeben: Dieſe goldne Münze wiegt von dem Richtpſenning Gewicht 233o Theile. Die rohe Mark hält an feinem Golde 23 Karat 10 Grän. Der Werth dieſes Stücks iſt, in Vergleichung mit hieſigen Courant Ducaten, wovon 75 Stück auf die rohe Mark gehen, 21 Karat ſein Gold halten, und jeder mit 2 Reichsthaler bezahlt wird, in däniſchen Courant 6 Reichsthaler 7Äg Schillinge. Gegen holländiſche Spe- eies Ducaten aber, wovon 67 Stück auf die rohe Mark gehen, 23 Karat 6 Grän an ſein Gold halten, und mit 2 Reichsthaler bezahlt werden, in däniſchen Cou- rant 6 Reichsthaler 4 Ä Schillinge. No. 2 iſt gleichfalls eine goldene Münze, die aber am innerlichen Wehrt 4 Rthlr. 9 Lübſchillinge hält. Herr Müller hat dieſe auch unterſucht. Er ſagt: Sie wiegt mit obgeneldeten Gewicht 1736 Theile. Die rohe Mark davon hält fein 21 Karat 9 Grän. Der Wehrt dieſes Stücks iſt in Vergleichung mit hieſigen Courant Ducaten 4 Rthlr. 1 Mark 2Äs Schillinge, und gegen holländiſche Species Ducaten 4 Rthlr. 1 Mark II ###+ Schillinge. Das Richtpfenning Ge- wicht iſt, wie bekannt, das eölniſche Markgewicht, und in 65536 Theile gethe- let. Der angegebene feine Gehalt iſt von den alten Species Ducaten von 176o bis 63 genommen, die neuern halten ſelten über 23 Karat 5 Grän, ja eher weniger als mehr. Von den däniſchen Schillingen machen 16 einen Mark, und 96 einen Reichsthaler. Ich weiß nicht, welche von dieſen beyden Münzen, oder ob vielleicht keine ein Dinär genannt worden iſt. Da die Geldſtrafen für gewiſſe Verbrechen in den alten Geſetzbüchern der Mohämmedaner, nach Dirhem und Dinär beſtimmt ſind, ſo rechnen der Mufti und der Kádi zu Básra, nach der Meinung eines arabiſchen Gelehrten in dieſer Stadt, für jeden Dirhem einen ſilber Mohämmedie, eine perſiſche Münze welche zu Básra gangbar, und den fünften Theil eines Rupie, d. i. den vierzigſten Theil eines Pfundſterlings, oder ohngeſehr 6 Schilling lübſch wehrt iſt. Und ein Dinär ſoll nur für 7 Metkal oder Io Dirhem, oder ein viertel Pfundſterling, oder ein und ein viertel Reichsthaler gerechnet werden. Ich glaube aber nicht, daß mein Mulla von dem Wehrt des alten Dinär wohl unterrichtet war, weil die europäiſchen Schriftſteller, welche ihre Nachrich- tLB - - - - - ------- - - * - - - - - - “--------- - - - - - - - - - - - - --- - - - - - - - - - Alte Schriftzüge der Araber. 99 ten aus den Büchern der Araber genommen haben, ihn auf zwanzig Dirhen ſetzen *). Silberne Münzen mit kufiſcher Schrift habe ich auf meiner Reiſe nicht er- halten. Sie werden bisweilen in Jütland, auf der Inſel Bornholm, und in au- dern Gegenden der Oſtſee gefunden, und ſind deswegen in den Münzſammlungen gar nicht ſelten. - > Die Münzen von No. 3 bis 16 auf der X und XI Tabelle ſind alle von Kupfer. Die erſtere habe ich nur deswegen beygefügt, weil die Schrift auf der- ſelben ſehr deutlich iſt. Die übrigen alle ſcheinen mir wegen der Figuren merk- würdig zu ſeyn, weil man dergleichen ſonſt auf den Münzen der Mohämmedaner nicht anzutreffen pflegt. Auf der einen Seite der Münze 4 ſcheinet ein Kreuz zu ſeyn, und die Umſchrift zeigt doch daß ſie würklich von Mohämmedanern geſchla- gen iſt. Die Münze 5 und 6 iſt vermuthlich eben diejenige, welcher Bircherodius in ſeiner Abhandlung de priſco ſeptentrionalium in Alexandria mercatu p. 41. beſchreibet. Die Münze 13 habe ich zu Schiräscopiiret. No. 16 iſt eine neuere perſiſche Münze. Von der alten arabiſchen Münze, auf welcher man nur bloß die Worte fin- det: Gott iſt ewig; habe ich keine geſehen **). Von der auf welcher nur ſtehet: Es iſt kein Gott als der einzige Gott, und Mohämmed iſt ſein Prophet, habe ich einige von verſchiedenem Gepräge. Dieſe aber ſind nicht ſelten, und gar nicht merkwürdig. Auf den neuern türkiſchen und arabiſchen Münzen findet man gemei- niglich nur den Namen des Regenten, und ſeinen Titel, und nicht ihren gewöhn- lichen Wahlſpruch: Es iſt kein Gott als der einzige Gott, u. ſ. w.. . Denn die Mohámmedaner ſehen es, nach der Meinung eines Mulla zu Básra, ungerne, IN 2 daß *) In dem erſten Theil der Ueberſetzung der allgemeinen Welthiſtorie der neuern Zeiten, finde ich S. 179 in der Anmerkung: daß in der Bodleianiſchen Samm- lung neun, und noch ein anderer Dinär in der Sammlung des Herrn Brown vor- handen ſind, deren Wehrt ſich nach dem Gewichte dreyzehn Schillinge ſechs Pence engländiſcher Münze, d. i. ohngefehr drey Reichsthaler, beläuft. *) Memoire de l'Academie des Inſcriptions & belles lettres. IGOO Neuere Schriftzüge der Mohämmedaner. daß die Chriſten, Juden und Heiden ſolche heilige Worte mit unreinen Händen an- rühren. Doch zweifle ich daß der Sultän zu Conſtantinopel, und der Imäm zu Saná in dieſem Stücke würklich ſo gewiſſenhaft ſind, als der erwähnte Geiſtliche glaubte. Sie laſſen den Spruch aus dem Korän vielleicht deswegen aus, damit ihr Name und Titel mehr Platz haben. Die gut erhaltenen alten perſiſchen und partiſchen Münzen, welche ich auf meiner Reiſe, und zwar zu Básra, Moſul und Merdin aufgetrieben habe, ſiehet man auf der XI und XII Tabelle, von 17 bis 28. Die drey leztern, nemlich 29, 30, 31, welche von eben dieſer Art ſind, ſind aus der Sammlung des Herrn Conferenzrath Suhm. Die Schriften auf denſelben ſind von zwey ſehr verſchiedenen Alphabeten. Indeſſen haben vielleicht beyde einige Ähnlichkeit mit denen, welche man noch jezt zu Perſepolis, nnd in der umliegenden Gegend antrifft. Man findet ſchon Abbildungen von einigen alten perſiſchen und parti- ſchen Münzen in Frölichs Notitia Numismatum, in der Hiſtoria Arfacidarum, in dem Supplement aux ſix Volumes de recueils des medailles, u. b. a. m. Die neuern Schriftzüge der Mohämmedaner ſollen nach der Meinung der jezigen Araber, von einem Wiſer ibn Mocla erfunden ſeyn, und zwey von ſei- nen Sclaven ſollen ſie allgemein gemacht haben. Jaküt ſagt man, hat die Schriftzüge welche man Talik nennet, in Perſien, und Rihän das Neſſich in Arabien ausgebreitet. Daher ſchreiben die Araber und Türken noch jezt alle ihre Bücher mit den Schriftzügen Neſſich, die Perſer aber gemeiniglich Talik. Man muß bekennen, daß die morgenländiſchen Bücherabſchreiber es in ihrer Kunſt ſchön zu ſchreiben, ſehr hoch gebracht haben *). Die Mohämmedaner haben außer den beyden erwähnten Bücherſchriftzügen noch verſchiedene andere. Die Schriftzüge Dtült oder Rihani ſind eine Art Fraktur, welche man zu Inſchriften auf Holz Und *) Ein Mulla zu Basra wollte mich verſichern, daß die Sünniten in den Büchern welche ſie abſchreiben, jederzeit eine ungerade Anzahl, die Schiiten aber eine ge- rade Anzahl Linien auf einer Seite ſchreiben. Ich weiß nicht ob dieſe Regel als gemsin iſt. - - - Neuere Schriftzüge der Mohämmedaner. IO und Steinen braucht, ingleichen zu den Titeln der Bücher, bey welchen man die Buchſtaben oft mit vieler Kunſt und Zierde in einander ſchlingt. Dieſe Buchſta- ben ſind nur größer und ſtärker, in der Figur aber wenig vom Neſſich verſchieden. Die Curſivſchrift der Türken und Araber, nemlich die Schriftzüge, welche die vom bürgerlichen Stande in privat Briefen und Rechnungen brauchen, nennet man Rokai. Bey dieſer giebt man ſich nicht viele Mühe ſchön und deutlich zu ſchrei- ben, ja man ſetzt faſt niemals die Lautbuchſtaben, und nur ſelten die Unterſchei- dungspunkte über und unter den Buchſtaben. Menninſki nennet die Schriftzüge Rokai, Kyrma *). Divani iſt gleichfalls eine beſondere Schreibart, deren ſich die Osmanli, d. i. die vornehmen Türken, vornemlich in ihren Canzeleyen und in Briefen bedienen. Ich ließ mir zu Bagdad eine Probe von allen den er- wähnten Schriftzügen ſchreiben, und da man hieraus den Unterſchied viel leichter erkennet, als aus weitläuftigen Beſchreibungen und beſonderen Alphabeten, wenn gleich in denſelben angezeigt iſt, wie ein Buchſtab forne, in der Mitte und am Ende geſchrieben wird, ſo habe ich ſelbige um derer willen, die mit den mor- genländiſchen Handſchriften nicht wohl bekannt ſind, auf der XIII Tabelle ab- drucken laſſen. - Die Curſivſchrift, welcher ſich die Araber in Jemen in ihren Briefen be- dienen, iſt auch nicht ſehr deutlich, wie aus den beyden Proben auf der XIV Ta- belle erhellet. A iſt ein kleiner Brief, welchen der Emir Farhan uns bey unſe- rer Ankunft zu Loheia ſchickte, und den Brief B, welcher von dem Imäm mit eigener Hand überſchrieben iſt, erhielten wir zu Saná. Der auf dieſer Tabelle befindlichen Münze C werde ich nachher erwähnen. Der Imäm, die Kadis und andere arabiſche Gelehrte ſchreiben ihre Na- men gerne mit durch einander geſchlungenen Buchſtaben, damit ſie nicht leicht nach- geſchrieben werden können. Diejenigen, welche ſelbſt nicht ſchreiben können, laſſen ihren Namen unter den Briefſehen, und drucken ihn, oder ihren Wahlſpruch, wel- chen ſie gemeiniglich in einem Stein geſchnitten am Finger tragen, mit Dinte unter, oder auf der andern Seite des Papiers auf ihren geſchriebenen Namen. Einer N 3 AUS *) Inſtitutiones lingua turcicae p. 32- IO2 Geheime Schriftzüge. aus Mekke verſicherte mich: daß, wenn der allda regierende Scherifverlangt, daß einer wegen eines Proceſſes, oder anderer Urſachen wegen vor ihm erſcheinen ſoll, er demſelben nur einen Gerichtsbedienten mit einem Stock, auf welchem drey Ker- ben geſchnitten ſind, ſchicke. Die Osmanli überſenden ihre Briefe an andere Vornehme in langen ſeidenen Beuteln. Die Araber rollen ſie etwa in der Breite eines Daumes, platt zuſammen, und kleiſtern das äußerſte Ende anſtatt den Brief zu verſiegeln. In den kältern Gegenden von Perſien braucht man auch Siegel- lack. In den heiſſen Ländern aber wird es bald weich, und daher das Siegel in demſelben unkenntbar. Die Janitſcharen brauchen in ihren Rechnungsbüchern eine ganz beſondere Schrift, welche man Siakenennet, und wovon die Zahlen gänzlich, die Buch- ſtaben aber nur zum theil von den Schriftzügen der übrigen Mohämmedaner ver- ſchieden ſind. Vermuthlich damit nicht ein jeder ihre Rechnungsbücher leſen könne. Weil dieſe Schreibart den Europäern noch nicht bekannt zu ſeyn ſcheinet; ſo habe ich mir davon die auf der XIII Tabelle in Kupfer geſtochene Probe von einem, der viele Jahre Schreiber bey dem Corps der Janitſcharen geweſen war, geben laſſen, woraus man ohngefehr ihre Zeichen wird kennen lernen können. Ich habe die arabiſchen Gelehrten zu verſchiedenen malen von einem gehei- men Kunſtſtücke reden hören, ſeinem Freunde ſeine Gedanken zu ſchreiben, ohne daß ein Fremder es leſen könne, und ein Mekkaner, dem ich die perſepolitaniſchen Inſchriften zeigte, meinete ſogar, daß einige in Hedsjäs ſich auch einer ſolchen Art Buchſtaben in ihren geheimen Briefen bedieneten. Aber die Morgenländer ſchei- nen mehr erfinderiſch zu ſeyn, als daß ſie ſich in einem Briefwechſel von großer Wichtigkeit mit alten Alphabeten behelfen ſollten. Ich habe zu Schiräs eine Fa- milie der vornehmſten Kaufleute gekannt, welche geborne Perſer waren, und nicht nur in ihren Hauptbüchern gewiſſe, bloß ihnen bekannte Zeichen, ſondern auch ſo zu reden eine eigene Sprache hatten. Sie hatten wenigſtens für viele Sachen Namen von ihrer eigenen Erfindung, und konnten alſo in Gegenwart anderer mit einander reden, ohne daß man ſie verſtehen konnte. Ein Koch bey einen engli- ſchen Kaufmann zu Häleb hatte viele Jahre Rechnung von den kleinen Haushaltungs- Aus- ºBLA ZV-Gº-gº-Vg- rº-Zºë ---- - sº C. Zé- es-, «º-Ä >E-W.- Wº oHº>>?'v------ - – Mo/amme?. –s –Musé/. - –ÄL U 2. Lv 3. – 4 –e/znea/. – - Ca/? - # Siäke “ 3. -- „9 –e- –Malmtea/. –JA - –Hóc/a/ Ty“ “ 4 : " zo. -n. Beé „FVA -e –éaft/Karó . L- «- 5. - W 14 . – Omar . KÄ Dautze/ . TÄr - * *" 2 –v - oºman Sº -=------ ------- ------------------- - - ---- –T- - * –-T- “- -------------- – - - - - Geheime Schriftzüge. IO3 Ausgaben ſeines Herren gehalten, ohne daß er mehr ſchreiben gelernt hatte, als bloß Zahlen zu mahlen. Sein Buch war voller Hieroglyphen. Ein Cirkel beder- tete einen Pudding, eine Spirallinie eine Paſtete, ein langer Strich mit kleinen Querſtrichen kleine Vögel. Jäger, Handwerks- und gemeine Arbeitsleute atten alle ihre beſondere Zeichen. Weil ſeine Schriftzüge nur ihm allein bekannt waren, ſo mußte er ſeine Rechnung alle Sonnabend, oder alle vierzehn Tage dem Schreiber des Kaufmanns vorleſen, und ſie aufs neue ſchreiben laſſen. Ich verlangte eine Abſchrift von dieſer Bilderſchrift, der gute Mann glaubte aber daß ich ſeiner ſpot- tete, und wollte mir ſein Rechnungsbuch nachher gar nicht mehr zeigen. Dieſer Koch war ein Armener. Ich glaube ſchon irgendwo geleſen zu haben, daß die Morgenländer eine beſondere Manier haben in Gegenwart vieler Leute einen Kauf zu ſchließen, ohne daß einer von den Umſtehenden erfährt, wie viel für die Waare bezahlt wird. Sie bedienen ſich dieſer Kunſt noch ſehr oft. Ich ſähe es aber ungerne wenn je- mand auf dieſe Art einen Kauf für mich ſchließen wollte, weil der Mäkler dadurch eine bequeme Gelegenheit hat denjenigen, für welchen er kaufen ſoll, auch in ſeiner Gegenwart zu betriegen. Beyde Partheyen nemlich geben ſich durch gewiſſe ihnen bekannte Zeichen an den Fingern und Knöcheln der Hand, wovon einer 100, 50, Io u. ſ. w. bedeutet, zu verſtehen, wie viel der eine verlangt, oder der andere zu bezahlen gedenkt. Man macht aus dieſer Kunſt gar kein Geheimniß, weil ſie ſonſt von keinem großen Nutzen ſeyn würde, ſondern man bedeckt der umſtehenden wegen nur die Hände mit dem Zipfel des Kleides. Die arabiſche Regenten wenden zwar nicht ſo viel auf Wiſſenſchaften, als die europäiſchen, und man findet deswegen in den Morgenländern nur ſelten Leute welche man mit Recht Gelehrte nennen kann. Doch wird die Jugend bey den Mohämmedanern überhaupt, nicht ſo ſehr vernachläſſiget, als man vielleicht in Eu- ropa glaubet. In den Städten können viele gemeine Leute leſen und ſchreiben, und eben dieſes habe ich unter den Schechs in der Wüſte des Berges Sinai, und in Egypten gefunden. Die Vornehmen haben in ihren Häuſern eigene Lehrer bey ihren Kindern und jungen Sclaven, wovon ſie nemlich diejenigen, bey welchen ſie Ver- IO4 Wiſſenſchaften der Mohámmedaner. Verſtand bemerken, oft als ihre eigene Kinder erziehen. Man findet faſt bey je- der großen Moſqué eine Schule, (Mäddraſſe,) wo nicht nur die Lehrer, ſondern auch arme Knaben von Stiftungen unterhalten werden. Ueberdieß ſind in den großen Städten noch viele Schulen, wohin Leute vom mittlern Stande ihre Kin- der ſchicken, um die Grundſätze der mohämmedaniſchen Religion, leſen, ſchreiben und rechnen zu lernen. Ich habe oft ſolche Schulen im Sük, d. i. in Straßen geſehen woMarkt gehalten wird. Sie ſind gemeiniglich nach der Seite der Straße, ſo wie die Kramladen, ganz offen. Doch ſcheinet es daß der Lerm der vielen vor- beygehenden die Knaben gar nicht ſtöhret, ſondern alle die, welche leſen oder etwas auswendig lernen, ſitzen mit ihrem Buche auf einem kleinen hölzernen Pult vor ſich. Sie ſagen alle Worte laut, und bewegen ſich mit dem ganzen Oberleibe, ſo wie die Juden in ihren Synagogen. Mädgen findet man in dieſen Schulen nicht, ſondern dieſe werden von Weibern unterrichtet. In einigen großen arabiſchen Städten ſind außer den erwähnten kleinen, auch größere Schulen, in welchen die höhern Wiſſenſchaften der Mohämmedaner, als die Aſtronomie, die Aſtrologie, die Philoſophie, die Arzneywiſſenſchaft u. a. m. getrieben werden. In dieſen Wiſ ſenſchaften ſind ſie freylich gar weit unter den Europäern, aber nicht weil es ihnen an Fähigkeit, ſondern an Büchern und gutem Unterricht ſehlet. Bloß in dem klei- nen Königreiche Jemen ſind noch jezt zwey ſchon ſeit vielen Jahren berühmte Acade- mien: die eine zu Zebid für die Anhänger der Sekte Sünni, und die andere zu Damär für die Zeiditen. Ich hatte aufmeiner Reiſe durch dieſe beyden Städte kei- ne Gelegenheit mit Gelehrten bekannt zu werden, und mich von ihren Schulanſtalten zu unterrichten. Ich glaube aber daß die Wiſſenſchaften hier eben ſo wie auf der Academie bey Dsjamea el áſhar zu Kähira gelehrt werden. Die Erklärung des Koräns, alſo auch die Geſchichte der Mohämmedaner zu den Zeiten Mohämmeds, und der erſten Chalifen, iſt die Hauptbeſchäftigung der mohämmedaniſchen Gelehr- ten, und dieſe iſt, ſelbſt bey den Arabern, nicht nur ſehr weitläuſtig, weil ſie das alte arabiſche als eine todte Sprache lernen, ſondern auch weil ſie ſich mit den vor- nehmſten Schriftſtellern die über den Korän geſchrieben haben, und deren Anzahl ſehr groß iſt, wohl bekannt machen müßen, wenn ſie ſich unter ihren Landesleuten das Anſehen der Gelehrſamkeit erwerben wollen. Man ſagte daß die Gelehrten ſich Dichter und Redner der Araber. IO5 ſich öffentlich eraminiren laſſen müſſen, bevor ſie anſehnliche geiſtliche oder weltliche Bedienungen erhalten. Doch hiebey handeln die Mohämmedaner wohl nicht ganz unpartheiiſch. Viele, wovon man glaubt, daß ſie nur wenig gelernet haben, erhal- ten einträgliche Bedienungen, und andere tüchtige Männer müſſen ihre Lebenszeit als Schreiber und Schulmeiſter zubringen. Es ſcheinet daß die Araber noch jezt ſehr große Reimer ſind, und daß ihnen ihre Verſe auch bisweilen belohnt werden, ich weiß aber nicht ob man des- wegen große Dichter unter ihnen antrifft. Man wollte indeſſen in Jemen behaup- ten, daß ſie unter den herumſtreifenden Arabern in der Landſchaft Dsjöf nicht ſel- ten wären. Ein Schech von dieſen Arabern war vor wenigen Jahren zu Saná im Gefängniß. Als er ungefähr auf dem Dache eines gegen ihn über ſtehenden Hauſes einen Vogel ſah, ſo erinnerte er ſich, daß einige andächtige Mohämmedaner ein Gott gefälliges Werk zu verrichten glauben, wenn ſie einen eingeſperrten Vogel wieder in Freyheit ſeßen. Er ſelbſt glaubte einen eben ſo gegründeten Anſpruch auf die Freyheit machen zu können als ein Vogel. Er machte darauf ein Gedicht, welches zuerſt von der Wache auswendig gelernt, nach und nach weiter, und end- lich dem Imäm bekannt ward, der es ſo vortrefflich fand, daß er dem Schech, den er wegen ſeiner Streifereyen eingeſperrt hatte, wegen ſeiner Geſchicklichkeit in der Poeſie wieder die Freyheit ſchenkte. Die Araber beſingen auch noch bisweilen die Heldenthaten ihrer Schechs. So machten ſie nach einem Siege, den der Stamm Chaſael vor wenig Jahren über den Ali, Päſcha zu Bagdad erhalten hatten, ſo gleich ein Lied, in welchem ſie die Heldenthaten eines jeden ihrer Anführer erhoben. Als ſie das Glück verließ, und ſie in dem folgenden Jahre von den Türken überwun- den wurden, fehlte es auch nicht an einem arabiſchen Poeten zu Bagdad, der das Gegentheil von den arabiſchen Schechs ſagte, und die Heldenthaten ihres Päſcha, und ſeiner Officiers erhob. Sein Gedicht war aber eine bloße Nachahmung von dem vorhergehenden. Man ſang das erwähnte Lied der Araber noch zu meiner Zeit, ſowohl in dem Gebiete des Stammes Chaſael, als zu Bagdad. Ich verſäumte aber ſo wohl dieſes, als das Gedicht des Schechs aus der Landſchaft Dsjof abzuſchreiben. O Ein IO6 Dichter und Redner der Araber. Ein Maronit mit Namen Abüd ibn Schedid der ſich 1771 hter zu Ko- penhagen einen Prinzen vom Berge Libanon nannte, erzählte mir daß die Bedoui- nen, zu der Zeit, als der Sultän den Aſſad Páſcha, welcher die Karwänen Pil- grimme viele Jahre begleitet hatte, und bey den Arabern ſehr beliebt war, hatte ermorden laſſen, ein Trauerlied gemacht haben, welches in allen ſyriſchen Städ- ten öffentlich geſungen worden. Ich ließ mir durch ihn folgendes davon abſchreiben. Es iſt gleichſam ein Geſpräch der Araber mit der Tochter des Schechs von dem Stamme Harb, und mit Háſſan, dem Kichja des Aſſad Päſcha. U„Us es«) es - LAU: L&L W 9 & Yº- U-J Lºus 2 s«) „W0)-Äs q---> yºs - 9°_» º2 º e-ls "W u)_s- 7 - 9°- Lºy- Lºs** yº- L/a>- La-La- Q-«J) --- Lºs v)9MUJF- --> bis -9 º_» -2_2 ---- -." Us- EX-3 35° USA: - *M U2- Lº- o*.» U„s) - *** - - > q--> yºº sºº - „2 - 2*«Wº º) U») ºyºs E/4) eSº «„so ist? --” Jos!) eb-_9 „50ä• Oº /MoU) v” --> yºs ve"_» - - >*«Wa sº yy- sº „so.» Eben dieſer Maronit ſagte, daß die arabiſchen Poeten in Syrien ihre Verſe an die Gelehrten bey Dsjamea el Ashar zu Kähira, ſchicken, und ihre Lieder erſt dann öffentlich in den Caffehäuſern ſingen laſſen, wenn ſie von daher mit einem ge- wiſſen Siegel gleichſam gekrönt, wieder zurückkommen. Man findet zu Kähira, DamáſF, Häleb, Moſül, Bagdäd und Básra einige ſehr große Caffehäuſer, die des Abends bisweilen durch eine Menge Lampen erlenchtet werden. Sonſt ſieht man in ihnen keine Zierathen, als Strohmatten auf der Erde, oder aufgemauerten Erhöhungen, und auf dem Feuerheerd große und kleine kupferne, in- und auswendig ſchön verzinnte Caffetöpfe, mit vielen Caffe- taſſen. Man kann in dieſen morgenländiſchen Schenken keine andere Erfriſchungen erhalten, als eine türkiſche oder perſiſche Pfeife Tobak, nnd Caffe ohne Milch und Zucker. Man hat alſo daſelbſt weder Gelegenheit viel zu verzehren, noch ſich zu berauſchen, ſondern die Araber bleiben in dieſen ihren Wirthshäuſern faſt eben ſo nüchtern, Dichter und Redner der Araber, 107 nüchtern, als in den ältern Zeiten bey ihrem Trunck Waſſer. Sie haben zwar verſchiedene Arten Spiele, und ſind beſonders im Schachſpiel große Meiſter. Allein ſie vertreiben ſich damit des Abends in ihren Caffehäuſern die Zeit nicht, und über- dieß ſpielen ſie niemals um Geld. Auch ſind ſie keine Liebhaber vom Spazieren, ſondern ſitzen auf der Stelle, welche ſie einmal genommen haben, bisweilen ganze Stunden ohne ein Wort mit ihren Nachbaren zu ſprechen. Sie verſammlen ſich zuweilen in dieſen Caffehäuſern bey hunderten. Sie würden aber dennoch ihre Zeit nicht ſehr angenehm zubringen, wenn ihnen nicht ihre Vorleſer und Redner die Lan- geweile vertrieben. Dieſe ſind gemeiniglich arme Gelehrte, (Mulläs) welche ſich zu einer beſtimmten Stunde einfinden. Sie leſen den verſamleten Gäſten vor, und wählen darzu bald die Geſchichte des Antars, eines arabiſchen Helden vor der Zeit Mohämmeds, bald die Thaten des Ruſtam Säl, eines alten perſiſchen Hel- den, oder des Bebers, eines Königes von Egypten, oder der Ajubiten, welche gleichfalls in dieſem Lande regieret haben *), oder des Bähhluldäne, einer luſti- gen Perſon an den Hoſe des Chalifen Harün er Raſchid. In dieſem leztern Buche ſind viele gute Sittenlehren. Einige, die Beredſamkeit genug dazu haben, erzählen auf und abgehend ihre Fabeln in gebundener oder ungebundener Rede. Wenn der Redner aufhört, ſo pflegt er eine freywillige Gabe von ſeinen Zuhörern zu verlangen, die zwar gewöhnlich nur klein iſt, aber doch die armen arabiſchen Mulläs ermuntert Fabeln zu lernen, und mit Anſtand zu erzählen, ja ſelbſt Re- den und Fabeln auszuarbeiten. Dieſe Art Verſammlungen der Araber haben ſehr viel ähnliches mit denen, welche man in den ältern Zeiten Macamät nannte. Zu Häleb hörte ich, daß vor einiger Zeit ein angeſehener Mann, der ſich bloß ſeines Vergnügens wegen gänzlich dem Studiren widmete, bisweilen in den Caffehäuſern herumgegangen war, und Sittenpredigten gehalten hatte. Trifft man alſo ſelbſt in den arabiſchen Schenken Redner an, ſo mögen die Araber vielleicht Recht haben, wenn ſie behaupten, daß ſie in ihren Moſqueen bisweilen auch große Redner hören. O 2 Von *) Die arabiſchen Titeln dieſer Bücher ſind: IO8 Dichter und Redner der Araber. Von der Inſtrumental und Vocalmuſik, von dem Schatten und Mario- uettenſpiel u. d. g. welche man ſehr oft in dieſen Caffehäuſern antrifft, werde ich noch einiges in meiner Reiſebeſchreibung erwähnen. Alles dieſes iſt ſo ſchlecht, daß es einem Europäer nicht wohl gefallen kann. Ich habe mich in Jemen nicht nach dem Zeitvertreib der dortigen Araber in ihren Caffehäuſern erkundiget, vermuthe aber daß die Redner und Dichter in der- gleichen Verſammlungen, beſonders zu Saná, nicht fehlen. Ich muß überdieß bekennen, daß ich, ſo wie vielleicht alle nach Egypten, Syrien und Arabien ge- kommene Europäer, die arabiſchen Caffehäuſer zu wenig beſucht habe. Die euro- päiſchen Kaufleute, welche ſich in den morgenländiſchen Städten aufhalten, pflegen gar nicht dahin zu kommen. Ein anderer Reiſender hat gemeiniglich noch weniger Luſt ganze Abende auf einer Stelle zu ſitzen, vornemlich, wenn er keine Hofnung hat etwas zu ſehen oder zu hören, woran er Vergnügen finden könnte. Ich hatte noch eine andere Urſache. Weil ich von allen Städten Grundriſſe zu machen ſuchte, ſo mußte ich die großen Verſammlungen ſo viel möglich vermeiden, um deſto weniger bemerkt zu werden. Zu Conſtantinopel ſind alle große Verſammlungen in den Caffehäuſern aus politiſchen Urſachen verboten, und man findet deswegen in dieſer Stadt eigentlich keine Caffehäuſer, ſondern nur Caffebuden. Es ſcheinet auch, daß die Türken überhaupt nicht große Liebhaber von den erwähnten Rednern in den Caffehäuſern ſind. Denn, auch zu Bürſa, Kutähja, Könie und Adene hörte ich davon nichts, und zu Ismir und Kaiſar ſoll man ſie auch nicht finden. Die Araber rechnen ihren Tag vom Untergang der Sonne an, bis ſie wieder untergeht, und teilen ihn in vier und zwanzig Stunden. Weil aber nur ſehr wenige unter ihnen von Uhren etwas wiſſen, und deswegen eben keinen ge- nauen Begrif von der Zeit einer Stunde haben, ſo beſtimmen ſie ihre Zeit ohnge- fehr eben ſo, als wenn die Europäer ſagen: Dieſes oder jenes iſt zu Mittage, oder am Abend geſchehen. Sie nennen die Zeit, wenn die Sonne eben untergeht, Mággrib. Die Zeit ohngefehr zwey Stunden ſpäter heißt Eläſchä. Noch etwa zwey Stunden ſpäter, Elmärfa. Mitternacht, Nus ellejl. Wenn die - Morgen- - Zeitrechnung der Morgenländer, IO9 Morgendämmerung anfängt, Elfedsjer. Wenn die Sonne aufgeht, Es ſübhh. Ohngefehr um neun Uhr des Morgens pflegen ſie zu eſſen, und dieſe Zeit heißt Elghädda. Mittag, Ed düchr, und ohngefehr drey Uhr des Nachmittags El ásr. Von dieſen verſchiedenen Zeitpunkten iſt nur Mittag und Mitternacht ge- nau beſtimmt, und trifft gerade auf zwölf Uhr. Die übrigen alle fallen etwas früher oder ſpäter, nachdem die Tage lang oder kurz ſind. Es werden nur die fünf geſetzten Betſtunden, nemlich Mäggrib, Nuſ ellejl, Elfédsjer, Düchr und Elásr von den Rufern (Muäſſem) auf den Thürmen der Moſqueen angezeigt. Die Mohämmedaner rechnen ihre Monate nach dem Mondenlauf. Der Tag, an welchem ſie den Neumond zuerſt ſehen, iſt der erſte Tag des Monats. Wenn der Himmel zur Zeit des Neumondes etwa mit Wolken bedeckt iſt, ſo be- kümmern ſie ſich nicht viel darum, ob ſie einen Tag früher oder ſpäter anfangen. Sie nennen ihre Monate, wie ſchon bekannt iſt: 1. Muhárrem. 2. Sáffar. 3. Räbea el aüal. 4. Räbea el achar. 5. Dsjummäda elaüal. 6. Dsjummäda elachar. 7. Rädsjeb. 8. Schabän. 9. Ramadän oder Ramaſan. 1 o. Schauäl. 1 1. Dsulkade. 12. Sulhädsje. Weil ein Mondenjahr um II Tage kürzer iſt als ein Sonnenjahr, und al- ſo der Anfang des Muhárrem nach einander in alle Jahrszeiten fällt, ſo ſind dieſe Monate zur genauern Beſtimmung der Zeit ſehr unbequem, und die Gelehrten rechnen deswegen nach folgenden Monaten. U_» Gº-ºs Teſchrinel aüal hat - 3 1 Tage. q--- Gº-º Teſchrin täni hat - 30 Tage. U 9) G-US= Kanün aual hat - 3 I Tage. „s- G- S= Kanün täni hat - 31 Tage. laxº Schubäd hat - 28 oder 29 Tage. /Jo Adär hat 3 1 Tage. e- Neiän hat - < - * 30 Tage. v: Ajär hat - A - - 31 Tage. O 3 ey-A- 2. - Z I IO Zeitrechnung der Morgenländer. ºyº - Huſejrän hat z - 3o Tage. vÄ3-5 Tamüs hat 2: - 31 Tage. - Ab hat - - - - 31 Tage. Uya Ailül hat Damit man nun dieſe Zeitrechnung mit der unſrigen vergleichen könne, ſo will ich hier noch bemerken: Daß der IIte Julius 1763 der erſte des Müharrem 1177 nach der Hédsjera, und der zweyte Tag im Monat Tamus war. Der erſte Julius 1764 war der erſte Muhärrem 1178. Die Mohámmedaner haben nur zwey große Feſttage, welche etwa mit un- Z - - = 3 O Tage. ſern Weynachten, Oſtern und Pfingſten verglichen werden könnten. 1.) Das Opferfeſt, Arafa, Kurbän oder der kleine Beiram genannt, fällt auf den zehnten des Monats Sulhädsje. Dieſes ward 1762 zu Kähira am zweyten Julius, 1763 in Jemen am ein und zwanzigſten Junius, und 1764 in Indien am zehnten Junius gefeyert. 2.) Der große Beiram wird in den erſten zwey bis drey Ta- gen des Monats Schauäl, nemlich gleich auf den Ramadän geſeyert. Der Ra- madän iſt, wie bekannt, ein Faſtenmonat. Die Mohämmedaner faſten aber nicht ſo wie die Chriſten, ſondern ſie dürfen von dem Anbruch des Tages, d. i. von der Morgendämmerung an, bis zum Untergang der Sonne, gar nichts genießen. Dieſes iſt gewiß ſehr hart für diejenigen, welche genöthiget ſind ihr Brodt des Tages zu verdienen. Für die Reichen hingegen iſt dieſes Faſten in Arabien, wo der Tag im Sommer nicht viel länger iſt als im Winter, nicht ſo ſehr beſchwerlich, weil ſie ſich des Nachts überflüſſig ſättigen, und des Tages ausſchlafen können. Aber glücklich ſind die nordiſchen Völker, daß die mohämmedaniſche Religion ſich nicht bis in ihre Gegenden ausgebreitet hat. Sie würden, wenn der Ramadän in den Sommer fiele, aus Gehorſam gegen die Religion, todt hungern müſſen. Zu Maſkät und in Perſien rechnet man auch nach den vorhererwähnten Mondenmonaten. Man hat überdieß noch eine Art die Zeit zu berechnen, nach welcher das Jahr an dem Tage des AEquinoctii anfängt. Dieſer Tag wird der Naurüs genannt. Im Jahre 1765 ward deswegen am 2oten März und am 25ten des Ramadän, in den Dörfern bey Perſepolis ein Feſt gefeyert. Nemlich die Zeitrechnung der Morgenländer. I II die Bauern arbeiteten an dieſem Tage nicht, und kleideten ſich beſſer als gewöhnlich. In Omän ſoll das Feſt Naurüs den 15ten September gefeyert werden. Mau rechnet alsdann in dem folgenden Jahre, daß die Schiffe von dieſem oder jenem Hafen, an dieſem oder jenem Tage nach dem Naurüs, zu Maſkät anzukommen, oder von hier dahin abzugehen pflegen. Die Araber in Jemen haben für die Zeit, wenu man glaubet, daß kein Schiff mehr von dem arabiſchen Meerbuſen nach Indien ge- hen kann, einen beſondern Namen, und rechnen auch von dieſer Zeit an 365 Tage bis zu dem folgenden Jahre; ich habe aber verſäumt mich darnach umſtändlicher zu erkundigen. Die coptiſchen Chriſten in Egypten zählen 5500 Jahre von der Erſchaffung der Welt, bis zu Chriſti Geburt, und von dieſer Zeit an nur 276 Jahre bis zu dem Anfange der diocletianiſchen Zeitrechnung. Sie zähleten daher 1762 nur 1478 Jahre nach der diocletianiſchen Zeitrechnung, und 1754 Jahre nach Chriſti Geburt. Ihre Monate ſind alle gleich, und jeder hat 30 Tage. Sie ſchalten aber am Ende des Jahrs 5 Tage, und jedes vierte Jahr 6 Tage ein. Daher fallen ihre Feſttage immer in dieſelbe Jahrszeit *). Ich meyne der Anfang eines coptiſchen Jahrs fällt ge- gen das Ende des Septembers. Die zwölf Monate der Copten heiſſen: 1.) C55 Tut. 2.) es.» Babe. 3.) vey * Hatür. 4) GeF Kiiahk. 5.) sº- Tube. 6) -- Amſchir. 7.) Geº- Baramhad. 8.) sºy - Barmude. 9.) Lºs Beſchanſch. 10.) ° --- Bavne. 1 1.) -- *) Abib. 12.) „A“ Mesre. Die Neſtorianer haben auch eine doppelte Zeitrechnung. Ich ſah eine In- ſchrift in einer ihrer neuen Kirchen zu Moſül, in welcher bemerkt war, daß ſie im Jahr 1744 nach Chriſti Geburt, und im Jahr 2055 nach der Regierung Alexan- ders gebauet worden ſey. Dieſe Erklärung erhielt ich von den hieſigen Chriſten. Ich vermuthe aber, daß dieſe Zeitrechnung eben diejenige ſey, welche ſonſt von Seleucus benennet wird. Man wollte behaupten, daß die morgenländiſchen Chriſten dieſer Zeitrechnung, welche 311 Jahre vor Chriſti Geburt ihren Anfang genom- *) Eben ſo rechneten ſchon die alten Egypter. Herodotus 2 Buch 4. II 2 Sternkunde der Araber. genommen hat, in allen ihren wichtigen Documenten erwähnen. º Teſchrin el aual, oder der October, iſt auch hier der erſte Monat im Jahr. Man findet faſt keinen halbgelehrten Araber, der nicht die Namen der zwölf Himmelszeichen im Thierkreis auswendig herſagen kann, und von den verſchiedenen Häuſern des Mondes gehöret hat, allein ſelten iſt einer unter ihnen, der die Sterne kennet, und wer wird es auch erwarten? Man trifft aber bisweilen unter den mo- hämmedaniſchen Aſtrologen einige an, die mit dem Himmel nicht ganz unbekannt ſind, und dieſe finden zu ihrer Abſicht einen hinlänglichen Unterricht in dem Buche 35-M e-SA 2-s 9» - ,W /y - Sür el Kauäkeb labad Abdrach- man es Söfi, in welchem man faſt alle Sternbilder nach eben der Ordnung wie in Bayers Uranometrie abgebildet ſieht. Ich habe dieſes Buch von Káhira zurück geſandt, und man kann es jezt auf der großen königlichen Bibliothek zu Kopenha- gen ſehen. Die Figuren in demſelben ſind zwar alle ſchlecht, und bisweilen in ei- ner ganz andern Kleidung und Stellung, als Bayer ſie gezeichnet hat, aber doch ſo gut, daß der Gehülfe des größten Sternkündigen bey der Academie Dsjämea el Ashar zu Kähira, und Anton Beitär, ein Grieche und erſter Dolmetſcher des Herrn Conſuls van Maſeyk zu Häleb, welcher ſich bloß zu ſeinem Vergnügen be- mühet hatte die Sterne kennen zu lernen, ſehr viele Figuren in des Bayers Ura- nometrie wieder kannten. Oftmals aber mußten wir auch die arabiſchen Namen, welche Bayer anführt, mit zu Hülfe nehmen. Sie nannten: Den Polarſtern, Dsjüdde „60-, Sirius, Suhhèl U-g“, in- gleichen Suhhel el Jemanie, Eſſchira el Jemanie und Elabür. Procyon, Eſſchira es Schamie. Aquilla, Nisr et Tair. Lyra, Nisr el Wäky. Cygnus, Ded -ſadje, d. i. die Henne. Serpentarius, El haui. Caſſiopea, Saat el Kurſ. Orion, Ed -ſeuſe, Dſjäbbar. Baltheus Orionis, Men- faket ed-ſeuſa. Corona, Elphecca. Bootes, Arämächh. Fumahaut, Füm el Haut, d. i. der Mund des Fiſches. Libra, Elmaklil U 134) Miſän. Coma Berenices, El Hüsme, d. i. der Bündel. Via laCtea, Nähhr el Nudsjerra. Pleyades, Ettorije U2/U. Oculus Tauri wird zwar Aldeba- rän genannt; man verſtehet aber eigentlich durch das Wort Aldebarán die Sterne « y - Tauri. Die Sternkunde der Araber. II 3 Die Cometen nennet man zu Häleb: **é- - l, U Etaake eſ Muſſénnabe, oder -->& M Cºsé Sauädel asnäb, oder -” Clé Sauädel hha, oder – lºs! S-3 Sauäd eſſauabu. ſ. f. – 59 v=4) Elkauakeb el Mutheire die Planeten. «º-W –%5 U Elkaua- kebet tabita, die Firſterne. - Nicht bloß der Zeitvertreib, da die Morgenländer unter ſreyem Himmel ſchla- fen, und deswegen ſchöne Gelegenheit haben den Himmel zu betrachten, ſondern auch die Nothwendigkeit, und der Mangel der Uhren hat eben ſo wohl die gemeinen Araber, als die europäiſchen Bauern gelehrt, auf den Lauf der Sterne Achtung zu geben. Die Benennung der Sternbilder iſt bey den gelehrten und gemeinen Arabern auch eben ſo wohl verſchieden, als bey den Europäern. Und, ſo wie man in Europa nur wenige unter den gemeinen Leuten findet, die ſich um die Na- wmen der Sterne bekümmern, ſo kann man auch viele Araber darnach vergebens fra- gen. Indeſſen habe ich doch einige angetroffen, die verſchiedene Sterne kannten, und dieſe nenneten den großen Bären, Aſch, Näſch, oder Benät Näſch; die Pleyaden, Torije; den Gürtel Orionis, Miſän, d. i die Wage. Ein anderer nannte 3 s . Orionis, Miſan el hak, und 6 d k eben dieſes Sternbil- des, Miſän el bätel. Den Polarſtern nannten einige Küttub, andere Dsjüddi. Die zwey großen Sterne im kleinen Bären heiſſen bey den Schiffern auf dem perſiſchen Meerbuſen, Heiſſen. Caſſiopea hieß man daſelbſt Jähhi. Die Venus, welche wir des Abends nach Sonnenuntergang ſahen, nannten dieſe Ara- ber Marebi, d. i. den Abendſtern. Aldebarän hieß man in dieſer Gegend Soik et tortje. Ich bin aber nicht gewiß, ob die Araber nicht etwa den Saturn mey- neten; denn dieſer war nicht weit vom Aldebaran, und nachher nannten ſie den Jupiter, welcher ſpäter aufgieng, Soikel lejl. Den Sirius kennen alle Araber am perſiſchen Meerbuſen, und vielleicht in ganz Arabien, unter dem Namen Suhhel. Auf dieſen merken ſie am fleißigſten, wenn er ſo weit aus den Sonnen- ſtralen kömmt, daß man ihn des Morgens ſehen kann, weil die große Hitze als- dann anfängt abzunehmen. Am perſiſchen Meerbuſen ſah man den Sirius in den lezten Tagen des Julius, und man war deswegen nicht wenig vergnügt. Der gemeine Araber nennet die Milchſtraße Derb et tübbenie, d. i. den Weg der - P Häckey- II 4 Sternfunde der Araber. . -------- Häckerlingträger. Ein Comet heißt bey den Arabern in Lächſa, Abu Süble, Abu Dénneb, d. i. der Schwanzſtern, und Abu Seif oder der Schwertſtern. - Die Araber kannten in ihrer Sprache keine Namen der Sternbilder, die den Ebräiſchen ähnlich ſind, welche Hiob IX, 9 vorkommen, und wovon außer dem Herrn Hofrath Michaelis in ſeiner 86ten Frage, auch der Herr Doct. John Collet in einem Briefe an unſere Geſellſchaft eine Erklärung verlangte. Ich wandte mich deswegen an die Aſtrologen der Juden zu Kähira. Aber ich erhielt von ihnen ſo viele verſchiedene Antworten, als ich Juden fragte, und keiner kannte weder die Sternbilder am Himmel, noch die Figuren in Bayers Uranometrie, und dem Wercke des Abdrachmän es Söfi. Sie machten ihre aſtrologiſche Berechnungen bloß nach ihren eigenen Büchern, welche ſie von Venedig und Amſterdam erhalten. Ein Jude zu Saná, der auch ein Aſtrologus ſeyn wollte, aber ſelbſt keine Sterne am Himmel kannte, hielt der erwähnten Namen wegen eine Zuſammenkunft mit ſei- nen gelehrten Brüdern, und brachte mir nachher folgende Antwort: Aſch bedeutet in der arabiſchen Sprache das Sternbild Om en näſch. Kimeh nennen die Ara- ber Torje, und Kſil heißt bey ihnen Shejl. Hadret temän bedeutet nach der Meinung dieſer Juden, die Gegend nach Süden. Nachher hatte ich noch Gelegenheit zu Bagdad mit einem Manne bekannt zur werden, der von den daſ gen Juden für den größten Aſtrologen gehalten ward, und dieſer nannte Aſch die vier größern Sterne in dem Sternbilde Näſch. Kimeh, Torje und Kstl, Sihhél. Das Sternbild Om en näſch der Juden zu Saná, iſt wahrſcheinlich ei- nerley mit dem Näſch des Juden zu Bagdad, und der gemeinen Araber am per- ſſchen Meerbuſen. Torje iſt in den Morgenländern ein ſo bekannter Name, daß man nicht zweifeln kann, ob ſie nicht dadurch einerley Stern verſtanden haben. Ob ich gleich nach der Ausſprache des Juden zu Saná, Schejl, und des Juden zu Bagdad, Sihhel geſchrieben habe; ſo verſtanden ſie dadurch wahrſcheinlich doch den Stern, welchen die Araber Suhhel nannten. Folglich bedeutet Aſch U2 Urſa major, welches Sternbild der gemeine Mann in Deutſchland den großen Wagen oder den Heerwagen zu nennen pflegt. n2 2 Kineh, Pleyades. Dieſe nennet WAll. -------- ------- ------ - - --- - - - Sternkult.de der Araber. I I 5 man in Deutſchland auch wohl die Gluckhenne. »O2 Kſil, Sirius, oder der Hundsſtern *), - - - P z Ob- *) Nachdem ich obiges aus meinen auf der Reiſe aufgezeichneten Anmerkungen zuſam- mengeſamlet habe, erhalte ich die Tabulas long. ac lat. ſtellarum fixarum ex ebſervationc Ulugh Beighi mit dem weitläuftigen Commentario des gelehrten Thom. Hyde, und finde daſelbſt ſchon vieles, das ich mit vieler Mühe aus münd- lichen Nachrichten gelernet habe. Er giebet z. E. gleich in der Vorrede S. XX der Ausgabe von Greg. Sharpe 1767, eine vollſtändige Beſchreibung von dem Wercke des Abdrachmän Sóft, und zeigt, daß nicht nur er, ſondern auch ſchon Ulugh Beigh ſelbiges gebraucht habe. Die Cometen nennet Th. Hyde in ſei- nem Commentario S. a. Caucab Umadanmab ->> –S-5= und TegIn du Dauba. **** _ºº F“ Die Firſterne, Thauwäbit. –X-55 Der gelehrte Hyde ſchreibt ferner p. 11. Kuttub Shemali eſt Polus aréticus, & ali- quando pro ipſa ſtella polari uſurpatur. p. 13. Stella Borealis arabice appella- tur Gjedi. „9- In Ulugh Beighs Tabellen heiſſen « 3 y 3 Urſi majoris, et wTäſch, und e & el Benäth. Alſo iſt Täſch oder Benäth näſch, welches Sternbild die Juden zu Saná und Bagdad, ingleichen die Araber am perſiſchen Meerbuſen auch Aſch nannten, der große Bär. Eben dieſes ſchreibt auch der Jude Aben Ezra : Aſch eſt plauſtrum quod dicitur Urſus, eſtque Polo arético vicinum. Hyde hielt an- fänglich S. 14. und 27. Aſch und Aiſch (Capella, i. e. « Aurigae) für einer- ley. Er bekennet aber in ſeinen Zuſätzen zu ſeinem Commentario aufrichtig: Aſch & Aiſch non ſunt idem, prout me ſeduxerat Rabbi Iſaac Iſrael. Wenn or alſo noch ſo lange gelebt hätte, daß ſein Werk wieder aufgelegt worden wäre, ſo würde er wahrſcheinlich nicht behauptet haben, daß Aſch in der heiligen Schrift Capella ſey. Arêturus heißt in Ulugh Beighs Tabellen, und in der Abbildung der Sternbilder des Abdrachmän Söfi, Sirnak el Ramih. Hievon nannte man mir das ganze Sternbild Bootes, Araméchh. Auch Bayer hat bereits dieſen Namen. Coma Berenices, welches man zu Kahira el Hüsme nannte, finde ich weder in Alugh Beighs Tabellen, noch bey Abdrachmän Sófi. Scaliger aber nennet es in ſeinen Notis in Manilii aſtronomicon p. 475, Hüsme arrannähh, zum Un- terſchied von Hüsme el %aſal oder Spica Virginis. Bayer nennet beyde %azinet. In II6 Sternkunde der Araber, Obgleich die Araber aſtronomiſche Tabellen und Abbildungen der Sternbil- der haben, wornach ſie ſich alle großen Sterne bekannt machen können, ſo findet man uns ter In Ulugh Beighs Tabellen heiſſet auch: Corona, Phecca. « Lyrx, Tesre, Wäki. Cygnus, Degjagje. Caſſiopea, Dät el Curſa. a Aquillar, Tesr al Tair. ºx 6 y ós Tauri, Aldebarän, und die Pleyaden, al Thuraija- Hyde nennet S. 3o. die Milchſtraſſe, M7agierra , i. e. Traëtrix vel trahendi lo- cus. item Tarif al Tibm. GAU) – /> P. 41. Aben Ezra dicit: Anti- qui dixerunt Chima eſſe ſeptem ſtellas parvas in fine ſigniarietis. Rabbi Ishak Iſrael diſertis verbis dicit: Chima arabice eſt Thuraja. i. e. Pleyades. P. 6o wird Cingulum, ſeu baltheus Orionis M7intaka al Giauza genannt. Canis major heißt S. 66 al Shtra al Jemanija, und canis minor p. 69 al Shira al Shamija. Beyde Syrii (al Shirajän) werden daſelbſt Uchta Soheil d. i. die beyden Schweſtern Soheil genannt. Hyde glaubte in der erſten Ausgabe ſeines Commentarii, daß durch Soheil vornemlich Canopus verſtanden werde. Er bemerkt aber nachher in ſeinen Zuſätzen zu S. 75 der neuern Ausgabe: Plures Canopus (ſ. Soheil) in coelo auſtrali con- ſpexit Albericus Veſputius: Majores enim primae magnitudinis ſtellas generali no- mine ſic vocat. Da nun Canopus in dem nördlichen Theil von Arabien nur ſehr we- nig über den Horizont ſteiget, und alſo in Arabien überhaupt nicht ſo ſehr in die Au- gen fällt als Syrius, ſo iſt gar nicht unwahrſcheinlich, daß die Araber durch Soheil vornemlich den Sirium meinen, wie mich nicht nur die beyden Sternkundige zu Kahira und Haleb, ſondern auch die Schiffer auf dem perſiſchen Meerbuſen verſicherten. Das was Phiruzabadius de heliaco ortu Soheili (p. 78) ſagt, nemlich: daß bey dem Aufgang des Soheil die Früchte reif werden, md daß die heißeſte Jahrszeit alsdann verſtrichen ſey, ſtimmet auch mit meiner Anmerkung überein. In dem Werke des Abdrach1:än el Séfi, welches man jezt auf der Königlichen Bibliothek findet, haben faſt alle Sternbilder eben dieſelben Namen, und folgen in eben derſelben Ordnung auf einander, als in Ulugh Beighs Tabellen. Alle Figu- ven ſind doppelt gezeichnet. Die eine Figur zeigt, wie die Sterne auf dem Globo, und die andere wie ſie am Himmel erſcheinen. Aber es fehlt in demſelben die Corona auſtralis. Dagegen findet man zwiſches der Andromeda und dem Tri- angel drey andere Sternbilder, die man weder in Ungh Beighs Tabellen, noch in Bayers Uranometrie antrifft. Nemlich Andromeda mit einem Fiſch vor dem Leibe. Eben dieſelbe auf einem Fiſch ſtehend, und ein Pferd. Nicht nur jedes Sternbild, ſºndern auch jeder einzelne Stern iſt in dieſem Werke beſchrieben, und ſeine Länge und Breite beſtimmt. Es beſteht aus 126 Blättern in Folio. Sternfunde der Araber. I 17 ter ihnen doch keinen der ſich in der praktiſchen Aſtronomie viel geübt hätte, und hierzu fehlet es ihnen gänzlich an guten Inſtrumenten. Doch bezeigen ſie darzu große Luſt. Der vorhererwähnte Gehülfe des Aſtrologen zu Kähira, blieb bisweilen halbe Nächte bey mir, wenn ich die Sterne beobachtete. Sogar der Päſcha und der Kichja zu Dsjidda hatten die Gedult gegenwärtig zu ſeyn, als ich die Mittags- höhe der Sonne nahm. Da einer ihrer Gelehrten die Polhöhe gleich nach meiner Beobachtung berechnen mußte, bemerkte ich auch, daß ſie mit den Kunſtwörtern in der Aſtronomie ſehr wohl bekannt waren. Zu den Inſtrumenten eines mohämmeda- niſchen Sternkundigen, gehört erſtlich eine Himmelskugel, und dieſe wiſſen ſie ziem- lich gut zu gebrauchen. Ich habe bey dem Aſtrologen zu Kähira eine Himmelskugel von Kupfer mit goldenen Sternen und Namen geſehn, die zu Mékke verfertigt war, und zwey hundert Species Thaler gekoſtet hatte. Ferner haben ſie ein Aſtroläb von Meſſing, und einen kleinen ſauber gemachten hölzernen Quadranten, womit ſie die Polhöhe nehmen, und die Stunde ihres Gebets beſtimmen können. Die Sternkundigen des Sultäns zu Conſtantinopel machen alle Jahre einen neuen Almanach, den ſie aufgerollt beſtändig bey ſich tragen. Ich habe einen ſol- chen türkiſchen Taſchencalender von dem erſten Dolmetſcher des Sultäns erhalten. Bey den Arabern habe ich keinen Almanach geſehen. Ja man bekümmert ſich ſo wohl in Egypten als im Jemen, ſo wenig darum, das Publicum von der Jahrszeit zu unterrichten, daß es der Pöbel daſelbſt nicht einmal vier und zwanzig Stunden vorher gewiß weiß, wenn ein großer Feſttag einfält. 1762 glaubte der Pöbel zu Kähira, daß der Neumond ſchon am 25ten März würde geſehen werden können, und daß der Monat Ramadan an dieſem Abend ſeinen Anfang nehmen würde. Weil aber dieſes nicht, wie gewöhnlich, durch die Canonen von dem Caſtel angezeigt ward, ſo begaben ſich des Nachts eine Menge Einvohner in einer Proceſſion zu dem Kádi, um zu fragen, ob ſie anfangen ſollten zu faſten ? der Kádi verſicherte ſie, daß der Neumond erſt am 26ten des Abends würde geſehen werden können. Dem ohngeachtet faſteten ſchon viele, die lieber zu viel als zu wenig thun wollten, auch an dieſem Tage. Sobald aber der Mond des Abends geſehen ward, ward auch der Anfang des Monats Ramadän durch Canonen von dem Caſtel angezeigt. «Herr Forſkäl reiſete um dieſe Zeit von Kähira zu Lande nach Alexandrien, und P 3 MMUN 118 Sternkunde der Araber. man fragte ihn in allen Dörfern, wenn der Ramadän zu Kähira ſeinen Anfang genommen hätte? In einigen Dörfern hatte man einen Tag zu früh angefangen zu faſten, und in andern einen Tag zu ſpät. Alſo war der Anfang dieſes merkwür- digen Monats, in nicht weit von einander entlegenen Dörfern, um zwey ganze Tage unterſchieden. 1763 ward das Feſt Arafa, oder das ſo genannte Opferfeſt in dem kleinen Königreiche Jemen auch nicht an einem Tage geſeyert. Man glaubte zu Taäs, daß dieſes Feſt in dieſem Jahre auf den 21ten Junius fallen würde. Alle Einwohner dieſer Stadt kauften deswegen ihre Lebensmittel, welche ſie an die- ſem Tage zu verzehren gedachten, am 2oten dieſes Monats. An eben dieſem Tage aber kam noch des Abends kurz vor Sonnenuntergang, Nachricht von Saná, daß man daſelbſt den Neumond um einen Tag ſpäter geſehn hatte, und daß das Feſt des- wegen erſt am 22ten gefeyrt werden ſollte. Indeſſen feyerten die Bauern in den um- herliegenden Dörfern, und in ganz Tehäma, ihr Feſt am 21ten Junius. Wenn al- ſo die europäiſchen Geſchichtſchreiber nur gewiß ſind, daß ſich eine merkwürdige Be- gebenheit in Arabien innerhalb zwey bis drey beſtimmten Tagen zugetragen hat, ſo können ſie die Mühe ſparen deswegen noch genauere Unterſuchungen anzuſtellen. Die neuern Entdeckungen der Europäer in der Aſtronomie, und ihre Ver- beſſerungen in den aſtronomiſchen Rechnungen, ſind den Mohämmedanern aus Mangel der Sprachkenntnis, noch gänzlich unbekannt. Doch findet man in den großen morgenländiſchen Städten gemeiniglich noch einen oder einige, die eine Sonnen- oder Mondfinſterniß nach des Ulugh Beighs Tabellen berechnen können. Die Parſi, oder die ſo genannten Feueranbeter, die ſich zu Surät und in andern Gegen- den von Indien niedergelaſſen haben, nachdem ſie von den Mohämmedanern aus ih- rem Vaterlande vertrieben worden, brauchen auch die Tabellen des Ulugh Beigh. Die Bramänen ſollen es noch weiter in der Sternkunde gebracht haben, als die Parſi und Mohämmedaner. Ein Engländer verſicherte mich, daß ein Bramän ihm im Jahr 1761 ziemlich genau vorhergeſagt hatte, zu welcher Zeit die Venus vor der Sonne vorüber gehen würde. Auch verſicherten mich die Engländer, daß die Bramänen ihnen bisweilen Sachen, z. E. von dem Schickſal gewiſſer Perſonen oder Schiffe, vorher geſagt hätten, worüber ſie erſtaunt wären. Ich habe einen Bra- mänen zu Bombay, und einen Parſi zu Surät gekannt, die beyde Aſtrologen (PQPét. Sternkunde der Araber, 119 waren. Weil ich aber genöthigt war, mit ihnen durch einen Dolmetſcher zu reden, und dieſer die Kunſtwörter in keiner Sprache kannte, ſo waren unſere Unterredun- gen nur kurz. Der Bramän zeigte mir ſeine Inſtrumente, und wenn ich darnach urtheilen ſoll, ſo war er kein großer praktiſcher Aſtronomus. Seine Uhr war ein kupferner, unten runder Becher mit einem Loch, der aufs Waſſer geſetzt wird. Von dieſer Uhr Garri genannt, und der Zeitrechnung der Indianer, werde ich künftig weitläuftiger reden. Er hatte auch einen ſchlecht gearbeiteten Sonnenring, etwa drey Zoll im Durchmeſſer, und einen, oben nicht ſpitzen, ſondern runden Kegel von Elfenbein, etwa fünf Zoll hoch, und mit verſchiedenen horizontalen Cir- keln. Von dem Gebrauch dieſes Inſtruments erhielt ich keinen deutlichen Begriff. Dieſer Sternkundige nannte ſein vornehmſtes Buch, wornach er ſeine Rechnungen anſtellete, Grala Go, und den Verfaſſer davon Gunnis. Es iſt nicht nur den morgenländiſchen Sternkundigen, ſondern auch allen vernünftigen Mohämmedanern ſehr wohl bekannt, daß der Erdſchatten eine Mond- finſterniß, und der Mond in ſeinem Stande zwiſchen der Sonne und der Erde, eine Sonnenfinſterniß verurſacht. Unter dem Pöbel aber hört man noch die Fabel, daß die Himmelskörper bey ihrer Verfinſterung von einem großen Fiſch verſolgt wer- den. Die Weiber und Kinder bringen alsdann geſchwinde ihre metallene Becken und Keſſel auf ihre Häuſer, und machen ein ſehr großes Getöſe um den Fiſch zu verjagen. Ich habe ſie dabey ſehr zufrieden geſehen, und glaube, daß ſie es thun um ſich an dieſer einfältigen Muſik zu vergnügen, oder, welches noch wahr- ſcheinlicher iſt, um ihre Nachbaren aufmerkſam zu machen, damit auch ſie die Fin- ſterniß beobachten ſollen. Von dem Urſprung dieſer Gewohnheit, erzählet man ſolgende Geſchichte: Ein arabiſcher Sternkundiger Namens Naſer et tüſ hatte eine Mondfinſterniß berechnet, und hoffte gut belohnt zu werden, wenn er die Zeit, zu der ſie eintreffen würde, dem Chalifen, ein anderer ſagte einem Sultän in Per- ſien, bekannt machte, Er ward aber von den Hofleuten ausgelacht, weil man nicht glaubte, daß dergleichen Begebenheiten vorher beſtimmt werden könnten; ja man beſchuldigte ihn ſogar, daß er ſich für einen Propheten ausgeben wollte. Weil ſeine Wiſſenſchaft ihm kein Gehör bey dem Regenten verſchaffen konnte, ſo nutzte er den Aberglauben des Pöbels, und breitete aus: es wäre Gott angenehm, wenn - - MÄR. I 20 Sternkunde der Araber. - - - - - man den Fiſch, der den Mond bey der Finſterniß verſclgen würde, durch einen großen Lerm mit metallenen Becken und Keſſeln erſchrekte. Die Finſterniß, welche er berechnet hatte, traf erſt ſpät in der Nacht ein, zu einer Stunde, da er nicht hof- fen konnte, daß ſie von dem Regenten würde bemerkt werden. Er ſelbſt gab alſo das Zeichen. Sobald ſeine Nachbaren, welche nach der Gewohnheit des Landes auf den Dächern ſchliefen, es höreten, ſo ſchlugen auch ſie auf ihre Keſſel, und der Lernu verbreitete ſich in kurzer Zeit bis an den Pallaſt des Chalifen oder Seltäns, welcher davon erwachte, und nun ſah, daß die Rechnung des Naſer et tüſ richtig wäre. Während meines Aufenthalts zu Básra hatten wir eine Mondfinſterniß, wovon der Pöbel ſchon zum voraus unterrichtet zu ſeyn ſchien; denn man glaubte ſie ſchon vier und zwanzig Tage vorher zu ſehen. Damals nemlich ward der Mond von einer dicken ſchwarzen Wolke dedeckt, und weil einige dieſes für die Mondfinſterniß hielten, ſo hörete man innerhalb wenigen Minuten über 50 Keſſeln. Doch dauerte der Lerm nur eine kurze Zeit, vielleicht weil die Kinder, die die Muſik machten, von ihren Eltern hörten, daß es nur eine Wolke ſey, was den Mond bedeckte, und daß er noch nicht von dem grauſamen Fiſch verfolgt werde. Bey einer Mond- fiuſterniß zu D5joda hörte ich von dieſer Keſſelmuſik gar nichts. Es ſcheinet daß alle Araber die noch einigen Begrif von der Aſtronomie haben, ſie um der Aſtrologie willen lernen, welche von den Mohämmedanern ſehr geſchätzt und belohnt wird. Mit der Aſtronomie hingegen iſt nichts zu ver- dienen. Ich erzählte einſt dem größten Sternkundigen zu Kähira, wie wenig die Aſtrologie jezt in Europa geachtet werde. Er antwortete mir: daß ſie eine faſt göttliche, und für Menſchen unergründliche Wiſſenſchaft ſey. Er bekannte zwar, daß er ſich auf ſeine Rechnungen eben nicht viel verlaſſen könnte. Weil er aber doch viel Geld damit verdienete, ſo hielt er dieſe Entſchuldigung für hinreichend, daß die Leute nur zu wiſſen verlangten, was ſeine Rechnungen auf die gegebenen Fra- gen nach ſeinen Büchern antworten würden, und daß er ihnen dieſes aufrichtig an- zeigte. Einige der vornehmſten Ausleger des Koráns ſollen die Aſtrologie ſo gar für ſündlich halten. Weil Mohämmed ausdrücklich verboten hat, das Loes um Rath zuſragen, und durch Pſeile wahrzuſagen, ſo findet man dieſe alte Gewohnheit nicht mehr bey den - Arabern Geheime Wiſſenſchaften der Araber. I 2 I Arabern *). Dennoch ſind die Mohämmedaner überhaupt ſehr abergläubiſch, und es ſcheinet daß die Schiiten hierin die Sinniten noch weit übertreffen. Jene unternehmen keine wichtige Handlung z. E. ſie ſchließen keinen Contrakt von Wich- tigkeit, ohne vorher ihre Knöpfe im Kleide, oder die Steine in ihrem Roſenkranz ge- zählt, und gleichſam um Rathgefragt zu haben, und hierüber werden ſie bisweilen von andern ſchlauen Kaufleuten deſto leichter betrogen. Aber auch nicht alle Per- ſer ſind gleich abergläubiſch. Man ſagte, daß Kerim Khän, der jezige Stadt- halter von Perſien, zwar keinen Krieg anfange, und keine Schlacht liefere, ohne die Aſtrologen um Rath zu fragen; er laſſe aber dem Vornehmſten unter ihnen allezeit vorher ſeinen Entſchluß bekannt machen. Die Araber haben verſchiedene geheime Wiſſenſchaften, wovon niemand Gebrauch machen darf, wenn er nicht von einem großen Meiſter aus der Zunft, dem er während einer gewiſſen Zeit den Teppich zum Gebet ausgebreitet hat, gleichſam ausgeſchrieben iſt. D. i. man glaubet daß einer ſeine Kunſt nicht ausüben könne, wenn er nicht darzu von ſeinem Meiſter die Erlaubniß erhalten hat. Zu dieſen rechnet man: 1) Ism alláh d. i. die Wiſſenſchaft des Namens Gottes. Sie behaup- tet: Gott ſey das Schloß, und Mohämmed der Schlüſſel zu dieſer Wiſſenſchaft, und deswegen könne keiner, als nur ein Mohämmedaner, ſie lernen. Man ſoll da- durch erfahren können, was in weit entlegenen Gegenden vorgehet. Denn derjenige, welcher dieſe Kunſt verſteht, ſoll eine ſo genaue Bekanntſchaft mit den Geniis erhal- ten können, daß dieſe völlig zu ſeinem Befehl ſtehen, undihm Nachricht bringen. Man ſoll ſerner durch die Wiſſenſchaft Ism alláh Wind und Wetter regieren, Schlan- genbiſſe, Krüppel, Lahme und Blinde, heilen können. Einige der größten mohämmedaniſchen Heiligen, als Abdulkádir Cheiläni, welcher zu Bagdad, und Ibn alvän, der in dem ſüdlichen Theil von Jemen wohnete, ſollen es durch ih- re gottesfürchtige Lebensart darin ſo weit gebracht haben, daß ſie alle Mittage ihr Gebet *) Sales Korán Chap. 5 p. 94. Q. I 22 Geheime Wiſſenſchaften der Araber. Gebet in der Kába zu Mekke verrichtet haben, ohne die übrige Zeit des Tages aus ihren Häuſern gekommen zu ſeyn. Ein Kaufmann aus Mekke, welcher dieſe Wiſſenſchaft von dem in dieſer Stadt jezt berühmten Mohämmed el Dsjänadsjeni regelmäßig gelernt hatte, wollte behaupten, daß er ſelbſt in einer augenſcheinlichen To- desgefahr zur See, nur einen Zettel mit der gewöhnlichen Ceremonie an den Maſt ge- bunden, und der Sturm ſich darauf gelegt habe. Er zeigte mir zu Bombay ein Buch in der Ferne mit allerhand mathematiſchen Figuren und Tabellen, nebſt dem Unterricht, wie die Zetteln eingerichtet werden müſſen, und welche Gebete man bey jedem Vorfall halten ſoll. Er wollte mir aber nicht erlauben das Buch in die Hand zu nehmen, oder nur den Titel davon abzuſchreiben. Der völlige Titel ſeines Leh- rers war, Schech Mohámmed el Dsjanädsjeni, ſähheb ſüdsjäda hac abd- ulkádir Cheiläni elli fi Bagdad: d. i. Schech Mohämmed von der Familie Dsjanädsjeni, welcher dem Abdulkádir zu Bagdad gedienet, und den Teppich, wor- auf dieſer ſein Gebet verrichtet, in Verwahrung gehabt hat. Man trifft unter den Mohämmedanern bisweilen Leute an, die ſich, ohne etwas zu eſſen oder zu trinken, eine lange Zeit an einem dunkeln Ort einſperren, und einige kleine Gebete ſo lange mit einer ſtarken Stimme herſagen, und immer wieder- holen, bis ſie in eine Ohnmacht fallen. Wenn ſie ſich wieder erholen, ſo geben ſie nicht nur vor, daß ſie eine Menge Geiſter, ſondern bisweilen Gott ſelbſt und den Teufel geſehen haben. Aber dergleichen Erſcheinungen ſuchen diejenigen nicht, welche die Wiſſenſchaft Ism Alláh gründlich verſtehen. Die Wiſſenſchaft vergrabene Schätze zu finden, gehört, wenn ich nicht irre, auch zu Ism Alláh. Die Maggrebiner, d. i. die Araber in der Barbarey, ſollen darin ſehr erfahren ſeyn. 2) Sinia. Dieſe Wiſſenſchaft würden wir etwa die Taſchenſpieler- kunſt, oder die natürliche Zauberey nennen. Sie lehret, außer vielen andern Künſten, wie man Feuer, Schlangen u. d. gl. ohne Schaden eſſen kann. Wie man einem ſo genannten Markſchreyerbrunnen befehlen kann, wann er laufen oder ſtill ſtehen ſoll. Wie man ein Ey, welches in einem doppelten Becher liegt, in ein Küchlein, oder Staub in Früchte verwandeln kann. Wie man Staub, in eine Schüſſel mit Waſſer werffen, und ihn wiederum trocken vom Boden herausnehmen kann, Geheime Wiſſenſchaften der Araber. I 23 kann, u. d. gl. Obgleich die ächten mohämmedaniſchen Geiſtlichen dieſe Wiſſen- ſchaft gar nicht billigen, ſo bedienen ſich doch einige Orden Derwiſche (Mönche) derſelben um dem Pöbel ein Blendwerk vorzumachen. Ja einige wollen gar durch dieſe Art Wunderwerke die Wahrheit ihrer Religion, und die Heiligkeit des Stifters ihres Ordens beweiſen. Dieſe Künſte werden nirgends mit ſo großer Freyheit ge- trieben als zu Básra. Daſelbſt ſiehet man am Abend eines jeden Donnerſtags, welchen die Mohämmedaner den Freytags Abend nennen, einen großen Schwarm Derwiſche von dem Orden eines Schechs Bedr eddin, die mit Trommeln und Singen durch die vornehmſten Straßen der Stadt ziehen, und allerhand Gauke- leyen machen, beſonders damit, daß ſie ſich ein Eiſen, welches unten ſpitz iſt, und oben einen Knopf einer Fauſt dick hat, mit Gewalt ins Auge werffen, und es wieder heraus ziehen, ohne das es ihnen ſchadet. Dieſe Derwiſche begeben ſich nach der Proceſſion, in das Haus des Nakib es ſcheraf, d. i. des Oberhaupts der Nach- kommen Mehämmeds in dieſer Stadt, um einige Capitel aus dem Korän zu leſen, oder leſen zu hören. Weil der Nakib allen dieſen Leuten ein Abendeſſen giebt; ſo trifft man in dieſer Geſellſchaft von Derwiſchen gemeiniglich auch einige arme Mulläs an, die ihren Korän mitbringen, und ein Abendeſſen gewinnen. - Die Derwiſche von dem Orden Bedr eddin feyern in der 12ten Nacht des Rábea el aüal ein ſehr großes Feſt wegen der Geburt Mohämmeds. Da ich in dieſer Stadt unter den Mullas einen Freund hatte, auf deſſen Treue ich mich ver- laſſen konnte, ſo kleidete ich mich völlig als ein Mohämmedaner, und ging mit ihm in der erwähnten Nacht, von dem 29ten auf den 3oten Auguſt 1765 in den Vor- hoff der Moſqué, wo die Derwiſche ihr Schauſpiel aufführen wollten. Alles ge- ſchah unter freyem Himmel, und auf dem großen Platz brannten nicht mehr als drey große Wachslichter. Die Schechs, und einige Vornehme aus der Stadt ſaßen oben an in einer Reihe, und unter dieſen war beſonders der oberſte Schech des Ordens merkwürdig. Alle Derwiſche küßten ihm auf ihren Knien die Hand in- wendig und auswendig, und legten ſie auf ihren Kopf, um gleichſam den Segen zu empfangen. An beyden Seiten ſaß eine Menge Derwiſche und Mulläs, die zum Theilmit agirten, oder nur Zuſchauer waren. Ich ſetzte mich hinter denſelben nicht weit von der Thür. Einige laſen, oder vielmehr ſangen gewiſſe Stücke aus Q. 2 deut I 24 Geheime Wiſſenſchaften der Araber. dem Korän eins ums andere, bis ſich eine Menge Zuſchauer verſammlet hatte. Einer räucherte, indem er Staub von der Erde aufs Feuer warf, und den Geruch des Weihrauchs hervorbrachte. Hierauf kamen einige Bediente (Tsjaus) in bunten Kleidern, welche mitten auf dem Platz auf und nieder giengen, allerhand lächerliche Stellungen machten, und der Verſammlung aus vollem Halſe zuriefen, ſie ſollte Gott fürchten, und ſich des Propheten erinnern. Vor dem oberſten Schech war eine Menge von den erwähnten kurzen, aber ſchweren Eiſen, die man Dabüs, Derbas oder Dubba nennet, und auch viele andere etwa 2 Fuß lange dünne Eiſen, in die Erde geſteckt. Mehr als zwanzig Derwiſche ſprangen auf einmal auf, und je- der nahm mit vieler Ehrerbietung einen Dabüs. Eine Menge Mulläs und andere Mithelfer, ſchlugen auf kleine Handtrommeln, und ſangen um die Acteurs zu begei- ſtern, oder vielmehr um die Zuſchauer zu betäuben. Die Derwiſche liefen mitten auf dem Platz unordentlich durch einander, und jeder warf ſich ſein ſchweres und ſpitzes Eiſen aus allen Kräften ins Auge, und in die Bruſt, ſtellte ſich dar- darauf als wenn er alle Kräfte anwenden müßte, um es wieder heraus zu ziehen, und doch hatte ſich keiner verwundet. Der oberſte Schech hätte die Hauptrolle ſpielen ſollen. Weil aber dieſe für ihn vielleicht zu mühſam war, ſo mußte einer ſeiner Schüler ſeine Stelle vertreten. Dieſer warf ſich vor ſeinem Schech auf die Knie, und hielt ein langes Gebet, in welchem er ſeinen Meiſter um Hülfe anzurufen ſchien. Als er ihm hierauf die Hand seküßt, und ſie auf ſeinen Kopf gelegt hatte, ſprang er auf, warf ſeinen Turban von ſich, und ließ ſeine langen Haare los herunterhangen. Er machte allerhand wun- derliche Sprünge, als wenn er begeiſtert, oder vielmehr närriſch wäre. Bisweilen ſtund er ſtill, und bedeutete den Muſikanten welche Lieder, oder welche Töne ſeine Begeiſterung befördern könnten. Endlich ergriff er zehn bis zwölf Stück von den erwähnten langen und dünnen Eiſen, und lief damit auf dem ganzen Plaßher- um. Ich verlor dieſen großen Acteur wegen des ſchrecklichen Getümmels auf ei- ne kurze Zeit aus den Augen. Er hatte ſich während der Zeit vier bis fünf Eiſen, wie es ſchien, durch den Leib gebort. Die Muſik dauerte beſtändig fort, und die Derwiſche machten mit ihrem Dabüs auch noch allerhand Gaukeleien. Einige leg- ten ſich auf die Erde, und ließen ſich ihr Eiſen von einem andern mit einem großen, hölzer- Geheime Wiſſenſchaften der Araber. I 25 hölzernen Hammer in den Leib ſchlagen. Bald machten ſie der Hauptperſon Platz, und dieſe durchborte ſich noch vor unſern Augen mit einer Menge anderer Eiſen, wovon einige einen hölzernen Handgriff hatten. Sie drehete ſich ſehr oft herum, und blieb auch nicht auf einer Stelle. Endlich ſtieg ſie auf das Dach eines niedrigen Ge- bäudes, an welches man einen langen, oben mit Eiſen beſchlagenen Stock geſtellt hatte. Mit dieſem ſpitzen Eiſen durchborte ſie noch, wie es ſchien, ihren ganzen Leib von unten nach oben, bis es zwiſchen den Schultern wieder zum Vorſchein kam, und ſie es mit der Hand faſſen konnte, und ſo ließ ſie ſich gleichſam geſpießt auf dem Platz herumtragen. Dieſes Stück des Schauſpiels hätte verdient gezeichnet zu werden. Doch kann man ſichs auch ziemlich deutlich vorſtellen, welchen Eindruck es machen müſſe, wenn man einen magern Menſchen, mit einem langen Bart, und langen herunterhan- genden Haaren, die kein Mohämmedaner in den türkiſchen Städten wachſen läßt, als nur die Derwiſche von gewiſſen Orden, und etwa die Santons oder Narren in Egypten, mit einer Menge ſpitzigen Eiſen durch den Leib gebort, und überdieß noch von unten bis oben geſpießt, auf einem 12 bis 16 Fuß langen Stock in der freyen Luft herum tragen ſieht. Wenn man aus dieſen Ceremonien der Mönche des Ordens Bedreddin, welche bey allen vernünftigen Leuten verhaßt ſind, auf den Gottesdienſt aller Mohäm- medaner ſchließen wollte, ſo würde man ſich ſehr betriegen. Indeſſen hat man wohl nur gar zu oft aus nicht viel beſſern Gründen die Religion der fremden Nati- onen beurtheilet. Ich wäre bey dieſem Schauſpiel gerne etwas länger geblieben. Weil ich aber bemerkte, daß einige von den Vornehmen ſcharf auf mich ſahen, ſo eilte ich mit meinem Freunde eine Verſamlung zu verlaſſen, die, wenn ſie mich in- nerhalb der Mauer einer Moſqué entdeckt hätte, mir ſehr ernſtlich den Vorſchlag ein Mohämmedaner zu werden, hätte thun können. - Mein mohämmedaniſcher Geiſtlicher billigte es gar nicht, daß der Korän bey dieſen Poſen geleſen ward, indeſſen glaubte er doch, daß die Derwiſche ihre Künſte bloß dadurch, und durch ihr kräftiges Gebet verrichten könnten. Als ich ihm antwortete, daß dieſe Leute ihren Dabüs nicht ins Auge würfen, ſondern nur mit der Hand vor den Kopf fchlügen, und die Spitze des Eiſens in die Hölung des Q. 3 Auges I 26 Geheime Wiſſenſchaften der Araber. Auges drückten, ingleichen, daß der große Künſtler unter ſeinen weiten Beinklei- dern und dem weiten Hemde, welches die Morgenländer über die Beinkleider tragen, einen ausgeſtopften Gurt habe, und daß alſo die Eiſen nicht durch den Leib, ſondern nur durch den Gurt giengen, geſtand er aufrichtig, daß er wohl einigen Betrug ver- muthet hätte, er würde ſich aber nicht unterſtehen es öffentlich zu ſagen, weil er ſich dadurch die Feindſchaft des ganzen Ordens zuziehen könnte. Er erzählte, daß ein Mulla vor wenig Jahren, weil er von den Künſten dieſer Derwiſche etwas frey geſprochen, viele Verdrießlichkeiten gehabt hätte. Ich hörte daß derſelbe Derwiſch, welcher bey dem erwähnten Feſt die Haupt- perſon vorſtellete, ſeine Künſte auch für Bezahlung in den Häuſern der vornehmen Mohämmedaner machte. Ich ließ ihm alſo einige Tage nachher durch meinen Freund zwey Ducaten bieten, wenn er ſich in meinem Hauſe nur mit einem einzigen Eiſen mitten durch den Leibboren wollte. Er nahm mein Anerbieten an, und beſuch- te mich, zwar nicht als ein Geiſtlicher, ſondern als ein Gaukler. Ich hielt es aber doch nicht für rathſam jemand gegenwärtig ſeyn zn laſſen, außer meinem Mul- la und meinen beyden Bedienten, von denen der eine ein Básraner, und alſo ein Sünnite, und der andere ein Perſer, und Schiite war. Der Derwiſch erzählte mir vieles von ſeinen Künſten mit einer ſo großen Dreiſtigkeit, daß ich faſt glaubte er würde ſein Wort halten können. Ich bat ihn zu eilen, und mir die Probe ſeiner Geſchicklichkeit zu zeigen. Er hielt hierauf ſein Gebet. Nach Endigung deſſelben durchborte er ſeine Zunge und ſeine Backen mit einigen Nadeln, ohne daß Blut dar- auffolgte. Mein perſiſcher Bedienter mußte vor ihm niederknien, und, nachdem er dieſem ein Glas Waſſer zu trinken gegeben, und ein Gebet über ihn hergeſagt hatte, ſo durchborte er auch dieſem die Zunge und die Backen. Ich verſicherte den Derwiſch, daß ich dieſes Kunſtſtück auch in Europa geſehen hätte, und bat ihn mir nur das- jenige zu zeigen, was ich eigentlich von ihm zu ſehen verlangt hatte. Er wies mir hierauf verſchiedene Narben auf ſeinem Unterleibe. Nun hielt er wieder ein ſehr langes Gebet. Darauf ſetzte er die Spitze des Eiſens auf ſeinen Leib, und das andere Ende gegen die Wand, und rief Gott, und den Stifter ſeines Ordens den Schech Bedr eddin mit heller Stimme, und ſo wunderlichen Geberden um Hülſe an, daß ich ſaſt fürchtete, er würde ſichs würklich durch den Leib ſtoßen. Allein, Geheime Wiſſenſchaften der Araber. 127 Allein, als ich den Schaden genauer unterſuchte, ſo hatte er nur die Haut an der linken Seite etwa vier bis fünf Fingerbreit durchbort. Sein Vorwand war dieſer: er könnte die Stange nicht mitten durch den Leib gehen laſſen, weil hierzu das Ge- bet einer ganzen Verſammlung erfodert würde. Er zog hierauf das dünne und ſpiße Eiſen auf einmal wieder heraus, und die Wunde blutete gar nicht. Hier- über machte er auch einige Anmerkungen zum Lobe des Stifters ſeines Ordens. Ich hielt es nicht für rathſam, weder etwas gegen die Heiligkeit des Stif- ters noch der jeztlebenden Mitglieder des Ordens einzuwenden, indeſſen konnte ich nicht umhin ihn zu verſichern, daß auch die Europäer ſich mit einem dünnen Eiſen durch die Haut ſtechen könnten, und daß eine ſolche Wunde ſich bey einem jeden gleich zuſammenziehen würde, ohne zu bluten. Weil er alſo wohl merkte, daß ich mit dieſem Kunſtſtücke nicht zufrieden war; ſo erbot er ſich, wenn ich es ver- langte, ſich das Eiſen durch den Kopf zu boren. Ich hielt ihn bey ſeinem Worte. Er durchborte aber auch nur die Haut etwa zwey Fingerbreit, hinten auf dem Kopf. Ich unterhielt ihn mit Fleiß im Geſpräch, und das Blut lief ihm auf dem Rücken herunter, weil das Eiſen oben länger, und alſo ſchwerer war, und die unterſte Wunde offen hielt. Kurz, mein Freund, der mohämmedaniſche Geiſtliche ward überführt, daß dieſer Derwiſch ein Betrieger, und kein Heiliger ſey. Doch be- zahlte ich ihn, und weiß gewiß, daß er für ſeine zwey Ducaten Schmerzen genug gehabt hat. Die Wiſſenſchaft Kurra iſt, wenn ich nicht irre, ein Thef der Simia. Jene iſt die Kunſt Zettel zu ſchreiben, welche für böſe Augen, und unzählige an- dere Vorfälle nützlich ſeyn ſollen. Man trägt dieſe Zettel in Leder geneht, auf der Mütze, oder auf den Armen, oder auf der Bruſt, ja man macht den ſchönen Pferden, Maulthieren und Eſeln davon ganze Schnüre um den Hals, wovon das eine verhüten ſoll, daß das Thier ſich nicht erhitzt, ein anderes ſoll ihm Appetit zum Freſſen geben, u. ſº w. Zu Meſched Höſſejn hatte man einen ſolchen Zettel gegen böſe Augen, in einem ledernen Beutel an einen Baum bey dem Eingange in einen Garten gehängt. In dem Caſtel zu Diarbekir hing einer gegen das Quacken der Fröſche, und man verſicherte mich, daß in dieſem Caſtel ſeitdem er da hinge, kein Froſchgeſchrey mehr gehört werde. Das Oberhaupt einer gewiſſen Familie zu - Häleb, - I 28 Geheime Wiſſenſchaften der Araber. Häleb, theilet an einem gewiſſen Tage im Jahr eine Menge ſolcher Zetteln um- ſonſt aus, welche die Würkung haben ſollen, daß in das Zimmer, wo einer am Fenſter ſteckt, keine Fliegen oder Mücken kommen. Nur muß dieſer Zettel an ei- nem beſtimmten Tage vor Sonnenaufgang geholt werden. Der Bothe muß an dem Morgen weder etwas gegeſſen noch getrunken haben, und zu dem darf er bis zu ſeiner Zurückunft nicht ein Wort reden, wenn der Zettel ſeine Kraft nicht verlie- ren ſoll. Man hört ſelten, daß die Zimmer in welchen dieſe Zettel am Fenſter ſtecken, weniger von Fliegen und Mücken erfüllt ſind, als diejenigen wo man ſie nicht findet. Die meiſten welche ſie abholen, ſind alte Weiber, und dieſe ſind denn gemeiniglich ſo höflich zu glauben, daß ſie ſelbſt nicht alle vorgeſchriebene Re- geln wohl beobachtet haben. Daher kömmt es, daß die Zettel noch jährlich an dem beſtimmten Tage mit großer Begierde verlangt werden. Es wird nicht für nöthig gehalten, daß dieſe Art Zetteln von Mohämmedanern geſchrieben werden, ſondern die von Chriſten und Juden ausgefertigten, ſucht man faſt eben ſo begierig. Man hat ſie oft von mir ſelbſt verlangt, weil man glaubte, daß ich ein gelehrter Mann ſeyn müßte, da ich die Sterne beobachtete. Ein Bauermädgen zu Perſe- polis hatte ein Stück Silber mit einigen hebräiſchen Buchſtaben am Halſe hängen, und dieſes ſchätzte ſie ſehr hoch, weil es ſie, ihrer Meinung nach, vor Haß und Misgunſt bewahrte. Die Wiſſenſchaft Ramle gehört, wenn ich nicht irre, gleichfalls zu der Simia. Man will dadurch aus dem Namen eines Menſchen, und dem Namen ſeiner Muttervorherſagen können, was ihm begegnen werde. Mit derſelben gab ſich auch ein Jude zu Kähira ab. Wenn jemand krank wird, ſo muß ein Mulla gleich nachſchlagen, ob der Kranke wieder geſund werde, oder nicht, und dafür wird in gewiſſen Fällen ein Hahn, oder ein Schaf bezahlt. Der Gebrauch der Wiſſenſchaften Kurra und Ramle wird von den großen ſünnitiſchen Lehrern für ſündlich gehalten; denn ſie wiſſen ſehr wohl, daß dem Pöbeldadurch nur das Geld aus dem Beutel gelockt wird. Indeſſen hindert man die armen Schreiber nicht, damit ein Stück Brod zu verdienen. Und weil die meiſten Mohämmedaner geizig ſind, ſo bedienen ſich auch oft Gelehrte dieſer Freyheit, welche ohnedieß gut leben könnten. Die Arzneywiſſenſchaft der Araber. 129 Die Mohämmedaner reden viel von glücklichen und unglücklichen Tagen. Nach der allgemeinen Regel werden, wo ich mich recht beſinne, der Montag, der Donnerſtag und der Sonnabend für glücklich gehalten eine Reiſe anzutreten. 3) Die Wiſſenſchaft Sihhr iſt, nach dem Begriff, welchen ich davon erhal- ten habe, die Hererey. Durch ſie ſoll man nur ſuchen ſeinem Nächſten Schaden zuzufügen, und deswegen werden diejenigen, welche davon Gebrauch machen, von allen ehrliebenden Arabern aufs äuſerſte gehaßt und verflucht. Einer zu Maſkät, der die Frau eines vornehmen Einwohners dieſer Stadt von ohngefehr auf der Straße geſehen hatte, und in ſie verliebt worden war, ſoll einen Zettel nach den Regeln der Wiſſenſchaft Sihhr geſchrieben, und ſelbigen in ſeiner Thüre aufgehangen haben. Und die erwähnte Frau, welche den Menſchen gar nicht einmal kannte, ſoll aus den Armen ihres Mannes weggelaufen, und gerade nach dem Hauſe des Fremden gegan- gen ſeyn u. ſ. w. Man ſoll noch hin und wieder unter den Arabern einige antreffen, die ſich mit dergleichen abſcheulichen Künſten beſchäftigen, aber nirgends ſo viele als in Omän. Dieſes ſagte man zu Basra, und ſelbſt zu Maſkät. Die Araber in Omän ſind alſo vielleicht vor den übrigen abergläubig. Ich erkundigte mich, ob dieſe Leute auch zu gewiſſen Zeiten nächtliche Zuſammenkünfte hielten? Ob ſie auf einem Beſemſtiel durch die Luft flögen, und auf dem Waſſer ſchwimmen könnten, wie es die vermeynten Heren des Pöbels in Europa thun ſollen? Allein davon hatte man nichts gehöret. Die Mohämmedaner überhaupt ſind wegen ihrer regelmäßigen Lebensart ſelten krank; und wenn ſie ja die Hülfe eines Arztes bedürfen, ſo belohnen ſie ihn nur ſelten nach Verdienſt. Die wenigſten wollen gerne mehr als die Arzney bezahlen. Stirbt der Kranke, ſo hat der Arzt ſchwerlich etwas für ſeine Mühe zu hoffen; wird er aber wieder geſund, ſo vergißt er ſehr bald ſeine Krankheit und die Dienſte des Arztes. Die meiſten morgenländiſchen Ärzte ſind daher genöthiget ihre Zuflucht zur Liſt zu neh- men, um nur ſo viel zu gewinnen, daß ſie nothdürftig leben können. Sie wiſſennem- lich, daß ihre Patienten alsdann amfreygebigſten ſind, wenn ſie einige Linderung der Krankheit ſpüren, und daß ihnen dann am meiſten daran gelegen iſt, den Arzt bey gu- ter Laune zu erhalten. Dieſe ſchöne Gelegenheit pflegt der Arzt nicht zu verſäumen, R Und -- 130 Arzneywiſſenſchaft der Araber. und unter mancherley Vorwand ſo viel Geld zu verlangen, als er nach den Umſtän- den des Kranken zu erhalten hoffen kann. Auf die Art läßt er ſich ſeine Kur zum voraus bezahlen. Dieſer und anderer Urſachen wegen wird man in Arabien keine großen Ärzte erwarten können, und man trifft daſelbſt auch wohl ſelten einen an, der von der Arzneywiſſenſchaft mehr gelernet hat, als die Kunſtwörter aus dem Avi- cenna, (ar. Ibn Sina) Teſkeret Dauud, und andern alten arabiſchen und griechiſchen Arzneybüchern, auch allenfalls die Würkung der Kräuter, welche dieſe Schriftſteller beſchrieben haben. Ich habe in Arabien keinen berühmten Arzt ge- kannt, in Jemen aber einige, welche zugleich Laboranten, Apotheker, Wund- und Pferdeärzte waren, und dennoch ihren nothdürftigen Unterhalt kaum verdienen konnten. Die Araber wiſſen ſich vieler Hausmittel mit Nnßen zu bedienen. Ich erinnere mich z. E. in der bergigten Gegend von Jemen geſehen zu haben, daß ein Bauer an einen gewiſſen Baum ſchlug, und von dem weißen Saft, welcher wie Milch aus der Wunde herauströpfelte, eine gewiſſe Anzahl Tropfen als ein Purga- tiv nahm. Es war ihm auch nicht unbekannt, daß eine zu ſtarke Doſis davon ihn tödten würde. Ein Araber in einer Karwäne zwiſchen Häleb und Básra hatte einen andern mit dem Säbel verwundet. Man ſchlachtete ein Kameel, legte fri- ſches Fleiſch auf die Wunde, und dieſe ſoll dadurch wieder geheilt worden ſeyn. Hieher gehört auch folgende Erzählung, für deren Wahrheit ich eben ſo wenig als für die Wahrheit der vorhergehenden gut ſeyn kann. Die Frau eines Türkmanneu war vom Kameel gefallen, und hatte das eine Bein verrenkt. Ihr Mann band ſie auf einen hungrigen Mauleſel feſt, und gab dem Thiere darauf viele trockene Gerſte, und hernach viel Waſſer. Die Gerſte fing bald an aufzuquellen, der Leib des Mauleſels ward dicker, und die Beine der Frau wurden dadurch ſo lange gereckt, bis der Mann den Knochen wieder einſetzen konnte. Auf dem Schiffe, mit welchem wir von Dsjidda nach Loheia reiſeten, beſchwerte ſich ein Knabe über Grimmen im Bauch. Sein Herr, der Schiffer, ließ ſo gleich ein Eiſen ins Feuer legen, und brannte ihn ſo treuherzig damit, daß der Junge, vielleicht weil die lezten Schmerzen empfindlicher waren, als die erſten, nicht mehr über Bauch- grimmen klagte. Im Arzneywiſſenſchaft der Araber. I ZI In Salmons und von Gochs Staat von Arabien iſt bemerkt worden: daß die Araber lieber ſterben, als ſich ein Clyſtier ſetzen laſſen. Ich erinnere mich aber, daß unſer Arzt ſich dieſes Mittels bey Vornehmen zu Kähira bedient habe, und glaube nicht daß es alle Araber noch jezt verwerfen. Einer zu Kähira nahm es aber ſehr übel, als unſer Arzt ſeiner Frau ein Clyſtier verordnen wollte. Daß die Mohämmedaner ihren Kranken bisweilen eine Ader öfnen iſt bekannt. Ein Baniän zu Mochha verrichtete dieſe Operation an dem Herrn von Haven mit vieler Geſchicklichkeit. Das Schröpfen iſt bey den Arabern ſehr gemein. Die Werkzeuge, welche ſie darzu gebrauchen, ſind aber ſehr ſchlecht. Die gemeinen Leute zu Bäsra und beſonders die Hamäls, d. i. Laſtträger, zerhacken ſich das Fleiſch unter der Wade, daß ihnen das Blut an den Beinen heruuter ſtrömet, und hiedurch glauben ſie ſtark zu werden. Wenn die Araber einem Mißethäter eine Hand oder einen Fuß abgehauen haben, ſo ſtecken ſie den Stumpf, wenn ich nicht irre, in gekoch- tes Öl um das Blut zu ſtillen. Die ſüdlichen Araber wollten behaupten, daß das Salben den Leib ſtärke, und ſie, da ſie faſt nackend gehen, gegen die Hitze der Sonne ſchütze. Ich ſelbſt habe zu verſchiedenenmalen geſehen, daß unſere Matroſen auf dem Schiffe von Dsjidda nach Loheia, ingleichen die gemeinen Araber in Tehäma, ſich deswegen den ganzen Leib mit dem allerſchlechteſten Öl beſtrichen. Dieſe lezten aber thaten es vornemlich Abends vor ihren großen Feſttagen, vielleicht weil ſie darin eine Zierde ſuchen *). Die lezte Salbung der morgenländiſchen Chriſten wird nicht ehe vorgenommen, als bis keine Hofnung zur Geneſung iſt. Ein griechiſcher Prie- ſter hatte von ſeinem ſo genannten heiligen Öl in zwanzig Jahren nicht mehr als ein kleines Gläsgen voll verbraucht; denn, weil ſie es ſehr theuer von ihren Biſchöfen oder Patriarchen kaufen müſſen, ſo gehen ſie damit ſo ſparſam um, daß ſie jedes mal nur einen kleinen ſilbernen Stiel in dieſes Öl tunken, und nur einen Tropfen auf die Stelle bringen, welche nach ihren Kirchengebräuchen geſalbt wer- R 2 den *) Ein Jude zu Mochha verſicherte den Herrn Forſkäl, daß ſo wohl viele Mohammeda- ner als Juden zu Sana, ſo gleich wenn ſie krank werden, ihren ganzen Leib mit Hel beſtreichen. I32 Arzneywiſſenſchaft der Araber. den ſoll. Dieſe Salbung wird alſo die Krankheit wohl nicht heben können. Mi- chaelis 17te Frage. Die Zahnſchmerzen ſcheinen bey den Mohämmedanern überhaupt ſeltener zu ſeyn als bey den Europäern, vermuthlich weil die Morgenländer ſich fleißiger waſchen. Sie eſſen kaum Früchte, und noch vielweniger andere Speiſen, ohne ſich den Mund gleich nachher zu reinigen. Indeſſen ſind die Zahnſchmerzen den Arabern, und vornemlich denen die in Städten wohnen, nicht unbekannt. Man hält davor, daß der üble Geruch auf den Abtritten, welche nicht beſtändig rein gehalten werden, den Zähnen ſehr ſchädlich ſey. Die Abtritte ſind vielleicht in keiner morgenländiſchen Stadt ſo ſchlecht, und wegen der großen Hitze ſo unbequeun als zu Básra, und hier hörte ich auch am meiſten über Zahnſchmerzen klagen. Ich wohnete daſelbſt an einem Marktplatz mitten in der Stadt, und ſah zu ver- ſchiedenen malen daß Leute einen Barbierer, welchem ſie von ohngefehr begegne- ten, anhielten, und ſich von ihm die Zähne auf der Straße ausreißen ließen. Die Zahnſchmerzen müſſen bey den Einwohnern dieſer Stadt alſo nicht ſelten ſeyn. Denn ſonſt würden die Barbierer ihre Inſtrumente nicht immer bey ſich tragen. Dieß Uebel iſt in den Morgenländern vermuthlich auch vor dem Gebrauch des Caffe nicht ſo ſelten geweſen, als Herr Michaelis meynet; denn Herodotus ſagt im zweyten Buch 78 daß bey den Egyptern eine jede Krankheit ihren eigenen Arzt gehabt habe, und daß unter dieſen auch Zahnärzte geweſen ſind. Johann Wilde ſagt in ſeiner Rei- ſebeſchreibung S. 217. daß man in Egypten böſe und faule Zähne von dem rohen Zucker, welchen man in dieſem Lande viel ißt, erhalte. Die Araber wollen auch Würmer in den Zähnen bemerkt haben. Ein Mulla zur Básra erzählte, er habe geſehen, daß, nachdem jemand ein glühendes Eiſen über einen Topf mit Waſſer gelegt, e5, uos Biſſer Kurräd d. i. den Saamen von einem Kraut Kurräd, auf das Eiſen geworfen, und den Rauch nach ſeinem ſchmerzenden hohlen Zahn geleitet habe, die Würmer hierauf aus dem Zahn in das Waſſer gefallen wären, und daſelbſt noch Zeichen des Lebens von ſich gegeben hätten. Auf Sie 68te Frage des Herrn Michaelis: Ob das Recht der Araber auf die Zähne auch einen ſolchen Wehrtgeſezt habe als Moſes? antwortete man mir zu Básra, Arzneywiſſenſchaft der Araber. IZZ Básra, daß, nach dem Ausſpruch der berühmteſten mohämmedaniſchen Rechtsge- lehrten, Auge mit Auge, Zahn mit Zahn, Naſe mit Naſe, und Ohr mit Ohr bezahlt werden ſollen. Man ſagte aber auch, daß dieſe Geſetze nur ſelten beobach- tet würden, und daß alles dieſes bey der türkiſchen Regierung mit Geld abgemacht werden könne. Der NervenwUrm (Vena medinenſis) iſt in Jemen, auf der Halbinſel von Indien, und zu Gambrön oder Bender Abbas in Perſien ſehr gemein. Man nannte denſelben zu Lohéia –,8 Ark, und zu Häleb, Ärkel inſil. Ein Kauf mann aus Mekke, mit welchem ich zu Bombay bekannt wurde, nannte ihn –x 8,5 Farantit, und zu Abuſchähhr, am perſiſchen Meerbuſen, hieß man ihn º2? Peju und v„U. Naru. Die drey leztern Namen aber ſind vielleicht nicht ara- biſch, ſondern perſiſch, oder gar indianiſch. (Miachaelis 5ote Frage.) Man glaubet in Jemen, daß der Nervenwurm von dem ſtehenden Waſſer herrühre, welches man in einigen Gegenden zu trinken genöthiget iſt. Viele Araber brauchen deswegen die Vorſicht, das ihnen unbekannte Waſſer durch Leinwand zu trinken, Wenn nun einer die Inſekten, oder den Saamen woraus dieſe Würmer entſtehen, ſchon bey ſich hat, ſo ſpüret er davon ſo lange nichts, bis ſich die Würmer durch die Haut arbeiten wollen, und dieſes verurſacht auch nur einiges Jucken. Der Nervenwurm iſt ſo dünne als ein Zwienſaden, aber bisweilen zwey bis drey Fuß lang. Wenn er ſich etwas durch die Haut gearbeitet hat, ſo winden die Morgen- länder ihn auf einen Strohhalm, oder auf ein kleines Stück dünnes Holz. Weil er ſich nach und nach weiter herausziehet, ſo winden ſie ihn täglich weiter auf, bis er ſich endlich ganz herausgearbeitet hat, und damit kann er einige Wochen zubringen. Man muß ſich ſehr hüten, daß man ihn nicht abreißt, in welchem Falle er ſich wieder zurückziehet. Man will Beyſpiele haben, daß Leute davon gelähmt wor- den, oder daß der kalte Brand darzt gekemmen, und ſie davon geſtorben ſind. Ich ſelbſt beobachtete in Jemen die Gewohnheit der Einwohner, das in großen Behält- niſſen aufbewahrte Waſſer nicht anders als durch Leinwand zu trinken, und dieß iſt vielleicht die Urſache, warum ich von dem Nervenwurm befreyt geblieben bin. Nachdem wir aber ſchon fünf Monate aus Arabien waren, kamen bey unſerm Arzte zu Bombay vier von dieſen Würmern an ſeinen Füßen, und einer an ſeiner Hand R 3 zum I34 Arzneywiſſenſchaft der Araber. zum Vorſchein, und da er hiernach nur zehn bis zwölf Tage lebte, ſo hatte keiner Zeit, ſich ganz herauszuarbeiten *). Ein franzöſiſcher Officier, mit Namen le Page, welcher ſich zu meiner Zeit auf der Inſel Charedsj aufhielt, bekam einen Nervenwurm, und hatte davon weiter keine Unbequemlichkeit, als daß er ſich, während der Zeit daß der Wurm ſich herausarbeitete, ſorgfältig in acht nehmen mußte, ihn nicht abzureiſſen. Er glaubte ihn von dem ſchlechten Waſſer in dem Lande der Maratten bekommen zu haben **). - Auf die 75te Frage des Herrn Michaelis: Ob das Gift einer Schlange welches ſie durch den Biß mittheilet, in ſeltenen Fällen etwas heilſames habe? habe ich keine Antwort erhalten. Doch lernte ich von einem Schech zu Bäsra, welcher behauptete, daß der Biß der Schlangen ihm nicht ſchade, daß er Feuer, und ich weiß nicht was ſreſſen könne, wie er einen andern, der von einer Schlange gebiſſen worden, curirte. Nemlich, nachdem er Gott und den Erfinder ſeiner Kunſt um Hülfe angerufen hatte, zerſchnitt er dem Patienten das Fleiſch um die Wunde mit ei- nem Scheermeſſer. Er aß hierauf etwas Knoblauch, behielt einen Theil davon im Munde, und ſaugte das Blut aus der Wunde, ohne das Gift zu fürchten. Weil verſchiedne Araber, die den Biß der Schlangen curirten, mir für keinen Preis hatten entdecken wollen, welcher Mittel ſie ſich hierzu bedienten, ſo glaubte ich eine wichtige Entdeckung gemacht zu haben, als dieſer mir ſein Geheimniß eröfnete. Ich finde aber ſchon in des Herrn de la Caille Journal hiſtorique p. 274, daß die Hot- fettOt(!! *) Es ſcheinet ein ſeltenes Beyſpiel zu ſeyn, daß ſich bey Herr Cramer ſo viele Nerven- würmer auf einmal gezeigt haben; denn Chardin hat in Perſien nicht gehört, daß bey einem Menſchen auf einmal mehr als ein Nervenwurm zum Vorſchein gekom- men ſey. Voyages en Perſe Tom. II. p. 213- Man findet den Nervenwurm auch in America. Voyages de Dampiers Tom. III. p. 340-342- **) Dieſer Officier war einer von den Franzoſen, die nach dem Verluſt von Pendichery über ganz Indien zerſtreuet wurden. Er und ein Unterofficier hatten ſich beyde als Indianer gekleidet, und aus Mangel an Geld faſt die ganze Reiſe von der - Coromandelküſte bis Surat, zu Fuße gemacht. Dieſes habe ich beyläufig nur des- wegen bemerken wollen, damit man dergleichen Reiſen unter den Heiden und Mo- hammedanern in Indien nicht für unmöglich halte. Arzneywiſſenſchaft der Araber. 135 tentoten den Saft aus kleinen weißen Zwiebeln auf die Wunde legen, und alſo iſt der Nutzen des Knoblauchs bey dem Biß der Schlangen vielleicht auch ſchon bekannt. In Syrien ward mir erzählt, das jemand eine vom Schlangenbiſſe verurſachte Wun- de geheilt habe, ohne ſie ſelbſt zu ſehen. Ein Grieche auf der Inſel Cypern ver- ſicherte mich, daß einer einen Mauleſel, der von einer Schlange gebiſſen worden, eürirt hätte, ohne den Mauleſel ſelbſt zu ſehen. Dieſe Fabeln wird vermuthlich kein Europäer glauben. Vielleicht aber iſt es doch nicht überflüſſig ſie bemerkt zu haben. Man findet in den Morgenländern nicht ſelten Schlangen unter dem Dache, und in den Mauern von ungebrannten Ziegelſteinen. Es ſind aber dieſe ſo wenig ſchädlich, daß man die Häuſer, welche ſie mit ihrer Gegenwart beehren, für glück- lich ſchätzet, und deswegen ſucht niemand ſie zu vertreiben. Die Indianer haben ſie auch gerne in ihren Schiffen. Zn Bombay ward eine große Schlange in einem Faß mit ans Land gebracht. Sobald aber die Matroſen es bemerkten, brachten ſie ſie wieder zurück, aus Furcht, daß dem Schiffe ſonſt ein Unglück begeg- nen möchte. - Die Araber haben dreyerley Gattungen von Ausſaß. Nemlich r) - Ägs Bohák. Dieſe iſt weder anſteckend noch gefährlich. Ein ſchwarzer Knabe zu Mochha, der mit dieſem Ausſaz behaftet war, hatte hin und wieder auf dem Leibe weiße Flecken. Man ſagte das der Gebrauch des Schwefels dieſem Knaben auf einige Zeit geholfen, die Krankheit aber nicht völlig gehoben hätte. 2) Cº- Barras. Dieſe Gattung wird auch nicht für gefährlich gehalten. 3) eóº. Dsüddam nach der Schreibart der Gelehrten, oder ed-F* Madsjürdam nach der Ausſprache der gemeinen Araber. Dieſer Ausſatz iſt der allerſchlimſte. Er iſt nach der Meinung eines Juden zu Maſkát, derſelbige wovon Levit. I 3. IO,-II geredet wird. Ein anderer Jude zu Bagdad meinete, daß er eben die Krankheit ſey, welche in der hebräiſchen Sprache ſpT) genannt wird. Dieſer leztere Jude ſchien mir nicht ſo viele Kenntniſſe zu haben, als der zu Maſkát. Jener wollte ſeine Meinungen immer durch Fabeln beſtätigen, die vielleicht ein Jude, aber kein anderer glaubet. Dsjüddam iſt wahrſcheinlich der Ausſatz, welchen Hillary den Ausſatz der Gelenke nennet. Denn als ich mich zu Bagdad erkundigte, bey wel- - cher 136 Arzneywiſſenſchaft der Araber. - ------ -- cher Gattung des Ausſatzes ſich die in der 28ten Frage des Herrn Michaelis erwähn- ten Kennzeichen des ſo genannten Ausſatzes der Araber zeigten, beywelcher die Finger und Zehen betäubet, der Athem ſtinkend, das Athemholen ſchwer, die Ohrlappen, Backen und Augenbraunen dick und knotig würden, u. ſw. antwortete man mir, dieß wären lauter Zeichen des Madsjurdám, und es fielen denen, welche damit behaf- tet wären, überdieß auch die Nägel ab. Nach den Anmerkungen des Hillary aber ſoll man bey dem Ausſatz der Gelenke alle Kenntzeichen des von ihm genann- ten Ausſatzes der Araber antreffen, und jener ſoll ſich nur darin von dieſem unter- ſcheiden, daß die Nägel der Finger einwärts gebogen werden, und endlich die Fin- ger Glied vor Glied abfallen. Die Mohämmedaner glauben zwar, daß ihnen nichts begegnen könne, was Gott nicht vorher beſchloſſen habe. Nachdem aber die Türken bemerkt haben, daß die Europäer ſich zu der Zeit der Peſt einſchließen, und daß deswegen ſelten einer von ihnen an dieſer Krankheit ſtirbt; ſo haben auch einige wenige angefangen zu ei- ner ſolchen Zeit ſo viel möglich abgeſondert zu leben. Doch verſäumt keiner des- wegen ſeine öffentlichen Geſchäfte. Wegen des Ausſatzes iſt man in einigen Ge- genden vorſichtiger. Herodotus bemerkt ſchon, daß die Perſer zu ſeiner Zeit die Ausſätzigen von den Geſunden abgeſondert haben. Der jezt regierende Schech zu Abuſchähhr ſchickt diejenigen, welche mit der Gattung des Ausſatzes die man Ab- bras nennet, behaftet ſind, man ſagte auch diejenigen, welche gefährliche veneriſche Krankheiten haben, nach der Inſel Bahhrajn. Zu Básra war noch vor wenig Jahren ein eigenes Haus für Ausſätzige, und noch jezt iſt zu Bagdad ein einge- ſchloſſenes Quartier mit vielen Hütten, nach welchen man alle diejenigen, bey denen ſich die Zeichen von Dsjüddäm zeigen, mit Gewalt führt, wenn ſie ſich nicht an- geben. Es ſcheinet aber daß die Regierung ſehr ſchlecht für dieſe unglückliche Leute ſorgt, weil ſie auch alle Freytage in die Marktſtraßen kommen, und Almoſen ſam- len. Ich hätte von dieſen Leuten genug ſehen können, aber als ich ſie mir ein- mal auf der Straße entgegen kommen ſah, ſo hielt ich es für rathſam ihnen auszu- weichen. "Dieſe arme Menſchen ſollen ſich ihr elendes Leben ſo angenehm zu machen ſuchen als es möglich iſt, und ſogar ihre Liebeshändel in dem Gefängniß ſo gut als in der Stadt treiben. Noch vor wenig Jahren ſoll einer, um ein gewiſſes Frauen- ----- ----------- -- -- -- Arzneywiſſenſchaft der Araber. 137 -F Frauenzimmer zu erhalten, ein feines Hembd einige Tage getragen, und es nachher dieſer Perſon für eine Kleinigkeit haben verkaufen laſſen. Sobald er durch ſeine Kundſchafter Nachricht erhielt, daß der Ausſatz ſich auch an ihr gezeiget, ſoll er es ſo gleich gemeldet, und verlangt haben, daß man auch ſie einſchlieſſen möchte *). Der *) Herr Forſkäl hat von dem Ausſatz folgendes angemerkt. „Man findet zu Kahira Aus- „ſätzige, aber nur ſelten. Die Araber nennen die eine Art dieſer Krankheit, » bey welcher ſich nur hin und wieder Flecken auf dem Cörper zeigen, Bohak, „und dieſe iſt wahrſcheinlich PTZ Levit. 13. Man glaubet nicht, daß dieſer „ Ausſaz anſteckend ſey, wenn man ſich auch zu einem der ihn hat, ins Bette » legte. „ Wenn der Ausſaz ſich über den ganzen Leib ausbreitet, ſo nennen ihn die Araber „ Barras. Dieſen Ausſatz kann man in den Morgenländern, wo jedermann „ ſchwarze Haare hat, ſehr bald erkennen; denn die Haare der Ausſätzigen ſollen » weißlich werden. Man ſagte, daß dieſe Krankheit geheilt werden könne, wenn „ die Haare in den weiſſen Flecken noch ſchwarz geblieben ſind; ſind ſie aber weiß „ geworden, ſo ſoll der Ausſaz unheilbar ſeyn. „Ein Aleppiner, welcher zu Damaſk geweſen war, ſagte, daß man in dieſer Stadt „ ein Quartier findet, welches von lauter ausſätzigen Mohammedanern, und ein ,, anderes, das von ausſätzigen Chriſten bewohnt werde, und daß alle dieſe durch Al- „ moſen von ihren Religionsverwandten unterhalten werden. Man ſperret daſelbſt „ auch diejenigen ein, die gefährliche veneriſche Krankheiten haben. Dieſe einge- „ ſchloſſene Geſellſchaften heyrathen unter einander. Wenn in dem Quartier der „ ausſätzigen Chriſten ein Kind geboren wird, ſo nehmen ihre Glaubensbrüder in „ der Stadt es gleich von der Mutter, und geben es einer geſunden Wärterinn. „Zeigt ſich nun nach drey Monaten bey dem Kinde kein Zeichen eines Ausſatzes, „ ſo wird es in der Stadt erzogen. Findet man aber die Krankheit auch an dem „ Kinde; ſo wird es ſeinen Eltern wieder zurückgegeben, und die Perſon, welche „ es geſäugt hat, darf nicht fürchten angeſteckt zu ſeyn. „ 1763 den 15 May ſah ich ſelbſt den Ausſatz Bohak bey einem Juden zu Mochha. „Die Flecken dieſes Ausſatzes ſind von ungleicher Größe. Sie "haben keinen „ Glanz. Sie ſind faſt unmerklich höher als die Haut, und verändern die Farbe », der S «y I 38 Arzneywiſſenſchaft der Araber. Der Ausſaß iſt unter den gemeinen Indianern zu Bombay auch nicht ſel- ten. Dieſe Krankheit aber muß alda nicht bösartig ſeyn; denn ich hörte, daß man die damit behafteten ohne die geringſte Einwendung in Geſellſchaft von geſun- den Leuten arbeiten laſſe. Sie ſoll wie eine Art Kräße, von der ſchlechten Nah- rung, und beſonders von verdorbenen Fiſchen entſtehen. über „ der Haare nicht. Ihre Farbe iſt dunkelweiß, oder etwas röthlich. Die übrige „ Haut desjenigen Ausſätzigen, welchen ich ſah, war ſchwärzer als die Landesein- »wohner zu ſeyn pflegen, die Flecken aber waren nicht ſo weiß als die Haut der » Eurºpäer, wenn ſie nicht von der Sonne verbrannt iſt. Die Flecken dieſes » Ausſazes zeigen ſich nicht auf den Händen, und nahe bey dem Nabel, aber „ wohl am Halſe und im Geſicht, doch nicht auf dem Theil des Kopfes, welcher » ſtark mit Haaren bewachſen iſt. Sie breiten ſich nach und nach aus. Bis- * - „weilen bleiben ſie nur zwey Monate, bisweilen auch wohl ein bis zwey Jahre, „ und vergehen nach und nach von ſelbſt. Dieſe Krankheit iſt weder anſteckend, „ noch erblich, und verurſacht dem Cörper gar keine Unbequemlichkeit. Die Ju- „ den glauben daß dieſer Ausſaz ſich oft nach einer übermäſſigen Freude zeigt, » aber nie nach Sorgen und Betrübniß. „ Zu Bagdad ſagte man, daß man ſchon dadurch den Ausſatz bekommen könne, wenn man Fiſche gegeſſen habe, und gleich darauf Milch trinke. - - „Man zeigte uns nachher einen Indianer, welcher den Ausſaz Barras hatte, und „ ich fand die Farbe der Flecken deſſelben von den Bohak des Juden ganz ver- „ſchieden. Der Indianer hatte von Natur eine viel ſchwärzere, und recht ruß- „ färbigte Haut. Seine Flecken waren aber viel weiſſer, als der Bohat des „ Juden. Ich hielt das Innere meiner Hand darneben, und fand die Farbe voll- „ kommen gleich. Dieſer Mann hatte den Ausſatz auch in den Händen, und un- „ter den Füßen, und die Flecken fingen an ſich nach allen Seiten auszubreiten. „ Sie zeigten ſich auch auf den Beinen. Hier waren die natürlichen ſchwarzen „ Haare in den Flecken ganz weiß geworden, und an einigen Stellen ſchon abge- „ fallen. Er hatte in ſeiner Jugend den Ausſaz auf der Bruſt und im Geſichte » gehabt. Er war aber auf einer Andachtsreiſe nach Mekke, von dem Scherif da- „ durch curiret worden, daß er ihm ins Angeſicht, und auf die Bruſt geſpielt „ hatte. Seine Haare auf dem Kopf, im Bart und auf der Bruſt waren noch » pechſchwari. Arzneywiſſenſchaft der Araber. I 39 2 über die Folgen des Beyſchlafs zur Zeit der monatlichen Reinigung, und deſſen Schaden im Orient, (Michaelis rote Frage) habe ich keinen Mohämmedaner ge- rade zu befragen dürfen, weil jeder eine ſolche Frage übel aufgenommen haben würde. Doch habe ich mich bey einigen von dieſer Religion, durch viele Umwege auch hiernach erkundiget. Sie hielten dieſen Beyſchlaf zwar nicht für ſchädlich, ſie vermutheten aber daß ein jeder vernünftiger Mann einen Eckel davor haben, und alſo nie den Verſuch machen würde. Ein in den heißen Ländern wohnhafter Euro- päer verſicherte mich, daß er davon nie die allergeringſte ſchlimme Folge verſpürt habe. über die 76te Frage: ob nicht gewiſſe Krankheiten Gegenmittel der Peſt ſind? konnte ich bey niemand beſſer Unterricht ſuchen, als bey dem Herrn D. Rüſſel, Bruder des Verfaſſers der Natural Hiſtory of Aleppo. Dieſer geſchickte Arzt erinnerte ſich, daß einer die Krätze gehabt, da er von der Peſt ange- griffen worden, daß er die gefährlichſte Krankheit überſtanden, aber mit vieler Mühe von ſeinen erſten Ausſchlage geheilt worden ſey. Er wuſte Exempel, daß Kinder und Erwachſene zugleich die Blattern mit der Peſt gehabt; daß einige geſtorben, andere aber beyde Krankheiten überſtanden hätten. Er hatte zu verſchie- denen malen bemerkt, daß Leute, die kaum die Blattern überſtanden, von der Peſt angegriffen worden wären, und daß ein anderer, welcher der Peſt kaum los gewor- den war, an den Blattern ſterben müſſen. So erinnerte er ſich auch, daß bey ei- nem Kinde die Blattern und Maſern zugleich ausgebrochen wären. Die Fonta- nelle ſind nach den Beobachtungen des Herrn Rüſſels gar kein Gegenmittel wieder die Peſt; denn faſt ein drittel von den Einwohnern zu Häleb hat Fonta- nelle, und dem ohngeachtet werden dieſe ſowohl von der Peſt angegriffen, als die-- jenigen, welche ſie nicht haben. Ob etwa der Ausſatz die Peſt abhalte, oder heile, darüber konnte er nichts entſcheiden, weil der Ausſaz zu Häleb ſelten iſt. In dem 24ten Stück des neuen hamburgiſchen Magazins wird behauptet: daß die Peſt von Oberethiopien nach Egypten gekommen ſey. Dieſes aber iſt mir deswegen nicht wahrſcheinlich, weil man die Peſt in Jemen, welches unter eben derſelben Polhöhe liegt, nicht findet. Eben daſelbſt wird behauptet: daß die Peſt zu Kähira von dem Geſtank des Canals, welcher durch dieſe Stadt gehet, entſtehe, und daran zweifle ich auch; denn die meiſten Europäer in dieſer Stadt, wohnen S 2 dicht I4O Von dem arabiſchen Golde. dicht an dieſem Canal, und man hört doch ſelten, daß einer von ihnen an der Peſt ſtirbt, wenn ſie nur von den Einwohnern abgeſondert leben. Die Weiber der Bedouinen impfen ihren Kindern die Blattern ſelbſt ein, indem ſie denſelben in Ermangelung beſſerer Werckzeuge, mit einem Dorn eine Wun- de auf dem Arm ritzen. Zu Conſtantinopel, wo die Einimpfung der Blattern unter den Chriſten ſehr gewöhnlich iſt, ſagte man, das die Materie der Blattern eben die Würckung thue, wenn man ſie trockne und einſchnupfe, oder in einer Roſine n. d. gl. einnehme. Ich hörte zu Bombay von einem Araber aus der Inſel Lam auf der Südoſt Küſte von Africa, daß die Einimpfung der Blattern in dieſen Ge- genden eine uralte Gewohnheit ſey. Wenn den arabiſchen Gelehrten, ein Buch von der Goldmacherkunſt in die Hände fällt, ſo bekommen ſie bisweilen Luſt dieſes edle Metall, woran ſie einen ebenſo großen Mangel haben als die europäiſchen, ſelbſt zu machen. Wir trafen - - zu Beitel Fakih zwey von dieſen Alchimiſten an, von denen jeder ein beſonderes Buch hatte, nach welchem er Gold machen wollte. Der eine, ein verſtändiger und ſehr artiger Mann, glaubte ſeiner Kunſt gewiß zu ſeyn, wenn er nur ein gewiſſes Kraut, welches ſeiner Meinung nach in der bergigten Gegend von Jemen wüchſe, finden könnte. Man hatte vielleicht bemerkt, daß die Zähne der Ziegen von ei- nem gewiſſen Kraute goldgelb gefärbt werden, und daher geglaubt, daß es auch allerhand Metall in Gold verwandle. Der im vorhergehenden (S. 106) erwähnte Maronit erzählte, daß man auf dem Berge Libanon, zu der Zeit wenn der Schnee aufthauet, ein Kraut findet, welches die Ziegen gerne freſſen, und ihre Zähne goldgelb färbet. Er nahm einmal etwas davon mit zu Hauſe, und fand das Schnupftuch, in welchem er es getragen hatte, ſo mürbe, daß er es mit den Fin- gern zerreiſſen konnte. Er rieb mit dem Kraute das Silber an ſeinem Säbel, und es ward goldgelb, nach einigen Tagen aber ward es wieder weiß. In Jemen hat man vielleicht ähnliche Beobachtungen gemacht. Weil nun unſer Freund zu Beit el Fakih glaubte, daß wir nach Arabien gekommen wären um dieſes Kraut zu ho- len, denn es war einigen Arabern unbegreiflich, wodurch wir ſonſt Geld erhalten könnten, weil wir gar keine Handlung trieben, ſo ſuchte er die Bekanntſchaft des Herrn Von dem arabiſchen Golde. I4 Herrn Forſkäls, und dieſem leiſtete er beym botaniſiren große Dienſte. Allein der gute Mann, der bereits ſein ganzes Vermögen durch die Alchimie verzehrt hatte, und zu unſerer Zeit für einen reichen Herrn zu Beit el Fakih in der Gold- macherkunſt arbeitete, hatte nicht das Glück das Kraut zu finden. Der andere war gewiß verſichert, daß er Gold machen könnte, wenn er nur noch die Erklä- rung von einem einzigen ihm unbekannten Worte erhielt. Und da er hörete, daß der Herr von Haven ſich von uns allen am meiſten auf Sprachen gelegt hätte, wandte er ſich vornemlich an ihn, um zu erfahren was das Wort bedeuten ſollte. Aber auch dieſer war nicht im Stande ſeinem Verlangen ein Genüge zu thun. Dieſer Araber war ein Arzt, (Hakim) und lebte in ſo großer Armuth, daß er nicht einmal eine gläſerne Kolbe bezahlen konnte, ſondern unſern Arzt erſuchte, eine zu Mochhazu kaufen, und ſie ihm zu ſchenken. Die Griechen mögen vormals in Arabien viel Gold gefunden haben: jezr iſt daſelbſt keines vorhanden, als was aus fremden Ländern dahin gebracht wird. Der Imäm von Jemen ließ vor einigen Jahren eine kleine Goldmünze ſchlagen, und nicht einmal hierzu hatte man einheimiſch Gold, ſondern man ſchmelzte darzu fremde Münze ein. Doch wollte ein Fakih zu Loheia behaupten, daß ihm, und keinem andern, einige Stellen bekannt wären, wo man in den ältern Zeiten Gold gegraben hätte. Kurz, man erhält jezt in Arabien kein Gold, weder aus Flüſſen noch aus Bergwerken. In denen Städten aber, wo viel Handlung iſt, findet man nicht nur Gold aus Häbbeſch, ſondern es geht jährlich auch eine ſo große Menge venetianiſcher Ducaten über Syrien, und beſonders über Egypten, für Caffe nach Jemen, und für Leinwand und Specereyen nach Indien, daß die Araber mich zu verſchiedenen malen gefragt haben: ob von allen Europäern bloß die Venetianer Goldgruben hätten? ja einige meineten, daß die Venetianer den Stein der Weiſen beſäßen, welchen ſie ſelbſt noch jezt ſo eifrig ſuchen. Noch ſeltſamer ſind die Nachrichten der ältern griechiſchen Schriftſteller, welche in dem von ihnen ſo genannten glücklichen Arabien einen ſo großen Mangel an Eiſen gefunden haben. Denn noch bis auf dieſen Tag ſind Eiſenbergwerke in dem Gebiete Sáade im Gange. Und, weil man in dem Amte Kusma ſo gar Magnetſteine zu haben glaubet; ſo ſollte man vermuthen, daß man auch daſelbſt S 3 Und) I42 Edelſteine in Arabien. und in anderen Gegenden von Jemen Eiſen würde finden können. Durch die Eiſen- bergwerke zu Sáade aber kann nicht ganz Jemen mit Eiſen verſorgt werden, und das jemeniſche Eiſen iſt nicht nur ſchlechter, ſondern aus Unwiſſenheit der Araber, und wegen Mangel an Holz, wird es auch theurer als das, welches aus Dännemark über Egypten oder Oſtindien dahin gebracht wird. Von andern Bergwerken habe ich in Jemen nichts gehöret. In Omän findet man ſo ergiebige Bleybergwerke, daß von Maſkät viel Bley ausgeführet wird *). Arabien iſt auch nicht ganz arm an Edelſteinen. Denn man findet in dem Gebiete des Imäms von Jemen Onire, und den dunkelrothen, oder vielmehr hellbraunen Akjk Jemani, „º2 -ÄS welchen man auch wohl nur bloß Je- mani oder bloß Akjk zu nennen pflegt. Den erſtern Stein ſahen wir häufig am Wege zwiſchen Taäs und dem Berge Sumära *). Leztern bekömmt man vor- wemlich aus der Gegend der Stadt Damär, von einem Berge Hirrän **). Die Araber tragen ihn eingefaßt auf dem Finger, oder auf dem Arm über den Ell- bogen, oder im Gürtel vor dem Leibe, und man glaubt, daß er das Blut ſtillet, wenn man ihn auf eine friſche Wunde legt. Die Probe von der Güte dieſes Steins - ſoll *) Ich will hier noch beyläufig bemerken, daß die Türken in der Gegend von Diarbckir und Siwäs auch Bergwercke haben. **) Von dieſem jezt nicht viel geachteten Stein trug Ayeſcha, Mohammeds geliebte Frau, ein Halsband. Allgemeine Welthiſtorie der neuern Zeiten Tom. I. § 103. ***) Phiruzabad nennet den Akik unrichtig einen Muſchelſtein. Akik eſt Conchites ruber qui reperitur in Jemen & in littoribus maris mediterranei: quardam ejus ſpe- cies eſt turbidi coloris, quaſi aqua fluentis a carne ſalſa, ſc. muriae: in ee ſunt Krie albe obſcurr: & quieunque induerit annulum ſignatorium exeo, manebit terror ejus apud adverſarios ſuos, & fiſtetur ei ſanguis ex quacunque parte fluxerit. Ramenta omnium ſpecierum ejus abire faciunt cavitatem dentiuun: & uſtum de eo corroborat quasſatos dentes. vid. Thom. Hyde Commentari- un in Ulugh Beigli Tabulas ſtellarum fixarum p. 72. Da man alſo denn AFji ſo viele Tugenden zuſchreibet, ſo iſt kein Wunder daß man ihn in Arabien hoch ſchätzet. Verſchiedene Bäume in Arabien. I43 ſoll ſeyn, daß man ihn in ein Papier wickelt, und daß das Papier nicht verbremnt, ob man gleich eine glüende Kohle darauf legt. Man findet oft einige unter den Cambayſteinen, oder ſo genannten Mochhaſteinen, wovon eine große Menge von Surät, ſowohl nach China als Europa gebracht wird, welche dieſem Akjk oder Carneol in der Farbe ſehr nahe kommen, ſie ſind aber gemeiniglich viel heller. Ich habe nicht gehört, daß man Smaragde in Arabien findet. Man ſie- het aber das ſo genannte Smaragdgebürge auf der egyptiſchen Küſte, wenn man zur See von Sues nach Dsjidda reiſet. Der Weihrauch aus Arabien war in den ältern Zeiten nicht weniger be- rühmt als das arabiſche Gold. Aber auch nicht aller Weihrauch, den die nördlichen Ländern aus dem glücklichen Arabien erhielten, war in dieſem Lande gewachſen. Arrianus *) und andere alte Schriftſteller haben ſchon bemerkt, daß viel Weih- rauch aus Habbeſch und Indien nach Arabien gebracht, und von da weiter ausge- fahren ſey, obgleich Bochart denen beyzupflichten ſcheinet, welche behauptet ha- ben, daß der Weihrauch bloß in Arabien wachſe *). Jezt bauet man nur auf der Südoſtküſte von Arabien in der Gegend von Keſchin, Dafär, Merbät, Haſek, und beſonders in der bekannten Provinz Schähhr, diejenige Art davon, welche die Araber Libän, oder Olibän, und die Engeländer Incenſe oder Frankincenſe nennen, und dieſe iſt ſehr ſchlecht. Doch kann man in Arabien auch viele andere - Sorten Räuchwerk aus Habbeſch, von Sumatra, Siam und Java erhalten, und unter dieſen eine Art, die die Araber Bachör Java, die Engländer aber Ben- zöin nennen, und die dem Olibän ſehr ähnlich iſt. Hievon wird eine große Menge über den arabiſchen und perſiſchen Meerbuſen nach der Türkey verlangt, und die ſchlechteſte von dreyen Sorten, in welche die Kaufleute den Benzóin zu vertheilen pflegen, wird noch für beſſer gehalten, als der Olibän aus Arabien. Hieraus ſollte man faſt ſchlieſſen, daß die Europäer den habbeſſiniſchen und indiani- ſchen Weihrauch aus eben der Urſache arabiſchen Weihrauch genannt haben, war- l!!! *) Periplus maris Erythraei p. 6. - - *) Phaleg & Canaan Libr. II. Chap. 18. I44 Verſchiedene Bäume in Arabien. um man jezt die jemeniſchen Caffebohnen, levantiſche, und in der Levante die ame- ricaniſchen, europäiſche nennet. Es ſcheinet daß ſelbſt die Araber ihr eigenes Räuchwerk nicht hoch ſchäßen; denn die Vornehmen in Jemen brauchen gemei- niglich indianiſches Räuchwerk, ja eine große Menge Maſtir von der In- ſel Scio. Wenn das Agallochum (Michaelis 43te Frage) dasjenige Holz iſt, welches die Engländer Agal Wood nennen, ſo wächſt es, wie ich vermuthe, nicht in Arabien. Das Agal Wood gehet in großer Menge von Siam, Ma- lacca, China und vielleicht noch aus andern Gegenden Indiens, über den arabi- ſchen und perſiſchen Meerbuſen nach der Türkey. Der Name dieſes Holzes in verſchiedenen andern Sprachen iſt anderwärts bemerkt worden. Sandelholz und Kalambac kömmt von Mallacca. Die Mohämmedaner machen vom leztern, nemlich von dem, welches die Araber Kalambac nennen, Roſenkränze, welche ſie zum Zeitvertreib in der Hand zu tragen pflegen, und wenn dieſes warm, oder nur ein wenig gerieben wird, ſo giebt es einen angenehmen Geruch. Ich habe dieſes Holz ſehr hart, und ſo leicht gefunden, daß es zwar ganz ins Waſſer, aber nicht zu Boden ſinkt. Der Caffebaum iſt einer der merkwürdigſten in Arabien. Er wird vor- nemlich an der weſtlichen Seite des hchen Gebürges, welches durch Jemen gehet, cultiviret. Man findet zwar auch in den Provinzen Haſchid u Bekil, in Kätaba und Jäfa viel Caffe, doch ſcheinet das Clima in den Ämtern üddén, Küsma und Dsjébi dieſer Frucht am meiſten gemäß zu ſeyn. Denn aus dieſen Gegenden kommt der beſte und meiſte Caffe. Die Araber ſollen bey ſchwerer Strafe verbo- ten haben dieſen Baum auszuführen, die Holländer, Franzoſen und Engländer aber doch Mittel gefunden haben, Pflanzen davon nach ihren Colonien zu bringen. Indeſſen behält der Caffe aus Jemen noch immer den Vorzug, vermuthlich des- wegen, weil die Europäer den ihrigen nicht unter gleicher Polhöhe, und auf eben ſo hohen Bergen bauen, wo eine ſo regelmäßige Witterung herrſcht als in Jemen. Die Araber ſagen, daß ſie den Caffebaum aus Habbeſch erhalten haben, und einige, welche in dieſem Lande geweſen waren, verſicherten nicht nur, daß man da- ſelbſt noch viele Caffebäume antreffe, ſondern auch, daß der Caffe in einigen Gegen- Verſchiedene Bäume in Arabien. I45 Gegenden von Habbeſch eben ſo gut ſey als der in Jemen. Der Baum Käad ſoll ebenfalls von Habbeſch nach Jemen verpflanzt ſeyn. Dieſer aber wird das Land nicht mit fremden Gelde bereichern. Die Araber eſſen davon nur die jungen Sproſſen zum Zeitvertreib, und als einen Leckerbiſſen. Wir, die wir nicht darzu gewohnt waren, fanden gar keinen Geſchmak daran. Der ſo genannte Mékke Balſambaum, welchen die Araber Abu ſchäm nennen, d. i. einen Baum, wel- cher einen angenehmen Geruch hat, wächſt in verſchiedenen Gegenden von Jemen. Herr Forſkäl fand ihn auf einer Nebenreiſe, welche wir beyde von Beit el Fakih aus in die bergigte Gegend machten. Weil aber die hieſigen Einwohner den Nußen dieſes Baums vielleicht nicht kennen, ſo ſchicken ſelbſt Kaufleute zu Mochha Töpfe nach der Gegend von Medina, woſelbſt er in Menge geſammlet, und unver- fälſcht abgeſchickt wird. Der Balſam, den man zu Dsjidda kauft, iſt oft ſchon verfälſcht *). Man findet noch jezt in verſchiedenen Gegenden des Morgenlandes Manna; ich muß aber bekennen, daß ich an dem merkwürdigſten Ort, nemlich in der Ge- gend des Berges Sinai, die wegen des Manna der Iſraeliten berühmt iſt, verſäumt habe, mich darnach zu erkundigen. Zu Merdin ſetzt es ſich, wie Mehl auf die Blätter der Bäume, welche man Ballot und Afs (zu Häleb ſagte man U-) As) nennet, und die ich für Eichbäume halte. Einige wollten zwiſchen Merdin und Diarbekir bisweilen auch Manna auf den Bäumen gefunden haben, welche Elmäs und Elmähhleb heißen. Andere aber, bey denen ich mich deswegen nachher erkundigt habe, hatten es auf dieſen Bäumen niemals geſehen. Eben ſo erinnerte man ſich auch nicht zu Häleb Manna auf der Staude Elhädsje gefun- den zu haben. Alle aber ſtimmten darin überein, daß man das Manna zwiſchen Merdtn *) Es ſcheinet daß der Nutzen des Balſambaums den Arabern in Jemen in den ältern Zeiten nicht unbekannt geweſen ſey. Strabo ſagt gegen das Ende des 16 Buchs von dem Gebiete der Sabäer: Apud hos thus & Myrrha, & Cinnamomun naſcitur, in ora autem maritima etiam balſamum. Diodorus ſchreibt auch: Ad oram maritimam naſcitur baſimuv quod vocant. vid. Bocharti Phaleg & Canaan Libr. II. Cap. 26. T I46 Verſchiedene Bäume in Arabien. Merdin und Diabekir vornemlich von den Bäumen, von denen man die Galläpfel ſammlet, und alſo von Eichbäumen erhalte. Die Mannaerndte fällt zu Mer- den in den Monat Auguſt, oder wie ein anderer ſagte, in den Julius. Man will nach einem gewiſſen ſtarken Nebel, und wenn ſich ſonſt viele Feuchtigkeiten in der Luft aufhalten, eine größere Menge davon auf den Blättern der Bäume bemerkt haben, als wenn die Luft heiter iſt. Dieſe Bäume werden in der Gegend von Merdin nicht beſonders gewartet, ſondern wenn das Manna fällt, ſo kann jeder der Luſt hat, in den Wald gehen, und ſich ſo viel davon ſammlen als er will, ohne dazu beſondere Erlaubniß von der Regierung zu verlangen, oder zu erkaufen. Es wird auf dreyerley Art geſammlet, und iſt alſo auch von verſchiedener Güte. Einige gehen zu der Zeit, da ſie wiſſen daß Manna gefallen iſt, des Morgens vor Sonnenaufgang in den Wald, und ſchütteln es von den Blättern auf ein Tuch. Dann bleibt es ganz weiß, und dieß Manna iſt das ſchönſte. Wenn es nicht des Morgens frühe abgeſchüttelt wird, und ein heiſſer Tag folgt, ſo ſchmelzet es von der Hitze der Sonne. Deswegen verdirbt es aber nicht, ſondern häuft ſich auf den Blättern immer mehr an, daß ſie täglich dicker werden. Um nun auch dieſes Manna zu bekommen, ſchafft man ſo viele Blätter nach Hauſe als man will, oder fortbringen kann, wirſt ſie in Waſſer, oder wie ein anderer ſagte, in kochendes, und ſammlet das Manna, welches ſich wie Öl auf der Oberfläche des Waſſers ſetzet. Einige aber machen ſich nicht einmal ſo viel Mühe und Koſten, ſondern ſtoßen Blätter und Manna durch einander, und dieſes iſt die ſchlechteſte Sorte. Dieſe Art iſt wahrſcheinlich eben dieſelbe welche J. B. Capello in ſeinem Lefficofaremaceutico, Manna difoglia, oder Manna forzatella nennet, ingleichen das Manna eſſemma oder ſo genannte Him- mels Mama. Doch glauben die Morgenländer des Namens wegen nicht, daß es aus der Luft falle; denn ſo würde man es wahrſcheinlich auf mehrern Arten Bäu- men finden. Man ſammlet ſelbiges auch in Perſien, am allermeiſten aber in Kiurdeſtän. Zu Básra verſicherte man, daß die Sorte Manna, welche man Tarandsju- bin oder Tarandsjubt nemmet (Michaelis 26te Frage) in großer Menge in der Gegend von Isfahän, von einer kleinen ſtachlichten Staude geſammlet werde. Ich - ließ Verſchiedene Bäume in Arabien. I47 ließ mir zu Básra etwas von dieſem Manna zeigen, und fand es in lauter kleinen runden gelblichen Körnern beſtehend, und alſo von eben der Figur, wie das Man- na der Kinder Iſrael, 2 Buch Moſis I 6, 14, 3r, und 4 Buch Moſis II, 7 beſchrieben wird. Dieſes iſt alſo vielleicht das Manna, womit die Juden auf ihrer Reiſe geſpeiſet wurden; denn man findet auch in der Wüſte des Berges Sinai viele ſtachlichte Büſche, und dieſe Gegend liegt mit Isfahän ohngefehr unter einer Pol- höhe. Wenn aber die Kinder Iſrael das ganze Jahr durch, ausgenommen am Sab- bat, Manna geſammlet haben, ſo iſt dieß nicht blos natürlicher weiſe geſchehen; denn auch der Tarandsjubin wird nur in wenigen Monaten geerndtet. Ich weiß nicht ob man in andern Gegenden von Arabien Zucker bauet, als in Jemen. Wenn aber die Kinder Iſrael, anſtatt dieſer egyptiſchen Waare in der Gegend des Berges Sinai auch nur blos natürlichen Tarandsjubin gefunden hätten, ſo hätte ihnen ſchon dieſes angenehm ſeyn müſſen. In Kiurdeſtän, zu Moſül, Merdin, Diarbekr, Isfahan, und vermuthlich auch in andern Städten, braucht man wenig oder gar keinen Zucker zum Backwerk und andern Speiſen, ſondern bloß Manna. Man ſoll daſelbſt ſehr viel davon eſſen können, ohne daß dadurch der Leib geöfnet werde. Doch meinte jemand mit dem ich zu Básra darüber ſprach, daß beyde er- wähnte Sorten Mannapurgiren. Vielleicht alſo nur wenn es alt geworden iſt. Den wilden Honigbaum kannte man zu Básra, Moſül und Merdin nicht. Ein Einwohner von Isfahän aber wollte behaupten, daß dieſer Baum häufig in Perſien ſey, und ſehr hoch wachſe. - Obgleich die Mohämmedaner keinen Wein trinken, ſo cultiviren ſie doch die Trauben mit großem Fleiß. Man ſiehet deswegen in einigen Gegenden viele verſchiedene Sorten. Nirgends aber, wo ich Gelegenheit hatte darnach zu fragen, kannte man eine Art Weintrauben, welche Sorek genannt wird. (Michaelis 23te Frage). Man findet zwar eine Art Weintrauben, die keinen Kern zu haben ſcheinet, ſehr häufig in Jemen, in Perſien, und wie ich glaube auch auf der In- ſel Cypern. Nach einer genauern Unterſuchung aber habe ich allezeit bemerkt, daß ſie anſtatt eines harten Kerns, einen weichen Saamen hat, welchen man beym Eſſen nicht ſühlt, aber deutlich ſiehet wenn man ſie durchſchneidet. Dieſe Weintraube iſt klein, ſehr ſüß, und wird in großer Menge aus Jemen als Roſinen, unter dem T 2 Janei - =– - - – –- * ---------- I48 Verſchiedene Bäume in Arabien. Namen Zebtb, und aus Perſien unter dem Namen Kiſchmis ausgeführt. Ein Araber zu Básraerzählte auch, daß die Roſinen Kiſchmis keinen Kern haben, und, als ich ihn verſicherte, daß ich einen weichen Saamen in denſelben geſehen hätte, antwortete er, daß man verſchiedene Sorten Kiſchmis habe, und daß die ohne Kern die allerkleinſte ſey. - Er konnte mir aber keine von dieſen Trauben zeigen, und alſo weiß ich nicht, ob er ſeine Beobachtung mit gehöriger Behutſamkeit ange- ſtellt habe. In den Gegenden wo viele Weintrauben wachſen, macht man auch Dübs oder Syrup daraus, ſo wie in Egypten, Omän und zu Básra, Dübs und gar Branntwein aus Datteln. Es giebt in Arabien außer den vorerwähnten noch viele andere Fruchtbäume, als: Coeusnüſſe, Granatäpfel, Abricoſen, Pferſichen, Mandeln, Nüſſe Birnen, Muſa oder die ſo genannte Feize Adams, Ambk oder Mang, eine be- kannte indianiſche Frucht, Myrrhe, Alloe, jedoch leztere iſt ſchlechter als die aus Habbeſch und von Socotra, Tammerinden und allerhand Arten der ſchönſten Gartenfrüchte. - Das Gewächs El cherroá E- ſah ich zum erſten mal zu Básra. (Michaelis 87te Frage) Es hat die Figur eines Baumes. Der Stamm ſchien mir aber mehr Blätter als Holz zu ſeyn, doch iſt er härter als das Gewächs, welches die ſo genannte Feige Adams trägt. Jeder Zweig von dem El cherroá hat nur ein großes Blatt, mit 6, 7 oder 8 Ecken. Es ſtund an einer Waſſerrinne wo es alſo gut gewäßert ward. Es war (am Ende des Octobers 1765) in 5 Monaten etwa 8 Fuß hoch gewachſen, und hatte zugleich Blüten, grüne und reife Früchte. Ein anderer Baum von eben dieſer Art, welcher nicht ſo viel Waſſer gehabt hatte, war in 12 Monaten nicht höher geworden. Einige Blätter und Blüten, die ich da- von abbrach, verwelkten in wenigen Minuten, wie alle geſchwind wachſende Kräu- ter zu thun pflegen. Dieſer Baum iſt den Kräuterkennern wahrſcheinlich ſchon lange bekannt; denn zu Háleb nennet man die Elcherroá, Palma Chriſti. Man macht aus derſelben ein Öl, welches man Oleum de Kerwa, Oleum Cicinum, oder Oleum ficus infernalis nennet. Die Chriſten und Juden zu Moſül und Häleb wollen behaupten, daß Elcherroá nicht das Gewächſe ſey, welches Jonas Schat- ten gab, ſondern eine Art Kürbiſſe Elkerrá SA, die nicht nur ſehr große Blät- Verſchiedene Bäume in Arabien. I49 Blätter, ſondern auch eine ſehr große Frucht trägt, und nicht länger als etwa vier Monate dauert. Zu Básra und Häleb nannte man gewiſſe kleine Zahnbürſten, welche in großer Menge aus Jemen nach dieſen und andern Städten gebracht werden, S/ Eräk. (Michaelis 74te Frage.) Eine ſolche Zahnbürſte iſt nichts weiter als ein kleiner dünner Stock. Von dieſem wird das äußere dünne Holz abgeſchnitten, und ein dickes ſäſerigtes und weiches Mark in demſelben iſt die Bürſte. Wenn eine ſolche Bürſte abgenutzt iſt, ſo wird ſie wie eine Bleyfeder nachgeſchnitten. Ich ſelbſt glaube von dieſem Buſche Eräk ſehr viel in Tehäma geſehen zu haben, und man kann die Beſchreibung davon unter des Herrn Forſkäls Papieren erwarten. Die Nuß, welche die Portugiſen Aräk nennen, heißt bey den Indianern zu Bombay, Supari, und bey den Arabern Faufel. Diejenigen, welche ich geſehen habe, waren rund, unten platt, und oben ein wenig ſpizig, ohngefehr von der Figur und Größe einer kleinen Caſtanie oder eines Rockknopfs. Dieſe Nuß in Stücken geſchnitten, und mit Kalk in ein grünes Blatt gewickelt, nennen die Europäer in Indien Betel Nuß. Die Weiber in Indien und Omän kauen es faſt beſtändig, ſowohl zum Zeitvertreib, als weil ſie glauben, daß es die Zähne reinige, und einen angenehmen Othem verurſache. Das Pappel- und Tannenholz wird zu Häleb vorzüglich bequem zum bauen gehalten. (Michaelis 9ote Frage). Das letztere, welches man Joc) Ars nennet, kömmt von Maräſch, Aintäb und aus andern Gegenden nach dieſer Stadt. Ver- ſchiedene Maroniten, beh welchen ich mich wegen dieſes Holzes erkundigte, meyneten, daß Ars und Ars Libnän einerley, und das die Bäume nur in der Größe verſchie- den wären. Doct. Rüſſel zu Háleb ſagte, der eigentliche Name der Cedern ſey Gº- Scherbin. Ebenſo nennet ihn auch Celſius *). Von Abüd ibn Sche- did hörte ich hier zu Kopenhagen, daß der Baum Ärs große, der Baum Scher- bin aber, ſowie ein anderer der Zenöbar heißt, kleine Früchte trage. Bey dem er- ſtern ſind die Äſte nur klein, und machen mit dem Stamm einen rechten Winkel. Letzterer hat große ſchräg auſgehende Äſte. Er nannte die großen Cedern ſo wohl T 3 Ars *) Hierobot. P. I. p. 79 ſeq. 15o Verſchiedene Bäume in Arabien. Ärs als Ärs Libnän, und meynete, daß die Äſte bey dieſen im Verhältnis mit dem Stamm, nur deswegen dicker ſind, als bey den kleinern, weil der Stamm bey den ältern ſchon vor vielen Jahren ſeine größte Höhe erreicht hat. Er hatte ſehr viel Scherbin im Hannöveriſchen geſehen. Sowohl Ärs als Scherbin wird in der ganzen Gegend des Berges Libanon zum bauen gebraucht, erſteres aber iſt am dauerhafteſten. Ich glaube von Herr Forſkäl gehört zu haben, er habe das Holz, welches die Araber in Jemen March nennen, ſehr häufig in Tehäma gefunden. (Micha- elis 25te Frage.) Auch in Omänkennet man das leicht feuerfangende Holz March, und zu Häleb nennet man gutes Kienholz, (Ars) in welchem vielHarz iſt, gleichfals March. Die Manier durch Reiben des Holzes Feuer zu machen, iſt den Arabern zwar nicht unbekannt, ich habe aber nicht gehört, daß ſie ſich dieſes Mittels noch bedienen, ſondern faſt alle gemeine Araber haben Stahl, Feuerſtein und Schwamm in einem kleinen ledernen Beutel an ihrem Gürtel hangen, um eine Pfeife Toback oder die Lunte auf ihrer Flinte anzünden zu können. Einer verſicherte, daß man noch jezt in Siam und Cambodia Feuer durch Reiben verſchiedener Hölzer mache, und daß man ſich hierzu unter andern auch des Rohrs Bombo bediene *). In Je- men verfertigt man von gewiſſen Kräutern, welche daſelbſt Sallab und Dennedsje genannt werden, und wild wachſen, kleine Stricke. Die Egypter brauchen das Neß, welches man zwiſchen der Rinde und dem Stamme der Dattelbäume findet, zu allerhand groben Stricken. Ich zweifle nicht, daß die Araber davon eben den Gebrauch machen. Man findet übrigens in Jemen und andern fruchtbaren Provinzen von Ara- bien, ſehr ſchönen Waizen, Mais, oder den ſo genannten türkiſchen Waizen Durra *) Herr Forſkäl ſah auf einer ſeiner botaniſchen Reiſen zu U7ör, in der Gegend von Loheia, daß die Bauern daſelbſt Feuer durchs Reiben machten. Sie bedieneten ſich hierzu verſchiedener Kräuter und loſen Holzes. Nemlich: Aſclepiasignivoma , ar. MTarch. Ricinus communis, ar. Dsjar. Aſclepias gigantea, ar. Öſchar. Sida cardifolia, ar. Rén. Seſam indicum, ar. Dsjildjylári. Ackerbau der Morgenländer. - 15 I Durra oder kleinen Mais (Holcus), Gerſten, Bohnen, Linſen, Rübſaamen, Zuckerröhre, Toback, Baumwolle, Uars, (ein Kraut welches gelbfärbet, und viel von Mochha nach Omän verfahren wird) Fua, ein Kraut mit deſſen Wur- zeln man roth färbet, (vielleich Krap) Indigo, Senesblätter, Salz u. ſ w. Ich habe nicht gehört, daß man in Jemen Reis baue, und der Cap. Hamilton bemerkt auch, daß kein Reis in Jemen wachſe. Indeſſen wollen die Franzoſen, wei- che 1712 zu Mauahheb waren, in dieſer Gegend Reisſelder geſehen haben. Ha- fer habe ich auch nicht in Arabien angetroffen. Man giebt hier den Pferden Gerſte, und den Eſeln Bohnen. Salpeter wird in großer Menge von Bengalen oder von dem Fluß Ganges, und von Seindi, oder dem Fluß Indus, ausgeführt. (Michaelis 84te Frage.) Der Salpeter von Patna wird jezt noch für den beſten gehalten. Doch iſt der Salpeter aus Scindi ſeit 1760, in welchem Jahre die Engländer ſelbſt einige Salpeterſiedereyen am Indus angelegt haben, auch beſſer als vorher. Tänkar, oder wie ein Indianer ſagte Tinkal, kömmt von Ballagad, einer Stadt in Schiterpör in Indien. Ein Bänian meinete, dieſes ſey blos ein Geſchenk eines ihrer Götzen, welchem ſie bey der erwähnten Stadt einen Tempel auf einem Berge gebanet haben, und dem die von ſeiner Nation ſehr viel Öl ſchicken. Es ſoll ſeit einigen Jahren auch Tinkal aus China nach Europa gebracht worden ſeyn. Es iſt für einen Reiſenden ſehr ſchwer genaue Nachrichten von der Fruchtbar- keit eines Landes zu erhalten, wenn er die Arten Früchte, welche in jeder Gegend gebräuchlich ſind, nicht genau kennet. Noch weniger aber kann er ſich einen deut- lichen Begriff von der Manier machen, wie der Acker beſtellt wird, da er ſich ge- meiniglich die mehreſte Zeit in den Städten aufhält, und die Arbeit der Bauren gleichſam nur im Vorbeygehen ſiehet. Ich habe indeſſen nicht verſäumt, mich dar- nach fleißig zu erkundigen, und ſelten von einer unglaublichen Fruchtbarkeit eines Landes gehört. (Michaelis 13te Frage). So hat man mich verſichert, daß das durch die überſchwemmung des Nils fruchbar gemachte Erdreich, nicht mehr als zehn fältig Waizen gebe, und eben dieſes ſagt auch Granger *). Bey Helle Und *) Relation du Voyage fait en Egypre- I 52 Ackerbau der Morgenländer. und Bagdad, alſo in der babyloniſchen Landſchaft, ingleichen zu Básra, wo der Acker aus den Flüſſen Euphrat und Tiger getränkt wird, hält man eine zwanzig fäl- tige Vermehrung des Waizens für eine große Fruchtbarkeit des Landes, und nie- mand erinnerte ſich, daß in dieſen Gegenden mehr als dreyßig fältige Frucht wäre ge- erndtet worden. Zu Erbil wird das Land blos durch den Regen getränkt, und giebt nur zehn bis funfzehn fältig. Weil aber der Waizen, der allein durch Re- gengewäſſert wird, nicht nur kräftiger iſt, ſondern auch mehr Mehl giebt, als wenn der Acker durch die Kunſt befeuchtet worden iſt; ſo hält man eine funfzehn fältige Erndte bey Erbil eben ſo gut als eine zwanzigfältige in der Gegend von Bag- dad. Zu Kermelis, in der Nähe von Moſül, trägt der Waizen auch nur das zehnte oder funfzehnte Korn, und niemals mehr als das zwanzigſte. Auch hier bekommt das Land keine andere Feuchtigkeit als vom Regen, und man wollte gleich- falls bemerkt haben, daß der Waizen hier beſſer ſey, als in der Gegend von Bagdad. Bey Merdin wäſſert auch nur der Regen die Felder. Jemand aus dieſer Stadt hatte einmal von neun Maas Waizen 185, alſo 20 ſältig, und von einem Maas Gerſtenſunfzig Maas geerndtet. Er hielt dieſes aber auch für eine außerordentlich fruchtbare Erndte, weil eine funfzehn fältige ſchon für groß angeſehen wird, und der Landmann gröſtentheils mit der Hälfte zufrieden ſeyn muß. Zwiſchen Merdin und Diarbekir bemerkte ich einen ſehr ſchönen Acker mit Waizen in Ähren, und ein Kiurd aus dieſer Gegend meinte, daß dieſer nicht über zehn bis zwölf fältig geben würde. Zu Söwerek, diſſeits Diarbekir, giebt der Waizen von vier bis funfzehn fältig, man wollte aber auch gehört haben, daß jemand von drey Maas Saamen, hundert Maas Frucht erhalten hatte. Eine funfzig fältige Vermehrung der Gerſte zu Merdin ſchien mir ſehr groß zu ſeyn. Ich erkundigte mich deswegen näher, und erfuhr, daß man in dieſer Ge- gend zweyerley Arten Gerſte habe, nemlich die allgemein bekannte, und eine ſchwarze. Dieſe letztere ſoll nicht nur für das Vieh beſſer ſeyn, ſondern auch in dem Acker, wo die erſtere das funfzehnte Korngiebt, wohl funfzigfältig tragen. Jene reiche Erndte war alſo wohl von dieſer ſchwarzen Gerſte zu verſtehen. Man ſoll in dieſer Gegend auch zweyerley Arten Waizen haben, wovon die eine reichlicher trägt als die andere. Der Landmann muß aber ſeine Urſachen haben, warum er nicht allezeit die Ackerbau der Morgenländer. I 53 die Sorte ſäet, wovon er die größte Erndte erwarten kann. Vielleicht weil ſie beſ- ſeres Land erfordert, oder weil ſie beym Meſſen nicht ſo dicht zuſammen fällt, und des- wegen wohlfeiler iſt. Das Erdreich iſt in dieſer Gegend auch ſehr verſchieden. Nach Süden von Merdin iſt das Land niedrig und eben, nach Norden aber bergigt, und alſo wächſt die eine Sorte Früchte in gewiſſen Gegengenden vielleicht beſſer als die andere. Ich fragte einen Kaufmann zu Merdin, welches die größte Fruchtbarkeit ſey von der er gehört habe? Er antwortete, das Land bey Kälebin gebe noch fünfhun- dert fältig, ehmals aber habe es tauſendfältig getragen, und dieſes Dorf ſey daher Kälebin, d. i. tauſend Maas genannt worden. Es iſt aber nicht wahrſcheinlich daß nur ein einziges Dorf ein ſo außerordentlich geſegnetes Erdreich habe, und alſo iſt es, vielleicht weil es tauſend Maas Korn an die Regierung liefern muſte, oder aus andern Urſachen, Kälebin genannt worden. Zu Háleb erinnerte man ſich nicht von einer fruchtbarern als zwanzig fältigen Erndte gehört zu haben. Die Bauern am Wege zwiſchen Seyde und Damáſk hatten in den beſten Jahren niemals mehr als zwölf fältig geerndtet, und ein Bauer aus Betloheme nicht mehr als zwölf bis ſechszehn fältig. Ein anderer hergegen wollte gehört haben, daß einer in der Gegend von Jeruſalem hundert Maas Waizen, und vierhundert Maas Dürra für ein Maas Saamen von jeder Art wieder bekommen habe. Allein er hatte es nur gehört, und redete alſo nicht aus gewiſſer Erfarung. Nach dem Berichte eines Arabers zu Maſkät, trägt der beſte Waizen in Omän in einem Jahre, da es nicht an Regen fehlet, nicht über das zehnte, und der Dürra nicht über das zwölfte Korn. Dieſer war aber von dem Ackerbau vielleicht nicht hinlänglich unterrichtet; denn in andern Gegenden ſagte man durchgehends, daß der Dürra in Vergleichung mit den übrigen Früchten, ſehr reichlich gebe *). Der Ackerbau ſcheinet in der bergigten Gegend von Jemen ſehr hoch getrieben zu ſeyn; denn daſelbſt hörte ich in dem fruchtbareſten Kornamte Dsjöbla, ingleichen in der Gegend von Saná, daß der Waizen bisweilen funfzigfältig, ſelten aber UUter *) Granger ſagt daß ein Maas Durraſaamen in der Nähe von Nil wenigſtens funf- - zig Maas Frucht trage. U. I54 Ackerbau der Morgenländer. unter zehn fäftig gebe. Der Durra ſoll ſich in der bergigten Gegend nur hundert und funfzig fältig, in Tehäma aber, wie mich verſchiedene Perſonen verſichert ha- ben, zwey hundert, und bisweilen vierhundert ſältig vermehren. Dieſe leztere Frucht ſoll auch in Tehäma, nachdem ſie einmal geſchnitten iſt, noch zum zweyten, ja gar zum dritten mal wieder ausſchießen, und reif werden. Wenn alſo der Dürra nach einer Saat dreymal geſchnitten werden kann, ſo iſt eine vierhundert fältige Vermehrung deſſelben wohl nicht ganz unwahrſcheinlich *). Das fruchtbareſte Erdreich wovon ich jemals habe reden hören, iſt die Ge- gend nm Alexandrien in Egypten. Hier ſoll der Waizen, nach dem Berichte der in dieſer Stadt wohnhaften europäiſchen Kaufleute, hundert fältige Frucht brin- gen, und eben dieſes iſt auch ſchon von alten Schriftſtellern bemerkt worden **). Wenn alſo das Erdreich um Alexandrien noch jezt hundert fältig Waizen giebt, ſo iſt *) „ Nach Herr Forſtäls Bemerkung wird der Durra , welchen man in Jemen » eUsa Täam nennet in Tehäma zur Frühjahrszeit ſo beſtellt. Hinter dem » Pfluge gehet der Säemann her, und ſtreuet den Saamen, welcher alſo nnterge- » pflügt wird, in die Furche, und von einer ſolchen Saat erndtet man in einem » Jahre drey mal. Denn wenn die Frucht zum erſten und zweyten mal vom „ Felde genommen wird, ſo wächſt der ausgefallene Saamen wieder auf, und » wird in 25 Monaten reif. Die erſte Erndte nennet man Uaesmi, die zweyte » Chatif, und die dritte Akba- Dieſe Frucht ſoll zu Mör hundert bis zwey » huudert fältig geben. *) Expoſitio totius Mundi p. 8 in dem dritten Bande der Geographix veteris ſcripto- rum graecorum minorum. Ad eos enim unamenſura centunn, & centum vi ginti menſuras facit. Zu der Zeit als wir nach Egypten kamen, war mir die Landesſprache noch gänzlich unbekannt, und ich konnte deswegen nicht ſelbſt bey den Arabern nachſragen. Herr Forſfäl hörete einige Monate nachher, da er von Kahira wieder nach Alexandrien reiſete, „ daß die Erndte in der Gegend dieſer » lezten Stadt nur dreyßig fältig, und wenn es viel regnet bis ſiebenzig fältig gebe. » Ein alexandriſcher Bauer ſagte, daß er gemeiniglich ſieben bis fünfzehn fältig,- m und nur einmal vier und zwanzig fältig geerndtet hätte. Dieſer aber wollte auch » gehört haben, ein anderer habe einmal neun und vierzig, fältige Frucht er- - halten- Ackerbau der Morgenländer. 155 iſt es auch nicht unwahrſcheinlich, daß es in einigen Gegenden des gelobten Landes habe geſchehen können. Vielleicht aber redet Herodotus im erſten Buche 182, wo er ſagt, die Frucht der Ceres trage in dem aſſyriſchen Lande zwey bis drey hundert fältig, oder die Heilige Schrift in den Stellen, wo einer hundert fältigen Vermeh- rung der Früchte erwähnt wird, nicht einmal von der Vermehrung des Waizens, ſondern des Dürra. Die gemeinen Araber ſchmecken faſt kein anderes Brod als das von Dürra. Man hat mich auch verſichert, daß die gemeinen Leute in der Gegend von Tripolis, und alſo in der Nähe des an Waizen fruchtbaren Berges Libanon, faſt nichts als Dürrabrod eſſen, und ihren Waizen verkaufen. Es iſt daher zu vermuthen, daß auch der große Haufen in Paläſtina ſich damit begnügt, und Iſaae, welcher nach 1 Buch Moſis 26, 12 hundertfältig erndtete, Dürra geſäet haben kann. Weil der Boden in den verſchiedenen Gegenden des Morgenlandes nicht gleich fruchtbar, und die Witterung oft ſehr verſchieden iſt, ſo wird das Land auch verſchiedentlich bearbeitet. In Egypten, in der Babyloniſchen Landſchaft, in Meſopotamien, Syrien und dem gelobten Lande ſcheinet man nicht viel Fleiß auſ den Ackerbau zu wenden, und es ſind daſelbſt jezt auch ſo wenige Einwohner, daß noch viele der ſchönſten Felder unbebauet liegen. Das Werkzeug der Ackerleute, ſowohl in den erwähnten Ländern, als in Arabien und Indien, iſt ſehr ſchlecht. Das Land wird mit einem ſchlechten Pflug von der Figur Cauf der funfzehnten Ta- belle, bald in der Länge, bald in der Quere umgewühlt, bis es locker genug iſt. Der Pflug wird nicht durch Pferde, ſondern durch Ochſen gezogen, ja ich habe in der Gegend von Bagdad zweymal ſogar einen Eſel neben Ochſen, und in der Ge- gend von Moſül, zwey Mauleſel vor dem Pfluge geſehen. Anſtatt des Spatens bedienen die Araber in Jemen ſich eines eiſernen Hackens von der Figur G, wo- mit ſie ihre Gärten, und die ſchmalen Felder an den Bergen, wo der Pflug nicht gebraucht werden kann, umreißen. Sie haben aber einen großen Spaten von der Figur H, um die Rinnen auf den Äckern und in den Gärten zu machen, mit wel- chem zwey Leute zugleich arbeiten. Der eine drückt ihn in die Erde, und der an- dere muß ihn bey den an dem Eiſen befeſtigten Stricken nach ſich ziehen. U 2 Es - - -- ---- -- - - - - - - - - - - - - - - - ------ T- - - - - - – – – S- 156 Ackerbau der Morgenländer. - --- ---- Es ſcheinet daß der Acker in Jemen ziemlich gut, und in einigen Gegenden ſogar Gartenmäßig beſtellt werde. Die Arbeit iſt daſelbſt aber auch ſehr mühſam, weil das Land mit großem Fleiß gewäſſert werden muß. Die Araber in dem Thal Zebid in Tehäma, ingleichen an ſehr vielen Stellen in der bergigten Gegend(Dsjäb- bä) müſſen Dämme um ihre Äcker machen, damit das auf ſie geleitete Waſſer ei- nige Zeit ſtehen, und das Land düngen könne. Um dieſe Dämme zu machen, ſpan- nen ſie, wenn das Land wohl gepflügt und locker iſt, zwey Ochſen vor ein breites Brett mit drey Stricken oder eiſernen Ketten, wie die Figur A auf der XV Tabelle ausweiſet. Wenn dieſes Brett ſo lange in der lockern Erde herumgeſchlept wor- den, daß es damit angefüllt iſt, ſo ziehen ſie es nach dem erwähnten Damm. Eine Arbeit welche man wohl nicht leicht in Europa nachahmen wird, vornemlich da wir ſelten überflüſſig Bauerde auf unſern Äckern haben. Die Felder an den Bergen ſind zum theil wie die Stuffen in den Caffegärten, mit Mauern unterſtüzt um ſie horizontal machen zu können. Über dieſer Mauer iſt gemeiniglich ein Damm von Erde, um das Waſſer aufzuhalten. Wenn die Äcker nicht weit von Quellen liegen, ſo wird das Waſſer von dieſen dahingeleitet. Diejenigen aber, welche den Vortheil nicht haben, müſſen gegen die Regenzeit einen Damm von Steinen und Sträuchen in einem Wege bergan machen, nicht quer über den Weg; denn ſo wür- de er von der Gewalt des Waſſers weggeriſſen werden, damit ſie ſo viel Waſſer als nöthig iſt, auf ihren Acker leiten können. Wenn der vorderſte Acker genug Waſ- ſer erhalten hat, ſo wird es auf den dabey liegenden geleitet. Das übrige macht die kleinen Flüſſe, welche ſich zum theil wieder verlieren, ehe ſie aus der bergigten Gegend kommen, und die größern, (Wadis) welche ſich nach einem lange anhal- tenden Regen in die See ergießen. Man ſiehet hin und wieder in den bergigten Gegenden auch große und ſchön gemalterte Behältniſſe, um darin Waſſer zu ſamm- len, und die unten liegende Felder nach und nach zu wäſſern. Dieſe Waſſerbe- hältniſſe nenuet man in Omän sº- Bäde, und in Jemen sº/s Birke. In der Ebene von Damár, ingleichen in einer andern nicht weit von Saná, wird das Waſ- ſer bey trockener Zeit aus tiefen Brunnen durch Ochſen, Eſel oder Menſchen her- aufgezogen. Man kann ſich dieſe Manier Waſſer zu ſchöpfen ſchon leicht vorſtellen, ich habe ſie aber auch noch auf der 15ten Tabelle bey B gezeichnet. Es iſt ſehr mühſam, Ackerbau der Morgenländer. I 57 mühſam das Land alſo zu wäſſern; denn die Araber haben bisweilen ſechs bis ſie- ben Rollen neben einander über einen Brunnen, und können durch alle zuſammen kaum ſo viel Waſſer herauf bringen, als ein einziges Paternoſterwerk thun würde. Es iſt beſonders, daß dieſe Maſchine in Arabien nicht Mode geworden iſt, da man doch ſowohl die, welche durch Ochſen, als die welche durch Menſchen getrie- ben werden, nicht nur in Egypten, ſondern auch in der Türkey, in Perſien und Indien ſiehet. Leztere, welche durch Füße getreten wird, heißt Säkkie tdir. beridsjel, und iſt in ſolchen Gärten wo das Waſſer nicht tief iſt, ſehr bequem. Derjenige welcher das Rad tritt, ſitzet auf einem quer über den Brunnen gelegten Balken, vor der Peripherie des Rades, und arbeitet mit Händen und Füßen, ohne nöthig zu haben ſich an einem beſondern Stücke Holz zu halten. (Michaelis 41te Frage.) Man wird ſowohl von dieſer als andern Waſſermaſchinen bey meiner Reiſebeſchreibung Abbildungen finden. Ich habe in der bergigten Gegen von Jemen nur einmal Gelegenheit gehabt zuſehen, wie man daſelbſt ſäet. Der Bauer hatte einen kleinen Beutel mit Linſen und ſtreuete dieſen Saamen ſehr dünne zwiſchen die Furchen, ſo wie wir die Erbſen in einem Garten. Er ſtieß in währendem Gehen die Erde von beyden Seiten der Furche mit den Füßen über die Saat. In andern Gegenden ging der Säemann hinter dem welcher pflügte, und ſtreuete die Frucht in die Furche, welche der an- dere bald nachher mit ſeinen Pflug bedeckte. Beyde Manieren zu ſäen ſind ſehr mühſam, weil der Säemann eben ſo vielmal um den Acker gehen muß, als Fur- chen ſind. Es bleiben als dann aber nicht ſo viele Körner über der Erde, welche verdörren, oder von den Vögeln weggetragen werden, und die Araber brauchen überdieß auch deswegen weniger Saamen als die Europäer, weil die Witterung in ihrem Lande mehr regulär iſt, und der Ackermann gewiß ſeyn kann, daß ſein Saa- me nicht in der Erde verfaulen, oder verdörren werde. Der ſo genannte türkiſche Waizen und der Durra ſchienen in einigen Gegenden von Jemen einzeln gepflanzt zu ſeyn. Ich ſah auch zwiſchen Möfhak und Sehäneinige wenige Äcker, auf welchen die Pflanzen ſogar nach der Linie, ſo wie der weiße Kohl in Europa geſteckt zu ſeynſchie- nen. Dieſe waren aber auch die beſten Äcker die ich jemals geſehen habe. Alle Hal- menſchienengleich hoch zu ſeyn, und zwiſchen denſelben war gar kein Unkraut zu ſehen. U 3 Eben -------------- - - - \- -–T T- - - - - - - - -––---- - - I 58 Ackerbau der Morgenländer. Eben dieſelbe Frucht ſtund auf nahe dabey liegenden Äckern ſehr ſchlecht, ein gewiſ ſes Zeichen daß auch in Arabien nicht alle Bauern gleich fleißig ſind. Ich bemerkte nicht weit von Mharras, daß ein Bauer mit ſeinem Pfuge zwiſchen dem Korn, welches in Reihen gepflanzt oder geſäet, und neun bis zehn Zoll hoch war, wühlte, und ſeine Ochſen waren ſo abgerichtet, daß ſie zwiſchen den Reihen gingen ohne auf die Frucht zu treten. Der Nutzen von dieſer Arbeit ſoll ſeyn, daß das Unkraut ge- ſtöret, das Korn um die Wurzel beſſer bedeckt, und das Land lockerer wird, um den Regen, oder das Waſſer welches auf den Acker geleitet werden ſoll, in ſich zu ziehen. Das Unkraut welches nachher wieder zum Vorſchein kömmt, wird mit den „Händen ausgerauft, und als Futter für das Vieh gebraucht. So viele Mühe aber geben ſich nur die fleißigſten Hausväter. Die Dürrafelder in der Gegend von Beitel Fakih waren voller Unkraut, und nicht in Linien geſäet. In der bergigten Gegend von Jemen ſah ich hin und wieder gleichſam Neſter auf den Bäu- men, in welche die Araber ſich ſetzen um ihre Kornfelder zu bewachen. In Tehäma, wo die Bäume ſeltener ſind, bauet man in dieſer Abſicht ein hohes leichtes Gerüſte, von der Figur Fauf der 15ten Tabelle. Wenn die Kornſrüchte zur Reife gekommen ſind, ſo raufen die Araber ſie mit der Wurzel aus der Erde, wenigſtens habe ich in Jemen auf dieſe Art Ger- ſten einerndten geſehen. Grünes Korn, Gras und was ſonſt zum Futter für das Vieh beſtimmt iſt, wird mit einem krummen Meſſer geſchnitten. Die Indianer bedienen ſich auch eines ſolchen krummen Meſſers, ſowohl um damit ihren Reis vom Felde zu ſchneiden, als zu ihren Cocosnuß Bäumen. Um dieſes Meſſer zu ſchärfen, braucht der Indianer, und vielleicht auch der Araber, weder Stein oder Stahl, noch ein mit Pech und Sand beſtrichenes Stück Holz. Er ſetzet ſich mit einem Knie im Sande, mit ein wenig Waſſer zur Seite, womit er ſein Meſſer anfeuchtet. Dann kraßet er ſo lange mit dem andern Fuß auf das im Sande gelegte Meſſer, bis er glaubt daß es zu ſeinem Gebrauch ſcharf genug iſt. Wenn das Korn gedroſchen werden ſoll, ſo legen es die Araber in Jemen in zwey Reihen mit den Ähren gegen einander, und laſſen zwey Ochſen einen großen Stein von der Figur D darüber ſchleppen. Die Dreſchmaſchine in Syrien beſteht aus einigen Brettern, in welchen auf der untern Seite eine Menge Feuerſteine ſind. i Die A. v---- Fe - - ------- 4 ---------------><s? S- - De/e/vZ oe Ackerbau der Morgenländer, I 59 Die egyptiſche Dreſchmaſchine iſt bekannt, und ich werde ihrer anch noch in meiner Reiſebeſchreibung gedenken. Alle werden durch Ochſen gezogen, und keine verdient in Europa nachgeahmt zu werden. Ich erkundigte mich wegen der 14ten Frage des Herrn Michaelis vom Aus- ſuchen der Saat, bey einem Juden zu Maſkät, der ſelbſt Ackerbau hatte. Er ſagte mir, daß ſo weniger als die Mohammedanerin Omän, ſich ein Gewiſſen daraus machen zweyerley Früchte zuſammen vermiſcht, in einen Acker zu ſtreuen, wenn ſie glaubten ihren Vortheil dabey zu finden. Es ſey ihm aber verboten einen Baum zu inoculiren. Seine Worte waren, einen Reben welcher ſchwarze Trau- bengiebet, auf einen weißen zu binden. Auch dürfe er kein Kleid tragen wovon der Grund von Haaren, der Einſchlag aber von Baumwolle, oder das eine von Baumwolle, und das andere von Seide ſey. Man lieſet im dritten Buche Mo- ſs 19, 19, daß kein Jude ein Kleid tragen ſoll, welches mit Wolle und Leinen ge- mengt iſt. Eben da aber ſtehet auch, daß niemand ſein Feld mit mancherley Saa- men beſäen ſoll. Alſo ſchien der Jude dieſes ſein Geſetz nicht zu wiſſen, wenig- ſtens nicht zu beobachten. Er ſagte auch, daß, wenn ſein Schaf zum erſtenmal geworfen, und es ſich zugetragen hätte, daß das Lamm, ein männliches geweſen, ſo habe er es verſchenkt. Die erſten drey Jahre Früchte von ſeinen Feigen- und Gra- natäpfelbäumen, und von ſeinen Weinreben hätte er den Armen gegeben. Die Früchte von ſeinen Dattelbäumen aber wendete er auch in dem erſten Jahre zu ſei- nem eignen Nutzen an, weil Moſes nicht befohlen hätte, daß die Juden den Ar- men davon etwas geben ſollen. Ich habe niemals einen Acker geſehen, der von einem Juden war beſtellet worden; denn dieſe Nation lebt in Egypten, in Jemen, Perſien und den türkiſchen Ländern faſt allein von der Handlung und von Hand- werken. Ich habe aber auch nicht bemerkt, daß die Mohammedaner eine Art re- ligieuſen Abſcheus vor einem unreinen Acker hätten, ſondern ſie bezeugen vielmehr Verachtung gegen denjenigen, welcher ſeinen Acker nicht gut bearbeitet. - Die Juden zu Básra und Bagdad kannten das hebräiſche Wort in der 15ten Frage des Herrn Michaelis nicht. Der erwähnte Jude zu Maſkät aber nannte T2"p U-3- Sabits, die Hülſe wom Waizen. In einem Dorfe am Eu- Phrat ſiebte eine Araberinn Waizen, und als ich dieſe nach dem Namen der Hülſe, - oder I6o Ackerbau der Morgenländer. oder desjenigen was durch das Sieb fällt, wenn der Waizen gereinigt wird, fragte, nannte ſie es gleichfals Sabüs. Auch hörte ich von den Mohämmeda- nern zu Básra, daß nicht nur die Hülſe vom Waizen, ſondern auch vom Reis und von der Gerſte Sabüs genannt werde. Indeſſen kannte man dieſes Wort nicht zu Haleb. Ein Jude zu Bagdad meinete, daß Sabin bey den Hebräern nur bloß die Hülſe vom Waizen bedeute. Das Siwän habe ich ſelbſt nicht geſehen. Ein Italiäniſcher Jude ſagte, daß er hiervon in einer Theurung zu Acca Brod gegeſſen, und wie berauſcht davon geworden wäre. Zu Häleb bedeutet ebºw Siwän einen ſehr ſchlecht gerathenen Waizen, der z. E. bald nach der Ausſaat durch einen gar zu ſtarken Regen gelitten hat. Die Zeit, wenn die Früchte reif werden, iſt nicht bloß nach der mehr nörd- lichen oder ſüdlichen Lage der Länder verſchieden, ſondern auch nach dem ſie auf Bergen oder in niedriegen Ebenen liegen, ingleichen nach dem ſie früh oder ſpät gewäſſert werden können. Alſo iſt dieſe Zeit bloß in dem kleinem Gebiete des Imäms von Jemen, und eben ſowohl in den verſchiedenen andern Provinzen von Arabien, ſehr von einander abweichend. z. E. Die Gerſte ward in der Gegend von Saná ſchon den 15ten Julius vom Felde genommen, und am 28ten dieſes Mo- nats wurden bey Chamis erſt Linſen geſäet. Der Durra war in den erſten Tagen des Auguſt in der Ebne bey Beit el Fakih ſchon über ſieben Fuß hoch, und zu derſelben Zeit wurden die Äcker in dem Thal Zebid, welches nicht weit davon ent- fernt iſt, ſchon wieder zur Saat gepflügt, und zur Wäſſerung zubereitet. Man ſagte zu Jeruſalem, daß die Gerſte in dieſer Gegend am Ende des März reifſey, und bey Örſa erndtete man dieſe Frucht erſt beym Ausgang des Monats May. Am Nil ſäet man im Oetober und November, und die Erndte fällt daſelbſt in den Monat May*). Zu Moſül kan die Gerſte gemeiniglich am 6te Ajär (May) gemähet Werden *) Herr Forſkäl erkundigte ſich auf ſeiner zweyten Reiſe nach Alexandrien genauer nach der Zeit wenn die Früchte in dieſer Gegend geſäet, und reif werden, als ich hatte thun können, und hat bemerkt : „ Daß die Felder um den Canal bey Alexandrien „ im October geſäet, und die Früchte bereits im Februar gemähet werden. Das „Land dicht um Alexandrien aber, welches nicht durch die Ueberſchwemmung des „ Nils Verſchiedene Thiere in Arabien. I6 I werden, und die Waizenerndte wird in dieſer Gegend vierzig Tage ſpäter erwar- tet. Zu Bagdad werden alle Früchte ohngefehr zwanzig Tage früher reif, als bey Moſül. Zu Maſkät wird Waizen und Gerſte am Ende des Monats Késle, und im Anfange von Theibät, d. i im December geſäet, und im Niſan oder März, geerndtet. Durra aber wird im Ailül oder am Ende des Auguſts und im Anfang des Septembers, geſäet, und im Anfang des Késle oder gegen das Ende des Novembers, geſchnitten. In dem Monat Theibät begattet man zu Maſkät die Dattelbäume, und da man von dieſer Frucht viele verſchiedene Arten hat, wo- von die eine nach der andern reif wird; ſo hat man in Omän während drey Monaten reiſe Dateln, nemlich gegen das Ende von Schabät, im Adär, Niſän, und im Anfange des Monats Ejär, d. i. in den Monaten Februar, März und April. Es giebt in Arabien Pferde, Mauleſel, Eſel, Kameele, Dromedarieu, Kühe, Schafe, Ziegen und anderes zahmes Vieh in überfluß, ingleichen Löwen Ghaſellen, Füchſe, Affen, u. ſ. w. *) Die Araber halten, wie bekannt iſt, ſehr viel auf ihre Pferde. Sie theilen ſie gleichſam in zwoArten. Die eine nennen ſie Kadiſchi, d.i. Pferde von unbekannter Abkunſt. Dieſe werden in Arabien nicht höher geſchäzt, als die Pferde in Europa, und man braucht ſie Laſten zu tragen, und zu allen andern gemeinen Arbeiten. Die andere Art heißt Köchläni oder „SuS= Köhejle, d. i. Pſerde, deren Abkunft man bereits von zwey tauſend Jahren her aufgeſchrieben hat. Sie ſollen urſprünglich von der Stuterey des Königes Salomon abſtammen, und werden gemeiniglich um ſehr hohe Preiſe verkauft. Man hält beſonders die Köch- „ Nils gewäſſert werden kann, wird im November beſäet, und der Waizen wird „ ſchon im Februar, die Gerſte aber nicht eher als im März reif. Rocken ſäet „ man alda nicht. Um Kahira ward die Gerſte am Ende des Aprils vom Fel- „ de genommen. *) Strabo ſagt im 16 Buch ſeiner Erdbeſchreibung, es ſey in Arabien: pecorum om- nis generis copia exceptis equis, mulis & porcis. Avium etiam omnium prar- ter anſeres & gallinas. ZE 162 Verſchiedene Thiere in Arabien. Köchläni für geſchickt große Fatiguen auszuhalten, ſie ſollen Tage lang ohne die geringſte Narung, oder wie man ſagt, vom Winde leben können. Man glaubt von ihnen, daß ſie muthig auf den Feind los gehen, und daß einige Famikien un- ter dieſem adelichen Pferdegeſchlecht ſo viel Verſtand haben, wenn ſie in einer Schlacht verwundet, und alſo untüchtig werden ihren Reiter länger zu tragen, ſich ſo gleich zurück zu begeben, und ihren Herrn in Sicherheit zu bringen. Fällt der Reiter zur Erde, ſo bleiben ſie bey ihm ſtehen, und wiehern bis Hülfe kommt. Schläft er bey ihnen im freyem Felde, ſo wiehern ſie wenn ſich in der Ferne Räuber zeigen, u. ſ. w. Sie ſind weder ſchön noch groß, aber behend zum laufen, und werden alſo blos ihrer Tugenden, und ihres Geſchlechts, nicht ihres äuſerlichen Anſehens wegen, von den Arabern ſo hoch geſchätzt. Sie werden auch gar nicht zu gemeinen Arbeiten, ſondern blos zum Reiten gebraucht. Die Köchläni werden vornehmlich von den Bedouinen zwiſchen Básra, Merdin und Syrien erzogen, und man findet in allen, in dieſer Gegend liegenden Städten, faſt keinen vornehmen Herrn, der ein anderes Pferd reite. Das ganze Geſchlecht wird wieder in verſchiedene Familien abgetheilet. In der Gegend von Noſül findet man die Familien Dsjälfa, Mänaki, Dehälemte, Seklaüi, Säade, Hamdäni und Frädsje. Die vornehmſten Familien in der Gegend von Häleb ſind Dsjülfa, Mänaki, Toreif, Seklaüi. Zu Häma findet man, Challaüi. Zu Örfa, Daádsjani. Zu Damáſk, Nédsjedi u.ſ w. Ich habe zwar auf der Weſtſeite von Arabien nichts von dieſen Köchläni gehört, ver- muthe aber, daß man ſie auch daſelbſt, und vornehmlich in Hedsjás antreffe. Einige von den erwähnten Familien werden auch höher geſchätzt als andere. Und ob man gleich verſichert iſt, daß die Köchläni bisweilen nicht ſo gut ſind, als ei- nige Kadiſchi, ſo macht man doch aus jenen, vornehmlich aus den Stuten, allemal weit mehr, in der Hofnung daß ihre Füllen gut einſchlagen werden. Die Araber haben von ihren Köchläni zwar kein Geſchlechtregiſter von ei- nigen hundert Jahren, ſie können aber dennoch von ihrer Abkunft ziemlich gewiß ſeyn, weil die Stuten immer in Gegenwart von Zeugen, und zwar von arabiſchen Zeugen belegt werden. Denn obgleich viele Araber ſich bisweilen kein Gewiſſen daraus machen einen falſchen Eid zu thun, ſo ſoll man doch kein Beyſpiel haben, daß Verſchiedene Thiere in Arabien, 163 daß jemals ein Araber ein falſches Zeugnis von der Geburt eines Pferdes unter- ſchrieben habe, weil ſie gewiß glauben, daß ihre ganze Familie ausgerottet werden würde, wenn ſie in dieſem Stücke wieder die Wahrheit redeten. Wenn alſo ein Chriſt eine Stute von dem Geſchlechte Kächläni beſitzt, oder für einen Araber unterhält, und ſie von einem Köchläni belegen laſſen will, ſo muß er darzu einen Araber als Zeugen rufen. Dieſer bleibt zwanzig Tage bey der Stute, um gewiß zu ſeyn, daß kein gemeiner Hengſt ſie verunehret hat. Ja ſie muß in dieſer Zeit keinen Hengſt oder Eſel nur in der Ferne ſehen. Bey der Geburt des Füllen muß der erwähnte Zeuge wieder gegenwärtig ſeyn, und der Geburtsbrief wird in den erſten ſieben Tagen gerichtlich abgefaßt. Ein ſolcher Zeuge bekommt für ſeine Mühe einen Beniſch d. i. ein Kleid. Keine Stute von dem Geſchlechte Köchläni wird vorſetzlich von einem gemeinen Hengſt belegt, und wenn es etwa aus Verſehen geſchehen ſollte, ſo wird das Füllen als ein Kadiſch angeſehen. Indeſſen machen die Araber ſich kein Gewiſſen daraus, einen Hengſt von dieſer adelichen Art mit einer Stute von unbekanter Abkunft zu vermiſchen, das Füllen von dieſer Stute wird aber auch als ein Kadiſch angeſehen. Die Araber verkaufen die Hengſte von ihren Köchläni, ſo wie ihre ge- meinen Pferde, unter allerhand beliebigen Bedingungen. Die Stuten aber ver- kaufen ſie nicht gerne für baares Geld, ſondern, wenn der Eigenthümer ſie nicht wohl verpflegen kann, ſo giebt er ſie einem andern unter der Bedingung, daß er an ihren Füllen Theilhabe, oder daß er ſie nach einer gewiſſen Zeit wieder zurück fo- dern könne. Ich glaube, daß auch der Eigenthümer des Hengſtes einen Anſpruch auf einen gewiſſen Theil von dem Wehrt des Füllens machen könne. Es ſcheint indeſſen, daß es mit dieſen Köchläni eben ſo geht, als wie mit dem alten arabi- ſchen Adel der Schechs, nemlich, daß man ihren Wehrt nur in ihrem Vaterlande erkennet. Die Türken bekümmern ſich nicht viel um ſie, außer wenn ſie etwa eins von dieſen edlen Pferden umſonſt erhalten können. Weil ſie ein fruchtbares und waſſerreiches Land, und mehr bergigte Gegenden haben als die Araber, ſo ſind ih- uen die Pferdewindſpiele auch nicht ſo nöthig. Die großen ſchweren Pferde, wel- che unter dem großen und prächtigen Geſchirr, das ſie ihnen aufzulegen gewohnt ſind, eine weit beſſere Parade machen, ſind ihnen weit angenehmer. Ich vermuthe daß ZE 2 UM!! 164 Verſchiedene Thiere in Arabien. man auch in Dsjöf, einer Provinz von Jemen, Köchläni antreffe. Ich zweifle aber ob man ſich darum in dem Geliete des Imams viel daraus mache; denn die Pferde der Vornehmen in dieſem Königreiche ſcheinen mir für Köchläni zu ſchön und zu ſchwer zu ſeyn. Die Engländer hingegen kaufen bisweilen zu Mochha Pſer- de zu acht hundert, bis tauſend Species Thalern. Ein Kaufmann verſicherte mich daß einer ſeiner Landsleute in dem vorhergehenden Jahre zu Mochha ein ſolches Pferd gekauft hätte, daß ihm dafür in Bengalen die Summe doppelt geboten worden, daß er es aber nach England abgeſandt hätte, in der Hoffnung ſeine Kaufſumme vierfach wieder zu erhalten. Man findet in Arabien zweyerley Arten Eſel. Die kleinen trägen Eſel ſind in den Morgenländern eben ſo wenig geachtet als bey uns. Man hat aber daſelbſt eine große und muthige Art, welche ich auf Reiſen bequemer gefunden habe, als Pfer- de, und die auch theuer bezalt werden. Man trifft in Arabien vermuthlich auch verſchiedene Arten Kameele an. Ich erinnere mich wenigſtens, daß die meiſten Kameele in dem Gebiete des Imams nur mittelmäßig groß waren, und eine hell- braune Farbe hatten. Ich ſah aber auch daſelbſt Kameele aus Nedsjerän, welche groß und ſchwer, und von dunkelbrauner Farbe waren. Die Dromedarien die ich ſowohl in Arabien als Egypten geſehen habe, hatten alle nur eine Erhöhung auf dem Rücken, und konnten von einem, der nicht gewohnt iſt dergleichen Thiere zu ſehen, nicht anders von Kameelen unterſchieden werden, als dadurch daß ſie leichter, und alſo beſſer zum laufen gebauet zu ſeyn ſcheinen. Von den ſo genannten Dromedarien mit zwey Erhöhungen auf dem Rücken, habe ich nur drey in einer Stadt in Nato- lien geſehen, welche aus der Crimm dahin gebracht waren. Dieſe waren ſo groß und ſchwer, daß man ſie wohl beſſer eine beſondere Art von Kameelen, als Dro- medarien nennen kan. Da ich nicht weiß, ob es bereits in Europa bekannt iſt, in welcher Stellung ſich die Kameele begatten, ſo will ich dieſes beyläuſig bemerken. Ich ſah es in Egypten. Die Kameelkuhlag auf der Erde, und man hatte ihr die Forderbeine gebunden, damit ſie nicht aufſpringen ſollte. Das Kameel ſaß hinter derſelben, wie ein Hund auf dem Hintern. Es ſtand nemlich auf den Forderſüßen. Es war bey ſeiner Liebes Verrichtung ſo kaltſinnig, als ich niemals ein Thier geſehen habe, und der Bauer muſte es lange Zeit vorher mit der Hand küzeln bevor es ſeine Pflicht A Verſchiedene Thiere in Arabien, I65 Pflicht erfüllen konnte. Nach verrichteter Arbeit ſtieß der Bauer es von der Ka- meelkuh. Er ließ ſie geſchwinde aufſpringen, und ſchlug ihr mit ſeinem Pantoffel brav auf den Hintern, indem ein anderer ſie herumführete. Man ſoll in Meſopota- mien und Natolien, und alſo vermuthlich in allen Gegenden, die Kameele in eben dieſer Stellung ſich begatten laſſen. Die Ochſen und Kühe in Arabien haben auf der Schulter über den Forder- beinen eine Erhöhung von Fett, welche, ſo wie bey den Kameelen, größer iſt, je fet- ter dieſe Thiere ſind. Wenn es wahr iſt, daß die Ochſen der Hottentoten ſich gewöh- nen laſſen, ſich des Nachts in einer Reihe dicht an einander zu ſtellen, um den ankom- menden wilden Thieren eine ganze Linie von Hörnern entgegen zu ſetzen, (Michaelis 46te Frage) ſo müſſen die arabiſchen Ochſen wohl dümmer ſeyn; denn dergleichen Tugenden habe ich niemals von ihnen gehört: Die Büffelochſen findet man in den Morgenländern faſt in allen ſumpfigen Gegenden, und bey großen Flüſſen, und daſelbſt gemeiniglich in größerer Menge als das gemeine Hornvieh. Die Bäffelkühe geben mehr Milch, und die Büffelochſen ſind zur Arbeit wenigſtens ebenſo geſchickt als die gemeinen. Ich ſah Büffel in Egypten, auf der Inſel Bombay, bey Surat, am Euphrat, Tiger, Orontes, zu Scanderone u. ſ w. Ich erinnere mich aber nicht ſie in Arabien gefunden zu haben, und da iſt für dieſes Thier auch wohl zu wenig Waſſer. Das Fleiſch der Büffelochſen ſchmeckte mir nicht ſo gut als anderes Ochſenfleiſch. Es iſt härter und grobfäsrigter. Doch habe ich vielleicht oft junges Büffelfleiſch anſtat Ochſenfleiſch gegeſſen. Es wird in den Ländern, wo dieſes Thier häufig iſt, ſehr viel, ſowohl von Vornehmen als Geringern, und auch wohl von europäiſchen Kaufleuten gegeſſen. (Michaelis 85te Frage) Zu Básra hörte ich, und ſah es einmal ſelbſt, daß, wenn ein Araber eine Büffelkuh melket, ein anderer ihr die Hand faſt bis an den Elbogen in die Vulva ſteckt, weil man aus der Erfarung gefunden haben will, daß ſie mehr Milch geben, wenn ſie auf dieſe Art geküzelt werden. Dieſe Gewohnheit hat viel ähnliches mit der Scythen ihre, wel- che Röhre in ihre Pferde ſteckten, und in ſelbige mit dem Munde blieſen wenn an- dere melkten (*). 3. 3 Der *) Herodotus Libr. IV. 2. I 66 Verſchiedene Thiere in Arabien. - - - - - ------ Der Jakkal oder Tſchakkal iſt eine bekannte Art Füchſe, oder wilder Hunde, die ſich in Indien, Perſien, Ärräk, Syrien, bey Conſtantinopel und in andern Gegenden mehr, in großer Menge hören laſſen. (Michaelis 38te Frage) Es ſcheint aber daß man ſie in der Gegend von Mekke nicht häufig antreffe. Ein Kaufmann aus dieſer Stadt, welcher von dem Scherif an den Mogol geſandt war, hatte ihre Stimme nicht gekannt, ſondern anfänglich ihr Geſchrey für ein Geſchrey der Kinder gehalten. Hierzu aber wird wohl eine ziemlich ſtarke Einbildung erfo- dert. Ich habe das Geſchrey dieſer Thiere des Nachts bey ſtillem Wetter in den vorhererwähnten Gegenden ſehr oft gehört, es aber anfänglich für ein Gehäule ei- ner Menge Hunde gehalten. Dieſe Thiere ſind oft ſo dreiſt, des Nachts einzeln in die Häuſer zu kommen; und mein Bedienter zu Bombay, welcher außerhalb der Stadt wohnete, hatte ſie ſelbſt aus ſeiner Küche verjagt. Er erinnerte ſich aber nicht, daß ſie ſich durch ein Geſchrey verrathen hätten, wenn andere Tſchakkallen geſchrien. Indeſſen antworten ſie gemeiniglich wenn ſie des Nachts die Stimme von ihresgleichen hören, ſo wie die Hunde, die Eſel und die Hähne. Der Tſchakkal iſt beißig, wie das Geſchlecht der Hunde und Füchſe zu ſeyn pflegt, man giebt ſich aber keine Mühe, ihn zu fangen, weil ſein Fell nicht geſucht wird. Der Name Tſchakkal ſoll türkiſch ſeyn. Der gemeine Araber nennet dieſes Thier Waui oder Benat el Waui. Man verwechſelt es ſehr oft mit dem Fuchs. Dieſer heißt --- Täleb oder wºaz - Abulhösni (*). - Die Hyana trift man häufig in Perſien an. Ein Engländer, welcher ſie oft zu Gambrön oder Bender Abbäs geſehen und gehört hatte, meynete in ihrer Stimme etwas ähnliches mit der menſchlichen bemerkt zu haben. Ein anderer hingegen der auch einige Jahre an eben dieſem Orte geweſen war, hatte nichts menſchliches in dem Ge- *) Es iſt ein großer Unterſchied zwiſchen den obenerwähnten, und den Namen 3- s Abu Thaleb, und Gº- 3- Abul Höſſejn, indeſſen iſt der Klang derſelben in den Ohren der Europäer faſt derſelbe. Dieſes kann zum Beyſpiel dienen, daß es für einen Europäer, der nicht viele Jahre in Arabien geweſen, unmöglich iſt, die arabiſchen nomina propria blos nach dem Gehör recht zu ſchreiben. - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Verſchiedene Thiere in Arabien. 167 Gehäulder Hyana gefunden. Beyde aber ſtimmten darinn überein, daß die Hyana des Nachts ausgehet , und zu der Jahrszeit, wenn alle Einwohner zu Gambrén unter freyem Himmel ſchlafen, bisweilen die Kinder von der Seite ihrer Eltern wegholet. Weil die Hunde, Eſel, Kühe u. ſ w. auf der Küſte des perſiſchen Meerbuſens und in Omän, aus Mangel anderer Narungsmittel, Fiſche freſſen, ſo vermuthete man, daß ſowohl die Hyarna als der Tſchakkal, welche ſich in dieſer Gegend aufhalten, auch bisweilen genöthigt ſind dadurch ihren Hunger zu ſtillen. (Michaelis 38te Frage) Bey unſerer Abreiſe war eine lebendige Hyaema in der kö- niglichen Menagerie auf Friederichsberg, und da ſie ſeitdem geſtorben iſt; ſo ſiehet man jezt ihr ausgeſtopftes Fell auf der königlichen Kunſtkammer zu Kopenhagen. Affen ſah ich in den Waldungen von Jemen bisweilen mehr als hundert bey einander. Vertuman, der viele wunderbare Sachen in Jemen geſehen zu ha- ben vorgiebt, ſagt, daß er auf ſeiner Reiſe von Aden nach Saná über zehn tau- ſend Affen bey einander geſehen habe. Die Beſitzer der Eaffe und anderer Frucht- bäume müſſen ihrentwegen fleißig Wache halten. Die jeminiſchen Affen haben ein rothes und nacktes Hintertheil, und ſind beſonders geſchickt allerley Künſte zu lernen. Sie müſſen deswegen außerhalb ihres Vaterlandes, z. E. in Egypten, manchen ar- men Menſchen ernähren. Die Jarboá, oder die ſo genannte Ratze Pharaonis, findet man in Egyp- ten, in Nedjed, an beyden Seiten des perſiſchen Meerbuſens, in der Wüſte zwi- ſchen Básra und Häleb und in andern Gegenden mehr. Ich erinnere mich nicht nur gute Zeichnungen, ſondern auch das Thier ſelbſt in Naturalien Cabinettern ge- ſehen zu haben. (Michaelis 92te Frage) Ich habe von dieſer Art Raßen nur eine einzige lebendig geſehen, und da zu dieſer Zeit unſer geſchickter Naturkündiger, Herr ForſFäl, noch lebte, ſo hielt ich es für ſehr überflüſſig, wenn ich noch etwas an der Jarboá hätte zu bemerken ſuchen wollen, was Haſſelquiſt und andere nicht ſchon beſchrieben haben. Man verſicherte, daß die Araber ſie gerne eſſen. In den ver- ſchiedenen Gegenden aber wo ich mich nach dieſem Thiere erkundigt habe, glaubte man nicht, daß es Steine durchgräbe. Man findet in Arabien auch Chameleon- ten, und viele andere Arten Eideren. - - - - An I68 Vierſchiedene Thiere in Arabien. An zahmen Federvieh iſt in den ſruchtbaren Gegenden von Arabien ein ſo großer Ueberfluß, daß man die Hüner daſelbſt eben ſo wohlfeil als in Europa kau- fen kann. Perlhüner ſind daſelbſt zwar wild, aber in Tehäma an der bergigten Gegend ſo häufig, daß die Knaben ſie mit Steinen werfen, und nach der Stadt zum verkauf bringen. Turteltauben ſiehet man in allen waldichten Gegen- den. Auch giebt es in der arabiſchen Wüſte Strauße, ich weiß aber nicht, ob die Araber ſich die Mühe geben ſie zu fangen, und von Jugend auf zu erziehen. Ich ſah einen Strauß zu Loheia, der aus Habbeſch gekommen war, und nach Saná ge- bracht werden ſollte. Ich glaube daß die Araber den Strauß Thäredſjämmel d. i. den Kameelvogel nennen. Der Vogel Hudhud iſt in der Gegend des perſ- ſchen Meerbuſens ſehr wohl bekannt. Kein Araber aber verſteht ſeine Sprache, und man glaubet nicht, daß jemals ein Sterblicher, außer Salomon, die Sprache der Vögel verſtanden habe. Man findet in dem arabiſchen Meerbuſen eine ſehr große Menge Fiſche. Ich erinnere mich von Herr Forſkäl gehört zu haben, daß er auf unſerer Rei- ſe von Sües bis Mochha, bey hundert verſchiedene Sorten angetroffen habe. Vie- le darunter ſind ſehr wohlſchmeckend. Unter den hieſigen Muſchelarten iſt beſonders diejenige merkwürdig, welche Linneus Strombus fuſus nennet. Dieſe trafen wir zu Loheia an. Sie liegt immer tief auf dem Grunde der See, und iſt deswegen ſchwer zu erhalten. Indeſſen ließen wir davon eine Menge fiſchen, und ſchickten ſie nach Europa. In der Gegend von Lohela werden auch Perlmuſcheln gefiſcht. Sie ſollen aber in dieſem Meere nirgends ſo häufig ſeyn, als bey Dachläck, einer In- ſel auf der africaniſchen Küſte. An Schildkröten und andern Seethieren fehlet es gleichfals nicht in dem arabiſchen Meerbuſen. Die Heuſchrecken ſind in den Morgenländern ſehr häufig, vielleicht aber doch nicht ſo ſehr als man in Europa glaubet. (Michaelis 32te Frage). Wir ſahenden erſten großen Zug davon gegen das Ende des Decembers 176r. zu Kähira, und am 9ten Januar 1762 in eben dieſer Stadt, einen noch fürchterlichern, welcher mit ei- nem Südweſtwinde, und alſo wahrſcheinlich über die Lybiſche Wüſte kam. An dieſem letzten Tage fiel eine gar große Menge von ihnen auf die Dächer der Häuſer, und die Straßen nieder, vielleicht weil ſie von der Reiſe ermüdet, vielleicht aber auch Verſchiedene Thiere in Arabien. I69 auch weil ſie in ihrem Vaterlande nicht gewohnt waren Städte zu ſehen, und von Menſchen beunruhiget zu werden, oder weil ſie hier ſo wie auf dem freyen Felde ihre Nahrung ſuchen wollten. Nachher ſah ich keine Heuſchrecken wieder in Menge, als nach unſerer Ankunft zu Dsjidda. Ein großer Zug kam in der Nacht von dem 1oten auf den Irten November 1762 nach dieſer Stadt mit einem weſtlichen Winde, und alſo über den arabiſchen Meerbuſen, welcher hier ſehr breit iſt. Es hatten aber auch viele ihr Grab im Waſſer gefunden. Am 17ten eben dieſes Monats kam ein anderes Heer nach Dsjidda, es war aber nicht ſo zahl- reich als das vorher erwähnte. Im May, wie die Datteln in Tehäma anfingen reif zu werden, langten einigemal ſehr große Züge aus Weſten oder Süden, folglich über den arabiſchen Meerbuſen in Mochha an. Sie kehreten gemeiniglich den folgen- den Tag wieder zurück, oder ſetzten ihre Reiſe weiter öſtlich nach den bergigten Ge- genden ſort. Am 31 May 1763 gieng eine große Menge die Stadt von Süden nach Norden vorbey, und am 1ten Junius wiederum von Norden nach Süden. Vielleicht war dieß derſelbe Zug. Der Meerbuſen bey Mochha iſt, wie bekannt, nicht breit. Das Ufer aber war bisweilen dennoch mit todten Heuſchrecken ange- ſüllet. Vielleicht weil dieſe eben ſo wenig die Beſchaffenheit der See kannten, als die- jenigen, welche nach Kahira kamen, die Gefahr, die ihnen in einer Stadt drohete. Im Anfang des Julius 1763 ſahen wir eine ungeheure Menge Heuſchrecken an dem Berge Sumära, und auf dem Wege von hier nach Jerim. Auch kam den 28ten dieſes Monats ein großer Zug nach Möfhäk. In Perſien ſah ich einige zwiſchen Schiräs und Abuſchähhr. Am 17ten April 1766 traf ich, ſo zureden, ein Neſt mit Heuſchrecken an. Ein großes Fleck Landes bey Telel-Haua, auf dem Wege von Moſül nach Niſſebin, war gänzlich wie mit jungen Heuſchrecken bedeckt, die noch nicht viel größer als eine gemeine Fliege waren. Die Flügel an dieſen kleinen In- ſekten waren noch kaum zu ſehen, und von den Springfüßen ſchienen ſie nur die öberſte Hälfte zu haben. Vermuthlich waren aber doch die Springſüße ſchon voll- ſtändig, nemlich zuſammen gebogen, und nur noch mit einer Haut überwachſen. Dieſe Heuſchrecken ſollen ihre natürliche Größe in einer erſtaunlichen Geſchwindig- keit erhalten. Wäre eine gute Policey in dieſem Lande, ſo hätten auf dieſer Stelle viele tauſend, von welchen doch gewiß ſehr großer Schaden zu befürchten war, mit P leichter 17o Verſchiedene Thiere in Arabieu. leichter Mühe gleichſam in ihrer Geburt erſtickt werden können. Allein die mit mir Reiſenden ſchienen ſich nicht darum zu bekümmern, ſondern ſich blos auf die Vor- ſicht und den Samármog, oder den Heuſchreckenfreſſer, zu verlaſſen. Ein ſtar- ker Regen würde dieſen jungen Heuſchrecken auch vielleicht haben ſchaden können; denn, wo ich auch dieſe Inſekten geſehen habe, da hatte es in einige Zeit nicht ge- regnet, und ſie zogen weg, wenn Regenwetter einfiel. Auf dem Wege von Diarbekr nach Örſa ſah ich verſchiedene große und kleine Grillen und Heuſchrecken Arten. Sie hatten alle zwey große Springfüße, die bey eini- genweich und biegſam waren. Eine kleine Art hatte einen harten Kamm auf dem Kopf. Zwey ſehr große hattenSpringfüße, aber keine Flügel, und waren alſo noch wohl Larveu. Andere hatten völlig die Figur der Heuſchrecken, ſie waren aber kleiner. Auch fand ich im Anfang des Monats October die ſo genannte Gottesanbeterinn, (Michaelis 51te Frage) welche ſchon auf der 32 Tabelle zu Nordens Reiſe abgezeichnet, auch in Naturalien Samlungen in Europa nicht mehr ſelten iſt. Wegen dieſes Inſekts habe ich mich bey verſchiedenen Mohämmedanern, und unter andern auch bey einem Kaufmann aus Mékke erkundiget: ob ſie es für heilig halten, und ob ſie glauben, daß es ihnen den Weg nach Mékke mit ausgeſtreckten Armen zeige? Aber keiner hatte jemals von einer ſo außerordentlichen Eigenſchaft dieſer Gattung Heuſchrecken etwas gehört. Ein Chriſt zu Häleb nannte dieß Inſekt Dar nüch. In Italien und Frankreich nennet man es die Gottesanbeterin. Alſo haben vielleicht die Chriſten, und nicht die Mohammedaner ſich zu erſt eingebildet, daß es betete. Ich habe mich ſo wohl bey Juden als Mohammedanern in Omän, am per- fiſchen Meerbuſen, zu Básra und Bagdad nach den Namen erkundigt, den die Füße der Heuſchrecken haben. (Michaelis 31te Frage) Alle nannten die zwey Springſüße blosFüße (Ridsjelejn) und die vier kleinen, die Hände der Heuſchrecke. Karáa bedeutet nach der Meinung eines Mullazn Básra, das Bein zwiſchen den Knöcheln und dem Knie. Ein anderer meinete, es bedeute beyMenſchen eigentlich die Waden. Dieſer nannte das Schiebein –BL“ Säk. Wenn ich die Zugheuſchrecken noch in andern als den vorerwähnten Gegenden geſehen habe, ſo ſind ſie in ſo geringer Anzahl geweſen, daß ich es nicht der Mühe wehrt geachtet habe, ſie zu bemerken. Die Zugheuſchrecke iſt eben diejenige, welche die Araber eſſen, Verſchiedene Thiere in Arabiet, 171 eſſen, und wie ich mich erinnere von Herr Forſkälgehört zu haben, ebendieſelbe, welche man in Deutſchland geſehen hat. Ein Araber aus Lachſa, mit dem ich in Perſien reiſete, nanntemir folgende unter den Heuſchrecken welche ſein Vaterland beſucheu: Dsjeräd áchmar, oder dierothe Heuſchrecke. Dieſe iſt bey ihrer Ankunft ſehr mager. Nachdem ſie ſich aber zum großen Schaden der Einwohner erholet hat, ſo wird ſie Dsjeräd Mükken genannt, und dann iſt ſie ein Leckerbiſſen für die Araber. Auf dieſe folgt Dsjerädcheifän, d.i. die leichte Heuſchrecke. Auch dieſe kömmt mager nach Lachſa, und wir?, nach dem ſie eine Zeitlang gute Narung gehabt hat, Dsjeräd ſemän, oder die fette Heuſchrecke genannt, und dient den Arabern auch zur Speiſe. Zu Básra nannte man die Heuſchrecke, welche die Araber am liebſten eſſen e.L- Mukn. Man ſetzte noch hinzu, daß dieſes das Weibgen, und ſehr fett, oder voller Eyer, und daß ſie für Männer eine ſtärkende Speiſe ſey. Ä. as SA- - Dsjeräd asfür iſt das Männchen von Mukn, aber mager, und wird deswegen zu Básra nicht viel zum Eſſen geſucht. - Es iſt zwar den Europäern ebenſo unbegreiflich, daß die Araber Heuſchre- cken umit Vergnügen eſſen, als es den Arabern, die niemals Umgang mit Chriſten gehabt haben, unglaublich iſt, wenn man ihnen erzählt, daß die Chriſten Auſtern, Krabben, Krebſe u. d. gl. als eine angenehme Speiſe genießen. Indeſſen iſt das eine ſo gewiß als das andere. Die Heuſchrecken werden in allen arabiſchen Städten von Bäbelmandeb an bis Bäsra, auf Schnüren gezogen zu Markt gebracht. Auf dem Berge Sumära ſah ich einen Araber, der ſich einen ganzen Sak voll geſammlet hatte. Man hat verſchiedene Manieren ſie zuzubereiten. Ein Araber in Egypten, von dem wir verlangten, daß er gleich in unſerer Gegenwart Heuſchrecken eſſen ſollte, warf ſie auf eine glüende Kohle, und nachdem er ſie hinlänglich gebraten zu haben glaubte, faßte er ſie bey den Springfüßen und dem Kopf, und verzehrte den Reſt auf einen Biß. Wenn die Araber eine große Menge Heuſchrecken haben, ſo bra- ten, oder dörren ſie ſie in einem Ofen, oder kochen und eſſen ſie mit Salz. Ich ſelbſt habe niemals verſucht Heuſchrecken zu eſſen. Aber der Conſul Lucas, welcher ſich einige Jahre zu Salé aufgehalten, und daſelbſt den Verſuch gemacht hatte, hat dem Herrn Conferenzrath Waſcherslebe verſichert, daß ſie ohngefehr eben ſo ſchmecken als unſere kleinen geräucherten Bretlinger, welche von Eckernförde aus P 2 Holſtein 172 Verſchiedene Thiere in Arabien. Holſtein kommen. Die Araber in dem Königreiche Marocco kochen die Heuſchrecken und dörren ſie auf den Dächern ihrer Häuſer. Nan ſiehet daſelbſt große Körbe voll davon auf dem Markte. Weder Herr Lucas hat in Salé, noch ich in Egyp- ten oder Arabien gehört, daß das Eſſen der Heuſchrecken ungeſund ſey, und Hunds- mücken oder geflügelte Hundsläuſe zuwege bringe *). (Michaelis 32te Frage.) Die Juden in Jemen eſſen die Heuſchrecken eben ſo gerne als die mohammedaniſchen Ara- ber, und wollen daher behaupten: daß die Vögel, welche Gott den Kindern Iſrael in der Wüſte geſandt habe, nichts anders als Heuſchrecken geweſen wären. Die Italiäniſchen Juden zu Häleb aber meineten, daß Gott ihre Vorfahren in der Wüſte mit Rebhünern geſpeiſet habe. Doch iſt die Meinung der arabiſchen Juden hierüber wohl die wahrſcheinlichſte. Hiob Ludolph hat es in ſeiner Abhandlung von Heuſchrecken am Ende des Anhanges zu ſeiner Beſchreibung von Abyßinien auch ſchon wahrſcheinlich gemacht, daß den Iſraeliten Heuſchrecken geſandt worden ſind *). Die Türken ſcheinen noch keinen Geſchmack an Heuſchrecken geſunden zu haben. Sie werden deswegen ſchon in Bagdad, Moſül, Diarbekr und andern Gränz- ſtädten von Arabien allein von gebornen Arabern, oder gar nicht genoſſen. Die Hüner, Schweine, und deſonders die Affen ſind große Liebhaber von Heuſchrecken. Die Heuſchrecke -29 Dübbe oder Dübben, von welcher der Hofrath Michaelis redet, iſt in Omän, Lächſa rund zu Básra bekannt, ſie wird aber nirgends gegeſſen. Man ſagte zu Básradaß ſie Durchlauf, und Reiſen im Leibe verurſache. Dieſe Art iſt viel kleiner als die vorher erwähnten eßbaren Arten. Wenn ſie ſich - W. *) Herr Juſtizrath Temler zeigt mir des Clenardi Briefe, wo dieſer Reiſende Libr I. p. 73 auch ſagt, daß die Araber zu Fez Heuſchrecken eſſen. Olaus Borneman ſchreibt in ſeiner Diſſertatione critico philologica de vičtu Johannis baptiſtae: daß ſchon Strabo, Diodorus Siculus, Agatharchides, Hieronimus in Jovianum, Ariſtophanes, Plinius, Neuhof in ſeiner Beſchreibung von China, Adrovandus, Joſephus de St. Angelo Tholeſanus nicht nur ſchon behaupten, daß die Mor- genländer Heuſchrecken eſſen, ſondern mit Vergnügen eſſen. “) Siehe die Anmerkung P-421 in der Ueberſetzung der allgemeinen Welthiſtorie im zwey- ten Theil. Verſchiedene Thiere in Arabien. I73 / in einer Gegend von Omän niedergelaſſen hat, ſo brütet ſie in der Erde, und bleibt gemeiniglich drey bis vier Jahre. Sie hatte erſt kurz vorher als ich zu Maſkät war, die Gegend von Sohär verlaſſen, nach dem ſie in den nächſt vorhergehenden Jah- ren großen Schaden an den Datteln, der vornehmſten Nahrung der hieſigen Einwoh- ner, verurſacht hatte. In der Gegend von Básra aber hält ſich keine Art Heu- ſchrecken länger auf, als ſieben biß acht Tage. Vielleicht weil ihnen das feuchte Erdreich am Schatel ärrab nicht gefällt. Ein Schech zu Básra nannte eine andere Art Heuſchrecken welche nicht gegeſſen wird, und ſich vornehmlich auf den Baum- wollfeldern aufhält, „kas Küttoni. Sie hat aber vermuthlich auch ihren beſon- dern arabiſchen Namen. Die Araber konnten mir von den verſchiedenen Häutungen der Heuſchrecken nichts berichten. Vielleicht weil ich ihnen keinen deutlichen Begriff davon machen konnte, da ich ſelbſt auſ die Verwandlung der Inſekten nur wenig Achtung gegeben hatte, und weil mir überdiß die Wörter davon in der arabiſchen Sprache unbe- kannt waren. Ich hörte aber von einem Araber aus der Wüſte in der Gegend von Básra, eine beſondere Vergleichung der Heuſchrecke mit andern Thieren. Weil mir die Beſchreibung der fürchterlichen Heuſchrecke in der Offenbarung Johannis 9. nicht beyfiel, ſo hielt ich ſie anfänglich für einen luſtigen Einfall des Bedouinen, und achtete darauf nicht eher, bis ein anderer zu Bagdad eben die Vergleichung machte. Sie iſt folgende: Er verglich den Kopf einer Heuſchrecke mit dem Kopf eines Pferdes, ihre Bruſt mit der Bruſt eines Löwen, ihre Füße mit den Füßen eines Kameels, ihren Leib mit dem Leibe einer Schlange, ihren Schwanz mit dem Schwanz eines Scorpions, ihre Fühlhörner (wenn ich mich recht erinnere) mit den Haaren einer Jungfrau u. ſ. w. Kurz dieſe Vergleichung ſcheinet die Offenbarung Johannis 9, 7, 8, 9, 10, zu erklären. Wenn ein Gottesgelehrter von Einſicht und Urtheil einige Zeit unter den herumſtreifenden Arabern leben könnte, ſo würde er vielleicht zur Erklärung mehrere Stellen dieſes bibliſchen Buchs Gelegenheit finden. Es iſt gewiß, daß die Heuſchrecken in ihrem Zuge ſehr gemeinſchaftlich, und gleichſam nach Commando handeln. Es bleiben aber auch oftmals ſehr viele, es ſey weil ſie ermüdet ſind, oder aus andern Urſachen zurück. Wenn man ſie gleich oft an dem Ort wo ſie ſich niedergelaſſen haben, mit Händen greifen kann; ſo W) 3 laſſen 174 Verſchiedene Tiere in Arabien. laſſen ſie ſich doch wohl nicht allezeit lieber todſchlagen, als abhalten, ſich auf der Stelle, die ſie einmal gewählt haben, zu lagern. (Michaelis 32te Frage) Denn ſo bald die Einwohner in dem Dorfe Menſil am Berge Sumära, einen Zug Heu- ſchrecken ſahen, machten ſie ein Geſchrey und liefen mit einem großen Tuch an einem Stock gebunden, auf ihren Feldern herum, um zu verhüten daß die Heuſchrecken ſich nicht ſetzten, oder um diejenigen zur erjagen welche ſich bereits geſetzt hatten. Ich hörte auch zu Básra, daß man daſelbſt ſucht die Heuſchrecken von den Dattelbäumen zu vertreiben. Ich habe zu Moſül und Häleb vieles von dem Heuſchreckenfreſſer gehört, aber niemals ſelbſt einen geſehen. (Michaelis 6te Frage) Man nennet dieſen Vo- gel in den erwähnten Gegenden -- Samärmar, oder nach der Ausſprache an- derer, Samármog. Er ſoll ſchwarz, und größer als ein Sperling ſeyn, aber nicht angenehm zu eſſen. Er ſoll täglich eine unglaubliche Anzahl Heuſchrecken vertil- gen können. Man wollte aber auch behaupten, daß die Heuſchrecken ſich bisweilen zur Wehr ſetzen, und ihn, wenn ſie ihn durch die Menge überwinden, mit den Fe- dern verzehren. Wenn die Kinder in den Städten auf der Gränze von Arabien ei- ne lebendige Heuſchrecke in die Hände bekommen, ſo ſetzen ſie ſie vor ſich, und rufen: Samármog; Und, weil die Heuſchrecke ſich alsdann vor dem Laut, oder der Be- wegung des Knabens niederbückt, oder ſich ſeſt an dem Ort anhält auf welchem ſie ſitzt; ſo hat man den Kindern eingebildet, daß ſie ſich ſogar vor dem Namen ihres Feindes fürchte, und ſich vor ihm verkriechen, oder einen Stein gegen ihn wer- fen wolle. - Der Samármog iſt zu Moſül und Häleb nicht einheimiſch, ſondern man holet ihn aus Choraſän, und zwar mit einer großen Ceremonie. Wenn die Heu- ſchrecken überhandnehmen, ſo ſchickt die Regierung einige glaubwürdige Männer zu einer Quelle nahe bey einem Dorfe E29 --- Samarün, welches in einer Ebene zwiſchen vier Bergen nicht weit von Meſched oder Muſa erridda, in der erwähnten perſiſchen Provinz liegt. Die Abgeſandten füllen da einen Kaſten mit Waſſer aus der Quelle ſelbſt, mit der zu dieſer Handlung vorgeſchriebenen Ceremonie. Sie verpichen den Kaſten aufs beſte, damit das Waſſer nicht ausdünſten, oder gar ver- ſchüttet werden möge, ehe ſie wieder nach Hauſe kommen. Der Kaſten nuß fer- 1er Verſchiedene Thiere in Arabien I75 ner von der Quelle an, bis zu der Stadt die es holen läßt, weder auf die bloße Erde geſetzt werden, noch unter Dach kommen, ſondern beſtändig zwiſchen Himmel and Erde bleiben, wenn das Waſſer ſeine Kraft nicht verlieren ſoll. Da Moſul mit einer Mauer umgeben iſt, ſo, darf dieſes Waſſer nicht einmal durch das Stadt- thor getragen werden, ſondern man ziehet es über die Mauer, und beſeſtigt den Kaſten nachher oben auf der Moſqué Nebbi Gurgis, welche ehmals eine Kirche war, und von undenklichen Jahren her die beſondere Ehre vor allen andern Plätzen in der Stadt gehabt hat, daß der Kaſten mit dieſem Waſſer auf derſelben ausgeſtellt worden iſt. Wenn das Waſſer alſo mit aller gehöriger Sorgfalt aus „Choraſän geholt worden iſt, ſo glauben die gemeinen Mohammedaner, Chriſten und Juden zu Moſul, daß der Samärmog dem Waſſer folge, mnd ſo lange in der Gegend bleibe als noch ein Tropfen davon in dem Kaſten auf Nébbi Gurgis übrig iſt. Ich ſah auf dieſem Kaſten ein großes Storchneſt, und bezeigte deswegen gegen einen der angeſehenſten Chriſten dieſer Stadt meine große Verwunderung über den feinen Geruch des Samármog, welcher aller der auf dem Kaſten liegenden Un- reinigkeiten ungeachtet, dennoch das Waſſer riechen könnte. Er antwortete darauf nicht, war aber gar nicht damit zufrieden, daß die Regierung dem Storch erlaubt hätte, ſein Neſt auf einem ſo großen Schatz zu bauen, und noch weniger, daß man in den letzten acht bis neun Jahren kein friſches Waſſer geholet hatte. Man will bemerkt haben, daß die Heuſchrecken in der Gegend von Moſul in dem erſten Jahre keinen großen Schaden thun, daß ſie ſich aber in die Erde ver- kriechen, und ſich in dem folgenden unendlich vermehren. Vielleicht iſt dieſes die Art Heuſchrecke, welche im Vorhergehenden Dübbe genannt worden iſt. Wenn die Heuſchrecken ſich nun in einiger Menge zeigen, ſo iſt der Paſcha wahrſcheinlich genöthigt, das Waſſer mit großen Koſten aus Choraſan kommen zu laſſen, wofern er von dem Pöbel nicht die Klagen hören will, daß er daran Urſache ſey, wenn die Heuſchrecken die Früchte in ſeinem Gebiete verzehren. Sind aber die Heuſchrecken die beſte Nahrung des Samármog, und hat er einen ſo ſtarcken natürlichen Trieb, auch alle diejenigen zu erwürgen, welche er nicht ſelbſt verzehren kan, ſo wird er ſie wohl von ſelbſt aufſuchen, und die Herren zu Moſul könnten ohne Zweifel die Mühe ynd die Koſten erſparen, das Waſſer aus Choraſan zu holen, In dem Caſtel - zu. 176 Verſchiedene Thiere in Arabieit. zu Häleb ſoll gleichfals etwas von dem Waſſer aus der erwähnten Quelle in Chora- ſän aufbehalten werden, um den Samärmog nach dem Gebiete dieſer Stadt zu locken. Ich habe Leute geſprochen, die zwar den Kaſten, worinn dieſes Waſſer geweſen war, geſehen hatten, keiner aber erinnerte ſich, daß zu ſeiner Zeit friſches Waſſer gehohlt worden wäre. In Arabien und Perſien ſoll ein Vogel ſeyn, welchen man Sumäna nennet. (Michaelis 5te Frage). Er ſoll kleiner als eine Taube, und ſchwarz ſeyn, ſehr fett werden, einen langen Schnabel, und übrigens Nerven, Knochen und Adern haben wie andere Vögel. Mit dieſer Beſchreibung des Sumäna werden die Naturkün- diger nicht zufrieden ſeyn, ich kann davon aber nichts weiter ſagen, als was ich ge- hört habe. Der Vogel Salva iſt auch noch jezt bekannt. Ich habe mehr als ei- nen Araber geſprochen, der den Namen gehört hatte. Ein Kaufmann aus Tunis, welcher viele Reiſen zwiſchen Surat und Dsjidda gethan hatte, glaubte beydes die Salva und Sumána ſowohl in Arabien als in der Barbarey geſehen zu haben. Herr ForſFäl hatte den Namen Selva von einem Jäger zu Alexandrien kurz vor ſei- ner Abreiſe gehöret, den Vogel ſelbſt aber nicht erhalten können. Er ſchrieb des- wegen an den Herrn Conſul Morian, und erhielt die Antwort: daß der Vogel Y« Selon eben derſelbe ſey, welchen die Franzoſen Roy des Cailles nennen, und daß man ihn im Frühling in der Gegend von Alexandrien antreffe. Er hatte zu Conſtan- tinopel gehört, und Herr Canzleyrath Schumacher, welcher ſich in dieſer Stadt viele Jahre aufgehalten hat, verſichert es gleichfals, daß die Wachteln im Anfang des Septembers in ſo großer Menge über das ſchwarze Meer kommen, daß man ſie zu dieſer Zeit an dem Ufer deſſelben, und in andern Gegenden von Conſtantinopel, bisweilen mit Händen greifen könne, wenn ſie ſich von der langen Reiſe ermüdet, zum erſtenmal ſetzen. Dieſes gab dem Herrn Forſkäl Urſache zu glauben, daß Moſis Selav die Wachtel ſey. Ich finde aber in ſeinen Papieren nicht, daß er nachher in der Gegend des arabiſchen Meerbuſens Gelegenheit gehabt habe Nach- richten zu erhalten, welche dieſe Meinung beſtätigen. Fliegende Fiſche habe ich auf dem arabiſchen Meerbuſen zwiſchen Dsjidda und Loheia aber nur in geringer Anzahl wahrgenommen. (Michaelis 4te Frage) Dieſe flogen nur einige hundert Schritte weit, und kamen nicht hoch über das * - Waſſer Verſchiedene Thiere in Arabien. 177 Waſſer. Ein Schiffer von Surät nannte dieſe fliegende Fiſche in der Indianiſchen Sprache „5-Dsjeri. Ein anderer von Maſkat hieß ſie U-Lº Schibäs. Zu Dsjiddanennet man ſie Dsjerädelbachrd.i.die Seeheuſchrecke. Ein Kaufmann aus Mochha ſagte mir, das die Araber die fliegenden Fiſche mit Safran und Specereien ausſtopfen, ſie vierzig Tage in der freyen Luft trocknen laſſen, und hernach als ein Stärkungsmittel eſſen. Vielleicht thun die Ingredienzen bisweilen dieſe Würkung. Zu Básra iſt eine Art Schlangen, welche man sº./e/// --> Heie ſur- ſurte oder sº -- * => Heie thiäre nennet. Dieſe halten ſich viel auf Dattel- bäumen auf, und weil es ihnen zu mühſam iſt, einen hohen Baum herunter, und auf einen andern nahe dabey ſtehenden wieder hinauf zu kriechen, ſo halten ſie ſich mit dem Schwanz an einen Zweig, bringen denſelben in einen Schwung, und ſpringen ſo auf einen andern Baum. Die jetzigen Araber nennen ſie davon Heie thiäre d. i. fliegende Schlangen. Ich weiß nicht, ob die alten Araber, wovon Herr Michaelis in ſeiner 83ten Frage redet, andere fliegende Schlangen geſehen ha- ben. Ich höre von einem Naturkündigen, welcher viele Jahre in Weſtindien gewe- ſen iſt, daß man daſelbſt Schlangen auf Bäumen antreffe, die ſich an einen Zweig halten, und die unter dem Baum gehende als wie mit einem Stock ſchla- gen, ohne ihnen weiter zu ſchaden. Der Admiral Anſon hat auch auf der Inſel Quibo ſo genannte fliegende Schlangen, die aber deswegen keine Flügel hatten, an- getroffen. Europäer zu Bombay haben mich verſichern wollen, auf dieſer Inſel Schlangen mit zwey Köpfen, und andere mit zwey Füßen geſehen zu haben. Sollte jemand daran zweifeln, ſo werde ich mich darum in keinen Streit einlaſſen. Ich zeigte das Wort Unn in der 8ten und 37ten Frage des Herrn Michaelis einem Juden zu Maſkät, welcher außer der hebräiſchen und neu arabiſchen, auch der alten arabiſchen Sprache (Náchwe) ziemlich mächtig, und gar nicht abergläu- biſch zu ſeyn ſchien. Er behauptete, es bedeute die Haut von einem Schafbock A.dDakr, nachdem ſie zubereitet, undroht gefärbet worden. Er meinte vermuth- lich Saffian. Einer der gröſten Rabbinen zu Bagdádantwortete mir auf dieſe, ſo wie auf verſchiedene andere Fragen, daß Gott ein beſonderes Thier erſchaffen hätte, da- mit die Stiftshütte mit deſſen Haut bedeckt werden möchte, und daß man von dieſer Art Thieren jezt keine mehr in der Welt antreffe. Er hatte ſich mit der- Z gleichen 178 Verſchiedene Thiere in Arabien. gleichen Erklärungen vielleicht oft bey ſeinen leichtgläubigen Juden geholfen. Ein italieniſcher Jude zu Háleb verwies mich wegen der Erklärung dieſes und anderer hebräiſchen Wörter zu der ſpaniſchen überſetzung der ſünf Bücher Moſis, welche ſeiner Meinung nach, in allen Stücken vollkommen iſt, weil gelehrte Juden aus dem gelobten Lande mit daran gearbeitet haben ſollen. Mein gelehrter Freund Herr Temler zeigt mir daß Urn Yv in derſelben Cueros de texones oder pieles de texones, eben wie im Deutſchen durch Dachsſelle, überſetzt iſt. Ein Kauf- mann von Abuſchähhr nannte den Fiſch, welchen die engländiſchen Schiffer Porpoiſie oder Porpus, und die deutſchen Meerſchwein oder Delphin zu nennen pflegen, U->9 Dachs. Ich ſah von dieſen Fiſchen in der Gegend von Räs Muſſèndom, auf meiner Reiſe von Maſkät nach Abuſchähhr, eine erſtaunlich große Menge auf einmal, die alle nach einer Gegend zogen, und um die Wette zu ſchwimmen ſchienen. Man wird alle die Thiere, welche von den Mohammedanern für rein oder 4. unrein gehalten werden, wohl nicht leicht aus mündlichen Nachrichten kennen lernen, aber vermuthlich davon einen ziemlich vollſtändigen Unterricht in den Büchern fin- den können, worinnen alle die Thiere, welche zu eſſen erlaubt ſind, und die Regeln wie ſie getödtet werden ſollen, beſchrieben worden ſind. (Michaelis 95te Frage) Ein Buch das folgenden Titel hat, Kitäb tehfetel Melük u es Saladin fiölm elfekeh sºll es 3 9-N-W - EH) Eiz“ – ſoll hievon handeln. Die allgemeine Regel der Mohammedaner iſt, nach der Meinung eines Gelehrten zu Básra, kein Thier zu eſſen welches Menſchen friſſt, oder welches von Natur ſucht menſchliche Körper zu zerreißen. Sie dürfen auch kein Thier eſſen, welches von einem andern Thiere zerriſſen worden iſt. Z. Er. Wenn ein Hund nur das Blut von einem Wildpret geſchmeckt hat, ſo iſt es haläl, nicht verboten zu eſſen. Hat er aber auch von dem Fleiſch gefreſſen, ſo iſt es haräm, verboten. Die Mohammedaner dürfen ferner kein blos erſchlagenes Thier zur Speiſe brauchen. Z. E. ein eßbares Thier, oder ein Vogel der mit der Spitze eines Pfeils, (Neſchä6) oder mit einer Kugel erſchoſſen worden, iſt haläl. Dreßet ſich aber der Pfeil nachdem er abgeſchoſſen iſt, und erſchlägt das Thier, oder wird es mit einem Stock oder Stein ſo geworfen, daß es davon ſtirbt, ſo iſt es hargm. Ingleichen, wenn CUP ------- -T------ Verſchiedene Thiere in Arabien. I79 ein angeſchoſſener Vogel auſ ein Haus, oder einen Felſen fällt, und noch ſo viele Kräfte hat, daß er ſucht mit Flattern davon zu kommen, aber herunter fällt, und durch den Fall ſtirbt, ſo iſt es haräm. Die Mohammedaner dürfen überhaupt kein Thier, und keinen Vogel eſſen, der beym Sterben nicht Blut vergoſſen hat. Wenn alſo ein reines Thier mit einem ſcharfen Stein ſo geworfen ſeyn ſollte, daß es geblutet hat, oder wenn es geworfen worden, oder gefallen iſt, und nur ſo lange lebt, daß der Jäger ihm die Kehle überſchneiden kann, ſo iſt es nicht ver- boten es zu eſſen. Da aber ein wahrer Mohammedaner nicht das allergeringſte unternehmen ſoll, ohne die Worte Bism alláh ákbar zu ſagen, ſo muß auch ein Jäger allezeit eben dieſe Worte ſprechen, oder wenigſtens denken, ſo oft er ein Wild anſchießt, oder wenn ſeine Hunde oder Falken es erwiſchen. Weil endlich ein eifriger Mohammedaner nicht allezeit verſichert ſeyn kann, daß das Thier nach allen Regeln der Religion getödtet worden iſt, ſo iſt dieſes vielleicht die Urſache, warum die in den Städten wohnenden Araber und Türken, nicht ſo große Liebhaber von Wildpret ſind, als die Europäer. Man rechnet unter die erlaubten Speiſen: So.) -A Gräbesſär, eine Krähe mit einigen weiſſen Federn. –säs Akák. – ÜW Leglek, ein Storch. 9,- Dsjeräd, die Heuſchrecke. Lay' s Bakr el wähſch. Leº „- Hamäre wähſch. Js es Gannem ma edsjäbbel. Den Schäfeiten ſoll auch erlaubt ſeyn Pferde, und das Thier Dobbá zu eſſen. Den Mohammedanern überhaupt iſt zwar verboten Blut zu genießen; allein 0-S= Käbbeb, die Leber, und U-F.- Tahhl, die Milz, iſt ihnen erlaubt. Doch eſſen ſie ſie überaus ſelten. Zu den unreinen Thieren rechnet man zu Bäsra: - J 2- &ºv den Löwen, ingleichen alle andere Thiere von dem Katzengeſchlecht. - 29 Dieb. /* Nimr, den Tieger. dg Fahed. Ferner: Ä- Sagkr, alle Raubvögel, als: „Aus Bäſi, den Habicht oder Falken. /* Neſr, den Adler. - - Akäb, ein Raubvogel in der Gegend von Básra. Den Hanefiten iſt ferner ver- boten: S- Dobbá, e-Paeys „Lºb – sº der Fuchs und der Tſchäkkal. C-yºº Iarbüs (vielleicht Iarboä.) C-/s es Ibn ärs, eine Art großer Ratzen, vielleicht der Iltis. ***/ Rächma, ein großer Vogel welcher Aas Z 2 ſucht. 18O Verſchiedene Thiere in Arabien. ſicht. Säº Bagad, ein Raubvogel. -’9 Döbb. Soli-S Difda, ein Froſch. Ö.iº Ghünfud, ein Stacheligel. EU-“ Selhafäd, Schildkrö- ten. „Yºj Simbür, die Weſpe. «Äs) - E- die Schlange, der Scor- pion u. ſ. f. Den Hänifiten ſoll auch, wie man zu Básra ſagte, der Genuß des Pferdefleiſches unterſagt ſeyn. Die Mohammedaner eſſen von allen Thieren, welche im Waſſer leben, blos Fiſche, und nicht einmal, wie leicht zu vermuthen, von allen Sorten. Diejenigen welche für rein, oder eßbar gehalten werden, ſollen nach den Büchern der ältern moham- medaniſchen Gottesgelehrten mit dem Netze gefangen, oder wenn ſie mit hohem Waſſer ans Land getrieben, und zurück geblieben ſind, lebendig mit Händen gegriffen werden. Indeſſen fangen die Mohämmedaner ſie auch jezt, wenigſtens auf dem Euphrat, mit Angeln, und mit dem Saamen, welcher die Fiſche betäubet. Die größten mohammedaniſchen Gelehrten ſind bisweilen nicht einig, wie die eßbaren Fiſche beſchaffen ſeyn ſollen. Denn Schäfei und Máleki ſollen erlauben die todt- gefundenen, aber nicht verdorbenen Fiſche zu eſſen, Hänefi und Hänbali aber ſollen es verbieten. Einige haben auch unterſucht, ob ein Stük von einem Fiſch, welches auf dem Waſſer ſchwimmet, gegeſſen werden könne? und man iſt der Meinung, daß dieſes erlaubt ſey, wenn man Zeichen findet daß der Fiſch durch ein Meſſer oder Schwerdt getödtet ſey, weil man alsdan vermuthet, daß die Worte Bism alláh ákbar über ihn geſprochen worden. Ich erinnere mich nicht beydenmoham- medaniſchen Fiſchern lebendige Fiſche geſehen zu haben. Die zu Dsjidda und Loheia brachten die ihrigen immer todt ans Land. Sie hatten ſie alſo vermuth- lich gleich über die Kehle geſchnitten ehe ſie von ſelbſt ſterben, und dadurch un- brauchbar werden konnten. Indeſſen ſind die Mohammedaner nicht ſo eifrige An- hänger ihrer Religion, daß ſie lieber hungern, oder gar ſterben, als von einem unreinen Thiere eſſen ſollten. Als Isfahän von den Aghwänen belagert ward, war die Hungersnoth in dieſer Stadt ſo groß, daß die Belagerten viele Pferde, Eſel, ja Hunde und Katzen aßen. S S) Zweyte Zweyte Abtheilung. Beſchreibung einzelner Landſchaften in Arabien. I. Ardel Jemen, d. i. die Landſchaft Jemen. $ ieſe Landſchaft iſt von dem arabiſchen Meerbuſen, Hadramaut, Nedsjed und Hedsjäs umgeben. Die Natur hat ſie gleichſam in zwey Theile getheilet. Der Theil welcher an dem arabiſchen Meerbuſen liegt, und ſich von Babelmandeb an, nach Norden bis Hali erſtreckt, iſt niedrig, und heißt Tehäma. Der andere Theil dieſer Landſchaft liegt ſehr hoch über der Oberfläche des Meers, und wird von den Arabern Dsjäbbäl, d. i die bergigte Gegend genannt. Man findet ſo wohl hier als in andern Gegenden von Arabien viele kleine unabhängige Prinzen, die ſich, wie es ſcheint, unter einander hindern, durch Handlung und Gewerbe ſo bey den Ausländern berühmt zu werden, als es geſchehen könnte, wenn das Land nur von einem oder wenigen Oberhäuptern regieret würde. Daher ſind in Jemen die unabhängigen Herrſchaften: 1) Jemen im engern Verſtande, nemlich das Gebiet des Regenten welcher jezt zu Saná reſidiret. - 2) Die Herrſchaft Aden, welche ſeit einigen Jahren von einem unabhängi- gen Schech regieret wird. 3) Das Fürſtenthum Kaukebän, welches einen Sejid zum Regenten hat. 4) Die Landſchaft Haſchidu Bekil. In dieſer findet man eine Menge Städte und Dörfer welche verſchiedenen unabhängigen Schechs gehören. 5) Das Gebiet Abu ariſch welches jezt von einem Scherif regieret wird. Z 3 6) Ein I82 Die Landſchaft Jemen. 6) Ein großer Diſtrikt zwiſchen Abuariſch und Hedsjäs, der von Bedoui- nen bewohnt iſt. 7) Das kleine Gebiet Chaulän weſtlich von Sáade, welches unter ſeinen eignen Schechs ſtehet. 8) Das Gebiet Sahän. Daſelbſt regieret zu Saáde noch jezt ein Sejid, auf dem Laude aber verſchiedene Niemanden unterwürfige Schechs. 9) Die Herrſchaft Nedsjerän, und 10) Die Herrſchaft Kachtän haben auch ihre unabhängige Schechs. Ir) Der große Strich Landes Dsjof. Hier regieret in der Stadt Mareb ein Scherif. Die Dörfer aber, und die zu Dsjöf gehörige Wüſte, ſind unab- hängigen Schechs unterworfen. 12) Nhhm, ein kleines Gebiet, welches ſeinen unabhängigen Schech hat. 13 Chaulän, ein kleines Ländgen wenige Meilen nach Südoſt von Saná, wird auch von ſeinem eigenen Schech beherrſcht. 14) Die Landſchaft Jäfa, in welcher wenigſtens drey unabhängige Schechs regieren. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß außer dieſen großen, noch viele andere kleine Diſtrikte in Jemen ſind, welche unter kleinen unabhängigen Regenten ſtehen. Es iſt aber eben ſo unmöglich, daß ein reiſender Europäer davon vollſtändige, und lauter zuverläſſige Nachrichten erhalten kann, als es einem in Deutſchland herum- reiſenden Morgenländer unmöglich ſeyn würde, von allen daſelbſt befindlichen klei- nen Herrſchaften, blos durch mündlichen Unterricht, ganz vollſtändigen Unterricht zu erlangen. Ich will nun die verſchiedenen kleinen Landſchaften von Jemen nach meinen erhaltenen Nachrichten und eigenen Beobachtungen beſchreiben. I. Jemen im engern Verſtande. Dieſe Landſchaft gränzt nach Weſten an den arabiſchen Meerbuſen, nach Süden an die Herrſchaft Aden, nach Oſten an Jäfa, Hadramaut und Chaulän, nach Norden an HaſchiduBekil, und nach Nordweſt an das Gebiet Abu ariſch. Die ganze Länge derſelben iſt ohngefehr 48, und die mitlere Breite 20 deutſche Meilen, Die Landſchaft Jemen. 183 Meilen. Derjenige Theil dieſer Landſchaft welcher Tehäma genannt wird, iſt ein ebenes, und an ſich dürres Land, und bey Mochha eine kleine Tagereiſe, bey Hodeida und Loheia aber zwey kleine Tagereiſen breit. Der andere Theil Dsjäb- bäl liegt nach Oſten von Tehäma, und beſteht aus einer Reihe ſteiler, ſehr hoher und fruchtbarer Gebürge. In dem dürren Tehäma ſind gar keine Flüſſe, welche das ganze Jahr durch Waſſer hätten, und in Dsjäbbäl troknen auch verſchiedene Flüſſe ganz aus. Sie entſtehen hier nemlich während der Regenzeit, verlieren ſich zum theil wieder in der bergigten Gegend, oder wenn ſie ſo ſtark geworden ſind, daß ſie außerhalb den Bergen kommen, ſo machen ſie einen Theil von Tehäma fruchtbar, und verlieren ſich daſelbſt. Einige werden ſo ſtark, daß ſie die umlie- genden Felder in Tehäma nicht nur wäſſern, ſondern noch viel Waſſer in die See ſtürzen. Man nenmet ſie alle Wadi. Aber Wadizebid und Wadi meitam, welche beyde in dem Amte Jemenala entſpringen, und wovon der eine ſeinen Lauf nach Zebid, und der andere nach der Gegend von Aden nimmt, ſind die vornehm- ſten. Die übrigen, als Wadikbir, Wadiſuradsje, Wadielmahád, Wadi elhännaſch, Räma und Wadi ſehän ſind auch bisweilen anſehnliche Flüſſe, und fallen in die See, nachdem ſie einen Theil von Tehäma gewäſſert haben. Der Regent in dieſem Theil von Jemen wird gemeiniglich der Imäm ge- nannt. Er vertritt auch das Amt eines Imäms, indem er ſich, wenn er ſein Gebet in der Moſqué verrichtet, vor derſelben ſtellet, damit die Anweſenden ihn ſehen, und ihm in den gewöhnlichen Ceremonien folgen können. Man heißt ihn gleichfalls Chalif, und auf der ſilbernen Münze welche auf der XIV Tabelle ab- gebildet iſt, nennet der jezt regierende Imäm ſich Emirelmumentnel Mähhdi el Abbas ibn el Manſor ibn el Metwkkel Khaſſem ibn el Höſſejn ibn el Mähhdi, d. i. Beherrſcher der Gläubigen Mähhdi Abbäs, Sohn des Manſör, Sohn des Metwkkel Khaſſem, Sohn des Höſſein, Sohn des Mähhdi. Dieſer Junäm, Chalif oder Emirelmumenin, iſt ein Mohammedaner, und ſo wie die mei- ſten ſeiner Unterthanen von Äb bis Saná, von der Sekte Zéidi. (S. 18) Die Araber in Tehäma und dem ſüdlichen Theil der bergigten Gegend, bekennen ſich zu der I84 Die Landſchaft Jemen. der Sekte Sünni. Schiiten habe ich auf dieſer Seite von Arabien nicht au- getroffen *). Obgleich in den ältern Zeiten ſo viele Chriſten in Jemen waren, daß ſie verſchiedene Bißthümer hatten, ſo habe ich doch jezt in dieſem Lande von keihem einzigen eingebcrnen Chriſten etwas gehört. Doch iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß einige Habbeſſiniſche Chriſten in den Seeſtädten von Jemen ſind, und daß dieſe ihren Gottesdienſt öffentlich halten können. Sonſt habe ich hier, außer wenigen Reiſenden, keinen einzigen von einer andern chriſtlichen Sekte angetroffen. Die Juden, welche ſchon über zwey tauſend Jahre in Jemen geweſen ſind, und in die- ſen Gegenden bisweilen auch ſehr mächtig waren, ſind ſtandhafter bey ihrer Reli- gion geblieben. Ihre Anzahl iſt zwar unter dem mohammedaniſchen Joche, unter welchem ſie ſeit IIoo Jahren leben, immer kleiner geworden. Sie wollen aber behaupten, und es iſt gar nicht unglaublich, daß man von ihrem Volke bloß in dem Gebiete des Imäms, noch bey fünftauſend Familien zählen könne. Sie ſind alle Phariſäer oder Talmudiſten, und ſo große Feinde der Karáiten, daß ſie ſich nicht enthalten konnten viele Schimpfworte gegen ſie auszuſtoßen, als ich mich nur erkundigte, ob noch einige Karaiten in Jemen wären. Der vonehmſte Sitz der jemeniſchen Juden war in den ältern Zeiten zu Tenaim, in der Herrſchaft Chau- län, woſelbſt ſich noch jezt einige jüdiſche Familien aufhalten, und auch Synago- gen haben. Wenn alſo noch alte Handſchriften von der Bibel in Jemen übrig ſind, wie der D. John Collet in einem am 1ten Auguſt 176o unſerer Geſellſchaft wegen an den Hofrath Michaelis geſchriebenen Briefe vermuthete, ſo kann man ſie wahrſcheinlich nirgends als zu Tenaim ſuchen. Die Juden zu Taäs und Saná verſicherten mich, daß ſie in Jemen von keinen ältern Handſchriften als von vier bis 500 Jahren gehört hätten. Die Bücher, welche ich bey dieſen Juden geſehen habe, waren alle zu Amſterdam und Venedig gedruckt. Man trift auch in allen großen Städten dieſer Gegend von Arabien, Banianen oder Heiden aus Indien CM. *) Wenn alſo Abulfeda in ſeiner Beſchreibung von Arabien bey Algamad bemerkt : maxima pars incolarum ſunt Schia, ſo hat er damit vermuthlich die Zédites gemeinet. Die Landſchaft Jemen. 185 an. Dieſe aber ſind als Fremde anzuſehen, weil nur die Männer hieher kommen, um durch Handlung, oder ein anderes Gewerbe, ihr Glück zu machen, und dann wieder nach Indien zurück zu reiſen. Da es für einen Reiſenden ſchon ſehr ſchwer iſt von dem gegenwärtigen Zu- ſtande eines Landes zuverläſſige Nachrichten zu erhalten, ſo muß es noch viel ſchwe- rer ſeyn, etwas gewiſſes von der alten Geſchichte deſſelben zu erfahren. Wenn auch ein in Europa herum reiſender Europäer bisweilen ſo glücklich iſt, mit einem Gelehr- ten bekannt zu werden, der die Geſchichte ſeines Vaterlandes wohl inne hat, ſo hat doch dieſer nur ſelten Zeit, oder Gedult, einen Fremden ſo gleich von allem grün- lich zu unterrichten. Man kann dieſes noch viel weniger von den Arabern erwarten, weil die Gelehrten unter ihnen ſeltener, und wir ihrer Sprache nicht vollkommen mächtig ſind, zu geſchweigen, daß ſie ſich unſertwegen ſchwerlich ſo viele Mühe geben würden, als ſie vielleicht mit ihren Glaubensgenoſſen thun möchten. Weil man faſt in allen europäiſchen Ländern nicht nur öffentliche Bücherſammlungen, ſondern auch Gelehrte antrifft, welche ſich mit der ältern Geſchichte beſchäfftigen; ſo kann einen Reiſender daſelbſt bisweilen Gelegenheit haben, einige in ſeinem Vater- lande noch unbekannte alte Nachrichten zu ſammlen. Die Araber hingegen bekümmern ſich ſehr wenig um die neuere, und gar nicht um die Geſchichte ihrer Vorfahren, wel- che vor Mohämmed gelebt haben. Öffentliche Bücherſamlungen findet man bey ihnen nirgends, und ſelbſt ihre größten Gelehrten haben gemeiniglich nur die ihnen nothwendigſten Bücher. Die Liebhaber der Wiſſenſchaften müſſen ſolche entweder ſelbſt abſchreiben, oder Gelegenheiten erwarten ſie einzeln kaufen zu können, und beydes iſt ſehr weitläuftig und koſtbar. - Ich habe daher gar keine Nachrichten wegen der Geſchichte und Zeitrech- uung von Jemen unter der Regierung der Nachkommen Joktans erhalten kön- nen *). Wegen des Wortes Tobbá aber meineten einige, daß es ein Ehren- uame der alten arabiſchen Regenten geweſen ſey, ſo wie der Name Pharao bey - den *) Memoire de l'Academie Royale des inſcriptions & belles lettres de France, welche Herr Michaelis im Jahr 1762 zugleich mit ſeinen Fragen hat abdrucken laſſen, A a 186 Die Landſchaft Jemen. den Egyptern, und dieſes iſt ſchon von Pocock und andern gelehrten Europäern be- merkt worden. Zu Maſkät ſind Tobbá und Hamjar noch jezt gewöhnliche Namen einzelner Araber. In der Landſchaft Cheivän findet man auch bis auf den heutigen Tag eine alte arabiſche Familie, welche ſich Tobbá nennet, und vielleicht von den je- meniſchen Königen abſtammet. Ein arabiſcher Gelehrter zu Mochha war der Mei- mung, daß in den ältern Zeiten nur die Könige von Jemen, welche urſprünglich von Samarkand und Feueranbeter geweſen, den Titel Tobbá geführt hätten. Weil dieſer ſich auf Bücher berief, welche man vielleicht ſchon in Europa findet; ſo will ich die von ihm erhaltene Nachricht abſchreiben, damit die Gelehrten deſto beſſer unterſuchen können, in wie ferne ſeine Meinung gegründet ſey. - - > UEF's A- GS-3 --- Sº 3“ soºº Jº es - Ä -- -- -- G- 9- GS- - - - - - - - - - „º es sº -------- Sº *** -- -- es - aeb 0., v= 9- GE= - G&L /“> e*- eN-M - “B sº. ºs U-Ls es es EAs A 3- d/º - e-s-“ es 9-" ,YSL» „Sº 9- Ä EVL- es <AG- 9-- * * *N & GE=h's Ich habe mich in Jemen fleißig nach Büchern erkundigt, und man hat mir auch einige hiſtoriſche Werke gezeigt. Aber die Eigenthümer derſelben wollten ſie nicht verkaufen, und die Zeit erlaubte mir nicht ſie abſchreiben zu laſſen. Ich kann deswegen nur die Titel von denen Büchern anführen, auf welche man mich verwieſen hat, wenn ich mich nach der alten Geſchichte von Jemen erkundigte. Vielleicht haben europäiſche Kaufleute, welche künftig nach Mochha kommen, Gelegenheit dergleichen Schriften zu erhandeln. Oder, weil man zu Conſtantinopel und Ká- hira eine Art Buchläden findet, wo alte Bücher verkauft werden, ſo kann man ſie noch wohl mit wenigerer Mühe von daher bekommen. Die erwähnten Bücher ſind: Barkel Jemen. Gºº! CHÄ Kurrädel aijun. U-2,-) U.at- Nefais elarais. es SM * GA-X! Sº/- Tarichelauelinuelacherin. º" 5/- Dsjamharedelarrab. T-/-) Z. »v Rücher rich. &#As gº-/F Die Landſchaft Jemen. 187 SAF Tarichelchasrädsie. Die beyden erſten ſollen die Hauptbücher von der Geſchichte des Königreichs Jemen ſeyn. Nemlich in Barkel Jemen ſin- det man eine ausführliche Nachricht, wie die Provinz Jemen unter türkiſche Both- mäſſigkeit gekommen iſt, und Kurrädelaijün handelt von der Geſchichte dieſes Lan- des von dem Ende des Reichs der Hamjaren an, wenigſtens bis zu dem 569ten Jahre nach der Hedsjera. Unter Forſkäls Papieren finde ich gleichfalls die beyden Bücher Kurräd elaijün und Barkel Jemen angemerkt, und außer dieſen noch folgende: -- - --> EH- Kitäbmolükhamjär. Dieſes Buch ſcheinet merkwürdig zu ſeyn. –*0! Z - Burdsjedähhab. –=' so Baduelchälk. Durr elmantur. sº“ e-?) & S0.? Badeijat ibn Hadjah. Er durchblätterte das Buch Kurrädelaijün bey einem mohammedaniſchen Gelehrten zu Mochha, und machte aus demſelben folgende Anmerkungen, welche ich hier mit einrücken will, da ſie die Geſchichte dieſes Königreichs etwas in dem Zeitpunct erläutern, wovon ich ſelbſt faſt gar keine Nachricht erhalten habe, und weil es die einzigen hiſtori- ſchen Anmerkungen ſind, die ich unter ſeinen Papieren finde. „Nach dem erwähnten Auszugeſchickte Mohämmed bereits im 7ten Jahre „ nach der Hedsjera einen Geſandten mit Namen Elmehadsjeribnabi Omejael „ machſumi an Elhared ibn abdkalal, den König der Hamjaren, und dieſer „ nahm mit ſeinen Unterthanen ſo gleich die Religion des neuen Geſetzgebers an. „ Im IIten Jahr nach der Hedsjera, ſchickte der Chalif Abubeer drey Abgeſandte „ nach Jemen, nemlich: Siädibnlebidelbajadi als Stadthalter nach Hadra- „ maut, Ibbän ibn Saidibnelas nach Saná, und Maad ibned dsjäbbel » nach Dsjénnad. „ Lezterer bauete zwey Moſquéen, nemlich die eine zu Dsjen- nad, und die andere nach Südoſt, nicht weit von der Stadt Zebid, in einer Gegend die von Wadi Zebid reichlich gewäſſert werden kann, und daher ſehr fruchtbar iſt. Er pflanzte bey dieſer Moſqué auch viele Bäume, welche ſich ſeit der Zeit ſtark ver- mehrt haben, und noch jezt von den Mohammedanern in großen Ehren gehalten werden. „ Abubecr ſandte nachher einen andern mit Namen Jaleaibn Ali „ Umeja nach Saná, und dieſe drey Stadthalter von Jemen, nemlich Siädibn „ lebid, Mäadibneddsjäbbel und Jalea ibn Ali wurden nicht nur im Jahr 13 von - A a 2 - ,, denn *- I88 Die Landſchaft Jemen. „ dem Chalifen Omär, ſondern auch im Jahr 23 von Othman in ihren Poſten „ beſtätiget. Nach dem Tode dieſes lezten Chalifen ward das Königreich Jemen „ dem Chalifen Ali unterwürfig, und dieſer ſandte im 35ten Jahre nach der „ Hedsjera einen Obeidallah ibn Abbas nach Saná, und einem Saidibn „ Said nach Dsiénnad. „ Nachher war Jemen von dem Jahr 41 bis 132 unter der Herrſchaft der „ Chalifen aus dem Hauſe Ommiah, und von 132 bis 293 ſtand es unter den „ Chalifen aus dem Hauſe Abbas. In dem zulezt erwähnten Jahr ward Saná „ von den Karamitern (Karmatianern) erobert. Ali ibn elfadl, der Anführer „ dieſer neuen Eroberer ward aber im Jahr 303 erſchlagen *). Herr Forſkäl hat „ weiter bemerkt: daß nachher Aſſad ibn Jäfar, Stadthalter zu Saná geweſen „ſey. „ Alſo ſind wahrſcheinlich einige der vornehmſten Städte des Königreichs Jemen, doch deswegen nicht alle kleine Herrſchaften in dieſem Lande, nochmals wieder unter die Herrſchaft der Chalifen von Bagdad gekommen. „ Im Jahr 439 regierete eine Familie Solejki in Jemen. Dai Saba „ ibn Achmed ſtarb im Jahr 460 als der lezte König aus dieſem Hauſe. Ein ge- „ wiſſer Hatemibn Chaſchim el Hamdäniſtarb im Jahr 502.„ Der Beyname el Hamdäni ſcheint anzuzeigen, daß dieſer Herr einer von der alten berühmten je- meniſchen Familie Hamdän geweſen ſey, und alſo ſtunden die Jemener zu dieſer Zeit nicht mehr unter einem fremden Joche. „ Abdalla, ein Sohn des Hatem, „ regierte nachher 2 Jahr, und ſein Bruder Mäan im Jahr 510. - „ Im Jahr 545 waren die Provinzen Sáade, Nedſjerän, Dsjöf „ und Daher *) unter der Herrſchaft eines Imän Motwkkelalallah Achmed „ ibn Soliman. Außer dieſem regierete in Jemen auch ein Sultän Hatem „ ibn Achmed. Dieſer ſcheinet ein mächtiger Fürſt in dem ſüdlichen Theil dieſes „ Landes geweſen zu ſeyn; denn nicht nur er, ſondern auch ſein Sohn und Nach- „ folger *) Nach Sales praeliminary diſcourſe Sečt. I. p. 12. regierten die Karmatigner noch im Jahr 325 in Jemen. *) Von einer Landſchaft Daher habe ich in Jemen nichts erſahren können. Die Landſchaft Jemen. I89 „ folger Aliibn Hatem, haben mit dem erwähnten Iman Krieg geführet. Ali ibn „Hatem regierte noch im Jahr 569. Weiter geht der Auszug des Herrn Forſkäls nicht. Man lieſet aber in dem 3ten Theil der algemeinen Welthiſtorie der neuern Zeiten § 8. daß Salaheddin um dieſe Zeit ſeinen Bruder Turan Schah Befehl gegeben, einen Feldzug gegen Aljaman anzutreten, welches damals unter der Tyranney des Abdalnabi ſeufzete, eines Emirs der von den alten Einwohnern dieſer Provinz abſtammete, und daß Turan Schah ſich ganz Jemen unterwürfig gemacht habe. Alſo kam die Re- gierung von Jemen nunmehro an die Familie der Ajubiten. Allein dieſe frem- den Eroberer haben den alten arabiſchen Adel auch wohl nicht gänzlich unterdrücken können, ſondern ſehr viele in den bergigten Gegenden, und unter dieſen auch die Imams, haben ihre Unabhängigkeit wahrſcheinlicherweiſe beſtändig behauptet. Im Jahre 859 (1454) erhielt eine Familie Beni Taher genannt, die Regierung von Jemen. Von dieſer ſoll einer mit Namen Salaheddin der lezte Regent geweſen ſeyn. Dieſer war vermuthlich eben derſelbe, welcher nach Marais Berichte im Jahr 922 von dem egyptiſchen SultänelGuri, als dieſer eine Flotte gegen die Portugiſen in Indien ſandte, bezwungen ward *). Höſſejnel Kurdi, der General des Sultäns, erſchlug die Prinzen vom Geblüte, und ſetzte zu Zebid einen Stadthalter ein. Weil aber die Regierung der egyptiſchen Sultäne nicht lange darauf ein Ende nahm, ſo haben die Araber das Joch bald wieder abgeworfen, Kurz nachher, etwa 15oo chriſtlicher Zeitrechnung, als Barthema in dieſen Ge- genden war, regierte ein arabiſcher König zu Rödda, und ein anderer zu Saná. Erſterem gehörte, wie Barboſa berichtet, außer den Hafen Aden, auch Mochha und Hodeida. Es ſcheinet alſo daß das Königreich Jemen unter der Herrſchaft der Mohammedaner niemals von einem, ſondern von einer Menge unabhängiger Herren regiert worden ſey. Daß die Türken ſich des Königreichs Jemen in dem 16ten Jahrhundert chriſtlicher Zeitrechnung bemächtiget haben, iſt unter andern auch aus dem Tage- W A a 3 buch *) S. des Herrn Reiſke Ueberſetzung von Marais Geſchichte der Regenten in Egypten, in dem 5ten Theil des Herrn Büſchings Magazin. I 9G - Die Landſchaft Jemen. buch eines Venetianers, welcher mit auf der Flotte des Soliman Paſcha war, be- kannt *). Ein Araber zu Loheia erzählte, daß 3 Schiffe unter dem Befehl des er- wähnten Paſcha, bey ſeiner Zurückunft aus Indien, bey der Inſel Kamerän An- ker geworfen, und von allen Städten in Tehäma Lebensmittel verlangt hätten. Da aber einige das verlangte weder ſchicken können noch wollen; ſo habe der Paſcha ſeine Leute und einige Canonen an Land geſetzt, ſich der vornehmſten Städte von Jemen nach und nach bemächtiget, und den zu der Zeit regierenden Iman genö- thiget, ſeine Sicherheit in der Bergfeſtung Kaukebän zu ſuchen. Indeſſen ſind die Türken niemals Herren von ganz Jemen geworden, ſondern mitten zwiſchen de- nen von den Türken eroberten Städten, waren außer Kaukebän noch ſehr viele un- abhängige kleine Herrſchaften, welche von den Paſchäs niemals haben bezwungen werden können, und die ſich um den Sultän eben ſo wenig bekümmerten als die Araber in Hedsjas. Daß die Türken nicht einmal Herren von dem ganzen Ge- biet des jezigen Imams geweſen ſind, ſiehet man aus den Nachrichten des Herrn Midleton. Dieſer ſchreibt nemlich, „ das felſigte Gebürge worüber ſie reiſeten „ war meiſtens von Arabern bewohnt, welche das hofärtige, und unbeſcheidene Be- „ zeugen der Türken nicht ertragen konnten. Keiner von den Türken erkühnete „ ſich den Weg durch Nakhil Sumära zu nehmen, ohne einen Paß vom Stadthal- „ter der Provinz zu haben, wo ſie herkamen. Zu Mechader hatten ihre Tsjaus „ die Nacht über auf des Paſcha Wort Eſel genommen, die Araber aber legten „ ſich ihnen den folgenden Morgen vor den Weg, und nahmen ihnen die Eſel, „ ohne daß einer von ihren Führern ihnen hätte ein böſes Wort geben dürfen. Jo- „hann Wilde ſagt in ſeiner Reiſebeſchreibung S. 92. daß der Paſcha zu Kähira „ alle Jahre Kriegsvolk an den Paſcha in Jemen ſchicken müſſen, weil ihrer viele „ von den Arabern erſchlagen würden, indem die Türken ihnen in den bergigten » Gegenden keinen Abbruch thun konnten. Die Araber haben die Türken aus Jemen ſogar vertrieben. So ſagt Marai in ſeiner Geſchichte der Regenten in Egypten, „daß der Sultän Selim das glück- „licheArabien, welches ſchon Sultän Soliman an ſich gebracht hatte, im Jahre 976 - „ (1568) **) Sammlung aller Reiſebeſchreibungen erſter Band, S. 154. Die Landſchaft Jemen. I91 „ (1568) den Wiederſpenſtigen entriſſen habe. Er ſchickte Sinan Paſcha, einen „klugen und tapfern Feldherren, der auch durch viele milde Stiftungen berühmt „ geworden iſt, dahin, welcher dieſes Land den Aufwieglern, doch nicht ohne lan- ,,gen Streit und wiederholte Schlachten, entreiſſen konnte. Die Paſchäs hatten in dieſem ſchönen, von Conſtantinopel weit abgelegenen Lande, ſehr große Einkünfte, und ſuchten ſich durch anſehnliche Stiftungen einen großen Namen zu erwerben, nnd bey dem Pöbel beliebt zu machen. Man ſiehet von ihnen noch jezt in einigen Städten prächtige Moſquéen und Begräbnißpläße. Sie baueten zur Bequemlichkeit der Reiſenden, auch große Karwanſerois, gepflaſterte Wege an den ſteilen Bergen, kleine Gebäude, wo Reiſende bey einem plöz- lichen Regen Schuß, und Pfeiler, worinnen ſie Waſſer finden konnten. Indeſſen muß das türkiſche Joch den Arabern doch nicht gefallen haben. Nach- dem die Einwohner von Jemen gelernet hatten mit Feuergewehr umzugehen, und die Türken nicht mehr, wie zuvor, für unüberwindlich zu halten, ſo fiengen ſie an ſie immer mehr und mehr zu beunruhigen. Keiner war gegen die türkiſchen Paſchäs glücklicher als Seiid Khaſſem ibn Mohämmed, einer von Mohämmeds Nachkommen. Dieſer war ein Anverwandter von der alten Familie der Imams, welche ihre Unabhängigkeit noch beſtändig auf Kaukebän behauptet hatten; beyde rechneten ihre Abkunft von einem Imam Hädi, welcher zu Sáade begraben liegt, und deſſen Nachkommen noch jezt daſelbſt regieren. Khaſſem ibn Mohámmed leb- te zwar als eine Privatperſon anf dem Gebürge Schähära, und hatte von ſeinen Vorfahren nur wenige Einkünfte. Er erwarb ſich aber die Freundſchaft anderer unabhängigen Araber, und wagte es mit ihrer Hülfe die türkiſchen Paſchäs, (nach der genaueſten Rechnung welche ich aus mündlichen Nachrichten habe erhalten kön- nen, ohngefehr im Jahr 1630) anzugreifen, und ſie aus einer Stadt nach der andern zu vertreiben. Sejid Khaſſem regierte nur 8 bis 9 Jahre, und hat ſeine Reſidenz nicht von Schähära verlegt. Er wird von den Arabern in Jemen Khaſſemelkbtr d. i. der große genannt, und iſt der Stammvater von der jezt regierenden Familie des Imams zu Saná. Die Nachrichten von der Regierung der folgenden Imams, von Khaſſem elkbir an, bis auf den jetzt regierenden Möhddiabbäs, habe ich größtentheils von einem I92 Die Landſchaft Jemen. einem Renegaten zu Mochha, theils mündlich theils ſchriftlich erhalten. Der Name Renegat iſt ſo verhaßt, daß vielleicht mancher alle Nachrichten von einem ſolchen Menſchen, ſo gleich vor unzuverläſſig erklären möchte. Ich muß deswegen bemerken, daß ich mich verſchiedener dieſer Sachen wegen, auch bey eingebornen Arabern erkundigt, und die Nachrichten des Renegaten allezeit richtig gefunden habe. Meine Leſer ſelbſt werden mehr Mitleiden, als Verachtung gegen dieſen Menſchen haben, wenn ich ſie genauer mit ihm bekannt mache. Er war von an- ſehnlichen Eltern auf der Inſel Ceylon geboren, und ſehr jung nach Holland gekom- men, woſelbſt er eine gute Erziehung gehabt hatte. Seine Anverwandten hatten ihn mit guten Empfehlungsſchreiben wieder nach Indien zurückgeſandt, und hier hatten die holländiſchen Kaufleute ihn als Unterkaufmann auf ein Schiff, welches nach Mochha beſtimmt war, geſetzt. Der erſte Kaufmann und Capitain dieſes Schiffes war ein indianiſcher Mohammedaner. Mit dieſem war der junge Hol- länder bereits auf der Reiſe in Streit gerathen. Bey ſeiner Ankunft zu Mochha traf er einen holländiſchen Renegaten, von Profeſſion einen Schneider an. Er ſah ſeine Tochter, und obgleich er kein Wort mit ihr reden konnte, weil ſie keine andere Sprache als die arabiſche gelernt hatte; ſo ward er doch in kurzer Zeit ſo verliebt in ſie, daß er ſie zu heyrathen verlangte. Der Vater ſtellte ihm die Unge- reimtheit ſeines Begehrens vor, und führte die Verſchiedenheit ihrer Religionen als eins der vornehmſten Hinderniſſe ſeiner Einwilligung an. Der Holländer be- ſchloß alſo ſein vermeyntes Glück dadurch nicht ſtören zu laſſen. Er gieng gleich zu dem Gouverneur, und verlangte ein Mohammedaner zu werden. Dieſer wollte ihm Zeit laſſen ſich zu bedenken. Der Holländer verlangte aber, daß man ihn gleich beſchneiden möchte. Nach vollendeter Ceremonie begab er ſich wieder zu dem Schneider, und erzählte ihm alles was vorgegangen war. Dieſer wollte ihm jetzt ſeine Tochter noch weniger geben als vorher; denn wenn er gleich als ein europäi- ſcher Kaufmann ein angeſehener Mann geweſen war, ſo befand er ſich doch nun in den allerſchlechteſten Umſtänden, und in einem Lande, wo er nicht einmal die Sprache verſtehen konnte, und alſo gänzlich außer Stande war ſein Brod zu verdienen. Der Neubekehrte ſah nun ſeinen Fehler ein, und bereuete ſeine Thorheit zu ſpät. Da Die Landſchaft Jemen, I93 Da bisher Leſen und Schreiben ſeine vornehmſte Beſchäftigung geweſen war, ſo glaubte er, daß dieſes ihn auch als Araber würde ernähren können. Er legte ſich mit allem Fleiß auf die arabiſche Sprache, und lernete ſie in kurzer Zeit reden, leſen und ſchreiben. Die Regierung ſchien auch Mitleiden mit ihm zu ha- ben; denn, anſtatt daß ein gemeiner Europäer, der ein Mohammedaner wird, mo- natlich nur 1 bis 2. Species Thaler zu ſeinem nothdürftigen Unterhalt erhält; ſo machte man ihn zum Reiter, um ihm ein größeres Einkommen zu verſchaffen. Allein hier begegnete ihm ein neues Unglück. Weder in der Schule, noch auf der See, hatte er reiten gelernt, und ſein Pferd, welches dieſes merkte, ward ſo mu- thig, daß es ihn herunter warf. Hiedurch ward er bey den Arabern zum Gelächter, und dieß verdroß ihn dermaßen, daß er ſeine Bedienung zu Mochha, wovon er doch ſeinen nothdürſtigen Unterhalt mit Bequemlichkeit hätte haben können, verließ, und ſein Brodt in dem innerſten von Jemen, vornehmlich in der Landſchaft der Bundesgenoſſen Haſchid und Bekil ſuchte. Hier kam er in die ſchlechteſten Um- ſtände. Bald mußte er einige Stüver mit Briefſchreiben verdienen. Bald ſchrieb er Amuleten gegen allerhand Zufälle, die ein Menſch nur befürchten konnte. Bald predigte er Buße in den Moſquéen. Er hatte ein vortreffliches Gedächtniß, und lernete die Geſchichte der vornehmſten mohammedaniſchen Heiligen ſo gut, als es nur von einem mohammedaniſchen Prieſter verlangt werden konnte. Da er nun auf ſei- nen Reiſen in Jemen viele Begräbniße der einländiſchen Heiligen, wozu auch verſchiedene von den Imams gerechnet werden, antraf, ſo legte er ſich nicht mehr bloß auf die Geſchichte der Heiligen, ſondern auch auf die politiſche Geſchichte von Jemen, und bahnete ſich dadurch einen freyen Zutritt zu den Gelehrten, und verſchiedenen unabhängigen Schechs. Weil er aber nicht dreiſte genug war, um beſtändig die Rolle eines Bettlers zu ſpielen, ſo kehrte er endlich wieder nach Mochha zurück, und lebte daſelbſt in großer Armuth. Er hatte von ſeinen Landesleuten ſchon lange die Erlaubnis erhalten wieder zurück zu kommen. Theils die Scham, wieder bey ſeinen Anverwandten zu erſcheinen, theils aber auch das Gewiſſen, eine alte kranke Frau zurück zu laſſen, hatte ihn davon abgehalten. Bb - - Dieſem I94 Die Landſchaft Jemen. Dieſem Holländer habe ich auch das vornehmſte in der nebenſtehenden genealogi- ſchen Tabelle, ingleichen die meiſten geographiſchen Nachrichten von den Diſtrikt Haſchid u Bekil zu danken. Ich komme wieder zu der Geſchichte der Regenten in Jemen. Khaſſem der Große, der erſte Imam von der jetzt regierenden Familie, hatte zwey kluge und tapſere Generals an ſeinen beyden Söhnen Ismael und Haſſan. Der erſtere übernahm die Regierung nach dem Tode ſeines Vaters, beyde aber arbeiteten ge- meinſchaftlich an der Befreyung ihres Vaterlandes, und es ſcheinet, daß der Sul- tan zu Conſtantinopel ſich nicht viel um dieſe entfernte Provinz bekümmert habe. Denn da die türkiſchen Truppen einen ſogar weiten Weg durch ſo viele Länder der unabhängigen Araber, oder auch über den ganzen arabiſchen Meerbuſen machen mußten; ſo waren die Unkoſten, um dieſes Land in Unterwürfigkeit zu halten, wahy- ſcheinlich weit größer als die Einkünfte davon. Die Nachkommen von Khaſſem elkbir, bemächtigten ſich auch des Titels Imam. Die alte Linie hergegen, wek- che auſ Kaukebän regierte, und noch regieret, mußte ſich mit dem bloßen Titel Sidi (Prinz, Herr) begnügen. Die Imäms von Jemen wählten ſich bey dem Antritt ihrer Regierung einen neuen Namen, ſo wie ehmals die Fatemiten und Abaſſ- ten, und noch jezt die Könige von Habbeſch zu thun pflegen. Ismael nannte ſich EImäm Metwkke, oder nach der Meinung anderer el Metwkkelalläh. Die Araber halten ihn für einen großen Heiligen, und rühmen daß er kleine Müßen, wie die Araber zu tragen pflegen, genehet und verkauft habe, um von den öffentli- chen Einkünften nichts zu ſeinem eigenen Unterhalt anzuwenden *), daß er ſich - mit. - *) Ich hielt es anfänglich für eine Faber, daß ein arabiſcher Fürſt ſein tägliches Broet durch das Schneiderhandwerk ſollte verdient haben, allein man findet bis auf die- ſen Tag würklich noch Mohammedaner, welche ſich ein Gewiſſen daraus machen, mit jemanden zu eſſen, wenn ſie befürchten, daß das Geld, wofür das Eſſen ge- kauft worden, auf eine unerlaubte Art gewonnen ſey, ja einige aber ſehr we- nige gehen ſo weit, daß fie das Geld, wovon ſie nur zweifelhaft ſind, ob es rechtmäßig erworben ſey, von dem mit Recht erworbenen Gelde abſondern, und ts den Armen geben, wenn ſie nicht gleich eine Gelegenheit haben es dem Eigen- thümer --- – - S. I94. HO!! dr 1 763. (S - - E. sº II. Elmetwokkel alalláh Ismael, regiDoran. – III. Elmejid billáh MJachſen. Ali. begr. zu Charres - Mohámmed, reg. - A Tr 7 Zºº. T 7- Ä Ä Dovan. Höfſejn. begr. Ä. machſen, Herr 2. Juſef –, - – - - ------ 2. UJo är111eO. º Ali- d von Suk hads 3. Höſſejn. MJachſen.T b -- # zU 4. Tasr nnd Dahhrein. Jabs. 2 Abdulla. Ä. 5. MTgchſetr. X- ––X––-TÄTTTT3- Ali. –---- 6. Jbrahin. VII. El Imänn Taſſer Urohäm- MJohámme ZKháſſen. 3 MJohámmed º war nicht von dieſer Fami- te nºch ſtarb im Ge- lie. Cr regierte auch nur eine 1763. fängn. kurze Zeit. - 3. Juſof, 4. Ali. ſtarb im Ge- 5. Ibrahim. fängniß. 6. Abdul rachmän. - -, I, *v. des Imams. Ali / 3 im Gefängn. verheyrather ---- mit der zu Taäs. Schweſter - äna. des Imams 3 im Gefäng Abbas. - Die Landſchaft Jemen. I95 mit einer Frau begnügt, und nur eine Sclavinn zur Hausarbeit gehabt habe. Kurz, dieſer Herr war ſo wenig eigennützig, und ſo eifrig ſeinem Vaterlande zu dienen, daß alle ſeine Landesleute ihm willig Hülſe gegen die Türken leiſteten. Er reſidirte zu Dorän, und regierte 3o Jahr. Den Imam El Metwkkel Ismael folgte ſein Sohn Mohämmed, unter dem Namen Elmejid Billah. Dieſer führete während ſieben Jahren eine geru- hige Regierung, er war im Anſehung ſeiner Haushaltung mit den öffentlichen Ein- künften eben ſo gewiſſenhaft als ſein Vater, und hatte ſeine Reſidenz auch zu Dorän. Nach ſeinem Tode folgte ihm ſeines Vaters Brudersſohn Achmed, welcher ſeine Reſidenz zu Charres nahm, und ſich als Imam Elmahädi ausrufen ließ. Die- ſer Herr erweiterte die Gränzen ſeines Reichs, und ward wegen ſeiner Gottesfurcht ſehr berühmt, er regierte aber auch nicht länger als ſieben Jahr. Nach dem Tode dieſes Imams ließ ſich ein Bruderſohn von Elinejid billah Mohämmedibn Höſſein, unter dem Namen ElmahädiHädi als Imam ausrufen, und nahm ſeine Reſidenz zu Charres. Er regierete aber nicht länger als 2 Jahre, da Elmahädi Mohämmed, ein Sohn des vorigen Jmam Elma- hädi Achmed ſich der Herrſchaft mit Gewalt bemächtigte. Dieſer Herr nahm ſeine B b 2 Reſidenz thümer wieder auf eine gute Manier zu zuſtellen. Der Imam Metwkkel ſcheint alſo einer von denen geweſen zu ſeyn, welche in dieſem Stücke ſo gewiſſenhaft ſind, und er iſt nicht der einzige unter den mohammedaniſchen Prinzen, welcher alſo gedacht hat. Benjamin de Tudela bemerkt ein gleiches von einem Chali- fen, der zu ſeiner Zeit zu Bagdad regierte, mit ſolgenden Worten: Il s'eſt fait cette religieuſe loi de ne ſe ſervir pour ſon boire ſon manger & ſon vetir que de ce qui provient du travail de ſes mains. L'art ou il s'exerce eſt de faire des Nates d'une maniere tres curieuſe, qu'il donne a .ſes Officiers marquées de ſon cachet pour etre vendués au marché. Les grands du pais ne manquent pas de les acheter, & il vit du provenu de cet argent. C'eſt un homme de probité gardant ſa foi, attaché au culte de ſa religion, d'un abord affable & parlant aiſement a tout le monde. In Mr. Dow's hiſtory of Hindoſtan wird eines Prinzen Sultan Mamood erwähnt, welcher eben dieſe Re- - gen beobachtet hat, und Marin behauptet ein gleiches von Noureddin. 196 Die Landſchaft Jemen. Reſidenz zu Mauäßheb, und regierte mit ſehr veränderlichem Glücke 30 Jahre. Die Franzoſen, deren Tagebuch von la Rocque herausgegeben worden iſt, waren ey dieſem Imam. Auch iſt es ohne Zweifel eben derſelbe, von dem der Capit. Hamilton ſagt, daß er im Jahr 1714, 8o Jahr alt geweſen ſey. Wenn aber die Araber im Jahr 172o gegen ihren Imam rebelliret haben, wie der Capit. Ha- milton bemerkt, ſo iſt dieſes gegen einen ſeiner Nachfolger geweſen, oder man hat mir die Zeit der Regierung der folgenden Imäms zu groß angeſetzt. Dieſer Mahädi Mohämmed hatte ſehr ſchwere Kriege gegen die verei- nigten Schechs von Haſchid u Bekil zu ſühren. Im dem erſtern ſchickte er ſeines Bruders Sohn Khaſſem ibn Höſſejn gegen ſie, und als dieſer ſo glücklich gewe- ſen war die Feinde zu demüthigen, ſo erhielt er dafür das Caſtell zu Damär zu ſei- ner Belohnung. In einem der folgenden Kriege ſchickte der Imänn ſeinen älteſten Sohn Ibrahim gegen die vereinigten Schechs von Haſchid und Bektl. Das Heer aber ward umter ſeiner Anſührung gänzlich geſchlagen, und der Imäm genö- thiget ſeinen erſten General Khaſſem wieder aus dem Gefängniß zur Armee zu ſen- den. Nachdem dieſer wieder einen vollkommenen Sieg erhalten hatte, ſo hielt er nicht für rathſam nach Mauähheb zurück zu kehren, ſondern blieb zu Amrän. End- lich kam einer von Schähära, mit Namen Mohämmed ibn Haſſan, der ſich unter dem Namen Elnäsr, als Imäm ausrufen ließ, und den Imäm Elmahädi würcklich abſetzte. Dieſer hatte noch nicht 2 Jahre regieret, da der vorhin er- wähnte Khaſſem ibn Höſſejn ihm die Regierung aus den Händen riß, und ſich ſelbſt unter dem Namen Elmetwkkel zum Imäm aufwarf. Der Imäm El mahädi lebte etwa noch 3 Jahre nach verlorner Regierung. Der Imäm Elmetwkkel wählete die Stadt Saná zu ſeiner Reſidenz, und verſchafte ſeinen Unterthanen während ſeiner 10 jährigen Regierung wieder ei- nige Ruhe. Man zeigte mir ſein Begräbniß in einem kleinem Gebäude nahe bey Babſabba. Nach ſeinem Tode ſetzte ſich zwar ſein Sohn Höſſejn, unter dem Na- men Elmanſor, auf den Thron, welcher ihm aber bald durch Mohämmed ibn Ishak, der den Namen Elmejid (ein anderer ſagte Hädi) annahm, genommen ward. Dieſer neue Gegen-Imän war ein Brudersſohn von Elmahädi Mohäm- med, und ward durch Mohämmed ibn Höſſejn, den Herren von Kaukebän, ſo Die Landſchaft Jemen. 197 ſowohl unterſtüßt, daß er bereits von den ganzen Lande, ausgenommen Saná, Meiſter war. Seine Regierung aber hatte nur ein Jahr gedauert, da beyde, Mo- hämmed ibn Höſſejn und der Imäm Elmejid, von dem Imäm Elmanſor gefan- gen genommen wurden. Im Jahr 1728 bekam ein anderer Brudersſohn von El mahädi Mohämmed, mit Namen Abdullaibnabutäleb, Luſt Imäm zu werden; der Imäm Elmanſor aber bemächtigte ſich auch dieſes ſeines Nebenbuhlers, und ſteckte ihn zu Saná ins Gefägniß, woſelbſt er 1761 ſtarb. Einige Jahre nach- her rebellirte ein Nakib Rödſje, Schech von Chaulän, und gab Juſof, ei- nem Bruder des Junäms, Hoffnung, ihm zum Thron zu verhelfen. Dieſer ließ ſich auch nach der Regierung gelüſten. Weil aber der Imänn frühzeitig davon un- terrichtet ward, ſo ließ er ihn in Eiſen ſchließen, in welchen er nach anderthalb Jahren ſtarb. Dem Schech von Chauän verwüſtete der Imäm ſein Land, und nöthigte ihn die Flucht zu nehmen. Achmed, ein anderer Bruder dieſes Imäms, ward etwa 1736 als Stadthalter nach Taäs geſandt, er ſetzte ſich aber daſelbſt ſo feſt, daß er nachher niemals wieder zum Gehorſam gebracht werden konnte. Auch ge- ſchah es unter der Regierung dieſes Imäms, etwa 1737 oder 1738, daß die Fran- zoſen Mochha bombardireten. Er regierete 21 Jahre, vermuthlich aber iſt hierun- ter das eine Jahr, in welchem Elmejid Mohämmed ſich der Regierung bemäch- tiget hatte, mit eingerechnet. Er ward zu Saná in einer Moſqué mit Namen Ebhar begraben. Der Imäun Elmanſör hinterließ verſchiedene Prinzen. Von dieſen hatte beſonders einer, mit Namen Ali, das größte Recht zum Throne; denn er war von der eſten Gemahlinn ſeines Vaters, der Tochter Sidi Mohámmed ibn Höſſejn, des Herrn von Kaukebän, und alſo von den Nachkommen Mohánmeds beydes von väter-und mütterlicher Seite. Dieſe Prinzeſſin wohnte noch 1763 zu Saná, in einem Pallaſt Dar ſinnän. Alle Unterthanen wünſchten dieſen Prin- zen zu ihrem Regenten zu haben, und keiner glaubte daß ihm jemand dieſes ſtreitig machen würde. Allein die Prinzeſſin war nicht ſo ſchlau, als die Mutter des 2ten Prinzen Abkäs, welche pechſchwarz, und eine Sclavinn des Imams geweſen war. Dieſe wußte den Tod ihres Herrn ſo lange zu verhelen, bis ein Kádi Jachja ibn Salechh, einer von den vornehmſten Miniſtern des Imäms, die Truppen und die s - B b 3 POL- I9Z Die Landſchaft Jemen. vornehmſten Stadthalter in den Provinzen zu der Parthey des Abbäs gebracht hatte, und ſo ward der unſchuldige Prinz Ali ins Gefängniß geſteckt, in welchem er ſeine ganze Lebenszeit bis 1759 zubringen mußte. Der zweyte Prinz Abbas nahm als Inäm den Namen Elmahädi, oder Elmöhhdi an. Der Kádi Jachja war nachher ſein vertrauteſter Miniſter: als aber der Prinz Ali ſich kurz vor ſeinem Tode, in einem Briefe bey dem Imäm über das ungerechte Verfahren des Kádi, höchſtens beſchwerte, und die Unterthanen auch anfiengen mit der tyranniſchen Regie- rung ihres Imams unzufrieden zu ſeyn, und das Schickſal des älteſten Prinzen zu bedauren; ſo confiſeirte der Imam alle Güter ſeines alten Miniſters, und ſchickte ihn mit ſeinem Bruder und ſeinem Vertrauten, Kádi Mohämmed el Amerie, ins Gefäng- niß. Die beyden letztern kamen nach 2 Jahren wieder auf freyem Fuß, der alte Kádi hergegen war erſt kurz vor unſerer Ankunft zu Saná wieder los gekommen, und lebte von einem Gnadengelde, welches der Imäm ihm reichen ließ. Bey dem Anfange der Regierung des Imäms ElmahädiAbbäs nahm Sidi Achmed ibn Mohämmed, ein Schweſterſohn des Elmetwkkel Khaſſem, und Herr von Kaukebän, den Titel El Imäm Nasralláh an; er hatte aber nicht Kräfte genug ihn zu behaupten. Nachher ließ er ſich abermal zu Schibäm als Imäm Hädi ausrufen. Er rückte auch würklich mit ſeinen Truppen in Ham- dän ein, und ſchlug die Armee des Imäms Elmahädi. Es gerieth aber das Pul- vermagazin in Brand, und dem neuen ImämHädi verbrannten nicht nur ſeine Kleider, ſondern er ward auch genöthiget mit einem verſengten Bart wieder zurück zu ziehen, und Friede zu machen. Etwa in dem Jahre 175o rückten die Araber aus Nehhm und Deibán ohngefehr 3ooo Mann ſtark, in das Gebiet des Imäms faſt bis Saná, allein ſie wurden bald geſchlagen und zerſtreuet. 1757 kamen die Bundesgenoſſen von Haſchidu Bekil 4 bis 5000 Mann ſtark, durch Chaulän nach der Gegend von Damär, und ſchlugen die Armee, welche der Imäm gegen ſie geſandt hatte. Sie verſuchten in dem folgenden Jahre auch bey Suradsje einzudringen. Der General des Imäms aber überrumpelte ſeine Feinde, da ſie es am wenigſten vermutheten, und nöthigte ſie in aller Eile die Flucht zu nehmen. 1757 hatte der Imäm Elmahädi auch Streitigkeiten mit Achmed ibn Mohámmed ibn Ishäk, dem Herrn von Öſäb, wegen der Münzgerechtigkeit, welche der letzte ſowohl als der Imämprä- tendirte. Die Landſchaft Jemen. I99 tendierte. Dieſer Krieg endigte ſich bald; denn Achmed ward nach Saná ge- bracht, und genöthigt die Einkünfte von ſeinem kleinen Fürſtenthume in der Reſ- denz des Imäms zu verzehren. - - Einer der größten Feinde, womit der Imäm zu ſtreiten gehabt hat, war Abdurräb ibn Achmed, welcher ſich zuletzt Schech von Hödſerie nannte. Dieſer Abdurráb war ein Sohn eines Nakib (Generals) welcher in dem kleinem Amte Iüffros viele Jahre Stadthalter geweſen war, und weil der Imäm jederzeit über ſeinen Dienſt viel Zufriedenheit ſpüren ließ, ſo erhielt auch der Sohn eben dieſe Bedienung nach dem Tode ſeines Vaters. Ein paar Jahre nachher ward er nach Saná gerufen, um Rechnung abzulegen, und der Imäm war ſo wohl mit ihm zufrieden, daß er ihm befahl einige kleine Caſtelle, welche die Schechs in dieſem Reiche noch beſtändig unterhielten, niederzureißen, und nachher als Stadthalter nach Katabá, einem weit einträglicheren Amte als Iüffros, zu gehen. Abdurráb war bey dem Niederreißen gar nicht nachläſſig. Er machte ſich aber dadurch viele Feinde, und unter dieſen beſonders einen Nakib Mohämmed ibn abdüllah, Sahheb d. i. Herr von Wadej, deſſen Caſtell zu Roboelhaña, nicht weit von Mechhäder, bey dieſer Gelegenheit gleichfals demoliret ward. Da dieſer Mohämmed ibn Abdüllah, Nakib oder General im Dienſte des Imäms war; ſo ſuchte er ſich wieder an Abd urráb zu rächen, und brachte es durch ſeine Parthey ſo weit, daß er unvermuthet nach Saná zurück gerufen ward. Allein da Abdurráb durch ſeine Freunde von der Urſache dieſes Befehls unterrichtet war, und befürchtete, daß er nicht ſo glücklich wieder vom Hofe kommen möchte, als das erſte mal, ſo weigerte er ſich zu kommen, und machte ſich bereit, ſich zu vertheidigen, wenn der Imäm ihn als einen Rebel- len etwa mit Gewalt nach Saná ſollte holen laſſen wollen. Der Ungehorſam des Abdurráb gab ſeinen Feinden Gelegenheit den Imäm zu überreden, unverzüg- lich eine Armee von 3ooo Mann, unter dem Befehl des Nakib Mohämmedibn Abdüllah abzuſchicken, und dieſer glaubte, daß nunmehro die Zeit gekommen wäre, ſich wieder an Abdurräb zu rächen. Allein er belagerte die Stadt Katabá II ganze Monate lang vergeblich. Nach einer ſo langwierigen Belagerung fehlte es Abdurráb faſt an allem, und er war genöthiget Katabá in der Nacht zu ver- laſſen, und ſich mit ſeinen Leuten, welche etwa aus 5 bis 6oo Mann beſtanden, durch 2OO Die Landſchaft Jemen. durch die feindliche Armee zu ſchlagen. Abdurräb flüchtete hierauf in die beyden Bergfeſtungen Dimlu und Manſöra, im Amte Hödſerie, woſelbſt ſeine Freunde ihm die Thore öffneten. Der Nakib Mohämmed hergegen mußte mit Schimpf wieder nach Saná kehren. Nachher ward ein anderer General mit einer Armee nach Dimlu geſandt, aber auch dieſer mußte unverrichteter Sache wieder zurück gehen. Bisher hatte Abdurráb ſich nur vertheidiget. Sobald er ſeine Stärke gemerkt hatte, fing er an die Unterthanen des Imäms zu beunruhigen, und beſetzte ſo gar ſchon die Stadt Dsjöbla. Aber weil dieſer Ort mit keinen Mauren umge- ben iſt, und er alſo ſich daſelbſt nicht lange würde haben halten können, ſo ließ er ſich eine Summe Geldes bezahlen, und gieng nach Hödſerie zurück. - Da der Imäm allein dieſem arabiſchen Helden nicht gewachſen war; ſo ward im Jahr 1757 zwiſchen ihm und Abdulkerim, dem Schech von Aden, wel- cher auch anfeng ſich für Abdurräb zu fürchten, ein Bündniß getroffen, daß ſie ihn zu gleich von beyden Seiten angreiffen wollten. Der Held aber erwartete dieſe Zeit nicht, ſondern fiel ſogleich in das Gebiet des Schechs von Aden ein, beſetzte Lahadſe und hielt den Schech Abdulkerim während 4 bis 5 Monaten dergeſtalt in der Stadt Aden eingeſchloſſen, daß er genöthigt ward ihn mit einer Summe Geldes zum Ab- zug zu bewegen. Der Imäm hergegen ſchien in dieſer Zeit ſich gar nicht um ſeinen Bundesgenoſſen zu bekümmern. - Als die Armee des Imäms im Jahr 176o die Stadt Taäs belagerte, wollte Abdurráb abermal verſuchen neue Eroberungen zu machen. Er hatte ſich des kleinen Caſtells zu Muſa ſchon bemächtigt, und war mit ſeinen Truppen bereits in der Nähe von Mochha angekommen. Allein da der Gouverneur dieſer Stadt ihm wiſſen ließ, daß die auf der Rehde liegenden Engländer ſich mit ihm vereinigen, und ihn mit Canonen empfangen würden; ſo wagte er es nicht, weiter vorzurücken. Der Imäm war indeſſen nicht wenig in die Enge getrieben; denn, da er vorher den Schech Abdurráb nicht hatte zum Gehorſam bringen können, und es das An- ſehen gewann, als würden ſeine Truppen allein, die Stadt Taäs nicht ſo bald er- obern; ſo war er darauf bedacht, ſich des einen Feindes gegen den andern zu bedie- nen, um ſie beyde deſto geſchwinder zu Grunde zu richten. Abdurräb hergegen, welcher die Denkungsart des Imäms ziemlich kannte, wollte anfangs allen Eid- ſchwüren Die Landſchaft Jemen. 2OI ſchwüren und Verſprechungen deſſelben nicht trauen. Endlich aber ward doch der Friede, durch die Vermittelung der beyden vornehmſten Generals des Imäms, ge- ſchloſſen. Nemlich, Abdurráb verſprach, mit ſeinen Truppen, oder vielmehr Partheygängern, zu der Armee des Imäms vor Taäs zu ſtoßen, und dieſe Stadt erobern zu helfen, auch nachgehends niemals mehr einige Feindſeligkeiten gegen die Unterthanen des Imäms auszuüben. Der Imäm entſagte ſeiner Seits allem An- ſpruch auf das Amt Hödsjerte, und verhieß dem Abdurráb jederzeit als einem getreuen Freund und Bundesgenoſſen zu begegnen. Der Imäm bekräftigte dieſes mit ſieben Eidſchwüren, (warum aber ſieben mehr Zutrauen gefunden haben, als ein Eid, iſt mir ein Räthſel geblieben,) und überſchickte zu mehrerer Verſicherung den Korän, worauf er geſchworen hatte, und ſeinen Roſenkranz, welchen er gewöhnlich zu tragen pflegte *). Die Zeugen oder vielmehr Bürgen dieſes Friedens waren: der Nakibelmäs und Nakib Achmedelhamr. Beyde ſtunden nicht nur in den größten Ehrenämtern, ſondern waren auch als ehrliebende und gottesfürchtige Herren bekannt. 4 Gleich nach getroffenem Frieden vereinigte ſich Abdurräb mit den Truppen des Imäms vor Taäs, und die Stadt ward hauptſächlich durch die Klugheit dieſes Bundesgenoſſen erobert. Der Imäm bezeigte ſich über die Aufführung des Abd urráb ſehr zufrieden. Er ließ auch denen von der Familie des Sidi Achmed, welche Taäsvertheidigt hatten, auf das freundſchaftlichſte begegnen, und verlangte, daß ſie alle nach Saná kommen möchten. Abdurráb war etwas mistrauiſch. Allein da er ſo große Verſicherung von der Freundſchaft des Imäms, durch die beyde Gene- rals Elmäs und Achmedelhamr hatte, ſo wagte er es zu Saná zu erſcheinen. Unter- *) Viele Türken und Araber tragen eine Schnur wie einen Roſenkranz einiger Secten Chriſten; allein die Sunniten pflegen nur damit zu ſpielen, einige Schechs die das Anſehen einer beſondern Heiligkeit haben wollen, ausgenommen, denn dieſe beten auch darnach, ſo wie die Schiiten. Da nun die Zéiditen dieſer Secte nä- her zu kommen ſcheinen als den Sunniten, ſo bedienen ſie ſich derſelben auch viel- leicht beym Gebete. Sonſt iſt nicht wohl zu begreifen, warum der Imam ſeinen Roſenkranz zur Verſicherung ſeines Eides geſandt habe. C c 2O- Die Landſchaft Jemen. Unterweges ward er allenthalben mit den größten Ehrenbezeugungen aufgenommen. Eine große Anzahl Einwohner aus Saná reiſete ihm entgegen, um den Held zu ſehen. Man redete von nichts als von ſeiner Tapferkeit und Klugheit. Man er- innerte ſich aller Treffen und Schärmüzel, worin er über ſeine Feinde den Sieg erhalten hatte, ingleichen, da es bey den Arabern ſonſt gar nicht gewöhnlich iſt Kundſchafter zu halten, durch welche Mittel er immer Nachricht von der Stärke und Schwäche ſeiner Feinde bekommen, und daß er ſich ſelbſt bald als ein Bauer, bald als ein Kaufmann mitten unter die Feinde gewagt, bisweilen einige Officiers niedergehauen, und ſich wieder zurück gezogen, oder auch mit ſeinen Partheygängern den Feind unvermuthet überfallen und geſchlagen hatte. Kurz, der Imäm hörte, daß nur der Rebell be- wundert, er ſelbſt hergegen von ſeinen Unterthanen verachtet ward. Ob nun der Imäm und die Feinde des Abdurräb, welche bey Hofe waren, hiedurch aufge- bracht worden, oder ob ſie ſchon längſtens beſchloſſen gehabt, ihn auf eine ſchimpf- liche weiſe zu ſtürzen, oder ob man gefürchtet, daß er ſich in Saná eine Parthey gegen den Imäm machen würde, iſt wohl nicht ſo genau zu beſtimmen. Bey ſeiner Ankunft zu Saná aber wurden ihm ſeine Kleider ausgezogen, und die Hände und das Geſicht roth gefärbt. Er ward in Eiſen geſchloſſen, rückwärts anf ein Kameel geſetzt, und ſo mit Trommeln in der Stadt herumgeführt. Abdurráb würde dieſe Beſchimpfung nicht überlebt haben, wenn er eine ſolche Begegnung hätte vermuthen können. Denn als er unvermuthet überfallen, entwafnet und ausgeklei- det ward, fand man noch einen Dolch an ſeinem bloßen Leibe. Man ließ ihm aber nicht Zeit Gebrauch davon zu machen. Eine von ſeinen Schweſtern, welche zu Saná war, bezeigte ſich nach ihrer Art als eine Heldinn. Als dieſe ihren Bru- der in einem ſo ſchimpflichen Aufzuge auf der Straße herumführen ſah, wollte ſie nicht länger eine Augenzeuginn davon ſeyn, ſondern ſtürzte ſich von dem Dache ei- nes Hauſes, und ſtarb auf der Straße zu den Füßen ihres Bruders. Der Ge- fangene ward geprügelt, und auf andere Art gemißhandelt. Er ward auf einen Miſt- haufen geworfen, und endlich nach dreyen Tagen enthauptet. Dieſes war das Ende des in Jemen in den lezten Jahren ſo berühmten Rebellen und großen arabiſchen Helden. Er war mit der Tochter des Schechs von Schafl verheyrathet, und hinterließ drey Söhne, mit Namen Rödsje, Hamámma und Medsjehid. Dir Die Landſchaft Jemen, 2O3- Die ſchändliche Art mit welcher der Imäm ſein, dem Abdurráb gegebenes Wort gebrochen hatte, muſte ihm natürlich den Haß der meiſten ſeiner Unterthanen, zuziehen. Beſonders waren die Generals Elmás und Achmedehamr, welche für die Treue des Imams Bürge geworden waren, und den Abdurráb ihrer Freudſchaft: verſichert hatten, hiemit ſehr übel zufrieden. Beyde glaubten nicht viel fürchten zu dürfen; dennElmäscommandierete faſt die ganze Cavallerie und InfanteriedesImäms, und war bey der Armee ſehr beliebt. Unter Achmed el hamr hergegen ſtunden alle Bundesgenoſſen von Haſchid u Bekil, welche im Dienſte des Imäms waren. überdieß war die Familie des leztern eine der angeſehenſten unter den Bundesgenoſſen von Haſchid, und ſein Bruder Khaſſem war bey denſelben commandirender General. Achmedelhamr ſtellete den Imäm wegen ſeiner Treuloſigkeit zuerſt zu Rede, erward dafür aber gleich ins Gefängniß geführet. Die Unterthanen fingen hierauf an immer mehr zu murren, und der General Elmäs, welcher ſich auch nach ſeinem Sohn Achmed, Abu Achmed nannte, machte einen Anſchlag den Imäm abzuſeßen. So- bald dieſer nur einige Nachricht davon erhielt, ließ er ſeinen General unter verſtellter Freundſchaft zu ſich fodern, und bewirthete ihn, wie gewöhnlich, mit Caffe, wo- von das jezt die Würkung war, daß der Nakib ſein Leben endigen muſte, ehe er nach ſeinem Hauſe zurükkommen konnte. So bald als Khaſſemelhamr, General bey den Bundesgenoſſen von Haſchidu Bekil, von der Gefangenſchaft ſeines Bruders Nachricht erhalten hatte, verſammlete er eine kleine Armee, und rückte gegen Amrän. Der Junäm ſandte ihm eine andere Armee entgegen. In dem erſten Scharmützel aber, (in Arabien können alle Treffen wohl mit keinem andern Namen belegt werden) blieb Nakib Murſchid, ein Sohn des Khaſſemelhamr. Die Parthey von Haſchid ward hiedurch nicht wenig in Unordnung gebracht, und der Vater, welcher ſich über den Tod ſeines Sohnes ſehr grämte, ging mit ſeinen Truppen zurück. Weil nun der Imäm befürchtete, daß die Bundesgenoſſen aufs neue verſuchen möchten den Nakib Achmed auf freyen Fuß zu ſtellen; ſo ließ er ihm in der Stille zu Röddä den Kopf abſchlagen. Er befreyete ſich alſo von der Furcht vor ſeinem geweſenen General; allein er erbitterte dadurch ſeine Nachbaren noch mehr; denn dieſe ver- ſäumten keine Gelegenheit den Imäm anzugreifen und ihn ernſthaft bezalen zu laſſen, - Cc 2 Man 2O4 Die Landſchaft Jemen. Man ſagte daß der Imäm ſich verpflichtet hätte monatlich 5oo Species Thaler an die Anverwandten des Achmedel hamr zu bezalen. Drittehalb Jahre vor unſerer Ankunft in Jemen hatten ſie Loheia und verſchiedene Dörfer in Tehäma abge- brannt, und während unſers Aufenthalts zu Mochha waren ſie wiederum in der Nähe von Loheia, ja es iſt nicht ungewöhnlich, die in Sold ſtehenden Truppen re- belliren, und die vereinigten Bundesgenoſſen von Haſchidu Bekil in der Nähe der Reſidenzſtadt des Imäms zu ſehen. Die arabiſchen Kriege ſind häufig, aber nur von kurzer Dauer, und wir waren ſo glücklich in allen Gegenden von die- ſem Königreiche, wo wir hinkamen, Ruhe anzutreffen. Sonſt würden wir dieſes Land in ſo kurzer Zeit nicht ſo haben durchreiſen können, als wir ge- than haben. Der Imäm el Möhhdi Abbas hatte im Jahr 1763, 17 Mondenjahre re- giert, und war zu dieſer Zeit etwa 45 Jahr alt. Er hatte ein ſehr gutes Anſe- ben, war aber nicht, ſo wie ſeine Vorfahren väterlicher Seite, weiß, ſondern von mütterlicher Seite ſchwarzbraun. Er hatte noch 15 bis 2o Brüder. Von die- ſen waren einige, die ich ſelbſt geſehen habe, pechſchwarz, mit einer breiten Raſe und dicken Lippen, ſo wie die Kafrs aus Africa. Sidi Mohämmed war mit ihm von einer Mutter geboren. Sidi Achmed, Sidi Höſſejn u. ſ. w. waren ſeine Halbbrüder. Er war mit einer Tochter eines Sidi Ali, des Sohns Sidi Ach- med, Herrn von Taäs, und vielleicht noch mit andern Freygebornen verheyra- thet, er hatte aber auch viele Sclavinnen, doch bey weitem nicht ſo viel als ſein Vater Elmanſör; denn dieſer ſoll deren über 2oo gehabt haben. Von 10 bis 12 Prinzen waren die meiſten noch ſo klein, daß ſie nicht aus dem Harem kamen. Die vier älteſten, welche öffentlich erſchienen, hießen Abdállah, Ali, Khaſſem, und Mohämmed, und von dieſen hatte keiner eine öffentliche Bedienung, als nur der zweyte Prinz, Ali. Dieſer war Wali oder Stadthalter des Amtes San- hän, und der darinm liegenden Stadt Saná. Die übrigen Verwandten des Imäms, die alle zu Saná wohnten, waren ſeine zwey Oheime mit Namen Sidiabdulrachmän und Sidi Ibrahim. Sidi Ismael, Herr von Mechä- der. Sidi Achmed, Herr von Öſäb, mit ſeinen Brüdern Sidi Ibrahim, Sidi Khaſſem, Sidi Abbas und Sidi Juſof. Sidi Ali ein Vaterbruders- ſohn Die Landſchaft Jemen. 2O5 ſohn des Imäms, welcher mit der Schweſter deſſelben verheyrathet iſt. Sidi Ali und Sidiabdulkerim von Taäs. Der Thron von Jemen iſt erblich, und wenn die Prinzen alle gleich gute Eigenſchaften beſitzen, ſo wünſchen die Unterthanen jederzeit den älteſten, welcher von einer ehelichen Frau des Imäms geboren worden, zu ihrem Regenten zu bekom- men. Daß aber dieſes nicht allemal geſchiehet, erhellet aus dem vorhergehenden. Der Imäm von Jemen iſt übrigens ein ſreyer unabhängiger Herr, der ſich weder im Geiſtlichen noch Weltlichen, um die Befehle einer auswärtigen Macht bekümmert. Da er ſich mit einem großen Theil ſeiner Unterthanen zu der mohammedaniſchen Sekte Zéidi bekennet, und ſich ſelbſt Chalife und Imäm nemmet, ſo iſt er in ſei- nem Lande als das Oberhaupt im Geiſtlichen anzuſehen, aber auch nicht weiter“ Denn obgleich die Bundesgenoſſen von Haſchidu Bekil, und vielleicht viele an- dere Nachbaren dieſes Reichs, gleichfalls von der Secte Zéidi ſind, ſo hat der Imäm doch nicht die allergeringſte Gewalt über die geiſtlichen Unterthanen eines fremden Herrn. Die Unterthanen des Imäms, welche von der Seete Sümmi ſind, ſtehen unter einem Muſti zu Zebid, dieſer vermuthlich unter dem ſünnitiſchen Kádi zu Saná, und alle unter dem Imäm. Der Imäm, als ein weltlicher Fürſt, führet Krieg und ſchließet Frieden, allein es ſcheint nicht daß er unumſchränckt regieren könne. Wenigſtens ſagte man, daß es ihm nicht erlaubt ſey, einem einzigen von ſeinen Unter- thanen, ſo gar nicht einmal einem Juden oder Heiden das Leben zu nehmen. Son- dern alle Halsgerichts und andere wichtige Sachen, ſollen vor dem höchſten Gerichte zu Saná, welches aus verſchiedenen Kadis beſtehet, und in welchem der Imäm präſidiret, ausgemacht werden, und in dieſem Gerichte werden die Proeeße ſo wohl ſchriftlich als mündlich, und auch wohl durch Fürſprecher abgehandelt. Ich hörte in Jemen, daß in dieſem Gerichte mehr als 2o Kadis ſitzen. In Indien aber ler- nete ich von einem Gelehrten, der viele Jahre zu Zebid geweſen war, daßzu Saná 6 Kodda (Kadis) von der Seete Zéidi, und einer von der Secte Sunni ſey, und dieſe ſind alſo wahrſcheinlich Glieder dieſes Tribunals. Der erſte Kádi zu Saná hieß: Sidi Jachja ibn Mohämmed. Die Vornehmſten von den übrigen waren: El Kádi Mohämmed Melhän, El Kädiabdállah und ElKadi Mohämmed Hattaba. Cc 3 Wenn 2O6 Die Landſchaft Jemen. Wenn aber der Imäm ein Tyrann und mächtig iſt, ſo fehlt es ihm auch nicht an Mitteln Ungerechtigkeiten auszuüben. Von den vielen Kadis ſind gemei- niglich nur einige wenige nach deren Ausſpruch alles entſchieden wird, indem die übrigen ihnen in allem beypflichten. Wenn der Imäm alſo nur die Hauptperſonen gewinnen kann; ſo iſt es ihm leicht ein Urtheil gegen diejenigen zu erhalten, welche er am Leben ſtrafen will. Vornemlich weil es zum Theil in ſeiner Gewalt ſtehet die Kadis, ſo wie alle ſeine übrige Bediente zu verändern, und ſie bloß hiedurch zu nöthigen, nach ſeinem Verlangen ihre Urtheile zu ſprechen. Allezeit aber hat eine gar zu deſpotiſche Regierung auch in Jemen nicht glücken wollen. Denn als der jezt regierende Imäm wegen ſeines Geizes und ſeiner Grauſamkeit bey den Unter- thanen verhaßt ward, ſo ward der Plan ihn von Thron zu ſtürzen, ſchon gemacht, wie bereits erwähnt worden, und ob gleich die Unterthanen damals ihren Endzweck nicht erreicht haben, ſo hat man doch andere Beyſpiele, daß würklich Empörun- gen ausgebrochen, und Imäms bisweilen abgeſetzt worden ſind. Die Araber in Jemen kennen nicht viele und große Ehrentitel. Derjenige, welcher zu meiner Zeit Staatsminiſter war, nannte ſich Achmedel Nehhmi aus dem Diſtrikte Nehhm. Er hatte keinen andern Ehrentitel als den von Faky, und dieſer iſt von einer ſo weitläuftigen Bedeutung, daß ſich auch alle ſeine Secretairs, ja ein jeder in Jemen, welcher mehr als ein gemeiner Gelehrter zu wiſſen glaubt, ſich alſo nennen. Die übrigen welche zu Saná die vornehmſten Ehrenſtellen bekleideten, hießen: El Kádi Höſſejnel Aneſie. El Fakih Abd- üllah ibn Mehey eddin el Araſte, Waliel Wokkuf d. i. der öberſte Aufſeher über die Einkünfte der Moſquéen und andere geiſtliche Stiftungen. Seiid Achmed el Höfäſchi. El Fakih Ali ibn Haſſan el Lokwa war desImäms Geheimer Secre- tair. El Fakih Ali el Amri hatte die Aufſicht über alle Zölle, Gebäude und Gärten des Imäms. El Fakih Achmedel Akwa war der erſte in der Kriegs- canzley. El Fakih Achmed Hannaſch war der Directeur der Münze. In einem jeden Amte des jezigen Königreichs Jemen iſt ein Stadthalter, auf arabiſch Döla oder Emir. Mann nennet ihn auch wohl Wali, allein dieſer Titel ſcheinet nur Perſonen von vornehmer Geburt zuzukommen. Der Sohn des Imäms, welcher zu Saná Stadthalter war, und der Schech von üdden, der auch „ein - Die Landſchaft Jemen. 2o7 T ein kleiner arabiſcher Fürſt genennet werden kann, wurden BZali genannt, und aus der Manier der Araber zu reden, konnte man merken, daß dieſes kein gemei- ner Titel ſey. Ein Döla iſt in ſeinem Amte ohngefehr ſo viel als ein Paſcha bey den Türken; denn er commandiret die Truppen des Inäms in ſeinem Gebiete, und hebet die herrſchaftlichen Einkünfte. Allein er muß ſelbſt auf dem Zollhauſe ſitzen, und jährlich ſehr genaue Rechnung ablegen. Von den viel eintragenden Ämtern werden ſie gemeinlich um das 2te oder 3te Jahr zurückberufen, damit ſie ſich nicht Reichthümer ſammlen, und Luſt bekommen mögen ſich unabhängig zu machen. Wenn die Regierung eines Döla verlängert wird, ſo ſchickt der Imäm ihm allezeit ein Pferd, ein Ehrenkleid und einen Säbel, und da es ihm angezeigt wird, an welchem Tage er dieſes erwarten kann, ſo muß er demjenigen der es bringt, außer- halb der Stadt entgegen kommen, und die Gnadenszeichen ſeines Souverainen mit Ehrerbietung in Empfang nehmen. Nicht nur geborne Araber welche nicht von vornehmer Herkunft ſind, ſondern auch geweſene Sclaven, welche geſchickt dazu ge- funden werden, können zu dieſer Bedienung gelangen. Wenn man aber einen Döla überführen kann, daß er ſein Amt nicht in allen Stücken getreu verwaltet hat, ſo muß er befürchten, daß er ſehr ſcharf mit Gefängniß und Confiſcation aller ſeiner Güter beſtraft werde. Sehr ſelten aber geſchiehet es am Leben. Sondern nachdem einem Döla alles abgenommen, und er einige Zeit ohne Bediennng gewe- ſen iſt, ſo erhält er oft wieder ein einträgliches Amt. Sind in einem Amte meh- rere anſehnliche Örter, als der wo der Döla wohnet; ſo ſendet dieſer einen Un- terdöla mit einigen Soldaten dahin, und man findet deswegen in allen Marktflecken eine kleine Beſatzung, wenn ſelbige auch nur ans 5 bis 6 Mann beſtehet. Hat ein ſolcher Unterrichter keine Soldaten, ſo nennet man ihn Schech, und in den kleinen Dörfern Häkim. Es iſt auch in jedem Amte, wenigſtens in den größern, ein BasKäteb oder Controleur, der unmittelbar unter dem Imäm und nicht unter dem Döla, ſtehet, aber mit dieſem auf dem Zollhauſe ſitzen, von allen herrſchaftlichen Einkünften Gegenrechnung halten, und auf die Aufführung der Bediente des Imäms überhaupt ein wachſames Auge haben muß. Dieſer BasKäteb iſt gemeiniglich eine Geiſſel des Stadthalters. Denn, wenn er wünſcht bald ſelbſt Döla zu werden, ſo muß er 2o8 - Die Landſchaft Jemen. er den Imäm von allem, wenn der andere in ſeinem Dienſte nachläßig gewe- ſen iſt, oder wenn er von den Unterthanen etwa unrechtmäßiger weiſe Geld erpreßt hat unterrichten. Bisweilen glückt es einen ſolchen Baskäteb für ſeinen Eifer im Dienſte des Imäms, ein Amt zu erhalten. Aber man ſetzet ihm einen eben ſo ge- ſchickten Baskäteb zur Seite, der ihn oftmals eben ſo geſchwinde vertreibt, als er ſeinen Vorgänger vertrieben hatte. In jedem Amte iſt auch ein Kádi, der wahrſcheinlich unter den oberſten Kadts zu Saná ſtehet, ſo wie die Kadis in der Türkey unter dem Mufti zu Com- ſtantinopel. Die Kadis ſind ſowohl hier als in den türkiſchen Ländern, Richter über geiſtliche und weltliche Sachen. Ihr Ausſpruch kann ſo wenig hier von einem Döla, als in der Türkey von einem Paſcha umgeſtoßen werden. Die Kadis in Jemen aber werden faſt durchgehends, ſo viel ich von ihnen habe reden hören, für Leute gehalten, die ein eremplariſches Leben führen, die Gerechtigkeit lieben und befördern, ja von einigen ſagte man, daß ſie es als eine Beſchimpfung anſehen würden, wenn jemand ihnen Geſchenke anbieten wollte, um beſſere Hülſe in ei- ner Rechtsſache erwarten zu können. Selten wird man dieſes von den türkiſchen Kadis ſagen können, denn dieſe lieben das Geld gemeiniglich mehr als die Ge- rechtigkeit. Die Kadis in den großen türkiſchen Städten werden auch ſehr oft ver- ändert, die in Jemen aber behalten ihre Bedienung gemeiniglich auf Lebenszeit. Folgende Bediente ſtehen unter dem Döla. Der Emir Bähhr in den Städten am arabiſchen Meerbuſen. Unter dieſem ſtehen alle Boote, und alſo darf ohne ſein Vorwiſſen keines vom Lande gehen. Auch muß er alle von der See ankommende und dahin abgehende Waaren viſitiren. In den Feſtungen iſt überdem an den Hauptthoren ein Emir Bäbelmedine, vor welchem gleichfalls alles was daſelbſt paſſiret, geöfnet werden muß. Der Emires Sük muß auf Maas und Gewicht der Kaufleute, ingleichen auf die Güte der zu Markte gebrachten Lebens- mittel Achtung geben. Der Schechelbelled bezalt die gemeinſchaftlichen Aus- gaben der Stadt, und vertheilt ſie unter der Bürgerſchaft. Der Oberſte von der Nachtwache, und der Oberſte von dem Gefängniß, ſind in Jemen auch angeſehene Perſonen, Es Die Landſchaft Jemez. 2O9 8- - - Es iſt für einen Reiſenden ſehr ſchwer, etwas gewiſſes von den Einkünften seines Landesherrn zu erfahren, beſonders in Arabien, wo man dergleichen Fragen immer unvermerkt machen muß, und wo man ſelten Gelegenheit hat mit ſolchen : Leuten bekannt zu werden, welche ſelbſt davon gut unterrichtet ſind. Die ſicherſten s Nachrichten hievon erhielt ich zu Saná, von einem Juden Öräki der gleichſam ein Favorit von zween Imäms geweſen war. Ich bedaure nur, daß ich nicht mehr Gelegenheit hatte ihn zu ſehen; denn die Verfaſſung des Landes war ihm nicht mir völlig bekannt, da er viele Jahre eine der wichtigſten Bedienungen bey Hofe bekleidet hatte, ſondern man durfte bey ihm im Fragen auch nicht ſo furcht- ſam ſeyn, als bey den vornehmen Arabern. Die Juden in Arabien ſchei- nen gegen die Chriſten ſehr treuherzig zu ſeyn, und dieſes vielleicht deswegen, weil ſie bey den Mohammedanern geringſchätzig gehalten werden, und weil ſie glauben, daß die Europäer ihrer Nation gleiche Vorrechte mit den Chriſten ein- räumen. Nach der Meinung des Öräki waren die Einkünfte des Imämsel mahadi Mohämmed anfangs monatlich 83ooo Species Thaler. Nach der Zeit aber, als die Ämter Kataba, Aden, Abuariſch und Taäs von dieſem Gebiete abgeriſſen worden, da Öſäb und Mechäder nicht mehr an den Imäm, ſon- dern an die appanagirten Prinzen bezahlet, und ein Theil von Belläd Anes und Harras verloren gegangen, ſo waren die Einkünfte des Imäms Elmanſör bis auf 3oooo Species Thaler monatlich, herunter gekommen. Weil aber der jezt regierende Imäm einige Eroberungen gemacht hat, ſo ſollen ſeine Einkünfte monatlich auf 40000 und alſo jährlich auf 48oooo Species Thaler gerechnet werden können. Allein aus dieſer Nachricht kann man noch nicht auf die Macht und den Reichthum des Imäms ſchließen, weil man nicht weiß, welche Unkoſten hievon - beſtritten werden müſſen, und hiernach habe ich den Juden nicht fragen können. Ich glaube nicht, daß die Unterthanen des Sultäns in der Türkey und Egypten gewiſſe proportionirliche Schatzungen bezahlen *), ich hörte aber in Jemen, daß - gewiſſe - „“) Johann Wilde, der viele Jahre unter den Türken geweſen iſt, ſagt in ſeiner Reiſebe- - - - - - - ". * . . ſchreibung S. 2 I 5. Die Tärten ingemein, welche hausſäßig in Städten, Flecken - Dd . . Und « . . . . . . . . 2 IO Die Landſchaft Jemen. gewiſſe Abgaben auf alle Unterthanen des Imäms verlegt ſind, und weiß nicht, ob der Döla auch von dieſen Rechnung ableget. In den Provinzen ſagte man, daß der Döla den Sold der Soldaten und andere öffentliche Unkoſten bezalen, und den überſchuß monatlich nach Saná ſchicken müſſe. Man redete auch von ſehr großen Geſchenken, welche die Dokäs zu machen genöthiget wären. Ich habe mich ſehr oft bey angeſehenen Arabern nach den Atbgiften eines Stadthalters erkundig, man hat die Summen aber gemeinigkich gar ſehr übertrieben. Das glaubwür- digſte, was ich davon gehört habe, iſt dieſes: Das Amt Mochha bezalt in dem Mai- ſim, das iſt im April, May, Iunius und Julius, wenn nemlich indianiſche Schiffe ankommen und wieder abgehen, monatlich 7ooo, in jedem der übrigen Monate aber 4ooo Species Thaler. Beitel Fakih ſoll menatlich 36oo, Hodeida 14oo, Loheia in dem Mañſim 3ooo, nnd ſonſt 2ooo, Harras 15oo, Höfäſch 12 bis 14oo, Zebd 14oo, Dsjébi und Burra 24oo, und Kusma monatlich 4000Species Thaler geben. Die Einkünfte von den beyden ÄmternHeime ſollen jährlich 1ooooo Species Thaler betragen. Der Zoll von dem Caffe iſt wohl der wichtigſte Artikel der Einkünfte des Imäms; denn man ſagte, daß hievon wohl ein Viertel von den Verkaufspreis an die Regierung bezahlt werden müſſe, ehe er an -, Bord käme *). - * - Der Imäm hat zwar eine ſtehende Armee, ſelbige iſt aber nicht ſo genau in Regi- menter abgetheilet als in Europa, und deswegen kann ein Reiſender davon nicht ſo leicht vollſtändige Nachrichten erhalten. Man rechnet ſeine Infanterie in Friedens- zeiten auf 4ooo Mann, und von dieſen iſt ein großer Theil aus HaſchiduBekil. Die . . und Märkten, ſie ſeyn reich oder arm, Handwerksleute oder nicht, geben dem türkiſchen Kaiſer keine Steuer. Rennt noch Schoß, aber welche mit Kaufmann- ſchaft handeln, die müſſen ihre Zoll und Maut von den Waaren geben zu Waſſer und Land, wo ſie hinkommen. Welche Feldbau haben und liegende Güter, die müſſen jährlich ihre Schatzung geben. - 9 rina ſagt Lib. 12 Cap. 35 Regi Gebantarum quartas (Myrrha) partes pemium. - Die Abgaben von den einträglichſten Produkten im Jemen waren alſo in den äl- tern Zeiten eben ſo groß als jezt, Die Landſchaft, Jemen, 21 Die Cavallerie ohngefehr aufrooo Mann. Dieſe Armee ward von folgenden vor nehmen Schechs oder Arabern von altem Adel angeführet. Schech Saléchh ibn Chalil, Schech von Hamdän war der erſte General, und ein gebornen Unterthan des Imäms. Schech Hammed el Wadey, Schech von Wadá. Die ſer war aus Haſchid u Bekil, und alſo ein Fremder. Schech Achmed ibn Ho- beiſch von Sefän, gleichfals ein Ausländer. Schech Rajech Chauläni, regie tender Schech von Chailän. Dieſer war auch kein Unterthan des Imams. , g: Dieſe vornehmen Araber haben den Titel. Schech, von ihren Vorfahren, Der Junäm kann ſeinen erſten Generals keinen höhern Ehrentitel geben, als Nakib, und ſo nennet man auch alle ſeine Staabs Officiers. Der Nakib Cheieralläh, ein ehmaliger Sclave des Imäms, war zu meiner Zeit Oberſter von der Garde zu Pferde. ElEmir NäsrelChaddre, Döla zu Taäs, yar von bürgerlicher Abkunft, und in der Armee des Intäms Nakib. EEmir Salim Ruät, EEmirRehän Küs, ElEmir Iacub Iſmael, ElEmir HanneschielMetwk- kel u. ſ w. waren zum theil in ihrer Jugend als Sclaven nach Jemen gekommen, und zu meiner Zeit Nakibs. Hierauf folgt der Beirakdar d. i. der Fahnenträger Ferner der Tsjaus, oder derjenige, welcher das Regiment exerciret. Der Seraf liefert an die Soldaten Gewehr, Pulver und Bley. Von andern Officiers habe ich nichts gehört. * - - - - - - - - g Der Dienſt eines Cavalleriſten beſteht in Friedenszeiten vornehmlich dar- inn, daß er am Freytage, wenn ein Stallknecht ihm ſein Pferd, welches in dem Stall des Döla von der Stadt wo er wohnet, aterhalten wird, vor die Thür bringt, aufſteigt, und zu Saná den Imäm, in den Amtern aber den Döla, zur Moſqué begleitet. Die Morgenländer haben ſehr viele Sorgfalt für die Erziehung und Erhaltung ihrer Pferde. Faſt ein jedes Reitpferd in den Ställen der Vorne- men hat ſeinen Wärter. Weil es hier des Nachts empfindlich kalt iſt, ſº werden die Pferde alsdann mit Decken belegt. Sie werden ſowohl auf dem Graſe als in den Ställen mit den Füßen gleichſam an die Erde genagelt, und gewöhnen ſich alſo nicht leicht zu manchen Untugenden, die ſie leichter lernen wenn ſie die Füße frey haben. Hingegen haben ſie den Kopf frey, und dieſes iſt wahrſcheinlich zu ihrem großen Vorteil, da ſonſt viele gute Pferde durch eine zu ſchwere oder ſchlecht Dd * . . . . . . gemachte 212 Die Landſchaft Jemen. gemachte Hºfter verderbt werden. (Michaelis 54te Frage). Die meiſten Caval- erſten des Imäms ſind zu gleich Civilbediente; denn auch dieſe gehen bey den Mo- hammedanern mit zu Felde. Ein jeder kleidet ſich nach eigenem Gefallen. Ihre Gewehre beſtehen in einer langen Lanze, welche der Stallknecht trägt. Sie ha- benſerner einen Säbel, ihr krummes Meſſer vor dem Leibe, und einige haben auch ein paar Piſtolen am Pferde. Wenn ſie von der Moſqué zurück, und auf einen großen Platz kommen, welchen man faſt in allen Städten vor dem Hauſe des Döla findet, ſo nehmen einige ihre Lanzen, und verfolgen ſich paarweiſe, und hierinn beſteht alle ihre Kriegsübung. " . - Ich habe dieſe Übung im Reiten nirgends beſſer geſehen als zu Loheia, wo ſich der Döla mit Namen Emir Farhäu, welcher ſich überhaupt ſehr ſreundſchaftlich gegen uns bezeigte, Mühe zu geben ſchien, uns dadurch ein Vergnügen zu machen. Nicht nur er ſelbſt, ſondern auch der Kádi und andere Vornehme aus der Stadt, ingleichen einige fremde Schechs aus der bergigten Gegend, waren alle zu Pferde. Von dieſen verfolgten ſich zwey und zwey ſpornſtreichs mit ihren Lan- zen , und derjenige, welcher ſeinen Gegner ſo in die Enge zu bringen wußte, daß er ſeiner Lanze nicht mehr ausweichen konnte, hatte geſieget. Einige unter ihnen wußten ihre Pferde ſowohl zu lenken, und der Lanze ihres Gegners ſo behende aus- zuweichen, daß ſie ſich lange vertheidigten, und dieſes iſt für die Zuſchauer würk- lich ein angenehmes Schauſpiel. Die Araber üben ſich nicht ſo ſehr den Dsjerid (einen kurzen Stock) zu werfen, als die Türken. Emir Farhän aber zeigte auch hier- in einmal ſeine Geſchicklichkeit, indem er den Stock, womit er einen Reiter warf, den er ſpornſtreichs verfolgte, zu zweyen malen wieder auffieng, ehe er zur Erde fiel. Man ſagte daß er einen ſolchen Spaß niemals mit Vornehmen, ſondern nur mit ſolchen machte, denen er die Schmerzen von einem jeden Wurf, welchen ſie ausbal- ten, mit einem Species Thaler lindern könnte *). Herr Baurenfeind zeichnete . . - dieſes T . . . . . . . . . . . . ., *) Der Dey zu Algier bezahlt auch für jeden Wurf mit dem Dsjerd, ſiehe Pitts ac- - count of the rel. & mann. of the Moham. Bey den Türken aber, und beſon, ders in Egypten, iſt das Dsjeridwerfen ſo gewöhnlich, daß ein Begk oder Paſcha ſich arm werfen müßte, wenn er jeden Wurf bezalen ſollte. T- - - - - Die Landſchaft Jemen. 213 dieſes Wettrennen auf der XVI Tabelle, und ſchenkte es dem Stadthalter, wel- cher ſich über die Geſchicklichkeit der Europäer in der Zeichnungskunſt ſehr verwun- derte, beſonders weil er und einige ſeiner Officiers ſo wohl getroffen waren, daß man ſie gleich erkennen konnte *). * - Die Soldaten haben in Friedenszeiten nicht viel mehr zu thun als die Rei- ter. Jedoch müſſen ſie bey dem Döla mit dem Gewehr in der Hand, Schildwache halten, eine Gewohnheit, welche ich mich nicht erinnere bey den Türken geſehen zu haben. Sie ſind übrigens bey den Thoren, und auf den Wartthürmen vertheilet. Sie erhalten monatlich zwey und einen halben Species Thaler. Sie kleiden ſich nach eigenem Gefallen. Die meiſten, nemlich die, ſo aus der Landſchaft Haſchid u Bekil ſind, haben lange Haare, entweder herunter hangen, oder in einem Schnupf- tuch alſo gebunden, daß die Haare wie in einem Beutel auf dem Halſe liegen. übrigens haben einige nur ein kurzes Tuch um die Hüfte, und über demſelben einen Dd 3 Gürtel - ---- *) Erklärung der XVI Tabelle: . . 3 1. Die Wohnung des Déla. 2. Ein Thurm, welchen man in dieſen Ländern auch wohl ein Caſtell nennet. 3- Eine kleine Moſque. 4. Ein ordinaires Haus. 5. Der Döla mit einem Schilde und Säbel zur Seite, mit bloßen Füßen in Stiefeln, und nach der Manier aller vornehmen Araber in Jemen, mit einem großen Bund, wovon das eine Ende zwiſchen den Schultern herunter- hängt, auf dem Kopf. Auf dem Pferde war das Leder vor dem Kopf, vor dem Bauch, auf der Schulter, und die Schabrake mit polirten Stahl bedeckt. 6. Araber aus den bergigten Gegenden, mit langen Haaren in einem Tuch zu- ſammen gebunden, und über demſelben ein dünner Strick. 7. Der Tsjans, oder derjenige welcher die Soldaten commandirte, mit einem kleinem Stock in der Hand. 8. Die Bediente des Dôla und der vornehmen Araber, mit einem großen Turban, weiten anſgeſchürzten Kleidern, bloßen Beinen, und ohne Bein- kleidern, ſondern ſtatt deſſen mit einem Tuch um die Hüfte. 9. Angeſehene Bürger in der Kleidung, wie einige von unſerer Geſellſchaft ſich nachher kleideten. 1 o. Kleidung der gemeinen Araber in Tehänna. I 1. Soldaten aus den ber- „gigten Gegenden. 12. Ein Kameel mit Waſſerkruken. 13. Banianen oder indianiſche Kaufleute. 14. Kleidung der Juden. 15. Drey von unſerer Ge- ſellſchaft in türkiſcher Kleidung. 2 I 4 Die Landſchaft Jemen. Gürtel, mit ihrem breiten Meſſer vor dem Leibe. Viele Soldaten tragen auch ein Hemd und Beinkleider. Auf der Reiſe, und alſo vermuthlich auch wenn ſie zu Felde gehen, haben ſie einem Schild, einen Säbel, und auch wohl eine Lanze. Sie müſſen den Döla am Freytage zur Moſquébegleiten, und als dann gehen vor jede 40 bis 50 Mann, die etwa in 6 bis 7 Glieder verthelet ſind, 4 Mann, die ihre bloße Meſſer, oder ihre Flin- ten in die Höhe halten, dabeyſingen, und dergeſtalt von einer Seite zur andern hüpfen, daß man glauben ſollte die Leute wären närriſch, oder beſoffen. Dieſes iſt wahrſcheinlich ein alter Gebrauch, wodurch die Soldaten zum Fechten aufgemuntert werden ſollen*). Trommeln und Fahnen fehlen nicht. Beyder Zurückkunft auf den vorhin erwähnten Platz bey dem Hauſe des Döla, müſſen die Soldaten verſchiedenemal ſeuren. Dieſes gehet ziemlich unordentlich zu. Indeſſen iſt es doch eine Art von Kriegesübung, dergleichen ich bey den Türken nicht geſehen habe, und welche die Araber vielleicht von den verlaufenen indianiſchen Chriſten, oder von den nach Mochba kommen den Europäern gelernet haben. Die Araber in Jemen haben eine beſondere Manier ihre Tapferkeit in einer Schlacht zu zeigen. Derjenige, welcher zu dieſer Zeit die größten Proben ſeines Ei- ſers in dem Dienſt ſeines Herrn geben will, bindet ſich das eine Bein krum zuſam- men, und feuret ſolange bis der Feind ſich zurük zieht, oder bis ſeine eigene Ca- meraden ihn verlaſſen, und er ſelbſt niedergehauen wird. Ich hörte zu Loheia, daß einige in der Schlacht zwiſchen dem Schech Mékkrami, und dem Scherif Mo- hämmed bey Abuariſch, auf dieſe Art als arabiſche Helden geſtorben wären, Und hielt es für eine Fabel. Ich hörte aber nachher auch, daß ein Schech ans Ha- ſchiduBekil, welcher im Dienſte des Imäms war, vor einigen Jahren als die - Bun- . *) Les Ethiopiens ne marchoient au combat qu'en danſant. Siehe Varietés litteraires in dem Journal des Scavans Dec. 1769. Die Griechen hatten eigene Geſänge, welche ſie ſangen wenn ſie den Feind angreifen wollten. La retraite des dix mille de Xenophon libr. IV. Ich muß hier beyläufig benmerken, daß ich unter den Waffen der Avaber weder Bogen noch Schleuder bemerkt habe. ZKerim 2xhän, der Wekil oder Stadthalter von Perſien, hat noch einige Compagnien Bogenſchützen, aber mehr zur Pracht als zum Nutzen. “' '' Tab. XVI. " - - - - ------ Die Landſchaft Jemen, 215 Bundesgenoſſen von Haſchidu Bekil bis Beitel Fakih vorgerückt geweſen, es eben ſo gemacht habe. Seine 6 Stlaven hatten beſtändig laden müſſen, und er ſelbſt hatte ſo lange gefeuret, bis er von den Truppen des Junäms und ſeinen eigenen Schlaven verlaſſen, und zulezt von den Feinden niedergehauen worden. Die Araber brauchen keine Canonen im Felde, und bey den wenigen Canonen in ihren Caſtels haben ſie gemeiniglich verlaufene Türken, oder indianiſche und europäiſche Renegaten, wovon ſelten jemand in ſeinem Vaterlande eine Canone abgefeuret hat. Der Imäm braucht keine Kriegsſchiffe, da er von der Seeſeite nichts zu fürchten hat. Ich habe auch auf dem ganzen arabiſchen Meerbuſen nichts von Seeräubern ge- hört. Die jemeniſchen Schiffe haben das beſondere, daß ſie Segel von Strohmat- ten führen. Die Fiſcherboote der Araber in Jemen ſind vielleicht die einfacheſten, und die älteſten in der ganzen Welt. Dieſe beſtehen aus einigen forne etwas krunnen Stücken Holz, die durch Querhölzer mit hölzernen Nageln befeſtigt ſind. Auf einen ſolchen Schlitten ſeit ſich ein Fiſcher in ſeiner gewöhnlichen Kleidung, nehmlich ganz nackend, anßer mit einem Tuch um die Hüfte, oder bloß mit einem ſchmalen Stücke Leinwand zwiſchen den Beinen, um die Scham zu bedecken, und mit einem ſchlechten Turban auf dem Kopf. Um die Hüfte hat er einem Strick, um das erwähnte Stück Leinwand zu befeſtigen. Sein Ruder iſt ein Stock, worauf an jedem Ende ein klei- nes Brett genagelt iſt, und mit dieſem ſchlägt er bald an der einen, bald an der andern Seite ins Waſſer. Bey gutem Winde bedienet er ſieh ſeines Ruders an- ſtatt eines Maſtbaums, und einer kleinen Strohmatte anſtatt eines Segels. Ich habe bisweilen einen Fiſcher mit dieſem ſchlechten Fahrzeuge ſo weit vom Lande ge- ſehen, daß ich nicht zweifle, man könne damit in der Gegend wo der Meerbuſen nicht breit iſt, von Arabien nach Africa ſegeln. Die Künſte ſind in Arabien in einem ſehr ſchlechten Zuſtande. Buch- druckereyen findet man hier gar nicht, und die Mohammedaner werden ſie auch wohl nicht ſo bald einführen. Nicht, wie man in Europa zu ſagen pflegt, weil die Geiſtlichkeit und die vielen Schreiber, welche gleichſam unter ihrem Schutz ſte- ben, ſich dawider ſetzen, ſondern weil die neuern an einander hangenden, oft über einander geſetzten und durch einander geſchlungenen arabiſchen Buchſtaben, viel Khöner ausſehen wenn ſie gut geſchrieben, als wenn ſie gedruckt ſind. Vor- 216 Die Landſchaft Jemen. nehmlich wenn die arabiſchen Druckereyen nicht vollſtändiger ſind, als die welche wir in Europa zu haben pflegen. Ich habe den Arabern oft gedruckte Bücher ge- zeigt, ſie fanden ſie aber kaum leſerlich. Daher hat die Buchdruckerey des Ibra- him Effendi zu Conſtantinopel ſo bald anfgehört. Dieſer Renegat hat verſchiedene Bücher gedruckt. Seine Erben haben auch noch jezt die ganze Buchdruckerey. Aber ſie haben die Arbeit nicht ſortſetzen können, weil der Abſatz ſo geringe war, daß ſie die Unkoſten der Auflage davon nicht beſtreiten konnten. Wären die kuſ- ſchen Buchſtaben noch jezt gebräuchlich, ſo würde die Buchdruckerey bey den Mo- hammedanern gewiß mehr Beyfall gefunden haben. Dieſe ſind zwar auch zum theil mit einander verbunden. Aber ſie wurden doch nicht über einander geſchrie- ben, und durch einander geſchlungen, und daher würde eine ſolche Druckerey mit viel wenigern Koſten vollſtändig gemacht werden können, als eine neu arabiſche. Beyläufig will ich hier noch bemerken, daß die Juden Druckereyen zu Conſtantino- pel, Ismir und Salonique, und die Griechen andere zu Conſtantinopel und Bu- kareſth haben. - Weil man unter den Sünniten noch immer einige Scheinheilige findet, die gar keine Figuren dulden wollen, ſo trifft man unter ihnen keine Mahler und Bild- hauer an. Indeſſen machen die Araber ihre Inſchriften mit erhabenen Buchſta- ºben ſehr gut. Sie laſſen ſie gemeiniglich durch ihre beſten Schreibmeiſter auf den Stein ſchreiben, und der Steinhauer darf alſo nur dem vorgezeichneten folgen. Gold und Silber wird in Jemen ſehr gut verarbeitet, aber meiſtentheils durch Juden und Banianen. Sogar bey der Münze zu Saná findet man faſt lauter Juden, ſo wie zu Kähira und Conſtantinopel Armener, Griechen und Juden. Es war zu meiner Zeit in ganz Jemen kein einziger welcher eine Uhr repariren konnte. Ein türkiſcher Uhrmacher, der nach Saná gekommen war, in der Hoffnung daſelbſt ſein Glück zu machen, war kurz vor unſerer Ankunſt wieder zurück gegangen, weil er in Jemen ſeinen nöthigen Unterhalt nicht hatte verdienen können. Man findet unter den Türken, beſonders unter den Derwiſchen von dem Orden Mevlaui, noch einige, die es nach ihrer Art ziemlich weit in der Muſik gebracht haben. Es ſcheinet aber daß man dieſe Kunſt in Jemen gänzlich vernachläßiget. Wenigſtens erinnere ich mich nicht, in dieſem Lande andere muſikaliſche Inſtrumente gehört zu haben, als Trommeln und Schalmeyen. Alle Die Landſchaft Jemen. 217 Alle Handwerksleute arbeiten hier ſitzend. Herr Baurenfeind hat auf der XV Tabelle bey Eabgebildet, wie man in Jemen Holz ſägt. Die Drechsler ziehen ihren Bogen mit der linken Hand. Das Eiſen regieren ſie mit der rechten Hand, und dem linken Fuß. Es ſcheinet auch daß die Füße der Araber ſich zu dieſer Arbeit beſſer ſchicken, als der Europäer ihre; denn, da ſie ſie niemals in enge Schuhe einſperren, ſo können ſie mit ihren Zähen, ſo wie wir mit unſern Fin- gern, allerhand Lenkungen machen. Waſſer- und Windmühlen habe ich in ganz Arabien nicht geſehen. Doch traf ich in Tehäma eine Ölpreſſe an, die durch einen Ochſen getrieben ward, und vermuthe daher daß die Araber auch dergleichen Korn- mühlen haben. Sonſt mahlen ſie ihr Korn zwiſchen zwey kleinen Steinen, wo- von der öberſte mit der Hand umgedrehet wird, oder reiben ihren Dürra auf einem länglichten Stein, wie S. 51 und auf erſten Tabelle bey H bemerkt worden. Man ſagte, daß in Jemen noch jezt keine Säbel gemacht würden, aber wohl breite, krumme und ſorne ſpizige Meſſer, welche ſie Jambea nennen. Die Ara- berhaben erſt vor wenigen Jahren angefangen ſelbſt Flinten zu machen. Dieſe ſind noch ſchlecht, und man braucht hier überhaupt noch keine andere, als mit Lunten. Seit einigen Jahren iſt zu Mochha auch eine Glashütte angelegt worden. Man hat in Jemen zwar viele Leinwandfabriquen, aber nur von der mitlern und gröbern Sorte. Das feine Leinwand kömmt aus Oſtindien, und ſehr viel gro- bes aus Egypten. Laken verfertigen die Araber gar nicht. Man würde es in dem heißen Tehäma auch faſt gar nicht brauchen können. Die nach Mochhakom- menden Engländer glaubten, daß ihr Tuch in der kältern bergigten Gegend einigen Abgang finden würde, man verlangte es aber nicht, und der Kaufmann, mit wel- chem ich von Mochha nach Bombay reiſete, nahm faſt alles, was er zum Verkauf mitgebracht hatte, wieder mit zurück. In Jemen werden nur wenig Münzen geſchlagen. Der Imám hat zwar von Venetianiſchen Dukaten kleinere Goldmünzen, nemlich zu 1# und zu # Species- thaler prägen laſſen, man trift ſie aber nur ſelten bey den Wechslern an, und von 6000 Stück zu drey Speciesthaler, die erſt neulich waren geſchlagen worden, konnte man ſelbſt bey den Juden zu Saná, noch gar keine erhalten. Auf allen jemeniſchen iſt ſo wie auf den neuern türkiſchen, perſiſchen und mogoliſchen Münzen Ge NUV. ------ ---------- ------- - --- 2 I8 Die Landſchaft Jemen. nur bloß Schrift, und keine Figur. Ich habe die größte Silbermünze des jezigen Imäms, welche einen halben Speciesthaler gilt, bey C auf der 14ten Tabelle ab- gebildet, und hieraufſiehet man den vollſtändigen Namen dieſes Prinzen, mit einem Wunſch, daß er lange regieren möge. Auf den Scheidemünzen ſteht auf der einen Seite gemeiniglich nur El Möhhdi, und auf der andern Seite, geſchlagen zu Saná. Dieſe Scheidemünzen nennet man Kbir, Komáſſi, Bäli und Harff. Ein römiſchkayſerlicher Speciesthaler gilt in Jemen 32 Kbir, oder 64 Komäſſi, oder 72 Bäli oder 16o Harff. Die Komäſſt aber ſind verſchieden, und einige welche in dieſem oder jenem Amte noch gangbar ſind, werden in andern nicht angenommen. Zu Loheia kauften wir Kleinigkeiten nach Bäli, in den übrigen Städten von Te- häma aber nach Komäſſi, und in der bergigten Gegend rechnet man gemeiniglich nach Harff und Kbir. Die Wechsler rechnen nach einer eingebildeten Scheide- münze, welche man Bukſchá nennet, und wovon 8o einen Speciesthaler machen. Man ſiehet in Jemen faſt keine andere Goldmünzen als Venetianiſche Du- katen, Zechini, oder wie die Araber ſagen, Mesgas. Ein ſolcher Dukate gilt hier, wenn er nicht beſchnitten iſt, oder wenn er ſein völliges Gewicht hat, 2 Species- thaler 12 bis 16 Komäſſi. Die Römiſchkäyſerlichen ganzen, ingleichen halbe und viertel Speciesthaler ſind in Jemen eben ſo allgemein. Dieſe Münze nennet man hier Kirſchhadsjar*). Als man zu Wien bemerkte, daß die daſigen Species- thaler immer mehr und mehr nach der Levante, und beſonders nach Egypten aus- geſandt wurden, ſo ſchlug man ſie von einem geringern Gehalt. Die Araber in Jemen aber haben dieſes bald gemerkt, und nehmen deswegen diejenigen welche vor 1756 geſchlagen worden ſind, 5 Procent höher an, als die neuern. Man findet bey den Kaufleuten in den großen Handelsſtädten außer den vorher erwähnten, auch noch *) Die Einwohner von Egypten nennen ſie Reäl. Als die ſpaniſchen Thaler mit einem Wappen von vielen Feldern zuerſt nach Egypten kamen, nannten die Kahi- riner ſelbige Abu täfa oder verkürzt Butaka, d. i. die Münze mit vielen Fen- ſtern. Die Europäer welche zu der Zeit nach Egypten handelten, nannten ſie hie- von Patak. Und obgleich die Kahiriner die kayſerlichen Speciesthaler nur ſelten Abutaka heiſſen, ſo nennen doch die Europäer auch dieſe, ſo wie ehmals die ſpa- niſchen Piaſter, Pataks, - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ----- - - -- --- - - Die Landſchaft Jemen. 2 I9 noch ſpaniſche und franzöſiſche Thaler, die ſpaniſchen aber werden für die beſten ge- halten. Die Engländer, welche nach Mochha kommen, nennen die Speciesthaler German Crowns, ſie rechnen aber ſo wie die hieſigen großen Kauflente, nach ſpani- ſchen Piaſtern, und eingebildeten Münzen, nemlich nach Mochha Dollars und Cabeers (Kbir). Hundert ſpaniſche Thaler (Karüſchhadsjar) machen 121 Mochha Dollars (Karüſch Dáhhab) und ein Mechha Dollar (Kirſch Dähhab) macht 80 Cabeers. Weil es für die Kaufleute zu Mochha zu weitläuftig ſeyn würde alles Geld zu zählen, ſo werden hier alle große Summen nach dem Gewichte bezalt, und der Seräf (Wechsler) des Imäms muß deswegen das Gewicht der übrigen Wechsler und der Kaufleute oft unterſuchen. Indeſſen glauben die Engländer, daß ſie ſich hierauf nicht allezeit ſicher verlaſſen können. Das Gewicht iſt in dem kleinen Gebiete des Imäms verſchieden. Man findet hievon ſchon einige Nachricht in einem Buche mit dem Titel: An avthentick account of the Weights, Meaſures, Exchanges &c: made uſe of at ſeveral ports in the Eaſt Jndies, by Thomas Brooks, ingleichen in des Hauptmanns Johann Saris Reiſe nach dem rothen Meer. Ich will aber noch dasjenige beyfügen, was ich hierüber von einem engländiſchen Kaufmann, der verſchiedene Reiſen nach Mochha gemacht, und das hier gebräuchliche Gewicht ſelbſt genau unterſucht hatte, erhalten habe. Seine Beobachtungen ſind folgende. Das Gewicht zu Mochha und Beitelfakih. Gr. Dee. 1 Karat iſt Troy Gewicht - - o O 3 57 16 Dito machen 1 Caffila A A O – 9 I 2 IO Caffiläs machen I Wekte - I - 9 I 2 1# Wekte machen 1 Bek - - 1 | 1 o 1 3 68 87 Wekte wiegen 100 ſpaniſche Tha- ler, oder Piaſter - - > 88 I 3 1oo Wekte wiegen Troy Gewicht 1 o1 17 Das große Gewicht zu Mochha. 15 Wekte machen 1 Rottel avoir de póis 1 Pfd. 125. 4o Dito machen 1. Maund - - - 3 * - 4oo Dito oder ro Maund machen 1 Fraſel 30 - – 6000 Dito machen 15 Fraſel oder 1 Bahär 45o - – Das I 2 l – 22O Die Landſchaft Jemen. Das große Gewicht zu Beitelfakih. 15 Wekie machen 1 Rottel avoir de pöis 1 Pfd. o 52 59 Dec. 29 Dito machen 1 Maund - - - 2 - o35 29o Dito machen 1 Fraſel - - - 2o - 35 1 16oo Dito, oder 40 Fraſel machen 1 Bahär oder beynahe 8 14 Pfd. Die Baumwolle wird nach Bahär à 450 Pfund avoir de pöis verkauft. Zu Beitelfakih machen 14 Wekte Caffe einen Rottel. Zwey Rottel ſind 1 Maund, und 29o Wekte, 1 Fraſel. Bey allen andern Waaren ſind 15 We- kie, 1 Rottel, ausgenommen bey Datteln, Licht und Eiſen; denn hievon machen 16 Wekte einen Rottel. Die Cochenille (Vermilion) wird zu Mochha nach einem Gewicht verkauft, wovon der Maundmur 30 Wekie oder 2 Pfund avoir de pöis hält. Ich finde auch etwas wegen des Gewichtes zu Mochha von Herr Forſkäl aufgezeichnet, welches mit der vorhergehenden Nachricht des engländiſchen Kauf- manns ziemlich genau überein ſtimmt. Er ſagt: „ I Varkia oder eine Unze hält „ 10 Kafe. 15 Vakia machen ein holländiſches Pfund. 27 Rottel weniger „ 5 Vakia machen einen Fraſele oder 28 Pfund holländiſch, oder 32 englän- „diſche Pfund. 1 Behär iſt 15 Fraſele oder 420 holländiſch Pfund. Ich bemerke hier noch dasjenige was Herr Forſkäl wegen der Handlung zu Mochha aufgezeichnet hat. Nach den Nachrichten, die er von einem mochhaiſchen Kaufmann, und Mäkler der beyden leztern holländiſchen Schiffer, die zu Mochhage- weſen waren, erhielt, werden folgende Waaren in Jemen geſucht. Ich muß aber dabey bemerken, daß ich dieſem Menſchen in Anſehung der beſtimmten Preiſe nicht viel traue, weil wir ihn nachher ſehr eigennützig gefunden haben. „ Rohes Eiſen. Hievon wird ein Behär zu 3o Speciesthaler verkauft. „ Stahl, ein Behär zu 40 bis 50 Spec. Thaler. Ein Flintenrohr 7 bis 7 „ Spanne lang, zu einer Kugel von 3 bis 4 Kafle, wird mit 10 bis 12 Spec. Tha- „ ler bezahlt. Die Araber nehmen ſie lieber 5 oder 6 eckigt als rund. Den „ Schaft machen ſie ſelbſt, und Schlöſſer brauchen ſie nicht an ihren Flinten, ſon- „dern, wie im vorhergehenden bemerkt worden, Lunten. Piſtolen werden nicht ge- „ ſucht. Bleyglanz, grobwürflichter Galena. Bley, ein Fraſele zu 2 Spec. „ Thaler. Den Handel mit Bley hat der Gouverneur allein. Zinn, eine Fra- ſele Die Landſchaft Jemen. - 22 I +- - „ ſele zu 5 Spec. Thaler. Eiſerne Canonen, jede Fraſele zu 3 Spec. Thaler. „ Cochenille, 1 Fraſele zu 25 bis 27. Spee. Thaler. Spiegel, Meſſer, „ Schwerdter, geſchliffene Gläſer, Wachs- und Glasperlen können auch mit „ Vortheil verkauft werden. „Waaren die von Mochha ausgefahren werden. „ Gute Caffebohnen, 1 Behärzu 55 Spec. Thaler. Die Abgaben bey dieſer „ und den folgenden Waaren, ſind: Zoll,3 pro Cent. Ferner, für jeden Behär Waage- J) geld1 Spec. Thaler, und Trinkgelder Spec. Thaler. Medicinal Aloe ein Behär zu „ 2o Spec. Thaler. Myrrhen, die beſte Sorte kommt aus Habbeſch, und koſtet 1 Fra- „ ſele 5 Spec. Thaler. Olibanum oder Weihrauch 1 Behärzu12 bis 15 Spec. Thaler. „ Senna alexandrina 1 Behär zu 5 Spec. Thaler. Gold aus Habbeſch in Ringen, „ eine Vakia d. i. H. holländiſch Pfund zu 20 bis 22 Spec. Thaler. Man ſagt „ daß es etwas ſchlechter als das venetianiſche Dukatengold iſt. Elfenbein aus „Habbeſch, 1 Behär zu 100 Spec. Thaler. Dieſes aber kann man nicht allezeit „zu Mochha bekommen. Perlenmutter, 100 Scheiben etwa zu 1 Spec. Thaler. „ Die Europäer verfahren überdieß noch nach Indien: Kupfer, 1 Fraſele zu 7 „ bis 1o Spec. Thaler. Dieſes kömmt aus Hedsjäs und Syrien über den arabi- „ſchen Meerbuſen nach Mochha. Bara-trän, eine Art Wermuth, 1 Behär „ zu 7 bis 8 Spec. Thaler. Salvia, eine Fraſele zu 2 bis 8 Spec. Thaler. Im vorhergehenden iſt ſchon bemerkt worden, daß die Natur das Königreich Jemen in zwey Theile getheilt habe, nemlich in Tehäma oder das flache Land, und Dsjäbbäl oder die bergigte Gegend. Tehäma wird wieder in ſechs, und Dsjäbbäl in vier und zwanzig Ämter eingetheilt. Man findet nehmlich in Tehäma: 1) Das Amt Möchha. Dieſes Amt gränzt an den arabiſchen Meerbuſen, an das Gebiet Aden an Bellädibn Aklän, und an das Amt NiederÖſäb. Der Boden deſſelben iſt dürre und unfruchtbar, die Stadt U=-, Möchha aber jezt wegen ihres großen Handels, die einträglichſte in dem ganzen Gebiete des Imäms. Es ſind hier nicht nur viele reiche arabiſche Kaufleute, und Banianen aus Indien, ſondern auch Europäer - beſuchen 222 Die Landſchaft Jemen. beſuchen dieſen Hafen. Doch bleiben leztere hier nicht den Winter über, ſondern gehen alle Jahre mit ihren Schiffen wieder zurück. Im Jahre 1763 kamen keine andere Schiffe der Europäer nach Mochha, als die welche den Engländern in Oſtin- dien gehöreten. Die engländiſche Oſtindiſche Handlungsgeſellſchaft pflegt nur alle zwey Jahre ein Schiff nach dem arabiſchen Meerbuſen zu ſenden, um Caffebohnen zu holen, und von dieſen Schiffen war in dem vorhergehenden Jahre eins zu Mochha geweſen. Die Franzoſen hatten während des lezten Krieges mit den Engländern, gar kein Schiff nach dem arabiſchen Meerbuſen geſandt. Von den holländiſchen Colonien in Indien waren zwar noch neulich zwey Schiffe zu Méchha geweſen; es ſcheint aber daß ſie ihre Rechnung bey der Handlung nach dem arabiſchen Meerbuſen eben ſo wenig finden, als die Portugiſen, welche ſchon ſeit vielen Jahren keine Schiffe mehr dahin geſandt haben. Die Stadt Mochha liegt unter der Polhöhe 13“. 19“. Sie iſt nach der Landesart ziemlich wohl gebauet, und an der Landſeite nicht nur mit einer Mauer umgeben, ſondern hat auch am Wege nach Muſa einige Wartthürme, welche man hier Caſtelle nennet, und überdieß noch zwey Caſtelle um den Hafen, oder vielmehr die Rehde zu beſchützen. Sie hat ihren Urſprung von einem ſunnitiſchen Heiligen mit Namen Schädeli, welcher ohngefehr vor 400 Jahren gelebt, und eigentlich Ali ibn Omar geheiſſen hat. Sie hatte mit verſchiedenen andern der vornehmſten Städte in Jemen, die unter die Bothmäßigkeit der Türken gerathen waren, gleiches Schickſal. Doch ſollen die Türken ſich hier noch lange gehalten haben, nachdem ſie aus den übrigen Städten dieſer Landſchaft ſchon vertrieben waren, und endlich ſollen die Araber die Stadt nicht erobert, ſondern gekauft haben. Etwa im Jahre 1738 hatte Mochha, oder vielmehr das Haus des hieſigen Döla, und ein Caſtell am Hafen, die Ehre von den Franzoſen bombardirt zu werden. Weil aber dieſe einige beladne Schiffe bey ſich hatten, um ferner mit den Arabern zu handeln, und weiter nichts verlangten, als die Bezalung für die Waaren welche der Imäm in den vor- hergehenden Jahren hatte kaufen laſſen; ſo ward der Friede bald geſchloſſen. Bey meiner Reiſebeſchreibung wird man einen Grundriß dieſer Stadt finden. Es ge- hört ferner zu dem Amte Möchha: Jachtillo, ein großes Dorf, zwey deutſche Meilen nach Norden von Möchha. U-à-, –- Die Landſchaft Jemen. 223 U-2_9 AM Ruäs, ein großes Dorf 3 ſtarke Meilweges nach derſelben Gegend von Möchha. Sabba und Urwiſch, zwey kleine Dörfer. Sºy- Muſa, ein Flecken mit einem kleinem Caſtell, und einem Unter- döla. Dieſer Ort liegt am Anfange der bergigten Gegend etwa 4# Meilen nach Oſten von Möchha. Vielleicht war hier Meſa, deſſen Moſes im ſeinem erſten Buche X erwähnt, und der Hafen Muza, deſſen die alten griechiſchen Erdbeſchreiber gedenken. Ptolomaeus ſetzt Muza zwar # eines Grades höher, nemlich unter die Polhöhe 14“. Allein dieſes war zu der Zeit kein großer Fehler, vornemlich wenn er dieſes nur nach Muthmaßung, und nicht nach einer Beobachtung geſchrie- ben hat *). Dabulie, eine Caffehütte, und ich glaube auch ein Dorf, zwiſchen Mochha und Muſa. Midleton erwähnt dieſes Namens ſchon im Anfange des 17ten Jahr- hunderts. - Orräſch und Sukedſjümma ſind zwey Dörfer, wo wöchentlich Markt gehalten wird. Sie gehören zu Muſa. • Sjºy) Waſſai, ein kleines Caſtell in einer bergigten Gegend ſüdlich von Maſa. Beni Zubey, ein Stamm, der ſich auf der Gränze von Aden aufhält. In dieſer Gegend iſt es unſicher zu reiſen. Kaddähha ein ziemliches Dorf eine Tagesreiſe nach Süden von Möchha. Dübab *- *) Eine Stelle des Arriani in des Ramuſi Sammlung der Reiſen zu Waſſer und zu Lande Vol. I. fol. 284. ſcheinet zur Beſtimmung der Lage von Muza merkwür“ dig zu ſeyn. Daſelöſt heißt es: Sopra di Muza tre giornate e una citta chia- mata Saba, & doppo altre nove giornate ſi trova Aphar, citta principale, nella quale ſta Chabrael legitimo Re di due nationi, & della Homerita, & di quella que e vicina a queſta chiamata Sabaita. Aphar iſt wohl unſtreitig Dhafar an der Oſtſeite des Berges Sumara nicht weit von Jerim. War das hier erwähnte Saba etwa das Dorf Sabbe, deſſen ich oben gedacht habe, oder die jezige Stadt Zebid ? Plinius nennet eine Stadt dieſer Gegend Sabatha. 224 Die Landſchaft Jemen. Dübäb und Elára liegen zwey Tagereiſen von Möchha. v„L=& Sokar und andere kleine Inſeln dieſer Gegend werden gleichfalszu dieſem Amte gerechnet. «-Poºl) -- Babelmándeb liegt unter der Polhöhe 12“. 38'. Die ganze Breite dieſer Meerenge iſt nach dem Augenmaaß etwa fünf Deutſche Meilen. In derſelben liegt, ohngefehr eine Meile von der arabiſchen Küſte, eine kleine Inſel Perime22 mit einem guten Hafen, die aber gar kein ſriſches Waſſer hat. Ar- rianus nennet ſie Iſola di Diodoro. Don Caſtro erwähnt noch einer andern klein- nen Inſel dicht an der arabiſchen Küſte. Der Gouverneur der Stadt Sejla auf der africaniſchen Küſte nicht weit von Babelmändeb wird von dem Dola zu Mochha ernannt. Es gehört alſo auch dieſe Stadt dem Imäm zu Saná. 2) Das Amt Öſäbelasfald. i. Nieder Öſäb - es Dieſes gränzet an die Ämter Möchha, Bellädibn Aklän, Ober Öſäb, Zebid, und ein kleiner Strich davon liegt an dem arabiſchen Meerbuſen. Es iſt weder groß, noch ſehr einträglich, indeſſen macht Wadi Suradsje einen Theil von dem dürren Boden in dieſem Diſtrickt ziemlich fruchtbar, und man ſieht hin und wieder viele Dattelbäume. Der Name dieſes Amtes hat viel ähnliches mit dem, welches der überſetzer des Scherifeddris, SofJahſebnennet. Doch der ara- biſche Schriftſteller ſchreibt -><=º und ſetzt es in das zweyte Clima, nach der Gegend von Jerim. Die Einkünfte davon gehören einer Familie Ishäk, den Nachkommen des Imäm Elmejid Mohämmed. Zu dieſem Amte gehören: U-> Häs, eine kleine offene Stadt mit einem Caſtell, in welchem der Dola wohnet. Ein großer Theil von Jemen wird von hier mit Töpferwaaren ver- ſorgt. In der Nähe iſt ein Berg den man U-29 Debäs nennet. F“Y“ Mauſids oder -sy“ Mauſchid, ein großes Dorf mit einem Unterdola, der von dem Dola zu Häs abhängig iſt. Dieſer Ort liegt unter der Polhöhe 13“. 43, und nur einige hundert Schritte von dem arabiſchen Meerbuſen auf dem Wege von Möchha nach Zebid. Die Reiſenden müſſen hier ein kleines Wegegeld für ihre bey ſich habende beladene Kameele bezalen. Auf dieſer Küſte wird Die Landſchaft Jemelt. 225 wird viel Salz geſammlet. Wegen der Ähnlichkeit zwiſchen den Namen Mauſids und Muza, und weil die von Ptolomaeo angeſetzte Polhöhe des Hafens Muza mit der Polhöhe dieſes Ortes ziemlich genau übereinſtimmet, kann man die Lage von Meſa auch hier ſuchen. - 3) Das Amt Zebid. Es gränzt an die Ämter Nieder Öſäb, Ober Öſäß und Beitelſakib, und an den arabiſchen Meerbuſen. Die in demſelben liegende Stadt o.-/ Zebid oder Sebid war ehmals, nemlich ſo lange der Haſen Ghalefka noch im guten Stande war, die Hauptſtadt von Tehäma, und faſt der ganze auswärtige Handel der Provinz Jemen ward hier getrieben. Man ſieht in dieſer Stadt auch noch eine Menge großer Moſquéen, die ziemlich gut unterhalten werden, und in der Ferne ein gutes Anſehen geben, und die hieſige Academie der Sunniten verſorgt noch ganz Tehäma, und den ſüdlichen Theil von Dsjäbbäl, mit Geiſtlichen. Nachdem aber die Stadtmauer zum theil durch das in den Regenmonaten von den Bergen herunterſtürzende Waſſer, zum theil durch Menſchen Hände niedergeriſſen worden iſt, findet man hier jezt keine andere Feſtungswerke als ein kleines Caſtell, in welchem der Döla wohnet. Die Häuſer der Bürger ſind meiſtentheils ſchlecht. Zebid liegt unter der Pol- höhe 14“. 12. Das Amt iſt, ſo weit es durch die Wodis gewäſſert werden kann, ziemlich fruchtbar, und man findet darinn verſchiedene große Dörfer, als: UX-EU) Tahäte, 2 Meile nach Weſten von Zebid. Die hieſigen Mosqueen und Gebäude über den Gräbern der ehmaligen Einwohner ſcheinen ein Beweis zu ſeyn, daß dieſer Ort in den ältern Zeiten anſehnlicher geweſen ſey als jezt. Man findet hier noch eine Herberge, wo alle Reiſende einige Tage frey Quar- tier, Eſſen und Trinken erhalten können. Hier wird auch noch viel Indigo zubereitet. - *** Ü Korſchia ein Dorf weſtlich von Zebid. J=U) Nächlund º2-W Erruwie zwey Dörfer. 5,4) Murra ein großes Dorf zwey deutſche Meilen nach Norden von Ta- häte. Auch hier iſt eine freye Herberge für Reiſende. L. - - - Ff Exx 226 Die Landſchaft Jemen. Sy'0 Robboa ein Marktflecken öſtlich von Zebid, nahe an der ber- gigten Gegend. dAAM20 Toreiba oder Träha, ein anſehnliches Dorf gleichfals öſtlich von Zebid. Röhádda, Kurtub und Mäte ſind ziemlich große Dörfer. sS-U Scherdsje ein großes Dorf beynahe 3 Meilen von Zebid auf dem Wege nach Möchha, unter der Polhöhe 13“. 59. Hier iſt ein Unterdola mit einigen Soldaten. 4) Das Amt Beitel fakih. Es gränzt nach Süden an das Amt Zebid, nach Norden an das Amt Lobeia, und hat auch einige anſehnliche Wadis, d. i. Flüſſe, welche nach einem ſtarken Regen in der bergigten Gegend entſtehen, und nachher das niedrige Tehäma frucht- bar machen. Doch bauet man hier, ſo wie in dem übrigen Tehäma, faſt nichts als Dürra. Der Dürra aber iſt eben ſo nüßlich, als bey uns der Rocken; denn er iſt faſt die einzige Nahrung des gemeinen Arabers. Zu dieſem Amte gehört: sºs) –xxº Beitelfakih (das Haus des Gelehrten) eine große, aber weitläuſtig gebauete offene Stadt, unter der Polhöhe 14. 31. Sie hat ihren Urſprung von einem ſunnitiſchen Heiligen, namens Achmedibn Muſa, welcher außer- halb der Stadt begraben liegt, und dem zu Ehren man hier in dem Monat Rabea elaüal ein Feſt feyert. Die Stadt iſt erſt empor gekommen, nachdem der Hafen zu Ghaleſka unbrauchbar geworden, und die Kaufleute ſich nach und nach von Zebid weg begeben haben. Man findet hier zwar viele Häuſer von gebrannten Steinen, der größte Theil aber beſteht aus den in Tehäma gewöhnlichen ſchlechten Hütten. Nur bey der Hauptmoſqué iſt ein Minaré. Der Döla wohnt in einem, nach arabiſcher Art ſtark gebaueten Caſtelt, und hat in demſelben einen ſehr tiefen Brunnen, wie denn alle Brunnen in dieſer Gegend überhaupt ſehr tief ſind. Die Stadt Beit elfakih iſt beſonders deswegen merkwürdig, weil daſelbſt der größte Caffehandel in Jemen, ja in der ganzen Welt getrieben wird. Hier verſammlen ſich Kaufleute aus Tunis und andern Städten der Barbarey, bis Fez und Marokko, aus Egypten, Syrien, Perſien, Básra, Maſkät, ja bisweilen aus Europa, um Caffebohnen, welche aus den benachbarten Ämtern in der bergigten Gegend nach Die Landſchaft Jeme. 227 nach dieſer Stadt zu Markte gebracht werden, zu kaufen, und ſie zu Möchha oder Hodeida einzuſchiffen. Der Capit. Hamilton bemerkt in ſeinem Account of the eaſt Indies Vol. I. p. 39, daß die Einwohner dieſer Stadt keine Caffebohnen an Fremde verkaufen dürfen, bevor die Türken verſorgt ſind. Aber hierinn irret er wahrſcheinlich eben ſo ſehr, als wenn er ſagt, daß der Imám ſein Gebiet als eiu Lehn von den Türken habe, daß Zebid ein Seehafen ſey, daß die ganze Provinz Beitelfakih mit Caffebäumen beflanzt ſey, daß die Inſel Kamerän nur 5 bis 6 Leagues von Beitelfakih ſey, u.ſ w. Bey meiner Reiſebeſchreibung wird man einen Proſpekt dieſer Stadt, und einen Grundriß von ihrer umliegenden Ge- gend finden. - Elmahäd, ein ziemliches Dorf in einem großen Wadi gleiches Na- mens, und auf dem Wege von Beitelfakih nach Zebid. - In dieſer Gegend wird viel Indigo gebauet. Man findet hier auch Töpferfabriquen. Arbaejn, ein großes Dorf bey nahe 2 Meilweges von Beitelfakih, am Wege nach Roboä. - ºe2/09) Drehemi, ein großes Dorf mit vielen Fabriquen von einer Art Tücher, die die Araber um den Leib und auf der Schulter zu tragen pflegen. *** LäW oder ***S Ghannemie, ein großes Dorf auf dem Wege von Beitelfakih nach Loheia, unter der Polhöhe 14“. 58. Hier iſt ein Unterdola mit einigen Soldaten. Behe, ein Marktflecken öſtlich von Ghannemie. & W) oder s&as Katajia, e-sº Läſäne?/3-4 Manſuria, sSºA) cder Sº-• Maraüa, Sudſjene, Belläbele, Möttáhhen, Abaſſi, Laui und Saiid, ſind alle anſehnliche Dörfer in dieſem Amte. Ghalef'ka, die ehmals berühmte Stadt, iſt jezt ein ſchlechtes Dorf, deſſen wenige Einwohner ſich von Dattelbäumen und dem Fiſchfang nähren. Die Küſte dieſer Gegend iſt jezt ſo voller Corallenbänke, daß der Hafen auch für kleine Schiffe gänzlich unbrauchbar geworden iſt. Salz iſt hier am Strande im über- fluß. Ein jeder kann davon ſo viel holen, als er will, nur muß für jede Ladung eines Kameels etwas weniges bezalt werden, und es iſt vornemlich deswegen, daß der Döla in dieſem Dorfe einen Häkim oder Schreiber hält. Es liegt beynahe s deutſche Meilen nach W. S. W. von Beitelfakih, Ff 2 5) Das 228 Die Landſchaft Jemen. 5.) Das Amt Hodeida. - Dieſes Amt erſtreckt ſich nicht weiter als die Stadt soao- Hodeida. Indeſſen ſind die Einkünfte des Zolles hier ſehr anſehnlich; denn die hieſigen Schiffe bringen nicht nur viele Caffebohnen nach Dsidda, ſondern auch Schiffe aus Omän holen dieſe koſtbare Waare in großer Menge von hier nach Maſkät, Bäsra und den Häfen auf der perſiſchen Küſte. Hodeida kann jezt der Haſen von Beitelfakih genannt werden, und beyde Städte ſcheinen zugleich empor ge- kommen zu ſeyn. Jene liegt etwa ſieben und ein achtel Meile W. N. W. von Beit elfakh, und fünf ein viertel Meile N. N. W. von Ghalef'ka. Sie iſt zwar ziemlich groß, aber nach der Manier von Tehäma gebauet. Nur die Häuſer der Kaufleute und anderer vornehmen Araker ſind von Steinen, die übrigen ſind lauter Hütten. Der Döla wohnt in einem kleinen Caſtell an dem arabiſchen Meerbuſen. 6.) Das Amt Loheia. Es liegt gleichfalls an dem arabiſchen Meerbuſen, und gränzt nach Süden an Beitelſakih, nach Norden an die jezt unabhängige Herrſchaft Abuariſch, und nach Nordoſt an einige kleine Herrſchaften der Bundesgenoſſen HaſchiduBekil. Die Stadt --” Loheie, wornach dieſes Amt benennet wird, liegt theils auf dem feſten Lande, und theils auf einer Inſel; denn die Ebene nach Oſten von der Stadt iſt ſo niedrig, daß ein Theil davon zu der Zeit, wenn der Wind lange aus Süden gewehet, und das Waſſer in dem arabiſchen Meerbuſen erhöhet hat, von der höchſten Fluth, welche hier gleichwohl nur ohngefehr 4 Fuß hoch ſteigt, über- ſchwemmet wird. Die Polhöhe dieſer Stadt iſt 15. 42, und ihre Länge, nach der Berechnung des Herrn P. Hell aus meinen Beobachtungen, 2 Stunden 39 Minuten 14 Setunden nach Oſten von dem Mittagseirkel zu Paris. Aus einem Grundriß bey meiner Reiſebeſchreibung wird man ſehen, daß Loheia weder mit einer Mauer umgeben, noch gänzlich offen iſt, ſondern an der Landſeite ſind in einiger Entfernung von der Stadt 12 Wartthürme. Aber dieſe Feſtungswerke ſind ſelbſt in Arabien von ſo geringer Bedeutung, daß die Stadt noch vor wenigen Jahren von den Bundesgenoſſen Haſchid u Bekil abgebrannt worden iſt. Die Caffe- ... bohnen Die Landſchaft Jemen. 229 bohnen, welche aus der benachbarten bergigten Gegend nach Loheia gebracht, und von hier ausgefahren werden, ſind zwar nicht ſo gut, als die, welche man nach Beitelfakih bringt. Indeſſen iſt daſelbſt auch der Caffehandel ſehr beträchtlich, und man findet alda anſehnliche Häuſer, welche Kaufleuten zu Kähira gehören. Das Trinkwaſſer zu Mochha iſt zwar nur ſchlecht, aber das zu Hodeida und Loheia iſt beydes noch ſchlechter und theurer. Nahe bey Loheia iſt ein Berg, oder viel- mehr ein Hügel mit Namen Koſchä, woraus ſehr gutes Salzgehauen wird. Nach S. S. W. von der Stadt iſt eine kleine gut bebauete Inſel Urmuk, wohin die Einwohner zu Loheia alle ihre Koſtbarkeiten zu bringen pflegen, ſobald ſie nur Nachricht erhalten, daß die Bundesgenoſſen Haſchidu Bekil einen Beſuch bey ihnen ablegen wollen, und dieſes geſchieht ſehr oft. Es gehört ferner zu die- ſem Amte: Marabea, ehmals eine Stadt und Haſen nach Norden von Loheia. Der Hafen iſt aber unbrauchbar, und deswegen die Stadt nach und nach verlaſſen worden. vey * Mör, ein Marktflecken 4 bis 5 Stundenweges nach Oſten von Lo- heia. Hier iſt ein Unterdola mit einigen Soldaten. Adir, ein Dorf, eine Stundeweges von Mör. Die Einkünfte davon gehören dem Kadi zu Loheia. Menejre, ein großes Dorf auf dem Wege von Loheia nach Beitelfakth. Hier iſt eine große Herberge, wo Reiſende einige Tage umſonſt bewirthet werden kön- nen. **** Dsjälie, Bülſedi, Sabea u. a. m. ſind alle anſehnliche Dörfer. q=-<J Dähhi, ein großes Dorf auf der Hälfte des Weges zwiſchen Loheia und Beitel fakih, unter der Polhöhe 15. 13. In dieſem Dorfe wohnet ein Unterdola mit einigen Soldaten. Es wird hier viel Leder zubereitet. Wadi Surdüd ein ziemlich großer Diſtrickt, welcher durch das aus der bergigten Gegend kommende Waſſer fruchtbar gemacht wird, und deswegen wohl bebauet iſt. In demſelben liegt Mochlaf, eine kleine Stadt, und die Wohnung des Schechs von dem Thal Surdud. Ftg.) Mahdſam, ehmals eine berühmte Stadt, wovon jezt faſt nichts mehr übrig iſt, als eine alte Moſqué, welche Emir Farhan, der Dola zu Loheia, im Jahr 1762 auſ ſeine eigene Koſten repariren ließ, Ff 3 weil 23o Die Landſchaft Jemen. weil ſie ſonſt bald würde eingeſallen ſeyn *). 802.) Sädie, ein großer Markt- flecken, und die Wohnung eines Unterdola, gehört auch zu dieſem Diſtrickt. Die große und fruchtbare Inſel Gy«. Kamerän wird jezt mit zu dem Amte Loheia gerechnet. Sie iſt nicht ſtark bewohnt, hat aber doch einen Unter- dola und einige Soldaten. Faſt alle Nachrichten der Europäer von dem arabiſchen Meerbuſen erwähnen dieſer Inſel. Ich habe weiter nichts davon gehört, als das bereits angeführte, ingleichen daß daſelbſt ein ſehr guter Hafen ſey, wo die Schiffe, welche von Indien nach Dsjidda gehen, Erfriſchungen einzunehmen pflegen. Eine andere Inſel Firän iſt deswegen merkwürdig, weil die Einwohner zu Loheia da- ſelbſt viel Perlmuſcheln ſammlen. Die verſchiedene Ämter des Imäms von Jemen in der bergigten Gegend, ſind folgende: 1) Das Amt Sanhän. Dieſes Amt liegt zwiſchen Hamdän, Deibän, Chaulän, Belladänes und Heime. Es hat einen Überfluß an allerhand Baumfrüchten, als Feigen, Abricoſen, Pfirſchen, Birnen, Nüſſen, beſonders aber an Weintrauben, wovon die Einwohner hier mehr als zwanzig verſchiedene Sorten zählen. Es ſind aber auch nur die Thäler, und beſonders diejenigen, welche durch kleine Flüſſe gewäſſert werden können, wohl bebauet. Die Berge ſind gröſtentheils kahle Felſen, und geben ein trauriges Anſehen. Der merkwürdigſte Ort in dieſem Amte, und in ganz Jemen, iſt: --- Saná, eine alte berühmte Stadt, unter der Polhöhe 15“. 22. an einer Anhöhe in einer angenehmen Gegend. Weil nan hier ſehr hoch über der Oberfläche des Meers iſt, ſo findet man die Luft in dieſem Himmelsſtriche nicht ſo übermäſſig heiß, als in Tehäma. Nach einem lange anhaltenden Regen fließt ein kleiner Fluß, welcher im Monat Julius ganz ausgetroknet war, durch die Stadt, und an der Weſtſeite in einer kleinen Entfernung von derſelben iſt ein größe- rer, *) Geographia Nubienſis, Abulfedae deſcriptio Arabir, Allgemeine Welthiſtorie der neuern Zeiten I, Theil § 15o, Die Landſchaft Jemen, 231 rer, deſſen Ufer auf einige Meilen weit mit angenehmen Fruchtgärten, zwiſchen welchen viele Landhäuſer und Dörfer liegen, bedeckt ſind. Dieſe Stadt iſt mit einer Mauer, oder vielmehr mit einem Wall, der nur mit ungebrannten Ziegel- ſteinen bekleidet iſt, umgeben. An der weſtlichen Seite derſelben iſt Buſtänel Metwkkel, ein Garten, welchen der Imäm Elmetwkkel an der Stadtmauer ange- legt, und mit einer ſtarken Mauer umgeben hat. An der öſtlichen Seite, auch dicht an der Stadtmauer, liegt ein Caſtell auf dem berühmten Hügel Gamdän. Beydes, die Stadt und das Caſtell (Buſtänel Metwkkel nicht mitgerechnet) ſind nicht größer, als daß man ſie bequem in einer Stunde und acht Minuten umgehen kann. Auf den drey größern Stadtthoren findet man einige Canonen, die man gemeiniglich an einem Feſttage hören läſſet, und auf einer Batterie in dem Caſtell liegen auch noch einige unbrauchbare. Die kleinen Thürme in der Mauer aber die- nen nur bloß zur Vertheidigung mit dem Handgewehr. Weil Saná die Haupt- ſtadt in Jemen, und die Reſidenz des Landesherrn iſt, ſo findet man daſelbſt zwar mehrere ſchöne Paläſte und Gebäude als in andern Städten dieſer Gegend. In- deſſen verdient die arabiſche Baukunſt überhaupt gar nicht mit der griechiſchen und italiäniſchen verglichen, noch von den Europäern nachgeahmt zu wer- den. Man findet hier eine große Menge Moſquéen, überhaupt aber nicht über 10 Minaré, (Thürme) und etwa 12 anſehnliche öffentliche Bäder. Unter den vielen Karwanſeros in dieſer Stadt iſt Simſera el Mahädi die ſchönſte, größte und bequemſte, und drey Stockwerke hoch. Man findet hier überdieß noch einige andere, welche auch wenigſtens drey Stockwerke hoch ſind. Überbleibſel von ur- alten Gebäuden muß man zu Saná gar nicht erwarten, weil dieſe Stadt jederzeit ſtark bewohnt, und der Platz daſelbſt alſo immer koſtbar geweſen iſt. Nicht weit von dem Caſtell iſt ein hoher und ſteiler Berg Nikkum Äs, auf welchem man die Überbleibſel eines alten Caſtells ſiehet, das nach der Mei- uung der Araber von Sem, Noahs Sohn, gebauet ſeyn ſoll. - «WA BirelAſſab iſt das nächſte Dorf oder vielmehr eine Vorſtadt weſtlich von Saná, an dem vorher erwähnten Fluß. Es iſt hier eine große Mos- qué mit einem Minaré. Weiter ſüdlich liegt: /º 232 Die Landſchaft Jemen. /“S LÖſèr ein großes Dorf, oder vielmehr eine kleine Stadt, welcheblos von Juden bewohnt iſt, und daher gemeiniglich Kaá el Ihüd genannt wird. Hier wa- ren ehmals 14 Synagogen. Der Imäm hat davon im Jahr 1761 zwölf niederreiſſen laſſen. Der Name Öſer ſcheinet einige Ähnlichkeit mit Uſal zu haben. Weiter weſt- lich iſt ein Berg und eine Karwanſeroj Aſſerie. * */ Rödda *) eine kleine Stadt gleichfals an dem erwähnten Fluß und etwa 2 Stunden weit gegen Norden von Saná. Der Imämund viele Vornehme aus Saná haben hier Gartenhäuſer, und dieſe Gegend überhaupt iſt ſo voller Gärten, daß man ſie wohl mit der Gegend um Damäſk vergleichen kann. Die arabiſchen Erdbeſchreiber haben die Lage der Städte Saná und Damáſk wahrſcheinlich des- wegen mit einander verglichen, weil in beyden Städten viele ſchöne Früchte zu Markte gebracht werden, und die meiſten Baumfrüchte, welche nach Saná kom- men, wachſen in der Ebene in welcher Rödda liegt. Zauän, ein kleiner Diſtrikt nach N. O. von Saná. Hier wachſen viele Feigen, - Beni Mättar, auch ein großes Dorf. Daibe, ein Dorf nach N. W. von Saná. Hürreis, ein großes Dorf nach S. W. von Saná, auf dem Wege nach Dorän. - Hödde, ein Dorf nach Süden 1 Meile von Sanä. Der Imäm hat hier einige ſchöne Fruchtgärten. Rema ibn Hömejd, ein Dorf mit einer großen Simſerä, oder Kar- wanſeroi, zwey kleine Meilen ſüdlich von Saná auf dem Wege nach Damär. Dieſes Dorf nennet man gemeiniglich nur bloß Rema. Dieſe und noch viele andere Dörfer ſtehen alle unter dem Stadthalter von Sanhän. Es ſind in dieſer Gegend aber auch noch andere kleine Städte und Dör- fer, welche einigen von der Familie des Imäms entweder gänzlich gehören, oder, welches wahrſcheinlicher iſt, wovon ſie die Einkünfte haben. Unter dieſen MA!!!)t MA!] Hadür, *) Bey dem Scherif Edduis, ſowohl in dem Original als in der Ueberſetzung, Rabda. ––-–--––-– –=-S----------- Die Landſchaft Jemen. 233 Hadür, ein Diſtrikt zwiſchen Saná und Kaukebän. Die bekannteſten Dörfer in demſelben ſind: • Wº Möttene, 0 -- Mund und Boän. Auf den Berge Hadür ſoll beſtändig Schnee liegen, woran ich doch faſt zweifele. GL“ Sejiän, ein Dorf mit einem kleinem Diſtrikt 3 Meilen ſüdlich von Saná. Es liegt an einem Berge. sa-/j Suradsje, ein großes Dorf7 deutſche Meilen von Saná, und ſo wie das vorhergehende, auf dem Wege nach Damär. Dieſer Diſtrikt heißt Hedda. Er ward 1758 von den Truppen der Bundesgenoßen Haſchidu Bekil geplündert. - Mähhdar, ein Dorf nicht weit von Suradsje. Meherik, ein Dorf 2 bis 3 Stunden von Suradsje. Jähhrän, ein kleiner Strich Landes weſtlich von Damär. Hier findet man viele und ſchöne Schafe. Elkama, iſt ein Dorf in dieſem Diſtrikt. Sükel Afs und Weilän, zwey große Dörfer, liegen in einem Diſtrikt Dsjäbbel Rüs nicht weit von Saná, und gehören der Familie Ishäk, nemlich der fürſtlichen Familie von Öſäb, erblich. Weilän liegt zwiſchen Bergen, und hat ein Caſtell auf einem Hügel. - Ein Dorf Dsjäbel liegt in Wadi Beihän, eine Tagereiſe nach Oſten von Suradsje. In dieſer Gegend findet man einen Stamm Araber Beni Dob- bean, welcher unter Zelten wohnt, und vermuthlich die Oberherrſchaft des Imäms nicht erkennet. Drey Stunden von Dsjäbbél iſt ein Fluß, der ſein Bett im Sande oft verändern, aber beſtändig Waſſer haben und fiſchreich ſeyn ſoll. Dieſer iſt einer von denen Flüſſen, welche ſich zwiſchen den Bergen bey Mareb, in dem berühmten Waſſerbehältniſſe der Sabäer, vereinigen. 2) Das Amt Bellädänes. In dieſem Amte welches zwiſchen Rema, Öthuma und Macharebelánes liegt, iſt der vornehmſte Ort und die Wohnung des Dola zu Gºyº Dorän, einer ſehr alten Stadt an einem hohen Berge. Sie iſt erſt vor wenigen Jahren mit einer Mauer umgeben worden, und hat jezt 2 große » G g ºd 234 - Die Landſchaft Jemen. und ein kleines Thor. Der Imäm Elmetwkkel Iſmael reſidirete hier, und iſt mit ſeinem Bruder Haſſan nahe bey dieſer Stadt begraben. Zwey große Korn- magazine im Felſen ausgehauen, ſind oben auf dem bey dieſer Stadt liegenden Berge merkwürdig. Der jezige Schech dieſes Diſtrickts nennet ſich Haſſan el K obaili. - Mendsjia eine große Simſerä (Herberge) iſt nicht weit von Dorät Höddäfa oder Eddoffa ein großes Dorf auf einem Felſen etwa 1 Meilen von Suradsje, am Wege von Damär nach Saná. Unter den Ruinen eines alten Tempels in dieſem Dorfe, ſoll man eine alte Inſchrift finden, wovon die Buch- ſtaben ſowohl den Arabern als den Juden unbekannt ſind. Man kann alſo hier vielleicht noch hamjariſche Schriftzüge antreffen. Audi ein Dorf nicht weit von Höddäfa, und auf der Gränze der Herr- ſchaft Chaulän. Maber, ein Dorf zwiſchen Dorän und Damär. Es iſt wegen ſeiner vielen Leinenweber in Jemen berühmt. - Jarefibn Amer eine große Simſerä, oder Karwanſeroj. Abid eine kleine Stadt an dem Fluße Rema. Von hier gehet ein Weg nach Kusma, ein anderer nach Öſäb, und ein dritter nach Öthuma. In die- ſer Gegend wächſt viel Caffe. Nahe bey Abid iſt Süked ſümma, ein gro- ßes Dorf. Dsjäbbel Scherki, ein großer Berg, und die Wohnung eines vorneh- men Schechs mit Namen Ali Rödsje. Ein anderer Berg Hürfän liegt auch in dieſer Gegend. Beni Slama ein fruchtbarer Strich Landes mit einigen Caffe Plantagen und vielen andern ſchönen Fruchtbäumen. Beni Saad ein Diſtrikt wo viele Schafe gezogen werden. Er liegt ſüdlich von Dsjäbbel Schérki. 3) Das Amt Rödda. Dieſes Amt gränzt nach Norden an die Herrſchaft Chaulän, und nach Oſten an die Landſchaft Jäfa, und iſt eins der kornreicheſten Amter in Jemen, Die Landſchaft Jemen. 235 Jemen. Der vornehmſte Ort darinnen iſt 89./. Rödda, eine kleine Stadt mit einem ſtarken Caſtell. Von den darzu gehörigen Dörfern habe ich keine Nachricht erhalten. 4) Das Amt Machärebelánes. Dieſes iſt ſehr fruchtbar an Kornfrüchten, und das einzige in dem Gebiete des Imäms, wo Pferde in einiger Menge gezogen werden. Es liegt zwiſchen San- hän, Bellädánes, und Jerim. Die Hauptſtadt darinn iſt: /Lºé Damär, eine große offene Stadt in einer Ebene, 12# deutſche Meilen von Saná. Man findet hier ein großes Caſtell, und viele anſehnliche Häuſer. Das merkwürdigſte zu Damär aber iſt eine berühmte Academie, auf welcher beſonders ſehr viele von der Sekte Zéidi ſtudiren *). Hier liegen zwey Imäms mit Namen Ommeddin und Mutáhher, von der fürſtlichen Familie, welche jezt zu Kaukebän regieret, begraben. Mauáhheb, eine kleine Stadt mit einem Caſtell auf einem Hügel, nicht weit von Damär. Der Imäm Elmahädi Mohämmed ibn Achmed hatte in die- ſer Stadt ſeine Reſidenz, und iſt auch hier begraben. - 4 Madi, Hödsjera, Menchale, Muſchuof, Kobatel, Sauäd, Molos u. a. m. ſind lauter Dörfer in dieſem Amte. Der Berg Hirrän auf welchem der Carneol, den man in Arabien Akjk nennet, gefunden wird, liegt nach N. W. von Damär. Der Berg Iſſi oder Dsjäbbel Kibrid, d. i. der Schwefelberg, liegt nach Oſten von der erwähnten Stadt. 5) Das Amt Öthuma. Dieſes Amt iſt von Bellädänes, Réma, Öſäb und Machärebelánes um- geben. Ich habe davon weiter keine Nachrichten erhalten, als daß * S Othuma darinn die Hauptſtadt, und Sukerrobo ein Marktflecken ſey. Lezterer Ort hat Gg 2 ein *) Abulfedae deſcriptio Arabiae. Damar civitas celebris in Aljaman: ab ea denomi- nantur multi qui ſcripſere dicta Prophetze. Hieraus könnte man muthmaßen, daß dieſe Academie ſchon alt ſey. - - - - -- - - - - - ----- ––----------- ------- T - - - - - - - 236 Die Landſchaft Jemen. - ------------ TT -------- - " --- - - - - - ein Caſtell. Ein anderer ſagte, daß der Amtmann von dieſem Diſtrikt zu Suk errobo wohne. Othuma iſt alſo vielleicht keine Stadt, ſondern bloß der Name des Amtes. 6) Das Amt Jerim. Es liegt an der Oſtſeite des Berges Sumära, und nach Süden von Ma- chärebelánes. Der vornehmſte Ort in demſelben, und die Wohnung des Dola iſt zu 22 Jerim, einer kleinen und ſchlecht gebaueten Stadt mit einem Caſtell auf einem ſteilen Felſen. Sie liegt auf einer großen Ebene, unter der Polhöhe 14“ 17^. und 4 deutſche Meilen von Damär. Der Name dieſes Amtes hat viele Ähnlichkeit mit dem Namen des berühmten Gartens Irem, wovon Mohämmed im 89ten Capitel des Koräns redet, und man hat daher geglaubt, daß dieſes irdiſche Paradis in dieſer Gegend geweſen ſey. Das Amt Jerim aber ſchien mir auf meiner Durchreiſe (im Monat Julius) in Verglei- chung mit andern Gegenden von Jemen, gar nicht fruchtbar zu ſeyn. Eine kleine halbe Tagereiſe nach S. W. von Jerim, und an der Oſtſeite des Berges Sumära, findet man noch jezt einige Überbleibſel von der unter den ham- jariſchen Königen berühmten Stadt Saphar. Selbige ſind wenigſtens von der Stadt Dhafar, wovon der Scherif Eddrts und Abulfeda reden; denn erſterer ſezt ihre Entfernung von Saná auf 76ooo Schritte, d. i. ohngefehr 3 Tagereiſen, und lezterer ſagt ſie ſey 24 Farſach von Saná, und 8 Farſach von Damär. Es ſcheinet indeſſen keiner von beyden erwähnten Erdbeſchreibern ſelbſt in Jemen geweſen zu ſeyn, und es iſt daher wahrſcheinlich, daß ſie dieſe Stadt Dhafar mit andern von glei- ehem oder ähnlichen Namen verwechſelt haben. Auf der S. O. Küſte von Arabien iſt auch eine Stadt und Hafen Dafär, in Haſchidu Bekel eine ziemliche Stadt Do- far, und in Belläd Hädsje eine große Stadt Dofftr*). Ich habe die arabiſche Orthographie der Namen dieſer Städte nicht erhalten können, und muß deswegen noch bemerken, daß ich in der Ausſprache der Namen Dhafar, Dafar und Do- - far *) Einer erwähnete auch eines Dofar welches zwiſchen Damar und Rödda liegen ſoll. Ich weiß aber nicht ob man ſeinen Nachrichten glauben kann. - Die Landſchaft Jemen. 237 far eben keine merkliche Verſchiedenheit geſpürt, ſondern ſie nur darum verſchiedent- lich geſchrieben habe, damit man dieſe Städte nicht ſo leicht verwechſele. Von den Dörfern, welche unter dem Dola zu Jerim ſtehen, habe ich keine andere nennen hören, als nur Mäddraſſe, Robädel Kallá und Menſil Aſſäni. 7) Das Amt Mechäder. Dieſer kleine, aber fruchtbare Diſtrikt ward Ibrahim, dem Sohn des Imäm Elmahädi Mohämmed eingeräumt, und als dieſer im Jahr 1762 ſtarb, ſo erhielt ihn ſein Sohn Iſmael. Ich weiß nicht gewiß ob er ihn als ein unabhän- giger Herr regiert, ſondern vermuthe vielmehr, daß er nur die Einkünfte davon ge- nießet, und daß der Imäm einen Dola nach dieſem Amte ſende. Es gehört darzu vº-S* Mechäder, eine kleine Stadt auf einem Berge, mit einem Ca- ſtell auf einem noch höher liegenden Hügel. Dieſe Stadt liegt 2 Meilen faſt ge- rade nach Norden von Äbb, und in einer geraden Horizontallinie etwa 4 Meilen nach S. W. z. W. von Jerim. Dölme, Tullüb und Schonen ſind Dörfer in dieſer Gegend. Fol- gende merkwürdige Diſtrikte und Örter liegen gleichfals in der Nähe von Mechäder, ich zweifle aber ob ſie ganz unter dem hier wohnenden Amtmann ſtehen. S/L“ Sumära oder Nakil Sumära, das größte und höchſte Ge- bürge in Jemen welches ich erſtiegen habe. Es iſt an der Weſtſeite ſehr ſteil. Weil es aber auf der Landſtraße von Möchha nach Saná, nemlich zwiſchen Me- chäder und Jerim liegt; ſo hat man den Weg an demſelben ſo gekrümmet, und ſo gut gepflaſtert, daß man daſelbſt auch mit leicht beladenen Kameelen paſſiren kann *) Etwa auf der Höhe dieſes Berges unter der Polhöhe 14. 10. iſt G g 3 ein *) Die Landſtraßen in Jemen ſind nur an wenigen ſteilen Bergen, ſonſt aber gar nicht gepflaſtert, und es iſt deswegen ein Fehler des Herausgebers der Voyage de l'Ara- bie heureuſe wenn er S. 231 ſchreibt: Nos Voyageurs apprirent auſſi qu'il y a pluſieurs grands chemins, dont quelques uns meme ſont pavs, qui ont plus de 1oo Lieues de longueur chacun. Sumära iſt vermuthlich eben der Berg, welchen die griechiſchen Erdbeſchreiber Climax nennen. Bocharti Phaleg & Canaan cap. XXX. - 238 Die Landſchaft Jennen. ein Dorf Menſil, und in demſelben eine ganz von gehauenen Steinen gebauete Karwanſeroj. - Roböel Haüa, ehedem ein ſtarkes Caſtell auf einem ſteilen Felſen, und einem Nakib Mohämmed ibn Abdüllah, Herrn von Wadey gehörig. Dieſe Fa- milie ſtammt urſprünglich von der alten Familie Wadey in Haſchidu Bekil ab. Sie hat ſich aber ſchon ſeit vielen Jahren in dieſer Gegend niedergelaſſen, und hat noch jezt, vielleicht als ein Lehn von dem Imäm, verſchiedene Dörfer an der Weſt- ſeite des Berges Sumära. - Beni Haſſan hatten noch vor wenigen Jahren ein kleines Caſtell auf dem Gipfel des Berges Sumära, und an der Landſtraße. Das Caſtell iſt aber nieder- geriſſen, und der Schech von dieſem Diſtrikt muß jezt die Oberherrſchaft des Imänns erkennen. Belläd Chaubän ein Diſtrikt nördlich von Mechäder, gehört oben er- wähnten Sidi Iſmael. Höbäſch eine Stadt auf einem Hügel zwiſchen Mechäder und Öthuma. Dieſe Stadt hat ihr eigenes Gebiet, und vermuthlich auch einen eigenen Schech. 8) Das Amt Jemen ála. Hier ſind die Hügel, und die Thäler zwiſchen den Bergen, überaus wohl be- bauet und voller Dörfer. Das Hornvieh iſt ſehr gut. Das Kraut Uars, welches gelb färbet, und womit ein ſtarker Handel von Jemen nach Maſkät getrieben wird, wächſet vornehmlich in dieſem Amte, welches überdieß ſo fruchtbar an Waizen, Ger- ſten und andern Früchten iſt, daß man es die Kornkammer von Jemen nennet. Es gränzt nach Weſten an üdden, nach Norden an Mechäder, nach Süden an Taäs, und man findet darinn: - "L- Dsjöbla, die Wohnung des Döla, und alſo die Haupſtadt in dieſem Amte. Sie liegt nach meiner Rechnung 7 Meilen von Taäs, und in einer geraden horizontal Linie etwa 3 deutſche Meilen O. S. O. von üdden. Es iſt aber zwiſchen Dsjöbla und üdden ein ſehr hoher Berg, und man braucht des- wegen vielmehr Zeit auf dieſem, als auf einem andern Wege von ähnlicher Länge. Dieſe Stadt iſt an der Seite, welche ich davon geſehen habe, in der Figur eines halben Die Landſchaft Jemen. 2 39 halben Cirkels an einem tiefen Fluß, welcher am Ende des März ganz trocken war, gebauet. Die Häuſer ſind ſo wie in den übrigen Städten in der bergigten Ge- gend, von Steinen, und nach arabiſcher Art hübſch, und die Straßen, welches in Jemen etwas ſeltenes iſt, gepflaſtert. Man findet hier keine Stadtmauer, der Döla aber wohnt in einem Caſtell. Zu Dsjöbla ſind viele Seifenfabriquen. Außerhalb der Stadt liegt ein berühmter Wali oder mohammedaniſcher Heiliger, mit Namen Omaribn Said, begraben. - Die nächſt merkwürdige Stadt in dieſem Amte iſt - Äbb. Sie liegt eine ſtarke Meile nach N. O. z. O. von Dsjöbla auf dem öberſten Theil eines Berges, und hat vortrefliche Ausſichten nach den niedriger liegenden fruchtbaren Ge- genden. Dieſe Stadt iſt auch gepflaſtert, und ganz mit einer Mauer umgeben. Es iſt hier ein Unterdola, der von dem Dola zu Dsjöbla abhänget. Dicht bey Abb iſt ein hoher Berg e.oºº Bädän, von welchem das Waſſer auf einer hohen Mauer zu einem großen Waſſerbehältniß bey einer Moſqué, und von da in der ganzen Stadt vertheilet wird. Lahnad und Sük ſind zwey Dörfer zwiſchen Äbb und Mechäder. Man findet in Jemen viele Dörfer, welche man Sük d. i. Marktplatz nennet, vermuth- lich weil daſelbſt eher Markt gehalten ward, als man die Dörfer bauete. Ein Di- ſtrikt öſtlich von Dsjöbla, und nach Süden von Äbb heißt Schebän. Hierzu gehören die Dörfer: Arma, Ode und Nedsjäd. Mhárras, ein Dorf mit einer bequemen und dauerhaft gebaueten Kar- wanſeroj, an einem hohen und ſteilen Berge. Der Weg an demſelben iſt breit und gut gepflaſtert. Man ſiehet auf dem Gipfel verſchiedener hohen Berge dieſer Gegend annoch Ruinen von alten Caſtellen, welche vor Mohämmeds Zeiten gebauet ſeyn ſollen. Gännue el Murfeten, Guräfa, Düſchruk, Hämära, Dérras, Dimne, Menſl und Nahhl ſind lauter Dörfer und Marktflecken an der Südſeite des Berges Mharras. Medine, Beni Haſſan, Okäbe, Maſchwära, Räka und Ösle ſind lauter Dörfer nach der Weſtſeite der Stadt Dsjöbla. Dikſera, ein Dorf der Familie Ishäk gehörig. 9) Das 24Q Die Landſchaft Jemen. 9) Das Amt Kätaba. Der Name dieſes Amtes hat viel ähnliches mit Catabania des Strabo*), und es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß es eben daſſelbe ſey. Es iſt zwar jezt nur klein aber fruchtbar an Caffe und allerhand Kornfrüchten. Und wenn man in Catabania zu StrabösZeiten auch Weihrauch gefunden hat, ſo gehörte die Provinz Schähhr vielleicht mit zu dieſem Königreiche. Es liegt auf der öſtlichen Gränze des Imäms, und man ſindet darinn: sºlas Kätaba, eine gute, mit einer Mauer umgebene Stadt, in einer fruchtbaren Gegend. Abdurrab war hier Dola als er ſich dem Imäm zum erſten- mal wiederſezte. Cheirän eine kleine Stadt auf einem Berge. Ghurefie ein groſes Dorf. Zaba ein kleiner Ort nördlich von Dsénnad. Nakil Suede, ein hoher Berg zwiſchen Dsjennad und Kátaba. In dieſem Amte ſoll ein ſchöner Fluß Beinäm ſeyn. Dieſer aber iſt vermuthlich eben derſelbe, welcher in der Gegend von Abb entſpringt, und nicht weit von Aden ins Meer fält, und den andere Meidäm oder Meitäm nannten. 1 o) Das Amt Taäs. Dieſes an Korn und andern Früchten ſehr fruchtbare Amt gränzt an Ie- men äla, Üdden, Beni Aklän und Hödſerie. Es erkannte die Herrſchaft des Imäms, bis Sidi Achmed, ein Bruder des Imäm elmanſör, welcher als Gou- verneur hicher geſandt wurde, ſich unabhängig machte, und ſeine eroberte Provinz nachher Zeit Lebens vertheidigte. Sein Sohn Sidi Abdüllah blieb noch in dem geruhigen Beſitz des von ſeinem Vater eroberten Diſtrikts. Nach ſeinem Tode aber geriethen ſeine Brüder wegen der Regierung in einen Streit, und als der junge Abdulkerim, ein Sohn des Sidi Abdullah, ſich genöthigt ſah bey dem Imäm Hülfe gegen ſeines Vaters Brüder zu verlangen; ſo eroberte dieſer im Jahr 176o die Stadt Taäs, und vereinigte dieſes Amt wieder mit ſeinen Ländern. Die *) Ingleichen mit Gataba des Plinius libr. VI. 32. Die Landſchaft Jemen. 24I. Die Stadt Taäs as liegt an der Norderſeite des Berges Sabber unter der Polhöhe 13“. 34. 12 Meile von Häs, und 4# Meile von Dorebät. Sie iſt von einer Mauer, welche auswärts ſehr dünne mit gebrannten Steinen bekleidet iſt, umgeben, und in ihr iſt eine Bergfeſtung mit Namen Kähhre, auf einem ſteilen Felſen. Aber ſowohl die Bergfeſtung als die Stadt können von dem hohen Gebürge, an deſſen Fuße ſie liegen, überſehen werden, und würden ſich deswegen gegen einen Angriff mit Canonen nicht lange halten können, obgleich die Araber glauben daß dieſe Stadt wohl befeſtigt ſey. Man findet hier noch eine Menge großer, und nach arabiſcher Art prächtiger Moſquéen. Sidi Achmed und ſeine Nachkommen aber haben die Anzahl der prächtigen Tempel nicht vermehret, ſondern an deren ſtatt zu ihrer eigenen Bequemlichkeit, Palläſte gebauet. Dieſe Stadt hat durch die leztern innerlichen Unruhen, und bey ihrer Eroberung ſo viel gelitten, daß man da- ſelbſt jezt noch viele halb niedergefallene Häuſer, und ganz unbebauete Plätze findet. Ich habe von derſelben ſowohl einen Grundriß als einen Proſpekt entworfen, und werde ſie bey meiner Reiſebeſchreibung mit abdrucken laſſen, Von Taäs nach Aden ſind 5 Tagereiſen, nemlich: von Taäs bis Chadir , von Chadir bis Harwa 1, von Harwa bis Nakilel Hamär #, von Homär bis Lahadsje 1, und von Lahadsje bis Aden eine Tagereiſe. - /- DsjäbbelSabber iſt ein ſehr großes Gebürge, welches ſo zu rede aus vielen Bergen übereinander beſtehet, von denen einjeder ſeinen beſonderen Na- men hat. Der höchſte unter ihnen iſt der Berg Hösnel arüs. Dieſes Gebürge iſt ſo fruchtbar, daß die Araber zu ſagen pflegen, man könne auf dem Berge Sab- ber alle Kräuter finden, die in der Welt wachſen. Man ſoll auf demſelben wohl 1oo Schechs zählen, wovon mur wenige etwas an den Dola zu Taäs, und alſo an deh Imäm bezalen. Die meiſten erhalten ſich ſo wie viele andere in den bergigten Gegenden, gänzlich unabhängig, nnd bringen ihre kleine Diſtrikte auf ihre Nachkommen. Die Araber in Jemen wollen die Höhle der 7 Schläſer, wovon Mohämmed im 18ten Capitel des Koräns weitläuftig redet, und die nach der Meinung des gelehrten Sales in Natolien geweſen iſt, nur einige Stunden weit von Taäs Hh - MN 242 Die Landſchaft Jemen. an dem Berge Sabber entdeckt haben *). Sie nennen den König, unter deſſen Regierung die Schläfer in die Höhle gegangen ſeyn ſollen, Dikkianus, (worunter ohne Zweifel der Kaiſer Deeins zu verſtehen iſt). Derjenige von ihnen, welcher nach einer Zeit von 309 Jahren in die Stadt geſandt ward um Lebensmittel zu kau- fen, ſoll Themusibn Hamus Abu Arbas, und der zu dieſer Zeit regierende Kö- nig ſoll Abdulrachmän geheiſſen haben. Der Hund mit Namen Kathmtr, der ſie bewachte, ſoll mit der ganzen ehrwürdigen Geſellſchaft im Himmelſeyun. ſ w. Bey der Bergfeſtung Kähhre und gleichſam über Taäs ſiehet man noch die Ruinen einer alten Stadt Oddene *), und etwa # Meilweges nach S. O. z. O. von Taäs war in den ältern Zeiten eine Stadt mit Namen Thöbäd, wovon noch jezt ein Theil der Stadtmaner, und 2 Moſquéen übrig ſind. Gheida und Makab ſind Dörfer an dem Berge Sabber. o=' Dsjennad, eine zu Mohämmeds Zeiten berühmte Stadt, iſt jezt nur ein kleines Dorf, und liegt etwa 4 Stunden nach O. N. O. von Taäs. Die große Moſqué, welche Maad ibn Dsjäbbel hier bauete, wird noch zum An- denken dieſes jemeniſchen Apoſtels unterhalten. Amäki war noch vor wenigen Jahren eine kleine Stadt. Sie iſt aber verwüſtet, und jezt nur ein ſchlechtes Dorf. e-Lº-Jº Schürmän, Käade, Denebten und Sufras ſind gleichfalls Dörfer in dieſer Gegend. UL-W_29 Dülſofälſund A->-S„º Scherábhamjar oder Belled esſcheráb liegen am Wege von Taäs nach üdden. Bey dem leztern Dorfe wird viel Zucker gebauet. Kerrá „“ *) Sie war nach Abulfeda Meynung nahe bey Heraklah. S. Büſchings geographiſches Magazin V. Theil. *) Herr Doct. Büſching, welcher dieſen Namen auf meinem Grundriß von Taäs ge- funden hat, glaubt mit Recht, daß man hier das Aden Láah des Abulſeda ſu- chen könne. S. die zweyte Ausgabe des fünften Theils ſeiner Erdbeſchreibung, S. 594. Die Landſchaft Jemen. 243 Kerrá, Robey und Sälame liegen am Wege nach Dorebät. Eldubäb, ein angenehmer Ort am Wege von Taäs nach Iüffros. 11) Das Amt Hödserie «MAS- SN- Es gränzt an die Ämter Taäs, Kätaba, Beniaklän, Mochha, und an die Landſchaften Jäfa und Aden. Der berühmte arabiſche Held Abdurrä6 re- gierte daſelbſt einige Jahre lang ganz unabhängig, es iſt aber nachher wieder mit den Ländern des Imäms verbunden worden, und ſteht jezt unter dem Döla zu Taäs. Man findet hier aber auch viele unabhängige Schechs. Zu Hödsjerie gehört: G.*0J Dimlu, eine kleine Stadt mit einem ſtarken Bergeaſtell 1# Tage- reiſe nach S. O. z. O. von Taäs. Abulfeda nennet ſie die Schatzkammer des Königes. Galla, war die Reſidenz des Schechs Abdurräb. - Mukätera, eine bey den Arabern für unüberwindlich gehaltene Feſtung. auf einem hohen und ſteilen Berge, worzu nur ein einziger Weg führet, welcher durch eine Pforte verſperret werden kann. Oben auf dieſem Berge wächſt viel Korn, und Waſſer iſt hier im Überfluß. Der Imäm ElmahädiAchmed, welcher Gu Charres reſidirte, ſoll dieſen Berg lange vergebens belagert haben. Der Schech: Abdurräb hatte auch hier bisweilen ſeine Reſidenz. Kédis, ein großes Dorf. - U“,sa Iüffros, eine ziemliche Stadt, welche bisweilen ihren eigenen Döla von dem Imäm gehabt hat. Hier iſt das Begräbniß eines berühmten Achmed ibn Alwän, eines der größten Heiligen der Sünniten, welcher ſeine Schüler viele natürliche Zauberkünſte gelehrt hat, als ſich von giftigen Schlangen beiſſen zu laſſen, ſich mit der Schärfe eines Schwerdtes auf den bloßen Leib zu ſchlagen, ohne daß es einem ſchadet, u. ſw. Nahe bey ſeinem Grabe liegt Ali, ein Bruder des Imäm Elmetwkkel Khäſſem. Ich ſah zu Bombay einen moham- medaniſchen Gaukler aus Bengalen, welcher dieſen Ibn Alwän bey ſeinen Künſten um Hülfe anrief, und vermuthe daher, daß er ein Stifter von einem, Orden Derwiſche geweſen iſt. - « Hh 2 */3-a." 244 Die Landſchaft Jemen. s„Y“a- Manſora, ein großes Dorf mit einem erblichen Schech der in einem ſtarken Bergcaſtell wohnet. Hier ſind viele große, aber zum theil verfallene Moſquéen. Ein Zeichen, daß dieſer Ort ehmals in größerm Flor geweſen iſt, als jezt. Beni Juſof, ein Diſtrikt ſüdlich von Iüffros, welcher von verſchie- benen unabhängigen Schechs regieret wird. Hier iſt Mohämmed, Sohn des Achmed ibn Alwän begraben. 4 q--->0.- Dsjäbbel Habbeſchi, ein großer und ſehr fruchtbarer Berg, verſchiedenen erblichen Schechs gehörig. - „sº-W Aſäs, ein Dorf auf der Gränze des Gebietes Aden. Hier woh- net auch ein erblicher Schech. 12) Beni Aklan oder Bellädibn Aklän GMäc G-2 0M? Dieſer Diſtrikt hatte noch vor wenigen Jahren einen ganz ſreyen, unabhän- gigen Schech, bis er von dem Imäm unters Joch gebracht ward. Der jezige Schech Abdüllah ibn Ibrahim ibn Emireddin, einer von den Nachkommen des Aklän, lebt alſo zwar noch in ſeinem Lande als Schech; allein, es iſt daſelbſt auch ein Officier (ich weiß nicht ob ihm der Titel Dola beygelegt wird) unter dem die Sol- daten ſtehen, welche von dem Imäm dahin geſandt werden, und der Schech ſelbſ® darf gar keine Truppen halten. Die Reſidenz dieſes Schechs iſt zu Dorebät, einer kleinen Stadt oben auf einem Berge 11 deutſche Meilen von Möchha. Am Fuße dieſes Berges, und am Wege von Möchha nach Taäs, iſt der Marktplatz mit ver- ſchiedenen Häuſern. Es iſt daſelbſt weiter nichts merkwürdig, als ein bey den Arabern ſehr fürchterliches Gefängniß, welches in einen Felſen gehauen iſt. Hier- zu gehört auch: Robeia, ein Marktflecken. Schech Iſa, Oude, Haſibe, Dörfer am Wege von Taäs nach Häs“ v/*-* Kamára, ein hoher Berg welcher größtentheils unter unabhän- gigen Schechs ſtehet. JF Aghüs - Schemir, Uy“) Ahhmül, Dejana, Manſari u, ſ.w, ſind Dörfer zu dieſem Amtegehörig. 13) Das Die Landſchaft Jemen. 245 1 3) Das Amt Udden. Dieſer Strich Landes iſt reich an allerhand Baumfrüchten, beſonders an Caffe. Die Caffebohnen von Udden werden überdießfür die beſten in Jemen, Und alſo auch für die beſten in der ganzen Welt gehalten. Der Imäm hat vermuthlich darüber die Oberherrſchaft. Der Schech von Udden, welcher noch beſtändig in dem Gebiete ſeiner Vorfahren wohnet, hat aber auch ſehr große Einkünfte, und iſt von einer alten Familie. Man kann dieſen und andere weniger oder mehr unab- hängige arabiſche Schechs, in Anſehung ihres Adels und ihrer Herrſchaften, vielleicht mit den europäiſchen Barons, Grafen und Fürſten vergleichen. Es gehört zu dieſem Amte: e20-W üdden , eine kleine offene Stadt an einem Berge in der Nähe von Wadi zebid, und etwa 15 deutſche Meilen von Beitelſakih. Ferner - - USy° -- Beni Auäd, „Lº Meleki, & Ya J.* Dsjäbbel Efua, -29 Deſar, F* Amdſüd, e9* Bäden, Jº“- Msil und C-/ U.- Dsabbel Räs. - &><º Machſa, ein ſchlechtes Dorf etwa 5 deutſche Meilen von udden «auf dem Wege nach Beitel ſakh und Zebid. Hier iſt ein Unterdola mit einigen Soldaten zur Sicherheit der Reiſenden. 14) Das Amt Oſabelála oder Oberöſäb. Dieſes Amt gränzt an Tehäma und hat viele hohe und ſteile Berge. Der Tobak, welcher hier gebauet wird, iſt der beſte in ganz Jemen. Ich weiß nicht gewiß, ob der Imäm dieſen Diſtrikt durch einen Officier der den Titel Döla hat, regieren läßt, indeſſen kann er jezt mit zu den Ländern des Imäms gerechnet werden. Ein Sohn des Imäms Elmejid Mohämmed ibn Ishäk, mit Namen Achmed, erhielt zwar Ober- und Niederöſäb und reſidirte zu Denn. Als es aber dieſem Herrn vor einigen Jahren einfiel, eine Scheidemünze zu ſchlagen; ſo ſchickte der Imäm (1757 oder 1758) eine Armee in ſein kleines Ländgen, und nöthigte Sidi Achmed mit ſeiner ganzen Familie nach Saná zu kommen, und ſeine Ein- künfte daſelbſt zu verzehren. Man rechnet zu Oberöſäb; H h 3 G0J) 246 Die Landſchaft Jemen, G0J) Denn eine kleine Stadt mit einem ſtarken Caſtell auf einem Felſen, Und einem Markt. «---> */ Rödda LÖſäb eine ſtarke Feſtung. Beitel Weil ein kleiner Ort mit einem Caſtell. Beni Muſlim, die Bewohner eines hohen Berges dieſer Gegend. o=' Had ein ziemliches Dorf. 1 5) Das Amt Küsma oder Kusümma. Dieſes liegt nach Oſten von dem Amte Beitelſakih, und alſo an Tehäma, aber auf ſehr hohen und ſteilen Bergen, welche bis an den öberſten Gipfel grün, und voller Gärten mit Caffebäumen, ſind. Das Amt iſt zwar groß und wohl be- bauet. Es ſcheinet aber, daß der hieſige Dola faſt keine andere Beſchäftigungen habe, als nur die Einkünfte des Imäms für die Caffebohnen, welche in gewiſſen Dörfern zu Markte gebracht werden, zu heben; denn es wohnen hier auch viele alte Familien, die ihre eigene Caſtelle haben, und ſich um den Imäm gar nicht weiter bekümmern, als daß ſie von den aus ihrem Lande gehenden Caffebohnen eine gewiſſe Abgabe bezalen. Ich kann wohl nicht erwarten, daß ich von allen kleinen Diſtrikten dieſer bergigten Gegend, wohin ein Reiſender nicht leicht zu kommen * pflegt, vollſtändige Nachrichten erhalten habe. Man nannte mir indeſſen folgende: 1) -ºº-Wºº Beni Tullejli. Hierzu gehöret: - - Kusma *), ein kleine Stadt, und die Wohnung des Döla, auf der öberſten Spitze eines ſo hohen Berges, daß man faſt einen ganzen Tag gebraucht um von Tehäma hinauf zu klettern. Der Weg iſt ſo ſteil, daß man, nach der Seite POt *) Die Gelehrten in Arabien geben ſich bisweilen Mühe zu unterſuchen, warum dieſe oder jene Stadt ſo, und nicht anders genannt worden iſt. Ein Fakih zu Loheia z. E. verſicherte mich daß, als man dem Herrn welcher dieſe Stadt bauete, gefragt habe, wie ſelbige genannt werden ſollte, er im Scherz geſagt habe Zusümma. Was dieſes Wort bedeute, wird denen welche in der arabiſchen Sprache etwas er fahren ſind, nicht unbekannt ſeyn, Hievon ſoll die Stadt noch jezt Kusumma - oder Kusma genannt werden. Die Landſchaft Jemen. 247 von Hadie, zur Bequemlichkeit der Fußgänger an vielen Stellen Treppen gebauet hat. Man kann hier weder Pferde noch Eſel brauchen. Dsjäbbel Häſſer, ein Caſtell auf einem Berge. Dsjäbbel Kubüra, Dsjäbbel Döllemlam und Beni Muſſab ſind an- dere wohl bewohnte Berge. - Ors, eine Karwanſeroj weſtlich von Kusula, und unten am Berge. Der Schech von Beni Tullejle heißt Mächſen ibn SchechAchmedel Der. 2) Beni Dsjöbüb wohnen nach Süden von Tullejle. Der Schech von dieſem Diſtrikt nennet ſich Ali ibn Höſſejn. 3) Beni Jäman öſtlich von Küsma. Hierzu gehören auch Beni Mo- hämmed, Beni Isa, und Beni Haſſan. 4) sºl« Sälfie, ein großer Strich Landes, welcher unter 7 Schechs vertheilt iſt. Der vornehmſte von ihnen iſt Ali ibn Manſör, und wohnet zu Sük es Sept, einem Flecken wo am Sonnabend Markt gehalten wird. Sochol, iſt eine Karwanſeroj weſtlich von Sukes Sept. Luma, ein Dorf zwiſchen Suk es Sept und Abid. Benielaskar, Beni Wahadi, Dommir u. a. m. gehö- ren noch zu dieſem Diſtrikt. 5) Dubara, ein kleines Gebiet einem Schech Haſſanibn Ibrahim gehö- rig. Dieſer wohnt in einem Caſtell zu Dimna auf einem ſteilen Berge wo Mag- netſteine geſunden werden. - 6) Beni Buddeif. Dieſen gehört. Sük Dahel, ein Marktflecken. 7) Elhöra. 8) Elmacharem. 9) Beni Akli. ro) Beni Derübi. 11) Beni Belamri. 12) vey“ Mäſuär. Der Schech von dieſem Diſtrikt heißt Mohämmed ibn Alwän. 13) UUX - Beni Bukäl. Der hier re- gierende Schech heißt Mohämmed ibn Sejidel Kobbel. 14) Beni Ommeri. 15) Beni Jude. 16) Beni Achmed. 17) Beni Möchdar. In dieſem Diſtrikte ſind viele Leinenfabriquen. 18) „FX) „º Beniel Kähhwe. 19) Beni Jadi, nach Südweſt von Kusma. Hierzu gehöret: «20= Hadte, ein Marktflecken, weſeéſt ein großer Handel mit Caffe, welcher bey Klei- nigkeiten von den Bergen heruntergetragen wird, verkauft, verzollt, in Ballen einge- packt und nach Beitelſakh oder Hodeida gebracht wird. Dieſer Ort iſt denen nach - 248 Die Landſchaft Jemet. nach Beitelfakih kommenden Europäern ſehr wohl bekannt; denn dieſe kommen fleißig nach Hadie, weil die Luft daſelbſt nicht ſo heiß, und das Waſſer auch viel beſſer iſt, als in Tehäma *). Dsjäbbel Holba und Dsjäbbel Aswad ſind zwey Berge mit alten ver- fallenen Caſtellen. 20) 0.“ „º Beni Sajid, ein Diſtrikt zwiſchen Hadie und Allüdsje. 2) Beni Wokid, weſtlich von Tulejle. Hierzu gehöret: «Sys Allüdsje, ein eben ſo großer Marktflecken als Hadie. Von hier gehen die meiſten Caffebohnen gerade nach Hodlieda. 22) Beni Chuſi. Hiebey wird man ſich des 7ten Verſes im Ho Cap. des erſten Buchs Moſis erinnern können. 23) Elmuchlef. Hierzu gehört Manör, ein ſtarkes Bergeaſtell auf dem Wege von Kusma nach Dsjébi. 24) Beni Dobejbi ein großer Strich Landes in dem nördlichſten Theil des Amtes Küsma. Hier wachſen viele Weintrauben. Es ſind in dieſem Diſtrikt auch viele Leinenwebereyen. Der Schech davon heißt Jachjaibn Ali. 16) Das Amt Dsjebi. Es liegt nach Norden von dem Amte Küsma, und beyde Ämter zuſam- men genommen, heiſſen bey den Arabern *2/ Rema. Es iſt wohl kein Zweifel daß dieſer Name ſchon ſehr alt ſey. Ob aber die Kaufleute von hier, zu der Zeit des Propheten Ezechiel, mit Tyrus gehandelt haben, überlaſſe ich den Gelehrten zu unterſuchen. Das Amt Dsjébi iſt bergigt und ſehr fruchtbar an Caffe, es iſt aber auch ſo wie das Amt Küsma unter ſehr viele Schechs vertheilt. Ich habe nur von folgenden Nachricht erhalten: 1) Beni Hömmerän. Hierzu gehört -- Dsjebi. Die Hauptſtadt, und die Wohnung des Dola mit ei- nem Caſtell.. Kutfän, *) %adte wird in der Voyage de l'Arabie heureuſe durch einen Druckfehler Redis genannt, Die Landſchaft Jemen. 249 Kutfän eine Karwanſero. sºys Noama ein Marktflecken. Sük ettalüd ein Marktflecken zwiſchen Dsjébi und Küsma. 2) Elmacharaba. 3) Beni Chottäb. 4) Beni Koär. Dieſen gehöret: Robätel Nahari, ein Marktflecken. 5) Wadi Ibrahim. 6) Beni Bedädsje. 7) Beni Hindewän. 8) Elchoädem. 9) Beni Höſſein. ro) Chobt Derham. Hierzu gehöret: -2./ Robät Beni Chora, ein großes Dorf, wo am Mitwochen Markt gehalten wird. Ir) Hadedda. Hömrän, eine alte Stadt mit einem verfallenen Caſtell. Hier ſollen 36o im Felſen ausgehauene Waſſerbehältniſſe ſeyn. Hadsjir, ein Dorf mit einer großen Karwanſero, und einigen Waſſerbe- hältniſſen oben auf einem Berge, auf dem Wege von Beitelfakih nach Saná, et- was über 8 deutſche Meilen von Möfhäk. S/2 Burra, ein großer und fruchtbarer Berg, gehört auch jezt zu die- ſem Amte. - Weil ich ſelbſt in dieſer Gegend nichts weiter geſehen habe, als nur den Weg von Saná nach Beitelfakih, ſo bin ich nicht gewiß ob alle kleine Diſtrikte ſo beyeinander liegen, als ich ſie auf der Charte gezeichnet habe. Aus blos aünd- lichen Nachrichten wird wohl niemand eine ganz genaue Charte entwerfen können. 17) Das Amt Höfäſch UsLia. Es iſt von den Ämtern Loheia, Dsjebi und Harras, und von der Herrſchaft Kaukebän umgeben. Die vornehmſten Örter in demſelben ſind: Sefekin, eine mit Mauern umgebene Stadt, und die Wohnung des Döla. Beitelnusheli und Beites Schümma, zwey Dörfer. «E=” Melhän, ein groſſer Berg, gehört jezt mit zu dieſem Amte. In- gleichen: ==, Wulledsje, ein Marktflecken. 18) Das Amt Harras. Es hat ſeinen Namen von einem großen und fruchtbaren Berge //> Har- ras, auf welchem ſehr viele Weintrauben wachſen. Der Döla deſſelben wohnt zu; Ji sé-U- 25O Die Landſchaft Jenet. sé-U-» Manácha, einer anſehnlichen Stadt, in welcher ſich an den Markt- tagen viele Leute zu verſammlen pflegen. Es gehört darzu ferner: Sitkerrobo, ein Marktflecken. Lehän, ein anſehnliches Dorf auf einem Hügel, wo am Dienſtage Markt gehalten wird. Samfür, ein ſchlechtes Dorf an Wadi Sehän. Beni Iſmael, Beni Mohämmed, Beni Zäad, und Beni Haſſan wohnen in kleinen Dörfern. Beni Safän gehört auch zu dieſem Amte. Mekkrami, der Schech von Nedsjerän aber hat in dieſem Diſtrikt vor einigen Jahren ein Bergcaſtell erobert, und bis jezt nicht gezwungen werden können, es wieder zurük zu geben. Man mei- net daß 15 Mann ſich in dieſem Caſtelle ein Jahr lang gegen die ganze Macht des Junäms vertheidigen können. Da alſo Mékkrami von Nedsjerän ſo viele Tage Reiſen durch fremde Länder kommen, ein Caſtell erobern und behaupten kann, ſo muß die Macht des Imänns in der bergigten Gegend nicht groß ſeyn. Man kann daraus abnehmen, wie wenig die Schechs, welche dergleichen Bergcaſtelle von ihren Vor- fahren beſitzen, ſich um den Imäm bekümmern. 19) Das Amt --- Heimeel Asfal oder Unterheime. Dieſes Amt liegt am Wege von Beit elfakih nach Saná, und zwiſchen Harras, Heime el ála und Belládánes. Es iſt zwar groß und bergigt. Aber die Berge dieſer Gegend ſind nicht ſo einträglich, als die in der Nähe von Tehäma, doch wachſen hier viele Weintrauben. Einer von der Familie des Imäms hebt die Ein- künfte von dieſem Ante. Die merkwürdigſten Örter darinnen ſind: –=-- Möfhäk, eine kleine Stadt mit einem Caſtell, und der Wohnung des Döla, auf einem hohen Berge, unter der Polhöhe 15“. 6. ohngefehr 6 Mei- len von Saná und 15 Meilen von Beitelfakih. Hadejn und Dsjürani, zwey Dörfer in der Nähe von Möfhäk. Er- ſteres hat eine große Karwanſero, und ein großes Waſſerbehältniß. U-A-Sükel Chamts, ein Marktfleckenr Meilweges öſtlich von Möfbák. Sehän, ein Dorf etwa 2# Meilen nach Südweſt von Möfhäk. Das Regenwaſſer wird hier in großen offenen Behältniſſen aufbehalten, und dieſes iſt zu ge- * - - - - wiſſen Die Landſchaft Jemen. 25 I wiſſen Jahrszeiten ſo ſchlecht, daßReiſende bisweilen davon den Nervenwurm (Venn Medinenſis) zu bekommen pflegen. Hier wird am Donnerſtage Markt gehalten, Joän und Mangala, kleine Dörfer. 2o) Das Amt Heimeeläla oder Oberheime. Es liegt zwiſchen den Ämtern Sanhän, Niederheime, Härras und der Herrſchaft Kaukebän. Ich glaube auch gehört zu haben, daß die Einkünfte von dieſem Amte an einen von der Familie des Imäms bezalt werden, Man fin- det daſelbſt: Orr, eine kleine Stadt, und die Wohnung des Döla. Ein großer Strich Landes nordweſtlich von Saná wird auch noch mit zu dem Gebiete des Imämsgerechnet. Es iſt aber ſehr wahrſcheinlich, daß die Einwoh- ner daſelbſt nur wenig, und einige vielleicht gar nichts an den Regenten zu Saná bezalen, und daß ſie auch gerne, ſo wie ihre nördlichen Nachbaren, als unabhän- gig angeſehen ſeyn wollen. Zu dieſen Ländern gehört: 2 1) Das Amt Tulla. Die Stadt Tulla, wornach dieſes Amt benennet wird, liegt auf einem Hügel, und iſt nicht nur mit einer Mauer umgeben, ſondern ſie hat überdieß auch ein ſtarkes Caſtell auf einem Felſen. Unter dem Dola, welchen der Imäm nach dieſer Stadt ſendet, gehört: Liſchmur, eine kleine mit einer Mauer umgebene Stadt. Aruhſa, ein großes Dorf mit einem Caſtell. Kürna, ein großes Dorf. Man rechnet ferner zu dieſem Diſtrikt: 1) Beni Aſchiäb. Ihnen gehört: Löma, ein großes Dorf und die Wohnung des Schechs. - 2) Köchlän. Hierzu gehört: Köchlän, eine mit Mauern umgebene Stadt auf einem Berge. Dieſer Ort iſt wegen eines großen Markts bekannt. Zobra, ein Marktflecken. Wadi oder der Fluß Schirres ſcheidet dieſen Diſtrikt von Belläd Hädsje. I - - - 3) Bent 252 Die Landſchaft Jemen. 3) Beni affar. Gehöret: Affar, eine ziemliche Stadt. Karrietein und Sükelhurba, zwey Marktflecken. 4) Belled Hädse, ein großer Strich Landes der Familie Schemſänge- hörig. Daſelbſt iſt: Doffir, eine große mit einer Mauer umgebenen Stadt, auf einem Hügel. Der Imäm Elmahädi Mohämmed ibn Jachja liegt hier begraben. Dennüb, ein Marktflecken, gehört einem Nakib Salech ibn Nasr. Mabian ein Marktflecken, gehört der Familie Marani. Sükettelüd, ein großes Dorf. 5) Es wohnet in dieſer Gegend auch ein unabhängiger Herr von der Fa- milie des Imäms, und alſo kein Schech ſondern ein Sejid, mit Namen Mách- ſenibn Ali, ibn Mächſen, ibnelImám Elmetwkkel. Er reſidirt zu Suk Hädsje, ein großes Dorf zwiſchen zwey Caſtellen Näaman und Kalláes Sük. Ihm gehört überdieß: - Dahhrein ein großes Dorf. Kaukebän, ein ſtarkes Caſtell. Man muß dieſes Kaukebän nicht mit der Reſidenz des Fürſten von Kaukebän verwechſeln. 6) Limruch, ein ziemlich großer Diſtrikt an Tehäma. 7) Dsjäbbel Scherif ein großer fruchtbarer Berg einem Nakib Nedsje ibn Nasr, und einem Nakib Khäſſemeláchmer (oder Hamr) gehörig. 8) Habür eine Stadt mit einem anſehnlichen Diſtrikt, in welchem man, ſo wie in dieſer ganzen Gegend, ſehr viele Weintrauben findet. 9) Belled Zuda, ein beſonders an Weintrauben fruchtbares Ländgen. Darzu gehört: Zuda eine ziemliche Stadt. Elkofl, ein Marktflecken. 1o) v„sº Dsjäbbel Schähära, ein großer Berg, auf welchem man wohl 300 Dörfer zählet, die unter viele unabhängige Schechs vertheilt ſind. Dieſe Gegend iſt vornemlich deswegen merkwürdig, weil Khäſſemelkbir, der Stamm- vater von der jezt regierenden Familie des Imäms, hier gebürtig war, und von hieraus anfing die Türken, welche zu der Zeit von den vornehmſten Handelsſtädten in Jemen Meiſter waren, zu beunruhigen. Unten am Berge liegt: Ödder, ein Marktflecken, einem Nakib Kháſſemel Hamr gehörig. Von Die Landſchaft Jemen. - 253 Von den kleinen Diſtrikten, welche eigentlich zu der Landſchaft Haſchidu Bektl gerechnet werden, ſtehen jezt folgende unter der Herrſchaft des Imäms. 22) Das Amt oder die Landſchaft Hamdän eMo-d. Dieſe kleine Landſchaft liegt nach Nordweſt von Saná, und iſt ſehr reich an allerhand Früchten, beſonders an Weintrauben. Sie hat noch ihren eigenen Schech, welcher von einer der älteſten Familien in ganz Jemen, und alſo vermuthlich ein Abkömling von dem Stamm Hamdän iſt, den Aliibn Abitaleb im einem Tage bekehrt haben ſoll *). Er iſt aber jezt ein Vaſall des Imäms, und darf deswe- gen nicht ſelbſt Truppen halten, ſondern muß in ſeinem Gebiete einen Döla anneh- men. Dieſe Landſchaft iſt etwa 2 Tagereiſen lang, und eine Tagereiſe breit. Die merkwürdigſten Örter in derſelben ſind: Medem, eine kleineStadt mit einerBergfeſtung, und einem Pallaſt desSchechs. Der zu meiner Zeit regierende Schech Salechibn Chalil SchechelHam- dän, war der vornehmſte General des Imäms, und wohnete die meiſte ZeitznSaná. 0.“ AF“ Hadsjar Saiid, ein ziemliches Dorf mit einem ſtarken Ca- ſtell auf einem Felſen. e-PC- Mnäkeb, ein großer Ort, unddeswegen merkwürdig, weil alle Woh- nungen daſelbſt im Felſen ausgehauen ſind. Jürbän, ein Marktflecken zwiſchen Saná und Amrän. Beitel Naum, eine Karwauſeroj im Felſen ausgehauen. zy, Lulua ein Dorf 23) Das Amt oder das Gebiet Amrän. Dieſer Diſtrikt gehört gleichfals zu der Landſchaft HaſchiduBekil, er iſt aber jezt auch dem Imäm unterwürffig. Es gehört darzu: ey-e Amrän eine kleine mit Mauern umgebene Stadt an einem Berge, in einer ſruchtbaren Gegend. Ji 3 Dsjenned *) Algemeine Welthiſtorie der neuern Zeiten, Erſter Theil § 152. Sales preliminary diſcourſe p. 56. - 254 Die Landſchaft Jement. Dsjenited, auch eine kleine Stadt mit einer Mauer. Man muß ſelbige nicht mit Dsjennad in der Gegend von Taäs verwechſeln. Nedsjera, ein Dorf auf einem Hügel. Hier liegt einer der alten Könige von Jemen, mit Namen Säadel Kämmel begraben. Vielleicht war dieſer eben derſelbige, welcher zu Dafar, der berühmten Stadt der Hamjaren nahe bey Jerim, regieret haben ſoll. 24) Das Amt Chamir. Dieſes Amt erſtreckt ſich nicht weiter als die Stadt - à Chamir, welche groß und wohl befeſtigt iſt. Sie liegt in dem Gebiete Beni Serem, welches mit zu den Bundesgenoſſen HaſchiduBekil gehört. Der Imäm muß viele Mühe und Koſten anwenden, um die Einwohner dieſer Stadt im Zaum zu halten. Die vorerwähnten Städte und Dörfer gehören alle zu dem Theil von Ara- bien, welchen ich Jemen im engern Verſtande genannt habe, nemlich zu dem kleinen Königreiche des Regenten, welcher zu Saná reſidiret. Es gehören zu der ei- gentlichen Landſchaft Jemen aber auch noch. 2. Die Herrſchaft Aden. Dieſe kleine Herrſchaft gränzt nach Süden an das Meer, nach Weſten und Norden an das Gebiet des Imäms, nach Oſten an Jäfa, und vielleicht noch an andere kleine unabhängige Herrſchaften. Sie war ſonſt dem Imäm unter- würfig. In einem der Jahre von 17.30 bis 174o aber wählten die hieſigen Einwohner ſich einen Schech, und ſchickten den Döla und alle ſeine Soldaten zum theil zur See nach Mochha, zum theil über Land zurük, und ſeit der Zeit ba- ben ſie ihre Unabhängigkeit beſtändig behauptet. Dieſe Leute ſind Sünniten. Das ganze Gebiet hat ſeinen Namen von der alten berühmten Stadt GoS Aden, welche noch jezt einen ſehr guten Hafen hat, und nach der Beobachtung eines Engländers unter der Polhöhe 12“. 4o“. lieget. Weil der hieſige Schech mit ſei- nen Nachbaren nicht in genauer Verbindung ſtehet, ſo iſt der Handel zu Aden jezt nicht ſehr anſehnlich. Doch ſoll auch von hier etwas Caffe (vermuthlich der, wel- - cher Die Landſchaft Jemen. 255 ---------- cher in Kätaba und Jäfa wächſt) ausgeführet werden. Man findet hier das Begräbnis eines berühmten mohammedaniſchen Heiligen mit Namen Eddrisibn abdüllah. Es gehört ferner zu dieſer Herrſchaft: Lahadsje, eine kleine Stadt mit einem Caſtell. Hier wohnt Abdul kerinel Föddeli, Schech von dem ganzem Gebiete. Dieſer Ort ward im Jahr 1757 von dem Schech Abdurráb ſehr hart mitgenommen. Kalla Humädi, ein Caſtell, welches erſt vor wenigen Jahren von dem Schech Abdulkerim gebanet worden iſt. Reha, ein Dorf und Karwanſeroi auf dem Wege nach Kátaba. Omera, ein Dorf nach Norden von Aden. Das Vorgebürge, welches die Europäer jezt Cap St. Antonii nennen, iſt vielleicht eben das, welches von Ptolomaeus Cabubatra mons genannt wird. Es liegt unter der Polhöhe 12“. 32. Öſtlich von Aden liegt ein kleiner Strich Landes Föddel, das Vaterland des jezt zu Aden regierenden Schechs. Ich weiß nicht, ob es gänzlich unabhängig, oder erwähntem Schech Abdulkerim unterwürfig iſt. Es gehört dazu: Katara, eine kleine Stadt. Es ſoll in dieſer Gegend auch eine Stadt Schokara ſeyn, vielleicht aber habe ich einen von dieſen Namen nicht recht gehört. Tera, ein großes Dorſ, und die Wohnung eines Schechs. 3. Das Fürſtenthum Kaukebän. Dieſe Landſchaft liegt größtentheils zwiſchen den Ländern des Imäms, und gränzt übrigens an die Beſitzungen der Bundesgenoſſen Haſchidu Bekt. Die hier regierende Familie leitet ihre Abkunft von einem Imäm Hádi zu Sáade, und weiter von Mohämmed her. Sie hat verſchiedene hundert Jahre ununterbrochen bald über viele, bald über wenige anſehnliche Städte in Jemen regiert, und ſo gar noch ſo lange als die Türken ſich der vornehmſten Städte dieſes Landes bemäch- tigt hatten, den Titel Imäm behauptet. Von der Zeit an aber, da die Türken von der Familie des Khaſſemelkbir aus Jemen vertrieben worden ſind, hat die alte Familie den Titel Imäm an dieſe neue arabiſche Eroberer abtreten, und ſich Mit - >-- ------ - - 256 Die Landſchaft Jemen. mit dem Titel Sejid, oder Sidi begnügen müſſen. Indeſſen behauptet ſie noch immer ihre Unabhängigkeit zu Kaukebän, und einem anſehnlichen darzu gehöri- gen Diſtrikt. Die Regenten von dieſer Familie, welche in den lezten Jahren regiert haben, waren, nach dem Berichte eben des Holländers, von welchem ich die meiſten An- merkungen zu der Geſchlechtstaſel der jezt zu Saná regierenden Familie erhalten habe, folgende. Ich habe zwar keine Gelegenheit gehabt dieſe Nachrichten aus andern von gebornen Arabern zu berichtigen. Ich zweifle indeſſen nicht, daß künftig Reiſende auch dieſe Geſchlechtstafel eben ſo zuverläßig finden werden, als die vorhergehende. El Jmännomºned eddin begraben zu Damar. E Jmännel U17ahädi MTohämºned, El Imän el MTutähher, begraben zu Doſſir in Hadsje. begraben zu Damar. LEl Jmänn Schänis ed din begraben zu Kaukeban. Jachja, begr. in Hadse ETmän Scherfed din begraben zu Kaukeban Sejd, oder Sid Ali, iter Fürſt von Kaufeban. 'Sejid Abdürrab , 2ter Fürſt von Kaukeban. Sejd vºtasr,3ter Fürſt von Kaukeban. "Sejdabdulkadir, 4ter Fürſt von Kaukeban. "Seid &öſſejn, 5ter Fürſt von Kaukeban. Achmed. Sejdºntohämmed,6ter Fürſt von Ali Ä- -- z- Kaukeban. Verheyrathet mit der MJáchſen, Mohámmed, Abdulkadür. Schweſter des Imams Elmetwkkel. - - - - ---^--- ------ ------ Begraben bey Schibam. Eine ſeiner Mohámmed. Jachja. Ibrahim. Prinzeßinnen war an den Imam El manſor verheyrathet. Sejd Achmed, war 2. Abdulkadir. 5. Ibrahim. 3 Abdurräb. 1763 regierender Fürſt F. Kfäffen 4. Ali. ÄÄ 5Ä : Ä“ . Ä. 1. Abdul rachmän. 3. mohämmed. 7“ Jachja. 2. Schettfeddin. Die verſchiedenen Diſtrikte welche zu dem jetzigen Fürſtenthume Kaukebän gehören, ſind: - 1) Beni Cheiäd. In demſelben iſt: GLYY Kaukebän, die Reſidenz des Regenten. Die Stadt iſt nur klein und nicht ſtark befeſtigt. Sie liegt aber auf einem großen fruchtbaren, wohl- bebaueten, Die Landſchaft Jemeu. 257 bebaueten, hohen und ſehr ſteilen Berge, welcher jederzeit ſehr ſchwer zu erſteigen geweſen iſt, bis die Vaters Schweſter des jezt regierenden Sejid Achmed vor weni- gen Jahren einen gepflaſterten Weg daran hat machen laſſen, ſo daß nunmehr auch beladene Kameele bis in Kaukebän kommen können. Die Araber nennen dieſe Stadt auch wohl el Hösn, d. i den hohen und ſteilen Berg. Dieſes aber geſchiehet wahrſcheinlich nur von Rednern und Poeten. Dieſe nennen Saná gleich- fals Medine, d. i. die Stadt; Taäs, wegen des nahe liegenden fruchtbaren Ber- ges Sabber, Buſtän, d. i den Garten; Damär, wegen der ſchönen Pferde wel- che in dieſem Amte fallen, Hüſſän, d. i. das Pferd, und Zebid wegen ihrer Aca- demie, Mäddraſſe. Ferner iſt in dieſem Diſtrikt: eL- Schibäm, eine kleine Stadt am Fuße des hohen Berges, auf welchem Kaukebän liegt. Sie iſt von Schibäm in Hadramaut verſchieden. Doch ſcheint es daß die arabiſchen Schriftſteller dieſe beyden Städte bisweilen mit einan- der verwechſelt haben, wenigſtens beſchreibt Abulſeda den Berg, auf welchem die Stadt Shibäm in Hadramaut liegt, eben ſo wie mir der Berg Kaukebän beſchrie- ben worden iſt *). Hads- *) Shebam mons difficilis aſcenſu, in quo multi vici & agri, celebris eſt inter mon- tes Alyaman; in eo arx aedificata eſt. (Shebam metropolis eſt Hadramaut inter eam & Saanam LXI. Paraſangar. Ferunt XI ſtationes: inter eam vero Damar unam eſſe ſtationem.) In praedicto monte multi ſunt ineolae. Unde quaque difficulter aſcenditur. Illic eſt lapidicina celebris ob lapides rubri co- loris aliosque nigro & candido commixtos. Der erwähnte rothe Stein (Car- niol) welchen man Akik Jemani nennet, wird vornemlich auf dem Berge Hir- ran weſtlich von Damär, (S. 235) und vielleicht auch in der nicht weit davon entlegenen Gegend von ZKaukebän gefunden. Die Beſchreibung der Stadt Sceban in Hadramaut von dem Scherif Eddris kann auch zum theil auf dieſes Schibäm angewendet werden. Dieſer Schriftſtel- ler ſagt nemlich: Scebam eſt arx fortiſſima, populoſa, ſita in procliviore parte montis Scebam, qui mons eſt aſper valde, neque enim niſi poſt magnos co- natus atting poteſt ejus faſtigium; ſuper quo deinde conſpicies multa oppida K k populoſa, 258 Die Landſchaft Jemen, Hadsjir, ein Diſtrikt nach Süden von Kaukebän. - «ºy- Tauile, eine kleine Stadt mit einem Caſtell 5 bis 6 Stunden von Kaukebän. 2) Zu Beni Habbeſchi gehört: Redsjüm, eine gute Feſtung und ein großer Markt. Kalláelmummeri, nicht weit von dem vorhergehenden, 3) Zu Mehauied wird gerechnet: -«Ay=* Mehauied, ein Bergeaſtell, und unten am Berge eine mit ei- ner Mauer umgebene kleine Stadt. Elkarn, ein Dorf worinnen Markt gehalten wird. 4) Der Diſtrikt Zürre liegt zwiſchen Heime und Mehauied. Es iſt darinnen: Zürre, ein Dorf mit einem Caſtell auf einem Hügel. **0e –xº Beit Uddékke, ein Marktflecken mit einer ſtarken Bergfeſtung. 5) Wadi Läa, seO ein fruchtbares Thal, woſelbſt viel Caffe wächſt. Es gehört Sejid Ibrahim, einem Bruder des regierenden Fürſten zu Kaukebän. Naſſara, ein Marktflecken mit einem Caſtell. 6) Chobt Antar. Darzu gehört: Sük el Afs, ein Dorf. 7) Derra, ein kleiner Diſtrikt und ein Caſtell, nach Norden von Mel- hän. Darzu gehört: Daher und Sükelarredsje, zwey Dörfer nicht weit von Derra. 8) Dsjübba und Nimra, kleine Marktflecken bey Wadi Läa. In dieſer Gegend iſt eine heiße ſauer Quelle zu Hamada. 4. Bellädelkobail, oder die Landſchaft Haſchidu Bekl. Dieſe große Landſchaft gränzt nach Norden an die Wüſte Amaſia, nach Oſten an Dsjöf, nach Süden an das ſogenannte Königreich Jemen, und an Kaukebän, Und -- populoſa , agros, aquaſque decurrentes. Der Name dieſer Stadt iſt wegen 1 Buch Moſis X. 7, merkwürdig, Die Landſchaft Jemen. 259 und nach Weſten an Abu äriſch. Man findet in derſelben eine Menge Schechs von alten Familien, wovon nur die von Hamdän und Amrän ſich der Herrſchaft des Imäms unterworfen haben. Von den übrigen regiert einjeder ſein Gebiet als ein unabhängiger Herr. Und weil ſie zertheilt ihrem größern und reichern Nachba- ren, dem Imäm, nicht gewachſen ſeyn würden, ſo haben ſie ſich unter einander ver- bunden, ſich gemeinſchaftlich zu verrtheidigen, und wählen im Kriegszeiten einen oder mehrere Nakibs (Generals) welche ihre Armeen anführen. Da es für einen Fremden nicht nur immer ſehr ſchwer, ſondern gar unmöglich iſt genaue Nachrichten von der Staatsverfaſſung eines Landes zu erhalten, wenn er nicht Gelegenheit hat ſie von ſolchen Eingebornen, die davon wohl unterrichtet ſind, und wie ſelten ſind nicht dieſe, zu lernen; ſo habe ich mich nurbloß nach den jezigen Oberhäuptern dieſer Bundesgenoſſen erkundigt, und dieſe ſind nach dem Berichte des im vorhergehenden erwähnten Holländers, der ſie faſt alle gekannt hatte, folgende: 1) Nakib Nedsjeibn Naſſer ibn Schelän. Dieſer wohnet zu Bar- rad. 2) ElKadi Haſſan. Dieſer wohnet gleichſals zu Barrad. 3) Nakib Mahädiel Hammrel Schare; wohnet in dem Diſtrikt Döm Mohämmed. 4) Nakib Häſſanel Meräni wohnet nach Süden von Barrad. 5)Achmed ibn Salech ibn Höbäſch und 6) Nakib Hädiibnali ibn Höbäſch, wohnen in dem Diſtrikt Sefän. 7) Nakib Kháſſemibn Alieláchmer wohnet in dem Diſtrikt Beni Uſſemed. 8) Nakib Salech ibn Naſſer, und 9) Nakib Abdullahel Siogy wohneten in dem Diſtrikt Beni Cheiär. 1o) NakibJachja ibn abdüllah, und 1 1) NakibHämmedibn Khäſſemel Schämſän, iugleichen: 12) Nakib Abdüllah ibn Salech ibn Abufarra wohnen in der Landſchaft Wadey. 1 3) Na- kib Khäſſemibn AchmedelGoeſ, und 14) Seiid Achmed ibn Aliel Zebibe wohnen in dem Diſtrikte Beni Dsjübbär. u. ſ. w. Dieſe Bundesgenoſſen ſcheinen in Vergleichung mit den übrigen Arabern in Jemen ſehr kriegeriſch zu ſeyn. Man findet von dieſen Kobail auch nicht nur ganze Regimenter im Dienſte des Imäms, ſondern der Scherif zu Mekke hat auch viele von ihnen bey ſeiner Armee, und von beyden ſollen ſie beſſer bezalt wer- den, als die Eingebornen. Der Junäm muß ſie aber auch ſehr fürchten. Wenn die unabhängigen Schechs von Haſchid u Bekil ſein Land angreiffen, ſo rebelliren K k 2 bis- 26O Die Landſchaft Jemen. bisweilen die in ſeinem Dienſte ſtehende ſremde Truppen, und dieſes kann deſto leichter geſchehen, weil der Imäm ſeinen Soldaten aus Haſchidu BekilOfficiers von ihrer eigenen Nation geben muß, oder vielmehr, weil die Schechs, welche bey dem Imäm Dienſte nehmen, ihre Regimenter ſelbſt errichten, und alſo völlige Freyheit haben ihre Officiers und Soldaten zu wählen. Die mohammedaniſche Seckte Zéidi iſt in dieſem Lande die herrſchende Religion, ja ich zweifle ob man daſelbſt auch Sunniten antreffe. UA - 0.-- Haſchid u Bekil, wovon dieſe Bundesgenoſſen ihren Na- men erhalten haben, ſollen zwey Söhne eines Babroſchäm; und einer Princeſſin Nedſjema geweſen ſeyn, welche aus Natolien nach Jemen gekommen. Man erzählt ihre Geſchichte folgendermaßen: Babroſchäm war von vornehmen Eltern zu Magneſia geboren, und kam jung nach Burſa, der Reſidenz des alda regierenden Königes von Bithynien. Er gewann bald die Gunſt aller Vornehmen bey Hofe. Weil man aber bemerkte, daß auch die Princeſſinn Nedsjema ihm viele Hochachtung bezeigte, ſo gab man ihm eine Bedienung in einer abgelegenen Provinz. Da es nachher bekannt ward, daß er noch beſtändig einen Briefwechſel mit der Princeſſinn unterhielt, ſo wollte der König ihn ins Gefängnis werfen, Babroſchäm aber erhielt davonNach- richt, und entwiſchte nach Ismir, um daſelbſt in der Stille abzuwarten, was ſein Herr weiter thun würde. Der König bemerkte, daß die Princeſſin über die Abweſenheit des Babroſchäm ſehr betrübt war, und fürchtete, ſie würde auch ent- weichen, ſobald ſie nur Nachricht von ihrem Anbeter erhalten könnte. Um dieſes zu verhüten, ſchickte er ſie unter einer ſtarken Wache in ein Bergcaſtell, mit dem Befehl, daß man ihr keinen Umgang mit Fremden weder mündlich noch ſchriftlich erlauben ſollte. Unter dieſen Umſtänden wuſte Babroſchäm kein beſſer Mittel einige Nach- richt von der Princeſſinn zu erhalten, als die Rolle eines Eremiten zu ſpielen. Nach dem er ſich hierzu vorbereitet hatte, verfügte er ſich zu dem Begräbniß eines Hei- ligen unten am Berge, wo die Princeſſinn gefangen gehalten ward. Die ſchöne Nedsjema war aus Schmerz über die Abweſenheit ihres Verehrers todt krank ge- worden. Man hatte die größten Ärzte gerufen, und alle zweifelten an ihrer Ge- neſung. * - Die Landſchaft Jemen, 261 neſung. Weil keine Arzney mehr helfen wollte, ſo nahm man ſeine Zuflucht zum Gebet. Babroſchäm hatte ſich bereits den Namen eines Heiligen bey allen Nach- baren erworben, und erhielt daher Erlaubniß vor der Prineeßinn zu erſcheinen. Bey dieſer Gelegenheit gab er ſich zu erkennen, und ſie ward bald curirt. Weil ſie aber beyde nicht hoffen konnten, daß der Vater in ihre Heyrath willigen würde, ſo mußte Babroſchäm darauf bedacht ſeyn, wie er ſeine Geliebte entſühren könnte. Hierzu wählte er einen Abend, als der Mond eben in ſeinem vollen Lichte war. Er ſtrenete bey dem Vater und den übrigen Anweſenden einen gewiſſen Saamen aufs Feuer, wovon der Dampf die Würkung hatte, daß alle mit offenen Augen als in einem tiefen Schlafſitzen blieben, und den Helden ſeine Geliebte ohne den gering- ſten Wiederſtand aus dem Caſtell führen ließen. Babroſchäm ging darauf mit der Princeßinn nach Damáſk, von da mit einer Karwane nach Mekke, und mit einer andern weiter nach Jemen, woſelbſt er in Sicherheit zu ſeyn glaubte, und ſich in dieſer bergigten Gegend wohnhaft niederließ. Von dieſem berühmten Paare ſollen alle Schechs von Haſchidu Bekil abſtammen. Ich fürchte aber daß man dieſe ganze Geſchichte für nichts mehr als für eine Fabel halten wird, die einer auf- geſetzt hat, um damit einige Stüver in den Caffehäuſern zu verdienen. Folgende unabhängige Herrſchaften gehören zu Bellädel Kobail oder ei- gentlicher, zu den Ländern der Bundesgenoſſen Haſchidu Bektl. 1) Charres, ein Strich Landes nordöſtlich von Sanä. Darinn liegt: Charres, eine kleine Stadt mit einem Bergcaſtell. Der Imäm Elmahädi Achmed ibn Haſſan hatte hier ſeine Reſidenz, und liegt auch hier begraben. 2) Deifän, ein bergigtes Land. Darzu gehört: Deifän, eine kleine Stadt. Medsjena, ein ziemlich ſtarkes Caſtell. Elhättaba, ein Dorf mit vielen ſchönen Fruchtgärten, und überfluß an Waſſer. 3) DsjäbbelZeiät, ein großer fruchtbarer Berg mitverſchiedenen Dörfern. 4) Beni Ali, Käaelſchäms, Beni Uſchech, Beni Harrad und BeniSerey ſind lauter kleine Herrſchaften unter ihren unabhängigen Schechs. 5) Beni abdilla, ein ziemlicher Strich Landes. 6) Beni Dsübbär, in dieſem Diſtrikte findet man die allerbeſten Wein- trauben in Jemen. Darinn iſt: - - Kk 3 Deben, 262 Die Landſchaft Jemen. Debin, eine kleine offene Stadt am Fuße eines Berges. Hier liegt ein Imäm Elmahädi Mohämmed ibn Höſſen, von den Arabern Alb« Teiär genannt, begraben. Dieſer unglückliche Imäm ſoll von Dauüd, einem Sohn des Imämel Manſör Abdüllah ibn Hamſa in einem Familienkriege, der bereits viele Jahre ge- dauert hatte, erſchlagen worden ſeyn. Das Begräbniß des Dauud wird gleich- fals hier gezeigt. Dofar, eine anſehnliche Stadt, etwa nach Südoſt und 2 Stunden von Debin. Sie iſt verſchieden von der ehmals berühmten Stadt Dhafar in der Nähe von Jerim, ingleichen von Doſftr in Belled Hädsje, und von Dafar am Weltmeer. Bey dieſer Stadt ſoll ein Imäm Elmanſör Abdüllah ibn Hamſa, ibn Ali, ibn Hamſa, ibn Ali ibn Ibrahim begraben liegen. Es ſcheint daß die erwähn- ten beyden Imäms ſchon vor der Zeit der Türken in Jemen regiert haben. Büttén und Schütteba ſind große Dörfer. Bellas ein kleines Dorf, das viel Waſſer und gute Früchte hat. Beitaßu Menaſſer und Beitel Chuſi, zwey Dörſer. 7) Maribba. Zu dieſem Diſtrikte gehört. Aräm, ein anſehnlicher Marktflecken. Churfän, Beit abuchriſa und Köhel ſind Dörfer. 8) Ghula ibn Höſſein, ein kleiner Diſtrikt. 9) Beni Keis. Daſelbſt findet man: Sabbia ein großes Dorf. Dümeidsje ein ziemliches Dorf. Eines andern kleinen Diſtrikts Beni Keis, welcher in Tehäma liegt, wird nachher erwähnt werden. 10) Beni Cheiär liegt größtentheils in einer flachen Gegend. Hierzu wird gerechnet: Beitibn Nasr. Hier wohnete (1763) Nakib Salechh, einer der vor- nehmſten Generals der Bundesgenoſſen. Beit ibn Meri. Die Wohnung eines andern Nakibs. Keubbet Cheiar iſt bekannt von Nakib abdüllah, und den zween Brü- dern Naſſer und Jachjaibn Siliel Siogy. Beitel Kuhémi und Hobbela, zwey Dörfer. Mefus Die Landſchaft Jemen. 263 Mefuaelála und Mefua elasfal liegen in der Nähe von Beit ibn Nasr. 11) Döm Mohämmed. Hier iſt die Wohnung eines Nakib Mahädi el Hamr, und eines Nakibel Merani. 12) Meráſſe ein kleiner Diſtrikt öſtlich von Sefän. 13) Döm Muſa oder Dühhme. Darzu gehöret: kº/º Barrad, eine anſehnliche Stadt auf der Gränze von Dsjöf. Hier wird ein großer Markt gehalten. In dieſer Stadt iſt die Wohnung eines Nakib Nedsje, ingleichen eines in Jemen berühmten Haſſan el Bärradi. Dieſer Haſſan war ehedem Kádi zu Saná und wegen ſeines Verſtandes ſehr geachtet. Er bekam aber das Heimweh, und ging wieder nach ſeiner Vaterſtadt zurük, woſelbſt er jezt einer der angeſehenſten iſt, und dem Imäm oft viel zu ſchaffen macht. 14) Sindän ein ziemlicher Strich Landes. 15) Sefian ein großer Diſtrikt in einer Ebene zwiſchen Bergen. Hierin liegt: e-º/a> SükelHarff, ein großer Marktflecken. Medukka eine kleine, mit einer Mauer umgebene Stadt, und der Aufen- halt der Familie ibn Höbäſch, wovon die vornehmſten jezt Nakib Achmed und Nakib Hadi genannt werden. Beit ibn Safan etwa 3 Stunden von Suk elharf. Anän ein großes Dorf. Birkän ein Dorf. Bis hieher kann man, auch allein, mit Sicherheit reiſen. Weiter nördlich aber, nemlich durch die Wüſte Amerſchie gehet man nicht anders als in Karwanen. 16) Die Landſchaft Cheiwän. Hierzu gehöret: Cheiwän, eine kleine Stadt auf einem Hügel. Sie war ehmals die Reſt- denz der Imäms und der hamjariſchen Könige. Hier triſt man noch Ruinen uhralter Palläſte an. Beit *) Abulfedar deſcriptio Arabia. Regio Chaiwän comprehendit vicos & agros & aquas incolis frequentes. In ea ſunt diverſe familiar (ſive tribus) Alyaman. Chaiwan inquit auctor alaziz y eſt terminus regionis filiorum Alsdohac, de familia Yafar & filiis Altababaab. 264 Die Landſchaft Jemen. Beitel Töba, die Wohnung eines Nakib Achmedel Töba. Dieſer iſt vielleicht einer von den Nachkommen der alten jemeniſchen Könige. Bobän, ein großes Dorf. 17) Beni Uſſemed. Dieſen gehört: Haud, ein Marktflecken zwiſchen den Bergen Adsjamar, Ramiet und Hummerän. Elkataren, zwey Dörfer, zwey kleine Stunden von Haud. Kammarie. Hier wohnt die Familie eines berühmten Nakib Aliibu Nasr el Hamr. Nicht weit davon iſt die Wohnung eines Nakib Khäſſemibn Ali. In dieſer Gegend ſoll auch eine Stadt Churäſch liegen. Dieſe iſt viel- leicht eben die Stadt welche Abulſeda und der Scherif Eddris, Gioraſch nennen. 18) Wadej ein großer Strich Landes. Man findet daſelbſt: scos Wadá oder Wadey ein großer Marktflecken. Mochol ein Dorf eine Stunde nach N. W. von Wadey. Elkärrie ein großes Dorf mit vielen Ölmühlen. El Nyed ein großes Dorf, und wegen des Begräbniſſes eines Sohnes Abbas ibn Hamſa ibn Mutalib berühmt. Dieſer Mutalib ſoll Mohämmeds Groß- vater, und Abbas alſo ſeines Vaterbruders Sohn geweſen ſeyn. Beni Muſa und Ans zwey große Dörfer. Beit ibn ſchämſän ſind zwey Güter, der Familie dieſes Namens gehörig. Der vornehmſte von ihnen heißt jezt Nakib Khäſſem. Dorp Aubejd und Beni Schütteba ſind zwey Dörfer gegen einander über, an einem Thal. (Wadi). Beni Cheifän etwa 1 Stundenweges von den vorhergehenden Dörfern. Beit Abufarra ein Dorf mit einem Caſtell an dem Berge Adſjamar. Hier wohnt ein Nakib Abdullah. - Beni Raſchid ein ziemliches Dorf eine Stunde von Abufarra. Beit ibn Hamäſch und Maaſera zwey Dörfer. Beni Wadey an dem Berge Sumära in dem Gebiete des Imäms, ſind urſprünglich aus dieſer Gegend wie bereits im vorhergehen erwähnet worden. 19) Beni Die Landſchaft Jemen. 265 19) Beni Serem ſollen einen ſo großen Strich Landes bewohnen, daß ſie allein bey 9000 Mann ſtellen können. Dieſe Anzahl aber ſcheinet mir viel zu groß zu ſeyn, wenn nicht anders alles aufgeboten wird was nur Gewehr tragen kann. : Chamir, die Hauptſtadt in dieſem Diſtrikt, iſt groß, ſie ſteht aber jezt unter der Bothmäßigkeit des Imäms, wie bereits im vorhergehenden bemerkt worden. über- dem gehöret zu dieſer Landſchaft: Ghulaelayaib, eine kleine mit einer Mauer umgebene Stadt auf einem Hügel, etwa 2 Stunden von Chamir. Aſarie, Madret, Uſyes u. a. m. ſind alle ziemliche Dörfer. Mokaja ibn Amer eine große Karwanſeroj 3 bis 4 Stunden von Chamir. 20) Beni Kälben, ein wohl bebaueter Strich Landes. Darzu gehört: Kaſſären, eine kleine Stadt mit einer Mauer, 3 bis 4 Stunden von Chamir. Dsjélledi, Mahämma und Attäl ſind Dörfer. 2r) Käaelbön ein ſchmaler, aber fruchtbarer Diſtrikt, in der Länge von Süden nach Norden etwa eine Tagereiſe. Darinn iſt: Eddöbber, ein ziemlicher Ort auf einem Hügel. Dsjöbelasfal, ein großes Dorf an einem Berge. Dsjöbelála, eine kleine mit einer Mauer umgebene Stadt, auf einem Felſen. Reda eine große Karwanſeroj. Beiteladham ein Dorf. Zobera, am Berge Acabaelchula, und auf dem Wege von Saná nach Chamir. Hameda ein Dorf. Es liegen auch einige kleine Herrſchaften den Schechs von Haſchidu Bektl gehörig, zwiſchen den Ländern des Imäms, als: 22) Dehän und Karrieten, zwey kleine mit Mauern umgebene Städte, gehören dem Nakibel Meraui von dem Geſchlechte Bekil. 23) Beni Mahannüd. Daſelbſt findet man: Kallaet Tobá, einem Schech Achmedet Toba von Cheiwän, gehörig. Nicht weit davon iſt ein verfallenes Bergcaſtel Karnel Hadid. i" I 24) Beni Tureiba gehört einer Familie Höbeiſch aus Sefän. “ Ll 25) Dsjäb- ** - * - 266 Die Landſchaft Jemen, 25) Dsjäbbel Ibrahim, ein kleiner Diſtrikt. 26) Dofiän hat auch ſeinen eigenen Schech. 27) Belled Läa. Darzu gehört: Schechader und Zilleba, einem Nakib Nedsjeibn Nasr, von der Familie Scheilänzn Barrad, gehörig. Machädra, Ettauäſch und Sükelmöddrak, gehören dem Nakib Khaſ- ſemibn Ali elahhmar. 28) Beni Keis, ein kleiner Diſtrikt in Tehäma zwiſchen BelledLäa und dem Amte Loheia. Man findet darinn: Torr ein großes Dorf, dem obenerwähnten Nakib Nedsje gehörig. Rächa, ein großes Dorf gehört jezt dem Nakib Khäſſemel Hamr (oder Ahhmer). Sukedſjümma, ein großes Dorf "- 29) Dsjäbbel Worreda, gehört der Famile Abufarrau. ſ w. 5. Das Gebiet Abuariſch. Die kleine Landſchaft, welche von ihrer Hauptſtadt Abuariſch genannt wird, liegt an dem arabiſchen Meerbuſen, und alſo in Tehäma, und erſtreckt ſich von der Gränze des Amtes Loheia, nach Norden bis Attuie, d.i. von 15.50, bis 17“. 40%, Norderbreite. Sie iſt ſo, wie der Theil von Tehäma in dem Königreiche des Imäms, meiſtentheils dürre, und würde unfruchtbar ſeyn, wenn es nicht von den Flüſſen aus der nahe dabey liegenden bergigten Gegend gewäſſert würde. Dieſes Gebiet gehörte vor nicht langer Zeit zu dem Königreiche des Junäms. Die Gouverneurs, welche dieſer Prinz nach ſeinen Ämtern zu ſchicken pflegt, ſind ge- meiniglich von bürgerlichen Stande, und bisweilen geweſene Sclaven aus Africa, weil man bemerkt haben will, daß dieſe nicht ſo leicht Luſt bekommen, ſich unabhän- gig zu machen, als der arabiſche Adel, ncmlich: die Schechs, Sejids und Sche- rifs. Indeſſen ſchickte der Imäm vor wenigen Jahren einen Scherif Achmed als Döla nach Abuariſch, und nicht nur dieſer beſtätigte die Meinung der Araber von der Herrſchſucht der Nachkommen Mohämmeds, in dem er ſich bald nachher un- abhän. Die Landſchaft Jettet. 267 abhängig machte, ſondern auch ſein Sohn Scherif Mohämmed hat die von ſei- nem Vater geerbte Landſchaft bisher gegen alle ſeine Feinde vertheidiget, obgleich der Imäm ſchon zu verſchiedenen malen verſucht hat dieſen Strich Landes wieder mit ſeinen Ländern zu vereinigen. Die Schechs von Haſchid u Bekil haben den Sche- rif von Abuariſch bisweilen auf Koſten des Imäms, aber niemals recht im Ernſt angegriffen. Im Winter 1762 und 63 kam auch Mékkrami, Schech von Neds- jerän, mit einer kleinen Armee in dieſes Gebiet. Der Scherif brachte in der Geſchwindigkeit 5 bis 6oo Mann, meiſtentheils für einen Feldzug geworbene Truppen aus Haſchid u Bekil, und aus Dsjöf, zuſammen. Er hatte aber kaum Zeit ſeine Armee aus der Stadt zu führen, und es kam im Januar 1763 zu einer - entſcheidenden Schlacht, in welcher der Scherif Mohämmed nicht nur fünf bis ſechs Mann verlor, ſondern auch genöthigt ward, ſich eiligſt in die Stadt zurückzuziehen. Man erhielt aber gleich nachher die Nachricht, daß der Schech von Kachtän in das Gebiet Nedsjerän eingedrungen wäre, und der Schech Mékkrami mußte ſich deswegen mit ſeinen Partheygängern in aller Eile wieder zurük ziehen. Die vornehmſten Örter in dieſem Gebiete ſind: Cºº/S 9?) Abu ariſch, eine mit einer Mauer umgebene Stadt, und die Reſidenz des jezigen Scherifs, eine Tagereiſe von Dsjeſän. In dieſer Gegend ſind kleine Berge woraus viel Salz gehauen und ausgeführet wird. eWº- Dsjeſän, eine Stadt mit einem Hafen an dem arabiſchen Meerbu- ſen, unter der Polhöhe 16.45“, an einem Hügel, und in einer fruchtbaren Gegend. Der Schutzheilige dieſer Stadt heißt: Schech Haſſan ibn Sadikibn Schädeli Ali ibn Omar, d. i. er war ein Sohns Sohn von dem Schutzheiligen der Stadt Möchha. Von hier wird eine ziemlich ſtarke Handlung mit Senesblättern, welche vornehmlich in dieſem Gebiete, ingleichen mit Caffebohnen, die in der bergigten Ge- gend Haſchidu Bekil wachſen, nach Dsjidda, und von da weiter nach Sues und Kähira getrieben. Die hieſigen Einwohner haben auch, ſo wie die zu Loheia, Hodeida und Mochha, einigen Handel nach den Häfen auf der gegen überliegenden africani- ſchen Küſte. Mit den Unterthanen des Imäms aber haben ſie ſeit der Zeit, daß der Scherif ſich unabhängig gemacht hat, faſt gar keine Gemeinſchaft. i - L 1 2 Die 268 Die Landſchaft Jemen. Die Araber, welche an der Seeſeite wohnen, nennenden Scherif von dieſem Ge- biete, gemeiniglich den Scherif vonDsjeſän, ſo wie die Europäer die Imäms von Je- men und Omän, die Imäns von Möchha und Maſkät zu nennen pflegen, weil ſie von dieſen Ländern nur dieſe beyden Seehafen kennen. Der Name Dsjeſän ſcheinet ſchon alt zu ſeyn; denn der Scherif Eddrs erwähnet in dieſer Gegend einer Familie Ghaſan, welche alſo vielleicht in den lezten 600 Jahren ausgeſtorben, oder von den Imäms vom Jemen unterwürfig gemacht iſt. Auch war vermuthlich hier das Land der Caſſaniten. Die jezige Stadt Dsjeſän aber iſt wahrſcheinlich nicht ſehr alt; denn ſie liegt dicht an dem arabiſchen Meerbuſen, und die Küſte hat ſich vermuthlich auch in dieſer Gegend verändert. Cé-> Harrad, ein anſehnlicher Ort, in welchem der Scherif Achmed, Vater des jezt regierenden Herrn, begraben liegt. LaSº Bahäs, ein großes Dorf an dem arabiſchen Meerbuſen, nicht weit von Loheia. Hier ſiehet man das Begräbniß eines mohammedaniſchen Heiligen, welcher ein Sohn des berühmten Schech Sälei oder Salech zu Loheia war. «„20-J) Bedoui und Dehenna, zwey Dörfer. Wadi Bäſch, ein Thal einige Meilen nördlich von Dsjeſän. q-e Sabbea, ein großes Dorf, welches in Jemen wegen der ſchönen Eſel, welche alda fallen, bekannt iſt*). Sankan, eine kleine Stadt. Attute, ein kleines Dorf mit einem Caſtell, oder vielmehr einem Wartthurm, nicht weit von dem arabiſchen Meerbuſen, und auf der nördlichſten Gränze dieſes Gebiets. Niabſoll noch jezt eine kleine Stadt nicht weit von Attute ſeyn *). Chobt *) Ptolomaeus erwähnt der Städte Sabe und Sabe regia. Erſteres iſt alſo vielleicht die- ſes Sabbea. Vielleicht findet man auch hier das Seba der Chuſten. Nach Stephanus iſt Sabar, urbs magna prope mare rubrum & Caſtellum. Cellarii notit. orb. ant. p. 597. Der Name Feb?d hat auch einige Aehnlichkeit mit dieſem Namen. *) Der Scherif Eddrs erwähnt verſchiedener dieſer Städte, als: Niab, Sancan, Attn, u. ſ w. Die Stadt Serrain, welche an dem arabiſchen Meerbuſen gelegen haben * ſoll, Die Landſchaft Jemen. W 269 Chobtel Bakkar, ein unbebaueter Strich Landes an dem arabiſchen Meer- buſen. Dieſe Gegend wird von einigen armen herumwandernden Familien bewohnt, die man beſchuldigt, daß ſie die Reiſende gerne von der Laſt ihrer Kleider befreyen. Zu dem Gebiete des Scherifs von Abuariſch gehören auch einige Inſeln. 6. Der Strich Landes zwiſchen Abuariſch und Hedsjas. Von der Gränze der Herrſchaft Abuariſch, bis an die Gränze von Hedsjäs d.i. von 17“.40^. bis 18“. 30“. Norderbreite, leben die Araber an der Küſte des arabiſchen Meerbuſens, unter Zelten, und übrigens in allen Stücken, ſo wie die Be- douinen, unter der Regierung ihrer Schechs. Ihr Dialekt iſt von dem, welchen man zu Dsjidda und in Jemen redet, ſehr verſchieden. Sie nennen ſich zwar Mo- hammedaner, wenn ſie von Mohammedanern nach ihrer Religion gefragt werden. In Jemen aber redet man ſelten von ihnen ohne ſie Ungläubige, Kafrs und Räuber zu nennen, weil ſie die Reiſende gerne plündern, und auch eine von den Sunniten und Zéditen ganz verſchiedene Religion haben. Sie beſchneiden nicht nur die Vor- haut, ſondern machen auch einen Schnit in der Haut oben auf dem männlichen Gliede der Länge nach, und löſen einen Theil der Haut am Unterleibe gänzlich ab. Wir waren am 23ten December 1762 ein paar Stunden in dieſer Gegend am Lande, und nahmen einige von dieſen Arabern mit an Bord. Weil auch ihnen die Beſchnei- dnng der Araber auf unſerm Schiffe, welche aus Omän waren, unbekannt war, ſo hatte von beyden Seiten einer gezeigt, wie er beſchnitten war. Sie ſollen ſich eine beſondere Ehre daraus machen, eine große Pein ſtandhaft ertragen zu können. Sie hatten erzählt, daß ſie demjenigen, welcher beſchnitten werden ſoll, eine Lanze in die Hand geben, welche er auf ſeinen Fuß ſetzen, und während der ganzen Opera- tion, ohne die geringſte ängſtliche Mine zu machen, und ohne daß die Lanze zittert, mit unverrükten Augen immer nach der öberſten Spitze ſehen muß, woſerne er nicht als ein feigherziger Menſch verachtet werden will. Dieſe Beſchneidung ſoll nicht nur ſehr ſchmerzhaſt, ſondern bey erwachſenen Perſonen bisweilen tödlich ſeyn. L l 3 Es ſoll, war vermuthlich auf der Inſel Serene, oder auf der gegenüber liegenden Küſte. 270 Die Landſchaft Jennett. Es ſcheint alſo, daß dieſe Araber eine beſondere Religion haben. Ein Gelehrter in Jemen wollte behaupten, der größte Theil der Bedouinen in Arabien wäre von dieſer Religion, oder weil er dieſes wohl nicht gewiß wiſſen konnte, die meiſten Bedouinen wären nicht orthodox mohammedaniſch. Es iſt alſo ſehr wahrſchein- lich, das Mohämmed und ſeine Nachfolger nur die Araber welche in Städten und Dörfern wohneten, bekehret, die herumſtreifenden aber niemals völlig bezwungen haben. Vielleicht alſo haben einige von dieſen noch jezt die alte heidniſche Religion. Ein gelehrter indianiſcher Mohämmedaner, welcher viele Jahre in Jemen geweſen war, und mit dem ich zu Maſkät von dieſen freyen Arabern redete, meinete daß man dieſen Stamm Araber UOld „º Beni Haläl, und ihre Religionsverwandte SJ.«aº Maſalichh nenne. Es ſind alſo wahrſcheinlich eben diejenigen, deren der Scherif Eddris erwähnet *), und alſo auch wie Bochart meinet*), die Jera- chaei und Alilai; denn ſie ſind nahe bey den Caſſaniten, wenn nemlich dieſe Na- tion in der Gegend von Dsjeſän gewohnt hat. Wenn es wahr iſt, daß die Alilai an Früchten und am Golde einen großen überfluß gehabt haben, ſo empfinden die jezigen Bewohner dieſer Gegend das Gegentheil; denn ſie tauſchten Erbſen und Durra auf unſerm Schiffe, für ihre Milch und Butter ein, und kleideten ſich ſo wie die Bedouinen in andern Gegenden, ſehr ſchlecht. 7. Das Gebiet Chaulan. Dieſes Chaulän liegt nach dem Scherif Eddris 4 Tagereiſen von Hali, und auf der Hälfte des Weges zwiſchen Saná und Mekke. Ich habe von dieſer kleinen Landſchaft weiter nichts gehört, als daß ſie weſtlich von Sáade liege, und noch bis auf dieſen Tag Chaulän genannt werde, auch daß man darinnen folgende Örter finde: Akabate Muslim,90 -> Heidän, Eddähhr und Sükedſümma. Dieſer kleine Diſtrikt iſt wegen Geneſ, Io, 7 und 25, 18. merkwürdig; denn es ſcheinet daß das Hevila der Chuſten, ingleichen die ſüdliche Gränze der Iſmae- liten hier geweſen ſey. 8. Die *) Geographia Nubienſis Clim. 2 p. 5. **) Phaleg & Canaan libr. 2 cap. 19. * Die Landſchaft Jemen. 27I 8. Die Landſchaft Sahan. Sahän iſt ein großer bergigter Strich Landes zwiſchen Haſchid u Bekil und Hedsjäs. Man findet daſelbſt einen Überfluß an ſchönen Früchten, beſonders aber an Weintrauben, und es werden hier auch einige Eiſenbergwerke getrieben. Allein dieſes jemeniſche Eiſen iſt wegen des Holzmangels, und der Unwiſſenheit der Araber in dieſer Art Arbeit, beydes ſchlecht und theuer. Die Einwohner dieſer Provinz, beſonders aber diejenigen, welche auf den hohen Bergen wohnen, und faſt gar keinen Umgang mit Fremden haben, ſollen gut arabiſch reden, und man meinet, daß der hieſige Dialekt demjenigen, in welchem der Korän geſchrieben iſt, am nächſten komme. Sie kennen aber von dem Korän faſt weiter nichts, als nur den Namen. Man hält ſie zwar für große Sternkundige, ihre ganze Wiſſenſchaft be- ſteht aber vermuthlich nur in einigen aſtrologiſchen Regeln. Die Sitten dieſer Ara- ber ſind von den Sitten derjenigen, welche in Städten leben, ſehr verſchieden. Anſtatt daß die Mädgens in dem Gebiete des Imäms bisweilen heyrathen, wenn ſie nur 9 bis 10 Jahr alt ſind, ſo heyrathen die Araberinnen auf dieſen Bergen nicht unter 15 Jahren, und ſehr ſelten hat einer mehr als eine Frau. Ihre Nah- rung iſt Fleiſch, Honig, Milch und Kräuter *). Von dieſem allen haben ſie einen überfluß, und werden nicht nur ſehr alt dabey, ſondern behalten auch be- ſtändig ein ſcharfes Geſicht. Diejenigen welche in dieſer Landſchaft mit einiger Sicherheit reiſen wollen, müſſen allezeit eine Gelegenheit mit einer Karwane erwarten. Ein einzelner Rei- ſender muß in dieſer bergigten Gegend eben ſo ſehr befürchten, von den hieſigen Ko- bails geplündert zu werden, als in der Wüſte von den Bedouinen. Man ſoll aber auch eine außerordentliche Gaſtfreiheit unter ihnen antreffen. Man findet in dieſer Landſchaft viele kleine unabhängige Herrſchaf- ten. tose Säade iſt die Hauptſtadt in derſelben, und die Reſidenz eines Khaſſemibn Juſofibn Höſſejn, der von den Nachkommen des Imäm Hadi *) Dieſes bemerkt ſchon Diodorus. Uebrigens ſagt dieſer Schriftſteller ſehr viel von Arabien, welches ich gar nicht ſo gefunden habe, 272 Die Landſchaft Jemen. Hadi *), des Stamvaters der beyden ſürſtlichen Häuſer zu Kaukebän und Saná iſt. Es nennet ſich auch dieſer Herr, Imäm. Sein Gebiet iſt aber nur klein, und er hat Mühe es gegen die Schechs von den benachbarten Bergen zu vertheidi- gen. Weil alles was aus dem Gebiete des Imäms zu Saná nach Nedsjerän, Kachtän und Mekke gehet, hier paſſiren muß; ſo iſt der Zoll, welcher in dieſer Stadt bezalet wird, anſehnlich. Unter den vielen hohen Bergen dieſer Gegend iſt beſonders einer berühmt, welcher weſtlich von Säade liegt, und Omelleile (die dunkle Nacht) genannt wird. Die Türken ſollen einmal die Familie des Imäms 7 Jahre auf dieſem Berge belagert haben, ohne davon Meiſter zu werden. Zwiſchen Säade und Haſchid u Bekil iſt eine Wüſte, welche man Ama- ſia*), oder nach der Ausſprache eines andern Amerſchta nennet. In derſelben iſt Birket Soidän ein Nachtlager für Reiſende. Hier reiſet man nicht anders als in Karwanen. Belled Amer, iſt ein kleiner Diſtrikt nach Norden von Sefian, und in demſelben: Medäab, Kuddäd und Schuremäd. 9. Die Herrſchaft Nedsjeran. Dieſes kleine Gebiet liegt in einer angenehmen waſſerreichen Gegend, etwa O. N. O. 3 Tagereiſen von Säade. Man findet daſelbſt einen Überfluß an Korn und an allerhand Baumfrüchten, beſonders aber an Datteln. Es hat vor- trefliche Weiden, und die hieſigen Pferde und Kameele ſind auch ſo ſchön, daß ſie in ganz Jemen geſucht werden. Jezt regieret hier ein unabhängiger Schech mit Namen Mékkrami, welcher ſeit einiger Zeit wegen ſeiner außerordentlichen Tapferkeit in ganz Arabien berühmt iſt. Dieſer Schech von Nedsjerän ſoll von keiner *) Dieſe Familie ſtammet vermuthlich von derjenigen ab, welche bereits im Ioten Jahr- hunderte in Jemen regierte. Sales Preliminary Diſcourſe p. 12. **) Geogr. Nub. Clim. 2 p. 5. A Saade ad Amaſiam hoſpitium incultum in quo Parvus eſt fons, Die Landſchaft Jemen. 273 keiner vornehmen Abkunft, d. i. nicht von dem alten arabiſchen Adel ſeyn. Er ſoll aber in ſeiner Jugend nicht nur den größten Theil von Arabien geſehen haben, ſondern auch in Indien und Perſien geweſen ſeyn, und nach ſeiner Zurückkunft ſoll der Imäm zu Säade, ihn als ſeinen Gouverneur nach Nedsjerän geſandt haben. Sobald er dieſes erhalten hatte, machte er ſich unabhängig, und jezt müſſen nicht nur ſeine Nachbaren, ſondern auch große Herren in entfernten Gegenden ſeine Liſt und Täpferkeit fürchten. Er drang vor wenigen Jahren mit einigen Partheygän- gern in verſchiedenen kleinen Haufen durch ganz Haſchidu Bekil, bis in das Gebiet des Imäms, und bemächtigte ſich in der Geſchwindigkeit eines kleinen Strichs Landes Safän, wovon der Imäm das ſtärkſte Bergcaſtell noch bis jezt nicht wie- der erobern können. (S. 250) Er kam im Winter 1762 und 63 bis Abuariſch, und ſchlug die Armee des Scherif Mohämmed nahe vor ſeiner Reſidenzſtadt, wie ich kurz vorher erwähnt habe. Am Ende des Jahrs 1763, oder am ſpäteſten im Jahre 1764 war er ſchon mit ſeinen Partheygängern in der Provinz Lachſa, und hatte alſo ſeine Armee in kurzer Zeit durch ganz Arabien, von dem arabiſchen bis an den perſiſchen Meerbuſen, und zwar durch verſchiedene fremde Gebiets ge- führt, welches nach der Manier der Europäer Krieg zu führen, unmöglich geweſen ſeyn würde. Die arabiſchen Armeen aber führen weder Canonen, noch viele Gezelte mit ſich. Die wenigen Lebensmittel, und was ſie ſonſt nothwendig auf der Reiſebrau- chen, tranſportiren ſie auf Kameelen, und das Gewehr beſchwert einen arabiſchen Sol- daten nicht ſehr, da er faſt ganz nackend, wenigſtens nur ſehr dünne gekleidet gehet. Dieſer Schech Mékkrami iſt in Arabien nicht allein als ein großer Officier, ſondern auch als ein großer Geiſtlicher berühmt. Er hat in der Religion von den Sunniten und Zéiditen ganz verſchiedene Meinungen. Die Araber ſagten, daß er ein Mittel erfunden hätte ſchon in dieſer Welt einen guten Nutzen von dem Himmel zu ziehen; denn er verkauft das Paradies, nach ihrem Ausdruck, Ellenweis, d. i. er weiſeteinem jeden, nach dem er ihm bezahlt, einen großen oder kleinen Platz im Himmel an *), und die einfältigen und abergläubigen unter den Arabern - kaufen *) Nachher hörte ich zu Maſkat und Basra, daß ſchon ein anderer, welcher ſich auch einen Mohammedaner nannte, ſich eben dieſes Kunſtgriffes in Zirmán bedienet, M m und 274 Die Landſchaft Jemen. kaufen dergleichen Zettel, ſo wie andere Amulete von ihm und ſeinen Gevollmächtig- ten, in der Meinung, daß es wenigſtens nicht ſchade einen ſolchen Paß zu haben, wenn er auch nichts nutzen ſollte. Indeſſen hoffen ſie das beſte, im Fall Gott dem Mékkrami würklich die Erlaubniß gegeben hätte, das Himmelreich auszutheilen. Er ſoll unter andern auch die Kunſt verſtehen von Gott Regen zu erbitten. Wenn man über dürre Zeiten klagt, ſo beſtimmt er einen Bußtag, an welchem alle, die mit bey der Proceſſion, welche ſo wie bey den übrigen Arabern außerhalb der Stadt gehalten wird, ſeyn wollen, ohne Turban und mit den ſchlechteſten Kleidern angethan, in aller Demuth erſcheinen müſſen, und dann verſpricht er ihnen nach ge- haltener Ceremonie gewiß Regen, bevor ſie ihre Häuſer wieder erreichen. Daß er in der That Regen erbitten könne, und überdieß andere große, den übrigen Ara- bern verborgene Wiſſenſchaften beſize, glaubten ſelbſt angeſehene Araber in dem Gebiete des Imäms. Eben dieſes denken ſie aber auch von den Maggrebinern und von den Europäern. Ein Araber aus Lachſa, welchen ich in Perſien antraf, meinte, daß der Schech Mékkrami, Mohämmed für einen Propheten erkenne, daß er aber die vier erſten Chalifen nicht höher ſchätze als die übrigen, und andere welt- liche Fürſten. ey- Nedsjerän, eine alte, in der arabiſchen Geſchichte berühmte Stadt, wovon dieſes kleine Gebiet benennet wird, liegt in einer fruchtbaren Ebene *). Man ſoll in dieſer Gegend auch noch die Ruinen von einer andermalten Stadt ſehen, welcher Mohámmed vorher verkündigt hat, daß ſie wegen ihres Un- glaubens zerſtöret werden würde, ich habe aber verſäumt den Namen dieſer Stadt zu bemerken. - Der Weg von Saná nach Nedsjerän gehet über Deifän, Ghula, Haud, Sukel Harf, Neſeif, Amaſia, Sáade, und von hier öſtlich nach 2 Jäm, Minneſchid und Nedsjerän. IO. Die und dadurch viel Geld gewonnen habe. Gewiſſe Europäer werden den Moham- ------ medanern die Ehre dieſer Erfindung vielleicht mit gutem Fug ſtreitig machen können. *- *) Dieſe Stadt ſcheinet eben dieſelbe zu ſeyn, welche Ptolomaeus 17agara nennet, und .. - Jula wovon er gleich nachher redet, ſoll vielleicht Chaylän ſeyn, Die Landſchaft Jemen. 275 IO. Die Herrſchaft Kachtan. Von dieſer kleinen Landſchaft habe ich weiter nichts gehört, als daß Kach- tän in einer fruchtbaren Gegend nach Norden etwa 3 Tagereiſen von Nedsjerän, auf dem Wege nach Mekke liege, und ihren eigenen unabhängigen Schech habe; Ich traf zuLoheia einen Araber aus dieſem Diſtrikte an, welcher einen großen Zug Pferde, wovon man hier einen Ueberfluß findet, nach dem Königreich Jemen ge- führt hatte, und alſo in dieſer Gegend ein angeſehener Mann war. Weil man dieſen guten Menſchen ſehr vieles von den wunderbaren Sitten der Europäer erzählet hatte, ſo war er ſo neugierig, daß er uns blos beſuchte, um uns mit Meſſer und Gabel eſſen zu ſehen. Als er aber merkte daß ich den Namen ſeiner Vaterſtadt aufzeichnete, und mich noch nach verſchiedenen andern erkundigen wollte, ſo ward er ſo argwöhniſch, daß er mir alle weitere Nachrichten verſagte *). II. Die Landſchaft Dsjof –y-. Dieſe große Provinz von Jemen erſtrekt ſich von Nedsjerän an, nach Sü- den bis Hadramaut, und von Haſchid uBekil ſehr weit nach Oſten in die Wüſte zwiſchen Jemen und Omän. Der größte Theil derſelben beſteht aus Ebenen, wo man auch große Gegenden findet, die mit Sand bedeckt, und alſo ganz wüſte ſind. Indeſſen fehletes den Einwohnern dieſer Landſchaft in einigen Gegenden nicht an Wai- zen, Dürra(kleiner Maiß), Gerſten, Bohnen und andern Früchten, welche zur Unter- haltung des menſchlichen Lebens erfordert werden. Einige Araber zu Saná, und ſelbſt einer aus Dsjöf, glaubten in dieſer Landſchaft nach einem Regen viel Gold im Sande geſehen zu haben, es hatte aber keiner gehört daß es geſammlet, und ge- braucht würde. Alſo vermuthe ich, daß dieſes vermeinte Gold nur Katzenſilber (Mica)ſey. Dieſes ſtehet man auch in verſchiedenen andern Gegenden von Ie- M m 2 Tel. - *) Der Name dieſer Landſchaft iſt wegen 1 Buch Moſs 1o, 26 merkwürdig. Die Stadt Bachtän iſt wahrſcheinlich auch das Baiſat Jaktan des Scherif Ed dris, und die Einwohner dieſer Gegend waren vermuthlich die Catgnita, deren Ptolomeus in ſeiner Beſchreibung von Arabien erwähnt, - - - - - - - - - - - - - - - - - - --- - - - - - - - - - - 276 Die Landſchaft Jemen. men, ſogar an der Landſtraße, und der gemeine Araber hält es für Gold. Die Pferde und Kameele in Dsjöſ ſind berühmt. Es geht davon jährlich eine große Anzahl nach den Ländern des Imäms, und zu Saná erhält man alles Salz aus der Gegend von Mareb. Die Landſchaft Dsjöf wird in Bellädel Bedout, Bellädes Saladin und Bellädes Scheräf eingetheilet. Die Bedouinen oder herumſtreifenden Ara- ber ſind kriegeriſch, und ziehen vornehmlich auf Pferden oder Kameelen zu Felde. Ihre Gewehre ſind, ein Säbel, eine Lanze, ein großes Meſſer welches ſie vor dem Leibe tragen, und einige haben auch eine Flinte mit einer Lunte. Sie tragen einen Harniſch, nemlich ein von ſeinem Eiſendrat geflochtenes Hemd oder überrok, und einen Helm mit einem von Eiſendrat geflochtenen Mantel, der ihnen bis auf die Schulter herunter hängt, und wenn er forne mit einem Riegel beſeſtiget wird, das ganze Geſicht bis auf die Augen bedeckt *). Sie ſind ihren Nachbaren, welche in Dörfern wohnen, ſehr beſchwerlich, und man ſagte, daß ſie ihnen auch biswei- len Mädgens entführeten. Indeſſen ſind ſie eben ſo wenig grauſam, als die herum- ſtreifenden Araber in Hedsjäs und Egypten; denn, wenn ſie gleich bisweilen die Fremdenplündern, ſo höret man doch nicht, daß ſie ſie tödten. Die Bedouinen in Dsjöf haben überdieß den Ruhm, daß man unter ihnen die beſten Dichter in Je- men antreffe. Unter Belläd es Saladin verſteht man vermuthlich die unabhängigen Herrſchaften in den bergigten Gegenden dieſer Landſchaft. So oft ich ſonſt von einem arabiſchen Sultän habe reden hören, ſo hat man damit einen Herrn über ein kleines Gebiet in bergigten Gegenden gemeint. Unter Bellädes Scheräf ver- ſtehet *) Die Harniſche ſcheinen bey den Arabern in den ältern Zeiten mehr im Brauch gewe- ſen zu ſeyn als jezt. Sales Koran chap. 21 p. 271. Man ſagte daß die Sol- daten des Imams und des Scherifs zu Mekke ſich derſelben nicht mehr bedienen, in Indien aber ſollen ſie noch gebräuchlich ſeyn. Ich habe nur einen einzigen ſolchen Harniſch hey einem Reiſenden aus Dsjof geſehen. Und weil es in denen Gegen- den, wo ich ihn antraf, ſicher zu reiſen war, ſo hatte er ihn auf ſein Kameel gebunden. Die Landſchaft Jemen. 277 ſteſet man die Städte und Dörfer wo die Nachkommen Mohämmeds regieren. Zu dieſen gehört die alte berühmte Stadt der Sabäer, welche von den Griechen Ma- riaba oder Neriaba, und von den Arabern Mareb genannt wird, ingleichen Harib, Jachwän u. ſ w. -/U- Mareb, iſt noch jezt die vornehmſte Stadt in Dsjöf. Sie liegt etwa 16 deutſche Meilen nach O.N. O. von Saná, und beſteht zwar nur aus 3oo meiſtentheils ſchlechten Häuſern, ſie iſt aber noch mit einer Mauer umgeben, und hat 3 Thore. Man ſoll daſelbſt noch einige überbleibſel eines Palaſtes der Balkis finden, aber gar keine Inſchriften, und alſo verdienen dieſe Ruinen viel- leicht nicht einmal geſehen zu werden. Der alhier reſidirende Herr nannte ſich (763) Scherif Mohämmed ibn Achmed ibn Aloi ibn Chalet ibn Höſſejnibn Mohämmed ibn Nasr ibn Mohämmedibn Achmed, und war von dem Ge- ſchlechte Abutaleb. Seine Herrſchaft erſtreckte ſich außer Mareb nicht weiter als über Hösnabräd, Sahher und einige andere kleine Dörfer. Von dem großen Teiche der Sabäer, den die Araber Sitte Mare5 nennen, habe ich vieles in Arabien gehört, aber von niemand eine ſo zuverläſſige Nachricht erhalten, als von einem angeſehenen Mann aus Mareb, welcher in die- ſer Stadt geboren war, und noch daſelbſt wohnete. Dieſer beſchrieb das ehmalige Waſſerbehältniß als ein Thal zwiſchen zwey Reihen Bergen faſt eine Tagereiſe (ohn- gefehr 5 deutſche Meilen) lang. In dieſem Thal verſammlen ſich 6 bis 7 kleine Flüſſe, welche aus Weſten und Süden, und zum theil aus dem Gebiete des Imäms kommen, und wovon einige fiſchreich ſind, folglich das ganze Jahr durch Waſſer haben. Die Berge, welche dieſes Thal einſchlieſſen, ſind nach Oſten ſo nahe bey einander, daß man (nach der Vergleichung mit der Entfernung zweyer Häuſer, welche wir in unſerer Wohnung in der Verſtadt von Saná ſehen konnten) bequem in 5 bis 6 Minuten Zeit von dem einem zudem andern gehen kann, und dieſe Öfnung ſagte man, ſey mit einer ſtarken Mauer verſchloſſen geweſen, um das überflüſſige Waſſer während und nach der Regenzeit aufzuhalten, und nach der Meinung des erwähnten Arabers durch drey verſchiedene Thüren über einander, auf die weiter nach Oſten und Norden liegende Felder und Gärten zu vertheilen. Die Höhe dieſer Mauer war, noch eben deſſelben Anzeige, (in Vergleichung mit der V. - Mm 3 Höhe 278 Die Landſchaft Jemen. Höhe eines nahe ſtehenden Hauſes) 40 bis 50 Fuß, alles von großen gehauenen Steinen gebauet, und von dieſer Mauer iſt bis auf dieſen Tag an beyden Seiten noch ſehr vieles übrig. Sie hält aber den Fluß nicht mehr auf, ſondern das Waſſer fließt jezt gleich in die Ebene, und verliert ſich, nach dem viel oder wenig Regen gefallen iſt, in einer kurzen oder langen Entfernung im Sande, und auf den umliegenden Feldern. - Das große Waſſerbehältniß bey Mareb hatte alſo nichts wunderbares. Man findet auch in andern Ländern und ſelbſt in Jemen, woſelbſt es nur zu einer gewiſſen Jahrszeit regnet, daß man auf dieſe Art haushälteriſch mit dem Waſſer umgehet; es ſind aber die Waſſerbehältniſſe in Vergleichung mit dieſem, nur klein. Wie viele Gegenden, z. E. von Egypten und dem gelobten Lande, welche ehmals ſehr ſtark bebauet waren, liegen nicht jezt bloß aus Mangel an Canälen und Waſſerbehältniſſen wüſte? Da aber eine gute Policey viele Länder, die ein gutes Erdreich, aber Mangel an Waſſer hatten, fruchtbar gemacht hat; ſo ſind eben dieſe Länder wieder- um zu Wüſteneyen geworden, nachdem die Regierungsform verändert iſt, vor- nehmlich aber ſeitdem keine Einigkeit mehr unter den Einwohnern herrſchte. Es wür- de alſo jezt wegen der natürlichen Beſchaffenheit dieſer Gegend, eben ſo wohl möglich und für die Einwohnervortheilhaft ſeyn, wenn die Mauer vor Sitte Mareb wieder hergeſtellet würde, um das Waſſer aufzuhalten, als es ehmals möglich und vortheil- haft war ſie neu zu bauen. Allein Mariaba war die Reſidenz eines Königes, der einen großen Theil von Jemen und Hadramaut beherſchete. Zu Mareb hergegen regiert ein armer Scherif, welcher außer dieſer Stadt, nur bloß über einige we- nige Dörfer zu befehlen hat, und der dieſes ſein kleines Gebiet kaum gegen ſeine Nachbarn vertheidigen, viel weniger daran denken kann, eine ſo große Mauer wieder aufzuführen. (Michaelis 94te Frage). Die Waſſerbehältniſſe woraus Conſtantinopel Waſſer erhält, ſind eben ſo angelegt, wie das ehmalige bey Mareb. Obgleich aber dieſe, in Vergleichung mit dem Arabiſchen, nur klein ſind; ſo ſind ſie doch nicht nur alle von großen Kayſern aufgeführt worden, ſondern müſſen auch von denſelben unterhalten werden; und dieſes nicht wegen der großen Koſten, welche von den Unterthanen nicht ſollten beſtrit- ten werden können, ſondern wegen der wenigen Ordnung unter den Einwohnern, Und Die Landſchaft Jemen. 279 und weil die Morgenländer es für eine Schuldigkeit ihres Landesherrn halten, dergleichen Werke zum Beſten des Publicums aufzuführen, und zu unterhalten. Zu der Zeit als der Damm der Sabäer von dem Waſſer niedergeriſſen wurde, war Mareb vielleicht nicht mehr die Reſidenz des Landesherrn, oder das vorige mäch- tige Reich war wohl gar in verſchiedene kleine Herrſchaften zertheilet. Alſo iſt nicht ſehr zu verwundern, daß man dieſes prächtige und nüzliche Werk nicht unterhalten, noch vielweniger aber daß man es nicht wieder hergeſtellet hat. Die Stadt Mareb ſoll auch weder gerade vor, noch dicht bey dem großen Waſſerbehältniß liegen, ſondern ohngefehr eine Stunde davon, und ſehr viel zur Seite. Sie ward alſo wahrſcheinlich nicht auf einmal durch eine überſchwemmung zu Grunde gerichtet, wie die mohammedaniſchen Schriftſteller behaupten wollen*), ſondern der Verfall der Stadt war eine natürliche Folge davon, daß das benach- barte Land nicht zur rechten Zeit gewäſſert werden konnte. Mareb war alſo das ehmalige Mariaba, und die Haupſtadt der Sabäer. Sie hat aber vielleicht nie- mals Saba geheißen, und die ſabäiſche Nation hat alſo ihren Namen vermuthlich nicht von dieſer Stadt erhalten. Zu der Landſchaft Dsjöf gehört auch: Kasr el Nät, ein Bergeaſtell von den Zeiten der Hamjaren. Nach Oſten eine Tagereiſe von Mareb iſt eine kleine Landſchaft Harib, wo- von der Regent ſich Scherif Ali, von dem Geſchlechte Abutaleb, nennet. Bahäm, ſtehet unter einem Schech Mohämmed ibn Höſſejn. Weiter öſtlich iſt Nöſab, Marcha und Öbbara, wovon aber weiter nichts bekannt iſt, als daß in denſelben große Wüſteneyen ſind, und daß dieſe Gegenden von herum- ſtreifenden Arabern bewohnt werden. Nach *) Geogr. Nub. Verum cum Deo placuiſſet eorum Splendorem extinguere, coetus diſſipare, diesque terminare, immiſit in illos torrentem maximum, qui dornien- tibus ipſis, propugnaculo alliſit, illudque proſternens, urbema totam cum ſub- urbanis oppidis, populisque abripuit. In Sales Koran chap. 34 P. 354 wird dieſer Ueberſchwemmung gleichfals gedacht, 28O Die Landſchaft Jemen. Nach Süden und Südoſten von Dsjöfiſt Hadramaut, Jöräſcha und Märad. Nach Norden (wahrſcheinlich in der Provinz Dsjöf) iſt ein Gebiet Rach- wän. Der Scherif welcher daſelbſt regiert, iſt von dem zu Mareb abhängig. Dsjöfelcharit, liegt nach Nordoſten, 4 Tagereiſen von Mareb. 12. Das Gebiet Nehhm. Das kleine Gebiet Nehhm ºgs, liegt zwiſchen Dsjöf, und den Ländern der Bundesgenoſſen Haſchidu Bekil. Es hat aber ſeinen unabhängigen Schech, von welchem man ſagte daß er ſehr kriegeriſch wäre, und keine Gelegenheit ver- ſäumte, den Imäm zu nöthigen, gute Freundſchaft mit ihm zu unterhalten. Ihm gehört: sºa5 Tsiba, ein großer Berg, wo man ehmals Silber gefunden haben ſoll. Schirra, eine kleine Stadt, eine Tagereiſe von Saná. Charet, ein Caſtell auf einem Berge. Hier findet man ein warmes Bad, und einen kleinen Fluß der in Sitte Mareb fällt. Deibän ein kleiner Diſtrikt nach der Gränze von Chaulän. Ich glaube die Einwohner deſſelben ſind unabhängig, ſie vereinigen ſich aber bisweilen mit dem Schech von Nehhm gegen den Imäm. Rahab, ein Dorf dieſer Gegend. 13. Das GNYS> Gebiet Chaulan*). Dieſe kleine Landſchaft, die zweyte in Jemen welche alſo heißt, liegt nur wenige Meilen nach S. O. von Saná, und hat ihren eigenen unabhängigen Schech von einer alten Familie. Er hat aber nicht große Einkünfte. Der 1763 regierende *) Dieſes iſt vermutlich das Hevila deſſen 1 Buch Moſis 1o, 29 erwähnt wird. Die Landſchaft Jemet. 28 I / regierende Schech Rajech Chauläni dienete dem Imäm als Nakib, und war des- wegen die meiſte Zeit zu Saná *). Zu dieſem Gebiete gehört: - Beit Rödsje, eine kleine Stadt und die Wohnung des Schechs. ſ**5 Tanaejm, eine alte, und beſonders bey den arabiſchen Juden be- rühmte Stadt; denn dieſe Nation hatte hier ehmals ihren vornehmſten Sitz, und viele große Synagogen. Jezt ſind daſelbſt nur ſehr wenige Juden, und überhaupt nicht viele Einwohner. Der Name Tanaejm hat viel ähnliches mit Thumna, Thomna oder Tamna, in welcher Hauptſtadt der Catabaner oder Gebaniter, nach dem Berichte der Griechen, LXV Tempel waren. Beitel Kibſt, ein Dorf wo lauter Scherifs wohnen. Der Anführer der Karwane, welche jährlich von Saná nach Mekke gehet, iſt jederzeit einer von dieſen Scherifs. Man ſagte daß dieſe Karwane gemeiniglich 2 bis 3000 Mann ſtark, und daß ſie 45 Tage unterweges ſey. Sie hält ſich aber wahrſcheinlich ei- nige Tage in den Städten auf, wo ſie durchreiſet, um Handlung zu treiben; denn, nach der Polhöhe von Mekke und Saná zu urtheilen, ſo iſt die Entfernung dieſer beyden Städte etwa nur 1oo deutſche Meilen, d. i. ohngefehr 20 Tagereiſen, und der Scherif Eddris rechnet ſie auch nicht weiter. Beitel Naum, ein großes Dorf. Die Dörfer Seijän, Suradsje und andere in dieſer Gegend, welche jezt zu dem Gebiete des Imäms gerechnet werden, gehörten ehmals zu Chauläu, und der Schech ſoll noch jezt einige Einkünfte davon genieſſen. Berres iſt der Name eines verfallenen Caſtells, welches in den ältern Zeiten berühmt geweſen ſeyn ſoll. I4. Die Landſchaft Jafa. 8a Dieſe Landſchaft liegt zwiſchen Aden, Hödsjerie, Kätaba, Rödda und der großen Provinz Hadramaut. Sie iſt fruchtbar, und hat beſonders an Caffe Und *) Ein anderer nannte den Schech von Chaulän. Tgkib U7achſen ibn Redsje - JN n V. -“ 282 Die Landſchaft Jeuen. nnd Hornvieh einen überfluß. Sie gehörte ehmals zu dem Königreiche des Imäms von Jemen. Die hieſigen Einwohner aber machten ſich ohngefehr vor 80 Jahren unabhän- gig, und jezt ſtehet dieſe Landſchaft unter drey kleinen Prinzen, welche ſich auch einen Theil von Hadramaut unterwürfig gemacht haben. Ihnen gehört in Jafa: 1) Reſſes, ein Diſtrikt nach Süden von Rödda. Hierinn iſt Meds- jeiba die Hauptſtadt, und die Wohnung eines Sultän elBeiäd. 2) Moſäka, eine Stadtſüdlich von Kätaba, und die Reſidenz eines Sultän Ali ibn Kachtän. 3) Kara, eine Stadt auf einem Berge, und die Wohnung eines Sul- tän Ali ibn Seif. U«áx? Beida, eine andere Stadt in dieſem Diſtrikt. Einem von die- ſen in Jafa regierenden Sultäns gehöret auch: =” Schähhr, eine Stadt mit einem Hafen. Hier wird noch jezt etwas Weihrauch (Olibän) ausgefahren, man hält ihn aber für ſchlechter als den, welcher in der Gegend von Merbät und Häſek geſammlet wird, und aller arabi- ſcher Weihrauch iſt ſchlechter als der Indiſche. Abulfeda ſchreibet den Namen Schähhr mit eben den Buchſtaben, wie man ihn noch jezt ſchreibt und ausſpricht. Deſcriptio Arabiep. 51. in der Sammlung Geographiae veteris ſeriptores graciminores Vol. III. Der Scherif Eddris aber ſchreibet ihn in der Ausgabe welche ich davon beſitze, Clim I part. 6 und Clim II. part. 6 +” Schadſjer und -“ Sahhr. Ich vermuthe daß der Herausgeber auf der erſten Stelle die Punkte hinzu geſezt habe, und daß man dieſen Namen auf der zweyten Stelle noch ſo finde, wie der Scherif Eddris ihn erhalten hat; denn die Araber in Jemen ſetzen ſelten die Puncte über den bekannten Namen ihrer Städte. Herr Doct. Büſching hat die verſchiedene Orthographie aller alten und neuen Schriftſteller, nicht nur von dieſem, ſondern von den Namen aller bekannten ara- biſchen Städte mit großer Mühe in dem 5ten Theil ſeiner Erdbeſchreibung geſammlet. Sollte wohl der berühmte Hafen Cana in dieſer Gegend geweſen ſeyn? oder muß man ihn zu Keſchtn ſuchen? Ich habe niemand angetroffen, welcher mir von dem Innern der kleinen Provinz Schähhr einige Nachricht hätte können geben. An der Seeſeite liegt Goſeiär, Die Landſchaft Jemelt. 283 Goſeiär, Baghaſchüa, Scharma *), Schähhr, (die eben erwähnte Stadt) Schöher, Rucheb und Markalla. Die Araber aus dieſer Gegend bringen ihre Waaren nach Mochha, Aden und vornemlich nach Maſkät. Belläd Schafel und Eddähla ſind kleine freye Herrſchaften auf der Gränze von Kätaba. Erſtere gehört einem Abdulkadiribn Höſſejn, welcher zu Geiraf reſidirt. - Medina el Asfal, iſt auch ein anſehnlicher Ort in dieſer Gegend, und wegen der Begräbniſſe verſchiedener mohammedaniſchen Heiligen berühmt. Die hieſigen Einwohner ſind alſo vermuthlich Sünniten, II. Die Landſchaft Hadramaut. HÄ Cºyº-ä> oder Hadsramaut, iſt ſehr groß, vornemlich wenn Mähhra mit darzu gerechnet wird, und ich glanbe, daß die Araber dieſen Diſtrikt als einen Theil von Hadramaut, ſo wie Tehäma als einen Theil von Jemen anſehen. Dieſe Landſchaft gränzt nach Weſten an Jemen, nach Südoſt an das Weltmeer, nach Nordoſt an Omän, und nach Norden an eine große Wüſte. Es ſind in derſelben hohe bergigte Gegenden, welche ſehr fruchtbar ſind, andere Ge- genden, die von dem von den Bergen herunterfließenden Waſſer gewäſſert werden, und auch Wüſteneyen. Man findet auf ihrer Küſte verſchiedene Hafen, aus wel- chen Weihrauch, arabiſcher Gummi, Myrrhe, Drachenblut und Aloe nach Ma- ſkät und Indien verfahren wird. Nach Jemen bringt man von hier verſchiedene Sorten Leinwand, Teppiche, ſehr viele von den großen Meſſern, (Jambea) die die Araber vor dem Leibe zu tragen pflegen, u. ſ. f. Die beyden Landſchaften Hadramaut und Jemen wurden in den ältern Zeiten das glückliche Arabien genannt. Die Einwohner dieſer Gegend aber hat- ten deswegen damals mit ihren eigenen Produkten keinen größern und vortheilhaftern N n 2 Handel, *) Vielleicht Sciorama des Scherif Eddris. 284 Die Landſchaft Hadramaut. Handel, als die jetzigen Araber; denn die vornehmſten, und wie es ſcheint, die einzigen Waaren, welche Fremde von hier erhielten, waren Weihrauch und Aloe *). Noch jezt wird von Mochha, ſo wie in den ältern Zeiten von Muza, etwas Aloe ausgefahren, und die Aloe von Socatra wird noch immer in der ganzen Welt ge- ſucht. Der arabiſche Weihrauch iſt zwar viel ſchlechter, als der welcher mit in- dianiſchen Schiffen nach dem arabiſchen und perſiſchen Meerbuſen gebracht wird, indeſſen wird er doch auch noch verlangt. Denn, wenn gleich in den chriſtlichen Kirchen nur wenig, und in den Moſquéen vielleicht gar nicht geräuchert wird, ſo braucht man doch in den Morgenländern überhaupt ſehr viel Räuchwerk in den Häuſern, und in Indien auch noch in den Tempeln. Wenn auch die Araber jezt nicht mehr ſo viel Weihrauch nach den nordlichen Ländern ſchicken, als vorher; ſo haben die Einwohner in Jemen, in den neuern Zeiten, ihren Schaden durch den Handel mit Caffebohnen reichlich erſetzt erhalten. Wenn man unterſucht: warum der ſüdliche Theil von Arabien jezt nicht mehr ſo reich und berühmt iſt, als in den ältern Zeiten? ſo wird man vermuthlich in der ausgebreiteten Schiffahrt der nördlichen Nationen, die vornehmſte Urſache da- von finden. Die Araber haben ſchon in den allerälteſten uns bekannten Zeiten zu Lande nach Egypten, und andern benachbarten Gegenden gehandelt. So wurde Joſeph an die Ismaeliter verkauft, welche mit Würze, Balſam und Myrrhen, die den midianitiſchen Kaufleuten gehörten, (1 Buch Moſes 37, 25-28) nach Egypten zogen. Moſes erwähnt (1 Buch IO), ſo vieler Städte in Jemen und Hadramaut, daß man faſt nicht zweifeln kann, er ſelbſt ſey in dieſen Gegenden ge- weſen. Die Araber aus Jemen handelten nach Tyrus. (Heſekiel 27). Ar- rianus bemerkt: daß ſowohl die Araber zu Muza, einem Hafen an dem arabi- ſchen Meerbuſen, als zu Cana und andern Häfen auf der Südoſtküſte von Ara- bien, größtentheils mit fremden Waaren, nemlich mit ſolchen, welche ihnen aus Egypten, Habbeſch, Perſien und Indien zugeführt worden, gehandelt haben. In- gleichen daß das glückliche Arabien in den Zeiten, da die Egypter ſich noch nicht - U3te T- T*) Navigation & Viaggi racolte da Ramuſio Vol I. fol. 284, 285- Perplus maris Erythraci p. 14- - Die Landſchaft Hadramaut. 285 unterſtanden nach Indien zu gehen, noch die Indianer, bis nach Egypten zu kom- men, die Niederlage von egyptiſchen und indianiſchen Waaren geweſen ſey. Man ſchiffte zwar ſchon zu der Zeit auf dem arabiſchen Meerbuſen. Weil aber die Schiffahrt daſelbſt jederzeit für ſehr gefährlich gehalten worden iſt; ſo giengen die meiſten Waaren in Karwanen durch ganz Arabien. Hiedurch müſſen nicht nur die Seehafen, wo die indianiſchen Waaren anlandeten, ſondern auch die Städte im Lande, ja ſogar die herumſtreifenden Araber, welche die meiſten Kameele zu den Karwanen zu liefern pflegen, ſehr viel gewonnen haben. Noch im Jahr 16IE als Heinrich Midleton zu Mochha war, kam daſelbſt eine große Karwane Kaufleute von Damáſk, Sues und Mekke an, um mit den indianiſchen Kaufleuten zu han- deln. Jezt aber iſt Jemen und Hadramaut gar nicht mehr die Niederlage der in- dianiſchen und egyptiſchen Waaren. Ja die in dieſen Provinzen wohnende Ara- ber verfahren nicht einmal alle ihre Produkten mit ihren eigenen Schiffen. Die Jemener bringen zwar die meiſten ihrer Caffebohnen von Mochha, Hodeida, Lo- heia und Dsjeſän nach Dsjidda, ſo wie die Araber in Hadramaut und Schäbbr einen großen Theil ihres Weihrauchs, und ihrer Aloe nach Maſkät. Die Schiffe aus Omän aber kommen auch nach Jemen und Hadramaut, um Caffebohnen, Weihrauch und Aloe zu laden. Die Araber haben vornemlich dadurch ſehr viel verloren, daß die Europäer einen Weg um Afrika geſunden haben, und jezt nicht nur ſich ſelbſt, ſondern auch zum theil die weſtlichen Araber, die Egypter und die Türken mit indianiſchen und chineſiſchen Waaren verſorgen. Indeſſen wohnen die Araber in Hadramaut noch immer in Städten und Dörfern, und treiben noch jezt einen ſtarken Handel. Die Sekte Summi iſt hier die herrſchende. Ein Araber aus dieſer Gegend nannte ſein Vaterland Bellädel ülm ubellädeddin d. i. den Sitz der Wiſſenſchaften, und der Religion. Allein die Jemener reden nicht ſo vortheilhaft von der Gelehrſamkeit dieſer ihrer Nachbaren. Der Dialekt der Einwohner in Hadramaut, iſt von dem jemeniſchen ſo ſehr verſchieden, daß ich mit Arabern aus dieſer Gegend meiſtentheils durch Dolmetſcher reden mußte. Er muß auch niemals für ſchön gehalten worden ſeyn, weil Giggeius ihn ſehr verachtet *). N n 3 Man *) Bocharti Phaleg- & Canaan libr. 2. cap. 18- - 286 Die Landſchaft Hadramaut. Man findet in dieſer Landſchaft viele unabhängige Herrſchaften. Die Be- doui d.i. Araber welche unter Zelten leben, und die Kobail, oder die welche in den bergigten Gegenden wohnen, ſtehen unter einer Menge freyer Schechs, und die verſchiedene Dörfer und Städte, welche mit Auswärtigen Handeltreiben, haben auch ihre unabhängige Schechs und Sultäns. Unter den leztern iſt der Schech von eLº Schibäm einer der mächtigſten. Ich habe aber von dieſer Stadt und ihrem Gebiete mit Gewisheit nichts weiter gehört, als daß ſie 8 Tagereiſen von Saná, und 1o Tagereiſen von Mareb entlegen ſey. Ein Araber aus Mareb, welchen ich zu Saná antraf, hatte auf dem Wege von ſeiner Vaterſtadt nach Schi- bäm in der Landſchaft Dsjóf, kein eiuziges Dorf angetroffen. In Hadramaut aber reiſete er durch die Örter Hähnem, Saün und Tarim bis Schibäm*). Fer- ner iſt in Hadramaut: Doän, eine Stadt 25 Tagereiſen öſtlich von Saná, und II Tagereiſen von Keſchin. Ein Araber aus dieſer Stadt wollte mich verſicheren, daß ſelbige im Um- fange größer wäre, als Saná, und daß man daſelbſt auch eben ſo ſchöne Häuſer fände. Der Herr von dieſem Diſtrikt hieß (1763) Schech Seiid ibn Iſa elamüdi. Gähdün, iſt eine kleine Stadt nicht weit von Doän, und bekannt, weil die von der regierenden Familie Amüd daſelbſt begraben zu werden pflegen. Dafär, eine bekannte Stadt und Seehafen, wovon jezt der beſte arabi- ſche Weihrauch (Olibän oder Libän) verfahren wird. Doch iſt dieſer Weihrauch in Vergleichung mit dem indiſchen nur ſchlecht, und ein Kaufmann zu Bombay, welcher bloß mit dergleichen Waaren handelte, verſicherte mich, daß die Araber ihren *) Schibän iſt vermuthlich eben die Stadt, welche Plinius libr. VI. 32 und libr. XII, 32 Sabota, und Arrianus in ſeinem Peripl. Mar. Erythraci p. 15 Sab- batha nennet. In den Abdrücken, welche ich von der Geographia Nubienſis, und des Abulfeda Deſcriptio Arabiae beſitze, heiſſen die beyden vornehmſten Städte von Hadramaut, in der erſten eL“ Siäm und ſº Terim, und in der leztern Ä Cerſtin und e-º Schibärn. Es iſt alſo in jeder ein Druckfehler, Die Landſchaft Hadramaut. 287 bren Weihrauch ungereinigt, nemlich mit Sand und Steinen vermengt, ſowie die Araber zu Tör ihren Gummi, verkaufen. Zu Dafür iſt ein unabhängi- ger Schech. - Keſchtn, eine andere Stadt und Haſen auf dieſer Küſte. Die Einwoh- ner pflegen hier, ſowohl gegen Europäer, als gegen Fremde überhaupt, ſehr höflich zu ſeyn. Der hieſige Schech iſt nicht nur ein unabhängiger Herr von einem an- ſehnlichen Diſtrikt in Arabien, ſondern auch von der Inſel Socatra, die wegen ihrer ſchönen Aloe berühmt iſt, und ſchon ſeit vielen hundert Jahren unter der Herr- ſchaft der Araber geſtanden zu haben ſcheinet. Nicht nur zu der Zeit da die Portu- giſen und Engländer zu erſt nach dem arabiſchen Meerbuſen ſegelten, gehörte dieſe Inſel dem Schech zu Keſchin, ſondern Arrianus ſchreibet ſchon, daß ſie dem Herrn von der Gegend, wo der Weihrauch wächſt, unterwürfig geweſen ſey*). Ein Engländer, welchen ich zu Bombaykennen lernte, hatte die Polhöhe in dem Haſen Keſchin 15. 26. gefunden. Er erlaubte mir einen Grundriß, den er von der hieſigen Rehde entworfen hatte, zu eopiiren, und weil dieſer vielleicht künftigen Rei- ſenden dienen kann; ſo habe ich ihn auf der XVII Tabelle verkleinert mit abdrucken laſſen. Der hieſige Meerbuſen iſt vermuthlich eben derſelbe, welcher von den alten griechiſchen Schriftſtellern Sachalites genannt wird. Von Merbät und Häſek wird auch Weihrauch ausgeführt, der zwar nicht für ſo gut gehalten wird, als der von Daſär, aber für beſſer als der von Schähhr. Von den Seehafen Reiſüt, Souir, Fartak, Hanbel, Scharwejn und Reider habe ich weiter nichts, als nur bloß die Namen gehört. Ainäd, eine Stadt in Hadramaut 13 Tagereiſen von Keſchin, und 7 Ta- gereiſen von Schähhr. Ein Araber aus dieſer Stadt verſicherte mich zu Maſkät, daß Ainäd mit einem anſehnlichen Gebiete von ſeinem eigenen unabhängigen Schech regiert würde; ich vermuthe aber aus ſeiner eigenen Antwort auf verſchiedene an- dere Fragen, daß ſie zu der Herrſchaft eines Sultän von Jafa gehöre. Man verſichert: mich in Jemen, daß Kubrel Haud, oder das Begräbniß Kachtans, deſſen in 46en Kapitel des Korans gedacht wird, in der Gegend von Keſchin 1- - - *) Periplus maris Erythraci p. 18- 288 Die Landſchaft Hadramaut. Keſchinſey. Man wollte behaupten, daß die Mohammedaner unter der Regie- rung des Chalifen Abu bekr, und alſo bey ihrer erſten Ankunft in Hadramaut, da- ſelbſt den Körper dieſes arabiſchen Propheten, mit einem Schwerdt an der Seite, in ſeinem Grabe geſunden hätten. Alſo geſchahen vermuthlich ſchon vor Mohämmeds Zeiten Wallfahrten nach dieſem Grabe. Es liegt nach dem Berichte des erwähn- ten Arabers aus Ainäd, nur 1 Tagereiſen von ſeiner Geburtsſtadt, und 12 Ta- gereiſen von Keſchin. Über dem Grabe des Nebbi Haud ſteht ein Bethaus ohne viele äußerliche Pracht. Indeſſen verſammlet ſich daſelbſt jährlich, in dem Mo- nath Schabän, eine große Anzahl Leute aus ganz Hadramaut, um ihre Andacht zu Gott bey dieſem Grabe zu verrichten, und ſich des Haud, Nüch, Ibrahim und der übrigen Propheten zu erinnern. Es wird daſelbſt zu dieſer Zeit vermuth- lich auch ein großer Jahrmarkt gehalten; denn die Wallfahrtsreiſen, welche nur in einer gewiſſen Jahrszeit unternommen werden, ſind wahrſcheinlich mehr wegen der Handlung, als aus Andacht, ſo viele hundert, ja tauſend Jahre beybehalten worden, " Weil der Araber aus Ainäd behauptete, die vornehmſten Städte in Hadra- maut alle ſelbſt geſehen zu haben, ſo habe ich verſchiedene Namen nach ſeiner Aus- ſprache aufgeſchrieben, ich bin aber nicht gewiß, ob dieſe Örter alle würklich Städte ſind, und ob nicht einige davon außerhalb Hadramaut liegen. Ich will die erhal- tene Liſte hier miteinrücken, und überlaſſe es künftigen Reiſenden ſie zu verbeſſern. Namen der Städte in dem Innern der Landſchaft Hadramaut: Ainäd, Terim, Bajalhabän, Tibi, Kochtän, Elkara, Tarbe, Bör, Om düde, Elhota, Höſſie, Elkatten, Eladsjalanie, Hänèm, Merjäme, Seiün, ElGurfa, Tris, Möſchech, Schibäm, Dahabän. Der Name einer Stadt Kochtän iſt in dieſer Gegend merkwürdig, weil ſie vielleicht von Kachtan d. i. Jaketan ſo benannt worden iſt. Kara iſt auch der Name einer Stadt in dem Diſtrikte Jafa. Die Städte Hänèm, Seiün und Terim ſind vielleicht mit den vorhererwähnten Hähnem, Saün und Tarim einerley, Einige von den Seehafen, die ich als zu Hadramaut gehörig angeführt habe, liegen in Mähhra. Weiter habe ich von dieſem Diſtrikte keine Nachricht erhalten. - - - - Weder - 4 Die Landſchaft Hadramaut. 289 Weder der Araber aus Mareb, noch der aus Doän, noch der aus Ainäd glaubten, daß einige Handlung von Jemen und Hadramaut durch die Wüſte nach Omän getrieben werde. Weil die bergigten, und alſo fruchtbaren Gegenden dieſer großen Provinzen, nicht weit von der Küſte entfernt ſind, ſo finden die Einwohner derſelben die Handlung zur See weniger unbequem und gefährlich, als wenn ſie ihre Waaren durch große Wüſteneyen führen ſollten, wo viele unabhängige Schechs re- gieren. Wenn jemand es verſuchte die vornehmſten Städte in Hadramaut zu beſit- chen, ſo würde er vielleicht nicht mehrere Schwierigkeiten antreffen, als wir in Je- men gefunden haben. Um bloß die Städte an der Seeſeite zu ſehen, könnte er mit den kleinen Schiffen aus Omän gehen, welche Caffebohnen aus Jemen holen. Ich habe einen Türken gekannt, der ſich dieſer Gelegenheit bedienet, alle Hafen auf der Südoſtſeite von Arabien geſehen, und dieſe Seereiſe nicht gefährlicher gefunden hatte als die auf dem arabiſchen Meerbuſen. Wer aber das Innerſte des Landes beſuchen will, kann ſich zu Bombay oder Surat erkundigen, in welchen Hafen ſich Bani- anen aufhalten, und an dieſe Empfehlungs- und Wechſelbriefe mitnehmen. Weil die Araber keine Wechſelbriefe kennen, und viel baares Geld bey ſich zu tragen der Regierung Gelegenheit zu Chicanen geben könnte; ſo iſt es in dieſen Gegenden alle- zeit ſicherer mit den Banianen Bekanntſchaft zu haben, damit man Hülfe von ihnen erwarten kann, wenn man etwa geplündert werden ſollte. Sie ſind ehrliche Leute, und werden den Europäern, welche mit Empfehlungsſchreiben nach Arabien kommen, ſchon deswegen gerne dienen, weil ihre Glaubensgenoſſen bisweilen die Hülſe der Engländer zu Bombay und Surat wieder nöthig haben. Wenn man in Jemen und Hadramaut ſo viele Namen von Städten höret, von denen die Araber glauben, daß ſie von den Hamjaren gebauet ſind, d. i. welche ſo alt ſind, daß man von ihrem Urſprung nichts mehr weiß, und die viele Ähnlich- keit mit den Namen haben, welche Moſes anführet, ſo ſollte man faſt glauben, daß dieſer heilige Schriftſteller uns in ſeinem erſten Buch IO, 7, 26, 29 eine Liſte von arabiſchen Städten gegeben habe, wovon Chus und Jaktan, entweder die Haupt- oder ſolche Städte geweſen ſind, welche Colonien nach den übrigen geſandt haben. Da ich aber die Bücher Moſis nicht in der Grundſprache leſen kann, ſo unterſtehe - O o ich 29O Die Landſchaft Hadramaut. ich mich nicht zu behaupten, daß er uns hier kein Geſchlechtregiſter, ſondern eine Beſchreibung von dem fruchtbarſten Theil Arabiens hinterlaſſen habe, ſondern über- laſſe den Gelehrten zur weitern Unterſuchung, was die Urſache dieſer großen Ähnlichkeit der arabiſchen mit den alten hebräiſchen Namen ſeyn möge. Doch will ich die mir bekannten neuern Namen, die mit den von Moſe erwähnten eine Ahn- lichkeit zu haben ſcheinen, hier noch kürzlich bemerken. Von dem Reiche der Jaktaniten werden zwey Gränzörter genannt, nemlich, ihre Wohnung war von Meſa an, bis man kömmt gen Sephar, an den Berg ge- gen den Morgen. Meſa kann alſo die Gränze gegen Weſten geweſen ſeyn, und jezt findet man auch an der Weſtſeite des Gebürges, oder der fruchtbaren Gegend von Jemen, ein Dorf und Caſtell, welches man noch bis auf den heutigen Tag faſt ebenſo, nemlich Muſa nennet (S. 223). Die Araber halten dieſen Na- men für ſehr alt, und es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß hier in den allerälteſten Zeiten, als Tehäma vielleicht noch mit Waſſer überfloſſen war, eine anſehnliche Stadt geweſen ſey, weil kein Weg von Tehäma, oder der Seeſeite nach der ber- gigten Gegend, ſo bequem iſt, als der von Muſa. Von Sephar findet man verſchiedene ähnliche Namen in Jemen. Nemlich, Dofar, eine Stadt in Haſchid uBekil (S. 262). Aber dieſer Ort liegt nach Norden, und nicht von Muſage- gen den Morgen. Ferner Dhafar, die Reſidenz der hamjariſchen Könige, wo- von man jezt die Ruinen an der Oſtſeite des Berges Sumära, und nicht weit von Jerim, ſiehet (S. 236). Auch hier kann man wohl nicht das Sephar, deſſen Moſes erwähnt, ſuchen; denn verſchiedene Städte und Landſchaften, deren Namen eine große Ähnlichkeit mit den Jaktaniten haben, liegen weiter öſtlich. Sephar war alſo vermuthlich der Hafen Dafär, an dem Weltmeer (S. 286). Es ſcheint daher, daß ſich das Reich der Jaktaniten von Tehäma an, bis Mähhra erſtreckt habe *). Moſes *) Ich wollte wünſchen, daß Herr Hofrath Michaelis die Abſchrift von meiner Beant- wortung ſeiner Fragen, eher erhalten hätte, als ſeine Ueberſetzung des erſten Buch Moſis gedruckt worden. Ich glaube, er würde alsdann MTeſt nicht Básra, und Sephar, Tehäma genannt haben. Doch er hatte zu der Zeit ſchon läng- ſtens meine Charte von Jemen, auf welcher ſowohl Muſa, als Dhafär die - Reſidenz Die Landſchaft Hadramauk. 29I. Moſes nennet die Kinder Jaktans: Almoddad, Saleph, Hazarmaveth, Jarah, Hadoram, Uſal, Dikela, Obal, Abimael, Seba, Ophir, Hevila und Jobab. Von allen dieſen habe ich keine ähnliche Namen gehört, allein fol- gende ſcheinen merkwürdig zu ſeyn. 1) Kachtan, eine kleine Landſchaft nach Norden von Nedsjerän. Wenn ſelbige zu weit nördlich liegt, als daß man ſie zu dem Reiche der Jakta- niten rechnen kann, ſo findet man auch, wie (S. 288), erwähnt worden, eine Stadt Köchtan in Hadramaut. Die Jaktaniten haben alſo ihren Namen vielleicht von dieſer Stadt erhalten. „" 2) Hadramaut. Daß dieſer Name viele Ähnlichkeit mit Hazarmavet habe, iſt ſchon von andern bemerkt worden. 3. 4. 5) Jerim (S. 236), Dorän (S. 233), und Thöbäd (S. 242), ſind Namen drey ſehr alter Städte in dem Theil von Arabien, welcher dem Imam von Jemen gehorcht. Ich zweifle ob man zwiſchen dieſen und den Namen Jarah Ha- doram und Obäl, viele Ähnlichkeit antreffen werde. Indeſſen habe ich ſie mit z A bemerken wollen. - 6) Daß Saná ehmals Uſal geheiſſen habe, wie ſchon von andern bemerkt worden, iſt nicht unwahrſcheinlich. Ein Mohammedaner zu Loheia, von welchem ich die Namen der Örter auf dem Wege von dieſer Stadt nach Saná verlangte, nannte das Dorf der Juden vor Saná, Öſer (S. 232), und ein anderer Mohammeda- ner aus Indien, welcher viele Jahre in Jemen geweſen war, glaubte mit Gewiß- heit verſichern zu können, daß Uſal der alte Name von Saná ſey. Einem Juden zu Taäs, der aber ein Handwerksmann, und kein Rabbi war, war der Name Uſal nicht bekannt. Zu Säna verſäumte ich mich deswegen bey den daſigen Ju- den zu erkundigen. 7) Für Seba finde ich jezt noch verſchiedene Namen, nemlich Sabbia, ein großes Dorf in dem Gebiete Beni Keis (S. 262). Es ſcheint aber zu O o 2 weit Reſidenz der Hamjaren bemerckt iſt, und die Stadt Dafar am Weltmeer iſt auch bekannt. Er hat alſo vielleicht wichtige Gründe, warum er Meſa nach Oſten, und Sephar nach Weſten ſetzt. 292 Die Landſchaft Hadramaut. weit nördlich zu legen, und iſt vielleicht niemals ein Ort von Bedeutung geweſen. Ein Araber aus Mareb war der Meinung, daß ſeine Vaterſtadt ehmals Saba geheiſſen habe, und da dieſes auch bereits von gelehrten Europäern behauptet wor- den iſt, ſo iſt es mir ſelbſt anfänglich ſehr wahrſcheinlich geweſen, vornemlich da man das berühmte Waſſerbehältniß der Sa:äer bey dieſer Stadt findet. Aber Strabo und Plinius nennen die Hauptſtadt der Sabäer ſchon Mariaba. Die ſabäiſche Nation war zu dieſer Zeit noch anſehnlich. Es iſt alſo wohl nicht zu ver- muthen, daß ſie einer Stadt, wovon die ganze Nation benennet ward, einen an- dern Namen gegeben habe, da beydes die Nation und ihre Hauptſtadt noch im Flor waren. Die Sabäer können vielmehr ihren Namen anfänglich von einer andern Stadt erhalten, demohngeachtet aber nachher das große Waſſerbehältnis bey Mariaba gebauet, und nach dieſer Stadt die Reſidenz ihrer Könige verlegt haben. Mir ſcheint alſo nicht unglaublich zu ſeyn, daß die Sabäer von der Stadt Schibäm in Hadramaut, und dieſe von Saba benannt worden ſey. Ich habe keinen Namen gehört, der mit Ophir Ähnlichkeit hat, zweifle aber nicht, daß künftig ein anderer, welcher Gelegenheit hat die Gegend von Aden bis Dafär ſo durchzureiſen, als ich das Gebiet des Imäms durchgereiſet bin, es finden werde. Ophir war vermuthlich der vornehmſte Hafen in dem Reiche der Sabäer, und alſo wahrſcheinlich in der erwähnten Gegend. Es war vielleicht eben der Hafen, welchen die Griechen Cana nannten. 8) Chaulän, eine kleine Landſchaft einige Meilen nach Südoſt von Saná (S. 280), war vermuthlich Hevila, und 9) Beni Dsjobüb, ein kleiner Diſtrikt in dem ſüdlichen Theil des Am- tes Kusma (S. 247), iſt vielleicht von Jobab benannt worden. Die Kinder von Chäs nennet Moſes: Seba, Hevila, Sabtah, Raema und Sabtecha. Wenn man nun auch aus ähnlichen neuern Namen die Wohnung der Chuſiten in Arabien ſucht, ſo ſcheinet es, daß ſie die ganze Küſte der Land- ſchaft Jemen, von Hali an, bis Zebid beherrſcht haben. Denn: 1) Beni Chüſi, iſt noch bis auf dieſen Tag der Name eines kleinen Diſtrikts in dem Amte Kusma (S. 248), und Beitel Chuſi, der Name eines Dorfes Die Landſchaft Hadramaut. 293 Dorſes in HaſchiduBekil (S. 262.). Der Name der Stadt Kusma (S. 246) ſcheinet auch einige Ahnlichkeit mit dem Namen Chus zu haben. 2) Das Dorf Sabea in dem Amte Loheia (S. 229), oder wahrſchein- licher, Sabbea, eine kleine Stadt in der Herrſchaft Abu ariſch (S. 268), kann von Seba benannt worden ſeyn. Lezteres liegt näher bey den Bergen, und kann alſo bewohnt geweſen ſeyn, wie das Amt Loheia noch mit Waſſer überſchwemmet war. 3) Chaulän, eine kleine Landſchaft nach Weſten von Säade (S. 270), hat viele Ähnlichkeit mit dem Namen Hevila. Es iſt merkwürdig, daß man noch jezt zwey kleine unabhängige Herrſchaften von einerley Namen und in verſchiedenen Gegenden von Jemen findet, da Moſes eben dieſes Namens auch an zwey Stellen erwähnt. 4) Von Sabtah habe ich keinen ähnlichen Namen gehört, woferne man ihn nicht in Sancan (S. 268) zu finden glaubt. Herr D. Büſching bemerkt ſehr wohl, daß Sept (S. 247) viele Ähnlichkeit mit Sabtah habe *). Ich weiß aber nicht gewiß, ob dieſer Ort alt, oder etwa daher entſtanden iſt, weil man daſelbſt am Sonnabend Markt gehalten hat. Man nennet deswegen viele Dörfer in Jemen nach einem oder dem andern Tag der Woche. 5) Von Raema iſt vielleicht der Name “2- Rema (S. 248) entſtan- den. In dieſer Gegend wächſt jezt viel Caffe. Man bauete hier ehmals viel- leicht auch Specereyen, oder die hieſigen Kaufleute brachten dieſe Waare bis nach Tyrus. Hezechiel 27, 22. Nicht weit von Saná iſt ein Dorf Rema, (S. 232) es iſt aber dieſes wohl zu nahe bey Uſal und Hevila der Jaktaniten, als daß man hier das Raema der Chuſten vermuthen kann. Der Name Jerim (S. 236) hat auch einige Ähnlichkeit mit Rema. Die Kinder von Raema nennet Moſes, Scheba und Dedan. Den erſtern Namen glaube ich in dem Namen Schibäm, einer Stadt in der unabhän- gigen Herrſchaft Kaukebän (S. 257) wiedergefunden zu haben. Alſo lag dieſe Stadt zwiſchen den Reichen der Jaktaniten, und Chuſten. Die bekannte Stadt Aden war wohl nicht Dedan; denn wenn einige Ähnlichkeit zwiſchen dieſen bey- Oo 3 - den *) Neue Erdbeſchreibung V Theil, S. 592, der 2ten Auflage. 294 Die Landſchaft Hadramaut. den Namen wäre, ſo würde es ſchon von den Gelehrten bemerkt ſeyn. Ich be- merke dieß nur, weil der Klang des Namens Aden für diejenigen, welche das He- bräiſche nicht verſtehen, etwas ähnliches mit Dedan und mit Dan hat, deren der Prophet Hezechiel 27, 15, 19 gedenkt *). - Die Landſchaſt Jafa iſt wohl nicht das Javan, wovon 1 Buch Moſis IO, 2 geredet wird, vielleicht aber iſt es dasjenige, das der Prophet Heze- chiel 27, 19 nennet, und von wannen Eiſenwerk, Caſia, und Calmus nach Tyrus gebracht ward; denn Caſia und Calmus kann man wohl eher aus Arabien als Grie- chenland, welches einige Gelehrte für Javan halten, erwarten, und Eiſenwerk iſt in Jemen nicht ſo ſelten, als man bisher in Europa geglaubt hat (S. 141). Wenn gleich dieſes Land niemals einen Ueberfluß an Eiſen gehabt hat, ſo können doch die Einwohner von Jafa in den ältern Zeiten vielleicht beſonders geſchickt geweſen ſeyn, das Eiſen zu verarbeiten. So verarbeiten auch die Engländer viel ſremdes Eiſen. - *) Bey der Gelegenheit da ich mich nach der Lage einiger von Moſe erwähnten Städte und Landſchaften erkundigte, ward ich wieder nach der Lage des Landes Gog und MJagog, deſſen im Korän (Sales Koran chap. 18. p. 247) gedacht iſt, ge- fragt. Die Araber in Jemen glaubten, daß die Europäer hinter der daſelbſt er- wähnten Mauer, welche von Alexander gebauet ſeyn ſoll, wohnen. Die moham- medaniſchen Gelehrten auf der Oſtſeite von Arabien aber meineten, daß ihr Pro- phet die tartariſchen Nationen Gog und Magog genannt habe. Einige aber- glänbige Türken befürchten, daß durch Gog und Magog die Ruſſen verſtanden werden können, und daß Mohammed an der erwähnten Stelle des ZKoräns habe andeuten wollen, daß ihr Reich durch dieſe Nation zerſtört werden ſoll. Neuere mohammedaniſche Propheten ſollen auch prophezeyet haben, daß die Reſidenz des türkiſchen Sultans von Conſtantinopel nach Damaſk, von da nach Kahira, und weiter nach Bagdad verlegt werden würde, daß aber die Osmanli endlich wieder in Natolien zu ihrer vorigen Größe gelangen würden, u. ſ. w. de> 2F III. Die >– HSG-HÄG- 295 »-RES SEEEEDECD-EISSIIZIS SEEEEEETD-SSSSSISSs EEEEESSEDDE=-• III. Die Landſchaft Oman. D Landſchaft Omän gränzt nach Oſten an das Weltmeer, nach Norden an den perſiſchen Merbuſen, und nach Weſten und Süden an große Wüſte- neyen. Sie iſt bergigt und unter verſchiedene kleine unabhängige Regenten ver- theilt. Von dieſen iſt der Imäm von Omän der mächtigſte. Die übrigen klei- nen Prinzen, nemlich die, welche zu Dsjau, Gabrin, Gafar, Rank, Gabbi, Dähhara, Makaniät, und in dem Gebiete Sèr regieren, nennet man alle Schech. Ich habe von dem größten Theil dieſer Landſchaft auf der XVIII Tabelle eine kleine Charte entworfen, muß aber dabey bemerken, daß ich auf die- ſer Seite von Arabien nur zu Maſkát an Land geweſen bin, und daß man deswe- gen davon keine ſo große Genauigkeit und Vollſtändigkeit erwarten könne, als von der Charte von Jemen. Auf der ganzen öſtlichen Küſte der Landſchaft Omäm von 2=' C-/- Räs el Had bis Ras Muſéndom iſt kein Tehäma, oder plattes ſandigtes Land, als nur etwa eine Tagereiſe lang, zwiſchen dem Dorfe Sib - “ und der Stadt Sohär, ſondern das ganze Gebiet des Imäms iſt bis an die Seebergigt. Deswegen fließt der Fluß Maſora bey Kuriat SA, und der Fluß bey Sib, das ganze Jahr durch, der Fluß bey Sohär aber erreicht die See nur nach einem langen anhal- tenden Regen. Man findet in dieſem Lande einen Überfluß an Waizen 2, an Gerſten Asº, an kleinen Maiß s/9 oder eS9, an Linſen U-woº, ingleichen an dreyerley Sorten Weintrauben, welche man „Nº Us? „Nº „A)/ Räſke, Heläli und Bagal Heläli nennet. Datteln giebt es hier eine ſo große Menge, daß davon viele Schiffsladungen ausgeführet werden, und dann fehlt es in Omän auch nicht an vielen andern vortreflichen Baum- und Gartenfrüchten, und an Bley- und Kupfergruben. Die See iſt hier ſo voller Fiſche, daß man nicht nur die Eſel, Kühe und andere Thiere damit füttert, ſondern ſogar die Äcker damit dünget. Die vornehmſten Städte in dem Gebiete des Imäms, ſind folgende: Roſtak –šUX-0", die Reſidenz des Landesherrn. Es iſt daſelbſt ein Walikhir, deſſen Bedienung man mit der Bedienung eines Döla in Jemen, oder - eines 296 Die Landſchaft Omän. eines Paſchá in der Türkey, vergleichen kann. Unter dieſem ſtehen auch die Städte Burka -, Soäk –ay“ und Sib. Die Inſel bey Burka heißt Suadi „es“. Nahhel, eine Stadt nicht weit von Sib, landwärts. Daſelbſt regiert jezt ein Sohn des Sultän Ben Murſched, vermuthlich aber als ein Vaſal des Imäms. - Niſſuwa U/s, liegt 5 Tagereiſen etwa nach S. W. von Maſkät, und hat einen Walikbir. Der Weg dahin geht über Samaeil, Wadiben Ruahä und Burkatel mal. In dieſer Gegend, und faſt mitten in dem Gebiet des Imäms liegt Dsjäbbelachdar - ä2- 0 S., der größte und höchſte Berg in Omän, welcher an allerhand Früchten, und beſonders an Weintrauben ſehr fruchtbar iſt. Von Niſſuwa kommt auch etwas Zucker. Bahhola Mg2, liegt nördlich von Niſſuwa und hat einen Walikbir. Von den Städten Sikki AZ, Samaeil Oat“, Semed e- und Me- mäch S-*, habe ich weiter nichts gehört, als daß ſich in einer jeden derſelben ein Wali kbir befinde. Sohär „Ur- iſt eine der älteſten und berühmteſten Städte und Hafen in Omän, jezt aber von keiner großen Bedeutung. Maſkät –XX«, *) liegt unter der Polhöhe 23“. 37. am Ende eines etwa 900 doppelte Schritte langen, und 4oo doppelte Schritte breiten Meerbuſens, der nach Oſten und Weſten ſteile und kahle Klippen hat, zwiſchen denen auch die größten Schiffe vor allen Winden ſicher liegen können. An beyden Seiten dieſes großen Hafens ſind einige Batterien und kleine Caſtelle angelegt, die größten und ſtärkſten davon aber ſind die Caſtelle Meräni und Jelali, welche an beyden Seiten der Stadt auf hohen und ſteilen Felſen liegen, und die Stadt gegen einen Angriff von der Seeſeite ſchützen können. Maſkät ſelbſt iſt da, wo es nicht von ſteilen Klippen oder dem Hafen eingeſchloſſen iſt, mit einer Mauer umgeben. Hinter derſelben iſt eine ziemlich große Ebene. Auch dieſe iſt von ſteilen Klippen EUN- *) Der Scherif Eddris ſchreibt dieſen Namen aX“. Das nachher folgende Dagomar, iſt vielleicht eben der Ort, welchen er „L*9 und der Ueberſetzer Dhamar nennet. - ------- * “--- T“ – - - - Septentrio ---- "..“ * = = z“ 7. F. E- Gab „Df AUUL ..." - Er I* II1. O - - - - "... ! ) e F.-J.,- . ſe . Meridies Die Landſchaft Omän. 297 eingeſchloſſen, und hat nur 3 ſchmale Ausgänge, nemlich den einen nach dem Dorſe Söddof, den andern nach dem Dorfe Kalbu und den dritten nach Mattrach CA-». Dieſe Stadt iſt alſo ſowohl durch Kunſt als Natur ſehr gut befeſtiget. Ich werde davon bey meiner Reiſebeſchreibung einen Grundriß liefern. Es iſt wohl kein Zweifel, daß Maſkát eben die Stadt ſey, welche Arria- nus Moſca nennet *). Alſo war ſie ſchon zu der Zeit, ſo wie noch jezt, eine Niederlage von arabiſchen, perſiſchen und indianiſchen Waaren. Die Handlung iſt hier ſo groß, daß die Fremden faſt keine andere Stadt in dieſer Provinz kennen, und daher den Imäm von Omän gemeiniglich den Imäm von Maſkät nennen. Die Portugiſen bemächtigten ſich derſelben im Jahr 1508 *). Sie wurden aber etwa 150 Jahren nach ihrer Ankunft gänzlich aus dieſer Gegend vertrieben, und zwar, wie man ſagte, durch die Verrätherey eines Banianen, deſſen Tochter der portugiſiſche Statthalter mit Gewalt entführt hatte. Man findet hier noch zwey Kirchen, welche von den Portugiſen gebauet worden. Die eine aber iſt jezt die Wohnung des Wäli, und die andere wird als ein Waarenlager gebraucht. Die ſo genannte Stadt Mattrach liegt nördlich nicht weit von Maſkät. Ich ſah daſelbſt kein einziges ſteinernes Haus, ſondern lauter ſchlechte Hütten. Bey derſelben aber liegt ein Bergeaſtell, und der Sük oder Marktplatz iſt auch mit einer Mauer umgeben. Dieſer Ort ſteht unter dem Wali zu Maſkät. Ingleichen gehörea zu dieſem Amte: Tiwi „9-, Dagomar -«Sº, Kuriat e>2,”, eine Stadt nahe bey dem Vorgebürge Badaüd 2»)o- U-A, Wadiel mäh, Goaber, ein kleiner Ort nicht weit von Kuriat, wo man Kupferberg- werke findet, Langſof, ein Dorf bey welchem Bleybergwerke getrieben werden, Etti und Ghala, zwey Dörfer. In dem Amte Maſkät iſt eine heiße Quelle, welche mit großem Nutzen gegen veneriſche Krankheiten, Kräße u. d. gl. gebraucht wird. Die kleine Inſel vor Mattrach, nennet man Fahhel 0-’. Man *) Periplus maris Erythrari p. 18. **) Sammlung aller Reiſebeſchreibungen, S. 112. Pp 298 Die Landſchaft Omän. Man findet noch außer den vorher erwähnten Örtern nach Süden von Ma- ſkät zwey kleine Städte Sür vey - *) und Kalhat Gºgº, wovon leztere eine der älteſten Städte in Omän iſt. Und nach Norden: Gobra Yºs, Chalil J.*, Häl OS, Dil 029, Mahäme=", Madsias AF“, Lua „H), Schenäs C-Lºs, Höſefineº“>, Kälbe - und Lima. Von meh- rern Städten und Dörfern, welche der Imäm von Omän in Arabien beſitzet, habe ich keine Nachricht erhalten. Ihm gehört aber auf der africaniſchen Küſte auch noch Kiloa und Sinsjibär. In Oman ſind beſonders drey alte Familien, welche in dieſen Gegenden berühmt ſind, nemlich: der Stamm el Gafari, der Stamm elHanaui ind der Stamm el Ärrabi. Die von dem leztern Stamme wollen beweiſen können, daß ſie von dem Stamme Koreiſch aus Mekke abſtammen, und haben auch ſeit vielen Jahren in Omän regieret, jezt aber ſind ſie wieder von der Regierung ausge- ſchloſſen. Die Nachrichten, welche ich davon erhalten habe, ſind folgende: Der Imäm Sultän ben Malek benel arrabben Sultän ben Goad ben Murſched eljaärrabi, war Herr über Omän von Räselhad bis Dsjülfär, und machte ſich auch nachher Meiſter von Kunk, Kiſchme, Hormus und Bahhrein. Sein Sohn Seifben Sultän gieng nach der africaniſchen Küſte, und eroberte Kiloa und Sinsjibar. Unter der Regierung Sultän ben Seif ben Sultän ſchickte Nadir Schah eine Armee nach Dsjülfär, um von dieſer Seite in Omän einzudringen; er verlor aber eine große Menge Leute in der bergigten Gegend, und die Perſer wurden genöthigt unverrichteter Sache wieder zurük zu ge- hen *). Sultän ben Seif behauptete die Regierung noch ſo lange er lebte. Nach ſeinem Tode aber bemächtigte ſich einer mit Namen Mohämmed ben Naſſer el Gafari von Gabrin, derſelben über den größten Theil dieſes Landes, und zu- gleich *) Dieſe Stadt iſt nach der Meinung des Herrn D. Büſching von Tyrern, Sidonern und Arabern erbauet worden. Der Scherif Ed dris ſchreibt die arabiſchen Namen Soor, Kalhat und Sohar eben ſo wie ich ſie zu Maſkat geſchrieben erhalten habe. *) Es iſt vermuthlich dieſe Niederlage der Perſer, welche Otter in ſeiner Voyage en Turquie, Ton. II chap. 14 erzählt. Die Landſchaft Omän. - 299 gleich des Titel Imäm. Doch konnte deſſen Sohn Naſſerben Mohämmed die Eroberungen ſeines Vaters nicht behaupten, ſondern Seifben Sultän, der Sohn des vorhergehenden Imäms, welchen die Araber zu Maſkät -2-Me!-- es – “ „se.FM - Ä) Seifben Sultän elja ärrabiel Koreiſchi elasdi nannten, ward Imäm, und Naſſer mußte ſich begnügen Schech von der Herrſchaft Gabrin zu ſeyn. Dieſer Imäm Seifben Sultän war ein wollüſtiger Herr. Er hatte in ſeinem Harem nicht nur eine Menge mohammedaniſche, ſondern auch heidniſche Weiber, und überdem waren die Töchter ſeiner Unterthanen vor ihm nicht ſicher. Er trank nicht nur Caffe und rauchte Tobak, welches den Mohammedanern von der in Omäm herrſchenden Sekte Beiäſi verboten iſt, (S. 21), ſondern er liebte auch den Wein und andere ſtarke Getränke, und bekümmerte ſich um die öffentli- chen Geſchäfte ſehr wenig. Er hatte keine hinlängliche Anzahl Truppen auf den Beinen. Seine meiſten Soldaten beſtanden aus Kafr Sclaven, die ſehr wenig hatten wofür ſie fechten ſollten, und denen ungeſtraft erlaubt ward, in den Häuſern der Unterthanen Ungerechtigkeiten auszuüben. Kurz, die Aufführung dieſes Imäms machte ihn bey allen ſeinen Unterthanen verhaßt. Es war daher einem Sultän ben Murſched, nicht ſchwer ſich zum Imäm aufzuwerfen, und ſich Mei- ſter beynahe vom ganzen Lande zu machen. Seif ben Sultän begab ſich darauf nach Maſkät, woſelbſt er außer ver- ſchiedenen kleinen, auch 4 große Kriegsſchiffe hatte, und vertheilte ſeine Kafr Sol- daten in der Stadt, und in den beyden Bergeaſtellen Miräni und Jeläli. Von hier konnte Sultän ben Murſched, der übrigens Meiſter von der ganzen Küſte war, ihn nicht vertreiben. Wenn er gleich den Handel zu Lande ſperrete, ſo konnte er doch den fremden Nationen nicht verbieten ihre Waaren nach Maſkät zu bringen, und abzuholen, und bloß der Zoll von dieſen Waaren iſt ſehr anſehnlich. Da nun Sultän ben Murſched ſeinen Feind nicht mit ſeiner Macht bezwingen konnte; ſo beſchloß er die kleine Stadt und den Hafen Mattrach empor zu bringen, und dadurch die Handlung zu Maſkät zu Grunde zu richten. Er nahm von allen frem- den Kaufmanswaaren nur den halben Zoll, welcher vorher zu Maſkät bezahlt worden war, und durch dieſes Mittel ward Mattrach in kurzer Zeit eine Handelsſtadt, Pp 2 Maſkät - F= - -"----- - - - - - - - - - –--------- ------ ZOO Die Landſchaft Oman. Maſkät aber verlaſſen. Sultän ben Murſched überredete auch nicht nur einen der vornehmſten Seeofficiers des Imäms, mit einem Kriegsſchiffe zu ihm zu kommen, ſondern nahm auch durch Liſt, zwey andere große Schiffe, die von der africa- niſchen Küſte mit Sclaven und Elephantenzähnen beladen, wieder zurück kamen. Der Imäm lebte indeſſen nach ſeiner alten Gewohnheit, und ward dadurch bey den Einwohnern zu Maſkät immer mehr und mehr verhaßt. Er beſchloß end- lich ſein Land lieber den Perſern, welche ſchon vor einigen Jahren mit zwölftauſend Mann einen vergeblichen Verſuch auf Maſkát gemacht hatten, aufzuopfern, als die Regierung ſeinem nahen Anverwandten, dem Sultän ben Murſched abzutre- EM. Nachdem er eine gute Beſatzung zu Maſkät und in den beyden Caſtellen zurückgelaſſen hatte, gieng er mit ſeinen Kriegsſchiffen nach Perſien, und brachte es bey Nadir Schah dahin, daß dieſer ihn (wie man ſagte) mit einer Flotte von 24 Schiffen, welche der Beglerbeg Myrza Täcki Khän commandirete, nach Omän zurük ſchickte. Bey der Ankunft dieſer Flotte zu Maſkät, wurden die Perſer zwar in die Stadt, aber nicht in die Bergeaſtelle gelaſſen, und Täcki Khän ſtellete ſich als wenn er dieſes auch gar nicht verlangte, indem er nicht geſandt worden wäre um die Landſchaft Omän ſür ſeinen Herrn, ſondern für den Imäm zu erobern. Dieſer ließ ſich indeſſen überreden den Täcki Khän mit einem kleinen Gefolge zu ei- nem Gaſtmahl in das Caſtell Jeläli einzuladen. Da der Perſer ſehr wohl wußte, daß der Imäm ein Liebhaber von ſtarken Getränke war, ſo nahm er einen guten Vorrath von Schiraswein mit ſich, und es dauerte auch nicht lange, ſo war der Imäm und ſeine vornehmſten Officiers alle betrunken. Täcki Khän machte ſich alſo mit leichter Mühe Meiſter von dieſem Caſtell. Um auch das andere an der Weſtſeite des Hafens ohne Blutvergieſſen zu erhalten, ſchrieb er einen Befehl in des Junäms Namen an die vornehmſten Officiers in dem Caſtell Meräni, daß ſie nach dem Caſtell Jeläli kommen ſollten, und druckte zu ſelbigem das Siegel, wel- ches der betrunkene Imäm über ſeinem Finger zu tragen pflegte. Sie kamen, und ſo bald er ſie in ſeiner Macht hatte, ſchickte er perſiſche Truppen nach dem andern Caſtell, welches ſich bald aus Mangel an Anführern, ergeben mußte *). Der *) %annibal wollte die Einwohner zu Salapia mit dem Siegel des Marcellus auch ſo hin- tergehen. Es ſind alſo die Perſer nicht die erſten Erfinder dieſer Kriegsliſt. Die Landſchaft Omän. 3OI Der Imäm Seif ben Sultän ſah nach ausgeſchlafenem Rauſch ſeine be- gangene Thorheit, die Reue war aber zu ſpät. Er trieb alſo nur darauf, daß ſein Hauptfeind Sultän ben Murſched verfolgt werden möchte. Lezterer hatte ſich bis Sohär zurük gezogen, wo er ſich mit der Hülfe des daſigen Gouverneurs Achmed ben Saiid vertheidigen zu können, glaubte. Er ward daſelbſt bald angegriffen. In der erſten Schlacht blieben eine große Menge Perſer, doch konnte er ſie nicht zum weichen bringen. In den folgenden Scharmützeln kamen einige nahe Anver- wandte des Sultän ben Murſched um, welches ihn ſo aufbrachte, daß er ſelbſt in einen großen Haufen Feinde eindrang, und bey dieſer Gelegenheit von einer Kugel getroffen ward, die nach einigen Tagen ſeinem Leben ein Ende machte. Der Imäm Seif ben Sultän, welcher die Perſer verlaſſen hatte, ſtarb auch um dieſe Zeit in dem Schloße zu Rosták, wie man glaubt, aus Kummer wegen des unglück- lichen Zuſtandes in welchen er ſich und ſeine Unterthanen geſezt hatte. Da nun beyde Imäms geſtorben waren, ſo hielt Achmed ben Saiid, der Gouverneur von Sohär, fürs beſte, mit einem ſo mächtigen Feinde als die Perſer wa- ren, Friede zumachen, und hiebey verhielt er ſich ſo wohl, daß er von dem Beg- lerbeg Täcki Khän zum Gouverneur von Sohär und Burka ernannt ward. Tä- cki Khän beſtellte drey Commandanten zu Maſkät, nemlich in jeder Feſtung einen, und den dritten in der Stadt, und gieng hierauf mit der Flotte wieder nach Per- ſien zurück. Dieſer große General war durch ſein Glück in Omän ſo ſtolz geworden, daß er nach ſeiner Zurückunſt Luſt bekam, ſich zu Schiräs unabhängig zu machen. Nadir Schah, welcher mit ſeiner Armee gegen die Türken agirte, und eben mit der Belagerung der Stadt Moſül beſchäftigt war, ward über dieſe Nachricht nicht wenig beſtürzt. Täcki Khän war in dem ſüdlichen Theil von Perſien ſehr beliebt. Seine Geſchicklichkeit war bekannt, und er commandirte nicht nur einen großen Theil des Königreichs, ſondern auch die Flotte auf dem perſiſchen Meerbuſen. Der Schah hielt es alſo ſür ſo nothwendig dieſe Rebellion im Anfange zu erſticken, daß er die Belagerung von Moſül gleich aufhob, und mit dem beſten Theil ſeiner Reuterey, in einer unglaublichen Geſchwindigkeit, gerade nach Schiras zueilete. Selbſt Täcki Khän konnte es kaum glauben, daß der Schah ihm ſchon ſo nahe Pp 3 wäre. 3O2 Die Landſchaft Omän. wäre. Schiras hatte zu der Zeit noch keinen Wall, doch waren die Häuſer ſo au einander gebautet, daß man nirgends in die Stadt kommen konnte, als durch die Stadtthore, und dieſe vertheidigte er während einigen Tagen. Seine Leute aber wurden ihm ungetreu. Sie öfneten den Truppen des Nadir Schah das eine Thor, und TäckiKhän konnte mit einigen wenigen Freunden zu Pferde, kaum an der andern Seite aus der Stadt entwiſchen. Auf der Flucht wurden auch ſeine aller- beſten Freunde und getreueſten Bediente bald wankelmüthig. Alle verließen ihn, und er ganz allein nahm ſeine Zuflucht zu einem Schäfer, der in den Klüſten der Berge wohnte, von welchem er doch bald in Nadir Schahs Hände überliefert ward. Alle Einwohner zu Schiras wurden als Rebellen angeſehen, und dieſe ſchöne Stadt ward nunmehr von ihrem eigenen Landesherrn faſt gänzlich zu Grunde gerichtet. Der Proceß des Täcki Khän war nur kurz. Das männliche Glied ward ihm weggeſchnitten. Seine Söhne, welche alle noch ſehr jung waren, wur- den vor ſeinen Augen hingerichtet, und ſeine geliebteſte Frau von einem gemeinen Soldaten in ſeiner Gegenwart geſchändet. Doch dieß leztere läugnete ein angeſehe- ner Kaufmann zu Schiras. Er ward nachher ſelbſt von Nadir Schah wieder als Gouverneur in eine abgelegene kleine Provinz geſandt. Der Vater dieſes be- rühmten Perſers war Oberaufſeher über die Waſſerleitungen in Fars, und ſein Großvater ein Becker zu Schiras. Achmed ben Saiid, machte ſich die Abweſenheit des Täcki Khän wohl zu Nutze, und bezahlte faſt nichts an die perſiſchen Officiers zu Maſkät, deren Truppen nach und nach immer weniger wurden, je mehr der Mangel am Gelde zunahm. Er wohnte zu der Zeit zu Burka. Das übrige von dem Gebiete der vorigen Imäms hatten, einer mit Namen Belárabben Hamiär, der Schech von dem Ge- biete Sèr mit Namen Mattar, und einer von der Familie des Sultän ben Mur- ſched der zu Gränk (vielleicht Rank) reſidirete, unter ſich getheilet. - Da nun Achmed ben Saiid das Zutrauen der perſiſchen Gouverneurs zu Maſkát völlig gewonnen hatte, verlangte er, daß ſie alle drey nach Burka kommen möch- ten, um zu überlegen, aufwelche Art am beſten Geld aufzubringen wäre. Alle drey giengen mit einer Bedeckung von 150 Mann dahin ab. Sie hatten ihre perſiſche Zelte beyſich, um mit dem Araber auffreyenFelde zu reden, und dieſer ſchien damit ſehr wohl Die Landſchaft Omän. ZO3 wohl zufrieden zu ſeyn. Als ſie die Ergebenheit dieſes arabiſchen Gouverneurs ſahen, und an ſeiner Aufrichtigkeit gar nicht zweifelten; ſo ward beſchloſſen, daß ſie in dem Caſtell ſpeiſen, und nachher unter dem Zelte über ihre Geſchäfte ſprechen wollten. Unter dem Eſſen gab Achmed ben Saiid eine Unpäßlichkeit vor, wes- wegen er die Geſellſchaft nothwendig verlaſſen mußte. Er ſchloß aber die Thüre hinter ſich zu, und rief ſeine Soldaten, welche mit brennenden Lunten auf ihren Flinten in das Zimmer eindrangen, alle Perſer entwafneten, und ihnen Eiſen an- legten. Ihre 150 Soldaten waren in der Stadt zerſtreuet, und es war alſo nicht ſchwer auch dieſe zu Gefangene zu machen. Den Perſern in der Stadt Maſkát und den beyden Caſtellen ward hierauf angekündigt, daß alle die, welche ſich frey- willig ergeben wollten, eine gewiſſe Summe Geldes-bekommen, die übrigen aber eingeſperret, und als Sclaven angeſehen werden ſollten. Weil es ihnen ſo ſchon am Gelde fehlte, ſo ergaben ſich faſt alle. Achmed ben Saiid ſtrafte einige am Leben, und die übrigen ließ er frey gehen, oder ſandte ſie gar nach Perſien zurück*). Dieſer Araber ward auf ſolche Art Meiſter der ganzen Küſte von Maſkät bis Sohär. Bisher war ihm das Glück günſtig geweſen, und nun trachtete er ſelbſt nach dem Titel Imäm, obgleich Bel Arabben Hamiär ſich deſſelben ſchon anmaſſete. Er ſchloß deswegen eine genaue Freundſchaft mit dem öberſten Kádi, welcher in Omän ohngefehr eben ſo angeſehen wird, als ein Mufti in den türkiſchen Städten. Dieſer warf einmal in einer großen Verſammlung die Frage auf: ob nicht derjenige, welcher ſein Vaterland von einem ſremden Joche beſreyete, auch verdiente es zu regie- ren? Die Antwort war ſür den arabiſchen General, wie man leicht denken kann, günſtig. Der Kádi hielt darauf eine kurze Rede über die großen Tugenden und die Tapferkeit des Achmed ben Saiid, nannte ihn Junäm von Omän, und küßte ihm die Hand. Alle Anweſende folgten dem Beyſpiel ihres ehrwürdigen An- führers. Gleich darauf ward in der Stadt getrommelt, und auf allen Straßen ausgerufen: daß Achmed ben Saiid ben Achmed ben Mohämmed Eſſaidi, welcher *) Otter, welcher ſich zu der Zeit zu Basra aufhielt, erwähnt dieſer Veränderungen in Oman, wie es ſcheint aus Schiffernachrichten, aber ſehr unvollſtändig. Voyage en Turque, Tom. II. ch. 23, 25, 26- ----- 3O4 Die Landſchaft Omän. welcher ſein Vaterland von dem Joche der Perſer befreyet hätte, u. ſ. w. zum Imäm erwählt worden wäre, und daß jeder ihn dafür erkennen ſollte. Dieſer Imäm war in einer kleinen Stadt Adem ſo, in dem Amte Semed geboren, und regierte 1765 ſchon 16 Jahre mit der größten Zufriedenheit ſeiner Unterthanen. Seine drey älteſten Söhne heißen: Haläl, Saiid und Sahrän. UYº -yºz - Dºs“ - So bald Belárabben Hamiär die Nachricht erhalten hatte, daß auch Achmed ben Saiid Imäm wäre, ließ er ſeine Truppen gegen ſeinen Neben- buhler anrücken. Dieſer war einem ſo mächtigen Feinde noch nicht gewachſen, und von MaſFät abgeſchnitten. Er warff ſich daher mit einigen wenigen Leuten in ein kleines Bergcaſtell Afi, wohin er bereits alle ſeine Koſtbarkeiten gebracht hatte. Belárab, welcher 4 bis 5ooo Mann auf den Beinen hatte, berennete dieſes Caſtell, und würde den neuen Imäm gezwungen haben ſich zu ergeben, wenn er nicht entwiſcht wäre, und eine kleine Armee geſammlet hätte. Er gieng mit zween von ſeinen Bedienten, alle als arme Araber verkleidet die Gras für ihre Kameele ſuchten, aus dem Caſtell nach Sohär, welche Stadt eine gute Tagereiſe von Afi entfernt iſt. Er war hier verſchiedene Jahre Statthalter geweſen, und hatte ſich viele Liebe bey den Unterthanen erworben; es war ihm alſo nicht ſchwer einige hundert Mann zu- ſammenzubringen, und mit dieſen rückte er ſeinem Feind entgegen. Belárab hatte ſein Lager zwiſchen hohen Bergen bey Aft. Achmed gab ſeinen Soldaten einen kleinen Strick von einer gewiſſen Farbe um den Kopf, damit er ſeine Freunde von den Feinden unterſcheiden konnte, und ſchickte kleine Partheyen nach allen Zugän- gen zu den Bergen. Eine jede Parthey bekam eine arabiſche Trompete, um damit von allen Seiten Lärm zu blaſen, ſobald die Hauptparthey darzu das Zeichen gege- ben hatte. Nach dieſen Vorbereitungen gab der Sohn des neuen Imäms mit dem Anbruch des Tages das Zeichen, und man hörte die Trompeten von allen Seiten. Die ganze Armee des Belárab kam darauf in Unordnung, indem ſie alle Plätze beſetzt fanden, und ihren Feind ſo groß als den Lär- men ſchätzten. Belárrab rückte mit einer Parthey nach der Gegend, welche von dem Sohn des neuen Imäms beſetzt war. Dieſer kannte ihn, erſchoß ihn, hieb ihm nachher, nach arabiſcher Gewohnheit, den Kopf ab, und brachte den ſeinem Die Landſchaft Omän. 3O5 ſeinem Vater *). Die Truppen des Imäm Belärrab waren darauf baldzer- ſtreuet, und der Imäm Achmed ben Saiid ward nach und nach Meiſter vom ganzen Lande. Seit dem hat ein Sohn des Sultän ben Murſched noch einigemal ver- ſucht ſich zum Imäm aufzuwerfen, aber niemals ſeinen Endzweck erreichen können, Indeſſen hat der Imän ihm und ſeiner Familie die Stadt Nahhel mit einem kleinen Gebiet eingeräumet. Bel ärrabben Sultän, ein Bruder des Seifben Sultän, ingleichen zwey Söhne des Seifben Sultän, und noch mehrere von der Familie der ehmaligen Imäms, leben jezt als Privatperſonen in dem Gebiete des Imäms, aber doch ſo anſtändig, daß Belärrab von den Einkünften ſeiner Ländereyen 3 bis 4oo Sclaven halten kann. Der Imäm ſelbſt hat eine Tochter des Seifben Sultän geheyrathet, und ſeine Söhne und Töchter haben ſich durch Heyrathen dergeſtalt befeſtigt, daß ſeine Familie mit allen Vornehmen des Reichsver- wandt worden iſt. Daher iſt gar nicht wahrſcheinlich, daß ſie die Regierung bald verlieren werde, vornemlich weil die Unterthanen wohl zufrieden ſind. Zu der Zeit des Seifben Sultän waren die Sclaven und Soldaten dieſes Imäms die größten Räuber, und ſremde Religionsverwandte, die ſich zu Maſkät nieder- ließen, oder nur bloß der Handlung wegen dahin kamen, mußten beſtändig befürch- ten von ihnen beunruhigt zu werden. Dagegen hört man jezt zu Maſkät faſt nie- wmals etwas von einem Diebſtal, obgleich die Kaufmannswaaren daſelbſt des Nachts oft auf den Straßen liegen, und viele Einwohner nicht einmal ihre Häuſer ver- ſchlieſſen. Bey Streitigkeiten ſieht die Obrigkeit weder auf den Stand einer Per- ſon noch auf ihre Religion. Die Anzahl der Banianen zu Maſkät ſoll jezt bey 12oo ſeyn, und dieſen iſt nicht nur erlaubt nach ihren eigenen Geſetzen zu leben, z. E. ibre Todten zu verbrennen, in ihren Zimmern öffentlich Figuren zu haben, ihre Weiber mit aus Indien zu bringen u. ſ w, ſondern die Obrigkeit bekümmert ſich . "- *) Dem getödteten Feinde den Kopf abzuhauen, und ihn im Triumpf zurückzahrinaen iſt eine alte Gewohnheit. Xenophon bemerkte ſie ſchon bey den Chaliben. La retraite des dix mille Libr. IV. und Herodotus bey den Scythen 4 Buch 60. Q q 306 - Die Landſchaft Omä . ſich auch nicht darum, wenn etwa ein Banian bey ein:r liederlichen Mohammedane- rinn betroffen werden ſollte. Aber entſtehen dadurch Unordnungen, ſo wird der Schuldige eben ſowohl beſtraft, als in andern wohl eingerichteten Staaten. Von den Einkünften des Imams kann ich nur ſo viel ſagen: daß die euro- päiſchen Kaufleute zu Maſkät 5 pro Cent, die Mohammedaner 6 p. C. und die Banianen und Juden 9 p. C. von ihren Waaren bezahlen. Dieſer Zoll zu Maſkät ſoll dem Imän jährlich einen Lak Rupie, d. i.ohngefehr 66666 Rthlr. einbringen. Von den Datteln, dem vornehmſten Reichthum des Landes, ſoll der Imäm 6 pro Cent in natura erhalten. Dieſer Regent iſt ſelbſt ein großer Kaufmann. Er hat 4 Kriegsſchiffe, auf welchen er in Friedenszeiten jährlich eine Menge Sclaven, Elephantenzähne und andere africaniſche Waaren von Kiloa und Sinsjibar erhält. Er hat überdieß noch 8 kleine Schiffe, welche die Küſte beſchützen ſollen. Dieſe aber beobachten ihre Schuldigkeit ſo ſchlecht, daß die Seeräuber bisweilen bis dicht vor dem Hafen Maſkät kommen. Obgleich die Araber in Omän ein Seegefecht ſcheuen, ſo ſind ſie doch wenigſtens die beſten Seeleute in ganz Arabien, und haben nicht nur viele gute Seehafen, ſondern in denſelben auch eine Menge kleine Schiffe, womit ſie alle Hafen zwiſchen Dsjidda und Basra beſuchen. Blos nach Básra kommen jährlich funfzig von ihren kleinen Schiffen, welche ſie Tränkis oder Taräd nennen. Selbige haben keine Segel von Strohmatten, wie die Jemeniſchen, ſondern von Leinwand, wie die europäiſchen. Sie ſind im Verhältnis ihrer Länge ſehr breit, forne niedrig und hinten ſehr hoch. Das Ruder wird eben ſo regiert wie das an den Schiffen, die zu Sues gebauet werden, und welches Pocock umſtändlich beſchrieben hat *). Die Tränkis haben dieß beſonders, daß ihre Planken nicht genagelt, ſondern gleichſam zuſammen genehet ſind *). Unter den Arabern welche - - *) Deſcription of the eaft. Vol. I. p. 135- T*) Ich glaube irgendwo geleſen zu haben, daß ein Schiff, an welchem keine Nägel wa- - - - - ren, durch die Merenge bey Gibraltar gekommen, und auf der Küſte des mit- - - ºtelländiſchen Meers geſtrandet ſey. Sollte dieſes nicht ein arabiſches Schiff gewe- - ſen ſeyn, und alſo die Reiſe um Africa gemacht haben? Daſ eine Flotte des egyp- tiſchen Die Landſchaft Omält. 307 welche Caffebohnen von Jemen nach dem perſiſchen Meerbuſen bringen, ſind beſon- ders zwey Stämme (Taiffe) mit Namen BeniSeräf und Ahl Sür ſehr zahl- reich. Leztere wohnten ehmals an dem perſiſchen Meerbuſen. Weil aber ihre Schiffahrt daſelbſt von ihren unruhigen Nachbaren ſehr eingeſchränkt ward, ſo wan- derte der ganze Stamm nach dem Gebiete des Imäms von Omän. - Von der Landmacht des Imäms habe ich nichts mit Gewißheit erfahren können. Ein großer Theil ſeiner Soldaten aber beſteht aus Kafr Sclaven. Ihre Waffen beſtehen in einer Flinte mit einer Lunte, einer Jambie oder einem oben brei- ten und forne ſpißen Meſſer, welches alle Araber vor dem Leibe zu tragen pflegen, einem geraden Schwerdt, und einem kleinen Schilde, welchen ſie über der Schulter hangen haben. Die Bezahlung eines Soldaten iſt monatlich 20 Mohammedie oder 4 Rupie. - Das Gebiet Sèr / - erſtrekt ſich an der Seeküſte von Chörfakän es vºy” nach Norden bis RäsMusſendom eo- U-%*), und am perſiſchen Meerbuſen nach Weſten bis zu einer kleinen Inſel Scharedsje. Die Araber nennen dieſes Gebiet von der Reſidenz des Schechs, welche nicht weit von der er- wähnten Inſel iſt, und einen guten Hafen hat, Ser. Die Perſer nennen es Dsjülfär, von Räs Dsjülfär „Lºº- U-% bey welchem man ein ſchlechtes Dorf findet, und hiernach heißen auch die Europäer die Einwohner dieſes Gebietes Q q 2. gemeinig- tiſchen Königes Neco um Africa geſegelt, und alſo der Weg um dieſen Welttheil ſchon viel eher bekannt geweſen iſt, als die Europäer verſucht haben nach Indien zu gehen, erhellet aus der Geſchichte des Herodotus libr. IV. 39, ingleichen libr. I. 190. Arriamus ſagt auch, Peripas maris Erythrei p. 11, daß Afri- ca umfloſſen iſt, und S. 20, daß in Omana, womit er vermuthlich die Stadt Séer meinet, genähete Schiffe gebaut worden. - *) Es ſcheint daß dieſes Vorgebürge ſeinen Namen ſeit Arriani Zeiten nicht viel verändert - - habe; dem dieſer nennet es Mareta. Arrianus de expeditione Alex. Magni p. 571. Nearchi Paraplus ex Arriano p. 22. Bey Strabo heißt es Macx. Libr...XVI. . . . 3O8 Die Landſchaft Omän. gemeiniglich, die Araber von Dsjülfär*). Dieſe Araber erkannten noch vor wenigen Jahren die Oberherrſchaft des Imäms, ſie ſind aber jezt unabhängig, und führen oft Krieg gegen ihre ehmaligen Beherrſcher. Und weil ſie allein ihnen zu Lande nicht gewachſen ſind, ſo leben ſie gemeiniglich in einem guten Verſtändniß mit einigen der übrigen kleinen unabhängigen Schechs, beſonders mit dem von Dsjäu. auf der weſtlichen Seite von Omän. Der Schech von Sér iſt von dem Stamme Hüle, und nannte ſich (1765) Raſched ben Mattarel chaſſemi. Er beſitzt außerhalb Arabien auch noch einen Theil der Inſel Kiſchme, ingleichen auf der per- ſiſchen Küſte, Ras el Heti, Lundsje und Kunk. Seine Seemacht iſt in die- ſen Gegenden anſehnlich, und die Kaufmannsſchiffe dieſer Araber treiben einen ziem- lichen Handel in und außerhalb des perſiſchen Meerbuſens. Die Unterthanen des Imäms bekennen ſich meiſtentheils zu der Sekte Bei- äſi, die Unterthanen des Schechs von Ser aber ſind Sunniten, und meiſtens Anhänger des Hänbali. Man findet alſo in Omän 2 Sekten Mohammedaner, die ſich unter einander für Ketzer halten. - Il. Unabhängige Herrſchaften in und an dem perſiſchen Meerbuſen. D- perſiſche Meerbuſen gränzt nach Süden und Weſten an Arabien, gegen Oſt und Nordoſt an Perſien, und erſtreckt ſich in der Länge von dem arabi- ſchen Vorgebürge Muſſendom bis Schateláerab, oder bis an den Ausfluß des Euphrats und des Tigers. Dieſer, der arabiſche Meerbuſen, und der Theil des Weltmeers zwiſchen Babelmändeb und der Halbinſel Indien, werden von Strabo und in des Arriani Periplus maris Erythraei das erythräiſche Meer - - genannt. –– *) Der Scherif Eddris ſchreibt dieſen Namen gleichfals väle. , ſein Neberſetzer, Ga- briel. Sionita aber Gioloffar. Sér iſt vermuthlich eben die Stadt, welche er GLS J“ Ser Omän, und der Ueberſetzer Soro Omännennet. Unabhängige Herrſchaften in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 309 genannt. Herodot *) neunet den arabiſchen, viel öfterer aber den perſiſchen Meerbuſen, das erythräiſche Meer, und Nearch, der erſte von allen mir be- kannten Reiſenden, welche in dieſer Gegend geweſen ſind, giebt dem perſ- ſchen Meerbuſen allezeit dieſen Namen *). Die Urſache davon iſt aus den erwähnten Schriftſtelleru bekannt. Nemlich ein König mit Namen Ery- thras hat auf einer Inſel deſſelben regieret, und liegt daſelbſt begraben. Es ſcheint aber, daß die Lage dieſer Inſel den europäiſchen Gelehrten noch nicht mit Gewißheit bekannt iſt. Plinius ſagt, der König Erythras ſey auf der Inſel Ogyris, womit er Sokatra zu meinen ſcheinet, begraben, und D'Anville be- hauptet in ſeinen Memoires ſur l'Egypte p. 219, daß er auf der Inſel Hormus oder Ormus regieret habe. Erſteres aber ſtimmt mit der Nachricht welche Aga- tharchides von der Wohnung des Königes Erythras von einem gebornen Perſer mit Namen Boro erhielt, gar nicht überein *). Er wohnte auch wohl nicht auf der Inſel Hormus, ſondern auf der Inſel Oaracta, wo Nearchus das Be- gräbniß des Königes Erythras ſah, und dieſe iſt, wenn ich die Nachrichten dieſes Reiſenden recht verſtehe, die Inſel des perſiſchen Meerbuſens, welche die Araber Dsjeſirettautle, die Perſer Dsjeſiret Dräs, und die Europäer Kiſchme nen- nen *). Dieſe große Inſel liegt ſo nahe an der Küſte, daß Erythras, wie Q A 3 Aga- *) Libr. II. 149. **) Herodotus libr. I, 17o, 178. III, 3o. IV, 37. Arrianus de expeditione Alexandri M. oder Nearchi Paraplus ex Arriano, p. 1, 22 , 34, 38, 39. *) Excerpta de rubro mari p. 3. *) Nearchi Paraplus ex Arriano p. 1 oder Arrianus de expeditione Alexandri Magni p. 548. In hoc libroid tantum narro: quomodo Nearchus ab Indi oſtiis ſolvens, per Oceanum in finum perficum navigavit, quem quidem nonnulli mare rubrum appellant. Nachdem der Verfaſſer hierauf die ganze Reiſe vom Indus an bis Hormozia, womit er vermuthlich Gambron oder Minau meinet, umſtändlich beſchrieben hat, ſagt er p. 29, 30, oder Arrianus de expeditione Alex. M. p. 579: Rebus itaque dlvinis rite peraêtis, oram ſolvit: hinc inſu- lam deſertam atque aſperam praeterveéti, ad aliam inſulam grandem atque ha- bitatam, CCC ſtadüsemenfis, appellunt, ibique portum capiunt. Deſerta illa inſula 319 - - - unabhängige Herrſchaften - Agatharchides berichtet, wohl verſuchen konnte auf einem Floß, das vermutlich eben ſo gebauet war, als die Fiſcherboote auf dem arabiſchen Meerbuſen (S. 2T5), hinüber zu ſchiffen. Es iſt deswegen vielleicht ein Irrthum, wenn die griechiſchen Schriftſteller, die nach dem Nearch geſchrieben haben, außer dem perſiſchen Meer- buſen, nicht nur das Weltmeer, ſondern auch den arabiſchen Meerbuſen das Ery- thräiſche nennen. Wegen des Namens, das erythräiſche Meer, bemerkt ſchon Aga- tharchides in ſeinen Excerptis de mari rubro p. 4, daß Erythrae mare nicht mare Erythrum, oder das rothe Meer genannt werden müſſe. Doch genug von dem Namen. Ich habe auf der XIX Tabelle, theils nach meinen eigenen Beobachtungen, theils nach den Beobachtungen der engländiſchen Schiffer, eine Charte von dem perſiſchen Meerbuſen entworfen. Man ſiehet daraus, daß das öſtliche oder per- ſiſche Ufer am meiſten bewohnt iſt, daß man auf dieſer Seite die meiſten Inſeln antrift, und daß dieſes alles eigentlich nicht zu Arabien gehört. Weil aber faſt alle Hafen des perſiſchen Meerbuſens, die mur einigermaßen zur Schiffahrt bequem liegen, verſchiedenen arabiſchen Stämmen gehören, wovon einige ſchon viele Jahrhunderte in dieſer Gegend gewohnt und geherrſcht haben; ſo will ich das, was ich auf meiner Reiſe von den verſchiedenen unabhängigen Herrſchaften in und an dem perſiſchen Meerbuſen gelernt habe, hier mit bemerken. Die Araber auf der perſiſchen Küſte führen faſt alle einerley Lebensart. Sie ernähren ſich mehrentheils gänzlich von der Schiffahrt, von der Perlfiſcherey, und vom Fiſchfang. Ihre Speiſen ſind Datteln, Durrabrod und Fiſche, ja ihr we- niges inſula Organa vocabatur: (jezt entweder Hormus oder Laredsje) ubi vero con- - ſtiterunt, Oaraëta. Erat haec vitium, palmarum, & frumentiferax. Longi- tudo inſulae DCCC ſtadia efficiebat. In hac inſula ajebant ſepulcrum ejus ex- ſtare qui primus imperium inſulae tenuiſſet , nomenque ei fuiſſe Erytbre, atque inde mare illud Erythraeum appellatum. Ex eo loco ad CC ſta- dia Nearchus cum claſſe profectus, rurſus in eadem inſula portum capit. Nach dem bisherigen und dem übrigen dieſer umſtändlich beſchriebenen Reiſe, ſchei- - net GBaracta keine andere Inſel geweſen zu ſeyn, als Kiſchme. Hormus iſt nicht ſo groß als Oaracta beſchrieben wird. 45° 46“ 3A K A E> § Z B BNI IAB ZT Z - A SFS-Zºº sº SINUS PERSICUS 22-Bas Sg-z H HE - “-ÄSSE sFV marzmarn zartern * Ägy <> Goban - - - - oé.serva/toner /orºprza« •// Ä T. - - 30 Pyºtº- A - A . MDCCLXVz. n.r/z/zczaar KoueitFA ºeär“ de/znea/wor „r : Grän F 37e CT- - = C. Nzeów/r. e, „cº 29- §" S- Ä S. A-, A0 S<Q Zº #5 2° z 3e S W üa Germanºca 15 un- und Gradu Zº Zº ºe 4° 28 Ga/zcae 2o trauruo Graa... Z A 2. LA R rs TAN A- - - - - - (d .“ º- *ºn Ä # $) Gambron sº Er Äbbas - ÄMinau 27 L ÄH “Y- T „A Ä - ÄHaº Nº. ::..“ sº Ä« Z nbÖÄ º F. ſº, do\" 26 Q2-Tunb Seº- - # § 2/ - 1 A - «? -f Huámoſe # DſjüIfär <! -t, B 45“ a Mer Par. 46'” „JI.tº / ºr ..." in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 3 II niges Vieh lebt vornehmlich von Fiſchen. Sie ſind ebenſo eifrige Vertheidiger ihrer Freyheit als ihre Brüder in der Wüſte. Faſt eine jede kleine Stadt hat ihren un- abhängigen Schech, dem ſie faſt gar keine Abgaben bezahlen. Auch die Schechs müſſen ihre Familien von ihren eigenen Mitteln, oder von dem ernähren, was ſie mit ihren Schiffen an Fracht, durch Fiſchen oder Perlmuſcheln ſammlen verdienen. Und wenn die vornehmſten Unterthanen mit dem regierenden Schech unzufrieden ſind, ſo wählen ſie einen andern von derſelben Familie. Ihre Waffen beſtehen in einer Flinte mit einer Lunte, einem Säbel und einem Schilde. In Kriegszeiten ſind alle ihre Fahrzeuge Kriegsſchiffe. Man kann aber leicht denken, daß ein Schech nicht im Stande iſt mit einer ſolchen Flotte viel auszurichten. Der größte Theil ihrer Schiffe iſt, anſtatt die feindliche Flotte aufzuſuchen, bald ge- nöthiget die Netze auszuwerfen, und Fiſche zu fangen, um damit den Hun- ger der Beſatzung zu ſtillen. Und da ſie alſo von beyden Seiten faſt niemals im Stande ſind eine entſcheidende Schlacht zu halten, ſo dauren die Kriege unter dieſen verſchiedenen arabiſchen Stämmen faſt beſtändig fort. Alle reden noch jezt die arabiſche Sprache. Die meiſten ſind Sunniten, und ſchon deswegen ge- borne Feinde der Perſer, mit welchen ſie ſich niemals verheyrathen. Ihre Häuſer ſind ſo ſchlecht, daß ein Feind es kaum der Mühe wehrt achten könnte ſie nieder- zureiſſen. Und da ſie überhaupt auf dem feſten Lande nicht viel zu verlieren haben, ſo begeben ſich bey der Anrückung einer perſiſchen Armee ganze Städte und Dörfer auf ihren kleinen Fahrzeugen nach einer unbewohnten Inſel, in oder außerhalb des perſiſchen Meerbuſens, bis die Perſer ſich wieder zurück gezogen haben. Sie ſind dabey gewiß verſichert, daß ihre Feinde das Land auf der Küſte nicht anbauen können, weil ſie immer von ihnen und den übrigen Arabern beunruhigt werden würden. Kurz, die Regierungsform und die Lebensart dieſer Araber hat viel ähnliches mit der alten Griechen ihrer. Es fehlet ihnen aber an Gelehrten, die ihre Kriege und die Heldenthaten ihrer vornehmſten Anführer beſchreiben, und daher werden ſie auswärts gar nicht bekannt. Sogar Nadir Schah, deſſen Name ſeinen größten Nachbaren fürchterlich war, hat die Araber auf der perſiſchen Küſte nicht ganz be- zwingen können. Er ſammlete vornehmlich ihrentwegen eine Flotte von 22 bis 25 großen Schiffen, wovon er einige mit erſtaunlichen Koſten zu Bombay, Benderrigk - Und - 312 Unabhängige Herrſchaften und Abuſchähhr bauen ließ, und andere von den nach dem perſiſchen Meerbuſen handelnden Europäer kaufte. Weil er keine von den Arabern dieſer Gegend dahin bringen konnte auf ſeiner Flotte zu dienen, wenigſtens nicht getreu zu dienen; ſo ließ er Matroſen aus andern Gegenden von Arabien und aus Indien kommen. Da aber unter dieſem zuſammen geraften Volke nur wenige Schiiten, und die meiſten der übrigen Sunniten waren, ſo wolten auch leztere nicht ernſtlich gegen ihre Glaubens- genoſſen fechten, ja ſie ermordeten bisweilen die perſiſchen Officiers, und entführten die Schiffe. Nadir Schah beſchloß endlich die Einwohner am perſiſchen Meer- buſen, nach dem Ufer des caſpiſchen Meers, und die von dieſer Gegend nach dem perſiſchen Meerbuſen zu bringen; er ſtarb aber bevor dieſes große Werk ausgeführt werden konnte. Die merkwürdigſten Örter auf der perſiſchen Küſte, wovon ich Nach- richt erhalten habe, ſind folgende: Gambrön oder Bender Abbäs U«Ue v9.2, eine Stadt mit einem Haſen in der Provinz LaristänGL-v-M. Einer mit Namen Naſer Khän bemäch- tigte ſich gleich nach dem Tode des Nadir Schah, dieſer ganzen Provinz, und nen- net ſich jezt einen Unterthan des Wekils Kerim Khän. Er bezahlt aber ſelten ſei- nen Tribut, wenn der Wekil ihn nicht mit einer Armee abholet. Gambrön iſt aus den Reiſebeſchreibungen der Europäer, welche am Ende des verwichenen, und am Anfange dieſes Jahrhunderts in Perſien geweſen ſind, genug bekannt, weil ſie zu der Zeit eine große Handelsſtadt, und ſo zu reden, der Hafen von Perſien war. Jezt iſt ſie in einem ſchlechten Zuſtande, und man findet hier kein einziges Hand- lungscomtoir der Enropäer mehr. Doch hieran ſind nicht blos die innerlichen Un- ruhen in Perſien ſchuld. Die Franzoſen ſchickten in dem leztern Kriege ein paar große Kriegsſchiffe nach Gambrön, und eroberten das daſelbſt befindliche Haus der Engländer mit den darinm wohnenden wenigen Kaufleuten. Als die Engländer nachher die Franzoſen aus allen ihren Städten und Feſtungen in Indien vertrieben, mußten leztere ihr Haus zu Gambrön ſelbſt verlaſſen. Die Holländer haben da- ſelbſt noch zulezt einen Schreiber gehabt, aber mehr um ihr Haus in einem wohn- baren Stande zu erhalten, als der gegenwärtigen Handlung wegen, weil ſie in den lezten Jahren, da ſie auf der Inſel Charedsj wohneten, faſt gar nichts mehr dahin ſchickten. Nach in und an dem perſiſchen Meerbuſen. Z I 3 ſ Nach Süden von Laristän liegt »L - Minau, eine anſehnliche Stadt einige Meilen von der See an einem Fluß, der nur für ganz kleine Fahrzeuge ſchifbar iſt. Die Einwohner dieſes Diſtrikts ſind Schiiten. Sie ernähren ſich vornemlich vom Ackerbau, und erkennen bisweilen die Oberherrſchaft des Khäns zu Lär. Zwiſchen Minau und dem Vorgebürge, welches die Europäer Cap Jaſk nennen, wohnt ein großer Stamm Araber mit Namen Belludsje, welcher viele Schiffe hat, und damit eine anſehnliche Handlung bis nach Básra, nach der ma- labariſchen Küſte und dem arabiſchen Meerbuſen treibt. Dieſe Araber ſind Sun- niten, und waren deswegen bey den perſiſchen innerlichen Unruhen gemeiniglich in einem genauen Verſtändniß mit den Aghwanen. º Der Strich Landes von Bender Abbäs nach Norden bis Delam, iſt meiſten- theils flach und niedrig, ſo wie Tehäma in Jemen, und heißt Kermesir, oder das heiſſe Land *). Ardſchir, Sabur, Kobad und Aſciac, welche auf der Charte des Herrn D' Anville als Namen kleiner Diſtrikte angedeutet ſind, kannten diejenigen nicht, bey welchen ich mich darnach in dieſen Gegenden erkundigt habe. Ich kann aber deswegen nicht behaupten, daß dieſe Namen jezt nicht mehr gebräuch- lich ſind. Chamir />>, iſt ein kleiner Diſtrikt nördlich, und nicht weit von Bender Abbäs. Der regierende Schech wohnt in einer kleinen Feſtung auſ einem ſteilen Felſen. Die fremden Schiffe holen hier viel Schwefel. Weil aber der Schech ſeinen Handel zur See ſelbſt nicht ſchützen kann, ſo müſſen die Schiffe, welche aus dieſem Gebiete Schwefel holen, eine gewiſſe Abgabe an den Herrn der Inſel Hormus bezahlen, um von ihm nicht beunruhigt zu werden. -- Die übrigen Plätze zwiſchen Bender Abbäs und dem Vorgebürge Ber- diſtän, welche nur einigermaßen zur Schiffahrt bequem liegen, gehören einem Stamm Araber, welcher ſich Hulenennet*). Dieſe Araber haben keinen Acker- - - bau, *) Bey Arrianus, Meſambria. - **) Dieſer dulen erwähnt Otter an verſchiedenen Stellen in ſeiner Voyage en Turquie & en Perſe, ohne zu beſtimmen wo ſie wohnen. In der Hiſtoire de Nadir Schah par Mahadi Khán, traduit par Mr. Jones findet man ihren Namen gleichfals. Rr - - - - - - - - T-- ------ ---- 34 Unabhängige Herrſchaften - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -- - - - bau, ſondern leben vornemlich von der Schiffahrt und ihrer Fiſcherey. Sie ſind Sünniten, zahlreich und tapfer, und würden ſich leicht Meiſter von allen See- plätzen im ganzen perſiſchen Meerbuſen machen können, wenn mehrere Einigkeit unter ihnen herrſchte. Aber faſt jede ihrer kleinen Städte hat ihren eigenen Schech, und jede Familie will lieber in Armuth unabhängig leben, als in der Hofnung Reichthümer zu erwerben, ſich einem großen Schech unterwerfen, und Eroberun- gen machen. Die mir bekannten Seehafen, welche dieſen Arabern gehören, ſind: Kunk SVE-, Lundsje s=U, und RäsHeti Äg) Q--. Dieſe drey Plätze erkennen die Oberherrſchaft des Schechs zu Ser oder Dsjülfär, der, wie ſchon (S. 308) erwähnt worden, auch urſprünglich von dem Stamme Hule iſt. Die hieſigen Einwohner führen etwas Brennholz und Holzkohlen aus. Lundsje gehörte ehmals den Portugiſen. RäselDsjerd M+ U- und Mogo syñº, gehören einem unabhän- gigen Schech. e-, S. Tsjäräk iſt gleichfals unabhängig. Die Einwohner dieſes Ortes verfahren viel Brennholz, und werden für die tapferſten unter den Hulen gehalten. ºyºS“ Machelo, iſt auch ganz unabhängig. Die hieſigen Einwohner ſind geübte Täucher und alſo gute Perlfiſcher. Der Schech von Nabend iſt urſprünglich gleichfals von dem Stamm Hule, aber von einer neuern Linie welche ſich Harram nennet. Dieſem gehört U», o. -2Us das Vorgebürge Nabend, und ein daran liegendes Dorf Nabend. In- gleichen eL-S /s* Dahher Asbän, eine Reihe Berge dicht an der See, und ein kleines Dorf Bender Tibben. Zu Gº Asioe, *** - Tähhrie und Mº Schilu regiert eine Familie Harram. - Die Einwohner zu Konkün GLS und e-LX-AN, Berdiſtän, werden für die friedfertigſten unter den Hulen gehalten, und ſind auch unabhängig. Zu Konkun haben einige Juden und Banianen wohnhaft niedergelaſſen. - , Zwiſchen dem Vorgebürge Berdiſtän und dem Gebiete Abuſchähhr wohnen Perſer, welche keine Schiffe haben, ſondern ſich vom Ackerbau ernähren. Zu in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 3 I5 Zu dieſem Diſtrikt gehört: HeladeMa>, Omenchäle ***e, Räselchän G+' C-, und Chöreſire / A 3°. In dem Gebiete Abuſchähhr findet man an der Seeſeite, Ansjero sy-Fº, Halela exa-, Bender Riſchähhr / -2 v. 22, Dsjuffra yä2- und Abuſchähhr sº yº). Zu Riſchähhr, ohngefehr 2 Stunden von Abuſchähhr, ſieht man noch die Mauer von einem portugiſiſchen Caſtell, es wohnen in demſelben aber nur einige wenige arme Familien. Die Stadt Abuſchähhr, oder wie die Engländer ſchreiben Busheer, liegt unter der Polhöhe 28 59 . Sie hat die Figur eines Triangels, wovon die eine Seite durch eine ſchlechte Mauer befeſtigt iſt, und die andern beyden Seiten an der See liegen. Schiffe, welche nicht tiefer als 12 Fuß gehen, können mit der Fluht bis dicht an die Häuſer dieſer Stadt kommen. Dieß veranlaßte Nadir Schah hier große Schiffe bauen zu laſſen, und ſeine ganze Flotte in dieſem Hafen zu verſammlen, wodurch dann die Stadt in Aufnahme kam, da ſie vorher nur von geringer Bedeutung geweſen war. Man findet hier noch überbleibſel der er- wähnten Flotte. Jezt iſt Abuſchähhr gleichſam der Hafen von Schiräs, und die engländiſche oſtindiſche Handlungsgeſellſchaft hat hier ſeit einigen Jahren einen Kaufmann und einen Schreiber. Der hieſige Kaufmann hat wiederum, ſeiner ei- genen Handlung wegen, einen Gevollmächtigten zu Schiräs. Mehrere Englän- der findet man jezt nicht in Perſien. Abuſchähhr, iſt eine arabiſche Pflanzſtadt, aber nicht von dem Stamme Hule. Die vornehmſten Familien dieſer Stadt ſind die von den dreyen Stämmen Schambe, Aumher und Matariſch. Die beyden erſtern wohnen ſchon ſo lange zu Abuſchähhr, daß von ihrer Ankunft in dieſe Gegend gar nichts mit Ge- wißheit bekannt iſt. Der Stamm Matariſch iſt urſprünglich aus Omän, und pflegte auf dieſer Küſte zu fiſchen. Nachher aber hat auch dieſer ſich zu Abu- ſchähhr wohnhaft niedergelaſſen, ſich mit den beyden andern erwähnten Familieu verheyrathet, und ſchon vor vielen Jahren die Regierung an ſich gebracht. Schech Naſſer, dem jezigen Herrn von Abuſchähhr, gehört die Inſel Bahhrejn, auf der arabiſchen Küſte, und er iſt dadurch in den Stand geſetzt, ein großes Schiff und - Rr 2 Ver- 3 16 Unabhängige Herrſchaften verſchiedene Galvetten, oder kleine Kriegsſchiffe, zu unterhalten. Er hat auch ein ziemliches Gebiet in Kermasir, und wird deswegen als ein Vaſall des jezigen Stadthalters (Wekil) Kerim Khän angeſehen. Es ſcheint indeſſen daß dieſer ihm nicht viel zutrauet; denn, weil der Stadt Schiräs viel daran gelegen iſt, daß der hieſige Schech ſich nicht empöre, ſo nöthigt Kerim Khän denſelben, ſo wie viele andern kleine Prinzen, einen ſeiner Söhne in ſeiner Armee dienen, oder viel- mehr als Geißel bey ihm zu laſſen. Der regierende Schech bekannte ſich noch vor wenigen Jahren zu der Sekte Sünni. Zu der Zeit aber als Nadir Schah ſeine Flotte in dieſem Hafen hatte, und die Perſer zu Abuſchähhr mehr regierten als der Schech, ward dieſer, in der Hofnung zum Admiral der Perſer ernannt zu werden, ein Schiite, und ſeine Söhne haben ſeinem Beyſpiel aus politiſchen Urſachen ſol- gen müſſen. Dieſe Religionsveränderung hat die regierende Familie, nicht nur bey dem alten Adel, und den übrigen ſünnitiſchen Unterthanen zu Abuſchähhr, ſon- dern auch bey allen Arabern am perſiſchen Meerbuſen ſehr verhaßt gemacht. Weiter nördlich folgt das Gebiet Benderrigk. Die hier regierende Familie iſt von Beni Saab, einem Stamm Araber, welcher aus der Gegend des Vorgebürges Muſéndom, und alſo aus Omän hieher gekommen iſt, und dieſe waren Sunniten. Der Großvater des jezt regierenden Herrn Mir Mahénna aber ward ein Schiite, und da ſchon ſein Vater eine Perſerinn heyrathete, ſo kann dieſe Familie jezt nicht mehr zu dem ächten arabiſchen Adel gerechnet werden. Mir Mahénna iſt in dieſer ganzen Gegend ſehr berühmt, aber nicht wegen ſeiner Tugenden ſondern wegen ſeiner Unmenſchlichkeit, und deswegen bey allen Ehr- liebenden, ſo wohl Schiiten als Sunniten, äußerſt verhaßt. Er war ein jüngerer Sehn eines Mir Naſſer, und ſchon in ſeiner Jugend eiferſüchtig auf ſeinen ältern Bruder, welchem der Vater mehr gewogen zu ſeyn ſchien. Als dieſer einmal ſeinen ältern Sohn in einer wichtigen Angelegenheit nach Bahhrein ſchickte, welche Inſel er, und Schech Naſſer von Abuſchähhr, neulich gemeinſchaftlich erobert hat- ten; ſo faßte der jüngre den Entſchluß ſeinen Vater, welcher blind war, mit eige- ner Hand zu ermorden, und die Regierung zum Nachtheil ſeines Bruders an ſich zu reiſen. Es ſcheint aber daß die Natur ſich wider ſeinen Vorſaß empöret habe, denn, in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 317 denn, da er ſein Meſſer bereits gezogen, und die Hand in die Höhe gehoben hatte, trat er wieder zurück. Doch gab er zu daß ein vornehmer Bedienter, welcher ihn vermuthlich zu dieſer Grauſamkeit hatte verleiten wollen, ihm ſeiner Zaghaftigkeit wegen einen Verweis gab, ihm das Meſſer aus der Hand riß, und ſeinen Vater in ſeiner Gegenwart unmenſchlich ermordete. Mir Mahénna ſah nunmehro alle diejenigen, welche ſeine gottloſe That misbilligten, als ſeine Feinde an, und ſeine eigene Mutter ward auch bald ein Opfer ſeiner Grauſamkeit. Als ſie ihm wegen ſeiner Aufführung hart zuredete, warf er ihr einen Sattel an den Kopf, und tödtete ſie dadurch. Einige Zeit nachher kam Kerim Khän, einer von den dreyen großen Rebellen, die ſich zu der Zeit um die Regierung von Perſien zankten, nach Ben- derrigk um Schatzungen einzutreiben. Der ältere Sohn des Mir Naſſer kam auch eiligſt vom Bahhren zurück, um ſeinen Bruder Mir Mahénna zum Gehor- ſam zu bringen. Kerim Khän nahm beyde als Staatsgefangene mit nach Schi- ras, ward aber bald darauf von Haſſan Khängeſchlagen, und die beyden gefan- gener Brüder bedienten ſich dieſer Gelegenheit um wieder nach Benderrigk zu entwiſchen. Der ältere Bruder glaubte nunmehro völlig mit Mir Mahénna aus- geſöhnt zu ſeyn. Dieſer aber ermordete nicht nur ihn hinterliſtigerweiſe, ſondern auch noch 15 bis 16 andere von ſeiner Familie, von denen er glaubte, daß ſie ihm nicht gewogen wären, und ward dadurch unumſchränkter Herr von Benderrigk, und dem darzu gehörigen Gebiete. Er gerieth nachher noch einmal in Kerim Khäns Hände, kam aber auf die Fürſprache einer ſeiner Schweſtern, welche an den Reis (Commandanten) zu Tankesir verheyrathet war, wieder auf freyen Fuß. Seit der Zeit hat er die Karwanen zwiſchen Schiräs und Abuſchähhr oft geplün- dert, und andere Räubereyen zur See ausgeübt. Obgleich Kerim Khän ihn ein- mal mit einer anſehnlichen Armee in der Stadt Benderrigk belagerte, ſo konnte er ihn doch nicht wieder unterwürfig machen. Im Jahre 1764 ließ Kerim Khän einen anſehnlichen Tribut verlangen, und ihm drohen, daß er ihn mit ſeiner Armee beſuchen würde, wenn er ſich nicht als ein gehorſamer Unterthan bezeigte. Weil er dem Abgeſandten ſehr verächtlich begegnete, beſonders dadurch, daß er ihm den Bart abſcheren ließ, ſo ſchickte Kerim Khän im Jahr 1765 eine große Ar- mee nach Benderrigk, welche dieſe Stadt und das darzu gehörige Gebiet auf Rr 3 dem 3 IZ Unabhängige Herrſchaften dem feſten Lande gänzlich eroberte. Mir Mahénna aber brachte vorher ſeine Art mee, und den größten Theil der Einwohner der Stadt Benderrigk, nach einer klei- nen unbewohnten Inſel Chouéri, und blieb daſelbſt ſo lange bis ein Theil der Armee des Kerim Khäns ſich wieder zurück ziehen mußte, und er es wagen konnte den Überreſt von Benderrigk zu vertreiben. Er hielt ſeine Schiffe, beſonders ſeine Galvetten, in einem guten Zuſtande. Und, ohngeachtet er dem Trunk ſehr ergeben, und gegen ſeine Soldaten und Matroſen ſo ſtrenge war, daß er einigen von den vornehmſten ſeiner Officiers Naſe oder Ohren abgeſchnitten hatte; ſo war dieſes Räubergeſindel ihm doch dermaßen ergeben, daß er damit während der Zeit da er noch landflüchtig war, die Inſel Chareds von den Holländern eroberte. Legen ſeine Schweſtern und ſeine eigene Kinder war er nicht weniger grauſam, als gegen ſeine übrigen Anverwandten, und ſeine Unterthanen. Weil das erſte Kind wel- ches ſeine Frau gebahr, eine Tochter war, und er einen Sohn erwartet hatte, ließ er das unſchuldige Kind am Strande in die Sonne legen, und jämmerlich umkom- men, ohngeachtet er ſich einen Mohammedaner nennet, und Mohämmed derglei- chen Unmenſchlichkeiten ausdrücklich verboten hat. Man hatte deswegen ſeine zweyte Tochter einige Zeit verborgen gehalten. Er ſoll dieſer endlich auf Fürbitte ſeiner Frau und beſten Freunde zwar das Leben geſchenkt haben, man fürchtete aber, daß er auch ſie hinrichten würde, wenn er einen Sohn erhalten ſollte. Man ſagte auch, daß er im Auguſt 1765, zu der Zeit als ich zu Básra war, zwey von ſeinen Schweſtern, unter dem Vorwand, daß ſie ihm nach dem Leben trachteten, habe in die See werfen laſſen. Man meinete daß Soliman, Schech des Stam- mes Kiab, eine derſelben für einen ſeiner Söhne verlangt hatte, und daß er, da er kein Freund von ihm war, ſeine beyden Schweſtern erſäuft habe, um ihrentwe- gen nicht noch ferner Anſpruch zu haben. Kurz Mir Mahénna iſt vielleicht ei- ner der größten Ungeheur die jemals gelebt haben, und in dieſer ganzen Gegend als ein großer Räuber, und ein abſcheulicher Tyrann bekannt. Er ſoll 1765 noch nicht 30 Jahr alt geweſen ſeyn. Zu dem Gebiete Benderrigk, gehören viele Dörfer in Kermasir. An der Seeſeite liegt: kºlov) Das Vorgebürge Schatt, Ö://92 - - - - –=-=--_- _ -->- in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 3 19 čºv./02 Benderrigk, Die Reſidenz des Landesherren, welche mit einer ſchlechten Mauer umgeben iſt. Das Dorf Gnaue sº, und ein Berg Bank Sº, ſind von Per- ſern bewohnt. «20 Delam ein Dorf und Vorgebürge. Die Einwohner dieſes lezten Diſtrikts ſind Araber, und ernähren ſich vornemlich von der Perlfiſcherey und Schiffahrt. Nach Norden von dem Gebiete Benderrigk liegt ein kleines unabhängiges Gebiet Hindiän G20 d an einem unſchifbaren Fluß. Die Einwohner deſſelben ſind Araber, und leben vom Ackerbau, und vornemlich von der Viehzucht. Der arabiſche Stamm Kiäb -- , oder nach der Ausſprache der Perſer, Tsjäb, wohnet an dem äußerſten Ende des perſiſchen Meerbuſens. Zu der Zeit als Soliman, der jezige Schech von dieſem Stamme, welcher auch in den europä- iſchen Zeitungen dadurch, daß er von den Engländern im Jahr 1765 ein Schiff von drey Maſten, ein anderes von 2 Maſten, und ein kleines Iagtſchiff eroberte, be- rühmt worden iſt, zu der Regierung kam, waren dieſe Araber nur wenig geachtet. Dieſer Schech aber wußte ſich der Unruhen in Perſien, und der ſchlechten Regie- rungs Verfaſſung zu Basra, recht zu ſeinem Nutzen zu bedienen. Zuerſt machte er ſich ſeine kleine unabhängige Nachbaren unterwürfig. Nachher nahm er Beſitz von großen Diſtrikten in Perſien, und verſprach den großen Khäns, welche ſich in dieſem Königreiche um die Regierung zankten, einen Tribut zu bezahlen, es kam aber keiner in dieſe abgelegene Gegend um ihn abzuholen, als nur Kerim Khän etwa in dem Jahre 1757. Und weil dieſer ſich nicht lange aufhalten konnte, ſo ließ er ſich mit einer mäßigen Summa abkaufen. Auf der Seite von Basra machte Schech Soliman gleichfals Eroberungen, und bezahlte bisweilen einen Tribut an die hieſige türkiſche Regierung. Er ſuchte vornemlich die Freundſchaft der Ajäls, welche man die Landſtände von dieſem Gebiete nennen kann. Und weil die vornehmſten unter denſelben, wie man glaubt, keinen Schaden bey ſeinen Eroberungen hatten; ſo bemächtigte er ſich nach und nach aller Inſeln im Schatelárrab E- kaº, - - oder -- T- - - "-" -"-“---“-- TT - - - - - - - - - 32O Unabhängige Herrſchaften oder dem Ausfluß des Euphrats und des Tigers, und ſogar des Diſtriks Dauaſir, mit vielen Dörfern, an der Weſtſeite deſſelben *). Nachdem er ſeine Herrſchaft erſt bis an die ſchifbare Flüſſe erweitert hatte, bauete er auch kleine Fahrzeuge, oder bediente ſich derjenigen, welche die eroberten kleinen Stämme bereits hatten. Im Jahr 1758 bauete er ſeine erſte Galvette. 1765 hatte er ſchon 1o Galvetten, und 7o andere Fahrzeuge. In dem zulezt erwähnten Jahre ſchickte Kerim Khän eine ſo große Armee gegen ihn, daß er nicht wiederſtehen konnte. Er brachte des- wegen alle ſeine Schätze und ſeine Soldaten von einer Inſel zu der andern, und zulezt gar bis an die Weſtſeite des Schatelarrab in Sicherheit, wohin Kerim Khän ihm, aus Mangel an Fahrzeuge, nicht folgen konnte. Nachdem dieſer ſich wie- der zurük gezogen hatte, erhielt auch der Gouverneur zu Basra, von dem Paſcha zu Bagdad, Befehl, gegen Schech Soliman zu Felde zu ziehen. Dieſer Feldzug dauerte auch nur eine kurze Zeit, denn Soliman ſezte ſich wiederum auf ſeine Schiffe, und gieng auf die Inſeln im Schatelarrab, wohin die Basraner, aus Mangel an guten Fahrzeugen, ihn auch nicht verfolgen konnten. Ich werde von dieſem Kriege in meiner Reiſebeſchreibung noch weitläuſtiger reden. Das Gebiet des Stammes Kiäb erſtreckt ſich jezt von der Weſtſeite des Schatelárrab, und alſo von der arabiſchen Wüſte nach Oſten bis Hindiän, und von dem perſiſchen Meerbuſen nach Norden bis an das Gebiet Haviſa. Das Land iſt von vielen großen und kleinen Flüſſen durchſtrömet, und daher ſehr reich an Datteln, Reis, allerhand Kornfrüchten und ſchönen Viehweiden. Die vor- nehmſten Städte in dieſem Gebiete ſind: Daurek –, 29, Hafär vº» und Gobän. Die erſtere Stadt gehört eigentlich zu Perſien. Die beyden leztern be- zahlten noch vor wenigen Jahren Tribut an die Regierung zu Básra. Gobän iſt die ordentliche Wohnung des Schechs. - Die Stadt und das Gebiet Haviſa say->, welche D'Anville Ahuaz nennet, iſt unabhängig, und wird von einem Nachkommen Mohämmeds, welche in dieſer Gegend Maula Nyº, genannt werden, regieret. Dieſer Prinz läßt ſo gar *) Schat elarrab wird bey den alten griechiſchen Schriftſtellern Paftigris genannt. In des Arriani Periplus maris Erythraei p. 21 heißt er Siathus. in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 321 gar Geld ſchlagen. Der Name Khoſiſtan, den man auf D'Avvies Charte findet, iſt jezt nicht mehr bekannt. Die Provinz Luristaneº, aber liegt in der Gegend von Schuſter. Leztere Stadt iſt bisweilen genöthigtan Kerim Khän Tribut zu bezahlen. Anf der öſtlichen Küſte des perſiſchen Meerbuſens ſind viele Inſeln, die wenigſten davon aber ſind bewohnt. Die nördlichſte von dieſen Inſeln welche ich geſehen und wovon ich einige Nachricht erhalten habe, heißt eigentlich Choueri «„HayS. Ein Araber nannte ſie aber auch Gorgu, und einanderer Kulle. Beym D'Anville heißt ſie Kargo. Sie iſt nur klein und nicht bewohnt, indeſſen findet man daſelbſt gutes Waſſer, und einige wenige Dattelbäume. Mir Mahénna, welcher 1765 aus Perſien vertrieben ward, war verſchiedene Monate auf derſelben mit ſeiner Familie, ſeiner kleinen Armee, und einem großen Theil der Bürger aus ſeiner Reſidenz Stadt Benderrigk, wie kurz vorher bemerkt worden. Etwa # bis eine deutſche Meile ſüdlicher liegt die Inſel CharedsjZ/LA-, oder wie die Europäer zu ſchreiben pflegen, Karek. Sie hat im Umkreiß etwa 4 bis 5 deutſche Meilen. Man ſiehet daſelbſt noch lange Waſſerleitungen unter der Erde durch den Felſen gehauen, ein gewiſſes Zeichen, daß dieſe Inſel in den ältern Zeiten ſtärker bewohnt geweſen iſt, als jezt. Sie gehörte mit einem ein- zigen darauf liegenden Dorfe Mir Naſſer, Herrn zu Benderrigk. Die holländiſche oſtindiſche Handlungsgeſellſchaft aber bemächtigte ſich derſelben, und die Gelegen- heit dazu war folgende. Die Holländer trieben eine ſtarke Handlung nach Basra, und hatten des- wegen in dieſer Stadt verſchiedene Kaufleute. Das Oberhaupt derſelben war der Baron von Kniphauſen, ein Deutſcher, ein Herr von großem Verſtande und vieler Lebhaftigkeit. Dieſer war eine lange Zeit bey der Regierung zu Basra in großem Anſehen. Endlich aber ward er ins Gefängniß geworfen, und wäre, wie man glaubt, gewiß hingerichtet worden, wenn er die türkiſche Regierung nicht in Eile durch eine große Summe Geldes beſänftiget hätte. Der Herr von Knip- Hauſen mußte unterdeſſen mit dem erſten Schiffe nach Indien zurück gehen. Er ließ ſich vorher ein Zeugniß von den Holländern zu Basra geben, daß die Regie- Ss rung 322 Unabhängige Herrſchaften rung höchſt ungerecht gegen ihn, ja gegen die ganze holländiſche Nation gehandelt hätte, und welcher Europäer wird auch nicht glauben, daß die Chriſten, und be- ſonders die Europäer, allezeit unſchuldig leiden wenn ſie von den Mohammedanern ins Gefängniß geworfen, oder ſonſten übel behandelt werden? Der größte Theil der mor- genländiſchen Reiſebeſchreibungen iſt voll von Klagen über die ungeſitteten Mohamme- daner. Z. Er. ſie wollen den Chriſten nicht einmal erlauben mit den liederlichen Wei- bern ihrer Religion Gemeinſchaft zu haben. Wenn es dem ohngeachtet einem Chriſten bisweilen glückt ungeſtraft mit ihnen Bekanntſchaft zu machen, und er Luſt bekömmt auch die Frau oder die Tochter eines der vornehmſten Herrn der Stadt, welche niemals in Geſellſchaft von fremden Mannsperſonen, nur ſelten auf der Straße und jederzeit verhüllet, erſcheinen, bey ſich zu ſehen; ſo iſt es eben nicht ganz un- möglich, daß ein Kupler auch verſpricht ihm hierinn behälflich zu ſeyn, aber, wie billig, für eine ſehr große Bezahlung; denn er muß diejenige Perſon, welche eine vornehme Dame vorſtellen ſoll, nicht nur unterrichten, wie ſie ihre Rolle ſpielen ſoll, ſondern ſie auch anſtatt der Lumpen, welche ſie gewöhnlich zu tragen pflegt, mit koſtbaren Kleidern behangen. Wenn nun einer für ſeine große Koſten, we- nigſtens auch noch das Vergnügen haben will, ſich ſeines vermeinten Glückes, nemlich, daß er mit dieſer oder jenen vornehmen Dame eine Nacht zugebracht habe, zu rühmen, ſo können die Mohammedaner darüber gar ſehr auſgebracht werden. Kurz, ſie ſind vielerley Kleinigkeiten wegen gleich bereit den Chriſten das Leben zu nehmen. Ich weiß nicht aus welcher Urſache die türkiſche Regierung zu Básra einen Haß auf den Herrn von Kniphauſen geworfen hatte. Er muß aber wohl ganz unſchuldig gelitten haben, weil die hohe Regierung zu Batavia mit ſeinem Verhalten ſehr wohl zufrieden war. Er hatte vor ſeiner Abreiſe aus dem perſiſchen Meerbuſen mit Mir Naſſer verabredet, daß die Holländer für eine gewiſſe jähr- liche Abgabe auf der Inſel Charedsj ein Waarenlager bauen ſollten. Dieſe Inſel hatte, ſo wohl wegen des Handels mit Basra als mit Perſien, eine vortrefliche Lage, und die Holländer glaubten deswegen, daß ſie ihr Handlungscomtoir in dieſer Welt- gegend nirgends bequemer und ſicherer errichten könnten. Der Herr von Knip- hauſen erhielt 2 Schiffe, theils um die Waaren womit ſelbige beladen waren, itt in und an dem perſiſchen Meerbuſelt. 323 in dem perſiſchen Meerbuſen zu verkaufen, theils aber auch um ſich an den Bas- ranern zu rächen, und ſich auf Charedsj feſtzuſeßen. Er legte hierauf mit ſei- nen Schiffen bey dieſer Inſel vor Anker. Er ließ von der Regierung zu Basra nicht nur die Gelder verlangen, welche er hatte bezahlen müſſen, um aus dem Ge- fängniß zu kommen, ſondern auch eine völlige Schadloshaltung der Compagnie. Da die Basraner ſich hierzu nicht verſtehen wollten, ſo ließ er auf alle Fahrzeuge, welche nach Basra beſtimmt waren, vor dem Ausfluß des Euphrats kreuzen, und behielt ſie ſo lange zurück bis er befriediget war. Die Holländer machten auch gleich den Anfang auf der Nordöſtlichen Seite der Inſel einen großen Chän oder Waarenlager um einen viereckigten Platz zu bauen. Mir Naſſer war aber nicht wenig beſtürzt als er auf allen 4 Ecken Baſtionen, und auf jeder 6 Canonen gewahr wurde; denn nunmehr ſah er, aber zu ſpät, daß die Holländer ſich als Eigenthümer von der Inſel anſehen, und ihm gar nichts bezahlen würden. Der Herr von Kniphauſen behielt beyde große Schiffe zurük, theils um den Platz damit in dem erſten Winter zu ſchützen, theils auch um das Holz zu ſeiner neuen Feſtung, und die Leute zur Beſatzung, und als ſeine Truppen zu gebrauchen. Es kam bald zwiſchen ihm und Mir Naſſer zu einem öffent- lichen Kriege. Die Holländer konnten den Benderrigkern aber keinen großen Scha- den zufügen, weil dieſe ſich mit ihren Fahrzeugen in die Flüſſe und Meerbuſen ſo weit zurükzogen, daß ſie ſie nicht erreichen konnten. Indeſſen eroberte der Herr von Kniphauſen eine Galvette, und der Krieg koſtete der holländiſchen oſtindiſchen Compagnie viel Geld. Nachdem nun der Herr von Kniphauſen bey 5 Jahre faſt als ein ſouve- rainer Herr auf der Inſel Charedsj regiert hatte, gieng er nach Batavia zurück. Ihm folgte Herr van der Hulſt, welcher ſchon zu Basra der 2te von der hollän- diſchen Handlungsgeſellſchaft geweſen war, und alſo die Nationen, mit denen er zu thun haben ſollte, gut kannte. Dieſer ſezte den Krieg mit Mir Mahénna, dem Sohn und Nachfolger des Mir Naſſer, noch ferner fort, ohne daß er ſeinem Feind viel Abbruch thun konnte. Mir Mahénna, welcher Nachricht hatte, daß die hol- ländiſchen Matroſen und Soldaten ſich an Feſttagen außerhalb des Caſtells luſtig zu machen pflegten, ſchickte in einer Nacht zwey wohl bewafnete Fahrzeuge nach Cha- S 6 2 reds, 324 Unabhängige Herrſchaften reds, und bemächtigte ſich bloß mit dem Säbel in der Hand zweyer holländiſchen Galvetten mit einigen Matroſen, welche nicht einmal Zeit hatten ſich durch ſchwimmen zu retten. Dieſes war gewiß eine kühne Unternehmung; denn die hol- ländiſchen Galvetten lagen nicht nur in der Nähe des Caſtells vor Anker, ſondern würden ſich, ohngeachtet nur wenige Matroſen am Bord waren, bloß durch ihre eigene Canonen haben vertheidigen können. Aber die Holländer pflegten den größten Theil ihrer Lebensmittel von Abuſchähhr zu erhalten, und weil die Ein- wohner dieſer Stadt auch mit Mir Mahénna Krieg führeten, ſo war es nicht unge- wöhnlich, daß ihre Fahrzeuge des Nachts auf Chareds ankamen. Mir Mahénna hatte ſich dieſes zu Nutze gemacht, und ſeinen Leuten einige Hüner gegeben. Da ſie ſich der Inſel näherten, ſchüttelten ſie ſelbige, und als die holländiſche Schildwache ein ſo großes Hünergeſchrey hörete, glaubte ſie gewiß, daß die Schiffe von Abuſchähhr wären, und hielt es deswegen für unnöthig die übrigen Matroſen aufzuwecken. Da nun die Holländer durch den Verluſt ihrer zwey Galvetten ſehr geſchwächt waren, ſo wagte Mir Mahénna mit einige Ioo Mann eine Landung auf der Inſel Charedsj, und näherte ſich dem Caſtell. Sobald aber nur 25 Europäer mit 2 Feldſtücken gegen ſie anrückten, zogen ſie ſich wieder hinter die Klippen zurück, und verlieſſen die Inſel. Der Herr van der Hulſt banete hierauf ein Ra- velin nach der Seeſeite vor dem Caſtell. Er zog auch eine Mauer um die Häuſer und Waarenlager, welche außerhalb des Caſtells lagen, und die Holländer hatten alſo auf der Inſel Chareds eine Stadt, welche in kurzer Zeit mit Arabern und Perſern angefüllet ward. Dieſe Stadt liegt unter der Polhöhe 29. 15. Der Herr van der Hulſt war etwa 2 Jahr Gouverneur auf Chareds geweſen, als er nach Batavia zurück berufen ward. Da ſein Schiff bey der Zurückreiſe zu Bender Abbäs anlegte, begab er ſich unter den Schutz der zu der Zeit hier wohnenden Eng- länder, und gieng nachher über Bombay nach Europa zurück. Es ſcheint daß die holländiſchen Kaufleute, und beſonders ihr Oberhaupt, bey der Veränderung, da ihre Handlung von Basra nach Charedsj verlegt worden war, nichts verloren hatten. Weil aber die oſtindiſche Compagnie auf dieſer In- ſei ſchon ſo viele Feſtungswerke und einige Galvetten gebauet hatte, und zur Bes - deckung - - - in und an dem perſiſchen Meerbuſen. Z25 deckung ihrer Handlung nicht nur beſtändig bey 9o europäiſche Soldaten, ſondern auch 5o europäiſche Matroſen, welche, vielleicht weniger durch die ungeſunde Luft, als durch ihre Lebensart, von Krankheiten ſehr hingeriſſen werden, und deswegen in dieſer abgelegenen Gegend koſtbar ſind, unterhalten mußte, ſo hatte ſie nur we- nigen Vortheil von ihrer Handlung nach dem perſiſchen Meerbuſen, und man ſagt, daß ſie ſchon zu dieſer Zeit entſchloſſen geweſen Charedsj wieder zu verlaſſen. In- zwiſchen ward es in Perſien immer ruhiger, und nun hoffte man, daß die Hand- lung einträglicher werden würde. Herr Buſchmann, welcher ſchon von der Zeit an, als die Holländer ſich auf Chareds niedergelaſſen hatten, auſ dieſer In- ſel geweſen war, ward zum Gouverneur ernannt. Dieſer ſchloß gleich einen Frie- den mit Mir Mahénna, und die Holländer trieben ihren Handel nach Perſien wäh- rend ſeiner Regierung mit aller Sicherheit. Zwey Jahre nachher bat Herr Buſchmann die Regierung zu Batavia um Er- laubniß, ſeiner Geſundheit Umſtände wegen zurückkommen zu dürfen, und empfohleinen Deutſchen, mit Namen Tamm, zu ſeinem Nachfolger, der zwar als ein gemeiner Sol- dat nach Chareds gekommen war, ſich aber ſo wohl aufgeführt hatte, daß er bald als Schreiber angenommen, und zulezt nach dem Gouverneur der vornehmſte auf der Inſel war. Es ſcheint aber daß die Regierung zu Batavia den Poſten eines Gouverneurs auf Charedsj, und Directeurs ihrer ganzen Handlung in dem perſ- ſchen Meerbuſen für dieſen Menſchen zu einträglich gehalten habe. Denn es ward in dem folgenden Jahre ein Herr van Houting, ein ſehr würdiger Mann von einer anſehnlichen holländiſchen Familie, dem aber die Sprachen und Sitten der Einwohner dieſer Gegend ganz unbekannt waren, als Gouverneur abgeſandt. Herr Tamm ward ihm zum Gehülfen beſtimmt, doch hatte man ihm ſo vortheilhafte Be- dingungen zugeſtanden, daß er gewiß zufrieden geweſen ſeyn würde, wenn er die Ankunft der Schiffe erlebt hätte. Aber Herr van Houting kam erſt am Ende des Julius 1765 mit dem erſten Schiffe nach Charedsj. Herr Tamm war in eine me- lancholiſche Krankheit gefallen, weil er daran zweifelte daß Herr Buſchmann zu ſeinem Vortheil nach Batavia geſchrieben hätte. Und ohngeachtet dieſer ihm das Original ſeines Briefes zeigte, um ihn von ſeiner Freundſchaft zu überzeugen, er- ſchoß er ſich doch ſelbſt kurz vor der Ankunft der Schiffe. Ich war zu dieſer Ss 3 Zeit 326 unabhängige Herrſchaften --- - - Zeit auf der Inſel Charedsj, und hatte mich ſelbſt bemühet dieſem guten Manne das Mistrauen gegen ſeinen Gouverneur zu benehmen. Mir Mahenna, hatte den ganzen Sommer Krieg gegen den Schech von Abbuſchähhr geführt, und die Holländer waren bey demſelben gänzlich neutral geblie- ben. Da er aber im Monat September, zu der Zeit wie ich zu Basra war, einen Vortheil über ſeinen Feind erhalten hatte, und den Hafen Abuſchähhr einge- ſchloſſen hielt, wollte er den Holländern auf Charedsj verbieten dahin zu handeln. Er war noch mit einem Theil ſeiner kleinen Armee auf der Inſel Choueri, und nur einige von ſeinen Leuten waren wieder nach Benderrigk zurükgegangen, nachdem Kerim Khän ſich mit ſeiner Armee aus dieſen Gegenden zurük gezogen hatte. Da die 2 großen holländiſchen Schiffe noch nicht wieder nach Indien abgeſegelt waren, ſo ſchickte Herr van Houting, welcher bald nach ſeiner Ankunſt die Regierung von Herr Buſchmann übernommen hatte, dieſe am 9ten October mit 3 Galvetten nach der er- wähnten kleinen Inſel, und der Schech von Abuſchähhr, welcher darüber ſehr ver- gnügt war, daß die Holländer mit ins Spiel gekommen waren, indem er gewiß glaubte ſeinen ärgſten Feind nunmehro gänzlich zu Grunde richten zu können, kam zugleich mit ſeiner kleinen Flotte, und mit einer guten Anzahl Leute. Die Hollän- der verbrannten eine von des Mir Mahénnäs Galvetten, und zwey andere wur- den auch unbrauchbar gemacht. übrigens aber konnten ſie ihrem Feinde keinen großen Schaden zufügen, weil er ſich ganz eingegraben hatte. Sie wagten darauf eine Landung, ohne daran von dem Feinde verhindert zu werden. Sie erreichten auch bald die Hütten und die Zelte der armen Unterthanen. Weil aber die Truppen von Abuſchähhr, und vielleicht ſelbſt die holländiſchen Soldaten ſich zerſtreueten, und anfingen zu plündern; ſo brach Mir Mahénna auf einmal mit ſeiner Cavallerie, welche die Holländer auf dieſer Inſel gar nicht vermutheten, her- vor, und hieb alle zerſtreuete Soldaten vor ſich nieder. Die Holländer verloren hiebey7o Europäer, und etwa nur 12 Mann, die auch noch verwundet waren, rette- ten ſich durch ſchwimmen. Von den Truppen des Schechs von Abuſchähhr blieben wenigſtens zwey Hundert. - Die Holländer wurden durch dieſen Verluſt ſo geſchwächt, daß ſie gleich wie- der nach Charedsj zurükkehreten, und ihre eigene Stadt mit neuen Batterien be- -“ feſtigten. in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 327 “--- feſtigten. Mir Mahénna ſäumte nicht lange ſein Glück weiter zu verſuchen. Er hat eine Landung, ohne daß die großen holländiſchen Schiffe ihm daran hinderlich ſeyn konnten. Er belagerte die Stadt Charedsj. Herr van Houting, auf wel- chem nunmehro die ganze Regierung beruhete, verließ ſich zu viel auf einen Perſer, welcher täglich um ihn war, und ließ ſich von ihm überreden Mir Mahénna mit einigen wenigen Lenten ins Caſtellkommen zu laſſen, um einen Frieden zu ſchlieſſen. Der Gou- verneur, und der Fähnrich, der einzige Officier der Holländer, welcher die Soldaten anfüh- ren ſollte, aber auch erſt neulich von Batavia angekommen war, wo er, wie man ſagte, niemals Kriegsdienſte gethan hatte, wurden gleich gebunden, und alſo nicht nur das Caſtell ſondern auch die Stadt faſt ohne Blutvergieſſen erobert. Dieſes geſchahe am Ende des Decembers 1765 oder im Anfange des Januars 1766. Die holländiſche oſtindiſche Handlungsgeſellſchaft war alſo ohngefehr Ir Jahre Meiſter von der Inſel Charedsj, vermuthlich ohne etwas weiter gewonnen zu haben, als die Ehre, eine Inſel in dem perſiſchen Meerbuſen erobert, und dar- auf ein Caſtell und eine Stadt gebauet zu haben. Es iſt deswegen nicht wahrſchein- lich, daß die holländiſchen Kaufleute noch neue Koſten anwenden werden, um Mir Mahénna wieder von Charedsj zu vertreiben. Die übrigen Inſeln in dem perſiſchen Meerbuſen, wovon ich Nachricht erhal- ten habe, ſind folgende: Ken, eine ganz kleine unbewohnte Inſel zwiſchen dem VorgebürgeBerdi- ſtän und der Inſel Bahhrein. - sº S & SchechSchaib und vyº Schittuar, zwey Inſeln in der Nähe von Nachelo. Die Engländer nennen die erſtere Busheab, und die leztere Shittuar. Beyde Inſeln finde ich aufD'Auvilles Charte nicht. Schech Schaib iſt bewohnt. „s)/0. - Hinderabi. Bey den Engländern Indernua. BeyD'Au- ville Andarvia. Uxx5 Käs. Bey D'Anville Keish. Dieſe Inſel hat den Portugiſen gehört. Jezt gehört ſie dem Schech zu Tsjarek. Man findet daſelbſt gutes Waſſer. J_9./” – TT - - - - - - - - - 328 Unabhängige Herrſchaften /.» A Frür. Bey den Engländern Nobfleur. Dieſe Inſel iſt nicht bewohnt, außer wenn die Hulen zu Mogo durch eine perſiſche Armee vertrie- ben werden. „S- Fººd Schech Sure. Bey den Engländern Surde. Hier fin- det man das Begräbniß eines mohammedaniſchen Heiligen. /2202 Belior. Bey den Engländern Pollior *). Bey D'Anville Paloro. Die Einwohner zu Lundsje ſuchen bisweilen auf dieſer ſonſt unbewohn- ten Inſel ihre Sicherheit. ***_** Bumoſe. Bey den Engländern Bomoſa. Bey D'Anville Abu Muſa. ºy-- --- Tumb Namiu. Bey den Engländern the little Tomb. Bey D'Anville Nabgiu. «---- Tumb. Bey den Engländern the great Tomb. Bey D'An- ville Tombo. Dieſe liegt unter der Polhöhe 26“. 12. Beyde Inſeln Tumb ſind nicht bewohnt. e=º Hindsjam, eine kleine unbewohnte Inſel. Die Engländer nennen ſie Angar. - Die Namen «ay-sº- Dsjeſiret tauile bey den Arabern, Dsjeſiret Dräs bey den Perſern, und Kiſchme oder Left bey den Europäern, bedeuten alle nur eine Inſel **). Die Lage derſelben iſt nach den Nachrichten ſo ich davon erhalten habe, auf der Charte des Herrn D'Anville gut abgebildet, nemlich, ſie iſt lang und ſchmal, und gleichſam nur durch einen Canal von der Küſte abgeſon- dert. Auf dieſer Inſel findet man verſchiedene kleine Städte, als: –º Loft gehöret dem Schech von Sér, und dem jezigen Herrn von Hormus gemeinſchaft- ſich. “º Dsjisme, wornach die Europäer die ganze Inſel benannt haben, gehört *) Es ſcheint eben die Inſel zu ſeyn, welche Arrianus Pylora uennet. **) Der Scherif Eddris nennet dieſe Inſel -28 es) SA zº- Dsjeſiret ibn Kawatt, und ihre Einwohner ***-*) Abadi. Cimat. II. pars 6. Nearchus nennet ſie - MParacta, und ſagt, daß man hier das Begräbniß des Königs Erythras finde. in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 329 gehört dem Herrn von Hormus allein. 90-- Baſidu und andere Dörfer ge- horchen einem Schech Abdilla von Ben Amin. Z/N Laredſch. Bey den Europäern Larek. Auf dieſer Inſel iſt gutes Waſſer. ". / vºyºº Hormus. Bey den Europäern Ormus*). Auf dieſer ehmals berühmten, jezt aber wenig bedeutenden Inſel, hat ſich ein ehmaliger Admiral des Nadir Schah, mit Namen Mulla Ali Schah, unabhängig gemacht. Ihm gehört noch ein kleiner Theil der Inſel Kiſchme. Lg5Uº Benatha und s-M- Saläme ſind zweykleine Inſeln am Anfange des Meerbuſens. Die Engländer nennen ſelbige the Coins, weil ſie in der Ferne die Figur eines Keils zu haben ſcheinen. Saläme liegt ohngefehr unter der Pol- höhe 26. 26'. Die Mohammedaner haben ihr dieſen Namen beygelegt, weil ſie hier bey ihrer Ankunft in den perſiſchen Meerbuſen Salam d. i. ſey gegrüßet, ſagen, und auf ihren Schiffen viele Freudensbezeugungen anſtellen. Auf der weſtlichen Küſte des perſiſchen Meerbuſens liegt eine kleine Inſel Scharedsje TAL dem Schech von Sér gehörig. Auf einer engländiſchen Charte heißt ſie Zare. Bey dieſer Inſel werden viele Perlen gefiſcht, und die arabiſche Küſte iſt überhaupt von hier bis Bahhrein voller Bänke, wo ſich Perlmuſcheln aufhalten. - Die Lage der Inſel, oder vielmehr der Inſeln GM-* Bähhrein; denn bey der großen Inſel, welche unter dieſem Namen bekannt iſt, findet man noch verſchiedene kleine, die zwar ihre beſondere Namen haben, aber auch unter dem erwähnten mit begriffen werden, ſcheinen nach meinen erhaltenen Nachrichten auf der D'An- villiſchen Charte ziemlich genau angedeutet zu ſeyn. Ich habe nicht erfahren können, . . - - - - WQUUU. "4 - *) Arrianus erwähnt in dieſer Gegend eines Harmozia, welcher Ort aber auf dem feſten Lande gelegen zu haben ſcheinet. De expeditione Alexandri Magni p. 573. Vielleicht gehörte die gegenüberliegende Küſte zu der Zeit dem Herrn dieſer Inſel. - - - - - - - - - Tt - - - - - 33O Unabhängige Herrſchaften warum man dieſen Inſeln den Namen Bahhren, d. i. zwey Meere beygelegt hat, und aus welcher Urſache ſie von Fremden gemeiniglich nur bey dieſem Namen ge- nannt werden. Die Bewohner derſelben, und die Araber auf der gegenüberlie- genden Küſte in Lächſa aber nennen die größte von dieſen Inſeln Aual Uys, und unter eben dieſem Namen kann man ſie auch in des Abulſeda Beſchreibung von Arabien kennen lernen *). Bähhrein hat in den lezten Jahrhunderten verſchiedene Herren ge- habt. Sie gehörte eine Zeitlang den Portugiſen. Nachdem dieſe aus dem perſ- ſchen Meerbuſen vertrieben wurden, kam ſie unter die Herrſchaft des Schechs von Lächſa. Dieſem ward ſie durch einen Imäm Kuli Khän, einen Gou- verneur des Königs von Perſien auf der Inſel Hormus, abgenommen. Nach- her bemächtigte der Imäm von Omän ſich derſelben, er überließ ſie aber einige Zeit nachher für eine gewiſſe Summe wieder an die Perſer, durch die Vermittelung eines Schech Mohämmed Madsjid, welcher auch ſo lange die Agwanen das Königreich Perſien zerrütteten, Statthalter auf Bahhren war. Indeſſen war noch ein anderer als Häkim (Commandant) in dem Caſtell. Nach dem Tode des Schech Mohämmed, ward ſein Sohn mit Namen Schech Achmed, Statt- halter. Einer mit Namen Mohämmed KuliKhän aber war Häkim in der - Feſtung, *) Abulfrde deſcriptio Arabiae p. 3. in der Sammlung Geographie veteris ſcriptores graci minores, Vol. III. Praeteritis littoribus Mahrah, proficiſcetur ad Oman, & Peninſalam Awal & Alkatif &c. Nach dieſer Ueberſetzung kann Awal zwar nicht die Inſel Bahhrein bedeuten. In der Urſchrift aber lieſet man Us) §Ä>, nnd Dsjeſiret bedeutet bekanntermaßen gemeiniglich eine Inſel. Es ſcheint daß Herr DAnville ſich durch dieſe Ueberſetzung habe verleiten laſſen das Gebiet Ser, Aual zu nennen- Man ärgere ſich nicht darüber, daß ich den arabiſchen Namen dieſer Inſel nicht nach Abuffeda verändert habe. Ich habe mir dieſen und viele andere Namen dieſer Gegend von einem Kaufmann zu Abuſchähhr ſchreiben laſſen, und die Kauf- leute ſchreiben die Namen der benachbarten Oerter gemeiniglich beſſer, als die Ge- lehrten aus entfernten Gegenden, welche dergleichen Namen nur von Reiſen- deR hören, in und an dem perſiſchen Meerbuſen, 33 L. Feſtung, und dieſer überlieferte das ganze Gebiet einem Schech Mohämmedel Madsjid von dem Stamme Harräm zu Nabend. Dieſem ward ſie wiederum von Dsjubbrael Naſür, dem Schech zu Tähhrie, gleichfalls einem Araber von dem Stamme Harräm, abgenommen *). Zu der Zeit als Nadir Schah ſelbſt eine Flotte im perſiſchen Meerbuſen hatte, bemächtigte ſich Täcki Khän, Beglerbeg von Fars, der Inſel Bahhrejn, und einer mit Namen Mümes Sultän ward daſelbſt Statthalter. So bald aber Täcki Khän mit der perſiſchen Flotte nach Omán gegangen war, bemächtigte der Schech von Tähhrte ſich wieder des ganzen Gebiets Bahhren, ausgenommen des Caſtells, in welchem Mümes Sultän ſich ſo lange vertheidigte, bis er von Khaſſemibn Dsjaber von Asloe, Hülſe erhielt, und Dsjubbra wieder von der Inſel vertreiben konnte. Als nun endlich die Un- ruhen in Perſien allgemein wurden, bemächtigte ſich Mohämmedibn Dsjabar von Asloe und dem Stamme Harräm, dieſer Inſeln für ſich ſelbſt. Nachher er- oberten Mir Naſſer von Benderrigk, und Schech Naſſer von Abuſchähhr ſelbige gemeinſchaftlich. Erſterer vertrieb den leztern von Bähhren. Der Stamm Harräm vertrieb wiederum den Mir Naſſer. Endlich glückte es dem Schech Naſſer von Abuſchähhr dieſe Inſel wieder zu erobern, und dieſer war im Jahr 1765 Herr von Bähhrein, nachdem er deswegen noch verſchiedene Kriege mit den Hulen und den Harräms geführt hatte. Die Inſeln Bähhren ſollen in den ältern Zeiten ſo ſtark bewohnt geweſen ſeyn, daß man auf denſelben 365 Städte und Dörfer gezählt habe. Jezt aber iſt auf der Inſel Aual nur eine Stadt mit einigen Feſtungswerken, und man ſoll über- haupt auf dieſer und allen darzu gehörigen Inſeln, nicht mehr als 4o bis 5o meiſten- theils ſchlechte Dörfer finden. Die übrigen ſind alſo vermuthlich in den vielen Kriegen, die die Ausländer ihrentwegen geſührt haben, nach und nach verlaſſen worden. Die Perlfiſcherey bey Bahhrein iſt noch jezt berühmt. Weil aber die Hulen, für die Freyheit Perlen zu fiſchen, wenig oder gar nichts bezahlen, ſo ſollen die Einkünfte des Schechs von Abuſchähhr, ſowohl von der Perlfiſcherey als von Tt 2 den *) Mr. Jones nennet ihn in Mahadi Khans Hiſtoire de Nadir Schah Part.-II- P. 14- " - Cheikh Gebareh. X 332 unabhängige Herrſchaften den Datteln, welche hier in großer Menge wachſen, nicht mehr als ohngefehr eine Lak d. i. 1ooooo Rupie (ohngefehr 66666# Rthl.) betragen, und hievon müſſen noch die Feſtungswerke, die Beſatzung und andere Bedienten unterhalten werden. Die Einwohner auf Bahhrejn ſind alle Schiiten, und die Landesſprache iſt Arabiſch. Weil nun auch die perſiſchen Gelehrten den Korän in der Grundſprache verſtehen müſſen, ſo kommen viele Perſer wegen ihres Studirens, beſonders um die arabiſche Sprache zu lernen, hieher, und man nennet Bahhrein deswegen eine hohe Schule der Schii- ten. Verſchiedene, welche auf dieſer Inſel geweſen waren, haben mich verſichert, daß man daſelbſt auf einer Stelle ziemlich weit von der Küſte auf 2 Faden tief ſchönes friſches Quellwaſſer finde, und daß die Fiſcher hier oft Trinkwaſſer holen, indem ſie nemlich untertauchen, und ihre Schläuche auf dem Boden der See füllen. Weiter nördlich liegen verſchiedene kleine unbewohnte Inſeln, und nicht weit von der Stadt Grän iſt eine wohlbewohnte Inſel Feludsje ºzº oder «Lºs, den Arabern gehörig. D'Anville nennet ſie Peluche. Die Einwohner ſind meiſtentheils urſprünglich von Bahhren, und ernähren ſich noch jezt vornemlich von der Perlfiſcherey bey dieſer Inſel. Unter den vielen unabhängigen arabiſchen Stämmen in und an dem perſiſchen Meerbuſen, triſt man vielleicht keinen einzigen an, welcher mit allen übrigen in Frieden lebt. Es ſcheint wenigſtens daß ſie im Jahr 1765 alle von einem oder dem an- dern beunruhigt wurden. Soliman, Schech des Stammes Kiäb, führte zu der Zeit Krieg gegen Basra d. i. gegen den türkiſchen Sultän, gegen den arabiſchen Stamm Montefids, gegen den Wekil von Perſien, gegen die engländiſche oſtin- diſche Handlungsgeſellſchaft, und gegen Mir Mahénna. Mir Mahénna, Herr von Benderrigk, führte Krieg gegen die engländiſche und holländiſche oſtindiſche Handlungsgeſellſchaften, gegen den Wekil von Perſien, gegen den Stamm Kiäb, und den Schach zu Abuſchähhr. Schech Naſſer zu Abuſchähhr führte Krieg gegen Mir Mahénna, gegen den Schech zu Tähhrie, und den Schech zu Konkün. Der Schech zu Tähhrie führte Krieg gegen Abuſchähhr, Nabend und den Schech von Grän. Der Schech zu Nabend führte Krieg gegen Täkhrie und Nachélo, in und an dem perſiſchen Meerbuſen. 333 Nachélo. Der Herr der Inſel Hormus führte Krieg gegen den Stamm Ben Amin auf der Inſel Kiſchme. Der Stamm Ben Amin führte Krieg gegen Mulla Ali Schah auf Hormus, und gegen den Imäm von Omän. Zu Tsjaräk war gar kein Oberhaupt, ſondern verſchiedene Schechs von einer Familie zankten ſich ſchon ſeit einigen Jahren, welcher von ihnen der regierende Schech ſeyn, ſollte. u. ſ. w. Da nun die meiſten von dieſen kleinen Stämmen beſtändig auf dem perſ- ſchen Meerbuſen herumſchwärmen, um ſich in den heiſſeſten Sommermonaten durch Perlfiſchen auf der arabiſchen Küſte, und ſonſt durch Handlung und Fiſch- fang zu ernähren; ſo haben ſie oft Gelegenheit ihre Tapferkeit zu zeigen. Ob- gleich alle dieſe Araber ſo menſchlich ſind, daß ich glaube, man könne bey einem jeden dieſer Stämme ſo lange in aller Sicherheit ſeyn, als ſie das ihrige ſelbſt ver- theidigen können, ſo iſt es doch nicht rathſam mit ihren kleinen Schiffen zu reiſen; denn wenn dieſe von ihren Feinden angegriffen und erobert werden, ſo wird ein Fremder eben ſo wohl geplündert, als es unter gleichen Umſtänden bey den Euro- päern geſchehen würde. Es iſt deswegen für einen reiſenden Europäer jederzeit am ſicherſten, wenn er eine Karwane Caffeſchiffe aus Omän, oder ein großes Schiff, deren jährlich verſchiedene aus Indien nach dem perſiſchen Meerbuſen kommen, wäh- let, weil die Araber ſich mit ihren kleinen Fahrzeugen nicht an dieſe wagen dürfen. Ich erhielt einige Nachrichten, welche die Engländer eigentlich zum Unter- richt für ihre nach Básra gehende Schiffer aufgezeichnet haben. Weil dieſe meines Wiſſens noch nicht gedruckt ſind, und wegen ihres genauen geographiſchen Inhalts zur Verbeſſerung einer Charte von dem perſiſchen Meerbuſen ſehr dienlich ſeyn kön- nen, ſo will ich ſie hier noch mit anführen. Sie ſcheinen zu Gambrön geſchrie- ben zu ſeyn. - . Wenn man von hier ab ſegeln, und den Weg zwiſchen Kiſchme und dem feſten Lande nehmen, nachher aber ſich von der Küſte entfernen will, ſo nimmt man einen Lootſen bis Lung (Lundsje), oder Cung (Kunk), zween Städten auf der perſiſchen Küſte. Will man den Weg außerhalb Kiſchme, nemlich zwiſchen die- ſer und der Inſel Larreck (Laredsj) nehmen, ſo ſegelt man gerade über nach Lar- Tt 3 reck 334 Unabhängige Herrſchaften reck, bis man das Caſtell auf Kiſchme (von welcher Inſel eine gefährliche Bank weit in die See gehet) nach N. W. z. N. bringet. Nachher ſegelt man von einer In- ſel zu der andern, und man findet genug Waſſer. An der.Küſte von Kiſchme trift man auch keine Hinderung an, bis zu der weſtlichen Spitze derſelben, die man Baſſadore nennet, und von welcher eine Bank ziemlich weit in die See gehet, aber doch nicht gefährlich iſt, weil man auf ſelbiger 6, 5, oder 4 Faden Waſſer fin- det. Von Baſſadore, oder der weſtlichen Spitze der Inſel Kiſchme ſegelt man ohngeſehr W. z. S. 13 bis 14 Leagues bis zu der Inſel Pollior (Beliör). Dieſe iſt eine von den höchſten, und felſigtſten Inſeln weſtlich von Kiſchme. In der ganzen Gegend von Pollior bis Busheab (Schech Schaib) ſiehet man einen hohen von allen Seiten ovalförmigen Berg auf der perſiſchen Küſte. Zwiſchen Polliör und dem feſten Lande findet man in der Nähe der Inſel Io bis 22 Faden Waſſer. An der perſiſchen Küſte iſt auch tiefer Grund, in der Mitte aber bisweilen nur 3 Faden Waſſer, welches in der Seecharte nicht bemerkt iſt. An der weſtlichen Seite von Pollior, nemlich, zwiſchen dieſer Inſel und Nobfleur (Frur) findet man 40 Faden tief Waſſer. Von Pollior ſegelt man 10 bis 1r Leagues nach N. W. bis Kyem (vermuthlich Käs), einer langen und niedrigen Inſel mit vielen Bäumen. Man ſiehet nachher noch drey andere Inſeln, nemlich: Indaruca (Hinderab) Shittuar eine ſehr kleine Inſel, und nach Weſten von derſelben, Busheab, (Schech Schaib), die weſtlichſte Inſel zwiſchen hier (Gambron), und Cap Berdi- ſtän. Wenn Charrack (vermuthlich Tsjaräk) nach O. z. N. # N. liegt, ſo hat man Inderuca nach Oſten, Shittuar N. z. O. und Busheab zwiſchen N. und N. W. und man kann ſo nahe als man will, zu den erwähnten Inſeln gehen. Das nächſte merkwürdige Land iſt der Berg Barn, (Barn Hill, vielleicht Dahher Asbän). Wenn man dieſen Berg nach N. z. W. ſiehet; ſo liegen die Hügel auf Kenn nach N. W. N, und Cap Noban, welches ſich in einer niedrigen Spitze endigt, nach Oſten. Will man zu Congoon (Konkün) einlaufen, ſo ſegelt man in der Nähe der Küſte bis der Berg Barn ohngefehr N. O. O. kömmt und man kann, wenn Cap Berdiſtan nach W. z. N. # N. lieget, in 8 Faden tief Anker werfen. Im Ausgehen von hier muß man S. W. z. W. und W. S. W. ſteuern, um die Klippen vor Cap Berdiſtan zu vermeiden, und nicht in weniger als - I3 Faden in und an dem perſiſchen Meerbuſen. - 335 13 Faden tief Waſſer kommen, bis man die Hügel auf Kenn, ingleichen Cap Berdiſtan nach Norden erhält, und alſo nach Süden von den Klippen iſt. Als- dann kann man auf II, 1o, bis 9 Faden tief weichem Grund gehen. Die Inſel Monjilla haben wir nicht geſehen, und ich glaube auch nicht, daß man eine ſolche Inſel in dieſer Gegend findet. Ohngefehr 33 Leagues ſüdlich von Cap Noban aber iſt eine Inſel, welche man in keiner Charte findet, und die ich May nenne. Nach Oſten von dieſer Inſel, in der Entfernung von 10 bis 4 Leagues, findet man einen felſigten Grund auf 14 bis 25 Faden tief. Die Inſeln Kenn und Zezarine, an deren Daſeyn die meiſten, welche in dieſem Meerbuſen geweſen ſind, zweifeln, ſind von Cap. Moor geſehen worden. Kenn liegt nach einer guten Beobachtung unter der Polhöhe 27“. 54. und Zearine unter 28. 8. Sie ſind ohngefehr 6 Leagues faſt N. und S. von einander, und 16 bis 17 Leagues von der perſiſchen Küſte ent- fernt, und ſo klein, daß man ſie nicht weiter als 3 bis 4 Leagues ab, ſehen kann*). Er hatte in der Entfernung einer Mile, (# einer deutſchen Meile) von Kenn 20 Faden Waſſer. Wenn man die Klippen vor Cap Berdiſtan vorbey iſt, kann man ſo tief gehen als man will. Das nächſte hohe Land welches man nachher ſiehet, iſt Halela. Dieſes liegt landwärts ein. Man kann auf der Rehde von Bushear (vermuthlich Riſchähhr) 4 Miles vom Ufer in 6 ,5 bis 4 Faden, Anker werfen, wenn man das hohe Land Halela nach O. z. S. # S., und Bushear point nach N. O. öſtlich hat. An dieſem Orte nimt man einen Lootſen wenn man nach Basra gehen will. Man kann hier Waſſer bekommen, es iſt aber ſehr ſchlecht. Die Inſel Carack, (Chareds), welche 9 bis 1o Leagues von dieſer Rehde nach N. W. entfernt iſt, kann mann bey klarem Wetter von hier ſehen. Wenn man einen guten Wind nach Carrack hat, ſo ſegelt man von hier nach Weſten, bis man 6 oder 7 Faden tief Waſſer erhält. Alsdann legt man W. N. W. und N. W. nach der Inſel Carrack an. Auf der Rehde von Carrack, wo die ſüdlichſte Ecke der In- ſel nach S. W. liegt, findet man 10 Faden Waſſer, man muß aber in allen Jahrs- zeiten etwas mehr nördlicher aukern, damit man, wenn der Wind aus S. O. kömmt, zwiſchen den beyden Inſeln Carrack uud Cargo durchſegeln kann. Daſelbſt iſt : 6 Faden -, *) Ebbe und Fluth macht vielleicht dabey einen merklichen Unterſchied, 336 Unabhängige Herrſchaften 6 Faden tief das wenigſte Waſſer. Zu Carrack findet man ſehr gutes Waſſer, in- gleichen Lootſen welche die Schiffe bis Basra bringen. Polhöhe der Inſeln und anderer merkwürdigen Plätze in dem per- ſiſchen Meerbuſen. The great Tomb oder Tumb < Z 2 Z 26“.20^. The little Tomb oder Tumb Namiu - - - 26. I3. Bormoſa oder Bumoſe g 2 - Z - 25. 5O. Surdee oder Schech Sure Z Z - 25. 52. Pollior oder Beliôr Z Z A. 2 - 26. 18. Nobfeur oder Frür < 2 S Z Z 26. Io. The high Land Charrak, vermuthlich Tsjaräk Z 26. 40. Kyen, vermuthlich Käs 3. Z Z - 26. 37. Inderuca oder Hinderabi z Z Z Z- 26. 44. Busheab oder Schech Schaib L. s Z 26. 50. Cap Noban Z 2. Z Z 3. Z 27. 2O. The Isle of May 2- Z Z Z K 25. 52. Barn Hill Z A A I A A 27. 27. Cap Berdiſtan < A A A Z A 27. 49. Humoks of Kenn $. L A 2. Z 28. I2. The high Land Halala - <. <. - z 28. 5O. Bushear Road, vermuthlich Riſchähhr Z - 2 > 28. 54. Carrack oder Charedsje g < A - 29. I2. Bunderech oder Benderrigk - Z -- 2- 29. 16. Cap Bang oder das Vorgebürge Bank - Z Z 29. 50. Buſſora Barr oder die Bank vor der Mündung des Euphrats und des Tigers Z Z 2. - - S 29. 57. Der Ausfluß des Schatelarrab - D A 3O. 7. Kenn Z 2. - Z Z - Z 27. 54- Zezarine Z 2: Z - Z 2. Z 28. 8. Eine in und an dem perſiſchen Meerbuſeu. 337 “--- ------ =-------- Eine andere Liſte von der Polhöhe der merkwürdigſten Plätze in dem perſiſchen Meerbuſen. Der Hafen zu Muſcat oder Maſkät 2- - A 23'.44'. NB. Er liegt nach meinen Beobachtungen einige Minuteu ſüdlicher. Siehe S. 296. - Die Inſel vor dem Hafen zu Maſkät (Fachel) 2 2. 23. 50. Cap Jaſques - K Z - - Z 25. 40. Cap Bombarek oder Kohumbarek Z A Z 26. O. NB. Dieſes Vorgebürge liegt nach meiner Beobachtung unter der Polhöhe 25“. 49“. Cap Muſſeldom oder Räs Muſſendom - S 26. 24. The great Coin, eine von den beyden Inſeln Benatha und Saläme 26. 28. Larrck oder Lareds - A - - - 26. 53. Ormuſe oder Hormus Z - Z 2. Z 27 8. Die Rehde zu Gambrön „Z Z D Z Z 27. I4. Die N. O. Ecke von Kiſchmis oder Kiſchme Z Z 27. T. Die S. W. Ecke dieſer Inſel 2 - 2 S 26. 34- Angar oder Hindsjäm Z - M. A - 26. 50 The great Tomb oder Tumb (S. 328.) A '- 26. I. The little Tomb oder TUmb NamiU A F Z 26. 20. Bomoſa oder Bumoſe F g A 2- Z 25. 58. Surde oder Schech Sure Z d. Z Z 26. 5. Nobfeur oder Frür - - - 2- 26. 13. Pollior oder Beliör D s - - - 26. 25. The high Land Charrek (vielleicht Tsjaräk?) S 2- 26. 40. Kyen. (vielleicht Käs?) - A - $ Z 26. 37. Inderabia oder Hinderabi A. A 2- Z 26. 44. Shitwar oder Schittuar - 2 - s 26. 47. Busheab oder Schech Schaib Z ſ Z - 26. 5G, Cap Nabon A A - 2 2 2. 27. 3O. Die Inſel May - - - Z - 25. SO, v U u Barn ------- -– 338 Unabhängige Herrſchaften Rarn Hiil (vielleicht Dahher Asban?) - - 27'.44%. Cap Verdiſtan oder Berdiſtän 2. 2: S A 27. 57. Hamocks of Kenn A - s " s 2. 28. I- Zezarine Z A A Z A g 28. 8. The high Land of Halila – L. s 28. 55- Die Inſel Kenn - A 3 g 27. 54- Die Rehde zu Carrek oder Chareds f s Z 29. 2O. Die Rehde zu Bundarck oder Benderrigk "z z 29. 28. Cap Bang Z Z s 2- Z 29. 44- Die Inſel Felicha oder Feludsje Z $ - 29. 45. Die Bank vor der Mündung des Schatelarrab - 2. 29. 57. Der Ausfluß des Schatelarrab 2. s E 30. 6. Die Stadt Boſſora oder Básra 2. 2. - 3O. 3O- NB. Leztere Beobachtung ſtimmt mit der meinigen genau überein. Entfernung und Lage der erwähnten Plätze gegen einander. Gleichfalls nach den Beobachtungen der Engländer. Die Inſeln Tumb und Tumb Namiu liegen 6. bis 7 Miles (1. bis 1# deutſche Meilen) W. z. S. und O. z. N. von einander. Die Inſel Tumb liegt 16 bis 17 Miles nach Süden 3“ Oſt von Baſſa- dore, der weſtlichen Spitze auf Kiſchme. Die Inſel Tumb Namiu iſt 18 bis 19 Miles nach Süden 15° Weſt von Baſſadore. Bumoſe liegt nach Süden 40 bis 54“ weſtlich, und 23 Miles von Tumb Namiu. - Belior liegt nach Norden 44“ weſtlich in der Entfernung 38 bis 39 Miles von Bumoſe, und 5 Leagues nach N. N. O. von Frür. Die Inſel Schech Suré liegt 6 bis 7 Miles nach Süden zum Oſten von Frür, und 31 Miles nach N. 79 W. von Bumoſe. - Kyen (vermuthlich Käs) liegt 1o bis 11 Leagues nach N. W. i. W. von Beliór. «- - : Hinderabi ---- -- - - –- -- --- – in und au dem perſiſchen Meerbuſen. 339 Hinderabi liegt 8 Leagues nach N. W. z. W. von Käs. Schech Schaiib liegt nach N. 58 W. von Hinderabi, in der Entfer- nung 7 Leagues. - Räs Berdiſtän liegt 40 Leagues nach N.47 W. von Schech Schaiib. Die Inſeln Ken und Zezarine liegen 4 bis 5 Leagues N. z. W. und S. z. O. von einander. - - Bushear Fort (vermuthlich das alte Caſtell Riſchähhr) liegt 19 bis 20 Laagues nach N. 33 O. von der Inſel Zezarine. Die Inſel Charedsje liegt 35 Leagues nach N.30 W. von Räs Berdiſtän. Die Inſel May liegt 33 Leagues von Räs Nabon nach S. 2 O. V. Die Landſchaft Lachſa oder Hadsjar. D Landſchaft heißt eigentlich Lächſa oder elHäſſa U-', oder Had- sjar +*. Der Theil derſelben welcher an den perſiſchen Meerbuſen gränzt, wird auch noch wohl Bähhrein genannt. Indeſſen verſteht man jezt unter dem Namen Bähhrejn gemeiniglich nur die Inſel Aual mit den darzu gehö- rigen kleinen Inſeln, wie im vorhergehenden bemerkt worden. Die Landſchaft Lächſa oder Hadsjar gränzt nach Oſten an den perſiſchen Meerbuſen, nach Nor- den an das Gebiet der Araber in der Gegend von Básra, nach Weſten an Nedsjed, und nach Süden an Omän. Man findet daſelbſt ſo wohl Schiiten als Sünniten. Die Einwohner der Städte, beſonders derer in der Gegend des perſiſchen Merbu- ſens, bekennen ſich zu der erſtern, und die Bedouinen, ingleichen die Einwohner der Städte und Dörfer in dem Innerſten des Landes, zu der leztern Sekte. Mau trift in dieſer Landſchaft auch viele Sabbäer oder St. Johannischriſten, ingleichen einige Juden an. Die Juſtiz wird hier gut beobachtet, und die Handlung iſt anſehnlich. Die Bewohner der Küſte haben große Einkünfte von ihren Perlfiſchereyen, die Bauern von ihren Datteln, die Fabrikanten von ihren U u 2 A Ga 340 Die Landſchaft Lächſa oder Hadsjar. Abba*), welche in ganz Perſien und Arabien geſucht werden, und die Bedouinen von ihren Kameelen, wovon jährlich einige tauſend zum Verkauf nach Syrien ge- bracht werden. Die Eſel aus Lächſa ſind auch berühmt, und werden von den Fremden theuer bezahlt. Dieſe Landſchaft war ehmals eine Provinz des türkiſchen Reichs. Die Araber aber haben die Paſchäs ſchon vor vielen Jahren von hier vertrieben, und man findet jezt von dieſer Nation in der Provinz Lächſa nur einige wenige Familien, welche man die Abkömmlinge der Paſchäs nennet, und die ſich noch be- ſtändig durch die türkiſche Kleidung von den Arabern unterſcheiden. Dieſe beſitzen zwar noch jezt große Landgüter. Sie haben aber gar kein Antheil an der Regie- rung, ſondern dieſe ganze Gegend gehört Beni Chaled, einem der mächtigſten Stämme in ganz Arabien, welcher ſich in der Wüſte ſo weit ausbreitet, daß er bisweilen die Karwanen zwiſchen Bagdad und Häleb beunruhiget. Der jezt regie- rende Schech heißt Arär. Der größte Theil dieſer Landſchaft iſt von Bedouinen, und alſo von ver- ſchiedenen arabiſchen Stämmen, welche die Oberherrſchaft des Stammes Beni Chäled erkennen, bewohnt. Man findet in derſelben aber auch verſchiedene Städte, als: Lächſa, die Reſidenz des regierenden Schechs. Dieſe Stadt iſt groß und wohl gebauet. Man ſoll ſie auch Hadsjar nennen, vielleicht aber iſt Hadsjar eigent- *) Abba iſt ein weiter Oberrock ohne Ermel. Man kann ſich die Figur dieſer Kleidung leicht vorſtellen, wenn man in dem Boden eines Kornſacks eine Oefnung für den Kºpf, an den Seiten, Oefnungen für die Arme macht, und dann den Sack forne von oben bis unten aufſchneidet. Ich ſah zu Zobeier oder alt Básra einen blinden Schneider, welcher ſich über 2o Jahre ohne das Tageslicht ſehen zu können, dennoch durch ſein Handwerk ernähret hatte. Alſo wird nicht viel Kunſt er- fordert um einen Abba zu machen. Ich kann beyläufig noch bemerken, daß ich zu Schiras einen blinden Korbmacher geſehen habe, der ſein Brodt durch ſeiner Hände Arbeit verdieute. Wenn man hieraus einen allgemeinen Schluß machen wollte, ſo könnte man ſagen, daß die Araber und Perſer ohne Noth nicht bet- teln. Allein - man findet ſo wohl unter dieſen als andern Nationen auch große Fauläxzer. Die Landſchaft Lächſa oder Hadsjar. 34 L eigentlich nur der Name der Provinz, und nicht der Name einer Stadt in dieſer Gegend. Von den übrigen inländiſchen Städten und Dörfern dieſer Land- ſchaft habe ich keine Nachrichten erhalten. An dem perſiſchen Meerbuſen aber liegt: -a-S Katif, eine anſehnliche Stadt und Seehafen, etwa 5 deutſche Meilen von Aual oder Bahhrejn. Die Einwohner derſelben ſind Schiiten, und beſtehen größtentheils aus Flüchtlingen von der erwähnten Inſel. Sie ernähren ſich noch jezt von der Perlfiſcherey, und, wenn ſie ſelbſt nicht ſo reich ſind, daß ſie auf ihre eigene Koſten fiſchen können, ſo laſſen ſie ſich zu dieſer Arbeit für eine gewiſſe Bezahlung von fremden Kaufleuten, die ſich des Perlfangs wegen in den vier heiße- ſten Monaten hier aufzuhalten pflegen, gebrauchen. Man findet hier noch über- bleibſel von einem alten portugiſiſchen Caſtell. Die Luft dieſer Gegend wird in der heißen Jahrszeit für ſehr ungeſund gehalten. Man nannte Kattf auch Schat. Ich bin aber nicht gewiß,- ob der leztere Name nicht eigentlich die Küſte überhaupt bedeute. Tarud liegt nicht weit von Katifund auf einer (Dsjesire) Inſel*). „Lºs Gattar, ein Hafen auf eben dieſer Küſte, der Inſel Bahhrein gegen über. Die Einwohner dieſer Stadt bezahlen jährlich 3ooo Rupie für die Freyheit auf der Küſte von Bahhrein Perlen fiſchen zu dürfen, an den Schech zu Abuſchähhr. Der Name dieſer Stadt kommt bald nachher wieder vor. Siegehört alſo vielleicht nicht zu dem Gebiete des Stammes Beni Chäled. - A-” Adsjär, iſt ein anderer kleiner Hafen in dieſer Gegend. –º. Koueit, eine Stadt und Seehafen 3 Tagereiſen von Zobeir oder Alt Basra, und nicht weit von Chör Abdilla, einem langen Meerbuſen nach Weſten von dem Ausfluß des Schatelárrab. Die Perſer, und überhaupt die Ausländer, nennen dieſe Stadt GRÄ Grän, ein Name, welcher viele Ähnlichkeit mit Gerra hat, deſſen Plinius *), und andere alte Schriftſteller erwähnen. Dieſe Stadt ſoll 8oo Schiffe haben. Ihre Einwohner ernähren ſich vornemlich U U 3 durch - *) Abufeda hörte Tarud ſey zur Ebzeit eine Halbinſel, und werde bey der höchſten Fluth eine Inſel. Solche Oerter ſind an den Küſten, wo die Fluth hoch ſiegt, wie in dem perſiſchen Meerbuſen, nicht ſelten. ") Libr. VI. 32. Strabo Libr. XVI. p. 885. 342 Die Landſchaft Lächſa oder Hadsjar. durch die Perlfiſcherey auf der Küſte von Bahhrejn, und durch den Fiſchfang. Die Anzahl ihrer Einwohner rechnet man überhaupt auf 1oooo. In der heiße- ſten Jahrszeit aber, wenn ein großer Theil von ihnen ſich in der Gegend von Bah- rejn aufhält, und wenn viele von den übrigen mit den Karwanen Kameelen nach Damáſk, Häleb und nach andern Gegenden reiſen, rechnet man die Anzahl der Einwohner zu Koueit oder Grän nicht über drey Tauſend. Der hier regierende Stamm Araber iſt von Beni Ötba, aber dem Stamm Beni Chaled zu Lachſa unterwürfig. Es ſcheint daß der Stamm Ötba auch bisweilen ſucht ſich unabhängig zumachen; denn man ſagte, daß die Einwohner zu Grän, zu der Zeit wenn der Schech von Lachſa mit einer Armee gegen ſie anrückt, ihre Sicherheit auf der Inſel Féludsje, welche zu ihrem Gebiete gehört, ſuchen. Bey Grän iſt noch ein portugiſiſches Caſtell. Dem Schech zu Grän gehört auch Hararadien. s/gº-Dsjahhere, eine ruinirte Stadt eine Tagereiſe nördlich von Grän, liegt vermuthlich auch in ſeinem Gebiet. Zwiſchen dem Gebiet der Araber Beni Chäled und der Landſchaft Omän wohnet ein großer Stamm Al Muſillime.“ U), unter welchem folgende Örter ſtehen, als: „Hs Gattar, «ay- Huäle, º2 Juſofie und s-, Faräha. Auch wohnet ein Stamm mit Namen Beni As in dieſer Gegend, er iſt aber nicht mächtig, und ſein Land iſt ſo ſchlecht, daß ſeine Nachbaren eben keine Urſache haben es ihm zu beneiden. VI. Die Landſchaft Nedsjed. D große Landſchaft erſtreckt ſich von Lächſa oder Hadsjar, und dem arabi- ſchen Iräk oder Äräk nach Weſten bis Hedsjäs, und von Nedsjerän und Kachtän d. i. von Jemen, nach Norden bis an die Wüſte von Syrien. Der größte Theil derſelben wird von Bedouinen oder herumſtreifenden Arabern bewohnt. Der Theil aber, welcher im engern Verſtande Nedsjed genannt wird, iſt bergigt und voller Städte und Dörfer, und ſo voll von kleinen Herrſchaften, daß faſt eine jede Die Landſchaft Nedsied. 343 jede kleine Stadt von einem freyen und unabhängigen Schech regieret wird. In- deſſen haben viele von ihnen in den Zeiten, da die Scherifs noch mächtiger waren, bis- weilen Schatzung nach Mekke bezahlen müſſen. Die bergigte Gegend von Nedsjed iſt fruchtbar an allerhand Früchten, beſonders an Datteln. Doch trift man daſelbſt wenige Flüſſe an, und ſelbſt der Fluß, welcher auf der D'Anvilliſchen Charte bemerkt iſt, iſt ein Wadi, und hat nur Waſſer nach einem ſtarken Regen. Die Araber dieſer Gegend ſind alſo genöthigt ihr Waſſer in tief gegrabenen Brunnen zu ſuchen, und dieſer Urſache wegen iſt der Ackerbau hier ſehr beſchwerlich. - In der Landſchaft Nedsjed 0-F“ im engern Verſtande, ſind beſonders zwey Provinzen merkwürdig, nemlich Eláred L-As) und Elcherdsje T A+'. Die Provinz Eláred gränzt nach Oſten an die Landſchaft Hadsjar, und man fin- det darinnen : * - «AS/0J Daraie, ein Diſtrikt welcher in den ältern Zeiten Wadi Hanife sºe- „es genannt ward, und unter dieſem Namen noch jezt bekannt iſt. Hierzu gehört: ºs) Elaijäne, eine Stadt die in den leztern Jahren durch einen Abdulwähheb, deſſen bald nachher erwähnt werden wird, berühmt worden iſt. "Sººº Munfuha, eine andere Stadt in dieſem Diſtrikt. Ferner rechnet man zu Eláred: ** = Medsjemäa, ---- Hörme, JºW-FDseladsil, “SºA Roda, so A Turmade, A. Schakgra, FÄ» Uſchädsjir, - sº Elghad, „Ä) Silfia, says Tuwem, e-><s) el Kuſſab, Dum, so?/º Bräde, Lyº Muräd, «Lº- Härmäle, -304 Mädneb, eB-S Dsjebrin*). Leztere Stadt liegt auf der Gränze von Hadsjar. Die Provinz elCherdsje liegt in dem ſüdweſtlichen Theil von Nedsjed, und alſo auf der Gränze von Jemen, und erſtreckt ſich an der Oſtſeite von Hed- sjas, weit nach Norden. Hierzu rechnet man: ---M Elamäme oder Imäme, eine Stadt welche ſchon zu Mohämmeds Zeiten durch Moſeiläma, der ſich zu einem Pro- – *) Abulfeda beſchreibt die Lage dieſes Orts, welchen er eR-2 nennet, genauer. Er ſagt nemlich Jabrin mache mit Láchſa oder Elhaſſa und Jºuäma einen gleich- ſeitigen Triangel, deſſen jede Seite 3 Tagereiſen lang iſt. - 344 Die Landſchaft Nedsied. Propheten aufwarf, berühmt war. Der Diſtrikt worinn ſelbige liegt heißt Surſa. Es gehört ferner zu dieſer Provinz: JoJ) Diläm, –y=' Hartk, ZYM Eläfflaidsje, N. Leila, Sao. Bodiá, -- Hauta. **** Dobäa, ***“ Salemia. Dieſe leztere Stadt liegt auf der Gränze von Jemen. Der Scherif Eddris erwähnt derſelben, und vieler andern Städte dieſer Gegend. - e,--* Mädsjeren und UK- Mäkäl, liegen in dem nordlichen Theit von Nedsjed, nicht weit von dem Berge Schämer. Zºs Anäſe, / -- Aſchäre und Kaſim liegen 10 Tagereiſen von Basra. Der Berg Schamer - 0-S, welcher mit zu der Landſchaft Nesied im weitläuftigern Verſtande gerechnet wird, liegt nur 1o Tagereiſen von Bagdad. Auf demſelben findet man: 02- Hail, SMy Mukek, Alºis Kafär und sä Boká. - Eben ſo wird auch eine bergigte Gegend Dsjöfäl Sirhän - - e-tº-U, zwiſchen dem Berge Schamer und Schäm (Syrien), mit zu Nedsjed gerechnet. Daſelbſt ſindet man: «WK- Skake und -20 Duma. Leztere Stadt hat nach der Meinung des Herrn D. Büſching ihren Namen von Ismaels Sohn erhalten. 1 Buch Moſ. 25, 14. 1 Chron. I, 30. Sie heißt bey Abulfeda Dowmata 'lgiandal, ' Die Araber in Nedsjed ſind gegen Fremde eben ſo wenig grauſam, als die übrigen Araber, und nicht weniger gaſtfrey. Weil man aber in dieſer Land- ſchaft ſo viele unabhängige Herrſchaften antrift, welche alle von ihren eigenen Schechs regieret werden, ſo kann man leicht denken, daß ein Reiſender in dieſen Gegenden wenig Sicherheit erwarten könne. Ein jeder dieſer Schechsſucht von den Reiſenden zu gewinnen, ſo viel er kann, und weil ſie unter ſich ſelbſt faſt beſtändig Krieg führen, ſo werden dieſe bisweilen gleich von denen, zu welchen ſie zuerſt kommen geplündert, damit ſie durch die bey ſich habenden Sachen nicht ihre Nachbaren bereichern mögen, Fremde und reiche Kaufleute können es bey dieſen Umſtänden nicht wagen, mit ihren Gütern durch dieſes Land zu ziehen. Die Karwanen - – - ". . - Pil- - Die Landſchaft Nedsed. 345 Pilgrimme, welche jährlich vonO män und Lächſa nachMékkereiſen, beſtehen gemeinig- lih aus Bettlern, oder aus Leuten, die während ihrer Reiſe als nothdürftige angeſehen ſeyn wollen. Die Karwane, welche jährlich mit vielen reichen Perſern von Bagdad nach Mekke durch einen Theil von Nedsjed ziehen muß, iſt genöthigt im Verhält- niß ihrer Größe, eben ſo viele Geſchenke, Zoll oder Wegegeld an die Araber zu be- zahlen, als die türkiſchen, egyptiſchen und maggrebiniſchen Karwanen, welche durch Hedsjas reiſen. Doch ſollte man vermuthen, daß die Städte in Nedsjed unter ſich, und mit den benachbarten Städten in Hedsäs, Jemen und Hadsjar, eine ziemliche Handlung treiben, und daß es deswegen auch für einen reiſenden Eu- ropäer möglich ſey, dieſen innerſten Teil von Arabien zu beſuchen. - Man wollte zu Básra behaupten, daß ein junger Araber in Nedsjed ſich nicht verheyrathen dürfe, bevor er ſeine Tapferkeit dadurch, daß er einen Feind getödtet, gezeigt habe *). Dieſes iſt vermuthlich übertrieben, woferne man un- ter dieſer Feinde nicht auch die wilden Thiere mit verſteht, und dennoch beobachtet man dieſes Geſetz wohl nicht genau, weil die Araber dieſer Gegend vermuthlich eben ſo eiſrig ſind ihre Kinder früh zu verheyrathen, als die übrigen Mor- genländer. Die Einwohner der Städte und Dörfer in Nedsjed waren vormals, ei- nige wenige Sabbäi oder Johannischriſten und Juden ausgenommen, alle Sün- niten, und ſo wie ein Theil der Mohammedaner in Hadsar, eifrige Anhänger des Hänbali. Seit einigen Jahren iſt in der Provinz Eláred eine neue Sekte, oder gar eine neue Religion entſtanden, die vielleicht mit der Zeit große Veränderung in der bisherigen Religion und Regierungsform der Araber erregen kann. Der Stif- ter *) Tacitus bemerkt ein ähnliches von den Catten, einer Nation die in Heſſen wohnete, daß ſie nemlich ihre Haare nicht abſchneiden dürfen, bevor ſie einen Feind getödtet hatten. Hiebey erinnere ich mich gehört zu haben, daß die jungen Araber eini- ger Stämme zwiſchen Basra und Damaſk auch ihre Haare auf der Stirne wach- ſen laſſen müſſen, bis ſie eine ruhmwürdige That verrichtet haben. Ich hielt es damals für eine Fabel, und habe deswegen die Namen der Stämme, in wel chen dieſe Gewohnheit beobachtet wird, nicht aufgezeichnet. 3. r 346 Die Landſchaft Nedsjed. A ter dieſer neuen Religion war einer mit Namen Abdulwäheb. Er war in Ned- sjed geboren, und legte ſich in ſeinen jüngern Jahren auf die arabiſchen Wiſſenſchaf- ten in ſeinem Vaterlande. Er lebte nachher verſchiedene Jahre zu Basra, und reiſete auch nach Bagdad und Perſien. Nach ſeiner Zurückunſt in Nedsjed brei- tete er ſeine neue Meinungen in der Religion unter ſeinen Landesleuten aus, und war ſo glücklich die Gunſt verſchiedener Schechs in der Provinz Eláred zu gewin- nen. Die Unterthanen ſeiner Freunde, der unabhängigen Schechs, folgten dem Beyſpiel ihrer Regenten, und wurden gleichfalls Anhänger dieſes neuen Lehrers. Einige von den Neubekehrten unabhängige Schechs, welche vorher beſtändig Krieg mit einander geführt hatten, wurden durch die Vermittelung des Abdulwäheb, Freunde, und vereinigten ſich nichts wichtiges zu unternehmen, ohne ihren Apo- ſtel um Rath zu fragen. Hiedurch nun ward das Gleichgewicht unter den kleinen Prinzen in El áred gänzlich aufgehoben. Verſchiedene Schechs, die vorher ihren Nachbaren allein kaum gewachſen geweſen waren, konnten nun der vereinigten Macht ſo vieler gar nicht widerſtehen, und die Kriege wurden immer heftiger, weil der Pöbel von beyden Seiten glaubte, daß er ſeiner Religion wegen verfolgt würde, und daß er verpflichtet wäre ſelbige gegen die Ketzer, oder gegen die hartnäckigen Ungläubigen, welche in den alten vermeinten Irrthümern verharren wollten, zu vertheidigen. Nachdem Abdulwäheb ſich einen großen Theil von Eláred unterwürfig gemacht hatte, und die übrigen Schechs, welche noch zum theil unter ſich ſelbſt Streitigkeiten hatten, nicht mehr im Stande waren, ſich ſeinen Waffen zu wie- derſetzen; ſo riefen ſie Arär, den Schech von Lächſa zu ihrer Hülfe. Dieſer glaubte nicht nur verpflichtet zu ſeyn, ſeinen Religionsverwandten Beyſtand zu lei- ſten, ſondern er ſelbſt hatte Urſache zu fürchten, daß die neuen Enthuſiaſten mäch- tig genug werden würden, auch ſein Gebiet beſuchen zu können. Die erſte Armee welche der Schech Arär nach Eláred ſandte, ward geſchlagen. Er kam nach- her ſelbſt (wie man ſagt) mit einem Heer von 4oooo Mann, mit 4 alten portugi- ſiſchen oder türkiſchen Kanonen und einem Mörſer, und belagerte Abdulwäheb in einer Bergfeſtung in Daraie, ich glaube zu Elaijäne. Weil er aber ſein gro- bes Geſchütz nicht gehörig zu gebrauchen wußte, und ſeine Leute zu nahe unter die Feſtung Die Landſchaft Nedsjed. 347 Feſtung führte, ſo ward er dermaßen durch die Flinten der Belagerten empfangen, daß ſeine Armee in Unordnung gerieth, und wieder nach Lächſa zurück keh- ren mußte. - Ich habe in meiner Beſchreibung von Jemen bemerkt, daß Mékkrami, der Schech zu Nedsjerän auch eine neue Sekte geſtiftet habe. Einer aus Lächſa, mit welchem ich in Perſien reiſete, wollte behaupten, daß beyde, Abdulwäheb und Mékkrami einerley Grundſätze in der Religion haben, und dieſes iſt nicht unwahrſcheinlich. Sie ſcheinen wenigſtens gute Freunde zu ſeyn; denn, Mékkrami iſt zwar in ganz Arabien wegen ſeiner Tapferkeit berühmt. Aber ſeine Armee iſt meiner Meinung nach zu klein, als daß er damit ungehindert durch die am ſtärkſten bewohnte Gegend der großen Landſchaft Nedsjed, ziehen, und nachher einen ſo mächtigen Feind als Beni Chäled hätte angreifen können. Es iſt dieſes aber würklich in dem Jahre 1763 oder 1764 geſchehen. Ich glaube deswegen, daß Mékkrami ſich zu dieſer Zeit mit der Armee des Abdulwäheb oder vielmehr ſeines Sohnes Mohämmed, vereinigt habe, wie der erwähnte Araber aus Lächſa mich verſicherte. Indeſſen wollte man zu Basra behaupten: daß Mékkrami und die Anhänger des Abdulwäheb keine Freunde wären, ja daß erſterer nach ſeiner Zurückkunft aus Lächſa, mit 700 Mann eine Armee von 3000 Mann in Eláred geſchlagen, und die Schechs dieſer Landſchaft genöthigt habe, nicht nur eine große Summe Geldes baar zu bezahlen, ſondern auch zu verſprechen nachher jährlich ei- nen Tribut zu geben. Vielleicht hatte Abdulwäheb ein Bündniß mit Mékkra- mi, ſo wie die Sünniten in Nedsjed mit dem Schech von Lächſa, gemacht, und ſo wäre es nicht unwahrſcheinlich, daß beyde, Abdulwäheb und Mékkrami ver- ſchiedene Schechs in den Provinzen Eláred und Elcherdsje ſich unterwürfig gemacht hätten. Diejenigen Schechs in Eláred, welche ſich noch zur alten Religion beken- nen, ſind von der Parthey des Abdulwäheb dergeſtalt in die Enge getrieben, daß ſie zu der Zeit, da ich zu Basra war, an alle benachbarte Araber um Hülfe ge- ſchrieben hatten. Weil ich keine Gelegenheit fand, mit den Anhängern der Sekte des Abd- ulwäheb bekannt zu werden, ſo kann ich auch von den Grundſätzen ihrer Religion nichts mit Gewißheit ſagen. Die Sünniten ſind ihre Feinde, und ſuchen ihre Re- 3 : 2 ligion, 348 Die Landſchaft Nedsjed. ligion, wie es gemeiniglich zu geſchehen pflegt, von der ſchlimmen Seite vorzuſtel- len. Sie wollen ſie verhaßt machen, oder auch den Fremden einbilden, daß der Unterſchied zwiſchen der neuen und alten Sekte nicht groß ſey. Unter die leztern kann ich einen Gelehrten zu Basra zählen, welcher behauptete, daß die Anhänger des Abdulwäheb, noch beſtändig Mohämmed ihren Propheten nennen, daß ſie beten und ſaſten wie die übrigen Mohammedaner, und daß der Unterſchied zwiſchen ihnen und den Sünniten nur darinn beſtehe, daß ſie von den Heiligen derſelben nichts wiſſen wollen. Hiernach ſollte man glauben, daß Abdulwäheb nichts gelehrt habe, als die reine Lehre der Sinniten. Denn die großen Geiſtlichen von dieſer Sekte beſtrafen zwar den Pöbel nicht, wenn dieſer etwa einen Heiligen anruft; aber ſie billigen ſo wenig die Anrufung Mohämmeds, als anderer ver- meinten Heiligen. Jedermann ſoll nach ihren Grundſätzen ſein Gebet bloß zu Gott richten. Ein gewiſſer Schech, der von Jugend auf in der Wüſte hermmge- reiſet war, und bey Gelegenheit, da er ſeine Kameele an Kaufleute vermiethete, nicht nur die vornehmſten Städte in Nedsjed, ſondern faſt in ganz Arabien geſehen hatte, wollte beſſer unterrichtet ſeyn. Dieſer gab vor, Abdulwäheblehre ſeine Schüler Gott als den Schöpfer und Regierer aller Dinge zu verehren und anzubeten; er verbiete ihnen aber in ihrem Gebete weder des Mohämmeds, noch irgend eines andern Propheten oder Heiligen, und ſelbſt nicht ſeines eigenen Namens zu geden- ken, weil dieſes zur Abgötterey Anlaß geben könne. Mohámmed, Chriſtum, Moſen und viele tauſend andere, die die Sunniten unter die Zahl der Propheten ſetzen, ſoll er bloß als große und würdige Leute anſehen, deren Geſchichte man ohne eine Sünde zu begehen, leſen und hören könne. Er ſoll es aber läugnen, daß jemals durch göttliche Eingebung, oder von dem Engel Gabriel Bücher ge- ſchrieben worden ſind. Ich weiß nicht, wie viel man ſich auf die Nachricht dieſes Arabers verlaſſen kann; denn die Bedouinen nennen ſich zwar Mohammedaner, ſie bekümmern ſich aber gemeiniglich weder um Mohämmed noch um den Korän, und ich glaube deswegen faſt, daß mein Schech die erwähnte Lehrſäße ſelbſt billigte, Abdulwáheb ſoll es für ſündlich halten, wenn jemand in einer großen Gefahr ein Gelübde thut, daß er etwas gewiſſes an die Armen geben wolle, wenn er die Ge- ſahr glücklich überſtehen ſollte. Dieſes iſt mir aber ſchon deswegen nicht wahr- * - - - - - ſcheinlich, Die Landſchaft Nedsjed. 349 ſcheinlich, weil ſeine Nachbaren, die Sünniten, in einer Gefahr außerordentlich andächtig ſind, viel Almoſen zu geben verſprechen, und ihr Wort halten. Er ſoll einem Beleidigten erlauben den Beleidiger ſelbſt zu tödten, ohne darzu die Er- laubniß von der Obrigkeit zu erwarten. Vielleicht haben die Anverwandten eines Ermordeten nur Erlaubniß das Blut deſſelben an dem Mörder oder ſeinen Anver- wandten zu rächen. Nach dem Tode des Abdulwäheb iſt ſein Sohn Mohämmed in des Vaters Fußſtapfen getreten, und jezt gleichſam Pabſt in Eláred. Er wird zwar als ein Geiſtlicher angeſehen, und die verſchiedenen kleinen Herrſchaften werden dem Namen nach, noch immer von ihren Schechs regieret. Mohämmed ibn Abdulwáheb aber iſt ihr Anführer. Er verlangt ſchon von alle ſeinen Unterthanen gewiſſe Schat- zungen unter dem Namen einer Sikka oder Beyſteur zur Unterhaltung der Armen, und zur Vertheidigung ſeiner Religion gegen alle diejenigen, welche er für Ungläubige hält. Die Sünniten, welche ſo halsſtarrig ſind, daß ſie die Religion ihrer Vor- fahren nicht verlaſſen wollen, werden von ihm und ſeinen Anhängern dergeſtalt ge- drückt, daß ſchon viele ihr Vaterland verlaſſen, und in fremden Ländern ihre Frey- heit und Sicherheit geſucht haben. Zu Zobeier, einem Dorfe welches 1 bis 2 deutſche Meilen S. W. z. S. von der jezigen Stadt Básra, und auf derſelben Stelle liegt wo das alte Basra geſtanden hat, waren noch vor kurzer Zeit ſehr wenige Häuſer, jezt aber iſt es von den Flüchtlingen aus Eláred ziemlich angebauet. E =- =Ä ÄF »K VII. Die Landſchaft Hedsjas. D )ſ Landſchaft gränzt nach Oſten an Nedsjed, nach Norden an dem Meer- buſen von Akaba, und vielleicht an die Wüſte von Syrien, nach Weſten an den arabiſchen Meerbuſen, und nach Süden an Jemen. Ich ſelbſt habe von dieſer Landſchaft nichts weiter als nur die Küſte geſehen. Nach dem aber was ich davon gehört habe, ſo iſt die natürliche Beſchaffenheit ihres Bodens zum theil eben - - - - 3 x 3 ſo 35O Die Landſchaft Hedsjäs. ſo gut als in Jemen. Man findet Landwärts ein, viele fruchtbare bergigte Gegenden, und an der Seeſeite flaches Land, welches an einigen Stellen durch Flüſſe, die ſich in den bergigten Gegendenſammlen, auch fruchtbar gemacht werden kann. Der Sultän zu Conſtantinopel will zwar die Oberherrſchaft über dieſe große Provinz von Aralien behaur- ten. Man bekümmert ſich daſelbſt aber würklich nicht vielum ſeine Macht, ſondern die Herrſchaft des Scherifs zu Mekke, welcher zwar als ein Lehnsherr von dem Sul- tän angeſehen werden kann, iſt noch immer anſehnlich, und der übrige Theil von Hedsjäs ſtehet faſt gänzlich unter völlig unabhängigen arabiſchen Schechs. Die Herrſchaft des Sultäns in Hedsjas, beſteht eigentlich nur darinn: 1) das die türkiſchen Karwanen, oder vielmehr Armeen, jährlich einmal gleichſam mit Gewalt durch dieſe Landſchaft ziehen. 2) Daß er auf die wenigen Tage, da die Pilgrimme ſich zu Mekke befinden, durch ſeinen Päſcha, welcher die Karwane von Syrien beglei- tet, den regierenden Scherif ab, und einen andern von derſelben Familie an ſeine Stelle ſetzen kann. 3) Daß er einen Paſcha von drey Rosſchweifen in der Stadt Dsjidda hält, der ſich aber nicht unterſteht allein mit ſeinem Gefolge, welches doch zahlreich iſt, nach ſeiner Statthalterſchaft oder wieder zurückzugehen, ſondern alle- zeit in Geſellſchaft mit der großen Karwane Pilgrimme reiſet. 4) Daß ein Theil der Beſatzung zu Mekke, Medina und Janbo aus türkiſchen Soldaten beſteht. 5) Haben die Türken in verſchiedenen kleinen Caſtellen bey den Brunnen am Wege von Egypten und Syrien bis Mekke, Beſatzungen zur Sicherheit ihrer Karwanen. Man hört aber nicht, daß ſie deswegen etwas über die dabey liegende Städte und Dörfer zu befehlen haben. Die Araber würden alſo die Türken bald aus Hedsjäs vertreiben können, wenn die Freundſchaft des Sultäns ihnen ſelbſt nicht ſehr vortheilhaft wäre. Die Türken ſchicken jährlich aus ihrem bekannten Aberglauben, ſo erſtaunlich große Summen nach Mekke, daß faſt alle Einwohner dieſer Stadt, und alle Nachkom- men Mohämmeds in Hedsjäs davon ein gewiſſes Gehalt als Gaddamel Kába, oder Bediente der Käba haben; ein Titel welcher ihnen zukömmt, weil ſie in dem heiligen Gebiete wohnen, und nicht weil ſie gewiſſe Aufwartungen bey der Käba haben. Überdieß gehen jährlich 4 bis 5 Schiffe auf Rechnung des Sultäns mit Korn, Reis und andern Lebensmitteln beladen, für die Städte Mekke und Me- dina Die Landſchaft Hedsjäs. 35 I dina, von Sues und Koſir nach Iánbo und Dsjidda. Und zu der Zeit, wenn die Pilgrimme zu Mekke ſind, wird auf Koſten des Sultäns ſo viel Waſſer als auf 2ooo Kameeken herbeygebracht werden kann, umſonſt ausgetheilet, u. ſw. Selbſt- die herumſtreifendeu Araber haben große Einkünfte von den Türken. Denn ob- gleich die Karwanen von einem Päſcha aus Syrien, und einem Begk aus Egypten, wovon jeder eine Menge Soldaten bey ſich hat, bedeckt werden; ſo müſſen ſie doch große Geſchenke an die Araber geben, durch deren Gebiet ſie ziehen, wenn ſie ihre Reiſe ruhig fortſetzen wollen. Auf dem arabiſchen Merbuſen hat der Sultän nicht mehr zu befehlen als in Hedsjäs. Doch müſſen die Türken ſich nicht über die Araber, ſondern über ihre ei- gene Unwiſſenheit beſchweren, wenn ihre Handlung in dieſer Gegend in einem ſo ſchlechten Zuſtande iſt. Man hört hier nichts von Seeräubern, und wenn es deren auch würklich einige geben ſollte, ſo ſind es nur ſolche, die kleine Fahrzeuge angreifen können, und von dieſen haben die Türken mit ihren großen Schiffen nichts zu fürchten. Weil die arabiſche Küſte voll von ſo genannten Corallenklippen iſt, und die hieſigen Schiffer noch immer in der Nähe vom Lande ſegeln, ſo reiſet man zur See vielleicht nie mit mehrerer Gefahr als auf den kähiriniſchen Schiffen. Mitten auf dem arabiſchen Meerbuſen aber würde die Reiſe von Dsjidda bis Sues ver- muthlich nicht gefährlicher ſeyn, als von Babelmändeb bis Dsjidda, und hier brauchen die europäiſchen Schiffer nicht einmal einen Lootſen. Weil der Wind auf dieſem Meere 6 Monate aus den nördlichen, und die übrigen 6 Monate aus den ſüdlichen Gegend wehet; ſo würde es für einen erfahrnen europäiſchen Schif- fer etwas leichtes ſeyn, in weniger als einem Jahre von Sues bis nach Indien und wieder zurückzureiſen. Allein die Türken ſcheinen zu ſtolz, und in der Schiffahrt zu unwiſſend zu ſeyn, um in fremden Ländern Handlung treiben zu können. Sie machen in einem Jahre mit den kähiriniſchen Schiffen nur eine Reiſe von Sues bis Dsjidda, um die Caffebohnen, welche die Araber aus Jemen, und das Lein- wand, Gewürz, Räuchwerk, u. ſ. w. welches die Indianer, und zum theil die Engländer von Surät, Madras und Bengalen dahin bringen, abzuholen. Sie reiſen in der Jahrszeit von Sues ab, wenn der Wind nördlich iſt, und kommen in 17 bis 20 Tagen nach Dsjidda, nachdem ſie alle Abend, nur auf dem kurzen Wege 352 Die Landſchaft Hedsjäs. Wege von Räs Mohämmed bis zu der Inſel Haſſäne ausgenommen, Anker geworfen haben. Auf dem Rückwege aber brauchen ſie gemeiniglich wenigſtens 2 Monate, und ſegeln niemals des Nachts. Die übrige Zeit des Jahrs liegen dieſe Schiffe entweder zu Sues oder Dsjidda. Wie ſchlechte Seeleute die Türken in dieſer Gegend ſind, kann man ſchon daraus abnehmen, daß die herumſtreifen- den Araber, welche um Tör wohnen, zu der Zeit da wir zu Kähira waren, ein mit Waizen beladenes Schiff des Sultäns plünderten. Sie nahmen den Schiffer und andere angeſehene Türken, welche an Land gegangen waren um ſich zu beluſtigen, gefangen, und bemächtigten ſich des Schiffs mit Fiſcherbooten von Tör. Ich weiß alſo nicht ob die Türken auf dieſem Meere aus Furcht vor den in der Wüſte herumſtreifenden Arabern beſtändig gleichſam in Karwanen, nemlich in Geſellſchaft, reiſen, oder ob dieſes deswegen geſchiehet, damit ihre Karwanen, welche die Waa- ren von Kähira nach Sues bringen, ſo ſtark werden, daß ſie ſich in der Wüſte ge- gen die Bedouinen vertheidigen können. Zu der Zeit da wir reiſeten, ſegelten zugleich 4 Schiffe von Sues ab, und ich hörte, daß nur ſelten ein Schiff allein abgehet. Die türkiſchen Paſchäs pflegen ſonſt von den Einkünften ihrer Provinzen jährlich ein gewiſſes an den Sultän zu bezahlen, es iſt aber wahrſcheinlicher, daß der Paſcha zu Dsjidda jährlich eine gewiſſe Summe von dem Sultän erhält, als daß er etwas an ihn bezahlt; denn er hat außerhalb der Mauer von Dsjidda über kein einziges Dorf in Hedsjäs etwas zu befehlen. Die beyden Inſel und Städte Sauäken und Maſſaua, welche an der Küſte von Habbeſch liegen, ſtehen zwar unter ihm, ſie können aber nicht ſehr einträglich ſeyn. Seine Einkünfte beſtehen vornehmlich in der Hälfte des Zolls zu Dsjidda, und dieſe ſind wohl kaum ſo groß daß er davon alle ſeine Haustruppen und Bedienten unterhalten, und eine ſo kaſtbare Reiſe thun kann. Die Paſchäs halten es auch gemeiniglich für eine Ungnade des Sultäns wenn ſie Befehl erhalten nach Dsjidda zu gehen. Ein Kichja pflegt in andern Provinzen bloß von dem Paſcha abzuhängen. Der Kichja zu Dsjidda gber ſcheint ſeine Bedienung von dem Sultän zu haben, und dieſes iſt faſt nothwendig, weil die Paſchäs ſelten die arabiſche Sprache reden, und gemeiniglich von hier wie- der zurück berufen werden, bevor ſie das Land kennen lernen können. Die Die Landſchaft Hedsjäs. 353 Die Stadt Dsjidda liegt dicht an dem arabiſchen Meerbuſen unter der Polhöhe 21“. 28. Sie iſt mit einer Mauer umgeben welche an der ſüdlichen Seite an einigen Stellen dergeſtalt vernachläſſiget iſt, daß man über derſelben frey aus und ein gehen kann, und eine Batterie auf der äußerſten Spitze am Hafen iſt auch gänzlich unbrauchbar geworden. Außerhalb der Stadt am Wege nach Mekke ſiehet man noch einige Thürme von geringer Bedeutung. Auf dem Platz bey der Wehnung des Päſcha dicht am Hafen aber liegen noch einige Canonen, womit die ankommenden und abgehenden Schiffe begrüßet werden. Die Häuſer der Kauf- leute an der Seeſeite ſind zum theil von ſo genannten Corallenſteinen, welche ſehr bequem zum bauen ſind, und haben ein gutes Anſehen. Ein großer Theil der Stadt aber iſt bloß mit ſchlechten arabiſchen Hütten bebauet. Vor und in dem Ha- fen ſind große Corallenbänke, weswegen die Schiffe weit von der Stadt Anker werfen müſſen, und nahe bey der Stadt iſt zur Ebbzeit ſo wenig Waſſer, daß be- ladene Boote in gewiſſen Monaten auf die Fluth warten müſſen, um von und nach der Stadt zu kommen. Man bemerkt hier außer der täglichen, auch eine jährliche Ebbe und Fluth. Das Waſſer in dem arabiſchen Meerbuſen ſteigt nem- lich bey lange anhaltenden ſüdlichen Winden dergeſtalt empor, daß es zu dieſer Zeit bey der niedrigſten Ebbe höher ſtehet, als nach lange anhaltenden nördlichen Win- den bey der höchſten Fluth. Die tägliche Fluth ſteigt kaum einen Fuß. Bey meiner Reiſebeſchreibung wird man einen Grundris von Dsjidda finden. Auf der Küſte von Hedsjäs ſind nur wenige Städte und Dörfer, aber deſto- mehr Ankerplätze, wo auch Schiffe von 40 bis 5o Canonen ſicher liegen können. Das Schiff, auf welchem wir von Sues nach Dsjidda reiſeten, war von dieſer Größe. Weil dieſe Küſte in Europa noch faſt gänzlich unbekannt iſt, ſo will ich nicht nur die Namen aller Ankerplätze, ſondern auch aller Berge, und Corallenbänke, die die Reiſende zwiſchen Dsjidda und Sues zu ſehen pflegen, hier kürzlich anzeigen. Ich will auch auf der XX Tabelle eine Charte beyfügen, welche ich von dem ganzen arabi- ſchen Meerbuſen entworfen habe, und die, wenn ich nicht ſehr irre, den Liebhabern der Erdbeſchreibung angenehm ſeyn wird. Dabeyiſt zu bemerken, daß ich die arabiſche Küſte von Sues an bis BabelMändeb, meiſtentheils ſelbſt geſehen, und die Lage vieler Plätze nach aſtronomiſchen Beobachtungen beſtimmt habe. Die habbeſſiniſche Py Küſte - - - - - - - - - ------- *** 354 Die Landſchaft Hedsjäs. Küſte von Babel Mándeb bis 21“ Polhöhe habe ich aus geſchriebenen Chartem der Engländer, Franzoſen und Holländer genommen. Die weſtliche Küſte des Meerbuſens, von der Polhöhe der Stadt Dsjidda bis Koſsir, habe ich weder ſelbſt geſehen, noch davon Charten auf meiner Reiſe angetroffen. Und da man nicht erwarten wird daß ich bereits gedruckte Chartencopiiren, oder eine neue nach alten gedruckten Nachrichten entwerfen ſoll; ſo habe ich dieſe Gegend auf meiner Charte ſo bezeichnet, daß man es ſo gleich bemerken wird, daß ich davon auf auf meiner Reiſe gar keine Nachrichten erhalten habe. Ich habe die meiſten auf derſelben befindlichen Namen auf der Stelle ſelbſt aufgezeichnet. Die übrigen habe ich nach mündlichen Nachrichten aufgeſchrieben, und die arabiſche Orthographie aller Plätze zwiſchen Sues und Dsjidda, in dieſer lezten Stadt von einem Kaufmann erhalten, der verſchiedene Reiſen auf den káhiriniſchen Schiffen gethan hatte, und daher alle die Örter ſelbſt kannte. Man ſiehet auf der Reiſe von Sues nach Dsjidda an der Weſtſeite des arabi- ſchen Meerbuſens: 3GS Atäka, ein Berg. Co-M 0-5 Ghobbetes ſadäd, ein Meerbuſen. Zºº yº) Abu Daradsja, ein Berg. *ASA Safaräne, ein Thal und Berg. «39 Döffa, E/LS Ghäreb, º.Ä. Seitie, Berge. e-LºA- e Om Chermän, Corallenbänke. &ºyº Dsjöba, ein Berg. -- 0 º. Schädawän, eine Inſel. ------- Dsjeſatti, **-* Sefadsja, Berge. Sefaniel Bähhr, eine Inſel. / as Ghoſsir oder Koſsir, eine Stadt. Auf der Oſtſeite des arabiſchen Meerbuſens ſiehet man nach der Abreiſe von Sues: „“ - - 3S Aijün Miiſa oder Moſis Brunn, in einer ſandigten Ebenen. &A') ve- Choreddabá, eine ebene Küſte. *** U-, Räs Meſälle. e, 5-, e--> DsjäöbelelHammäin, oder Hammam Faraün, d. i. Pharaos Bad, ein hoher Berg, und unter demſelben nach der Seeſeite eine ſiedend heiße Quelle. Ich erhielt etwa eine halbe Meile nördlicher, in der Gegend Wadi Gi- rondel, die Polée 29. 10“ e. - Hösn, ein Berg. • • 27.) Abu Selina, ein Ankerplaß. Lé--- Marchäd, ein Berg. U-20-AA Bir Eddäs, vielleicht eine Quelle bey dem Ausfluß des Wadi Farän. Von Hammans Fazit bis hieher eine man den Meerbuſen e_YS” =A Birket - Farain, Die Landſchaft Hedsjäs 355 Faraün. Bey Abulfeda beißt dieſe Gegend U95, S=/ Barkah Gorandal. **-L& e-sº Schäb Chäſa, eine große Corallenbank, und die erſte nach Süden von Sues. - -e- Dsjähnkbir, „s- Geº- Dsjähn ſogair, Anker- pläße. vz) U«- der Berg War. vey- Bender Tör, der bekannten Hafen liegt unter der Polhöhe 28“. 12'. 9-“ U-, Räs Mohämmed, ein Ankerplatz unter der Polhöhe 27“.54“, und bey nahe auf dem ſüdlichſten Theil der großen Strecke Landes zwiſchen Sues und AgbT. A. c/º U4-Dsjäbbel Scherm kbir, ein Ankerplatz. „Sº- c/º 0-S- Dsjäbbel Schermſogair. **,- c/º O.- DsjäbbelSchermtarfa. -- 3 Tirän, eine Inſel und Ankerplatz unter der Polhöhe 27“. 43, und vor dem Meer- buſen, der nach Akaba gehet. *-ºse) * Dsjäbbel äkaba, ein Berg und ein enger Paß auf dem Wege der egyptiſchen Pilgrimme. AU- Sanäfir, e U- Barkän, sº Yº Yº Abu Schüſcha, In- ſeln und Ankerplätze. **a Iobua, eine Inſel hinter Sanäſtr. »Nº- U-, Näs Selah, ein Ankerplatz und Vorgebürge. Medsjehelia, say.» Moila, Ankerplätze. Moila iſt auch ein kleines Caſtell, und liegt auf dem Wege der egyptiſchen Pilgrimme. *** yº) Abu Dsjübbe, „Le Johär, Ankerplätze. U/-«Maa- räſch, ein ſchlechter Ankerplatz. Lºs Deba, «st - e«.» Salmaukefäfa, Abulmaſäreb, Anker Pläße. - Lºss Näamän, ein Ankerplaß bey einer In- ſel*). *2/30) *a* Kattatettoreja, eine Klippe in der See mit einem Ankerplaß. ÄS 0.- Establántar, ein Ankerplatz und ein Flecken auf dem Wege der Pilgrimme. Cé5° Baüd, sel-90 Demägha, SL-J Lübejät, e,-- Maram, 03-“ Mehäfel, Ankerplätze. Dºys Uäned, ein hohes Vorge- bürge, und bey demſelben ein Ankerplaß. Kattaterräs, Klippen in der See P y 2 VOL *) Der Geogr. Nub. erwähnet Clim. II p. 5 einer Inſel Neaman e»-«*U) Maxima inſu- larum quae in hacparte continentur, & in qua ſunt gentes perpetuo degentes. Clim. III. p. 5 nennet der Ueberſetzer dieſe Inſel Noman, in der Urſchrift aber iſt ihr Name eben ſo geſchrieben, als im Vorhergehenden. - - ------------ 356 Die Landſchaft Hedsjäs. vor Utäned, und dabey ein Ankerplatz. Wuſch ein Ankerplaß. Hier paſſiren auch die egyptiſchen Pilgrimme. EDR-U- 52/> Dsjesiret Mekamerin, ein Berg und eine Inſel vor Wuſch. *** y? Abu Meälle, ein Ankerplatz, und eine Klippe in der See, nach Süden von Mekamerin. *** Délma, E. Lº Hab- bän, - Menebir, Ankerplätze. • 29-- Marduna, eine Inſel vor Menébir. vy- 2) Abul Mesrär, ein Ankerplatz und Klippen unter Waſſer. O- Sºl Dsjäbbelesſchech, ein Berg auf dem feſten Lande, der Inſel Esſchech gegen über. Äx-WS/2- Dsjesiretesſchech, ein Ankerplatz. S- M &#- Rötkatesſchech, ein Ankerplatz an einer Corallenbank in der See. A- as säº- Rötkataſäfir, *.“ SäY Rötkat Sinbidsja, 80 v.9 Darelmoghädda, - «J„9 Dar elmoáſcha, Laº-y) Muaſſet, lauter Klippen und Corallen- bänke mit Ankerplätzen. A/>y? U-2» Wuſälabuharir, exº-º) UL-» Wuſäl gabrin, Ankerplätze. 9Ä» Waggäd., eine Inſel und Ankerplatz. s/A 22 Abu gharära ein Ankerplatz. EW.) e) •i, Rötkatommelmelik ein Ankerplatz nicht weit vom Lande. AF* Bäher, –X-9/-as Kasrelbint, Sºvº Durebidsje, +-- --- e=-Lº Meliha bintesſachr, Ankerplätze. „U“> Haſſäne, zwey Inſeln beywelchen die Schiffe von Sues, nachdem ſie von Räs Mohämmed abgeſegelt ſind, gemeiniglich zum erſtenmal wieder Anker werfen. Die ſüdliche Inſel bey welcher der Ankerplatz iſt, liegt unter der Polhöhe 24“. 53'. e. L*- Schäbän, v=” Mehär, Ankerplätze am feſten Lande. Mehär liegt unter der Polhöhe24“. 37. Abndäbia, eine Corallenbank und Ankerplatz. Sslas --- Kattätelhoſe, Klippen unter Waſſer, und dabey einAnkerplatz - , Reghäb, ein Ankerplatz am Lande. - Mºy» Abukaläve, sº „g) «ay- Tauileelhavie, Klippen unter Waſſer, und Ankerplätze. --> Dsjäbra, eine Klippe und Ankerplaß vor Dsjumün. & a é” Kobbet Janbo, &ººſ - Scherm Janbo, Ankerplätze. Kubbet Janbe liegt unter der Polhöhe 24“. 15 . & 2 Ianbo, eine bekannte Stadt, und jezt der Hafen von Medina, unter der Polhöhe 24 5. 25°v Radua, eine Reihe Berge die ſich bis Bedr, und vielleichr noch weiter ſüdlich erſtreckt. e 2) Obrum, ---«Je) Omes ſdsjän, Ankerplätze. -- Lamlam, ein Berg, wahrſcheinlich ein Theil von Radua. -3- --- Schibaon, Ex=23- Tavarededsjoá, -- - - Batbät, Die Landſchaft Hedsjäs. 357 Batbät, e-Lºla Dsjilibät, CF- Moädsjeſät, aºlº C5 Kobbet Häſchem, lauter Ankerplätze. „= Edsjär, ein Ankerplatz in der Nähe einer Stadt oder eines Dor- fes dieſes Namens. . Ich fand hier die Polhöhe 23. 36. Unter der Polhöhe 23. 27, liegt ein Berg -- Safra. Man erwäh- uete auch einer Stadt dieſes Namens, welche 2 bis 3 Tagereiſen von dem arabiſchen Meerbuſen entfernt ſeyn ſoll. Ich hörte nachher in Jemen daß der ſo genannte Mekke Balſam eigentlich in dieſer Gegend geſammlet werde. Der Scherif Ed dris nennet Tſafra einen Fluß und ſchönen Hafen. /92 Bädr, eine Stadt landwärts ein. s- Cº- Räsel hämma, säJo Degeiga, Klippen, -Kº-S 92 Abuharid, -X“ Sett, lauter Ankerplätze. eLS Chiäm, - S 7?) Abu Aijän, Ankerplätze. C-2- Dsjeberräd, eine Corallenbank, und auf derſelben ein hoher Steinhauffen zu einer Warnung für die Schiffer. S- Lahedsje, 0-5 72) Abunawadsjil, Ankerpläße. s/Y- Maſtüra, eine Stadt und Ankerplatz. S- Sübh, ein Berg etwas von der See entfernt. e-ºve» U-, Räs Wardän, ein Vorge- bürge. –x- Elchöbt, die ganze Küſte von Räs Elhämma bis Räs Wardän. /A> Charrär, esXA Ghosläne, T - Sarädsje, Anker- plätze. &2% Rabogh, ein Ankerplatz unter der Polhöhe 22. 45. Der Berg Rabogh liegt weiter im Lande. In dieſer Gegend iſt auch ein Dorf Rabogh. e-Ä0 Denä6, E-We Ommel miſk, Klippen unter Waſſer. «US- Kleia, ein Berg unter der Polhöhe 22. 32. --> C-, Räs häteba, ein Ankerplatz unter der Polhöhe 22. 3. -- *9 Schech Dahabän. Uys Tuäl, eine kleine Stadt weit von der See. sº Dulöma, +*) Obhor, ein Ankerplatz unter der Polhöhe 2r“. 41. Es ſcheinet daß hier ein großer Fluß in das Meer fält, es iſt aber ein ganz ſchmaler Meerbuſen, welcher nach dem Be- richte der Araber, weit ins Land gehet. Zu Obhor warfen wir kein Anker, ſon- dern befeſtigten unſer großes Schiff nur an Steinen auf den Corallenklippen. „_» Waker, ein Berg im Lande. Ä- U- Räs Gahhas, ein Vorgebürge. vo-> Dsjidda, die bekannte Stadt und der Haſen von Met. Weiter ſüdlich kommen die kahiriniſchen Schiffe nicht. Die Europäer welche von Oſtin- W) y 3 dien -------- 358 Die Landſchaft Hedsjäs. dien nach Dsjidda kommen, pflegen bey einer Corallenbank mit Namen „AL. a.» Musmäri zu ſchieſſen, um einen Lohtſen zu erhalten, der ſie in den Hafen bringt. Die Städte Mékke, Medina, Jánbo, Taaif, Sadie, Ghünfude, Häli, und etwa noch 12 bis 13 andere kleine Städte in Hedsjäs, gehören eigent- lich zu der Herrſchaft des regierenden Scheriſs zu Mºkke. Der Sultän hat zwar in den drey zuerſt erwähnten Städten einige Janitſcharen; der Scherif aber hat auch daſelbſt Soldaten, und in einer jeden Stadt einen Gouverneur, den man Wisir nennet. Dieſer Wisir muß ſogar ein geborner Scherif ſeyn, weil die Nachkommen Mohämmeds in Hedsjäs vor keiner obrigkeitlichen Perſon erſcheinen, die von Geburt nicht eben ſo vornehm iſt als ſie ſelbſt. Mékke »X« liegt eine ſtarke Tagereiſe von Dsjidda. Der Weg gehet aber ſüdlich um die Berge herum, und alſo iſt die Entfernung dieſer beyden Städte in grader Linie wohl nicht weiter als 5 bis 6 Deutſche Meilen. Die Gegend dicht um Mºkke iſt ganz dürre und unfruchtbar. Doch findet man in der nicht weit davon entlegenen hößern bergigten Gegend einen überfuß an den ſchönſten Früchten. Die Hitze iſt hier in den heißen Sommermonaten ſehr groß. Die Einwohner ſind deswegen genöthigt in dieſer Jahrszeit die Thüren und die Fenſterladen zuzuſchlieſſen um ſie abzuhalten, oder auch die Gaſſen mit Waſſer zu begieſſen, um die Luſt abzukühlen. Man erinnert ſich ſogar an Beyſpiele, daß Leute in der Stadt von dem heißen und giftigen Winde, welchen die Araber Samüm nennen, erſtickt ſind. Weil die vornehmſten vom Adel aus Hedsjäs zu Mékke wohnen, weil dieſe Stadt als ein Waarenlager ſür Indien, Syrien, Egypten und die übrigen türki- ſchen Länder angeſehen werden kann, und ſich hier jährlich ſo viele tauſend Kaufleute und Pilgrimme, gleichſam um die Stadt zu bereichern, verſammlen; ſo iſt leicht zu vermuthen, daß dieſer Ort in Vergleichung mit den übrigen arabiſchen Städten viele große, und nach arabiſcher Art, ſchöne Gebäude habe. Unter dieſen aber iſt keines ſo merkwürdig als die Kaba, cder das ſo genannte Beit Allah, d. i. das Haus Gottes, welches ſchon vor Mohämmed von den Arabern in großen Ehren gehalten worden iſt, und jezt nach dem mohammedaniſchen Geſetze, von einem jeden, der ſich zu die- ſer Religion bekennet, und der Vermögen zu einer ſolchen Reiſe hat, wenigſtens ein- ſºnal beſucht werden ſoll. Ein ſo berühmter Ort verdiente alſo auch von europäiſchen Reiſenden ––' -"-– – – - - - –- IT s * Merra Ira/ön . . . . . . . 2o . : 9 * -1be/ a . . . . . . . . . . . . . 49? » * Rár e/– 1.réaz. . . . . . . . . 49 3e – – – – – - - - - ' - - - - - - - - « --- -- ---- - - - - - Das Landſchaft Hedsjäs. 359 Reiſenden beſucht zu werden. Keiner aber, der nicht ein Mohammedaner iſt, oder zu werden gedenkt, darf ſich der Stadt Mºkke weiter als bis Dsjidda nähern. Ei- nige angeſehene Kaufeüte, und ſelbſt der Kichia des Paſha zu Dsjidda glaubten zwar nicht, daß die vernünftigen unter ihren Glaubensgenoſſen etwas dagegen einwen- den würden, wenn auch wir nach Mºkke reiſeten, ſie wollten uns aber nicht darzu rathen, weil der Pöbel dieſe Stadt und ihr Gebiet für heilig, einen Chriſten aber für unwürdig hält ſelbige zu betreten. Die Einfältigen unter den Mohammedanern glauben ſogar, daß kein Ungläubiger ſich ihr nähren könne. Man erzählte, daß ein Chriſt einmal verkleidet verſucht hätte von Dsjidda nach Mékke zu reiſen. So bald er aber auf die Hügel, welche die Stadt umgeben, gekommen wäre, wären ihm ſchon viele Hunde entgegengekommen. Und ſo bald er nur die Kába in der Ferner geſehen, ſeyer von Ehrfurcht ſo gerührt worden, daß er gleich verlangt habe ein Mohammedaner zu werden. Die griechiſchen Mönche in dem Kloſter am Berge Sinai erzählen nach Neißſchiß Berichte, eine ähnliche Fabel, um zu beweiſen, daß ihre Religion die wahre ſey*). Ein Armener zu Häleb wollte mich dem ohngeachtet verſichern, daß er als ein Soldat unter dem Befehl des Paſcha, welcher die Karwane von Sy- rien anſührete, eine Reiſe von Damáſk nach Mékke gethan hätte. Um dieſes wahrſcheinlicher zu machen ſagte er, daß er das Zeichen, woran man die Chriſten zu erkennen pflegt, nicht getragen hätte, und daß alle ſeine Cammeraden ſeine Freunde geweſen wären. Ich traue aber der Erzählung dieſes Armeners ſchon deswegen nicht, weil ſich gemeiniglich Mohammedaner genug bey den vornehmen Herren zu melden pflegen, um die Reiſe nach Mºkke umſonſt machen zu können, und der Paſcha wird bey einer ſolchen Gelegenheit vermuthlich allezeit ſeine Glaubensgenoſſen den Chriſten vorziehen. Indeſſen trift man bisweilen Armener unter den Truppen der Paſchäs im Aſien an *). Ich hörte ſchon zu Káhira, daß die Mohammedaner mit *) Siebenjährige Weltbeſhauung S. 165. **) Die Europäer welche zu Mekke geweſen ſind, als: Barthema, Hans Wilde, Joſeph Pitt u. a. m. waren vermuthlich alle Renegaten. Ihre Reiſebeſchreibungen ver- dienen geleſen zu werden. Beſonders die beyden leztern ſcheinen ſehr zuverläſſig U ---------- =--- - - -- - - -- 36o Die Landſchaft Hedsjäs mit den Chriſten, welche ſich gelüſten laſſen die Reiſe nach Mekke anzutreten, nicht ſcherzen. Ein franzöſiſcher Wundarzt, der ſich vor nicht gar vielen Jahren in die, ſer Stadt aufhielt, hatte ſich auf die Verſprechung, daß er bey ſeiner Religion blei- ben könnte, entſchloſſen als Leibmedicus des Emir Hadsj mit nach Mekke zu gehen. Er mußte ſich aber gleich den folgenden Tag nach ſeiner Ankunft in dem Lager bey Birketel Häds, nur vier Stundenweit von Kähira, beſchneiden laſſen, und nach- her erlaubte man ihm als einem Mohammedaner die Reiſe fortzuſetzen *). Wenn aber gleich die Mohammedaner keinem Chriſten erlauben wollen ſelbſt nach Mékke zu reiſen, ſo ſind ſie gar nicht unwillig ihnen ihre Beſchreibungen von der Kába zu zeigen, und ſie von den Ceremonien, welche ihre Religion den Pilgrimmen befiehlet, mündlich zu unterrichten. Ich copiirte ſchon zu Kähira eine Zeichnung von dieſem Gebäude aus einem arabiſchen Buche. Dieſe verbeſſerte ich nach- her nach dem Berichte verſchiedener meiner Bekannten, die von Dsjidda nach Mékke reiſeten, oder ſonſt oft da geweſen waren, und brachte ſie endlich nach der Zeichnung eines türkiſchen Mahlers, welcher acht Jahre zu Mekke geweſen war, und ſein Brodt zu ſeyn. Zwey Jahre vor meiner Ankunft in Jemen war ein engländiſcher Matros, der zu Mochha ein Mohammedaner geworden war, mit der Karwane von Sana nach Mekke gereiſet, um ſich durch die Türkey wieder nach Europa zu begeben. Einige Jahre vorher war ein Engländer von Mekke nach Jemen ge- kommen, und mit einem engländiſchen Schiffe heimlich von Mochha nach Indien gegangen. *) Wenn der Ritter Chardin (Tom. IV. p 166) gehört hat, daß kein Chriſt auf der Küſte von Hedsjas an Land gehen dürfe, ſo iſt er unrecht berichtet worden. Es kommen jährlich nicht nur Europäer aus Indien, ſondern auch viele griechi- ſche Kaufleute und Matroſen von Sues nach Dsjidda. In dieſer Stadt wohneten wenigſtens drey Griechen, und vor einigen Jahren war auch ein eng- ländiſcher Kaufmann daſelbſt einige Winter über geblieben, anſtatt daß ſie ge- meiniglich mit ihren Schiffen wieder nach Indien zurük zu gehen pflegen. Von den erwähnten drey Griechen war der eine Goldſchmid des Scherifs zu Mekke. Der zweyte Hofſchneider des Paſcha, und der dritte ein Branntwein- brenner, der zugleich eine Schenke ſür die griechiſchen Matroſen öffentlich hielt, und den auch viele Janitſcharen und andere Mohammedaner, welche ſich nicht viel um ihre Religion bekümmerten, heimlich beſuchten. Die Landſchaft Hedsjäs. 361 Brodt bloß dadurch, daß er ſeine Zeichnungen von der Käla an die Pilgrimme ver- kaufte, verdient hatte, zu der Vollkommenheit, wie man ſie auf der XXI Tabelle ſiehet. Alle Häuſer um den erwähnten großen Tempel, welche mit auf der zulezt erwähnten Zeichnung waren, habe ich weggelaſſen *). Das Gebäude, welches in der Mitte auf dem großen mit Schwibbogen umgebenen Platz ſtehet, iſt eigentlich die Kába, für welche die Mohammedaner ſo viele Ehrfurcht haben, daß ſie, in welcher Gegend der Welt ſie auch ſeyn mögen, bey dem Gebete ihr Geſicht dahin kehren. Die Urſache, warum ſie die Käba ſo ſehr in Ehren halten, iſt, weil ſie glauben daß Abraham ſie, um ſeine Andacht hier zu verrichten, erbauet habe. Das Gebäude Abrahams aber ſoll etwas weiter öſtlich geſtanden haben, und man ſoll noch einigen Überreſt von deſſen Mauern, oder vielmehr Zeichen ſehen, wo ſie geweſen ſind. Die Baukunſt iſt an der jezigen Kába gar nicht verſchwendet. Sie iſt nur ein kleines Gebäude und viereckigt, wie bereits von vielen Schriftſtellern bemerkt worden iſt. Die Thür iſt nach Süden *), und nicht in der Mitte, ſondern mehr nach der ſüdweſtlichen Ecke, und ſo hoch, daß man von der bloßen Erde mit der Hand kaum die Schwelle erreichen kan. Man ſteigt zu derſelben auf keiner ſteinernen Treppe, ſondern auf einer beweglichen hölzernen Leiter. Die Thüre der Kába wird jährlich nur an zweyen Tagen geöffnet, außerordentliche Fälle ausgenommen, und alsdann iſt auch nicht einem jeden erlaubt hineinzuſteigen, ſondern nur den Vor- *) Erklärung der Zahlen auf dieſer Tabelle. 1) Die Kaba. 2) Makam Haſaret Ibrahim. 3) Das Gebethaus der Schafe- iten. 4) Das Gebethaus der Hanbaliten. 5) Das Gebethaus der Malekiten. 6) Das Gebethaus der Hanefiten. 7) Der Brunn Semſem. 8) Kleine Ge- bäude wo Lampen, Oel, u. d. gl. aufbewahrt wird. 9) Der berühmte ſchwarze Stein. 10) Das berühmte mit goldenen Buchſtaben brodirte Tuch. 11) Ueber- reſt der Mauer der alten Kaba. 12) Babesſalam. 13) BabKeidbegk. 14) Babennebbi. 15) Bab Ali. 16) Bab Soffa. 17) Babesſiade. 18) Bab Ibrahim. 19) Minaret Ali. 2o) Keid begk. 2 1) Abasſiun, 22) Udda. 23) Kalaun. 24) Minare Bab Omra. *) Sales ſagt, die Thüre ſey nach Oſten. Zz 362 Die Landſchaft Hedsjäs. Vornehmen, oder ſolchen, welche einige Verbindung mit ihnen haben. Von den vielen Koſtbarkeiten, welche nach dem Bericht einiger Europäer in dieſem Gebäude ſeyn ſollen, habe ich nichts gehört, ja man ſagte, daß nichts außerordentliches darinn zu ſehen ſey. Alle aber ſprachen von der großen Menge goldener und ſilber- ner Lampen und Leuchter auſ dem offenen Plaß, und in den bedekten Gängen um die eigentlichen Kába, und dieſe ſcheinen nicht einmal mit den Koſtbarkeiten verglichen werden zu können, welche man in einigen Römiſchcatoliſchen Kirchen aufbehält. Das merkwürdigſte an dieſem Gebäude iſt der ſo genannte ſchwarze Stein (Hadsjarelaswad), welcher in der ſüdweſtlichen Ecke nicht weit von der Erde eingemauert iſt. Dieſen Stein ſoll der Engel Gabriel zum Bau der Kába vom Himmel herab gebracht haben. Er ſoll weiß, und wie ein mohammedaniſcher Geiſtlicher behauptete, ſo glänzend geweſen ſeyn, daß man ſein Lichtvier Tagereiſen weit habe ſehen können. Er ſoll aber ſo ſehr über die Sünden der Menſchen ge- weinet haben, daß er ſein Licht nach und nach vorloren hat, und endlich ganz ſchwarz geworden iſt. Kein Körper in der Welt iſt wohl mehr geliebkoſet worden als dieſer Stein. So oft ein Mohammedaner um die Käba geht, und ſeine Andacht ver- richtet, ſo küſſet er ihn, und wenn er wegen der Menge der Menſchen dieſe Ehre nicht haben kann, ſo ſucht er ihn doch wenigſtens mit der Hand zu berühren. Die- ſer Stein iſt in Silber eingefaßt, doch wohl nur in ſehr wenigen, denn ſelten hat einer davon etwas erwähnet, wenn ich nicht darnach gefragt habe. Etwa auf zwey drittel der Höhe dieſer Käba ſiehet man rund um dieſelbe das berühmte ſchwarze ſeidene Tuch, auf welchem Sprüche aus dem Korän mit pu- rem Golddrath genehet, und wovon die Buchſtaben ſo groß ſind, als die Moham- medaner ſie ſonſt in ihren Inſchriften an die Wände zu mahlen, und in Holz oder Stein auszuhauen pflegen. Dieſes koſtbare Tuch wird in dem alten Pallaſt der ehmaligen Beherrſcher von Egypten zu Kähira genähet, und jährlich anf Koſten des Sultäns verändert. Die Rinne, worinn das Waſſer oben von dem Dache herunter fält, iſt von purem Golde. Um die eigentliche Käba gehet ein Geländer von metallenen Pfeilern, die durch Ketten, an welchen ſilberne Lampen und Leuchter hangen, verbunden ſind. Nächſt bey dieſen ſind die 4 Gebethäuſer der 4 verſchiedenen Sekten der Sünniten, und - Makäm T-– - - - – – –-------- Tab: XXI. TLZ Zºe/e/rz –– Dze 7roore Moryue zu Mekke. Die Landſchaft Hedsjäs. 363 Makäm Häſaret Ibrahim, oder der Platz, auf welchem Abraham ſein Gebet ge- halten haben ſoll, als die Kába gebauet worden. Hier iſt wahrſcheinlich auch der ſo genannte Stein Abrahams. Um dieſen und um den Stein Ismaels aber ſcheinen die Pilgrimme ſich nicht zu bekümmern. Ich habe wenigſtens zwey Perſo- nen eigentlich darnach gefragt, und keine hatte ſie geſehen, ſondern die eine, viel- leicht um ihre Unachtſamkeit zu entſchuldigen, meinete daß der Stein Abrahans mit einer eiſernen Thüre verſchloſſen ſey. Auf dieſem großen Plaße ſind auch 3 Gebäude. Eines iſt über dem Brunnen Zemſem, deſſen Waſſer bey den Mohammedanern für ſehr ſchäzbar gehalten wird, und welcher durch ein Wunderwerk hat entſtehen, oder entdekt werden müſſen. Die Hagar nemlich hatte ihren Sohn Ismael hier im Sande niedergeſezt, um allein deſto beſſer herumlaufen und Waſſer ſuchen zu kön- nen. Da aber dieſe gute Frau lange vergebens geſucht hatte, und betrübt zu ihren Sohne zurük kehrte, fand ſie zu ihrer größten Verwunderung auf der Stelle, wo der kleine Knabe im Sande geſpielt hatte, das Waſſer zwiſchen ſeinen Füßen hervor quillen. Es ſcheint daß die Mohammedaner dieſe Fabel von den Römiſcheatoliſchen, oder dieſe von jenen geborgt habe, denn der Herr von Breidenbach erzählt den Urſprung des Brunnens zu Mataree auf eben die Art *). In den beyden übrigen Gebäudeu - wird das Silbergeräth, ingleichen Öhl, Wachslichter u. d. gl. aufbehalten. Alles dieſes iſt mit einem weitläuftigen, nach der innere Seite offenen Ge- bäude umgeben, welches auf drey Reihen Pfeilern ruhet, und mit 4 Reihen niedri- gen Kubbets (Cuppolen) bedekt iſt. Unter dieſes Gebäude ſtellen ſich die Pilgrimme während der großen Hitze, nemlich eine jede von den vier ſo genannten orthodoxen Sek- ten hinter ihrem Gebethauſe. In den Schwibbogen hängen eine Menge ſilberne Lampen. Hier findet man auch zu der Zeit der Pilgrimme ſehr viele Kaufleute. Auf dieſem Gebäude ſind 6 Minaré, und noch ein anderer Thurm ſteht auf ei- nem Seitengebäude, welches mit zu dem Tempel gehört. In der Ringmauer, Zz 2 oder *) Circumibat per domos ville Mataree aquae potum petens: ſed non erat qui tri- bueret. Tandem virgo fatigata ex itinere ſe cum puers Jeſu hoc in loco ad pauſandum collocavit Joſeph aſſiſtente. Cumque ſiti gravi xſtuarent; ecce fons ille memoratus ad virginis latus emanavit. 364 Die Landſchaft Hedsjäs. “----- -- oder vielmehr in dem äußerem Gebäude ſind überhaupt 39Thüren. Die Pilgrimme gehen gemeiniglich das erſte mal wenn ſie di Kába beſuchen, durch Bäbesſaläm, und kommen im Herausgehen durch Bäb Udda. Dieſes iſt das ſo genannte heilige Gebiet im engern Verſtande (Medsjed el Harräm). Das heilige Gebiet der Stadt erſtrekt ſich weiter, und iſt an den Landſtraßen durch gewiſſe Zeichen (Mikädel Ihhräm) bemerkt. Hier müſſen, die Pilgrimme, welche die erſte Wallfahrt thun, die Ihhräm oder Ahhräm e- an- legen, d. i. ſie müſſen ſich, ſo wie die hieſigen gemeinen Araber, in der größten Demuth kleiden, nemlich, bloß mit einem Tuch um die Hüfte *), und mit einem andern über der Schulter. Sie müſſen auch mit bloßem Haupte gehen, vielleicht weil die Bedouinen und andere gemeine Araber zu Mohämmeds Zeiten ihre Haare wachſen lieſſen, und mit bloßem Kopfe giengen, ſo wie die Araber nach Süden von Häli, und die in Haſchidu Bekil. Die Örter, wo die Ihhräm angelegt werden muß, ſind: Auf dem Wege von Jemen, Ialémlem. Auf dem Wege von Nedsed, Kärn. Auf dem Wege von Äräk, Dataärk. Auf dem Wege von Medina, Dhülhaleifa. Auf dem Wege von Damáſk und Kähira, Jähhfa, und für diejenigen welche zur See von Sües kommen, Räs Wardän *). So bald ein Mohammedaner zum erſten mal zu Dsjidda, oder bey den vor- her erwähnten Mikädel Ihhräm, angelangt iſt, muß er ſich unverzüglich nach Mºkke begeben. Dieſes Geſetz wird ſo genau beobachtet, daß ein griechiſcher Rene- gat, welcher mit uns von Sues nach Dsjidda reiſete, und in dieſer Stadt ſo lange zu bleiben gedachte, bis wir nach Jemen abgereiſet ſeyn würden, ſich endlich entſchloß vierzehn Tage nach unſerer Ankunft ſeine Reiſe nach Mékke anzutreten, weil die - Moham- ") In den Bädern, wo man auch ein ſolches Tuch um die Hüfte trägt, nennet man es gleichſals Ihhräm. Dieſes Wort kann alſo wohl nicht, die heilige Alei- dung überſetzt werden, wie man es gemeiniglich in den europäiſchen Ueberſeßlingert zu leſen pflegt. “) Jalemlem heißt bey dem nubiſchen Erdbeſchreiber Jalamlam. Karn iſt wahrſchein- lich Zarnel Mazel, Jähhfa, Algiohfah und Dataärk, Dhat Erk. Datirak iſt nach Abulfeda 48 Milliaria von Metke. Die Landſchaft Hedsjäs. 365 Mohammedaner ihm deswegen viele Vorwürfe gemacht hatten. Doch verdiente er durch ſeine erſte Reiſe den Titel Hads, d.i. Pilgrim, noch nicht, weil hierzu erfodert wird, daß einer in dem Anfang des Monats Sulhadsj zu Mekke ſey, und alle gewöhnliche Ceremonien in dieſer Stadt und der umliegenden Gegend mitmache. Ebenſo kann auch kein morgeuländiſcher Chriſt mit Recht den Titel Hádsj oder Mükdaſ von ſeinen Glaubensgenoſſen verlangen, der nicht auf Oſtern zu Jeruſalem geweſen iſt. Doch werden gemeiniglich alle Mohammedaner, die zu Mékke, und die Chriſten, wel- che zu Jeruſalem geweſen ſind, Hadsje genannt. Die Ceremonien, welche die mo- hammedaniſchen Pilgrimme zu Mékke beobachten, ſind ſchon von andern bemerkt worden, und ich werde auch noch deſſen, was ich davon gehört habe, künftig bey der Abhandlung von der Religion der Mohammmedaner erwähnen. Die Anzahl der Pilgrimme, welche ſich jährlich zu Mékke verſammlen, iſt ſehr groß. Sie würde aber noch unendlich größer ſeyn, wenn jeder Mohammedaner, der Geſundheit und Vermögen genug hat dieſe beſchwerliche und koſtbare Reiſe zu unternehmen, ein Pilgrim werden wollte. Eine große Karwane kömmt von Da- mäſk, und wird von einem Paſcha von 3 Rosſchweifen angeführt. Eine andere kömmt aus Egypten, unter der Anführung eines Begk aus Káhira, welcher zu die- ſer Zeit der Emir Hádsje genannt wird. Mit dieſer geht auch zugleich die Karwane der Maggrebi oder der Araber aus der Barbarey. Die eine Parthey reiſet jeder- zeit einen Tag voraus, und beyde Karwanen vereinigen ſich mit der von Dämaſk einige Tagereiſen vor ihrer Ankunft zu Mékke. Eine Karwane kömmt von Bagdad unter einem Anführer welchen der daſige Paſcha darzu ernennet, und mit dieſer rei- ſen viele Pilgrimme aus Perſien. In einer andern Karwane kommen die von Lächſa Bahhrejn und Nédsjed, und noch eine kömmt aus Omän. Dieſe beyden leztern aber ſind nur klein, und haben keine Kaufmannswaaren bey ſich. Die von Lachſa iſt 18 Tage, und die von Omán 14 Tage unterweges. Dazu kömt eine Karwane aus Jemen, nnd dann noch eine Menge Pilgrimme zur See aus Perſien, dem ſüd- lichen und öſtlichen Theil von Arabien, aus Indien, ja von Jafa und andern Inſeln, von den arabiſchen Colonien auf der ſüdlichen Küſte von Africa, von der weſtlichen Küſte des arabiſchen Meerbuſens, aus Nubien u. ſ. w. Sehr viele von dieſen Pilgrimmen gehen als Kaufleute nach Mekke, und thun dieſe Reiſe mehr ihres Zz 3 Gewitt- 366 Die Landſchaft Hedsjäs. Gewinſtes, als ihrer Andacht wegen, zu verſchiedenen malen *). Ein großer Theif reiſet als Soldaten, um die großen Karwanen zu bedecken, und dieſe gewinnen alſo auch bey ihrer Wallfahrt. Sehr viele von dieſen Reiſenden ſind ihres Handwerks Pilgrimme; denn weil die mohammedaniſche Religion denen, welche ihrer Geſchäfte oder anderer wichtigen Urſachen wegen, eine ſo beſchwerliche Reiſe nicht unter- nehmen können, erlaubt, nach ihrem Tode einen andern in ihrem Namen nach Mékke zu ſchicken, ſo findet die größte Anzahl der Mohammedaner leicht eine Ent- ſchuldigung, warum ſie dieſe Pflicht nicht ſelbſt erfüllen. Die andächtigen Erben eines verſtorbenen Reichen ſchicken deswegen lieber einen armen Menſchen, welcher die Beſchwerlichkeiten der Reiſe nicht ſcheuet, nach Mékke, weil ſie dieſem gemei- niglich weniger bezahlen als dem Herrn ſelbſt bloß ſein Kameeltreiber gekoſtet haben würde *). Sehr wenige von den Pilgrimmen reiſen aus wahrer Andacht, und für ihr *) Ich habe einen Türken auſ der Reiſe von Háleb nach ZXénie kennen lernen, welcher ſieben bis acht mal von Damaſk nach Mekke gegangen war, um ſein Brodt als ein reiſender Caffeſchenker zu verdienen, und wann die Pilgrimme wieder zurück gekom- men waren, ſo reiſete er mit kleinen Karwanen nach andern Städten. Dieſer führete ſein ganzes Caffegeräth, bisweilen bis aufs Holz, auf einem Eſel, Maul- eſel, Pferd oder Kameel bey ſich. Wenn der Weg ſicher war, ſo ritt er vor- aus, und kochte ſeinen Caffe am Wege, und die vorbey paſſirenden tranken ihre Taſſe bey ihm, ſo wie bey uns einer ein Glas Branntwein vor einem Wirths- hauſe. Wenn die Karwane ſich gelagert hatte, ſo verſammlete man ſich bey ihm als in einer Caffebude in der Stadt. *) Ich traf in Perſien einen Araber aus Lachſa, einen Schiiten, an, welcher auf anderer Leute Koſten drey mal zu Mekk, und zwey mal zu Meſched in Choraſan geweſen war. Er hatte allezeit einen Beweis (ich glaube von einem Imam) mit zurück bringen müſſen, daß er ſeine Andacht an dieſen heiligen Oertern im Namen eines ver- ſtorbenen N. N. verrichtet hätte. Ein Mohammedaner aus Indien, der den Engländern als Seapoj (Soldat) gedient hatte, reiſete als ein Bettler und Pil- grimm von Surat bis nach Mekke, und von da über Medina nach Bagdad und Moſul. Ich traf ihn in einer Karwane zwiſchen Moſul und Haleb an. Weil die Zeit der Wallfahrt heran nahete, ſo gedachte er von da über Damaſk wieder nach Die Landſchaft Hedsjäs. 367 ihr eigen Geld. Dieſen wird die Reiſe ſehr koſtbar; denn die Mohammedaner pflegen überhaupt, beſonders aber auf der Reiſe nach Mekke, ſehr freygebig gegen die Armen zu ſeyn. Obgleich die Nachkommen von Haſſan ibn Ali niemals zu der Würde eines Chalifen gelangt ſind, ſo meinet man doch, daß ſie die meiſte Zeit die Regie- rung über die vornehmſten Städte in Hedsjäs behauptet haben. Man kann da- von in dem Buche: X- E*As -- S*As Tarichel Hälebi Tarich Mékke umſtändliche Nachricht finden. Die Familie Haſſans theilte ſich nachher in viele Linien, welche die Araber Daüi und äl nennen, und von dieſen verſchiedenen Familien behauptet jezt die, welche von Dalid Saiid, die von äl Bünemi ab- ſtammet q-- 9? U) e.“ O.“ „sº exº, und deren Anzahl allein 300 ſtark ſeyn ſoll, die Regierungsfolge zu Mékke und Medina. Es ſcheint, daß der Sultän ſich wenig darum bekümmert, welcher von dieſen ſich einen Regenten von Mékke nennet, ſondern daß der mächtigſte unter ihnen ſich ſelbſt zum Scherifes Scheräf, d. i. zum regie- renden Scherif erwählet. Die Scheriſs, welche in den lezten Jahren zu Mékke regieret haben, ſind nach dem Berichte alter angeſehener Kaufleute dieſer Stadt, folgende: - Seiid, ibn Sáad ibn Seiidibn Achmed ibn Haſſan von Daui Saiid, ei- ner Familie, welche von älBunemiabſtammete, erhielt die Regierung ohngefehr am An- ſange dieſes Jahrhunderts, er mußte ſie aber 7 Jahre nachher einem Jachja von Daui Barkäd, einer andern Linie von älBunemi, abtreten. Er vertrieb indeſſen dieſen ſei- nen Nebenbuhler nach 3 Jahren, und regierte nachher ſelbſt noch 5 Jahre. Der Scherif Seiid ſtarb 1129 oder 1716 und hinterließ5 Söhne, nemlich: Abdilla, Möſüd, Me- ſad, Achmed und Jäfar. Von dieſen regierte der älteſte, nemlich Abdilla, 10 Jahre. Nach deſſen Tode erhielt ſein Sohn mit Namen Mohämmed das Scheriffät, und dieſer nach Mekke, und wenn er Gelegenheit finden konnte, wieder nach Indien zu ge- hen, ſenſt aber auch noch für einen dritten verſtorbenen Ablaß zu holen. Rie- mand kann in einem Jahre zu Mekke für mehrere, als nur für einen ſeine An- dacht verrichten. In der Zwiſchenzeit bettelte der erwähnke Indianer in andern arabiſchen Städten, und während der Reiſe in der Karwane. - 368 Die Landſchaft Hedsäs. dieſer mußte es nach 5 Jahren an ſeinen Vaterbruder, dem Möſüd, welcher nach- her 21 Jahre regierete, übergeben. Während dieſer Zeit waren 2 Söhne des Sche- rif Mohämmed ibn Abdilla, mit Namen Embärech und Achmed erwachſen, und von dieſen wagte es der erſtere nach dem Tode des Möſüd einen Anſpruch auf die Regierung zu machen. Er mußte ſie aber dem dritten Sohn von Seiid, nemlich dem Meſäd abtreten, und dieſer regierete im Jahr 1763 ſchon 14 Jahre. Wenn alſo der jezt regierende Scherif ein Sohn des oben erwähnten Seiidibn Sáad iſt, ſo muß er ſchon ziemlich bey Jahren ſeyn. Der Scherif Meſad hat während ſeiner Regierung faſt alle Jahre gegen den einen oder andern Stamm Araber zu Felde ziehen müſſen, aber ſein Gebiet immer gegen ſie vertheidiget. Vor einigen Jahren ließ der Sultän ihm die Regie- rung durch einen Abdilla Páſcha, welcher die Karwane von Syrien commandirete nehmen, und ſeinen jüngern Bruder Jäfar als Scherif einſeßen. Funfzig bis ſechzig Tage nachher aber als die Karwanen zurük gegangen waren, mußte dieſer, wel- chem beydes Muth und Geld fehlete, das Scheriffät wiederum an Meſäd übergeben, und dieſer ward abermal auf Vorſtellung ſeiner vornehmſten arabiſchen Freunde von dem Sultän in der Regierung beſtätiget. Wenigſtens wieder mit ihm ausgeſöhnt. Der zweyte Bruder Achmed war ein guter Soldat, und bey den Arabern ſehr beliebt. Dieſer hat auch zu verſchiedenen malen verſucht die Regierung an ſich zu bringen. Er hatte noch kurz vor unſerer Ankunft zu Dsjidda eine große Anzahl Ara- ber auf ſeine Seite gebracht, mit welchen er drohete den regierenden Scherif Me- ſädin der heiligen Stadt anzugreifen. Nach ein paar Monaten aber höreten wir, daß der Streit beygelegt worden, und daß Achmed wieder in die Stadt gegangen wäre. Die jetzigen mohammedaniſchen Prinzen kehren ſich alſo nicht mehr an das Geſetz, welches ihnen verbietet, in dem ſo genannten heiligen Gebiete Krieg zu führen*). Jaſie machen ſich vielleicht kein Gewiſſen daraus ihren Feind auf dem Plaß um die Kába ſelbſt anzugreifen. Als Höſſejn Begk aus Kähira, mit dem Beynamen Kiskis, vor einigen Jahren mit dem Scherif Meſäd in einen Streit gerieth , pflanzte er ſeine kleine Canonen ſogar auf Minaré Käid begk, einen Thurm *) Sales preliminary diſcourſe p. 116. Die Landſchaft Hedsjäs. 369 Thurm, der von einem egyptiſchen Könige, Kaid Begk, in der Ringmauer der Käba gebauet worden. Man wollte behaupten, daß er von da aus würklich auf den Pal- laſt des Scherifs, welcher an der andern Seite der Kába liegt, gefeuert habe. Der Scherif zu Mékke iſt bloß ein weltlicher Fürſt, und kein Imäm oder Chalif, welcher in der Mosque das Amt eines Geiſtlichen verrichtet. Er bekennet ſich äußerlich, ſo wie die meiſten Türken, zu der Sekte Hänefi. Man hält aber die Scherifs in Hedsjäs überhaupt nicht für orthodor, nemlich nicht für eifrige Sunniten, ſondern für heimliche Anhänger der Sekte Zéidi. Weil die Araber überhaupt nicht gewohnt ſind viel an ihre Regenten zu bezahlen, und das Gebiet des Scherifs nur klein iſt, ſo können die Einkünfte von ſeinen Unterthanen nicht groß ſeyn. Er iſt aber dennoch einer der mächtigſten Fürſten in ganz Arabien; denn die ſo genann- ten heiligen Städte haben unglaublich viele Einkünfte durch Vermächtniſſe vieler Kö- nige, Fürſten und anderer reich verſtorbenen Mohammedaner, und hieran hat der regierende Scherif nicht den kleinſten Antheil. Seine Einkünfte aus den türki- ſchen Ländern ſind ſehr groß; denn man findet faſt in allen türkiſchen Städten ganze Baſars, Chäns, Bäder, Häuſer, u. ſ w. wovon die Einkünfte der Kába berechnet, und alle Jahre nach Mekke geſandt werden. Er theilet ſogar die Ein- künfte von dem Zoll zu Dsjidda mit dem daſigen Paſcha, und hebet auch von allen zu Mekke ankommenden Schiiten eine große Kopfſteuer. Leztere haben in dieſer Stadt ein Oberhaupt, vor welchem ihre Streitigkeiten ausgemacht werden, und von dem der Kába für jeden Pilgrimm Zehn, ja ſür reiche wohl Hundert Speciesthaler geliefert werden müſſen. / Es ſind aber die Einkünfte des Scherifs von auswärtigen Prinzen nicht ſo gewiß, als die aus der Türkey. Der Sultänel Hind, d.i. der Mogöl, pflegte alle Jahre von den Einkünften der Stadt Surat, durch ſeinen daſelbſt reſidirenden Nabob 6ooooRupie (ohngefehr 4oooo Reichsthaler) an den Scherif zu Mékke zu ſchicken. Nachdem aber die Engländer ſich Meiſter von dem Caſtell, und faſt von der ganzen Hand- lung zu Surat, gemacht hatten, entſchuldigte ſich der Nabob, daß er dieſe Summa aufzubringen nicht mehr im Stande wäre, ja er weigerte ſich gänzlich etwas zu bezahlen. Der Scherif beſchwerte ſich umſonſt bey dem Mogól. Die Macht dieſes Prinzen hatte ſich ſo vermindert, daß ſeine Herrſchaft über Surat nur bloß A a a ein 37o Die Landſchaft Hedsjäs. ein Name war. Da nun alle Jahre engländiſche Schiffe von Surät nach Dsjidda zu kommen pflegen, ſo verlangte der Scherif im Jahr 1760 von den damit an- gekommenen Kaufleuten, daß dieſe ihm die erwähnte Summa gegen eine Anweiſung auf den Nabob ausbezahlen ſollten. Sie verlangten Zeit um hierzu die Erlaub- niß der Engländer zu Surat zu erhalten. Weil aber dieſe dem Nabob würklich nicht ſo große Einkünfte übrig gelaſſen hatten, daß er Goooo Rupie nach Mekke verſchenken konnte, ſo wollten ſie ſich in dieſe Sache gar nicht miſchen. OLT Scherif ließ hierauf im Jahr 1761 einem engländiſchen Schiffer verbieten von Dsjidda zu reiſen. Er gab nemlich dem Emir Bähhr, einem Officier, ohne deſſen Erlaubniß kein einziges Boot abgehen darf, Befehl, ihn in kein Fahrzeug treten zu laſſen, bevor er die Schuld des Nabobs bezahlt hätte. Der Engländer aber kam durch Hülfe des Paſcha an Bord, und ſegelte wieder nach Indien zurück. Nachher beſchwerte ſich der Scherif über das Verfahren der Engländer in Oſtin- dien bey dem Sultän zu Conſtantinopel. Dieſer ließ die Klage dem alda reſidi- renden engländiſchen Bothſchafter einhändigen. Man kann aber leicht erachten, daß er auch hiedurch wenig Hülfe werde erhalten haben. Auf welche Art der Scherif ſich nachher mit dem Nabob und den Engländern verglichen habe, iſt mir nicht bekannt. Er wird aber wahrſcheinlich dieſe 6oooo Rupie jährlicher Ein- künfte nach und nach gänzlich verlieren. Indeſſen gewinnt er auch wieder durch andächtige Stiftungen auf einer andern Seite *). Zu Mekke iſt ein Kádi, der faſt alle Jahre durch einen andern aus Con- ſtantinopel abgelöſet wird. Die vier Muftis aber von den verſchiedenen, bey den Sünniten für orthodor gehaltenen Sekten, bleiben gemeiniglich beſtändig in dieſer *) Ein Gevollmächtigter des Scheriſs zu Mekke kam von Surat zu der Zeit wieder nach Mochha zurück, da wir in dieſer Stadt waren. Man ließ anfänglich die Waa- ren, welche dieſer Geſandte an Land brachte, zollſrey paſſiren. Weil man aber fand, daß verſchiedenes fremden Kauſleuten gehörte, ſo mußte von dieſem der ge- hörige Zoll bezahlt werden, was und wie viel auch der Geſandte des Scherifs da- gegen einwendete. Es ſcheint alſo, daß der Imam von Jemen zwar von den Gütern, welche dem regierenden Scherif ſelbſt gehören, keinen Zoll verlangt, daß er ſich aber auch vor den Drohungen ſeiner Geſandten gar nicht fürchtet. Die Landſchaft Hedsjäs. 37 I dieſer Stadt. Dieſe fünf Perſonen ſitzen in dem Obergerichte, in welchem der Kádi den Vorſitz hat. Eine jede der vier erwähnten Sekten hat hier auch ihren Imäm oder Vorbeter. Die Ämter bey der Kába überhaupt, beſonders aber des- jenigen, welcher die Schlüſſel zu dieſem berühmten Gebäude hat, ſcheinen ſehr einträglich zu ſeyn. Ich habe ihrer ſchon S. 17 erwähnt. Die Bedienung des Rufers (Muäſſem) der Schäfeiten, deren Thurm am höchſten liegt, iſt deswegen merkwürdig, weil dieſer auf den Auf- und Untergang der Sonne Achtung geben, und alſo zuerſt zum Gebet rufen muß. Selbige iſt ſeit vielen Jahren in einer Fa- milie geblieben. Selten erhält ein Muäſſem dieſe Bedienung vor ſeinem 5oten Jahre, vermuthlich weil man glaubt, daß die älteſten in dieſer Familie das nächſte Recht zu den Einkünften haben, und nicht weil man fürchtet, daß die jüngern Luſt bekommen möchten nach den Weibern der Nachbaren, welche auf dem Dache des Hauſes ſchlafen, zu ſehen. Lezteres haben einige Europäer vermuthet, weil die meiſten Muäſſems alt, oder blind zu ſeyn pflegen. Aber man findet in den mo- hammedaniſchen Städten auch oft junge Muäſſems. - Die nächſt merkwürdige Stadt in Hedsjäs iſt Medina. Dieſe iſt nur klein, und mit einer ſchlechten Mauer umgeben. Sie hat auch ſehr oft ihren ei- genen Regenten gehabt, und iſt noch vor wenigen Jahren von einem Scherif von Dañi Barkäd regieret worden. Jezt iſt in dieſer Stadt ein Wisir des Scherifs zu Mekke und ein Kaimakän, ingleichen ein Odabaſcha des Sultäns zu Conſtanti- nopel. Daß Medina in den ältern Zeiten Jathreb genannt worden, daß Mo- hämmed daſelbſt auſgenommen worden, als er von dem Stamm Koreiſch aus Mekke vertrieben wurde, daß dieſer Prophet der Araber hier geſtorben und begra- ben ſey, und daß die Stadt der erwähnten Urſachen wegen „º) * 20- Medinet en Nébbi genannt werde, ingleichen daß die Mohammedaner ſie noch jezt eine hei- lige Stadt nennen, und deswegen keinen Chriſten oder Juden erlauben ſie zu be- ſuchen, iſt bekannt. Das Grab Mohämmeds, welches man noch jezt zu Medina zeigt, wird von den Anhängern ſeiner Religion zwar in Ehren gehalten, aber vielleicht nicht ſo viel verabgöttert als das Grab Chriſti zu Jeruſalem von einigen Chriſten, ob- gleich leztere mit viel wenigerer Gewisheit behaupten können, daß Chriſtus würk- A a a 2 lich 372 Die Landſchaft Hedsjäs. lich auf der Stelle begraben worden iſt, welche die Mönche jezt dafür ausgeben. Die mohammedaniſchen Pilgrimme ſind auch gar nicht verpflichtet das Grab Mo- hämmeds zu beſuchen. Nur die Karwanen aus Syrien und Egypten machen auf ihrer Rückreiſe von Mekke einen kleinen Umweg nach Medina, weil die Moham- medaner es für eine gute Handlung halten, wenn ſie ihre Andacht ach in dieſer Stadt verrichten können. Die meiſten Pilgrimme aus Indien, Perſien, Lächſ, Omän und Jemen gehen gerade von Mekke zurück, ohne Medina geſehen zu haben. So gar nur wenige von den Vornehmen, welche nach dieſer Stadt kommen, haben das Glück in das Gebäude, das über dieſem Grabe ſtehet, zu treten. Weil man befürchtet, daß der Pöbel dem Grabe Mohämmeds zu viele Ehre erweiſen möchte, ſo muß er ſich damit begnügen, daß er es in der Ferne durch ein ſtarkes eiſernes Gitter ſehen kann. An dem eigentlichen Grabe Mohämmeds findet man nicht mehr Pracht als an den Gräbern der Stifter der Gebethäuſer und Mosqueen. Über der Stelle, wo der arabiſche Prophet begraben liegt, iſt eine Erhöhung aufgemauert, die einem großen Kaſten ähn- lich ſiehet. Auch findet man in dieſem Gebäude eben ſolche gemauerte Erhöhun- gen, worunter die zwey erſten Chalifen Abubekr und Omar begraben ſind. Ein Begräbniß neben Mohammed ſoll noch offen ſeyn, um Seidma Iſa d.i. Chriſtum, welcher nach der Meinung der Mohammedaner, kurz vor dem jüngſten Tage wie- der in die Welt kommen, und zu Medina ſterben wird, zu empfangen. Lezteres hielt ich anfänglich für eine Erdichtung. Weil aber verſchiedene angeſehene und glaubwürdige Mohammedaner in mehr als einer Stadt mir dieſes erzählten, ohne daß ich mich darnach erkundigte, ſo iſt wohl nicht daran zu zweiflen, daß dieß im Ernſt geglaubt wird. Die Gräber des Chalifen Othmán, und verſchiedener Freun- de und Nachkommen Mehämmeds, werden auch noch in und außerhalb Medina gezeigt. Über dieſe aber ſind keine, oder nur ſchlechte Gebäude aufgerichtet. Obleich man an dem eigentlichen Grabe Mohämmeds keine außerordentliche Pracht findet, ſo werden doch in dem Gebäude über demſelben erſtaunlich große Reichhüner, welche nach und nach von den mohammedaniſchen Fürſten und andern reichen Herren hieher geſandt worden, auſbehalten, und man ſagte, daß alles dieſes zum Dienſte des Sultäns bereit ſey, wenn es zu einem Kriege gegen Die Die Landſchaft Hedsjäs. 373 die Ungläubigen vonnöthen wäre. Der größte Theil dieſes Schaßes ſoll in koſtba- ren Edelgeſteinen beſtehen. Man glaubt hier auch ein chymiſches Pulver oder den Lapidem zu haben, wodurch man allerhand Metalle gleich in Gold verwandeln kann. Vermuthlich wird dieſes Schatzes wegen das Grab Mohämmeds von 40 Verſchnittenen, die alſo keine Luſt bekommen können etwas davon für ihre Nach- kommen zu entwenden, bewahret. Oder die Wache iſt hier deswegen, wie ein angeſehener Kaufmann behaupten wollte, damit der Pöbel, welcher ſehr geneigt iſt auf die Gräber der Heiligen, Lappen von ſeinen Kleidern zu werfen, in der Hof- nung dadurch ſeine Wünſche erfüllet zu ſehen, nichts unreines durch das Gitter werfe. Der gemeine Haufe der Mohammedaner glaubt, daß einmal zwey Maggre- biner, andere ſagen 2 verkleidete Chriſten, verſucht haben die Gebeine Mohammeds zu ſtehlen, und daß man ſeitdem eine Wache bey dieſem Gebäude beſtellt habe, um den Körper des arabiſchen Propheten zu bewahren. Außen an dem Gebäude ſieht man ein koſtbares Tuch mit Gold brodirten Inſchriften auf einem grünen Grund. Dieſes Tuch wird zu DamäſE verfertigt, und alle ſieben Jahre, nemlich wenn das Opferfeſt auf einen Freytag fällt, ingleichen wenn ein neuer Sultän zur Regierung kömmt, verändert. Das Gebäude über dem Grabe Mohämmeds und der beyden erſten Chalfen iſt, nach der Zeichnung eines Arabers, welche ich auf der XXII Tabelle copiirt habe, nicht in der Mitte, wie die Kába, ſondern an der Seite in einer großen Moſqué. In dem Original waren auf dem Gitter drey breite goldene Striche, wodurch der Zeichner andeuten wollen, daß drey Begräbniſſe in dieſem Gebäude ſind. Viel- leicht hat man nach einer ſolchen Zeichnung die alte Fabel erdichtet, daß Mohäm- meds Sarg in der Luft ſchwebe. Das kleine Gebäude mitten auf dem Todten- acker, ſcheint eine Canzel zu ſeyn, wovon ein Prediger (Chatib) an gewiſſen Tagen eine Rede zu halten pflegt. Auf den Thürmen war in der Zeichnung des Mo- hammedaners, und alſo vermuthlich auch auf den Thürmern zu Medina, ein Kreuz, welches man ſonſt nicht auf einem Minaré der Türken zu finden pflegt. Es iſt bekannt, daß verſchiedene Chalifen darauf bedacht geweſen eiven Lehrſtuhl, auf welchem Mohämmed zu predigen pflegte, von Medina nach ihrer Reſidenz zu bringen. Dieſer Lehrſtuhl ſoll noch jezt zu Medina ſeyn, und alle Feſttage ge- Aa a 3 - braucht 374 Die Landſchaft Hedsjäs. braucht werden. Man wußte aber nicht, daß die Araber eine beſondere Ehrfurcht vor ſelbigem haben. Jánbo iſt jezt eine ziemlich große, mit einer Mauer umgebene, aber ſchlecht gebauete Stadt, und der Hafen von Medina. Abulſeda hat entweder geirret, wenn er ſchreibt, daß Jänbo eine Tagereiſe von der See entfernt ſey *), oder das jezige Jánbo muß eine neue Stadt ſeyn; denn wir lagen dicht bey Jánbo unter der Polhöhe 24“. 5 vor Anker, oder vielmehr, wir befeſtigten unſer Schiff in dieſem Hafen an einer ſteilen Corallenklippe, welche kaum mit Waſſer bedeckt war. Bey meiner Reiſebeſchreibung wird man eine Zeichnung von der Lage dieſer Stadt finden. Es liegen hier wegen der türkiſchen Pilgrimme und Kaufleute einige Janitſcharen. –alla Täaif, eine mit einer Mauer umgebene Stadt, liegt oben auf einem ſehr hohen Gebürge, und in einer ſo angenehmen und fruchtbaren Gegend, daß die arabiſchen Schriftſteller ihre Lage mit der Lage von Saná und Damáſk verglichen haben. Es werden von hier viele friſche Früchte, und beſonders Wein- trauben nach Mekke, ja bis Dsjidda gebracht, und viele Mandeln bis nach In- dien verfahren **). Weil die türkiſchen Pilgrimme nicht nach dieſer und den ſol- genden Städten kommen, ſo findet man daſelbſt keine Soldaten des Sultäns, ſon- dern ſie ſtehen bloß unter dem Scherif zu Mékke. Sádie, *) Al Yanbo portum habet ſuper mare itinere unius diei diſtantem. Prope Yanbo eſt Mons „3“/ Redway ab oriente ejus eminens. **) Der Scherif Ed dris ſcheint richtig von dieſer Stadt bemerckt zu haben: Taief eſt urbs parva; populoſa, ſuavibus aquis irrigua, coeli temperie ſalubris, frugibus abundans, ruribus ampla, uvis praeſertim opulentiſſima; Porro ejus uvae ſiccae celebres ſint --- & major pars fruêtuum Mecchar ab illa defertur; eſt au- tem ſita Praedita Taief ſuper dorſo montis Ghazua - - - nullus in univerſa re- gione Hagiaz reperitur mons frigidior cacumine montis huiuſee, in qvo aqua interdum tempore eſtivo conglaciat. Lezteres iſt vermuthlich übertrieben. Ich hake indeſſen auch gehört, daß daſelbſt Eis friere, und eben dieſes ſagt Abulfeda: Sape aqua congelaſcit in ſummitate Gazwan. - Tab: XXII. Die Landſchaft Hedsjäs. 375 Sádie, eine kleine Stadt nach Süden von Mékke. Auf meiner See- reiſe von Dsjidda nach Loheia zeigte man mir einen Berg in dieſer Gegend, den man Sáade nannte *). so. 5 Ghünfude, eine zwar ziemlich große, aber ſchlecht gebauete Stadt an dem arabiſchen Meerbuſen, unter der Polhöhe 19“. 7“. Der hieſige Gouver- neur des Scherifs zu Mékke wohnet auf einer kleinen Inſel, etwa eine viertel deutſche Meile vom Ufer, und hat daſelbſt ein Caſtell oder vielmehr einen ſchlechten Wartthurm. Er muß alle Tage nach der Stadt, um den Zoll zu heben; denn alle Schiffe, welche mit Caffe von Jemen nach Dsjidda gehen, müſſen hier anle- gen, und einen Schein mitnehmen, daß ſie die gebührende Abgabe bezahlt haben. Die Einfahrt des Hafens iſt von der Südſeite. Die Küſte iſt in dieſer Gegend ſo voll von Corallenbänken, daß wir mit unſerm kleinen Schiffe, auf welchem wir von Dsjidda nach Loheia reiſeten, nicht einmal an der Nordſeite der Inſel nach dem Hafen kommen konnten. - Häli, eine kleine Stadt nicht weit vou dem arabiſchen Meerbuſen, aber noch jezt, ſo wie ſchon zu Abulfedäs Zeiten, auf der Gränze zwiſchen Hedsjäs und Jemen. Man findet hier ein kleines Caſtell mit einer Beſatzung des Scherifs zu Mekke. Das Vorgebürge Há i, bey welchem wir eine Nacht vor Anker lagen, iſt unter der Polhöhe 18. 36, und nicht weit von der erwähnten Stadt. Der Diſtrikt Fidak, den Fätima von ihrem Vater Mohämmed zum Brautſchaß erhielt, war nach der Meinung einiger Araber, in der Nähe von Medina, und beſtand nur aus einigen Dattelgärten. Andere aber meineten, es wäre das jezige „se» s«-U” Wadi Fäfima, ein ſehr fruchtbares Thal eine Tagereiſe von Mekke, auf dem Wege nach Medina, und jezt Daüi Barkäd gehörig *). Von den übri- gen Städten und Dörfern, welche noch zur Herrſchaft des regierenden Scherifs zu Mekke gerechnet werden, habe ich keine genaue Nachricht erhalten können. Unter *) Die Stadt und der Hafen Socquiae, deſſen der Scherif Ed dris erwähnt, ſcheint in dieſer Gegend geweſen zu ſeyn. *) Batn UMarr, deſſen der Scherif Eddris und Abulfeda erwähnen, ſcheint in dieſer Gegend geweſen zu ſeyn, 376 Die Landſchaft Hedsjäs - - - - - Unter den unabhängigen arabiſchen Schechs in Hedsjäs iſt der von dem Stamme ---> Harb, welcher allein, nach der Meinung eines Kaufmanns aus Mekke, 2oooo Mann ins Feld ſtellen kann, der mächtigſte. Das Gebiet dieſes Stammes iſt zwiſchen Mºkke und Medina, und der regierende Schech wohnt ge- meiniglich entweder zu Machſchüs oder zu Chäf – S-. Es gehören ihm aber auch Fur, Tuäl, Robogh –s)/, Safra, Bedru Hönnejn - - 9/02, Maſtüra und viele andere kleine Städte und Dörfer. Die Vornehmen von die- ſem Stamme leben gewiſſe Monate unter Zelten, nemlich zu der Zeit, wenn das Vieh in entlegenen Gegenden geweidet wird. Die übrige Jahrszeit wohnen ſie in Dörfern und Städten, meiſtentheils aber in den in Tehäma und Hedsjäs ge- wöhnlichen Hütten, die mit einer Art Gras bedeckt ſind. Es iſt vornehmlich die- ſer Stamm, welcher einen Tribut von den egyptiſchen und ſyriſchen Karwanen ver- langt *). Und wenn er mit ſeinen Unterthanen und gewöhnlichen Bundesge- noſſen nicht im Stande iſt ſeine Foderungen gegen die Türken zu behaupten; ſo fehlt es ihm, ſelbſt unter ſeinen gewöhnlichen Feinden, nicht an Hülfstruppen, da auch dieſe gerne von der Plünderung der großen Karwanen profitiren wollen. Folgende Örter findet man gleichfalls in Hedsäs. Ich weiß aber nicht unter weſſen Herrſchaft ſie ſtehen, noch ob es Städte, Dörfer, oder nur Plätze ſind, wo bloß Karwanen ſich zu lagern pflegen. Zwiſchen Mékke und Medina: - L-) Oſſafän. „W Alfera. *Sy" Soärdſie. - Lächſa. >> Chorma. –sº Wadi elakjk. Cºº- Choläs. Zwiſchen Medina und Damáſk: --- el Achſan. ==” el Hödsier. --M el Öle. –x-W/Lº Abiar Naſſif Sººs Tabük. esyº / Lº AbiarelGaunem. "20* Hadie. --- Máän. sº M Sarka. sº." Bälka. Möfrak. – 22- Ämſerib *). Moilah, - *) Schon Abulfeda bemerckt: via proxima ab al Medina ad Meccam eſt per al Farao: verum vix poterit viator tuto ineedere, prae latronibus viam infeſtantibus. **) Verſchiedene der erwähnten Oerter werden von den arabiſchen Erdbeſchreibern erwähnt, als: Von - - - - - -- ------ - - - - - - - -- Die Landſchaft Hedsjäs. 377 Moilah, vermuthlich das alte Madian, eine kleine Stadt oder Dorf mit einem Caſtell auf dem Wege der egyptiſchen Pilgrimme, und am arabiſchen Meerbuſen. Iſtabelantar, ein Dorf an dem arabiſchen Meerbuſen. Gleichfalls, wo ich nicht irre, am Wege der egyptiſchen Pilgrimme. . ." In der bergigten Gegend von Hedsjäs ſind auch viele kleine unabhängige Herrſchaften. Die daſelbſt wohnenden Araber aber leben nicht unter Zelten, ſon- dern das ganze Jahr durch in Städten und Dörfern, und vertheidigen ſich in klei- nen Caſtellen auf ihren ſteilen Bergen. Sie vereinigen ſich auch bisweilen mit ihren Nachbaren, den Bedouinen, gegen die Türken, obgleich leztere durch ihr Gebiet nicht ziehen. Ich habe von den unabhängigen Herrſchaften dieſer Gegend weiter keine Nachricht erhalten, als nur bloß von dem Diſtrikt Cheibar /*, welcher nach N. O. von Medina liegt, und noch bis auf dieſen Tag von freyen unabhängigen Juden, die ſo wie die übrigen Araber unter ihren eigenen Schechs ſtehen, bewohnt wird. Ein Stamm von dieſen arabiſchen Juden ſoll ſich Beni Miſſead o2/- „º, ein anderer Beni Schahän --“ -‘, und ein dritter Beni Anäſſe - sº nennen. Der Name Beni Cheibar iſt bey den nördli- chen Mohammedanern noch immer ſo verhaßt, daß man einen faſt nicht mehr be- ſchimpfen Von dem Scherif Eddris. Von Abulfeda. Oſſafan. e. Lºs Aasfan und Osſan. e-Liºs Osſan. Afra. ÜJ Alfere. E AM Alfara. Wadelakk. -Lä») „so, Wadilaaegic. «_ää»M „oy Wadialakik. Choläs. Z 2. Z A E Cºla- Chalis. Ehsser. -- Hagar. =='Alegr. Tabuk. Gºs Tabuc. Gºs Tabuc. Madian. (..Da«) o Madian. e. A0-o Madyan. Herr Doct. Büſching hat alle dieſe Oerter nach den erwähnten Schriftſtellern beſchrie- ben. Er erwähnet noch vieler anderer Städte dieſer Gegend, welche vermuthlich noch jezt in Arabien bekannt ſind. Ich kann aber nur diejenigen bemerken deren Namen ich auf meiner Reiſe ſelbſt gehört und aufgezeichnet habe. B bb 378 Die Landſchaft Hedsjäs. ſchimpfen kann, als wenn man ihn einen Abkömmling von Beni Cheibar nennet. Sie ſagen daher auch, daß ihre Karwanen in Hedsjäs von Beni Cheibar geplündert werden. Doch erzeigen ſie dieſen Juden dadurch zu viele Ehre; denn bey der lezten Plünderung waren die Schechs von den Stämmen Harb in Hedsjäs, und Anäſſe aus Nedsjed, die vornehmſten Anführer, und die Juden von Cheibar hatten, nach dem Berichte glaubwürdiger Mohammedaner, nur wenige Hülfstruppen bey dieſer arabiſchen Armee. Es ſcheint, daß die Juden von Cheibar gar keine Gemeinſchaft mit den Ju- den haben, die in den auf der Gränze von Arabien liegenden Städten wohnen. Wenigſtens wollten die zu Háleb und Damáſk nichts von ihren Brüdern Beni Cheibar gehört haben. Da ich mich auſ das Zeugniß ſo vieler Mohammeda- ner berief, antworteten ſie, daß ſelbige ſich bey ihnen gar nicht melden dürften, weil ſie das Geſetz nicht nach ihrer Manier beobachteten. Die Juden zu Cheibar ſind alſo viel- leicht Karaiten *); denn man findet nicht nur Karaiten in Polen, zu Conſtan- tinopel und Kähira, ſondern auch in einigen Dörfern am Euphrat, und alle die- jenigen, welche ſich zu dieſer Sekte bekennen, ſind bey den übrigen Juden, den Phariſäern, mehr verhaßt als die Mohammedaner und Chriſten. Der Name des Stammes Anäſſe hat viel ähnliches mit dem Na- men Hanaſſi, deſſen Benjamin von Tudela beynahe vor 600 Jahren erwähnt hat *) Man könnte dieſes auch aus der Anmerkung des Scherifs Eddris in ſeiner Geogr. Nub. p. 1 1 o. vermuthen, wo es heißt: Eſtautem Chaibar urbs parva quaſi Caſtellum, munita , & locuples palmis, arvisque. Eratque in exordiis Moslemanismi do- micilium filiorum Coraitae. sº, („sº? Die Wohnung dieſer Juden, zu wel- cher man, beſonders von Oſten und Norden, nicht anders als durch große Wüſte- neyen kommen kann, hat vielleicht Gelegenheit zu der Fabel von dem Sabbatfluß gegeben; denn die Juden reiſen, wie bekannt, nicht am Sabbat. Die Karwa- nen aber, mit welchen ſie in den Morgenländern zu reiſen genöthigt ſind, wür- den ſich ihrentwegen nicht aufhalten. Und weil ſie allein nicht mit Sicherheit durch dieſe große Wüſte reiſen können, ſo können ſie auch ihres Sabbats wegen keine Reiſe nach Cheibar unternehmen. Barthema erwähnet der unabhängigen Juden in der Gegend von Medina gleichfals. Das Landſchaft Hedsjas. 379 hat *). Ingleichen mit Banu Anzah, welcher Stamm ſchon Mohämmed und den erſten Chalifen viel Verdruß machte. Alſo hat dieſe Familie Juden wahr- ſcheinlich ſchon über 1100 Jahre regiert. - G FF F= EF =-D VIII. Verſchiedene Stämme Bedouinen, oder herum- ſtreifende Araber. D Einwohner der arabiſchen Städte, und beſonders der an der Seeſeite und auf der Gränze liegenden, ſind wegen ihrer Handlung und Gewerbe dergeſtalt mit Fremden vermiſcht worden, daß ſie gar vieles von ihren alten Sitten und Gebräuchen verloren haben. Die wahren Araber aber, welche ihre Frey- heit jederzeit höher geſchäzt haben, als Reichthümer und Bequemlichkeit, leben in abgeſonderten Stämmen, unter Zelten, und beobachten noch beſtändig die ur- alte Regierungsform, Sitten und Gewohnheiten ihrer Vorfahren. Sie nennen ihre Adelichen insgeſamt Schech, oder Schächh (S. 14). Ein Schechz. Er. regieret über ſeine Familie und alle ihre Bediente. Wenn dieſe ihr Eigenthum gegen ihre Nachbaren nicht vertheidigen können, ſo verbinden ſich mehrere kleinere Schechs, und wählen unter ſich einen größern. Mehrere größere Schechs un- terwerfen ſich mit Genehmigung der kleinern, einem noch mächtigern als ſie ſind, nemlich einem Schechelkbir oder Scheches Schiüch, und der ganze Stamm wird alsdann nach der Familie des großen Schechs benannt. Sie ſind alle gleich- ſam geborne Soldaten, und treiben zugleich die Viehzucht. Die Schechs von den großen Stämmen haben eine Menge Kameele, theils um ſie in ihren Kriegen zu gebrauchen, theils auch um darauf die Waaren der Kaufleute von einer Stadt zu der andern zu bringen, und endlich um ſie zu verkaufen. Die kleinern und gleich- ſam unterwürfigen Stämme ziehen mehr Schafe. Den Ackerbau und andere ſchwere Arbeit überlaſſen ſie ihren Unterthanen, den gemeinen Arabern. Dieſe wohnen in ſchlechten Hütten, die Schechs unter Zelten. B bb 2 Weik *) Itinerarium BenjaminiTudelenſisex verſione Benedicti Arix Montani p. 75, 76, 77. 38O Verſchiedene Stämme Bedouinen. C. Weil dieſe Araber beſtändig in der freyen und reinen Luft zu leben gewohnt ſind, ſo haben ſie einen überaus feinen Geruch. Die Städte gefallen ihnen ſo wenig, daß es ihnen unbegreiflich ſcheinet, wie Leute, die doch das Anſehen haben wollen als liebten ſie die Reinlichkeit, in einer ſo unreinen Luſt leben können. Verſchie- dene glaubwürdige Männer haben mich gar verſichern wollen, daß, wenn man einen Bedouinen in Hedsjäs auf die Stelle führet wo ein Kameel geſtanden hat, er es wieder ausſpüren kann, wenn es auch zu der Zeit da die Pilgrimme, und alſo auch viele tauſendfremde Kameele, zu Mekke ſind, verloren ſeyn ſollte. Sie ſollen 5 Tage lang ohne Waſſer leben, und gleich beſtimmen können wie tief ſie an einer Stelle graben müſſen um Waſſer zu bekommen, wenn ſie nur das Erdreich und die darinnen wachſende Kräuter ſehen. Kurz, ſie ſind zu den Streifereyen in ihrer Wüſte ſehr geſchickt. - Die Regierung bleibt bey dieſen Arabern in der Familie eines jeden großen und kleinen Schechs, und es wird nicht allezeit der älteſte, ſondern derjenige von den Söhnen oder den nächſten Anverwandten gewählt, der für den tüchtigſten gehal- ten wird. Sie bezahlen wenig oder gar nichts an ihre Obern. Jeder der kleinen Schechs iſt nicht nur der Fürſprecher, ſondern auch der Anführer ſeiner Familie. Der große Schech muß ſie alſo mehr wie ſeine Bundesgenoſſen, als wie ſeine Un- terthanen anſehen. Wenn ſie gar nicht mit ſeiner Regierung zufrieden, und gleich wohl außer Stande ſind ihn abzuſetzen, ſo treiben ſie ihr Vieh zu einem andern Stamm, der gemeiuiglich froh iſt ſeine Parthey verſtärken zu können. Es muß ſich aber auch ein jeder kleiner Schech beſtreben ſeine Familie wohl zu regieren, weil dieſe ihn ſonſt gleichfals abſetzen oder verlaſſen würde. Daher ſind bisweilen die Namen großer Stämme in Vergeſſenheit gekommen, und kleinere, welche vorher gar nicht bekannt waren, haben ſich empor geſchwungen. Viele Stämme haben ſich getheilt, und ſind in entfernten Gegenden entweder berühmt, oder genöthiget worden ſich unter den Schutz eines andern Stammes zu begeben. Niemals ſind dieſe Bedouinen gänzlich von Auswärtigen bezwungen worden, und werden auch viemals bezwungen werden können. Dagegen ſind nicht nur viele Städte in dem nördlichen und öſtlichen Theil von Arabien den Fremden, ſondern auch ſo gar die reichſten Städte der abgelegenen Landſchaft Jemen, den Perſern, Habeſſinern, Ayubiten und Türken unterwürfig geweſen. Die- Verſchiedene Stämme Bedouinen. 381 Diejenigen Stämme Araber welche ſich nicht haben gelüſten laſſen in Dör- fern und Städten zu wohnen, oder ſich wenigſtens in der Nähe von großen Städten aufzuhalten, um ihr Vieh, ihre Milch und Butter theuer verkaufen zu können, ha- ben ihre Freyheit gänzlich behauptet. Die Araber in der Gegend von Bagdad, Moſül, Örfa , Damáſk und Häleb aber ſind dem Namen nach dem Sultän unter- worfen. Einige beſitzen nemlich Dörfer wofür ſie etwas gewiſſes an den Paſcha be- zahlen, oder ſie haben die Einkünfte davon, und erhalten überdieß noch wohl gar gewiſſe Summen um die Karwanen, welche durch die Wüſte reiſen, gegen andere Araber zu ſchützen. Aber der Sultän kann den arabiſchen Stämmen niemals ei- nen türkiſchen Gouverneur geben; denn ſo wie einzelne Familien ihren Stamm ver- laſſen können, wenn ſie mit dem regierenden Schech nicht zufrieden ſind, ſo würde auch der ganze Stamm ſich bald in die Wüſte zurük ziehen, wenn man ihm einen türki- ſchen Gouverneur aufdringen wollte. Die Paſchäs müſſen ſich alſo damit begnügen, daß ſie Uneinigkeit unter der regierenden Familie ſtiften, und bald den einen, bald den andern in der Regierung über ſeinen Stamm unterſtützen. Ich bin nicht gewiß ob der regierende Scherif zu Mikke ſich auch auf dieſe Art eine Herrſchaft über einige Stämme Araber in Hedsjäs anmaßet. Es iſt aber ſehr wahrſcheinlich daß er keine Gelegenheit verſäumt die großen Stämme in ſeiner Nachbarſchaft zu ſchwächen, und dieſes kann auf keine bequemere Art geſchehen, als wenn er die kleineren, Schechs gegen den regierenden, oder den einen Stamm gegen den andern aufwiegelt. Man ſagte daß die Stämme welche ſich in der Nähe von Mekke aufhalten, einen kleinen Tribut an Schafen und Kamelen an den Scherif bezahlen. Die verſchiedenen Stämme führen unter ſich viele, aber weder blutige, noch lange daurende Kriege. Sobald aber einer unter ihnen von einem auswär- tigen Feinde, nemlich den Türken angegriffen wird, ſo vereinigen ſie ſich bald um erſt das gemeine Wohl zu vertheidigen. Ein jeder von ihnen glaubt in ſeinem Ge- biete völlig ſouverain zu ſeyn, weil ſeine Vorfahren in der Gegend wo er wohnt vielleicht einige hundert Jahre regiert haben. Deswegen glaubt er auch ein eben ſo großes Recht zu haben von den Reiſenden, welche durch ſein Gebiet ziehen wol- len, gewiſſe Geſchenke, Wegegeld oder Zoll, wie man es nennen will, verlangen zu können, als andere Nationen unter gleichen Umſtänden einen Zoll von fremden B bb 3 Kauf- 382 Verſchiedene Stämme Bedouinen. Kaufleuten und andern Reiſenden federn. Die türkiſchen Sultäne haben ſich ſo gar verbunden, einem jeden Stamme Araber am Wege nach Mekke dafür, daß er die Brunnen am Wege nicht verderbt, und die Pilgrimme durch ſeinen Diſtrikt begleitet, jährlich eine gewiſſe Summe Geldes, und eine Anzahl Kleider zu geben. Aber die türkiſchen Anführer der großen Karwanen ſind viel zu ſtolz, als daß ſie die großen arabiſchen Schechs für ſouveraine Prinzen, und alſo für mehr als ſich ſelbſt anſehen ſollten. Sie halten ſie vielmehr für Rebellen und Räuber, die kein Recht haben können von ihnen deswegen, weil ſie ihre heilige Örter beſuchen wollen, Ge- ſchenke zu verlangen, und kommen alle Jahre mit ganzen Armeen nach Mekke, um ihre Pilgrimme und Kaufleute, welche auch alle bewafnet zu ſeyn pflegen, zu be- ſchützen. Wenn alſo die Türken alle Jahre mit einer Armee in Arabien erſcheinen, ſo müſſen die Araber, vornehmlich bey einem öffentlichen Kriege, ihnen eine Ar- mee entgegen ſtellen, um ihre Rechte zu behaupten. Dieſe kann man wohl nicht mit einer Bande Räuber vergleichen, da ſie von großen Schechs angeführt wird, welche unſtreitig unabhängige Herren von der Wüſte ſind, und alſo ein Recht ha- ben ſich allen denen, welche mit Gewalt durch ihr Gebiet ziehen wollen, zu wi- derſetzen. Die Araber ſchlagen und plündern daher bisweilen die Karwanen. Die türkiſchen Officiers aber ſind nur gar zu oft ſelbſt daran Urſache, weil ſie ſich bis- weilen nicht darum bekümmern wie es ihren Nachfolgern ergehen werde, wenn nur ſie ſich rühmen können den Karwanen einen freyen Durchzug verſchafft zu haben. Z. Er. Ali Begk, der ſich nachher zum Beherrſcher von Egypten aufgeworfen hat, bezahlte den Arabern, als er einmal die egyptiſche Karwane nach Mekke begleitete, auf der Hinreiſe etwa nur die Hälfte der gewöhnlichen Summe, mit dem Verſprechen daß er das übrige bey ſeiner Zurükkunft entrichten wollte. Er bezahlte nachher gar nichts, vergaß indeſſen nicht dem Sultän die ganze Summe in der Rechnung anzu: führen. In dem folgenden Jahre verlangten die Araber auch das reſtirende. Der damalige Emir Hads wollte ſich damit entſchuldigen, daß das vergangene ihn nichts angienge. Aber er mußte alles abtragen, wenn er nicht erwarten wollte, von den Arabern angegriffen zu werden. Abdällah Paſcha, welcher die Karwane von Syrien commandirte, ließ vor einigen Jahren, ich meyne 1756, die vornehm- ſten Verſchiedene Stämme Bedouinen. 383 ſten Schechs von dem Stamme Harb, die die gewöhnlichen Geſchenke abholen wollten, freundſchaftlich zu ſich kommen. Aber anſtatt zu bezahlen, ließ er ihnen alle die Köpfe abſchlagen, und ſchickte ſelbige als ein Zeichen ſeines Sieges über die ſo genannten treuloſen und räuberiſchen Araber nach Conſtantinopel. Die Karwanen giengen in dieſem Jahre ſiegreich nach Mekke, und wieder zurück, ohne von den Arabern beunruhigt zu werden, und alle Türken rühmeten die niederträch- tige Aufführung des Paſcha als eine große Tapferkeit. Die Araber waren durch den Verluſt ihrer alten Anführer dergeſtalt geſchwächt worden, daß ſie ſich noch nicht in dem folgenden Jahre wieder unterſtunden ein Wegegeld von den Karwanen zu verlangen, und die Türken glaubten mit völliger Sicherheit durch Hedsjäs reiſen zu können. Das zweyte Jahr nachher aber verſammleten ſich gegen die Zurük- kunft der Pilgrimme, da ſchon viele durch die beſchwerliche Reiſe abgemattet waren, und andere, um die Reiſekoſten zu beſtreiten, ihre Gewehre verkauft hatten, wie man ſagt, 8oooo Mann Araber, und plünderten die ganze Karwane. Seit der Zeit haben die Türken ſich wieder bequemt den gewöhnlichen Tribut, und vielleicht noch mehr an die Araber in Hedsjäs zu bezahlen. Leztere erhielten bey dieſer Plün- derung viele koſtbare Waaren, wovon ſie nicht einmal Gebrauch zu machen wußten. Man erzählt, daß ein Araber von dem Stamme Anſe einen Beutel mit Perlen bekommen, und ihn zu Jafa für ein Kleid verkauft habe. Ein anderer, der auch einen ſolchen Beutel erhielt, glaubte daß die koſtbaren Perlen Reis wären. Weil er gehört hatte, daß der Reis gut ſchmeckt, gab er die Perlen ſeiner Frau, um ihm davon eine Mahlzeit zu kochen, und dieſe ſoll den vermeinten Reis, welcher gar nicht mürbe werden wollen, weggeſchüttet haben. Dieſes ſcheint zwar fabel- haft, man hat aber Beyſpiele, daß der europäiſche Bauer nicht klüger iſt, und warum ſollte man mehr Verſtand bey einem gemeinen Bedouinen erwarten? Auf der Oſtſeite von Arabien werden auch bisweilen Karwanen geplün- dert, wenn die daſelbſt wohnenden herumſtreifenden Araber mit den Paſchäs unzu- frieden ſind, oder wenn der Stamm, welcher die Güter der Kaufleute von einer Stadt zur andern bringt, mit andern Stämmen in einem Kriege verwickelt iſt. Mann wollte gleichfalls behaupten, daß ein türkiſcher Anführer der Karwane, welche jährlich von Bagdad nach Mºkke reiſet, und von den Pilgrimmen, vornemlich # von 384 Verſchiedene Stämme Bedouinen. von den perſiſchen, ſo große Einkünfte hat, daß er nicht nur nichts von dem Pa- ſcha erhält, ſondern noch eine anſehnliche Summa an ihn bezahlt, vor einigen Jahren mit den Arabern verabredet habe, daß ſie die Karwane in einer gewiſſen Gegend plündern könnten. Die arabiſchen Schechs ſind täglich zu Pferde oder auf ihren Dromedaren, um auf ihre Untergebene Aufſicht zu haben, um ihre Freunde zu beſuchen, oder um ſich mit der Jagd zu beluſtigen. Man hat in der Wüſte einen faſt eben ſo freyen Horizont als auf der See. Wenn die Schechs alſo Reiſende in der Ferne ſehen, ſo nähern ſie ſich, und wenn ſie ſich ſtärker zu ſeyn glauben, ſo verlangen ſie ge- meiniglich daß die Reiſenden ſich auskleiden ſollen. Unter dieſen Umſtänden ſind ſie würkliche Räuber. Allein deswegen kann man noch nicht ſagen, daß die Be- douinen größtentheils vom Raube leben, welches doch verſchiedene Schriftſteller ha- ben verſichern wollen. Denn die Morgenländer reiſen überaus ſelten einzeln, ſon- dern immer in Karwanen. Es gehen nicht oft Karwanen durch die Wüſte, und von dieſen wird nur ſelten eine geplündert, welches man auch bloß daraus ſchon ab- nehmen kann, daß die türkiſchen Kaufleute noch immer Waaren nach Mekke, Basra und Bagdad ſchicken. Die nach Mekke Reiſenden halten den Weg durch Heds- jäs gemeiniglich für ſicherer, als mit den kahiriniſchen Schiffen. - Man findet alſo zwar eben ſo wohl Räuber in der arabiſchen Wüſte, als in andern wenig bebaueten Ländern. Man kann aber die arabiſchen Räuber viel- leicht mit unter die geſitteſten in der ganzen Welt rechnen; denn anſtatt daß die Räuber in der europäiſchen Türkey die Reiſenden erſt erwürgen, und hernach plün- dern, vielleicht weil ſie ſich vor der Obrigkeit fürchten, ſo hört man überaus ſelten, daß die Schechs diejenigen tödten, welche ſie plündern, woferne ſie ſich gutwillig ergeben, und keinen von ihnen verwundet oder getödtet haben. Sie ſind ſo gar gaſtfrey und dienſtfertig gegen diejenigen, welche ſie geplündert haben, indem ſie ihnen nicht nur Eſſen und einige alte Stücke Kleidungen wieder geben, ſondern ſie auch wohl auf ihrem Wege begleiten, damit ſie nicht in der Wüſte umkommen. Ein Mufti (Erzbiſchof der Mohammedaner) zu Bagdad, der vor wenigen Jah- ren auf ſeiner Rückreiſe von Mekke in der Provinz Nedsjed geplündert ward, machte mit den Räubern einen ſchriftlichen Vergleich, daß ſie ihn und ſeine bey - - - ſich Verſchiedene Stämme Bedouinen. 385 ſich habende Leute für eine gewiſſe Summe, die er bey ſeiner Zurükkunft zu bezah- len verſprach, bis Bagdad begleiten laſſen ſollten. Diejenigen welche ihn geplün- dert hatten, brachten ihn bis zu dem nächſten Stamm. Die Schechs von die- ſem Stamm überlieferten den Mufti und ſeine Handſchrift ihrem Nachbaren auf der andern Seite u. ſ. w. bis er endlich wieder nach Hauſe kam. Ein Europäer, welcher mit der ganzen Karwane zwiſchen Häleb und Básra geplün- dert ward, ward auf der Reiſe von der Peſt angefallen. Weil er zu ſchwach war ſeinen Reiſegefährten zu folgen, ſo gaben die Araber ihm einen Platz außerhalb ihrem Lager. Und obgleich ſie ihm nicht ſo aufwarteten als ſeine Anverwandten ge- than haben würden, ſo brachten ſie ihm doch ſo lange Lebensmittel, bis er ſeine Krankheit überſtanden hatte, und ſchickten ihn nachher nach Básra. Ein Englän- der aus Bengalen kam vor einigen Jahren von England nach Scanderone um wei- ter nach Indien zurück zu gehen. Weil er in dieſem Hafen nicht acht Tage warten wollte, um mit einer Karwane nach Häleb zu reiſen, ſo begab er ſich allein auf den Weg, und ward von den Kiurden geplündert. Nach ſeiner Ankunft zu Häleb wollte er wieder nicht auf eine Karwane warten, ſondern reiſete allein mit zwey Arabern von Häleb nach Básra, und vertheidigte ſich einige Zeit mit ſeinen Piſto- len gegen einige arabiſche Schechs, die ihn bloß mit ihren Lanzen angriffen. Die Araber aber belagerten ihn gleichſam, und er mußte ſich ergeben. Weil er auf ſie gefeuret hatte, ſo prügelten ſie ihn dermaßen, daß er nicht auf ſeinen Füßen ſtehen konnte. Sie brachten ihn darauf zu ihrem Lager, und nachdem ſie ihn da- ſelbſt einige Zeit unterhalten hatten, begleiteten ſie ihn auf dem Wege nach Básra. Herr Forſkäl, mein Reiſegefährter, ward auf einer Reiſe von Kühira nach Alexan- drien auch genöthigt ſich ganz von ſeinen Kleidern zu entblößen, denn die Araber geben ſich nicht die Mühe die Reiſende auszukleiden, weil ſie beſürchten, daß ſel- bige ſie meuchelmörderiſcher weiſe ermorden werden. Er behielt aber ſeinen Eſel, und alle ſeine Papiere, bis auf ein kleines gedrucktes Buch, welches der Araber ſeinen Söhnen zeigen wollte. Von ſeinen Kleidern bekam er nichts weiter als ſeine türkiſchen Beinkleider und einen alten Teppich zurück. Von ſeinen Lebens- mitteln hingegen erlaubten ſie ihm zu nehmen was er wollte. Sein Bedienter mußte ſich ebenfalls auskleiden, und ein Felachh, (egyptiſcher Bauer) welcher mit C ce ; in 386 Verſchiedene Stämme Bedouinen. in der Geſellſchaft war, bekam bloß deswegen Prügel, weil er Piſtolen bey ſich führete, ohngeachtet er ſie nicht gebraucht hatte *). Kurz, es wäre zu wünſchen, daß die Räuber in allen Ländern ſich allezeit ſo menſchlich gegen die Reiſende bezeig- ten als die Araber, deren Namen man faſt nicht nennet, ohne ſich zu erinnern, daß vornemlich dieſe Nation für Räuber gehalten wird. Die verſchiedene Stämme Araber wovon ich Nachricht erhalten habe, ſind folgende: oJLéº „º Beni Chaled. Dieſer Stamm iſt einer der mächtigſten in ganz Arabien. Er beſitzt nicht nur viele Kameele, und herrſcht über viele klei- nere Stämme, wovon einige Kameele, andere Schafe haben, ſondern er hat ſich auch die Städte und Dörfer in Lächſa oder Hadsjär unterwürfig gemacht. Der regierende Schech aber wohnt nicht beſtändig in Städten, ſondern die meiſte Zeit des Jahrs unter Zelten. Der Stamm Kiäb, deſſen ſchon im vorhergehenden erwähnt worden iſt, wohnt an der Norderſeite des perſiſchen Meerbuſens, in Städten und Dörfern, und meines Wiſſens nicht unter Zelten. EXxi- Montefidsj oder Montefik. Dieſem Stamme gehört die ganze Gegend an beyden Seiten des Euphrats von Korne an, einer bekannten Stadt auf der Stelle wo ſich der Euphrat mit dem Tiger vereinigt, bis Ardsje. Der regierende Schech wohnt im Sommer, wenn alles Gras in der Wüſte verdorret iſt, zu Nähhrelantar. Er zieht aber in den Wintermonaten mit ſeinen großen Heerden Vieh nach der Wüſte, und lebt daſelbſt unter Zelten. Die Einwoh- Uter *) Man erzählte zu Basra daß zwey Indianer, die als Betler von dieſer Stadt nach Mekke gereiſet, unterweges zu einem Araber gekommen wären, der ſeinem Sohn gleich befohlen habe ein Schaf zu ſchlachten, um ſeine Gäſte zu bewirthen. Weil der Sohn Einwendung dagegen machte, ergrif der Vater den Stab des einen Reiſenden. Da er von ohngefehr auf eine Zeltſtange ſchlug, zerbrach der Stab und eine Menge Goldmünzen, die der Wanderer in demſelben verborgen hatte, fiel vor ihm auf die Erde. Der Araber bedachte ſich hierauf nicht lange, ſon- dern nahm alles Geld in Verwahrung, und ſchickte ſeine Gäſte, welche er ſo wohl zu bewirthen gedachte, gleich leer von ſich. Verſchiedene Stämme Bedouinen. 387 ner der Dörfer, welche vom Ackerbau leben, müſſen dieſen Arabern Tribut bezah- len, und werden von den Schechs wenig geachtet, denn, da die Schechs ſelbſt ſo kümmerlich leben, ſo kann man leicht denken, daß ſie ihre Unterthanen auch nicht - reich werden laſſen. Indeſſen kennen die Araber die Leibeigenſchaft der Bauern nicht, ſondern ein jeder, nur die von fremden Nationen gekauften Sclaven ausge- nommen, kann ſein Glück in andern Gegenden ſuchen, wenn es ihm in ſeinem Va- terlande nicht gefällt. Weil das Gebiet dieſes Stammes zwiſchen den Ländern des Paſcha zu Bagdad, nemlich zwiſchen Helle und Bäsra liegt, ſo wird er vor- nemlich alsdann, wenn er etwa die Reiſende, welche durch ſein Gebiet ziehen, plündert, von dem Paſcha zu Bagdad beunruhigt. Ja der regierende Schech wird bisweilen von den Türken ab, und einer von ſeinen Anverwandten an ſeine Stelle geſetzt. Der Stamm iſt aber übrigens unabhängig, und würde ſich ver- muthlich gar nicht um die Türken bekümmern, wenn er auch ſeine ſchönen Gegenden am Euphrat, ſo wie ſeine Heerden Kameele und Schafe, mit in die Wüſte nehmen könnte. Die von dem Stamme Montefik wollen, ſo wie die meiſten großen Fami- lien dieſer Gegend, behaupten, daß ihr Stammvater Montefik aus Hedsjäs ab- ſtamme, und daß ſeine Familie ſchon zu der Zeit Mohämmeds und der erſten Cha- lifen berühmt geweſen ſey. Denn da ſie ſich Mohammedaner nennen, ſo wollen ſie alle nicht nur unter den älteſten mohammedaniſchen Adel gerechnet werden, ſon“ dern auch das Anſehen haben, daß ihre Vorfahren das ihrige mit darzu beygetra- gen haben, die mohammedaniſche Religion auszubreiten. Ich als ein Reiſender hatte keine ſo genaue Bekanntſchaft mit der regierenden Familie, daß ich ihr ganzes Stammregiſter hätte erhalten, oder nur erfahren können, wie lange ſie ſich in dieſer Gegend aufgehalten habe. Keiner aber zweifelt, dar- an, daß ſie ihren Namen von einem Schech Montefik bekommen, und daß die Nachkommen dieſes Schechs beſtändig die Regierung behauptet haben. Die Familie beſteht jezt ohngefehr aus 150 Perſonen, welche ſich alle Schech nen- nen. Die vornehmſten Familien dieſes Stammes ſind - sº U) äl Schebi6 und äl Sokär Ä- U, von zweyen Brüdern Schebib und Sokär, die ſich beſon- ders berühmt gemacht haben. Von dem erſtern und älteſten Bruder ſind wiederum C e c 2 drey - 388 Verſchiedene Stämme Bedouinen. drey Familien merkwürdig, nemlich: & Lºu’ älManá, U- - - U älmogä- mis und 0-F“ U äl Mohämmed. Unter den Nachkommen des Sokär ſind die Familien -- U Al Naſer, Cº- U älSerdäh und S"- U) äl Salech die bekannteſten. Beyde Familien machen Anſpruch auf die Regierung. Es haben aber die Nachkommen von Schebib ſelbige in den lezten Jahren allein be- hauptet, und im Jahr 1765 war einer mit Namen Abdilla, von der Familie äl Mohämmed Fºº Fº Schechelmeſchaich, Scheches ſchiuch, oder der regierende Schech des Stammes Montifik. Die übrigen aber haben auch Antheil an der Regierung. Sie ziehen nemlich die Einkünfte von gewiſſen Dörfern oder von Zöllen, die die zwiſchen Basra und Bagdad reiſenden Kaufleute an gewiſſen Stellen bezahlen müſſen. Sie haben auch ihre eigene Unterthanen, welche ſie in Kriegszeiten unter den Befehlen des regierenden Schechs, ſelbſt anführen. Der Stamm Montefik allein würde zu ſchwach ſeyn das ſeinige gegen ſeine mächtigern Nachbaren zu vertheidigen. Er hat ſich deswegen andere kleine Stämme unterwürfig gemacht, oder dieſe haben ſich, gleichfals um ihr Eigenthnm gegen ihre Nachbarn vertheidigen zu können, unter ſeinen Schutz begeben. Daher regiert dieſer Stamm auch über viele andere kleine Stämme, wovon wieder eine jede Familie von ihrem eigenen Schech angeführt wird. Dieſe unterwürfigen Stämme nennet man & SA Elaräieh. Die vornehmſten unter denen, welche ſich dieſem großen Stamme unterworfen haben, ſind: 1) ey- U El adsjuäd. Zu die- ſem gehören wiederum die kleinern Stämme sº-º/ Sohärie, exº-YS Dsjo- arin und - „º Beni ärkäb. 2) EXML" sº Beni Mälek. Dieſer Stamm regiert über die kleinere Stämme sº äs Fodele, -Lºgº Elhät, Jºaº Amtär und Glº/-s Schoreiſät. 3) 0«-- - Beni Saiid. 4) -- „º Beni Temim und 5) sº Ötteba. Lezterer ſoll von dem großen Stamm Ötteba in Hedsjäsabſtammen, und nur mit wenigen Leuten in dieſe Gegend gekommen ſeyn. Er regieret jezt aber auch über verſchiedene kleinere, mit welchen er in Kriegszeiten dem über ſie alle herſchenden Stamme Montefik Hülfe leiſtet. Andere Stämme Bedouinen, wovon ich Nachricht erhalten habe, ſind folgende: «ML“ „º Beni Säle, U-/S U älArüs und U-4-> U älCha- mis, ſind drey große Stämme welche in der Gegend der Stadt Haviſa wohnen. AS-U --- -------- - - - -- --- - - - - - - T“----- -- - - - - - - - Verſchiedene Stämme Bedouinen. 389 / S-U älktir, ein anſehnlicher Stamm in der Gegend von Schuſter. &º--- Baute, ein Stamm Araber eine Tagesreiſe nördlich von Korne, nach der Gegend von Haviſa. eX --- Beni Lam, ein großer Stamm Araber an dem Fluße Tiger (Didsjele) zwiſchen Korne und Bagdad. Dieſer hebet gewiſſe Zölle von den zwi- ſchen Basra und Bagdad gehenden Kaufmanswaaren. Weil dieſe Araber biswei- len auch Luſt bekommen die Reiſenden zu plündern, ſo iſt der Paſcha zu Bagdad oft genöthigt gegen ſie zu Felde zu ziehen. Es erfolgt aber niemals etwas weiteres als daß er etwa ihren vornehmſten Anführern die Köpfe abſchlägt, und andere von derſelben Familie wieder an ihre Stelle ſezt, die gemeiniglich eben ſo große Feinde der Türken, und eben ſo große Verteidiger ihrer Freyheit ſind, als ihre Vor- weſer waren. Die vorher erwähnten großen Stämme, Kiäb ausgenommen, ſind alle ächte Araber, nemlich ſolche, welche Kameele in Menge beſitzen, ( „S-X 0d Ahhl elabáar), und faſt beſtändig unter Zelten leben. In der waſſerreichen Gegend zwiſchen dem Euphrat und dem Tiger findet man auch verſchiedene Stämme, die ſich von ihren Pferden, Büffeln und Kühen, ingleichen vom Ackerbau ernähren. Lau- ter Beſchäftigungen, von denen die ächten edlen Araber glauben, daß ſie unter ihrer Würde ſeyn. Dieſe Stämme nennet man Moädän und ſie ſind gleichſam das Mittel zwiſchen den ächten Arabern und den Bauren. Sie wohnen in ſchlechten Hütten, welche ſie von einer Gegend zu der andern bringen, nachdem ihre Beſchäfti- gung erfodert entweder das Land zu bauen oder ihr Vieh zu weiden. Deswegen fin- det man bisweilen Heute auf einer Stelle ein ganzes Dorf, wo man Geſtern noch keine einzige Hütte ſah. Zu dieſen Moädän gehört: Beni Hähkem, ein kleiner Stamm an der Oſtſeite des Euphrats in der Gegend von Semäue. Der regierende Schech nennet ſich Fontil, und bekennet ſich zu der Sekte Schia. Die vornehmſten der verſchiedenen kleinen Stämme, welche unter ihm ſtehen, ſind jezt Beni Mäledsje, El auabüd, Beni Sorák und äl Ali. USÄ> Chaſäal, ein anderer Stamm Moädän zu Lemlüm und der um- liegenden Gegend, an der Oſtſeite des Enphrats bis Beni Hähkém, und an der C c e 3 Weſtſeite 390 Verſchiedene Stämme Bedouinen. W ------- - - –-----– ------- ------ - - TT - - - - - - - - - =– Weſtſeite bis Semäue, wo er einen Zoll von den Reiſenden verlangt. Dieſe Ara- ber ſind gleichfals Schiiten, und deswegen noch größere Feinde der Regierung zu Bag- dad als die übrigen Araber, welche ſich mit den Türken Sunniten nennen. Der Paſcha zu Bagdad iſt in den lezten Jahren einigemal genöthigt geweſen gegen dieſen Stamm zu Felde zu ziehen. Bald ſiegten die Araber, bald die Türken, und mit den überwundenen ward alsdann nicht gelinde verfahren. Er ſoll 2ooo Pferde gegen den Paſcha ſchicken können, und Fußvolk hat er noch viel mehr. Es feh- let ihm aber an Gewehr. Der regierende Schech heißt jezt Hammüd. Die vor- nehmſten Familien dieſes Stammes ſind: äl Dsjeläl, äl Bubäd, älBugannem älNasreddin, äl Mahénna u. ſ. w. Die vornehmſten Stämme die ihm unter- würfig ſind, heißen: 1) Der Stamm Käbſche. Unter dieſem ſtehen wiederum bey 25 kleinere Stämme. 2) Der Stamm Chäled, dem faſt 40 kleinere Stämme gehorchen, und 3) der Stamm Dsjubür, welcher auch über 40 kleinere Stämme zu befehlen hat. Dieſe kleinere Stämme müſſen doch aber gewiß ſehr klein ſeyn. Die Stämme äl Abdeir, Beni Haſſan, Beni Läkkra und Dsjuläha wohnen alle zwiſchen dem Euphrat und dem Tiger, und ſind Moädän. Von ſolchen Stämmen Arabern die Kameele haben, und in der Gegend von Bagdad wohnen, nannte man mir noch ſolgende: Beni Temim und Beni Dofäfa, zwey Stämme ſüdlich von Bagdad, in der Gegend von Tacht Kesre, oder Madeien. Zwiſchen Bagdád und Moſül, und nicht weit vom Wege an beyden Seiten findet man: U.-2- º Beni Dsemäl, nicht weit von Dsjäl. Ferner äl Madsjémma, äl Buälge und äl Buhäaſe. Der Stamm al Buferádsje weidet Büffel, und gehört alſo zu den Moädän. - Der Stamm äl Öbäd in der Gegend von Tekrid, iſt in den lezten Jahren auch anſehnlich geworden, ſeit dem Abdula Begk, ein naher Anverwandter des regierenden Schechs, im Dienſte des Päſcha zu Bagdad geweſen iſt, und ſeinem Stamme viele Freyheiten verſchaft hat. Elgorär, ein Stamm zwiſchen dem Fluſſe Zäb und dem Tiger. Hadidiin, ein großer Stamm gleichfals in dieſer Gegend. älBushäk Veſchiedene Stämme Bedouinen. 39 I > älBushäk, auf dem Berge Hämerin am Tiger. Dieſer Stamm hat keine Kameele. Er hatte ſich zu der Zeit, als ich in dieſen Gegenden war, gegen den Páſcha von Bagdad empöret. Albuhamdän. Dieſer Stamm plünderte zu der Zeit als ich zu Moſül war, eine Karwane. Schähhuwän und Taiibin in der Gegend von Moſül. Albuſoliman und Albulhöſſejn, gleichfals in der Gegend von Moſül zwiſchen dem Tiger und dem Euphrat. Jehäſch, ein Stamm Araber von 2 bis 3oo Häuſern oder vielmehr Zel- ten, in der Nähe des Berges Sindsjär. - Thai, ein großer Stamm Araber in Dsjesire (Meſopotanien) zwiſchen Moſül und Merdin. Der regierende Schech dieſes Stammes erhält jezt durch den Waiwoden zu Merdin, in Namen des Paſcha zu Bagdad, einen Togk (Rosſchweiſ), ſo wie in den ältern Zeiten die türkiſchen Begks für Sindsjär und Khabir zwey, nemlich für jedes Amt einen, erhielten. Er iſt für eine gewiſſe jährliche Abgabe Herr von der ganzen ſchönen Ebene, welche zu dieſen ehmals frucht- baren, jezt aber wüſten Ämtern gehörte. Der Stamm Thai iſt ſo mächtig, daß die Paſchas ihm kaum gewachſen ſind. Dieſe brauchen deswegen die in dem ganzen türkiſchen Reiche angenommene Staatsklugheit, ihre Nachbaren und deren Unterthanen gegen einander aufzuwiegeln, und geben ihre Rosſchweife bald dieſem, bald einen andern vornehmen Schech. Derjenige nun, welcher als ein türkiſcher Begk erkannt wird, bewohnt die Gegend zwiſchen Moſül und Niſſebin, und hier kann er von den türkiſchen Statthaltern unterſtützt werden. Der andere aber zieht ſich mit ſeinen Anhängern ſo lange bis an den Fluß Khabür zurück, bis er den Paſcha durch neue Verſprechungen gewinnen kann. Daher iſt der Stamm Thai ſchon ſeit vielen Jahren getheilt, und führt unter ſich beſtändige Kriege. Derjenige, welcher ſich zu meiner Zeit in der Gegend vonMoſül aufhielt, war von derFamlie Siäle. Man findet vermuthlich auch in andern Gegenden arabiſche Stämme, deren Schechs Rosſchweife von den türkiſchen Paſchas erhalten. Von herumwandrenden Stämmen Kiurden und Türkmannen, welche den türkiſchen Paſchas bisweilen nicht weniger furchtbar ſind als die Araber, werde ich in meiner Reiſebeſchreibung reden. In 392 Verſchiedene Stämme Bedouinen. In Äräkärabi, findet man, außer einigen der vorher erwähnten, auch nachfolgende Stämme: oº/ Sobäd, in einer Gegend Mahäviel nicht weit von Hélle. Dieſer Stamm ſoll mächtig ſeyn, ich weiß aber nicht ob er ſich bis in die Gegend von Damáſk und Häleb ausbreitet, oder ob die Stämme Sobäd, wovon man daſelbſt höret, von dieſem verſchieden ſind. *A/S Ghasie, ein anſehnlicher Stamm in der Gegend von Meſched Ali. Die vornehmſten Familien davon ſind: älBäſch, Säade und äl Doſchäm. Ali Bädsje, in einem Diſtrikte Schamie, in der Gegend von Mesſched Höſſejn. Dieſer Stamm hatte ſich zu meiner Zeit empöret. «-5-M - Schämereläräk, gleichfals in Schamie und der Gegend von Hét und Kobäſe. Dieſer Stamm iſt urſprünglich von dem Berge Schämer. Unter demſelben ſtehen zwey anſehnliche Stämme Hº- A Sekarid und J. U äl Islam. Ich glaube daß auch zwey andere Stämme älGeſchäm und Mobia darzu gehören. Weil der Paſcha zu Moſül zu meiner Zeit, ſo wie der Paſcha zu Kerkük, nur zwey Rosſchweife hatte, und alſo in gewiſſen Fällen den Befehlen des Paſcha zu Bagdad gehorchen mußte, und weil ſowohl der Woiwode zu Merdin als der Mutaſiilim zu Basra gänzlich von dieſem Paſcha abhängen, ſo nennet der Paſcha zu Bagdad auch faſt alle arabiſche Stämme von Basra bis Merdin, und in Äräk von der perſiſchen Gränze nach Weſten bis weit in die Wüſte, ſeine Unterthanen. Aus der Aufführung der meiſten dieſer Araber gegen die türkiſchen Reiſenden aber habe ich nicht bemerken können, daß ſie ſich ſelbſt als Unterthanen anſehen, als etwa nur wenn ſie ſo geſchwinde von den türkiſchen Truppen überrumpelt werden, daß ſie nicht Zeit bekommen, ſich in die Wüſte zurück zu ziehen. Sie haben den größten Theil dieſer in den ältern Zeiten wohl bewohnten Länder bereits zu Wü- ſteneyen gemacht, und werden vermuhlich noch immer fortfahren Dörfer und Städte zu verwüſten, ſo lange Bagdad als eine Provinz des Sultans zu Conſtan- tinopel angeſehen wird, und ſo lange die hieſigen Paſchas nicht verſichert ſind, daß ihre Nachkommen dieſes Gouvernement nach ihnen erhalten werden. In Verſchiedene Stämme Bedouinen. 393 - In der Wüſte welche man zu dem Gouvernement des Päſcha zu Örfa rechnet, wohnen die arabiſchen Stämme: 0. -- „º Beni Saiid, JU-5- Abu Sälem, 0-“U äl Mohämmed, se/º Forádene, -Lºss 2 Abuſchäbän, soJ, Elwollede, s=-M Sabcha und AU- Elcha- näfere. Dieſe Namen habe ich von einem arabiſchen Schech zu Häleb erhalten. Ich weiß nicht gewiß ob etwa einige von dieſe nur kleine Stämme und dem einen oder dem andern großen unterwürfig ſind. Die Paſchäs in Syrien haben nicht weniger mit den herumſtreifenden Arabern zu ſtreiten als die türkiſchen Gouverneurs auf der Oſtſeite von Arabien. Es iſt den Städten Häleb und Damáſk daran gelegen, daß ihre Karwanen mit Sicherheit durch die Wüſte nach Bagdad und Basra reiſen können. Und da ſie hierzu nicht nur die Kameele der Araber gebrauchen, ſondern auch von ihren Paſchäs auf dieſen Reiſen keine Hülfe haben können, wenigſtens nicht, weil es zu koſtbar ſeyn würde, wenn die Türken die Karwanen jederzeit mit einer Armee begleiten ſollten; ſo braucht der Paſcha einen Stamm gegen den andern. Er nennet nemlich den regierenden Schech von einem der angeſehenſten Stämme in ſeiner Gegend, Emir, und dieſer muß alsdann die Karwanen begleiten. Ingleichen ſoll er die übrigen Stämme in der Nachbarſchaft in Ordnung halten, und das Geld einfodern, was etwa einige für die Freyheit, in dem Gebiete des Paſcha mit ihrem Viehe herum- wandern zu dürfen, bezahlen müſſen. Dieſes geſchieht aber, wie man leicht den- ken kann, nicht umſonſt. Weil die Araber weder türkiſche Truppen in ihre Dienſte nehmen, noch ſich auf die Verſprechung eines Paſcha verlaſſen, daß er ihnen jähr- lich eine gewiſſe Summe zur Beſtreitung ihrer Unkoſten bezahlen wolle; ſo muß der Paſcha dem Emir gewiſſe Dörfer abtreten, und dieſe leiden dann gemeiniglich noch mehr unter der Herrſchaft der Araber als unter der Herrſchaft der Türken, welche ihnen ſchon vorher nur wenig mehr übrig gelaſſen haben. Wenn man alſo alles zuſammen rechnete, was die benachbarten arabiſchen Stämme an die türki- ſche Regierung bezahlen, und wie viel es dieſe dagegen koſtet, um die Araber im Zaum zu halten, ſo würde man vermuthlich finden, daß die leztere Summe die größte ſey. Die türkiſchen Paſchas rechnen aber nicht ſo genau. Der Emir in der Gegend von Häleb erhält jährlich von dem hier regierenden Paſcha einen Pelz, D dd Und 394 Verſchiedene Stämme Bedouinen. und bezahlt dafür 25 Beutel. Und weil die Paſchas ſelten lange in dieſer Stade zu bleiben pflegen, ſo bekümmern ſie ſich wenig darum, wie ſehr auch die Araber die ihnen anvertraueten Dörfer mitnehmen. Der größte Stamm Araber in der Gegend von Häleb nennet ſich „z! Mauäli, und die jezt regierende Familie iſt von der Linie sºzy? U äl Buriſche. Ein Maronit, der ſich jezt, 1772, zu Kopenhagen aufhält, ſagt, daß der regierende Schech des Stammes Mauäli vorher jederzeit Sultän genaunt worden, und den Türken ſehr furchtbar geweſen ſey. Ich ſelbſt habe in dieſer Gegend niemals von einem Sultän der Bedouinen reden hören. Die Paſchäs unterſtützen bald den einen, bald den andern Schech aus dieſer Familie, in dem Beſitz der Dörfer und den übrigen Einkünften eines von ihnen ernannten Emirs. Der abgeſetzte zieht ſich gemeiniglich ſo lange mit ſeiner Parthey nach der Gegend des Euphrats zurück, bis er den Nachfolger des Paſcha durch Geſchenke oder auf eine andere Art gewinnen, und wiederum Unterſtützung gegen ſeinen Nebenbuhler erhalten kann. Da ein Emir vor wenigen Jahren merkte, daß er abgeſezt werden würde, plünderte er eine Karwane, und trieb bis 3oooo Stück Vieh, meiſtentheils Schafe, aus dem Gebiete des Paſcha von Häleb, uach einer abgelegenen Gegend am Euphrat. Die Unterthanen waren ſchon deswegen mit der Veränderung, die der Paſcha ge- macht hatte, nicht wohl zufrieden. Zu der Zeit, als ich zu Häleb war, ſagte man daß eben dieſer abgeſetzte Emir die Stadt Häms geplündert hatte. Man be- klagte ſich daß der regierende Emir weder dieſen noch die andern Araber in ihren Schranken halten könnte, und man glaubte, daß der Paſcha gar genöthigt ſeyn würde, den abgeſetzten Emir wieder zurück zu berufen. Man ſiehet alſo, daß die Herrſchaft der Türken über die Araber ſich eben nicht weit erſtrecken kann. Man findet in der Gegend von Häleb ferner die Stämme: +--- -- Beni Sachher, e-N-Dsjümlän, -2- „º Beni Tögk, Las „M Ga- ranta, -äss «M Elaſchik, U-23-W Ettublis, und „- säAU- Thai. Alle dieſe Stämme ſollen dem von dem Páſcha beſtelten Emir gewiſſe Abgaben be- zahlen, und dafür wieder gewiſſe Vorteile genießen, z. E. daß ſie ihre Waaren un- gehindert in der Stadt verkaufen, daß ſie den Kauflenten ihre Kameele vermiethen und die Karwanen begleiten können. Die Stämme 8. - BeniRabeá, dº-S-e A Verſchiedene Stämme Bedouinen. 395 dJL& „º Beni Chäled, sº.- Elhaläfe, und ALS- als Geiar, haben auch gewiſſe Rechte, ſie bezahlen aber ihren Tribut nicht an den Emir, ſondern an denjenigen, welchem der Päſcha die Salzwüſte verpachtet hat. Es ſcheint alſo daß ſie in der Gegend dieſer Wüſte wohnen. Der Stamm e. F“ Sidsjen, ingleichen die Stämme – 22 A. BeniJuſof, 9. A. Beni Sobäd und -a929=" Elhadidin ſollen auch in der Wüſte, welche mit zu dem Gouvernement von Häleb gerechnet wird, leben. Ich vermuthe aber, daß leztere beyde eben die Stämme ſind, deren ich ſchon im Vorhergehenden bey der Wüſte des Gouvernements Bagdader- wähnt habe, und daß ſie mit ihren Heerden bald hier bald da herumziehen. Die Stämme Qäs und Thai wollen Abkömmlinge von alten berühmten arabiſchen Stämmen ſeyn *). Der Stamm Rabea will behaupten, daß ſeine Vorfahren zu der Zeit aus Jemen nach dieſen nördlichen Gegenden gekommen ſeyn, da der Damm der Sabäer durchgebrochen. Die wahren Abkömlinge von dieſem alten Stamme Rabea aber ſollen ſich in der Gegend von Diarbekr aufhalten, und kaum mehr bekannt ſeyn. Von Diar Mondar habe ich keine Nachricht erhal- ten können. Die oben erwähnten Namen der arabiſchen Stämme in der Gegend von Hä- leb erhielt ich von einem Bruderſohn des regierenden Emir oder Schech des Stam- mes Mauäli. Von einem arabiſchen Schech zu Básra, der viele Reiſen zwi- ſchen dieſer Stadt und Hälebgemacht hatte, habe ich außer verſchiedenen der vor- hergehenden, auch noch folgende Namen: Beni Wähheb, Sardie, Möffarte, Salid und Haijaie. Ich vermuthe daß ſelbige weit von Häleb, aber nicht weit von dem Wege von dieſer Stadt nach Basra wohnen. Ich war eine zu kurze Zeit zu Damáſk um mich daſelbſt nach den verſchie- denen Stämmen Araber dieſer Gegend bey den Bedouinen ſelbſt erkundigen zu können; zu Häleb und Basra aber hörte ich, daß folgende Stämme in der Wüſte des Gouvernements Schäm (Damáſk) wohnen. D dd 2 **0 *) Im 42oten Jahre der Hedsjera hatte ſich der Prinz von Häleb mit dem Emir der Araber vom Stamme Tay gegen den Chalifen von Egypten vereiniget. Allge- weine Welthiſtorie der neuern Zeiten, zweyter Theil § 358. 396 Verſchiedene Stämme Bedouinen. sº Ennaäm, –xas) 0.-> Hämid Ennasif, 0º Sobäd. (Dieſer iſt vielleicht eben derjenige deſſefi ſchon im vorhergehenden erwähnt worden) o29-"Schedid -- = Chursän, Cº- Eharfüſch, elº - Beni Ferwän, -ºS- Aº Beni käab, / --> Lº Beni Hamjar und s» - » Abu Salibe. Ferner -a - U äl Sürhän, * U- Mufä- regke und saº- Sardie. Es ward als etwas außerordentliches bemerkt, daß der Schech des leztern Stammes von dem Paſcha zu Damáſk erwählet werde. Es ſcheint deswegen daß ſie entweder keine ächte arabiſche-Schechs ſind, oder daß ſie ſich in feſten Wohnungen niedergelaſſen haben, und alſo völlig als Unterthanen des Pa- ſcha angeſehen werden können. Der Stamm Abu Saltbe ſoll aus lauter Chriſten - beſtehen. Er iſt alſo vielleicht urſprünglich, von dem Stamme Ghaſſan. Der Stamm Hamjär ſoll noch ſtolz darauf ſeyn, daß er mit den alten Regenten von Jemen einerley Namen führet, und ſich rühmen daß er davon abſtamme. Der Schech Daher, welcher zu Acca regieret, iſt auch ein Araber. Man findet überdieß in Syrien, Kiurden, Druſen, Metaueli, Nasſairie und Tſchingane, wovon einige vermuthlich urſprünglich Araber ſind. - g/s Anäſe oder Anſe, ſoll der größte Stamm in der ſyriſchen Wüſte ſeyn. Dieſer aber iſt vielleicht eben derſelbe, welcher ſich die meiſte Zeit in Ned- sjed aufhält, und mir als einer der mächtigſten in ganz Arabien beſchrieben worden iſt. Er erhält einen anſehnlichen Tribut von der Karwane der türkiſchen Pilgrimme, und iſt gemeiniglich mit gegenwärtig, wenn eine ſolche Karwane geplündert wird. Er ſchlug und tödtete vor wenig Jahren den Paſcha von Ghäſſa, in ſeinem eige- nen Geliete, und führt überhaupt ſehr oft Krieg gegen den Paſcha von Damáſk. Eine anſehnliche Karwane, die zu meiner Zeit von Bagdad nach Damáſk ziehen ſollte, ward lange zurück gehalten, weil man hörete, daß die Araber in Syrien mit dem Paſcha zu Damáſk unzufrieden wären. Weil aber der Sohn des Aßd- ullah Begk, eines Herrn der bey den Arabern geliebt war, und der Defterdar des Paſha zu Bagdad, ſich entſchloſſen, ſelbſt mit eiser Menge Güter nach Da- máſ zu reiſen, ſo ſchickten auch viele Kaufleute ihre Waaren mit dieſer Karwane. Ich war ſchon ſo vielerley Gefahren glücklich entkommen, daß ich es für zu ſehr ge- wagt hielt mich bey dieſen Umſtänden auſ eine Reiſe durch die Wüſte zu begeben, - - und - - - - Verſchiedene Stämme Bedouinen. 397 und nahm deswegen den Weg von Bagdad nach Moſül, Merdin und Diarbekir. Ich ſchickte aber einen Kaſten mit der erwähnten Karwane über Damáſk nach Hä- leb, und bezahlte, wie gewöhnlich, die Fracht voraus. Die ganze Karwane ward von dem Stamme Anäſe, etwa eine Tagereiſe von Damáſk geplündert. Mein Kaſten ward auch erbrochen. Die Araber nahmen alles was ſie brauchen konnten, aber Bücher, loſe Papiere, ingleichen eine Schachtel mit kupfernen und ſilbernen Münzen, und zwey Uhren ließen ſie mir zurück. Der Araber dem ich meinen Kaſten anvertrauet hatte, und welcher gleichfals ein Bedouin war, ſammlete darauf alles was die Räuber nicht mitgenommen hatten, wieder zuſam- men, und brachte es in dem erbrochenen Kaſten nach Háleb, da er es doch hätte behalten, und ſich damit entſchuldigen können, daß alles von den Räubern weg- genommen worden wäre. Die herumſtreifenden Araber haben alſo auch meine Sachen geplündert. Ich werde deswegen aber nicht die ganze Nation einräuberiſches Volk nennen. Vielleicht halten die europäiſchen Räuber die Bedouinen auch für gar zu einfältig, als daß ſie mit ihnen einerley Namen ſollten führen wollen. Die Europäer welche nach dem gelobten Lande kommen, begeben ſich gemeiniglich unter die Vormundſchaft der Franciſcaner, welche bekanntermaßen, keine Freunde von den Mohammedanern, beſonders nicht von den Bedouinen ſind. Vornemlich deswegen habe ich auf meiner Reiſe von Jafa nach Jeruſalem und wieder zurück, nicht viele Nachrichten von den herumſtreifenden Arabern in dem gelobten Lande erhalten können. Zwiſchen Rama und Jeruſalem wohnet ein großer Stamm ***/* Dsjärhamie. Dieſe Araber werden von den römiſch- catholiſchen Mönchen als eingefleiſchte Teufel beſchrieben. Man hört ſo viele Grauſamkeiten von ihnen, daß ein aus Europa kommender Pilgrim den größten Haß gegen die ungläubigen Barbaren, welche jezt im Beſitz dieſes heiligen Landes ſind, bekommen muß. Die Mönche vergeſſen ja nicht allen Reiſenden zu erzäh- len, daß dieſe Araber etwa vor neunzig Jahren, einen Franciſcaner in einen Back- ofen geſteckt haben. Sie haben überdieß ganz beſondere Eigenſchaften. Sie brin- gen die großen Reichthümer an baarem Gelde, Lebensmitteln und Kleider, die die Mönche jährlich aus Europa erhalten, von Jafa nach Jeruſalem, ohne daß man hört, daß ſie ſich hievon etwas zueignen. Sie wiſſen daß die Miethe für die D dd 3 Maul- 398 . Verſchiedene Stämme Bedouinen. Mauleſel, das Wegegeld und andere Abgaben, welche die Araber von den Pil- grimmen verlangen, alle von den Vorſtehern der Klöſter zu Jafa, Rama und Je- ruſalem bezahlt werden, und daß die guten Väter auf ihrer Reiſe nichts bey ſich haben, als ihre ſchlechte Kleidung, die einem Araber nichts nüßen können. Den- noch aber hören ſie faſt niemals, daß Mönche, außer denen jezt faſt kein Europäer mehr als Pilgrim nach dem gelobten Lande kömmt, von Rama nach Jeruſalem, oder wieder zurückgehen wollen, ohne ihnen aufzupaſſen. Und wenn ſie ſie antreffen, ſo können ſie ſich nicht enthalten die Mönche derbe durchzuprügeln. Alsdann laſſen ſie ſie ihre Reiſe fortſetzen. Niemals habe ich gehört, daß die Araber in anderu Ge- genden ein Vergnügen daran gefunden hätten Leute zu mishandeln. Die Araber zwiſchen Jäfa und Jeruſalem haben alſo vielleicht beſondere Urſachen, warum ſie den Pilgrimmen ſo begegnen. Es verhindert viele Mönche in Europa, die ſonſt gewiß gerne eine Andachtsreiſeunternehmen würden, nach Jeruſalem zu kommen, und den Mönchen des gelobten Landes koſtbar und beſchwerlich zu fallen. Die Schläge und vielleicht die Wunden welche die Pilgrimme erhalten haben, erinnern ſie auch kräf- tiger an die barbariſchen Einwohner des heiligen Landes. Sie können es bezeugen daß ihre Brüder unter den Ungläubigen viel erdulden müſſen. Die andächtigen Europäer geben deſto reichlichere Almoſen. Die Mönche zu Jeruſalem können ſich dadurch beſſer in dem Beſitz der heiligen Örter, welche ſie bereits haben, erhalten, und ihre Nebenbuhler, die Griechen und Armener, nach und nach mehr ein- ſchränken. Denn weil alle Mönche von den verſchiedenen Sekten der Chriſten den Beſitz von dieſem oder jenem heiligen Orte eifrigſt ſuchen; ſo vermiethen die Türken ſelbige demjenigen der ihnen am meiſten Geld bietet. Und wer kann es den Moham- medanern übel nehmen, daß ſie die heiligen Örter vermiethen, da die Chriſten ihnen das Geld dafür gleichſam aufdringen? Kurz, ein Reiſender kann von den Bedou- inen in dem gelobten Lande Schläge, aber keine Höflichkeit erwarten. Weil es aber ſcheinet, daß ſie vornemlich ſuchen mur die armen Mönche zu prügeln, ſo will ich einem jedem andern, der in ihrer Geſellſchaft reiſet, rathen, ſich gar nicht darein zu miſchen wenn ſie die guten Väter überfallen, damit er ſelbſt auch nicht ſein Theil erhalte, ſo wie ein junger franzöſiſcher Herr, welcher einige Monate vor mir in dieſen Gegenden geweſen, und ſowohl auf der Reiſe nach dem Jordan als zwiſchen Jeru- Verſchiedene Stämme Bedouinet- 399 Jeruſalem und Rama, deswegen weil er ſich der Mönche annehmen wollte, ſelbſt derbe geprügelt worden war. In der großen Wüſte welche zu der Landſchaft Nedsjed gerechnet wird, findet man viele und große Stämme. Der Stamm Anäſe iſt nnter denſelben der mächtigſte. Die Stämme / - U äl Defir, 0ÄS -s Beniakäl und sUoxe -, Beniabdilla ſind gleichfals anſehnlich. D=”0° -- Schamer ahhel Nedsjed wohnet auf, oder an einem Berge. Es iſt in Nedsjed auch noch ein Stamm Beni Temim bekannt, wovon man behaupten will, daß es derſelbe ſey, welcher ſchon unter der Regierung des Chalifen Abubekr wegen der Prophetinn Sedsjaj berühmt war. Von den arabiſchen Stämmen die in Hedsjäs wohnen, habe ich des Stam- mes Harb ſchon erwähnt. Man findet daſelbſt aber auch noch: saaS Beni Ottäba, einen alten und großen Stamm zwiſchen Taaif und Mekke, v„La-ſ Ömtär , einen anſehnlichen Stamm auf der Gränze von Nedsjed. - - Beni Soläm, einen großen Stamm nach Süden von Mekke. U20 d Hodejſ, einen alten Stamm Araber nordweſtlich von Mekke. Ein Kaufmann aus dieſer Stadt nannte die beyden lezten Stämme große Räuber. Ich vermuthe deswegen, daß der Scherif oft gegen ſie zu Felde ziehen muß *)- Auf der Gränze zwiſchen Hedsjäs und Jemen wohnt auch ein alter berühmter Stamm mit Namen ea Jäm. Alle dieſe Araber leben unter Zelten, und ſind alſo ächte Bedouinen. de DS- »H IX. Die Wüſte des Berges Sinai. ST habe verſäumt mich nach dem arabiſchen Namen des Diſtrikts zu erkundigen welcher nach Norden von Hedsjäs, und zwiſchen den beyden Armen des arabiſchen Meerbuſens liegt. Ich glaube aber daß man dieſe Gegend Baret Tür Sinad. i. die Wüſte des Berges Sinai nennet. Dieſe in den ältern Zeiten be- rühmte *) Der Scherif Eddris erwähnt eines Stammes odejl, aber nicht an dieſer Seite von Mekke. Indeſſen iſt der Stamm vielleicht noch eben derſelben- A 4OO Die Wüſte des Berges Sinai. rühmte Gegend iſt jezt faſt gänzlich wüſte. Man findet daſelbſt kein Dorf als nur einige wenige an der Seeſeite, wo die Einwohner ſich meiſtentheils vom Fiſchfang nähren. Das freye Feld gehört alles den unabhängigen herumſtreifenden Arabern. Von dieſen habe ich auch keine kennen gelernt, als nur die drey Stämme Leghät, Sauälha und Saiid, welche am Wege von Sues nach dem Berge Sinai wo- nen, und die Pilgrimme zu begleiten pflegen. Ich glaube ſie ſind alle Rajas, d.i. kleine Stämme, welche einem größerern Stamme unterworfen ſind. Der öſtliche Arm des arabiſchen Meerbuſens, welchen die Araber Bähhr elákaba nennen, iſt auf unſern Charten gemeiniglich ſehr breit abgebildet, aber nach den Nachrichten die ich davon erhalten habe, iſt er ſo ſchmal, daß man an dem einem Ufer den Leuten am andern Ufer zurufen, und von ihnen gehört werden kann. An der äußerſten Spitze deſſelben liegt die alte Stadt Ailah, welche in der heiligen Schrift Eloth genannt wird. Dieſer Ort wird noch immer eine Stadt, und gemeiniglich Akaba, von den Bedouinen aber Häle genannt. Weil er auf dem Wege der egyptiſchen Pilgrimme liegt, ſo unterhalten die Türken hier noch eine Beſatzung in einem kleinen Caſtell. Man findet in dieſer Gegend auch einige ſchlechte Dörfer, ich habe aber davon keine genaue Nachricht erhalten. An dem weſtlichen Arm des Meerbuſens findet man den bekannten Ha- fen Tör oder Bender Tör, wo alle Schiffe, die zwiſchen Sues und Dsjidda fahren, anlegen, weil ſie hier ziemlich gutes Waſſer aus einem Brunnen dicht am Haſen umſonſt nehmen, und für einen wohlfeilen Preis vortreffliches Waſſer aus der bergigten Gegend erhalten können. Das ſchlechte Waſſer aus dem Brun- nen Naba, welches zwey Stunden weit nach Sues gebracht wird, iſt dagegen ſehr theuer. Das hieſige Caſtell, Kalláet Tör iſt gänzlich verfallen, und ſeit vielen Jahren ohne Beſatzung *). Dicht bey demſelben iſt ein Dorf Schädlie, und ein anderes, welches man Belleden Naſſära nennet. Lezteres iſt von (rIllen *) Sollte der Name Tör wohl ſchon ſo alt ſeyn, daß man das im 1 Buche Moſs XXV 18 erwähnte Sur in dieſer Gegend ſuchen könnte? Sollte wohl die Küſte von Tór bis Hammam Fargün hievon die Wüſte Sur genannt worden ſeyn? 2 Buch Moſis XV., 22. Die Wüſte des Berges Sinai. 4OI armen Griechen bewohnt, die ſo wie ihre Nachbaren, die Mohammedaner, von dem Fiſchfang und ihren Dattelgärten leben. Sie haben in dieſer Gegend auch ein ſchlechtes Kloſter. Nach Süden von Kalläet Tör liegt ein kleines Dorf Dsjebe, wo alle die Lohtſen, welche die Schiffe von Sues nach Dsjidda, und wieder zurück bringen, zu wohnen pflegen. Es iſt bekannt, daß man in dieſer Gegend viele verſchiedene Arten ſo genannter Corallengewächſe findet, wovon einige kleinen Bäumen ohne Blätter nicht unähnlich zu ſeyn ſcheinen. Der hohe Berg, welcher nach der heiligen Catharina benannt worden iſt, liegt nach Nordoſt, etwa 6 bis 6 deutſche Meilen von Tör, und nahe bey dem- ſelben der Berg Sinai, welchen die Araber Tür Sina zu nennen pflegen. Die- ſer Berg Sinai iſt nur eine Spitze von einer Reihe Gebürge. Am Fuße deſſelben liegt das bekannte griechiſche Kloſter. Der Berg aber mit dem Kloſter ſtehet auf einem großen Gebürge, das die Araber, die uns begleiteten, …“ - U.- Dsjäb. bel Muſa nannten, und welches Tagereiſen im Umfange hat. Dieſes Gelürge beſteht größtentheils aus Sandſtein. Man findet daſelbſt aber auch Granit, und der eigentliche Berg Sinai der Chriſten, dicht bey dem Kloſter, iſt faſt ganz ein grober röthlicher Granitfelſen. Auf dem großen Dsjäbbel Muſa ſind viele ſchöne Quellen. Das Waſſer kann ſich aber vermuthlich hier nicht genug ver- ſammlen um Bäche zu machen, die das ganze Jahr durch in einiger Menge Waſſer halten. Es ſcheint vielmehr, daß die Thäler auf dem Gebürge Moſs ſich nur nach einem vorhergegangenen Regen ergießen. Man findet hier fruchtbare Thäler, und in denſelben Gärten mit herrlichen Weintrauben, Birnen, Datteln und andern Früchten in ſo großer Menge, daß die Araber, und auch die griechiſchen Mönche davon ſehr viel bis nach Kähira bringen, und daſelbſt theur verkaufen. - Da ich nicht nach der Weſtſeite des Berges Sinai gekommen bin, ſo habe ich den Stein mit den 12 Quell Öfnungen nicht geſehen. Einige griechiſche Kauf- leute die ihn mehr als einmal geſehen hatten, erzählten mir, daß die Araber Gras in die Löcher dieſes Steins zu ſtecken, und es nachher, wenn es einige Tage an dieſem heiligen Orte geweſen iſt, ihren Kameelen als eine Arzney gegen alle Krank- heiten, welche ſie würklich ſchon haben oder die ihnen noch bevorſtehen, zu geben pflegen. Auch habe ich den Stein nicht geſehen, in welchem Aaron den Kopf Eee des 4O2 Die Wüſte des Berges Sinai. des goldenen Kalbes gegoſſen haben ſoll. Der Felſen am Wege von dem Thal Faran bis zu dem Kloſter auf dem Gebürge Moſis, iſt an einigen Stellen ſehr ſteil. Nicht nur an dieſem Felſen, ſondern auch an den großen Steinen welche ſich nach und nach von dem Felſen abgeriſſen zu haben ſcheinen, ſahe ich hin und wieder Hö- ungen. Dieſes ſchien mir aber nichts auſſerordentliches, ſondern durch die Zeit ausgewittert, oder durch das von dem ſteilen Felſen heruntergeſtürzten Regenwaſſer entſtanden zu ſeyn. - Das Thal Farän liegt an der Norderſeite, und gleichſam an dem Fuße des Dsjäbbel Muſa, aber 2 deutſche Meilen nach N. W. von dem griechiſchen Kloſter, und dem dabey liegenden Berge Sinai. In dieſem und den umliegenden Thälern findet man gleichfals viele ſchöne Früchte. Es war im September ganz trocken. Indeſſen iſt Wadi Farän nach einem lange anhaltenden Regen biswei- len ein ſo großer Fluß, daß die daſelbſt wohnende Araber alsdann ihre Zelte auſ die Anhöhen der Berge ſetzen müſſen. Auch hier holeten die Araber das Waſſer aus Quellen, welches zwar gut war, mir aber nicht ſo gut ſchmeckte, als das Waſ- ſer auf dem höhern Dsjäbbel Muſa. Man ſagte mir, daß man in dieſer Gegend noch die Überbleibſel von einer Stadt ſähe, die Araber aber wollten mich nicht da- hin begleiten. - Indeſſen habe ich andere Beweiſe, daß dieſe bergigte Gegend in den äl- tern Zeiten ſtärker bewohnt geweſen ſeyn müſſe. Ich ſah einen großen Tod- tenacker auf einem ſehr hohen und ſteilen Berge in dem Gebiete des Stammes Leghät, etwa 19 deutſche Meilen von Snes. Hier ſind noch viele aufrechtſte- hende Leichenſteine, die mit eben ſo ſchönen egyptiſchen Hieroglyphen beſchrieben ſind, als auf den alten Denkmähler in Egypten ſelbſt gefunden werden. Dieſer Berg iſt zwar nicht der Dsjäbbel el Mokätteb, weswegen wir eigentlich von Sues in die Wüſte reiſeten. Er iſt aber merkwürdiger als die beſchriebenen Berge, welche andere Reiſende am Wege in dieſer Wüſte geſehen haben, denn ſo viele ſchön gehauene Steine können ihren Urſprung nicht von herumſtreifenden Familien gehabt haben, ſondern müſſen nothwendig von den Einwohnern einer großen Stadt herrühren. Und wenn in dieſer jezt wüſten Gegend eine große Stadt geſtanden hat, ſo muß ſie überhaupt auch beſſer angebauet geweſen ſeyn. . . . - Das Die Wüſte des Berges Sinai. 4O3 Das Thal Girondel iſt ſo wie das Thal Farän, nach einem ſtarken Re- gen ein Fluß. Es war aber im Monat September ganz trofen, und wir mußten das Waſſer 1 bis 2 Fus tief im Sande ſuchen. Dieß Waſſer war zwar nicht ſo gut als das auf dem Berge Muſa, aber beſſer als das was man zu Sues hat. Ich hatte weder Zeit noch Luſt mich ſo lange aufzuhalten, daß ich hätte unterſuchen können, ob das Waſſer in dieſer Gegend abwechſelnd ſüß und bitter ſey, und die Araber, mit welchen man hier zu reiſen genöthigt iſt, ſind nicht die Leüte von wel- chen man aufrichtige Nachrichten über ihre Quellen erhalten kann. Michaelis Fragen XIX. XVIII, II. Wir lagerten uns auf dieſer Reiſe überaus ſelten dicht bey einer Quelle, und nachdem ich ein paarmal vergebens verlangt hatte, mit den Knechten, welche Waſſer holeten, zu gehen, ſo ſchickten unſere Begleiter ſie nach- her beſtändig ohne daß ich etwas davon gewahr ward. Man kennet aber jezt den Baum nicht mehr, durch welchen Moſes das bittre Waſſer ſüß machte, denn die Einwohner zu Sues würden ſich deſſen ſonſt gewiß bedienen. Wadi Girondel liegt 9 bis 1odeutſche Meilen von Sues, nahe beyDsjäbbelHammam Faraün, Es ſind in demſelben viele Bäume, ja kleine Waldungen. Ich glaube deswegen daß man hier das Elim der heiligen Schrift ſuchen könne. ? Aijün Muſa, d. i. die Brunnen Moſis, liegen 2 deutſche Meilen nach S. O. 30. S. von Sues, und etwa eine gute halbe Stunde von dem arabiſchen Meerbuſen, in einer ſandigten Ebene. Man findet in dieſer Gegend an vielen Stellen Waſſer, wenn man nur einen Fuß tief gräbet. Die Araber aber ſagten daß von den 5 Brunnen, welche ich zählete, nur einer zur Noth trinkbar Waſſer gebe. Hier war vielleicht das im 2. Buch Moſis I 5,22 erwähnte Mara. Daran iſt wohl nicht zu zweifeln, daß die Iſraeliten würklich durch das Rothemeer gegangen ſind. Da man aber erſt einige Tauſend Jahre nach dieſer merkwürdigen Begebenheit, mit Ernſt angefangen hat zu unterſuchen, in welcher Gegend dieſes geſchehen ſey? ſo wird man jezt wohl ſchwerlich die eigentliche Stelle des Durchganges mit völliger Gewisheit beſtimmen können. Das Ufer des Meers hat ſich ſo wohl hier als in andern Weltgegenden verändert. Man ſieht auf der ganzen arabiſchen Küſte Beweiſe, daß das Waſſer ſich zurück gezogen habe. Z. Er. Muza, welcher Ort von den alten griechiſchen Schriftſtellern ein Hafen in dem E e e 2 glück- 4O4 Die Wüſte des Berges Sinai. glücklichen Arabien genannt wird, iſt nun einige deutſche Meilen von dem Meer entfernt. Bey Loheia und Dsjidda ſieht man große Hügel voller Corallen und Muſchelarten, und zwar von derſelben Gattung als man noch in dem arabi- ſchen Meerbuſen lebendig findet. In der Gegend von Sues trift man nicht nur ähnliche Verſteinerungen an, ſondern ich ſah auch nach Weſten etwa # Meile von der Stadt, eine ganze Familie lebendiger Muſcheln in, oder vielmehr auf einem Felſen, der bloß durch die Fluth mit Waſſer bedeckt ward, und eben ſolche Mu- ſchelſchalen im Felſen höher am Ufer, welches die Fluth gar nicht mehr erreichte. Der arabiſche Meerbuſen war alſo vor einigen tauſend Jahren nicht nur breiter, ſondern erſtrekte ſich auch weiter nördlich. Beſonders der Arm, welcher Sues vorbeygehet; denn um dieſe äußerſte Spitze iſt das Uſer ganz flach. Von der Stadt nach Weſten bis an den Ber; Attäka iſt das Ufer höher. Wenn man den Nachrichten der Araber an der Oſtſeite des Meerbuſens glauben will, ſo ſind die Kinder Iſrael jedes mal auf derjenigen Stelle durch das Rothemeer gegangen, wo man ſie deswegen fragt. Ich erkundigte mich bey Aijün Muſa: ob ſie niemals von dieſer Begebenheit etwas gehört hätten? und man gab mir zur Antwort: daß ſie auf dieſer Stelle an Land gekommen wären. Nachher hörte ich eben dieſes bey Girondel. Auf meiner Rückreiſe, als ich mich von der Karwane entfernte, um die Breite des Meerbuſens vor dem ſo genannten Thal Bedea zu meſſen, wollte man auch gehört haben, daß der Durchgang auf dieſer Stelle geſchehen ſeyn ſollte. Ich zweifle nicht, die Araber zu Tör oder in einer andern Gegend, würden auch behaupten, daß dieſes Wunder bey ihnen geſchehen ſey, wenn jemand alda darnach fragen würde. Unter ſechs Arabern, mit welchen wir nach dem Berge Sinai reiſeten, konnte ich nur einen ſo weit gewinnen, daß er mir auf meine Fragen aufrichtig antwortete. Fragte ich einen von den übrigen, z. E.ob er in dieſer Gegend nicht einen Berg kenne der mit dieſem oder jenem Namen benennet würde, ſo zeigte er mir ſo gleich einen Berg der ſo heißen ſollte, obgleich er deſſen wahren Namen vielleicht ſelbſt niemals gehört hatte. Sogar von bekann- ten Bergen und Thälern ſagten ſie mir oftmals falſche Namen. Auf dem weſt- lichen Ufer des Rothenmeers, nemlich dem Parallel von Sues bis Tör, bin ich ſelbſt nicht geweſen. Indeſſen ſiehet man aus den Nachrichten der Reiſenden, daß Die Wüſte des Berges Sinai. 405 daß die alda wohnenden Araber gleichfals verſchiedene Meinungen wegen der Stelle des Durchganges der Kinder Iſrael haben. Die Traditionen und Ausſagen der gemeinen Araber ſind alſo in dieſem Stücke ſehr unzuverläſſig. Die Gelehrten in Europa haben über alle dieſe verſchiedene Meinungen ſchon ſo vieles geſchrieben, daß ein Reiſender jezt auch ſchon zum voraus für gewiß annimmt, die Kinder Iſrael ſeyn zwiſchen Sues und Tör durchs Meer gegangen, ja daß ſie nirgends ſonſt haben durchgehen können, weil Sues an dem äußerſten Ende von dem breitern Theil des Meers liegt. Nachdem nun auch einige aufmerk- ſame Reiſende ſich bemühet haben, mit vieler Gelehrſamkeit zu beweiſen: daß der Durchgang bey dem Thal Bedea habe geſchehen können; ſo zweifelt jezt faſt nie- mand mehr daran, daß dieß Wunder alda würklich geſchehen ſey. Ich will die Gründe derjenigen welche dieſes behaupten, kürzlich unterſuchen. Man verſichert uns, daß die Namen einiger Berge und Thäler zwiſchen dem Nil und Bedea in der arabiſchen Sprache eben das bedeuten, was die hebräi- ſchen Namen beym Moſes anzeigen. Verſchiedene ſollen ſogar zur Erinnerung der Reiſe der Kinder Iſrael aus Egypten alſo benennet worden ſeyn. Ich bin in den alten morgenländiſchen Sprachen zu unerfahren, als daß ich das Gegentheil da- von beweiſen könnte; indeſſen ſcheint es doch nicht ſehr wahrſcheinlich zu ſeyn, daß die alten Egypter die Namen ihrer Berge und Thäler, um der aus dem Lande ge- henden Iſraeliten willen, die ſich etwa einige Stunden bey denſelben lagerten, ver- ändert, und dieſe neue Namen einige tauſend Jahre nachher ſollten beybehalten ha- ben. Wären die Iſraeliten auf eine ſo wunderbare weiſe nach Egypten gekommen, und hätten ſie darauf einige hundert Jahre die Oberherrſchaft in dieſem Lande be- hauptet, ſo könnte man dergleichen eher vermuthen- Man ſagt ferner, daß die Kinder Iſrael bey Bedea durch das Rothenmeer gegangen ſeyn müſſen, weil Joſephus ſchreibt: daß ſie kurz vorher von Bergen, Meer und Feind umgeben geweſen ſind. Der Urheber dieſer Meinung ſcheint mir hier auf das Thal Bedea zu zielen, wenn er ſelbſt jemals in dieſer Gegend gewe- ſen iſt. In der Heiligen Schrift aber finde ich bey dieſer Gelegenheit die Berge und Klippen nicht erwähnt. Es ſcheint, daß Pharao nicht einmal von den Kin- der Iſrael ſagen konnte, wenn ſie bey Bedea ſtunden: Sie ſind verirret im Lande, Eee 3 die 4O6 Die Wüſte des Berges Sinai. die Wüſte hat ſie eingeſchloſſen. Denn ſie würden zwar gerade nach Oſten das Rothemeer vor ſich gehabt, aber auch, wenn ſie ſich demſelben genähert hätten, nach Norden den Weg an der See, von dem Thal Bedea nach Sues und dem äußerſten Theil des Meerbuſens angetroffen haben. Nemlich denſelben Weg, wel- chen Mönconys gereiſet iſt. Wenn aber der Weg zwiſchen dem Meer und dem Berge Attäka zu der Zeit nicht ſo breit war, daß die große Karwane der Iſraeliten denſelben nehmen könnte, wie der P. Sicard meinet, ſo iſt mir deſto unwahr- ſcheinlicher, daß Moſes ſie durch das Thal Bedea bis ans Meer, wo er zu Lande nicht weiter kommen konnte, geführt haben ſollte, da er willens war ſie auf der Straße am Schilfmeer aus Egypten zu führen. Jedoch dieſes würde noch nicht ſo ungereimt ſeyn, wenn man in den Nachrichten Moſis fände, es ſey den Iſraeli- ten ſchon vor ihrer Abreiſe bekannt geweſen, daß ſie trockenes Fußes durchs Meer gehen würden. Weil hievon aber nichts, ſondern vielmehr das Gegentheil er- wähnt wird, ſo iſt mir nicht glaublich, daß ſie ſich ohne zu wiſſen wohin, aus Egypten ſollten haben führen laſſen. Unter ſo viel tauſenden müßten doch viele geweſen ſeyn, die die Wege nach der Gränze von Egypten ſehr wohl kannten. Dieſe würden ſich gewiß dawider geſetzt haben, wenn Moſes ſie durch einen ſol- chen Weg, wo ſie ihren Untergang gewiß hätten erwarten müſſen, hätte führen wollen. Man darf nur mit einer Karwane reiſen, die auf ihrem Wege einige Hinderniſſe, etwa einen kleinen Fluß, antriſt, ſo wird man finden, daß auch die Morgenländer ſich auf ihren Reiſen als vernünftige Leute zeigen, die ſich von ihrem Karwanbáſchi nicht blindlings führen laſſen. - Einige Gelehrte ſind der Meinung, daß die Kinder Iſrael von Helio- polis, andere aber daß ſie von Beſſatin, einer Gegend am Nil nach Süden von Kähira, aufgebrochen ſind. Ich weiß nicht ob der Weg von dieſen Gegenden nach Bedea vor einigen Tauſend Jahren ſo gut zu reiſen geweſen iſt, daß eine große Karwane ihn hat wählen können. Er ſcheint mir zu weit zu ſeyn, wenn er auch gebähnt geweſen iſt, denn auf dem geraden Wege von Káhira bis Sues braucht man ongeſehr 32# Stunden, und alſo von dem Nil bis Sues ohngefehr 33# Stun- den. Weil nun die Polhöhe zu Snes ſchon 6 Minuten kleiner iſt als zu Kähira, und das Thal Bedea noch einige deutſche Meilen ſüdlicher liegt als Sues; ſe würde - Die Wüſte des Berges Sinai. 4O7 würde eine mittelmäßige Karwane von Heliopolis bis Bedea eine noch längere Zeit (etwa 35 bis 38 Stunden) brauchen, und einen ſolchen Weg konnte die Karwane der Iſraeliten wohl nicht in drey Tagen zurüklegen. Man ſehe die Lage der Städte Kähira und Sues auf der Charte vom arabiſchen Meerbuſen Tab. XX. Indeſſen unterſtehe ich mich nicht einer Meinung gänzlich zu wiederſprechen, die ſchon von ſo vielen Gelehrten angenommen worden iſt. Weil ich aber geſagt habe, es ſey mir unwahrſcheinlich, daß die Kinder Iſrael bey Bedea durchs Rohte- meer gegangen ſind; ſo wird man erwarten, daß ich eine andere Gegend anzeige, wohin man dieſe Begebenheit mit größerer Wahrſcheinlichkeit ſetzen könne. Ich will alſo den Gelehrten meine Meinung hierüber zur weitern Prüfung bekannt ma- ehen, die ich willig ändern werde, wen man mir Gründe dagegen zeigen wird. - Es iſt mir ſehr wahrſcheinlich, daß Heliopolis, die Reſidenz der egypti- ſchen Könige, die Stadt geweſen ſey, welche Moſes Raemſes nennet*). Noch wahrſcheinlicher aber iſt es, daß Raemſes blos von Iſraeliten bewohnt, und in der Nähe von Heliopolis geweſen ſey. Nicht weit von den Ruinen dieſer Stadt, ohn- gefehr nach N. O. ſieht man auch noch bis auf dieſen Tag große Hügel von Ruinen die man jezt Tel el Ihüd, oder Turbetel Ihüd nennet. Wenn alſo die Iſra- eliten ihre Reiſe von dieſer Stadt antreten wollten, ſo bereiteten ſie ſich darzu ver- muthlich eben ſo, als noch jezt die Karwanen welche eine lange Reiſe unternehmen wollen. Die große Karwane welche jährlich von Káhira nach Mekke reiſet, verſammlet ſich einige Tage vorher bey Birketel Hads, einem kleinen ſtehenden See in welchen das Waſſer aus dem Nil geleitet wird, 4 Stunden von der Stadt auf dem Wege nach Sues. Der Emir Hads, oder der Anführer der Karwane, und viele von den übrigen Reiſenden, gehen noch wieder nach Káhira zurück, bis ſie endlich die lez- ten Verhaltungsbefehle von dem Paſcha in Egypten erhalten haben. Alsdann giebt der Emir Hadsj ſo gleich, oder den folgenden Morgen das Zeichen zum Auf- bruch *) Benjamin von Tudela nennet Heliopolis oder Ain Schäms, Ghizkalle Gheing 33eme35 und Raghmeſſes. Er erhielt ſeine Nachrichten in dem 12ten Jahr hunderte von den eayptiſchen Juden, der in der Nähe bey Heliopolis liegenden Stadt Foſtat, die die Europäer Alt Záhira zu nennen pflegen, 4O8 Die Wüſte des Berges Sinai. bruch. Die Karwane der Iſraeliten verſammlete ſich alſo wahrſcheinlich auch einige Stunden von Heliopolis auf dem Wege nach dem Rothenmeer, entweder bey Bir- ketel hads oder auf einer andern Stelle, wo ſie ſich mit Waſſer zu ihrer bevorſte- henden Reiſe verſehen konnte. Moſes als Karwanbaſchi konnte dem ohngeachtet ſo lange zu Heliopolis bleiben bis er die Erlaubniß zu ſeiner Abreiſe von Pharao erhielte. Nun iſt die Frage, welchen Weg die Kinder Iſrael von ihrem erſten La- ger an, geſezt von Birketel Hadsj, genommen haben mögen? Moſes ſagt: 2 Buch 13, 18, Gott führete das Volk um, nicht auf die Straße durch der Philiſter Land die am nächſten war, ſondern auf die Straße durch die Wüſte am Schilfmeer. Es ſcheint nicht, daß die Kinder Iſrael zu dieſer Zeit ſchon verſi- chert geweſen ſind, daß Gott ihnen einen trockenen Weg durchs Meer machen wür- de. Alſo iſt ſehr wahrſcheinlich, daß ſie in den erſten zweyen Tagen den gera- den Weg nach dem äußerſten Ende des Rothenmeers genommen haben. Denſel- ben Weg nemlich, welchen noch jezt alle Karwanen nehmen, die von Kähira nach dem Berge Sinai und nach Mekke gehen. Ohne Zweifel war dieſer Weg wegen der damaligen ſtarken Handlung zwiſchen Arabien und Egypten, eben ſo gut zu reiſen als jezt. Er kann auch von einer großen und eilfertigen Karwane in drey Tagen zurückgelegt werden. Wir haben auf dem Wege von Birket el Hadsj bis Sues, die Zeit da wir uns ausruheten, abgerechnet, 28 Stunden 40 Minuten zugebracht. Ob Suchoth der Name einer Ebene, oder eines Hügels in der Wüſte geweſen ſey, kann jezt wohl nicht mehr mit Gewisheit beſtimmt werden. Etham aber, wo die Kinder Iſrael ſich den 2ten Tag nach ihrer Abreiſe lagerten, war meiner Meinung nach in der Gegend von, oder zu Adöjerüd. Denn weil man in dieſem Caſtell friſches Waſſer findet, ſo kann man ſagen, daß es am Ende der Wüſte liege, wenn man von Weſten kömmt 4 Buch Moſs 33, 6, oder nach 2 Buch Moſs 13, 20, vorn an der Wüſte wenn man von Sues nach Kähira ge- het. Sonſt ſcheint Moſes die ganze Gegend um das äußerſte Ende des arabiſchen Meerbuſens, Etham genannt zu haben, weil er 4 Buch 33,8 auch ſagt, daß die Iſraeliten ſich die erſten drey Tage, nachdem ſie durchs Meer gegangen waren, in einer Wüſte dieſes Namens aufgehalten haben, Hier findet man einen Berg, deR Tab. XXIII. „ ſ - a SUES uſque ad == // uqu DSJABBEL EL MOKAT * - - - , a - Gºra/n -- -2- ---- «? e Ga/ce 2 6. zza Graa/zz. -/ O A? A 7 A 2 zra Gerraruca z6. zz Graa/u. // teyra B Th A? „? 4. „5 6 7 – LL ZO e Fehrt J. Die Wüſte des Berges Sinai. 4O9 den man noch jezt Etti nennet. Die Kinder Iſrael ſind wohl nicht viel nörd- licher gegangen, da ſie vermuthlich den kürzeſten Weg um das Rothemeer zu neh- men gedachten. Einen ſüdlichern Weg haben ſie auch ſchwerlich gewählt, weil ſie ſonſt gar keine Hofnung gehabt haben würden aus Egypten zu kommen. Wenn alſo die Iſraeliten ihr zweytes Lager in der Gegend von Adsjerüd ge- habt haben, ſo glaube ich, daß ſie von hier nach Kolſum oder Sues, und daſelbſt durchs Rothemeer gegangen ſind*). Denn der Weg von Adsjerüd bis zu der äu- ſerſten Spitze des Rothenmeers, gehet, ſowie der Weg von Kähira nach Adsjerüd, faſt gerade nach Oſten. Sues aber liegt von Adsjerüd nach Südoſt. Alſo gien- gen ſie nicht gerade aus, ſondern lenkten ſich herum, 2 Buch Moſis I4, 2. Wenn nun Pharao ihnen den Weg zu Lande um das Meer abgeſchnitten hatte, ſo konnte er ſagen: ſie ſind verirret im Lande, die Wüſte hat ſie eingeſchloſſen, weil ſie natürlicherweiſe durch keinen andern Weg, als nach Norden um das Rothemeer aus Egypten kommen konnten. Da das äußerſte Ende dieſes Meerbuſens wegen des Durchganges der Kinder Iſrael ſehr merkwürdig iſt, ſo habe ich die Charten, welche ich davon auf der 23 und 24ten Tabelle entworfen habe, dieſer Beſchreibung beyfügen wollen. Für die Richtigkeit meiner auf der XXIII Tabelle gezeichneten Reiſeroute, bin ich Bürge. Ingleichen wegen der Lage von Sues, Hammam Faraun, Tör und Räs Mohämmed. Denn an allen dieſen Orten habe ich aſtro- nomiſche Beobachtungen gemacht. Das Ufer des Meerbuſens aber habe ich nur nach dem Augenmaß entworfen, und hiernach kann man nicht die größte Genauig- keit verlangen. Den Namen Bedea kannten meine arabiſchen Begleiter an der Oſtſeite des Meerbuſens nicht. Ich habe ihn aber deswegen mit auf die Charte geſezt, weil ich ſeiner oft erwähnen müſſen. Ein *) Migdol und Baal Zephon waren alſo vielleicht in der Gegend Bir Sues, eines Brunnens, der nicht weit von Sues entfernt iſt. Die Lage der alten Städte und Dörfer dieſer Gegend, kann vielleicht beſſer aus den Stellen wo man Waſ- ſer findet, als aus ihren Ruinen beſtimmt werden. Fff –---– – – – – – 4IO Die Wüſte des Berges Sinai. Ein Reiſender, welcher von Adsjerüd nach Sues gehet, ſieht dieſe Stadt ſchon weit in der Ferne an dem äußerſten Ende des Meers, wo es am breiteſten iſt. Der Theil des Meerbuſens, welcher Sues vorbey fließt, ſcheint bey dem erſten An- blik, in Vergleichung mit dem dabey liegenden großen Meer, nur die Breite eines Fluſſes zu haben, und alſo für das Wunder, wovon die Rede iſt, faſt zu klein zu ſeyn, als daß Gott denſelben hätte wählen können, um an ihm ſeine Allmacht zu zeigen. Ich ſelbſt habe anfänglich geglaubt, daß die Iſraeliten einige Meilen ſüdlich von Sues durch das Rothemeer gegangen wären. Aber nachdem ich die Breite des Meerbuſensbey Sues noch von 757 doppelten Schritten, und weiter nördlich noch viel größer geſunden habe, wie man es auf der XXIV Tabelle ſiehet; ſo habe ich meine Meinung geändert *). Wenn die Kinder Iſrael bey Kolſum durch das Rothemeer gegangen ſind, ſo ſcheint zwar das Wunderbare darin nicht ſo in die Augen fallend zu ſeyn, als WLZU >-T – – – – ------ -- – *) Erklärung der Buchſtaben auf dieſer Tabelle. A, Ankerplatz für die Schiffe, welche zwiſchen Sues und Dsjidda gehen. B, Felſigter Grund, welcher zur Zeit der Ebbe nur ſehr wenig mit Waſſer bedeckt iſt. C, Saudbänke, die bey der nie- drigſten Ebbe trocken werden. D, Niedrige Gegenden, in den ältern Zeiten wahr- ſcheinlich der Boden des Meerbuſens. E, Die Stelle wo ich ſelbſt durch das Rothemeer gegangen bin. F, Linien, die ich zu dem Entwurf dieſes Grund- riſſes durch Schritte gemeſſen habe. Ich gieng von Sues an dem Uſer des Meers nach Weſten, von da nach Bir Sues und wieder nach der Stadt zurück. Ferner von Sues nach Norden um die äußerſte Spitze des Meerbuſens, bis zu dem Wege nach dem Brunnen Tába. G, Grundriß der Stadt Sues, nach dem Maasſtab, nach welchem ich die Stadt Kahira gezeichnet habe. Leztere wird man bey meiner Reiſebeſchreibung antreffen. Teiſchitz ſagt in ſeiner ſiebenjährigen Weltbeſchauung S. 144: Wenn hier in der Wüſte der ſtarke ſchädliche Wind Schiroko wehet , ſo treibt er das Meer wohl faſt eine deutſche Meile heraus auf den ſandigten Boden. Er ſcheint alſo hier von der Gegend zu reden, die ich auf dem Grundriß mit D bezeichnet habe. Eine ganze deutſche Meile ſcheint mir ſehr viel zu ſeyn. Doch iſt es nicht un- wahrſcheinlich, daß der Meerbuſen an dem äußerſten Ende, wo ich ihn nur als kleine Flüſſe gezeichnet habe, bey einem lange anhaltenden Südwinde und durch die Fluth, noch jezt mehr als eine deutſche Meile breit werde, und ſich alsdann auch weiter nach Norden erſtrecke, ------- - Tab. XXIV. ſ MW Dſ // A ſ” bbel ÄF). T/' 3ooo /zo... Geom wº', --- De ATe 6-e../c. Die Wüſte des Berges Sinai. 4 II wenn ſie bey Bedea durchgegangen wären. Man betriegt ſich aber gar ſehr, wenn man glaubt, daß der Durchgang einer ſo großen Karwane hier bloß natürlicher weiſe habe geſchehen können. Jezt wenigſtens geht keine Karwane von Káhira nach dem Berge Sinai dieſen Weg, da ſie doch viel gewinnen würde, wenn ſie ihn nehmen könnte. Vor einigen tauſend Jahren aber war es natürlicherweiſe noch weniger für die Kinder Iſrael möglich. Das Waſſer war zu der Zeit vermuthlich viel breiter, es erſtrekte ſich weiter nach Norden, und war auch tiefer. Denn es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß nicht allein das Waſſer ſich zurück gezogen hat, ſondern daß auch der Boden dieſer äußerſten Spitze des Meerbuſens durch den feinen Sand aus der umherliegenden Wüſte erhöhet worden iſt. “ Man hat mir die Einwendung gemacht: Pharao hätte, wenn die Kinder Iſrael bey Sues durch das Rothemeer gegangen wären, in kurzer Zeit um die äußerſte Spitze deſſelben kommen, und ſie einholen können. Aber wir können jezt nicht mehr mit Gewißheit beſtimmen, wie weit ſich der Meerbuſen zu der Zeit nach Norden erſtreckt habe. Zudem wollte Gott Ehre einlegen an Pharao und an aller ſeiner Macht, an ſeinen Wagen und Reutern. Es ſcheinet mir nicht ſo unvernünftig von Pharao gehandelt zu ſeyn, wenn auch er verſuchen wollen bey Sues durchs Meer, welches zu der Zeit vielleicht nur eine halbe Meile breit war, zu gehen, nachdem er geſehen hatte, daß es von den Iſraeliten geſchehen war, als wenn er, der ſchon ſo viele Wunderwerke in Egypten geſehen hatte, ſich in die vielleicht drey und mehr Meilen breite See hätte wagen wollen. Ja alle Egypter mußten ihres Verſtandes gänzlich beraubt beweſen ſeyn, wenn ſie die Kinder Iſrael durch ein ſo breites Meer hätten verfolgen wollen. Sie kannten ihr eigen Land doch wohl wenigſtens ſo gut, daß ſie den trockenen Boden der breiten See, welche von dieſer Seite an Egypten gränzet, nicht für eine Wüſte halten konnten. Unterdeß findet Dr. Shaw nicht einmal bey Aijün Muſa Waſſer genug um ſo viele Egypter zu erſäufen. Dieß ſcheinet noch ein ſtärkerer Einwurf gegen den Durchgang der Kinder Iſrael bey Kolſum, oder Sues zu ſeyn, wo man noch we- niger Waſſer findet. Allein auch noch jezt würden in dem eine viertel Meile brei- ten Arm des Meerbuſens nördlich von Sues, vornemlich bey der Fluth, genug Menſchen und Pferde umkommen können. Noch vielmehr aber zu der Zeit Moſis Fff 2 da 4 I 2 Die Wüſte des Berges Sinai. da hier mehr Waſſer war. Es geſchah durch Wunder, daß die Kinder Iſrael aus Egypten, und trockenes Fußes durchs Meer geführet wurden, Pharao aber und ſein Heer im Waſſer umkam. Es müßte auch faſt durch Wunder geſchehen ſeyn, wenn die iſraelitiſche Karwane ſich von Moſes durch einen weiten und ſchlim- men Weg nach Bedea, gerade gegen das breite Meer hätte führen laſſen, wenn Pharao ſie in die Wüſte verfolgte, da es ihm doch nicht einfallen konnte, daß Gott ihnen einen andern Weg als den gewöhnlichen um den arabiſchen Meerbuſen zeigen würde, und wenn die Egypter die Namen ihrer Berge und Thäler wegen der flüchtigen Iſraeliten verändert hätten. So kann es auch ein Werk der Allmacht geweſen ſeyn, daß nicht einer von dem Heer der Egypter übrig blieb, obgleich ſonſt aus den blutigſten Schlachten zu Lande noch immer einige zu entkom- men pflegen. Ich habe auf dem breiten Meerbuſen kein Riff oder Iſthmum unter dem Meer gefunden. Wir ſegelten von der Rehde von Sues bis Girondel ohne der- gleichen zu befürchten, und wir hatten auf der erſten Stelle 4 Faden, etwa drey deutſche Meilen ſüdlich von Sues mitten auf dem Meerbuſen 14 Faden, und in der Gegend von Girondel nicht weit vom Lande 1o Faden Waſſer. Aber bey den Ruinen der Stadt Kolſum bin ich ſelbſt, auf meiner Rückreiſe von dem Berge Sinai nach Sues, zu der Zeit der niedrigſten Ebbe, durch den Meerbuſen gerit- ten, und die Araber, welche neben her giengen, kamen nur bis an die Knie ins Waſſer. Doch ſcheint die Breite dieſes Riffs oder der Iſthmus unter dem Meer nicht groß zu ſeyn. Wenn alſo auch jezt eine Karwane zur Ebbzeit bey Kolſuin durchs Meer gehen könnte, ſo würde dieſes nicht ohne viele Beſchwerlichkeiten, und gar nicht trockenes Fußes geſchehen können. - Die Beſchaffenheit des Bodens im Rothenmeer habe ich nicht unterſuchen können. Das Ufer deſſelben iſt von der äußerſten Spitze bis Girondel lauter Sand, und die Corallenbänke (- sº Schäb) habe iſt nicht ehe geſehen als zwi- ſchen Hammam Faraün und Tör. Hätten die Kinder Iſrael viele von dieſen ſo genannten Corallenſteinen und Bäumen auf dem Boden des Meers, wo ſie durch paßirten, gefunden, ſo würde ihnen dieſes ſehr hinderlich geweſen ſeyn. Sie ſind viel zu ſcharf, als daß man mit bloßen Füßen, oder den iſraelitiſchen Schuhen, die Die Wüſte des Berges Sinai. 4 I 3 die wahrſcheinlich kein Oberleder hatten, darauf gehen könnte. Man findet viele verſchiedene Arten dieſer ſo genannten Corallen in dem Rothenmeer. Einige davon ſind zu ſo großen Stücken angewachſen, daß man ſie wie ein Kalkſtein behauet, und Häuſer davon bauet, oder auch Kalk davon brennet. Andere ſehen verſchie- denen Arten Bäumen ähnlich u. ſ. w. Daß alle dieſe Corallenarten von kleinen Thieren gebanet werden, iſt eben ſo gewiß, als daß Schnecken und Muſchelſcha- len auf dieſe Art entſtehen. Aber die Thiere ſind nur klein, und ziehen ſich ſo gleich in ihre Wohnungen zurück, ſobald ſie aus dem Waſſer kommen. Wir mußten alle die Corallenſteine, welche wir nach Europa ſchickten, viele Tage in der freyen Luft liegen, und die Thiere verfaulen laſſen, ehe wir ſie einpacken konnten. Ich glaubte unter den Europäern der erſte zu ſeyn, welcher vermuthet hat daß der Durchgang bey Sues habe geſchehen können. Aber einer meiner gelehrten Freunde, mit welchem ich mich zu verſchiedenenmalen darüber unterredete, zeigte mir in dem zweyten Theil der deutſchen Überſetzung der allgemeinen Welthiſtorie S. 415 unten in der Anmerkung, daß ſchon andere behauptet haben: Daß die Kinder Iſrael über den kleinen Arm oder Strich der See geſezt ſind, wel- cher gegen das äußerſte Ende nahe an dem Hafen Sues liegt. Dieſes veranlaßte mich verſchiedene Bücher nach zuſchlagen, auf welche der Verfaſſer die- ſer Anmerkung ſich beruft. Unter dieſen hat Clericus in ſeiner Diſſertatione de tra- ječtione maris Jdumaei mich völlig überführt, daß meine Meinung von der Stelle des Durchganges der Kinder Iſrael gar nicht neu iſt. Er beruft ſich auf Bello- nium, Pietro della Valle und Chriſtopher Fürer, welche das äußerſte Ende des arabiſchen Meerbuſens ohngefehr eben ſo beſchrieben haben, als man es auf meiner Charte ſiehet, die die erſte iſt, welche ein Reiſender nach eigenen Meſſun- gen entworfen hat. Er zieht aus den Nachrichten dieſer Reiſenden richtige Schlüſſe, und ſagt, daß der Durchgang der Kinder Iſrael in der Gegend von Sues geſchehen ſeyn müſſe. Goldſchmid hat in ſeiner nova demonſtratione tranſitus populi Iſraelitici gleichfals behauptet, daß ſie nicht durch den breitern Theil des Meerbuſens haben gehen können. Aber er iſt weder mit Clericus, noch mit den erwähnten Reiſenden, auf welche er ſich auch beruft, zufrieden, ſondern ent- Fff 3 wirft 414 Die Wüſte des Berges Sinai. wirſt ſelbſt auf ſeiner Studirſtube eine neue Charte, welche die Figur des Meer- buſens beſſer abbilden ſoll, als andere ſie beſchrieben haben, die ſelbſt in dieſen Ge- genden geweſen ſind, und ihm Gelegenheit zu ſeiner Meinung von der Stelle des Durchganges gegeben haben. Beſſer wäre es geweſen, wenn er die Reiſebeſchrei- bungen mit mehrerer Aufmerkſamkeit geleſen hätte. So würde er ihre Verfaſſer, und diejenigen, welche ſie beſſer verſtanden haben als er, unmöglich ſo haben miß- handeln können, als er gethan hat. In dem zweyten Theil der allgemeinen Welt- hiſtorie S. 418 wird geſagt, Euſebius habe nach den alten Überlieferungen behaup- tet: die Kinder Iſrael wären bey Cysma durchs Rothemeer gegangen. Das Cysma der Griechen aber war ohne Zweifel das Kolſum der Araber, wie Bo- chart in ſeinem Phaleg Canaan & Hierozoicon libr. II. cap. 18. 107, 108 aus verſchiedenen morgenländiſchen Schriftſtellern beweiſet. Auch Makriſ, Abulſeda, und noch die jezigen Einwohner zu Sues behaupten, daß Kolſum am äußerſten Ende des arabiſchen Meerbuſens, oder vielmehr dicht bey Sues gelegen habe, (ſiehe die XXIV Tabelle) und Shaw ſagt in einer Anmerkung zu ſeiner Reiſebe- ſchreibung S. 313: daß Pharao in der Nähe von Kolſum im Meer umgekommen ſey. Alſo haben ſchon die Griechen und Araber behauptet, der Durchgang der Kinder Iſrael ſey nahe bey Sues, nemlich durch einen Arm des arabiſchen Meerbuſens geſchehen, und nicht durch den breiten Meerbuſen bey Tör, Girondel, Bedea oder AijünMuſa, wie man in den neuern Zeiten behauptet hat. Herr Hofrath Michaelis hält in einer weitläuftigen Anmerkung zu 2 Buch Moſs 14, 2r die Austrocknung des arabiſchen Meerbuſens für nichts weiter, als für eine natürliche Folge des der Fluth gerade entgegen wehenden Win- des. Zu Curhafen entſteht zuweilen durch den Seewind Fluth auf Fluth. Dieß kann dieſen Gelehrten veranlaßt haben zu glauben, daß der Landwind, oder wie die Schiffer ihn nennen, der abländiſche Wind, eben ſo gut Ebbe auf Ebbe mache, und daß, zur Zeit des Durchganges der Iſraeliten das Meer durch eine ſolche na- türliche Urſache zurück getreten ſey. Ich habe mich deswegen bey den hamburgi- ſchen Admiralitäts Lohtſen zu Curhafen erkundigen laſſen, und von ihnen einige Nachrichten erhalten, die die Meinung des Herrn Michaelis nicht beſtätigen. Es wird dem Leſer vielleicht nicht unangenehm ſeyn, wenn ich ſie hier mit einrücke. Bey Die Wüſte des Berges Sinai. 415 - Bey Curhafen iſt der gewöhnliche Unterſchied zwiſchen dem höchſten und niedrigſten Waſſer das ganze Jahr durch, zehn bis eilf Fuß. Wenn aber der Wind im Herbſt und im Winter zwey lis drey Tage lang etwas ſtark aus Süden gewehet hat, und ſich darauf nach Südweſt wendet, ſo ſteigt die Fluth wohl zwan- zig Fuß hoch. Folgt hierauf ein Sturm aus Norweſt ſo kann das Waſſer bey der neuen Fluth noch ſechs bis acht Fuß höher auflaufen. Drehet ſich ein anhal- tender Sturm aus Südweſt nach Weſten, und bey angehender Fluth nach Nord- weſt, ſo dauert die Fluth anſtatt ſechs, wohl zehn bis eilfStunden. Das Waſ ſer kann unter dieſen Umſtänden bis dreyßig Fuß hoch ſteigen, und die Deiche oder Dämme vor den an der Elbe liegenden Marſchländern ſind alsdann in Gefahr von der Gewalt des Waſſers weggeriſſen zu werden. Solche Fluthen hatte man 1747 um Weinachten, 1751 gleich nach Michaelis, und 1756 um Martini. Wenn nun eine Fluth 1o bis II Stunden gedauert hat, ſo währt die darauf folgende Ebbe auch länger als die gewöhnlichen ſechs Stunden. Die neue Fluth aber kann das Waſſer nicht wieder zu der vorigen Höhe bringen, wenn gleich der Sturm fortdauert. Der abländiſche Wind hat keinen ſo merklichen Einfluß auf die Ebbe. Der Oſtwind iſt der Fluth auf der Elbe am meiſten entgegen. In den erſten zweyen Tagen iſt er ihr noch faſt gar nicht hinderlich. Hat er 8 bis 14 Tage angehalten, ſo kömmt die Fluth auf der Elbe nur bis Schulau oder höchſtens bis Blankenöſe, und dann iſt das höchſte Waſſer beyCurhafen noch nicht mehr als zwey bis drey Fuß niedriger wie gewöhnlich. Das was Herr Michaelis Ebbe über Ebbe nennet, kennet man in der Gegend von Curhafen gar nicht, und die längſte Ebbe dauert nur 7 bis 7 Stunden. Will man annehmen, daß alles das, was durch die Veränderung der Ebbe und Fluth ganz natürlicherweiſe an der Nordſee geſchiehet, auch an dem äußerſten Ende des arabiſchen Meerbuſens geſchehen müſſe; ſo kann man den Durch- gang der Kinder Iſrael ſehr leicht erklären. Die Einwohner auf Neuwerk, einer kleinen Inſel, die eine deutſche Meile von Dunen im Amte Ritzebüttel liegt, welche Breite der Arm des Meerbuſens bey Sues nicht hat, reiten, fahren nnd gehen trockenes Fußes nach der ſeſten Küſte, da doch bey der Fluth allezeit Schiffe, die nicht tiefer als fünf Fuß gehen, über dieſen Weg ſegeln können. Sie machen dieſe Reiſe nur nicht bey einem ſtarken Sturm. Sonſt fürchten ſie gar nichts, Wet!!! 416 Die Wüſte des Berges Sinai. wenn ſie nur die Ebbzeit, und den Wind wiſſen. Man könnte alſo ſagen, daß Moſes, und etwa die vornehmſten Iſraeliten die Zeit der Ebbe und Fluth an dem äußerſten Ende des arabiſchen Meerbuſens ebenſo gut gekannt haben, als die Be- wohner der Inſel Neuwerk und des Dorfes Dunen in ihrer Gegend, und daß alſo der Durchgang gar nichts übernatürliches gehabt habe. Aber die Lage dieſer Örter iſt gar ſehr verſchieden. Neuwerk liegt am Ausfluß der Elbe, und an dem Welt- meer. Der Ort aber wo die Kinder Iſrael durchs Meer gegangen ſind, liegt an dem äußerſten Ende eines ſchmalen Meerbuſens bey dreyhundert deutſche Meilen von Babelmándeb, und noch viel weiter von dem offenen Weltmeer entfernt. Indeſſen iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Kinder Iſrael ſich bey dem Durch- gange durchs Meer der Ebbe mit bedient haben. Vielleicht beförderte ein ſtarker Nebel den Untergang der Egypter. Am 17. Februar P742 ſind auf dem Wege von Dunen nach Neuwerk drey Leute umgekommen, weil ſie von einem ſo ſtarken Nebel überfallen worden, daß ſie ihren Weg nicht mehr finden können, ſondern ſo lange in der Irre herumgeritten waren, bis ſie von der Fluth überraſcht worden. Nur eins von ihren dreyen Pferden kam wieder an Land. Seitdem ſind noch drey bis vier Perſonen auf dieſem Wege ertrunken. Noch im Anfange dieſes 1772ten Jahrs würden daſelbſt zwey Perſonen umgekommen ſeyn, wenn ſie nicht ein Schiffer, der ſie in der Irre herumlaufen fand, gerettet hätte. Ich kann nicht beſtimmen was ei- gentlich die Wolkenſäule Moſes geweſen ſey. Ich habe nur obige Erfahrungen bemerken wollen, und überlaſſe es den Gelehrten zur weitern Unterſuchung, ob man die Wolkenſäule mit einem ſtarken Nebel vergleichen könne. Herr Michaelis, dem ich eine Abſchrift von allen meinen Antworten auf ſeine uns nachgeſandten Fragen geſchickt hatte, ſagt in der vorher erwähnten An- merkung S. 51, daß ich wegen des Durchganges der Kinder Iſrael, in der Haupt- ſache nicht mit ihm übereinſtimme, nemlich nicht glaube, daß die Iſraeliten ohne ein Wunderwerk haben durch den arabiſchen Meerbuſen gehen können. Er ſagt aber auch S. 52, 53 „daß Moſes die Austrocknung des Meers, die ihn und ſein „ ganzes Volk rettete, nicht durch menſchliche Klugheit habe vorher ſehen können, „ ſondern aus göttlicher Eingebung that, was er that. Die Austrocknung ſelbſt „ war ein Werk der Providenz, die ein Volk vom Untergange zu retten beſchloſſen » hatte. - - - - - -- - – – –----------- - - - Die Wüſte des Berges Sinai. 4 I 7 „hatte. Die gewiſſe Vorherſehung dieſer, nicht etwan gewöhnlichen, ſondern „ſeitdem wir Geſchichte haben, nur ein einzigesmal geſchehene Entblößung des „ Bodens der See, war im höchſten Grad übernatürlich, und ein eben ſo ſtarker „Beweiß der göttlichen Sendung Moſe, als irgend ein Wunderwerk ſeyn kann. „Der Moſe, der ſich ganz wider den Zweck ſeines Marſches, und ohne alle Noth, „auf die africaniſche Seite des Rothenmeers wandte, wo er durch die See von „Aſien abgeſchnitten war, von den Egyptern umzingelt ward, und hätte umkom- „men müſſen, wenn nicht geſchehen wäre, was nie weder vor noch nachher geſche- „hen iſt; der das zwiſchen Meer und Feind eingeſchloſſene Volk nicht zur tapfern „Gegenwehr ermunterte, ſondern ihm verhieß, Gott werde es ohne Waffen ret- „ten, ihm befahl, nach der See aufzubrechen, über die er ſeinen Stab ausſtreckte, „und ihr gebot, dem Volke Plaß zu machen; der ſo handelt, als wenn er dieſe „nur ein einzigesmal in der Gegend erfolgte außerordentliche Ebbe, und ihren Grad, „mit völliger Gewisheit vorher ſähe: muß würklich von dem Herrn der Natur ge- „ſandt ſeyn, welcher allein vorher wiſſen, und Moſt offenbaren konnte, was er „zur Rettung der Iſraeliten in der Natur veranſtaltet hatte.„ Ich muß bekennen, daß ich die Entblößung des Bodens der See, welche ſelbſt nach der Meinung des Herrn Michaelis, im höchſten Grad übernatürlich war, das Werk der Pro- videnz, den ſupponirten Sturm, der zu dieſer Zeit innerhalb vier und zwanzig Stunden aus zwey entgegen geſezten Gegenden wehete, da der Wind auf dem ara- biſchen Meerbuſen gemeiniglich ſechs Monate aus den nördlichen, und ſechs Mo- nate aus den ſüdlichen Gegenden zu kommen pflegt, den Gehorſam der See, die dem Volke Platz machte, da nur Moſes auf Gottes Befehl ſeinen Stab ausſtrekte, u.ſ f für ein Wunderwerk gehalten habe. Iſt dieß alles ganz natürlicherweiſe zugegangen, ſo weiß ich noch nicht, was die Gelehrten eigentlich durch das Wort Wunderwerk verſtehen. Die Europäer nennen den arabiſchen Meerbuſen gemeiniglich das Rothe- meer. Doch habe ich es nicht mehr roth gefunden, als das Schwarzemeer, oder dem Archipelagum, welchen die Türken das Weißemeer nennen, oder irgend ein an- deres Meer in der Welt. Fände man aber auch würklich auf dem Boden dieſes E. - - G gg Meers 418 Die Wüſte des Berges Sinai. Meers ein rothes Kraut, wie einige Gelehrte glauben, ſo iſt dieſes doch ſelten. Alſo iſt es nicht wahrſcheinlich, daß man es davon benannt habe, ſo wenig es die- ſen Namen von einigen Flecken röthlichen Sandes hat, oder von der kleinen hellro- then Art Corallen, Orgelpfeifen genannt, von einigen wenigen Bergen, welche in der Ferne etwas röthlich ſcheinen u. ſ. f. Andere haben geglaubt, daß die Grie- chen den arabiſchen Meerbuſen nach dem Könige Erythraeus, Mare Erythraeum ge- nannt haben. So aber nannte man in den ältern Zeiten den perſiſchen Meerbuſen- wie ſchon S. 309 bemerkt worden. Die Meinung derjenigen Gelehrten welche geglaubt haben, daß der arabiſche Meerbuſen von dem Reiche Edom, Mare Jdumaeum, und zulezt das Rothemeer genannt worden ſey, iſt mir ſehr wahrſcheinlich, denn das Reich Edom gränzte an den nördlichſten Theil dieſes Meerbuſens. Daß die Araber ihn in ihrer Sprache nicht das Rothemeer nennen, iſt bekannt. Dieſe hei- ßen den nördlichſten Arm deſſelben BähhrelKolſum oder Bähhres Sues, den Arm, welcher von Räs Mohämmed öſtlich gehet, Bähhrelákaba, den mitlern Theil des Meerbuſens, Bähhr Hedsjäs, Bähhr Janbo, Bähhr Dsjidda, oder Bähhr Mekke, und den ſüdlichſten Theil deſſelben Bähhr el Jemen. In der Gegend zwiſchen dem äußerſten Ende des arabiſchen Meerbuſens und dem mittelländiſchen Meer war der Bach Egyptens, deſſen in der Bibel ge- dacht wird. Weil ich keinen von den Landwegen zwiſchen Kähira, Damiät und Ghäſſa geſehen habe, ſo kann ich auch die Lage dieſes Baches nicht mit Gewißheit beſtimmen. Man findet aber auf der Oſtſeite von Egypten noch viele Flüſſe, und einen großen Landſee mit Namen Baheire, der ſein Waſſer aus dem Nil erhält. Und weil die Lage deſſelben zur Beantwortung der dritten Frage des Herrn Mi- chaelis merkwürdig zu ſeyn ſcheinet; ſo will ich das, was ich darüber von verſchie- denen glaubwürdigen Perſonen gehört habe, hier kürzlich bemerken, obgleich die- ſer See ſchon längſtens von Strabo, dem Scherifeddris, Granger und andern, ziemlich umſtändlich beſchrieben worden iſt. Der Baheire erſtreckt ſich von Damiät nach Oſten bis nahe zu der Stadt Ghäſſa. Ein Bedienter eines vornehmen Herrn, welcher zu verſchiedenenmalen von einer Stadt zu der andern gereiſet war, hatte dieſen Weg auf dem Baheire in EUNLPP) Die Wüſte des Berges Sinai 4 I9 einem Tage und in einer Nacht zurück gelegt, zu Fuß aber hatte er wegen des Um- weges nach Norden um den Landſee, drey Tage zugebracht. Er meinte, wenn man gerade von einer Stadt zu der andern gehen könnte, ſo würde hierzu wenig mehr als zwey Tage erfordert werden. Da alſo beyde Städte in der Nähe des Baheire liegen, ſo erſtreckt ſich dieſer Landſee ohngefehr 14 bis 15 deutſche Meilen von Weſten nach Oſten. Wenn der Nil hoch iſt, ſo fallen noch jezt 18 bis 20 Canäle und Flüſſe von dem damiatiſchen Arm in dieſen See. Es iſt aber nur der, welcher von Manſura nach dem Baheire fließt, das ganze Jahr durch, und ein anderer, den man Terraet Mues nennet, bloß bey hohen Waſſer ſchifbar. Die meiſten von den übrigen troknen bey niedrigem Waſſer ganz aus. Dieſer Landſee iſt an den meiſten Stellen ſo ſeichte, daß man oft nicht über fünf bis ſechs Fuß Waſſer findet. Dieſes iſt zu der Zeit, wenn der Nil niedrig iſt, etwas ſalzig, es ſteigt aber mit dem Nil vier bis fünf Fuß hoch, und wird alsdann zur Noth trinkbar. Dieſer See iſt fiſchreich, und gleichſam mit kleinen Inſeln be- ſäet. Man wollte behaupten, daß zuweilen ſechs bis ſieben tauſend kleine Fahr- zeuge auf demſelben (vermuthlich alle die Flüſſe welche ſich in ihn ergießen mit ge- rechnet) angetroffen würden. Man kann aus dem Baheire auf einem Arm des Nils (vielleicht Terraet Mues) bis auf eine Tagereiſe von Sues kommen, und in dieſer Gegend ſind Berge, wovon ein Mohammedaner zu Damiät erzählte, daß er daſelbſt den Canal geſehen habe, wodurch ein gewiſſer König den arabiſchen Meerbuſen mit dem Nil, und folglich mit dem Baheire und dem mittelländiſchen Meer verbinden wollen *). Er ſey aber von dieſer Arbeit abgeſchreckt worden, weil Blut aus dem Felſen geſprungen ſey u. d. gl. Ich erkundigte mich nachher dieſes Canals wegen zu Sues, niemand aber konnte mir davon einige Nachricht geben, und ich ſelbſt konnte wegen der Un- ruhen, die damals in dieſen Gegenden waren, nicht dahin kommen. Man ſagte zu Kähira, daß der Fluß welcher beyhohem Waſſer durch dieſe Stadt fließt, ſich noch jezt bis Ghäſſa erſtrecke. Er ergießt ſich alſo vermuthlich vorher in Terraet Mues, G gg 2 Und *) Siehe auch Herodotus Libr. II. 149. 42O Die Wüſte des Berges Sinai. und fällt mit dieſem oder andern Flüſſen in den Baheire. Weil dieſer Fluß von allen Armen des Nils in dieſer Gegend der erſte iſt, welcher ſich nach Oſten wendet; ſo könnte man vermuthen, daß er, oder ein anderer Canal mit dem er ſich verei- nigt, der Bach Egyptens genannt worden ſey. Allein dieſer Bach war wohl nicht ſo weit von Paläſtina entfernt, als die Flüſſe, welche jezt in den Baheirefallen. Man findet zwiſchen dem Baheire und dem mittelländiſchen Meer einen ſchmalen Strich Landes, der aus lauter Sandhügeln beſteht, und Elariſch ge- nannt wird. Durch denſelben fallen drey Flüſſe aus dem Baheire in das mittellän- diſche Meer. Dieſe Ausflüſſe nannte ein Schiffer zu Damiät, Déhbe, Btael katta, und Btaminferrech. Die beyden erſten ſind ſo klein, daß ein Reiſender von Ghäſſa nach Damiät, zu der Zeit da der Nil niedrig war, hatte durchwaten können, auf dem dritten aber hatte er ſich in einem Boot müſſen überſetzen laſſen *). Der öſtliche Ausfluß des Baheire und des Nils iſt alſo wahrſcheinlich auch der ſo genannte Bach Egyptens; denn dieſer iſt nicht nur nahe bey dem gelobten Lande, ſondern auch in der Gegend Elariſch, wo nemlich der Bach Egyptens nach der Meinung der Gelehrten geweſen ſeyn ſoll. Es ſcheint daß dieſer Strich Landes ſeit Strabös Zeiten nicht viel breiter geworden iſt, und daß alſo Egypten in den lezten zwey tauſend Jahren in dieſer Gegend keinen großen Zuwachs erhalten hat. Man hatte zu Damiät nichts von dem Berge Caſius und einer Stadt Elariſch gehört. Die Gegend, welche man Elariſch nennet, ſcheinet ſich noch weiter nach Oſten zu erſtrecken, als der Ba- heire; denn Johann Tucher kam im Jahr 1479 auf ſeiner Reiſe von Ghäſſa nach dem Berge Sinai, auch durch einen ſandigten Grund den man faſt eben ſo, nem- lich Lariſch nannte. L- *) Rechnet man dieſe drey Ausflüſſe des Baheire zu den ſchon bekannten Ausflüſſen des Nils, nemlich zu denen welche bey Dan ät, bey Brulos, bey Raſchid, und - bey Abukir in das mittelländiſche Meer fallen, ſo hat man die ſieben berühm- f ten Ausflüſſe des Nils, und man kann noch den achten darzu finden, wenn man den mit zählet der nach Alexandrien fließt. - S- 2) Be- H-Ä- SFG-H - 42 I „Ic ÄF ÄF Ä 25 Beobachtung über Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen in den Jahren 1762 und 1763. D ) man auf dem arabiſchen Meerbuſen Ebbe und Fluth antreffe, iſt von ver- ſchiedenen, und ſogar ſchon von Herodot *) bemerkt worden. Weil man aber dem ohngeachtet in den neuern Zeiten an dieſer Nachricht gezweifelt hat, ſo will ich die Beobachtungen, welche ich deswegen angeſtellet habe, hier umſtänd- lich anführen. Zu Sues. 1762 am 4ten September war das Waſſer bey dieſer Stadt des Mittags um 12 Uhr 45 Minuten am höchſten. Des Abends war ohngefehr um 7 Uhr die niedrigſte Ebbe, und das Waſſer ſeit der höchſten Fluth 3 Fuß gefallen. Dieſer Tag war der 17te nach dem Neumond, nemlich nach der Rechnung der Franzoſen in der Connoiſſance des mouvemens celeſtes, wo der Tag an welchem der Mond und die Sonne in Con- junction ſtehen, der erſte Tag genannt wird, und alſo nicht nach der Rechnung der Mohammedaner, welche den Tag des Neunmondes nicht eher zu zählen anfangen, als bis ſie den Mond ſehen können. - Den 3oten Sept. und am 13ten Tage des Mondes war die höchſte Fluth um 11 Uhr 15 Minuten des Vormittags. Den 1ſten October und am 14ten Tage des Mondes, bemerkte ich das höchſte Waſſer des Vormittags um 11 Uhr 52 Minuten, und des Abends die niedrigſte Ebbe um 6 Uhr. Das Waſſer fiel an dieſem Tage nur 3 Fuß. Den 2ten October und am 15ten Tage nach dem Neumond war der Anfang der Fluth des Morgens um 6 Uhr 12 Minuten. Die höchſte Fluth des Mittags um 12 Uhr 15 Minuten, und die niedrigſte Ebbe des Abends um 6 Uhr 12 Minuten. Auch an dieſem Tage fiel das Waſſer nur 3 Fuß. G gg 3 Den *) Libr. II, 1o. 422 Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. Den 3ten Octob. und am 16ten Tage nach dem Neumond, nemlich an dem Tage da der Mond des Morgens frühe ſein volles Licht erhalten hatte, bemerkte ich das höchſte Waſſer bey ſtillem Wetter des Mittags um 12 Uhr 30 Minuten. Des Abends ohngefehr um 6 Uhr 30 Minuten war es am niedrigſten, und der Fall des Waſſers war an dieſem Tage 3 Fuß. Den 4ten Octob. und am 17ten Tage des Mondes war das niedrigſte Waſ- ſer, und alſo der Anfang der Fluth, des Morgensohngefehr um 6 Uhr 24 Minuten. Des Mittags um 12 Uhr 56 Minuten war das Waſſer am höchſten, der Wind aber ziemlich ſtark und gegen das Ufer, und alſo die Beobachtung nicht ſo genau als an dem vorhergehenden Tage. Auch Heute war das Waſſer bey Sues 3. Fuß gefallen. Um die erſte meiner Beobachtungen zu machen, nemlich die am 4. Sep- tember, begab ich mich auf ein kleines vor Anker liegendes Schiff, im Canal bey Sues, und warf von hier aus kleine Stücke Holz in das Fahrwaſſer, theils weil es mir noch an Zeit gefehlt hatte, einen zu dieſen Beobachtungen bequemen Platz am Ufer zu ſuchen, theils auch weil ich als ein Fremder befürchtete, zu viel mit Zu- ſchauern umgeben, und mit allerhand Fragen beunruhigt zu werden. Auf dieſe Art konnte ich aber die Zeit des höchſten Waſſers nicht ſo genau beſtimmen als ich wünſchte. Ich bediente mich deswegen zu den übrigen Beobachtungen, ſowohl bey Sues als in andern Gegenden am arabiſchen Meerbuſen, wo ich Gelegenheit hatte meine Beobachtungen am Lande zu machen, einer andern Manier. Ich wählete nemlich ein ganz flaches Ufer, und ſteckte von Io zu Io oder von 5 zu 5 Minuten Zeit, ſo lange das Waſſer noch höher ſtieg, kleine Stöcke in den Sand, und bemerkte nachher gleichfals die Zeit wenn ſich das Waſſer bis zu jedem Stock wie- der zurück gezogen hatte. Durch dieſe correſpondirenden Höhen des Waſſers, konnte ich alſo bey ſtillem Wetter die Zeit der höchſten Fluth, oder der niedrigſten Ebbe, je- derzeit bis auf wenige Minuten genau beſtimmen. Am Anfange der Ebbe fält das Waſſer weit ſchneller als es am Ende der Fluth ſteigt, und am Anfange der Flutb ſteigt es geſchwinder als es am Ende der Ebbe fält. Deswegen habe ich nur die Beobachtungen gebraucht, welche der Zeit des höchſten und niedrigſten Waſſers ant nächſten waren. Den perpendiculären Fall des Waſſers, von der Zeit der Flutb bis Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. 423 bis zu der Zeit der Ebbe, bemerkte ich an einer Mauer am Hafen, wo die Schiffe anzulegen pflegen, und zwar nahe bey der Stelle, wo ich die Zeit der höchſten Fluth und der tiefſten Ebbe beobachtete. Ich machte daſelbſt nur bloß ein Zeichen von der größten Höhe des Waſſers, und beſtimmte darnach bey der nächſtfolgenden Ebbe den Unterſchied der Höhe vermittelſt eines Maasſtabes. Dieſe Beobachtun- gen ſind alſo zwar nicht ſo genau, als man ſie mit mehrerer Mühe und Koſten in Europa machen könnte. Ich denke aber, man werde hier keine größere Genauig- keit verlangen, da es überhaupt überflüſſig ſeyn würde, die Verſchiedenheit der Höhe des Waſſers zu der Zeit der Ebbe und Fluth, bis auf einen halben Zoll zu beſtimmen, weil ſchon ein kleiner Wind einen viel größern Unterſchied verur- ſachen kann. Es iſt den Einwohnern zu Sues nicht unbekannt daß der Mond die Ebbe und Fluth verurſache, obgleich das Waſſer in dieſer Gegend bey dem Neu- und Vollmonde nur um einen halben Fuß höher ſteigt, als in den Mondesvierteln. Auch machen die lange anhaltenden Süd- und Nordwinde, welche auf dieſem Meere herr- ſchen, eine Veränderung in der Höhe des Waſſers, wie wohl ſehr langſam, und als dann iſt bey lange anhaltendem Nordwinde die Oberfläche des Waſſer ſowohl bey der Ebbe als der Fluth niedriger, und bey lange anhaltendem Südwinde höher. Folglich machen dieſe keine merkliche Veränderung in der eigentlichen Ebbe und Fluth. Ebbe über Ebbe, wenn nemlich ein ſtarker Wind die Fluth zurük hält, und das Waſſer bey der zweyten Ebbe ſehr merklich tiefer fällt als es bey der erſten Ebbe geweſen war, erinnern ſich die Einwohner zu Sues nicht geſehen zu haben. Bey Hammam Faraün. Den 9ten Sept. und am 22ten Tage des Mondes ſah ich beyHammam Faraün daß die Zeit der Ebbe und alſo die Ankunft der Fluth, nahe war; die Araber, meine Geleitsmänner, wollten aber ſelbige nicht abwarten, und deswegen konnte ich die Zeit der niedrigſten Ebbe hier nicht genau beſtimmen. Doch muß ſie in dieſer Gegend des Morgensohngefehr um 8 Uhr 20 Minuten, oder etwas ſpäter ein- getroffen ſeyn, Zu 424 Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. Zu Tör. Den 13ten Oetober und am 26ten Tage nach dem Neumond, trieben die Unreinigkeiten auf der See bey Tör, des Nachmittags um 3 Uhr 15 Minuten bey ganz ſtillen Wetter noch nach Süden, um 3 Uhr 45 Minuten aber nach Norden. Das niedrigſte Waſſer war alſo ohngefehr um 3 Uhr 30 Minuten. - An der arabiſchen Küſte unter der Polhöhe 24“. 27%. Den 2oten Oetober und am 4ten Tage des Mondes war in dieſer Gegend des Abends um 6 Uhr das höchſte Waſſer. Der Wind war aber nicht ſo ſtill als auf der Rehde von Tör; und die Beobachtung alſo auch nicht ſo zuverläſſig. - - - Zu Dsjidda. Den 4ten Nov. oder am 19ten Tage nach dem Neumond, war hier die tiefſte Ebbe, oder der Anfang der Fluth, des Nachmittags um 2 Uhr. Den 6ten Nov. oder am 21ten Tage des Mondes, fing das Waſſer des Vor- mittags um 10 Uhr an etwas abzulaufen; der weſtliche Wind aber ward zu gleicher Zeit ſtärker, und dieſer verzögerte den Ablauf des Waſſer noch bis um 10 Uhr 28 Minuten. Es war ſeit der niedrigſten Ebbe nicht völlig einen Fuß geſtiegen. Den 7ten Nov. oder am 22ten Tage des Mondes, war des Vormittags um 11 Uhr 36 Minuten, bey dieſer Stadt das höchſte Waſſer. Auch dießmal ward die Ebbe durch den Wind verzögert. Das Waſſer war um keinen halben Zoll hö- her geſtiegen als am 6ten. - Den 9ten Nov. und am 24ten Tage nach dem Neumond war das höchſte Waſſer alhier des Nachmittags um 1 Uhr 34 Minuten. In der Nacht vorher war der Mond in das lezte Viertel getreten, das Waſſer ſtund aber eben ſo hoch als am 4ten dieſes Monats. Den 15ten Nov. am Tage des Neumondes war des Vormittags um 11 Uhr 38 Minuten die tiefſte Ebbe oder der Anſang der Fluth. Des Abends um 5 Uhr 33 Minuten war das höchſte Waſſer, oder der Anfang der Ebbe. Das Waſſer war in dieſen 6 Stunden nur 9 Zoll geſtiegen, die niedrigſte Ebbe aber ſchon 8 Zoll höher, als vorher die höchſte Fluth in den Mondesvierteln. Der Wind rührete ſich - faſt Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. 425 faſt gar nicht. Deswegen ſind dieſe Beobachtungen zuverläſſiger als die vor- hergehenden. Den 1ſten Decemb. oder am Tage des Vollmondes war der Wind ziemlich ſtark aus S. S. W., und deswegen, weil das Waſſer hier nur wenig ſteigt, die Zeit der höchſten Fluth etwas ungewiß. Indeſſen ſetze ich ſelbige zwiſchen 5 Uhr 30 und 5 Uhr 45 Minuten. Das Waſſer ſtund 2 Zoll uiedriger als am Tage des Neumondes. - Den 8ten Dec. nemlich an dem Tage, da der Mond in ſein leztes Viertel ge- treten war, fand ich die niedrigſte Ebbe des Abends zu Dsjidda ſo hoch, als die höchſte Fluth im lezten Viertel des vorigen Monats. Die eigentliche Verände- rung in der Höhe des Waſſers, die von der gewöhnlichen Ebbe und Fluth herrüh- ret, war aber von der, welche ich in dem vorigen Monate beobachtet hatte, nicht ver- ſchieden; und dieſe war in der ſenkrechten Höhe niemals ein Fuß. Die Urſache warum die Fluth bey Dsjidda weniger ſteigt, als in den andern Hafen auf dieſer Küſte, iſt vielleicht weil der Meerbuſen in dieſer Gegend breiter, und voller Co- rallenbänke iſt. Und weil die ſüdlichen Winde ſchon gegen das Ende des Novem- bers ziemlich beſtändig waren, ſo ſand ich deswegen das Waſſer am 15. November, am Iſten und 8ten December, höher als vorher. Zu Loheia. 1763 den 3ten Januar und am 20ten Tage des Mondes, war bey dieſer Stadt Nachmittags um 3 Uhr 45 Minuten das höchſte Waſſer. Es veränderte ſich aber ſo langſam, daß man in mehr als einer viertel Stunde keine Zu- oder Ab- nahme ſpüren konnte, und hievon iſt die bemerkte Zeit das Mittel. -- Den 4ten Januar oder am 21ten Tage des Mondes, war des Nachmittags um 4 Uhr 21 Minuten hoch Waſſer. Auch dießmal veränderte es ſich ſehr langſam, - - 6. - - sbb - Den 426 Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. Den 5ten Januar oder am 22ten Tage des Mondes bemerkte ich das höchſte Waſſer des Nachmittags um 5 Uhr 22 Minuten. Heute ſtand die Fluth ohnge- ſehr 2 Zoll höher als an den beyden vohergehenden Tagen, und die Zeit da es we- der merklich geſtiegen noch gefallen, war nicht über 6 Minuten, Den 14ten Januar am Tage der Conjunction des Mondes mit der Sonne, bemerkte ich des Morgens um 7 Uhr 52 Minuten die niedrigſte Ebbe, und des Nachmittags um 1 Uhr 43 Minuten die höchſte Fluth. Bey der lezten Beobach- tung aber bin ich uicht gewiß ob ich nicht bis 8 Minuten Zeit gefehlt habe. Die langſame Veränderung des höchſten oder niedrigſten Waſſers, iſt ver- muthlich den in der Nähe liegenden Inſeln und Meerbuſen zu zuſchreiben. Die veränderte ſenkrechte Höhe der Oberfläche des Waſſers zwiſchen Ebbe und Fluth habe ich zu Loheia nicht genau bemerken können. Ich ſchätze ſelbige auf 3# bis 4 Fuß. Zu Mochha. In dieſer Stadt ging ich am Tage des Neumondes in Auguſt 1763 an das Ufer des Meers, um die Zeit der höchſten Fluth zu bemerken. Eine Unpäßlichkeit aber nöthigte mich um 10 Uhr, als das Waſſer nur ſehr wenig mehr ſtieg, nach Hauſe zu eilen. Ich ſetze alſo, das Waſſer ſeyzn Mochha am Tage des Neu- mondes, des Vormittags um 10 Uhr 30 Minuten oder um 11 Uhr, am höchſten. Ich glaube die Verſchiedenheit der höhe des Waſſers zwiſchen Ebbe und Fluth ſey zu Mochha etwas kleiner als zu Loheia. Dieſes aber iſt nur eine Vermuthung; denn hier hatte ich ebenfalls keine Gelegenheit deswegen genaue Beobachtungen anzu- ſtellen. Man ſiehet aus dem Vorhergehenden, daß Ebbe und Fluth auf dem arabi- ſchen Meerbuſen, nicht nur regelmäßig abwechſeln, ſondern daß die Zeit des höch- ſten und niedrigſten Waſſers auch immer ſpäter eintreffe, je weiter man ſich von Babel Mándebentfernt. Denn zu Mochha war die Fluth am Tage des Neumon- des Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. 427 des des Vormittags ohngefehr um Ir Uhr. Zu Loheia kömt ſie erſt des Nachmit- tags um 1 Uhr 43 Minuten. Zu Dsjidda um 5 Uhr 33 Minuten, und zu Sues am Tage des Vollmondes um 12 Uhr 30 Minuten. Eben dieſes bemerkt man, wie bekannt, nicht nur auf den Küſten an dem Weltmeer, wo der Mond das Waſſer wegen der darzwiſchen liegenden Länder und Inſeln, nicht ſo in Bewe- gung ſetzen kann, als geſchehen würde, wenn die Erdkugel ganz mit Waſſer bedeckt wäre, ſondern auch auf den großen Flüſſen, die mit den Weltmeer eine Verbin- dung haben. Beſonders bey denen welche ſich öſtlich und weſtlich erſtrecken, und alſo der Würkung des Mondes mehr ausgeſetzt ſind. Z. Er. die Mündung der Elbe, bey welcher zur Warnung der Schiffer eine rothe Tonne liegt, iſt 2 Mei- len von Neuwerk, 4 Meilen von Curhafen, 13 Meilen von Stade, und 18 Meilen von Hamburg, und am Tage des Neu- und Vollmondes iſt genau um 6 Uhr das höchſte Waſſer bey der rothen Tonne, zwey Stunden ſpäter zu Curha- fen, vier Stunden ſpäter bey Stade, und ſechs Stunden ſpäter zu Hamburg, d. i. in dieſer kleinen Entfernung von 18 deutſchen Meilen, iſt das Waſſer an einem Orte am höchſten, wenn es an dem andern am niedrigſten iſt. Auf dem Euphrat habe ich bis Ardsje, oder ſo lange dieſer Fluß ſich nicht viel krümmet, ſondern meiſtentheils von W. N. W. nach O. S. O. läuft, alſo über 35 demtſche Meilen weit von dem perſiſchen Meerbuſen, Ebbe und Fluth angetroffen. Monſr. de la Condamine bemerkt in ſeiner Relation d'un Voyage fait dans l'interieur de TAmerique p. 135 , daß er auf dem Amazonen Fluß, den man ſüglich mit dem arabiſchen Meerbuſen vergleichen kann, über 2oo Lieues, von der See, Ebbe und Fluth angetroffen habe, Damit man meine, auf dem arabiſchen Meerbuſen gemachte Beobachtun- gen über Ebbe und Fluth, auf einmal überſehen könne, ſo habe ich ſie nochmals kürzlich alle auf eine Seite ſetzen, und die Polhöhe, und die Zeit des Durchganges des Mondes durch den Mittagscirkel, als nothwendige Stücke für diejenigen, welche darnach Schlüſſe zu machen gedenken, hinzufügen wollen, - H hh 2 Be- 428 Ebbe und Fluth auf dem arabiſchen Meerbuſen. -- Beobachtung der Ebb e und Fluth an dem arabiſchen Meerbuſen in den Jahren 1762 und 1763. Namen Tag des Tºg Durlaang Zeit der Zeit der Perpendi- der Polhöhe. Monats. Ä "Äs höchſten | niedrigſten culäre Höhe Städte. des Merid. Fluth. Ebbe. der Fluth. o /* St. M. St. M. St. M. Sues. 29. 57.Sept. 4. 17 o.2 3.V. 2.45N. 7. o. N. 3# Fuß Sept. 30 1 31 o.3 o. N. I 1.1 s „- * Oetob. I. 1 41 1.1 1.N. 1 1.5 2.V. 6. o. N. 3 Fuß. Octob. 2. 15 1 1.5 3.N. 12. 15.N. 6. 12. V.3 Fuß. Octob. 3. 16 Vollmond. 1 2.3 o.N- 6.3 o. N. 3. Fuß. - Octob.4. 17 o. 34.V. 12.56.N, 6.24.V. 3. Fuß. Hamam | Faraün.?9: 9.Sept. 9. 22 3.56V. 8.2 o.V. Tör. 28. 12. Octob.13. 26 8.34.V. 3.3 o. N. 24. 27. Octob.20. 4 2.42.N. 6. o. N. Dsjidda2 1. 28.Nov. 4. 19 1.42.V. 2. o. N. Nov. 6. 2 1 3.40.V.1 o. o.V. 1 1 Zoll. Nov. 7. 22 4. 39. V. 1 1.36.V. Nee. 9- 24 6.34.V. 1. 34.N. Nov. 15. 1 1 1.33.V. 5. 33.N. 1 1.38.V. 9 Zoll. Dec. 1. 17 Vollmond. 5.3 o. N. Loheia. 15. 42.Jan. 3. 2 o 2.5 5.V. 3.45.N. Ian. 4. 2 1 3.49V. 4.2 1 N. Jan. 5. 2 2 4.36.V. 5.22.N. Jan. 14. 1 o. 16.N. 1.43.N. 7.5 2.V. 4 Fuß. Mochha 1 3. 19. Aug. 9. 1 o. 1 o. N. 11. o.V. 3# Fuß. S- B) - - Be- - - – – – - - - – "-- -- - T----- –STEIG-SZÄ---- 43 I e-eSSS IIIS 2EEEDECD--EISSIFsz SEEESSEED- SIS IIIES <EBEESELDie-s Beobachtungen über die Abweichung der Magnetnadel vermittelſt eines von dem Herrn Bird, in London, verfertigten Compaſſes. S Fm Jahre 1761 und im Monate May, ſezte ich meinen Compaß zu Marſeille an eine von den daſigen Aſtronomen in dem Collegio der Jeſuiten genau verfer- tigte Mittagslinie, und fand die Abweichung der Magnetnadel daſelbſt 18 Grad nach Weſten. In eben demſelben Jahre bemerkte ich zu Alexandrien genau um 12 Uhr den Schatten von einer hohen und ſtarken Flagſtange, welche auf der Terraſſe des Hauſes des Raguſiſchen Conſuls aufgerichtet war, und fand die Abweichung der Magnetnadel daſelbſt: - Am 1ſten October - - - - - II Grad 5 Minuten. Am 2ten Oetober - - - - - II Grad o - - Am 3ten und 6ten October - 11 Grad 8 Minuten. Alſo war die Abweichung der Magnetnadel zu Alexandrien im October 1761 11 Grad 4 Minuten nach Weſten. Zu Kähira hing ich ein Gewicht an eine ſtarke Darmſäite, und bemerkte am 4ten December 176r des Mittags genau um 12 Uhr, den Schatten derſel- ben. An dieſer Mittagslinie ſtellete ich meinen Compas, und fand die Abwei- chung der Magnetnadel 12 Grad 25 Minuten nach Weſten. Die Darmſäite aber ward etwas vom Winde bewegt, und deswegen iſt dieſe Beobachtung nicht voll- kommen zuverläſſig. H hh 3 Am 43O Abweichung der Magnetnadel. Am 15ten Januar 1762 bemerkte ich nach eben der Art bey ganz ſtillen. Wetter, und alſo mit mehrerer Genauigkeit, die Mittagslinie, und fand die Ab- weichung der Magnetnadel auf dem Compaß II Grad 49 Minuten weſtlich. 1763 den 6ten März machte ich zu Beitelfakih auf eben die Art wie zu Kä- hira eine Mittagslinie, und fand die Abweichung der Magnetnadel 11 Grad 5a Minuten weſtlich. Beobachtung der Abweichung der Magnetnadel vermittelſt eines ordinären Seecompaſſes. 1762am 16ten October war des Abends beySonnen Untergange auf dem ara- biſchen Meerbuſen ohngefehr unter der Polhohe 25. 54 die Abweichung der Mag- netnadel 12 Grad 45 Minuten nach Weſten. - Am 21ten October fand ich ſelbige bey Sonnen Untergange unter 24. 15 Polhöhe, 12. 50 weſtlich. Am 28ten October bey Sonnen Untergange war ſelbige ohngefehr unter der Polhöhe 2“. 40 nach meiner Beobachtung, 12“. 38 nach Weſten. Den 29ten October fand ich ſie auf der Rehde von Dsjidda unter der Pol- höhe 21“. 28 gleichfals 12. 38 weſtlich. - Auf meiner Reiſe von Mochha nach Indien wurde ich durch Krankheit und andere Umſtände verhindert einige Beobachtungen über die Abweichung der Magnetnadel zu machen. Ich erhielt aber von einem Freunde zu Bombay eine Ta- belle, aus welcher man ſelbige genauer ſieht, als mir das Wetter erlaubt haben würde ſie zu beobachten, wenn ich auch ſonſt keine Verhinderung gehabt hätte. Und da dieſe Beobachtungen nüzlich ſeyn können; ſo will ich, ſie hier mit einrücken, A6- Abweichung der Magnetnadel. 43 I Abweichung der Magnetnadel zwiſchen St. John auf der Malabar Küſte, und dem Vorgebürge Guardafoy. Nach den Beobachtungen mit 2 Azimutal Compaſſen, auf einer Reiſe von Surat nach Mochha im Jahr 1753, auf dem Schiffe der Proteetor, welches von Fr. Cheyne commandiret ward. f 5? Polhöhe. Merid. Diſtanz. Abweichung der Abweichung der von St. John. | Magnetnadel I. l Magnetnadel II. 16° 7^ 5° 36^ 2“ 54 2 45% 15“ 8^ 6“ 26^ 3° 1 1^ 14“ 36^ 7° 6^ 3“ 11 3 2 o^ 13“ 4o^ 7° 55 4 26% 12 59% 9 14/ 4 36 4 oo 1 1“ 5 1 1o“ 16% 5“ 1 1^ 4 33 11“ 2 1 o“ 46^ 5“ o 1 o 39% 1 1 1 1 6“ 1 1 5“ 27^ 1o“ 24 1 1“ 19% 6° 1^ 6° 6 1 o* 7^ 1 1“ 44 6° 17^ 5“ 38 9“ 55 1 3 38% 6“ 35 6“ 1 1 9“ 41 14 5 7“ 28 7“ 2 8% 9“ 54 | 15“ 29% 8“ 4? 7° 5 o^ 1 o“ 44 | 17“ 19? 9“ 6^ 8 44 1 o“ 4o^ | 1 8“ 38% 9“ 3 o^ 9“ 2 3 Ä S- =-2) G -S) F- Druckfehler. - Seite 14, Zeile 7 iſt anſtatt Sehech, Schech zu ſezen, - 24 2 I reiſen, zu reiſen. - 25 23 Banianen, Banianin. 63 13 Ländern, Bädern. 85 I 4 Cjna, WEjna. ebend. 15 AExjl, Chaejl. _ 1 c6 II e--- --4. - I 53 I6 Betloheme, Betlehent. " 17o 28 Schiebein, Schienbein. 172 27 Adrovandus, Aldrovandus. .. 176 17 Morian, MTarion. 183 21 ſchreibe man anſtatt, in der Moſque verrichtet vor der- ſelben ſtellet, in Geſellſchaft mit andern verrichtet, vor denſelben ſtellet. 223 18 iſt anſtatt Maſa, U17uſa zu ſetzen. - 243 3 OD2 ON2 248 9 Hodlieda, 9 odeida. 249 24 -0 Q. DSF-" 26° 8 UxX -0- Jº_ 0--> 261 27 Beni Uſchech, Beni Uſcheſch. 262 29 Keubbet, ZRubbet - 263 26 Und oder vielleicht. - 345 I4 dieſer Feinde, die Feinde. * - 393 - 6 von dieſe von ihnen- - - 418 IO und zulezt, und davon. Der Name 0 54 welchen ich UNIetwkkel geſchrieben habe, wird beſſer aus- geſprochen werden können, wenn man ihn U7etwokkel ſchreibt. Einige andere kleine Druck- fehler habe ich hier nicht anführen wollen, da ſie einem jeden Leſer ſelbſt in die Augen fallen werden. - Die Worte Martin ſcripſ auf der Charte von Jemen, bedeuten daß Martin die Schrift geſtochen, und nicht daß er die Charte gezeichnet habe, wie in einer deutſchen gelehrten Zeitung angezeigt worden. Kotirnbe/ . . . » Jehäé e/ Kh Dyerän. - - - Elyorab... .. Lohea . . . . . Wand. Da// . . . . . - „Mö//ak - - - - Beit e/ Fak/ A- - ------------ - A Gartnernte . . . ÄTEE 2-2-2 R. - / 77 a .z Z be v" -------------- ...“ K./. Hura . A ... B . . . . d +-e Sº Iemen Ala NÄRTY Hººij „Io 97 -/../.. %. ", - "“--...., - + T-IB-1 - A E. /ct ºn : - . . zz. ( O - % / ...v - 1 : prº -- Z. Ä A. Kº Yue/ " sº «./ 11 .. . – „ſ - * D., a. 7. / - - : w- i AAs “Yº“ . . . . . c" z, Ärz. . \ - - -- '' - s " - ; M . os D mit <O . . . - F . » . . s: " Manſora 70 % - Gala 2 : – "Q - - - , - - - –: "- Ber: / ... / c, 7 - -. - - - - - - 22," luk.ra –-T - f, (- w- - - - K.. .. (2: - / sº “-r-Ä. Lahadſ - – 1 D e N A/ Vok«. ºw Fºx '**: “ : " - R/ CU al ///a/a vºn Har.ran - 1.--. ...“----------- E Oracra 13. T> < » Longt > L sº – T TT- *. Ä5 - - 2 : 39.” a Merial -- mm- ----- ---- - - DE//r/ Jºup.r. Ia/har – II. - - - eſ prº - * - - - - -- - - - - - - - * , - - -, - a - - - - / - - --- Ös N - FT +Z1602563Fi