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K K H O F B | B L | O T H E K
OSTERR NATIONAL BIBLIOTHEK
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O. F. v. Richter
Wallfahrten im Morgenlande.
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- & A- -4-4-24. A- -
Otto Friedrichs von Richter
Wallfahrten im Morgenlande.
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Aus feinen
Tagebüchern und Briefen dargestellt
Johann Philipp Gustav Ewers,
Ruff. K. Gtaatsrath, Ritter des Ordens der H. Anna zweiter Claffe,
ordentl. Professor an der Universität Dorpat 1c. -
M i t K. u p f e r n.
........................... • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
B. e r | i m, 1 822,
in G. R. e im e r ' s V e r | a g e.
A
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Vorwort des Herausgebers.
D„ Jüngling, von dessen Wallfahrten im Morgenlande
das vorliegende Buch Nachricht gibt, war der zweite Sohn
des Livländischen Landraths Otto Magnus von Richter,
mund am 6. August 1792 auf dem Landsitze Neu-Kusthof
bei Dorpat geboren. Hier, und später auf dem nahen,
schönern Waimel, verlebte er die Knaben - Jahre in
Schooße der edelsten Häuslichkeit, die, mit einer selte-
nen Harmonie aller Theilnehmer, dem Genuffe reichlicher
Glücksgüter Anmuth und Würde lieh. Ein älterer Bru-
der und ein gleich alter Vetter nebst dessen Schwester bil-
deten den Kreis der Gespielen, welchem der Herausgeber
als Lehrer beigesellt ward (1803). Unter Leitig des letz- -
teren entwickelte sich bei Otto von Richter früh die nie wie-
der erlöschende Liebe zum clafischen Alterthume. Dieses
und ethnographische Studien beschäftigten ihn vorzugs-
v1
weise, so bald er die Griechische und Lateinische Sprache
verstand; auch in Moskau, wohin er sich (Sommer 1808),
nach des Vaters Willen, mit Bruder, Vetter und Lehrer
begeben mußte, um vor der Reise in das Ausland das ei-
gentliche Rußland kennen zu lernen. Er nutzte den jähri-
gen Aufenthalt daselbst zur Erlangung einiger Kenntniß
der Neugriechischen Sprache, und ging dann (Herbst 1809),
feinen bisherigen Lehrer, aber nicht die beiden anderen Ge-
noffen verlaffend, nach Heidelberg. Hier konnte er die lange
gehegte Neigung zu den orientalischen Gprachen einiger
Maaßen befriedigen: Herr Professor Wilcken lehrte ihn die
Anfangsgründe der Persischen und Arabischen. Eine flüch-
tige Reise durch die Schweiz und einen Theil Italien's unter-
brach seinen Fleiß, der aber bald in den Schätzen der K.
Bibliothek zu Wien unerschöpfliche Nahrung fand. Sie
lockten ihn (1812) dorthin, wo Herr Hofrath von Hammer
dem wißbegierigen Schüler eine besondere Aufmerksamkeit
schenkte, und der Umgang mit dem Herrn Legationsrathe
Friedrich Schlegel auf seine allgemeine wissenschaftliche
Bildung großen Einfluß äußerte.
Während des Sommers 1813 kehrte er durch Böh-
men, Schlesien und Polen in die Heimath zurück; weilte
aber nur bis zum Sommer des folgenden Jahres, da er
schon über Odessa nach Konstantinopel abging, im Schei-
VII
den dem Herausgeber die brennende Begierde vertrauend,
den Orient durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Er
wollte dort practisch neue Lebens-Ansichten fammeln, da die
in Europa geltenden ihm eben so langweilig, als einseitig
schienen. In der Osmanischen Hauptstadt verband er das
Studium der herrschenden Sprache mit der Fortsetzung des
Persischen und Arabischen unter Anweisung eines Mullah.
Im gastfreien Hause des Schwedischen Gesandten, Herrn Rit-
ters Palin, lernte er Herrn Sven Lidman ken nen, der die Stel-
le eines Gesandtschafts-Secretaires bekleidete, und schloß mit
ihm den Bund inniger Freundschaft. Sie vereinigten sich
zu einer Reise nach Aegypten, die beide, von einem viel-
gewanderten Armenischen Diener, Kirkor (Gregor), be-
gleitet, am 30. März 1815, auf einem Griechischen Schiffe
antraten, Lesbos und Rhodus besuchten, und am 12. April
bei Alexandrien landeten.
Mit allen erforderlichen amtlichen Papieren und meh-
reren Privat-Empfehlungen an Mehmed Ali Pascha ausge-
stattet, fanden sie nicht das geringste Hinderniß, dieß
wundervolle Land zu bereisen, ja, noch darüber hinaus,
bis Jbrim in Nubien, vorzudringen, nicht ohne wissen-
schaftliche Ausbeute, zu welcher vorzüglich die Zeichnung
und Beschreibung der wenig gekannten Tempel von Scheich
Saad, Garb Sabaa, Uffeddin, Dekeh, Garb Girscheh,
vIII
Garb Dendur, Kalaptfcheh und Debad gehörten, die für
Richter ein besonderes Interesse haben mußten, da er die
Hoffnung nährte, fiel einst mit den Wundern der alten
Baukunft Persien's, vielleicht Indien's, zu vergleichen.
Auf einem Arabischen Schiffe verließen die Reisenden
Aegypten am 20. August 1815, und landeten nach drei Ta-
gen bei Jaffa, von wo aus beide die Reise antraten, die in
diesem Buche wortkarg beschrieben ist, welche Richter aber
meist allein fortsetzte, da der Freund schon am 14. Sep-
tember nach Konstantinopel abgerufen wurde; und auch
Er follte sie nicht vollenden. Den einsamen Wallfahrer er-
eilte in den Gefilden Myfien's eine tödtliche Krankheit, als
er dem Zeitpuncte nahe war, der ihn Herrn Lidman wie-
der zuführen sollte. Sie hatten einander nach Rom be-
fchieden, wo sie die Resultate ihrer Aegyptisch-Nubischen
Reise für das Publicum ordnen wollten. Darauf dachte
Richter nach Paris zu gehen, um literarische Pläne auszu-
führen: u. A. eine Ueberfetzung des Antar, und eine an den
Denkmaalen der Kunst entwickelte Geschichte der Verbrei-
tung religiöser Ideen aus Aegypten nach Syrien. Dieß
meldete er, in der Hoffnung, seine Aeltern bald auf Ita-
lischem Boden zu begrüßen, dem Vater, aus Konstanti-
nopel, im Frühlinge, 1816, von wo er sich wieder nach
Klein-Asien wandte, und die Seinigen öfter mit Nachrich-
IX
ten erfreute. Der Mutter schilderte er „das Gefild", wo
Troja einst war“, in einem Briefe von 7 Julius 1816 aus
Smyrna, schließlich die Genüffe seiner bisherigen Wall-
fahrten preisend, mit den Worten: „Selbst die Beschwer-
den erhöhen die Annehmlichkeit der Erinnerung, wenn fie
überstanden sind. Noch trage ich an meinem Körper die
Brandmaale der Nubischen Sonne, und es macht mir im-
mer neue Freunde, sie anzusehen. Wie vielen Stoff zu nütz-
lichen Arbeiten habe ich gesammelt, der uns, will's Gott,
zusammen manche frohe Stunde machen soll. Ja gewiß,
die jüngst verfloffenen beiden Pilger-Jahre find in jeder
Beziehung so gehaltvoll für mich, daß ich sie nicht um
Dutzende eines ruhigen Alltagslebens vertauschen möchte.
Wenigen ward es vom Glücke beschieden, wie mir, so
lange in der Ideen-Welt und für die Phantasie zu leben,
und den Genuß der herrlichsten Naturwunder damit zu
verbinden. Und das Alles verdanke ich dem Vater, ind
Dir, meine liebe Mutter!“ Es war sein letzter Brief \
Vor dessen Ankunft verlautete in Livland, daß der
Allerhöchste Wille Sr. Majestät des Kaisers eine Gesandt-
schaft nach Persien bestimmte, an deren Spitze der Herr
General Jermolov stehe. Der Herausgeber, erwägend,
wie sehr willkommen es Richtern sein müsse, als Mitglied -
unter ihrem Schutze Farfistan und Iran möglichst weit zu
X
durchforschen, wagte, ohne einige Rücksprache mit dem
Entfernten (welche die Eile nicht gestattete,) dem Herrn
Reichs - Kanzler, Grafen Rumjanzov, solchen Gedanken
mitzutheilen, und den Wunsch: er möge ihn verwirkli-
chen. Mit dem lebhaften Intereffe, welches er an Allem
nimmt, was die Wissenschaft fördern kann, faßte dieser
ihn auf, und unterlegte dem Monarchen die Bitte, den Rei-
fenden bei jener Gesandtschaft so anzustellen, daß er nöthige
Muße zu wissenschaftlichen Untersuchungen behalte. Mehr
als sich billig hoffen ließ, geschah: Alexander genehmigte
es huldreichst, Otto von Richter zum Collegien-Affeffor er-
nennend, mit dem Befehle, ihn etatmäßig zu befolden,
überall seine wissenschaftliche Thätigkeit möglichst zu be-
günstigen, ohne ihm amtliche Geschäfte aufzulegen. Die
Depesche des Ministers, welche diese ehrenvolle Be-
stimmung enthielt, fand den Jüngling auf seinem Ster-
bebette in Smyrna. Mit Dank gegen den Kaiser äußerte
er noch die Bereitwilligkeit, den Weg nach Teheran anzu-
treten, sobald sein Gesundheitszustand es erlaube. Aber
die Vorsehung hatte es anders beschloffen: er starb am
13. August. Seine Asche ruht auf dem Fränkischen Gottes-
acker unter einem weißem Marmor, durch Inschrift kenntlich.
Sein Nachlaß von orientalischen Büchern, Handschrift
ken und Kunstsachen, auf Kosten des Kaiserlichen Cabinets
XI
aus Konstantinopel nach Dorpat gebracht, ist den Samm-
lungen der hiesigen Universität einverleibt. Der folgende Auf-
fatz des Herrn Professors Morgenstern, S. 599 u.f, gibt dar-
über zum Theil Auskunft, zum Theil vorläufige Nachricht.
Die oben erwähnten Resultate der Aegyptify-Nubischen
Reise wird Herr Lidman, jetzt Profes in Linköping, be-
kannt machen. Was hier über Syrie, Cypern und Klein-
Asien erscheint, hat der Herausgeber aus des Verstorbenen
Tagebüchern und Briefen in das Vaterhaus fast wörtlich
zusammen gestellt, jede Erweiterung aus anderen Quellen
verschmähend, mit Ausnahme Palästina's, wo ausdrück-
lich auf einige Notizen in Chateaubriand's Itinéraire
de Paris à Jérusalem (Paris, 18, 1,) verwiesen war.
Die Wahrheit der Nachrichten ist auch nirgend dem Style
geopfert; also ganz unverfälscht geblieben. Ueber ihren
Werth für die Länder- und Völker-Kunde mögen. Andere
- richten. Er würde freilich ungleich bedeutender ausgefal-
len seyn, hätte ihr geistreicher Urheber selbst. Alles zur öf-
fentlichen Mittheilung gestalten können, was nur zur eige-
nen Erinnerung im Umriffe aufgemerkt ward. Aber auch
das Unvollkommene schien die Bekanntmachung wenigstens
in dem kleinen Kreise der Gelehrten vom Fach (es sind nur
vierhundert Exemplare des Abdruckes dem Buchhandel be-
stimmt,) zu fordern, -
XII
Die hinzugefügten Inschriften, S. 553 u. f., hät-
ten wohl einer strengeren Auswahl unterworfen werden
sollen; aber dazu gebrach es dem Herausgeber an Hülfs-
mitteln, und noch mehr an Zeit. Alle nahmen auch so ge-
ringen Raum ein, daß er lieber ihrer zu viel, als zu wenig
geben mochte, und daß er daran nicht übel gethan hat,
erhellt schon aus Herrn Professor Morgenstern's Bemer-
kungen, S. 625 u. f.
Die radierten Kupferblätter sind nach flüchtigen Skiz-
zen von einem befreundeten Dilettanten der Kunst, die
übrigen von dem Lehrer derselben an der hiesigen Univer-
sität, Herrn Professor Senff, geliefert.
Dorpat, am 19. Julius, 1822.
G 11 ft a v E w e r s.
IXIII
7
Ueberschriften der Abschnitte.
I. Barr el Scham. (Syrien) 1815, 1816.
. Von Alexandrien nach Jaffa. Seite 3
Ueber Jaffa (Joppe) und Ramleh nach El Kods (Jerusalem).
S. 1o.
Die Kirche des heiligen Grabes. S. 17.
Der Leidensweg. Andere heilige Orte. Lage der Armenischen,
Griechischen und Lateinischen Geistlichkeit. S. 25.
Sion. Kaifas Haus, David's-Palast und Grab. Paffah-
Saal. Siloé. Die Thäler Ben Hinnon und Josaphat. Oehl-
berg. Grotte der Apostel. Capelle der Auferstehung. S. 3o.
Johannes-Wüste. Grab der Elisabeth. Bethlehem. Kirche zur
Geburt Christi. S. 36.
. Dshes manije (Gethsemane). Maria’s Grab. Königs-Gräber.
Moschee Es Sachra. Zustand Jerusalem's. Pilger-Zeugniß.
S. 43.
ueber Rama (Arimathia), Bir und Nablus (Sichem) nach
Nasra. S. 53.
XIV
9. Nasra (Nazareth). Kana. Der Segensberg. Taberia (Tibe-
rias). Thabor. Berg des Abgrundes. Joseph's, Jakob's und
Maria’s Wohnung. S. 58.
1o. Ueber Chaifa (Porphyreon) und den Berg Karmel nach Aka.
S. 64.
11. Von Aka (Ptolemais, St. Johann von Akra) über Sur (Ty-
rus), Saida (Sidon), Beirut (Berytus) und den Libanon
nach Baalbek. S. 67.
12. Baalbek (Heliopolis). S. 81.
13. Beirut. Suk. Kloster Mar Hanna St. Johannes) in Libanon.
S. 92.
14. Klos.: Mar Seman (St. Simon). Kalaat Fakra. Milch- und
Honig-Fluß. S. 1oo.
15. Afka (Aphaca). Der Cedern-Wald. Kloster Kascheia. Tripoli.
S. 1o6.
16. Vorgebirge Caruge (Bel Monte). Botrun (Botrys). Colle-
gium Mar Seman. Kloster Hariffa. Beirut. S. 116.
17. Thal des Damur. Deir el Kamar. Dorf und Kloster Masch-
masch. Fakhreddin's Höhle. S. 125.
18. El B kaa (Coele - Syria). El Scham oder Damaschk (Damas-
cus). S. 135.
19. Der Pesid. Dumar. Fidsheh. Damafhk. S. 154.
2o. Kuddem. Kisweh. Ben Mun. Salamen. S. 161.
21. Adra (Edrata). Schechmeskin. Meserib. Gafaleh. S. 172.
22. Bosra (Karnaim Astaroth, Bofra). S. 181.
Xy
2.
Z
-
Ueber Damashk, Malaleh, Jabrada, Nebk, Kara und Has,
fieh nach Homs. S. 191.
Von Homs (Emea) durch die Wüste nach Tadmor. S. 2O5.
Tadmor (Palmyra). S. 216.
- Ueber Homs, Restan (Arethusa), Hamah (Epiphania), Maa-
27.
28.
30
31.
32.
rat an Moman (Arra) und Selmen (Salamias oder Salami-
nias) nach Haleb. S. 226.
Haleb (Beröa). S. 240.
Ueber Taaffeh und das St. Simeons-Kloster (Kalaat Semaan)
nach Antakia. S. 267.
Von Antakia (Antiochien) nach Latakieh. S. agr.
Latakieh (Laodicea). Ueberfahrt nach Kibris. S. 291.
II. Kibris. (Cypern) 1816.
Famagusta (Arsinoe) und Larnaka. S. zor.
Nikosia. Das St. Chrysostomus-Kloster. S. Zr 1.
Ueber Bufavento, Chytria, Timbos und Larnaka nach Ka-
raman. S. 32o.
III. Anadoli. (Klein-Asien) 136
Alaja (Phaelis). S. 329.
- Ueber Saberlar, Ilwat, Karas und Kirli nach Bei Schehri.
S. 343.
- Ueber Kerclu, Karaagatsch, Jenitschekoi, Egbirdir, Isbarteh
CPhilomelium) und Sunduky nach Kiutahia (Cotyäum).
S. 354.
XVI
37. Ueber Segut (Synaus), Jsnik (Nicäa) und Escodar oder
Skutari (Chrysopolis) nach Istambol. S. 374.
38. Istambol (Konstantinopel). S. 384. -
39. Ueber Modania (Apamea) und Bruja (Prufa) zum Anadoli
Dagh (Olympus Mysius). S. 396. -
40. Abülliont (Apollonia). Muhallitsch. Panorma (Pantormus).
Mamun - Kaleffi (Cyzicus). Erdckkoi (Artace). S. 41o.
41. Muffatscheh. Karaboa (Priapus). Kemer (Parium). Galli-
poli. Dardanellen (Hellespontus). S. 423.
- - 42. Imbro (Imbros). Samothraki (Samothrace). Der Athos.
Stalimene (Lemnos). S. 437.
- 43. Ueber die Dardanellen nach Bunarbaschi Ilion), Eski Stam-
bol (Alexandria Troas) und Beiram. S. 456.
44. Beiram (Affus). S. 465.
45. Ueber die Dardanellen nach Metelino (Lesbos). S. 472.
46. Ajasmat (Atarnea). Pergamo (Pergamum). S. 485.
47. Ismir (Smyrna). S. 495.
48. Maniffa (Magnefia am Sipylus). Akhiffar (Pelopia, Thha-
tira). Sart (Sardes.) Allahschehr (Philadelphia). S. 505.
- 49. Dengisli. Eskihiffar (Laodicea am Lycus). Pambuk Kaleff
- (Hierapolis). S. 517.
50. Keirch (Aphrodisias). Nasli (Nyffa). Güselhiffar (Magnesia
am Mäander). S. 530.
51. Jenibola (Neapolis). Eskihiffar (Stratonicea). Millaß (My-
lasa). Affem Kaleffi (Jaffus). Demir Kaleffi. Arabihiffar
(Pedalus). S. 539.
TV II
Infchriften. S. 553–596.
I. Aus Beirut.
II. III. Aus Kalaat Fakra.
IV – VII. Aus Salamen.
VIII –XIII. Aus Aldra.
XIV–XXI. Aus Bosra.
XXII. Aus Latakieh.
XXIII. XXIV. Aus Nikosia.
XXV. Aus Chytria.
XXVI. XXVII. Aus Larnaka,
XXVIII. Aus Karas.
XXIX. Aus Jalowatsch,
XXX. Aus Jenitschekoi.
XXXI. Aus Panorma.
XXXII. Aus Gallipoli.
XXXIII. Aus Halilclikoi.
XXXIV. Aus Tschiplak.
XXXV. Aus Bunarbaschi.
XXXVI. Aus Beiram.
XXXVII. Aus Metelino.
XXXVIII –XL und XLII. Aus Akhiffar.
XLI. Aus Allahschehr.
XLIII. Aus Sart.
XLIV. Aus Eskihiffar.
XLV. Aus Pambuk Kaleff.
XLVI –XLVIII. Aus Keireh.
Beilagen :
I. C. Morgensterni Recensio xxx numorum veterum Graecorum
argenteorum. S. 599.
XVIII
II. Ueber die Richterische Sammlung für Literatur und Kunst,
und über einige alte Inschriften. Schreiben an den Her-
ausgeber von Karl Morgenstern. S. 612,
III. Moritz von Engelhardt zur Kenntniß der Felsbeschaffenheit
Syrien's und Klein-Asiens. S. 681,
Verbesserung der Druckfehler. S. 698.
Namen-Register. S. 699.
Kupfer:
1. Das Bildniß des Reisenden.
2, Tempel zu Galamen.
Z, Theater in Echloffe zu Bosra.
4. Grundriß der Reste des Theaters zu Bosra.
5. Reste des Thrones der Jüdischen Prinzessinn in Bosra. -
6. Detail der Säulen - Ordnung des Thrones der Jüdischen Prinzessinn zu
Bosra.
7. Hafen von Latakich, sonst Laodjcea ad Nare.
8. St. Chrysostomus Kloster auf Cypern.
9. Bufavento oder Rianeh auf Cypern.
10 Mann um Kneffi, bei Cryzirus,
11. Ruinen einer Wafferleitung bei Parium, (jetzt Kemer oder Kanarir.)
12. Kafro auf Samothrace.
13. Kloster Lawra auf dem Athos.
14. Lemnos.
15. Hierapolis, (jetzt Panbuk Kaleffi.)
16. Affen Kaleffi, sonst Jaffus.
4 - 4 - 444 - - - - - - -
B5 a
r
( S y r i e
-
1815, 1816.
S ch a m.
n. )
Von Alexandrien nach Jaffa.
– – – – Der treffliche Schwedische Consul
in Kairo, Herr Bockty, widerrieth uns, wegen der ange:
kündigten Truppen, Märsche, das Delta zu bereisen, wie
wir uns vorgenommen. Wir wünschten daher, uns mög:
lichst schnell nach Palästina einzuschiffen, und er miethete
uns um sechzig Piafter die Cajüte einer großen Barke, Masch
genannt, die mit Bohnen, für Rechnung des Pascha, belas
den, nach Damiat ging. Am 11. August. Nachmittags luden
wir unser Gepäck auf ein Kameel, und wir felbst, unter
dem Schutz des treuen Puffuf (wie unfer Janitschar, Ibra:
him, sich hier nennen ließ) und zweier Soldaten, begaben
uns auf Eseln nach Bulak, wohin wir ohne Unfall und ohne
ein böses Wort zu hören gelangten. -
Wir fanden aber das Fahrzeug mit Menschen ange:
füllt, deren Gesellschaft für uns wenig Einladendes hatte;
außer Türkischen und Griechischen Kaufleuten und einem
4
Soldaten des Pascha eine Unzahl armer Megrabinen, die
durch Schmutz und Ungeziefer fehr zur Last fielen. Die Ca:
jüte bestand aus zwei Zimmern. Das vordere, zum Theilmit
Bohnen angefüllt, überließen wir unserm Armenischen Bes
dienten, Kirkor, (Gregor) mit dem Gepäck; in dem hintern
nahmen wir selbst Platz, bis uns Hitze und Ungeziefer vertrie,
ben. Da flüchteten wir auf das Verdeck, welches einen beffern
Aufenthalt gewährt hätte, wäre die unsaubere Nachbarschaft
nicht gewesen, die uns zwiefach bedauern ließ, daß wegen
des Ramadhan Festes die Schiffer mit der Abfahrt bis ge:
gen Sonnen Untergang zögerten.
Noch ein Mahl genoß ich recht die Schönheit dieses
Landes. Bulak mit seinen glänzenden Häusern und zahlt
losen Masten, die Ufer des Nils, die er jetzt ganz anfüllte,
erhoben sich wie lachende Inseln aus dem Waffer, und die
große Pyramide schillerte im Abendroth mit den seltsamsten
Farben. Der Wind war günstig und mit vollen Segeln
wogte das Schiff den fegenvollen Strom entlang, der schon
an mehreren Stellen fein Bett überschritt. Auf beiden Seit
ten dehnte sich eine grüne Fläche unübersehbar aus, durch
schnitten von zahllosen Dörfern mit glänzenden Kuppeln und
Minarets, von Canälen im Schatten dichter Baumgänge,
von Palmenwäldern und Gruppen majestätischer Sykomo,
ren. Ueberall glänzte das Bild des Reichthums und der
Fruchtbarkeit, zu welchem nur der Mensch nicht paßt, der
hier traurig unter den Schätzen der Erde wandelt, ohne ihr
rer genießen zu können.
5
Sonntags, den 13. August, am Abende erreichten wir
Damiat, und wurden im gastfreien Hause des Schwedisch-
Preußischen Agenten, Herrn Basilius Fachr, gut aufgenom:
men. Die Stadt bildet einen schönen Halbmond am Ufer
des Nils, der mit den nahen Minarets, die wegen des Rat
madhan erleuchtet waren, einen herrlichen Anblick gewährte.
Gegenüber liegt das ewig grüne Delta, und auf der andern
Seite kränzt den heitern Ort ein unabsehbarer Garten, von
Canälen durchschnitten, in der üppigsten Fülle prangend.
Ich glaubte mich unter einen andern Himmelsstrich versetzt,
so verschieden ist die leichte frische Luft, die man hier ath,
met, von der Backofen - Atmosphäre Kairo's und Ober-
Aegyptens.
Leider erfuhren wir von Herrn Fachr, daß wir den
beschloffenen Abstecher nach San und dem See Mensaleh auf
geben müßten, weil wegen des Aufstandes *) man keine
*) Ueber diesen Aufstand gab der Reisende in einem Schrei-
ben aus Damiat vom 14. August 1815 folgende Nachricht: „Am
4. August brach (in Kairo ) plötzlich eine Revolution gegen die
Regierung aus. Die Arnauten, welche die Infanterie des Pa-
scha bilden, bewiefen ihm ihre Unzufriedenheit mit feinem Plane,
Europäische Waffenübung und Disciplin unter ihnen einzufüh-
ren, dadurch, daß sie fein Haus angriffen. Er hatte sich aber
weislich in's Schloß zurück gezogen, und die Rebellen wurden
geschlagen. Nun zerstreuten sie sich in der Stadt, deren Buden,
Magazine und Kaufhöfe sie methodisch und ruhig ausplünder-
ten, da sie von Seiten der erbärmlichen Bewohner keinen Wi-
derstand fanden, und die Truppen, welche der Pascha ausfand,
te, um Ordnung zu stiften, ihre Häupter im Stich ließen, um
gleichfalls an der Plünderung Theil zu nehmen. Dieses Unwe
- -
O
Mittel habe, die dort haufenden Araber in Ordnung zu halt
ten. Wir bedungen daher gleich unsere Ueberfahrt auf einem
meist mit Reis beladenen Schiffe nach Jaffa. Sie ko;
stete vier Venetianische Zecchinen und das Versprechen, in
Jaffa zu fagen, wir hätten nur vierzig Piafter bezahlt. Das
gegen machte sich der Schiffer anheischig, schon am 15. Au,
gut nach dem Bogas (Nil: Mündung) abzufahren, wo wir
ihn am Morgen des folgenden Tages einhohlen sollten, um
alsbald unter Segel zu gehen. Aber widrige Winde hielten
uns bis zum 20. zurück, während welcher Zeit sich die Reife
Gesellschaft durch einen Laien Bruder, Fra Geminiano,
fen dauerte etwa zwei Tage. Nebst mehreren andern Stadtthei-
Ien hatte auch das Quartier der Franken, wo wir uns befan-
den, feine Thore geschloffen, und sich bestmöglichst in Vertheit
digungsstand gesetzt, welches nicht schwer war, da die Räuber
ohne Anführer, und daher ohne Plan und Einheit in ihren An-
griffen waren, die sie jedoch acht Tage hinter einander fast jede
Nacht, und besonders gegen das Franken - Quartier wiederhohl-
ten. Man bat den Pascha un Hülfe; er konnte aber nichts ge-
ben, als Schießpulver, und machte einen Alga für die Eicher-
heit des Quartiers verantwortlich, wiewohl es gerade dieser Aga
war, defen Soldaten alle Nächte die Franken mit Leitern und
Flinten - Schüßen anfielen. Ich neiß nicht, was am Ende aus
den armen Europäern geworden wäre, ohne die Thätigkeit des
Schwedischen Consuls Bockt), der einige sechzig Flinten aus
theilte, und selbst alle Runden, Wachen und Patrouillen ord-
nete. Diese Wachsamkeit hielt die Räuber in Respect. Indes
fen capitulierte der Pascha , gewährte ihnen Verzeihung, wenn
fie das Geraubte ausliefern wollten, und versprach der Stadt,
das Fehlende zu ersetzen, sie mit einer treuen Reiterei unge-
bend, damit Niemand das Geraubte in Gicherheit bringen könne.
Da die Rebellen noch obendrein fast all ihr Pulver verbraucht,
mußten sie wohl nachgeben. Aber man traute den Frieden nicht,
fürchtete vielmehr für die Ruhe von ganz Unter-Aegypten.“
7
mehrte, der eben mit dem Französischen Dragoman, Herrn
Rostand, aus Alexandrien kam, und nach Jerusalem reifen
wollte, wo er zu Hause war. Er, ein geborner Luccheser,
hatte in seiner Jugend für gut befunden, die Schuster-Werk
statt mit der Kloster Zelle zu vertauschen, ohne jedoch dem
Leisten gänzlich zu entsagen. Vielmehr liebte er diesen, nach
der Branntweinsflasche, am meisten, wenn er ihn auch nicht
eben so eifrig handhaben mochte. Uns war er willkommen,
als Begleiter in das Land unserer Wallfahrt.
Der Russische Agent, Herr Georg Airuth, und fein
Bruder suchten sehr gefällig unsern Aufenthalt zu erheitern,
und luden uns zu einer Wafferfahrt nach dem Schloffe und
Dorfe Usbeh am Bogas. Im letztern besitzt Herr Airuth
ein Haus, wo wir zu Mittag speiseten, und dann die wenig
entfernte Feste bejahen. Sie ist auf einem niedrigen Punkte
angelegt, und so weitläufig, daß es eines Heeres bedürfte,
sie zu vertheidigen. Das rechte Nil-Ufer ist beständig grün,
mit Reis und Palmen, oder dem Waffer nahe mit hohem
Rohr bewachsen. Die Wohnung des Befehlshabers liegt
etwas weiter vom Waffer, als ein artiger Kiosk, der in die
Landschaft leuchtet. Am linken Ufer hört die Vegetation bald
auf, und Sanddünen erstrecken sich bis an das Meer.
Als wir am 20. wieder nach Usbeh kamen, fanden
wir, daß unser Schiff endlich in See gegangen war. Eine
Germe (Boot) wartete auf uns. Wir bestiegen sie nicht
ohne Besorgniß. Links der Fluß-Mündung verlor sich eine
niedrige, fandige Landspitze in das Meer, dessen Wellen,
8
von schwachem Winde aufgeregt, mit den Wellen des Nils
zusammen stoß nd sich da brachen, wo nahe dem rechten
Ufer nur ein schmaler Durchgang ist. Unfere Germe stieß
auch einmahl auf den Grund, obgleich ein Matrose am Vor
dertheil ihn immer mit einer Stange untersuchte, weil er
veränderlich feyn soll. Aber wir kamen glücklich hindurch
und in das Schiff, das bei günstigem Winde die Segel auf
zog. Schnell schwand uns Aegyptens Küste aus dem Gefichte.
In der engen, dumpfen Cajüte zu bleiben, war un:
möglich; Gestank und Ungeziefer vertrieben uns. Aber auch
auf dem Verdecke war beiden nicht zu entgehen, und kaum
fanden wir hier Raum genug, um für die Nacht eine Mal
traze leidlich ausbreiten zu können, wo die fchmutzigen Mal
trofen immer über unsere Köpfe schritten, und die gar zu
große Nähe der Reife Gesellschaft uns bald durch häufige
Infecten-Biffe fühlbar ward. Dazu kam, daß alle, Herrn
Lidman, den Mönch und mich ausgenommen, die See
krankheit ergriff, bei manchem vielleicht durch den starken Ge
ruch verfaulter, gesalzener Fische beschleunigt, die den Matro
fen zur Nahrung dienten, Zum Uebermaaß des Elendspflegte
der Reis (Capitain) bei Tage über das Verdeck ein Zelt zu span,
nen, das ganz von diesem Gernche, und noch von manchem
andern eben so ekelhaften, durchdrungen war. In dieser
Atmosphäre ausdauern zu müffen, erkläre ich für die größte
Qual meines bisherigen Lebens, welche auch der Schlaf nicht
milderte, wie ich es wünschte, denn die Ramadhan Feier hielt
während der Nacht die Muselmänner wach, und ließ sie uns
S)
endlich fchwatzen. Unser graubärtiger Reis, Mustafa elba
ba, war ein gutmüthiger, dienstfertiger Greis, der sich alle
Mühe gab, unser Geschick zu erleichtern. Aber wir konn
ten ihm nicht anfinnen, das wirksamste Mittel zu ergreifen:
stinkende Fische fammt stinkender Decke über Bord zu wert
fen, und von feinen Glaubensgenossen zu begehren, daß sie
den Ramadhan in der Nacht verschlafen oder schweigend
feiern sollten. -
Wir getrösteten uns der Hoffnung, am folgenden Tage
Jaffa zu erreichen. Der günstige Wind versprach es. Das
Meer glänzte veilchenblau, purpurne Wölkchen schwebten am
klaren Himmel, und schnell durchschnitt das Schiff die lind
bewegte Fläche, lange Silberstreifen nach sich ziehend. Aber
schon in dieser ersten Nacht trat eine Windstille ein, die uns,
wie fest gebannt, auf einem Puncte hin und herschaukelte.
Sie dauerte bis zum Nachmittage des 21., und langweilte in
der folgendenden Nacht wieder. Erst am Morgen des 22. Au,
guts erblickten wir bei Sonnenaufgang einen langen, gelben
Streif am Horizonte, die Küste von Palästina. Bald unter
fähied man deutlich auf dem hellen Sandgrunde die dunkeln
Oliven, Wälder und in blauer Ferne die Berge Judäa’s. Ein
schwacher Landwind erhob fich, führte uns an Gaza und As,
kalon vorüber, deren Lage man uns zeigte, um Mittag in
den Hafen von Jaffa.
\
oder eher die
MO
2.
Ueber Jaffa (Joppe) und Ramleh nach El Kods
(Jerusalem).
Eine verwirrte Maffe von Thürmen, Kuppeln, Schwib:
bogen und Häusern erhebt sich am steilen Ufer des Meers.
Ein Halbmond von Klippen, wahrscheinlich der alte Hafen
Damm, bildet den jetzigen kleinen, feichten Hafen und eine
gefährliche Brandung, die Tag und Nacht brauset. Am
Eingange gegen Norden legte fich unser Schiff vor Anker,
und wir begaben uns in das Hospitium, wo wir von den
Spanischen Mönchen mit ihrer bekannten Gastfreiheit aufge:
nommen wurden. -
Am Abende kam der graubärtige Statthalter, und
fetzte sich neben einem Kiosk vor dem Kloster. Wir gingen,
ihm unsern Besuch zu machen. Er erkundigte sich angele
gentlich nach dem Aufstande in Kairo, von welchem wir aber
versicherten, derselbe fey nicht so bedeutend, als er zu glau: -
ben schiene, und längst zum Vortheile des Pascha beigelegt,
welches weder ihm, noch feinen Arnauten lieb war. Er
ließ sich unsern Firman vorlesen, und versprach uns dann
Briefe nach Ramleh und Jerusalem, so wie die nöthigen
Pferde mit Begleitung.
Der Morgen des folgenden Tages wurde zu einem Spa
ziergange durch Jaffa (Joppe) verwendet, der uns wenig Ge;
nuß schaffte. Wir gingen vom Kloster den Hafen entlang. Das
1 1
Meer zeigte sich grün und durchsichtig, wie ein Smaragd.
Man fieht noch den steinernen Quay, von welchem man
sonst in Stufen zum Meere hinabstieg, das jetzt an einigen
Stellen wohl zwanzig Schritt davon entfernt und überhaupt
sehr feicht ist. Die wenigen Klippen, welche den Hafen und
die Brandung bilden, gelten für Ueberbleibsel der Insel Pe:
räa und des Felsens der Andromeda, Vom Hause des Eng,
lischen Consuls stiegen wir, in Begleitung das Kloster Dol,
metschers, eine winkelige Treppe hinauf zu noch winkeligern
Gaffen, die aus kleinen, schwerfälligen, viereckigen Häufer,
Maffen von anfehnlichen Quadern bestehen. Diese sollen
zum Theil, wie die im Quay befestigten Stücke von Granit
säulen, aus Cäsarea herrühren. Bei den Türken werden
nicht bloß die Bevölkerungen der Städte, sondern felbst die
Steine verfetzt, wie ich denn eben jetzt eine kleine Barke mit
Mauer Trümmern beladen sah. Einen coloffalen Sarko
phag von weißem Marmor, in jedem Giebel eine Medufe,
(Reliefen medaillon) hatte man gleichfalls von dort gebracht.
Er liegt an der Thüre des Klosters.
Man zeigte uns die Stelle, wo die Franzosen Jaffa
mit Sturm genommen, eine Batterie der Engländer von
zwölf Kanonen und neue Befestigungen der Türken, die
aber alle von den nahen Anhöhen beherrscht werden. Der
Aga hat jüngst die Mauer mit einem Graben umziehen und
ein Thor zumauern lassen, so daß gegen die Landseite nur
nur eins übrig ist. Auch eine Moschee und einen Kaufhof
hat er erbaut. Erstere ist, nach Zerstörung älterer, die
I 2 -
Haupt-Moschee. Wir kamen über einen Markt, dessen größt
ter Reichthum in Früchten bestand, und gelangten zum höchs
sten Puncte der Stadt, welcher eine schöne Aussicht ge:
währt: auf der einen Seite das Meer, auf der andern die
wellige Ebene Saron, von flachen Schluchten durchschnitten.
Die Gärten find Dickichte vom üppigsten Grün; in der Ferne
ragen die Gebirge von Judäa, gleich einer bläulichen Wand
empor. -
Nachmittags trafen Pferde, Maulthiere und Esel für
uns und den Soldaten, der uns als Geleit diente, bei dem
Kloster ein, wo auch ein Spanischer Mönch, nach Jerusalem
heimkehrend, sich der Gesellschaft anschloß. Er war noch vor
kurzem in Havannah gewesen, um dort Rosenkränze und an
dere Heiligthünner zu verkaufen; ein langer, hagerer Mann,
mit einem schwarzen Barte, der ihm fast bis an den Gürtel
reichte. -
Im Stadtthore bemerkten wir einen hübschen Türki;
fchen Springbrunnen, und labten uns dann an den herrli,
chen Gärten, die noch immer durch das mannigfaltigste Grün
das Auge erquicken, obgleich viele die Spuren der Verwü,
stung tragen. Es wechseln Palmen mit Granaten, Feigen
und Citronen, Apfelbäume mit Nopal: Gebüschen. Am Ende
einer langen, geraden Allee von Cactus, welcher die Zäune
der Gärten bildet, hat der Statthalter einen hübschen Bruns
nen gebaut, den drei große und vier kleine grüne Kuppeln,
nebst Versen in Goldschrift und Blumenzierrath auf weißem
Marmorgrunde schmücken.
13
Die Ebene Saron, welche wir darauf durchzogen,
schien mir ihres uralten Ruhmes würdig, obgleich die Zeit
ihrer Blüthen-Pracht, wo sie mit vielerlei Rosen, Lilien, Tul
pen, Narcissen, Anemonen, Nelken und andern wohlrie,
chenden Blumen prangt, längst vorüber war. Sie erstreckt
sich von Gaza längs dem Meere bis zum Berge Karmel im
Norden, und wird östlich von den Gebirgen Judäa"s und
Samaria"s begrenzt. Sie ist nicht überall gleichmäßiger Hö
he, sondern umfaßt vier Abstufungen, die durch eine Reihe
Steine von einander geschieden find. Der Boden zeigt fand
haltigen Kalk, und nur die etwas niedrigen Stellen waren
mit Baumwolle oder Sesam befäet. Vorzüglich reizend er
scheinen die Dörfer von den schönsten Oliven Hainen umge:
ben, deren Bäume oft an Gestalt und Dicke den großen
Weiden bei uns gleichen. Die Häuser, so schlecht fiel find,
machen doch, weil sie aus großen Steinen aufgethürmt wor
den, immer einen beffern Eindruck, als die Kothhütten
Aegyptens, und ihre Umgebungen pflegen überall malerisch
zu feyn. Wir ließen zur Linken auf einer Höhe ein Dorf,
das die Eingebornen undeutlich Bethdschehel oder Ghedschel
nannten (vielleicht das alte Gadh?). Fern blickte ein weißer
Minaret von Lydda (Diospolis) aus Oehlwäldern hervor.
Das Dorf Serfend liegt fast ganz in Ruinen.
Ramleh, drei Stunden Weges von Jaffa, hat eine
entzückende Lage, und ist von schönen Gärten umgeben. Der
Präsident des hiesigen Klosters, ein alter Graubart, aber
rüstig, empfing uns mit Höflichkeit. Das Kloster ist groß,
14
und nach der Französischen Invasion wohl ausgebeffert; von
der Terraffe die herrlichste Aussicht. Die beiden kleinen
Gärten waren voll der schönsten Früchte und Idumäischen
Palmen, von Vögeln belebt.
Aber wir durften uns von allen diesen Schönheiten
nicht feffeln laffen, und beschloffen nach kurzer Rat die Fort-
fetzung der Reife, den Soldaten mit Pferden, Maulthieren
und Efeln zurück sendend, da uns der Befehlshaber fagen
ließ, ein solches Geleit fey ganz unnütz, und uns einen Mut
caro mit guten starken Maulthieren gab. Im Mondschein
zogen wir aus Ramleh, da eben die Minarets im Rat
madhan Feuer zu glänzen begannen. Wir ritten durch Cac:
tus , Zäune, dann durch einen zerstörten Theil der Stadt
und über den Begräbniß Platz, wo auch bei eines Heiligen
Grabe ein einsames Lichtlein schaurig funkelte. Wir erreich:
ten bald die einsamen Thäler der Judäischen Berge, zur
wrechten Seite Emaus vorüber. Je weiter wir kamen, desto
kahler und öder wurden ihre Höhen, durch die stufenförmig
gen Felschichten in natürliche Terraffen geheilt, sonst aber
rund und einander ähnlich. Auf den Spitzen, wie an den
Abhängen liegen Dörfer, alte und neue Trümmer zerstreut.
Unbeschreiblich schlecht find die Wege, und verschlechtern sich
mit der Annäherung Jerusalem's. Lange ritten wir in dem
steinigen Bette eines Waldstroms durch ein enges Thal, des
fen grün bebüschte Höhen und Schluchten uns im Monden,
fchein sehr mahlerisch dünkten. Wir sollten ein Paar Mahl
wegen des Kefar (Durchgangs Zoll) angehalten werden,
15
weil unsere Gesellschaft aus zwei Personen mehr bestand, als
angekündigt waren; aber wir ließen es uns nicht gefallen,
worüber der Mucaro.fo furchtsam wurde, daß er durch uns
fern Wunsch nicht zu bewegen war, bei dem Dorfe Dfhere
mie (St. Jeremias), das wir in der Morgenröthe erreich:
ten, zu verweilen. Am Eingange steht eine alte Kirche, und
auf nahen Bergspitzen umher erblickt man kleine Ruinen,
angeblich von Befestigungen der heldenmüthigen Makkabäer.
Das Dorf selbst liegt auf dem Gipfel und steilen Vorsprunge
eines Berges, dessen natürliche Absätze ohne Zweifel einst
zum Weinbau benutzt wurden, wie man aus mehrern noch
bebauten Flecken schließen kann. Von hier an möchte der
Weg nach Jerusalem wohl aus dem Alterthume stammen. Er
führt steil in das liebliche Terebinthen/Thal, wo David den
Goliath erschlug, und über welches von einem hohen Ab
hange das Dorf Kalioni hinabblickt. Zur Linken, unter
demselben liegen die Reste eines Römischen Gebäudes fest
und großartig aufgethürmt. Daneben streckt sich die einzige
Brücke Palästina's über den fast wafferlosen Bach Kidron,
aus welchem David zu jenem Wagstücke die Steine nahm.
Ich wußte mich vor Ungeduld nicht mehr zu lassen,
denn die hohe steinige Bergebene wollte kein Ende nehmen.
Mir schmerzten die Hüften vom Sitzen auf dem breiten
Maulthier-Sattel, ich war ermüdet von dem schlechten Wege
und von der Sonnenhitze. Endlich zeigte sich rechts in einem
tiefen Thale das Griechische Kloster des heiligen Kreuzes,
dann Jerusalem mit seinen Mauern und Thürmen, der
10
Oehlberg und im Hintergrunde die Berge des todten Mee:
res. Der Anblick stärkte! Begeistert ergoß sich das Gefühl
meines theuern Reisegefährten in den Zuruf eines Verses
von Taffo. Mit verdoppelten Schritten eilten wir zum Pil:
ger; Thore durch eine enge Gaffe, und erreichten endlich das
Franziskaner-Kloster San Salvador, gefolgt von zwei Sol
daten, welche Kefar forderten, und von meinem Kirkor das
hin beschieden waren, wo er ihnen nun den Befehl des Aga
zum freien Durchzuge vorwies. Fluchend verließen sie uns,
und wir wurden vom Präsidenten oder Guardian, einen
Italiener, welcher Bischofsrang mit dem Titel Reverendiffimo
hat, so wie von dem General Procurator des heiligen Landes,
einem Spanier, und allen gegenwärtigen Mönchen aufs Beste
empfangen, und auf dem uns angewiesenen Zimmer bewir
thet, dessen Thür und Fenster mit den Namen von Reifen
den seit 1699 voll geschrieben sind. Trotz der Ermüdung
wurde vor und nach Tische mit den frommen Vätern politis
firt, dann der Ruhe genoffen während der übrigen Zeit die
fes mühseligen Tages. Am Abende trat ich auf die Terraffe
hinaus, von welcher man einen großen Theil der heiligen
Orte überblickt, und eine weite Aussicht hat, jetzt durch
die Erleuchtung der Thürme verschönert.
er die er her -
17
3.
Die Kirche des heiligen Grabes,
Unser erster Gang am Morgen des 25. August war zu der
etwa 2oo Schritte entfernten Kirche des heiligen Grabes. Ehe
man sie öffnete, stiegen wir zu einem daran stoßenden Griechi
schen Kloster hinauf, welches, der Sage nach, auf dem Hügel
Moria steht, wo Isaak geopfert werden sollte. Man zeigt in
einer kleinen Kirche genau den Ort des beabsichtigten Opfers,
und eine Anzahl schlechter Bilder daffelbe darstellend,
Die Kirche des heiligen Grabes, 126 Schritte lang,
70 Schritte breit, in Kreuzesform, steht auf unebenem Bo
den, und ist aus drei Kirchen zusammen gesetzt: aus der ei:
gentlichen Kirche des heiligen Grabes, der Calvarien-Kirche
Und Kreuz-Erfindungs-Kirche, oder mit andern Worten:
jene wurde am Fuß des Calvarien-Berges erbaut, östlich bis
zu ihm sich ausdehnend, und höher und niedriger baute man
ihr zur Seite noch zwei Kirchen, welche durch die Mauern
und gewölbte Treppen mit ihr zusammeu hängen. Vor dem
Eingange bemerkte ich die Fußgestelle von vier Säulen, die
einst eine Vorhalle trugen. Zum Eingange ist jetzt nur noch
eine Thüre übrig: die zweite ward zugemauert. Der Ant:
blick des Inneren macht keinen gefälligen Eindruck, und ent
spricht am wenigsten der Würde des Orts. Die Bauart,
dem Zeitalter Constantin’s angehörig, bietet dem Auge ent
weder Mißverhältnisse oder Schnörkeleien dar. An Säulen
Q
18
Korinthischer Ordnung, an Cornischen und Bogen fehlt es
nicht; aber auch das selten. Gelungene ist geschmacklos mit
Zierrath überladen, und das Ganze trübe. Manches mag
aber ursprünglich eine beffere Gestalt gehabt haben, und
später durch Aenderung oder Zusatz verdorben seyn. Das
Neueste ist offenbar das Schlechteste.
Am 12. Oktober 1807 ist der größte Theil der Kirche ein
geäschert worden, welches die Lateiner den Griechen Schuld
geben. Die Capelle des heiligen Grabes, die auf Säulen
von Marmor und Porphyr ruhte, und die runden Säulen,
welche die Kuppel stützten, wurden ein Raub der Flammen.
Das geschmolzene Blei vermehrte die Gluth des vielen leicht
entzündeten Holzwerks, und wen dürfte befremden, daß
man es für ein Wunder anfah, als man das heilige Grab
felbst, und sogar die hölzerne Thür desselben unversehrt fand,
wiewohl die brennende Kuppel darauf fiel und feine Capelle
zerschmetterte? Natürlicher war die Erhaltung der etwas
außerhalb gelegenen Capelle, welche den Ort bezeichnet, wo
Maria den Heiland kreuzigen fah. Die Griechen haben Sie
Kirche, nach der Zeichnung des Architekten Komeano Kalfa us
Konstantinopel, hergestellt, aber sehr geschmackwidrig - nd
wahrscheinlich in der Hoffnung, sich den alleinigen Besitz es
Heiligthums zuzueignen, welche jedoch vereitelt ward. Yie
neue Kuppel ist niedrig, von schlechter Form; an die Stell er
runden Säulen sind fchwerfällige viereckige Pfeiler getr n;
das Ganze mit Zierrathen auf weißem und grauem Gr de
nach Türkischer Weise, aber so elend bemalt, wie kaum in
19
Landhaus bei Konstantinopel. Wer es sieht, muß sich vier
fucht fühlen, Alles umzuwerfen. Nahe am Eingange liegt
der Stein der Salbung, auf welchem der Leichnam des
Herrn vor seiner Grablegung mit Myrrhen und Aloe gesalbt
wurde. Er ist 7 Fuß 9 Zoll lang, und beinahe 2 Fuß breit,
von einer Platte gelben Marmors bedeckt, mit einem nie
drigen Rande aus demselben Marmor, von vier vergoldet
ten Knäufen, und auf jeder Seite mit einer Griechischen In:
schrift geziert, umgeben. Außer den Lampen, die darüber
hängen, stehen an jeder kurzen Seite drei große und drei
kleine Leuchter.
Mitten unter der großen Kuppel befindet sich das heit
lige Grab, von einer runden Capelle überbaut, die wieder
eine eigene Kuppel vor dem Regen schützt, welcher aus der
Oeffnung jener niederfällt, und von dem glatten Dache in
Röhren abgeleitet wird. Die Grabstätte ist in den Felsen
gehauen, fast ein Viereck, durch etwa funfzig stets bren:
nende silberne Lampen erleuchtet. Das Ganze hat fünf Fuß
eilf Zoll Länge und fünf Fuß zehn Zoll Breite, mit einem
einfachen weißen Marmor bedeckt. Daneben hat man ein
großes Gemälde aus Spanien, die Auferstehung Christi,
aufgestellt, welches von einem goldenen oder vergoldeten
Gitter geschirmt wird. Stets befindet sich hier ein Griechi
fcher Mönch, Kerzen verkaufend. Die Capelle selbst, von
schlechtem Marmor, mit sechsunddreißig halb erhabenen Pfeil
lern in schlechtem Geschmacke erbaut, umgibt von außen him;
melblauer, weiß geblümter Damast, worin das Spanische
2O
Wappen gestickt ist. Auf gleiche Weise bekleidet eine Das
mast-Decke, roth mit Silber durchwirkt, die Capelle des Ens
gels, der zu den beiden Marien sprach, als sie am Auferste
hungs-Morgen das Grab des Herrn besuchten. Der Stein,
auf welchem er faß, mißt anderthalb Quadrat Fuß, und ist
einen Fuß dick, aus der Felsart des heiligen Grabes. Er
ruht auf einem Fußgestelle von weißem Marmor.
Etwa zwölf Fuß nördlich vom heiligen Grabe bezeich
net eine kleine Capelle den Ort, wo der Heiland in Gestalt
eines Gärtners der Maria Magdalena erschien, und ihr Al
tar war unlängst mit einem neuen Gemälde geschmückt. Sie
gehörte früher den Nestorianern, jetzt den Lateinern. Auch
die Stelle, an welcher Christus nach feiner Auferstehung der
heiligen Jungfrau sich zeigte, ist wenig von jener entfernt,
in eine Capelle, „zur Erscheinung“ genannt, eingeschlossen,
so wie die, an welcher er verweilte, bis man das Loch ge-
graben hatte, worin fein Kreuz aufgepflanzt werden sollte.
Diese pflegte man sonst das Gefängniß des Herrn zu nennen.
Unweit derselben steht eine andere Capelle, da, wo Christus vor
der Kreuzigung entkleidet, und um feinen Rock geloofet
wurde.
Von hieraus fieht man linker Hand eine große Treppe,
welche durch die Mauer gebrochen ist, und zu einem in den
Felsen gehauenen Gewölbe führt. Dreißig Stufen tief gef
langt man zur Capelle der heiligen Helena, nach ihr genannt,
weil sie hier betete, während sie das heilige Kreuz suchen
ließ, und noch eilfStufen tiefer ist der Ort, wo dieses, nebst den
ei
Nägeln, der Dornen Krone und dem Eifen des Speers ge:
funden ward, nachdem es hier über dreihundert Jahre vert
borgen gelegen.»
Nach dem Calvarien, Berge hin folgt dann eine sehr kleine
Capelle, unter deren Altar eine Säule von grauem, schwarz
geflecktem Marmor, zwei Fuß hoch, einen Fuß dick, zu der
hen ist, die Säule der Schmach (de l'Impropere) genannt, weil
hier der Heiland sich fetzen mußte, um mit Dornen gekrönt
zu werden. Zehn Schritte weiter führen zwanzig Stufen
durch einen engen Gang auf den Calvarien: Berg, dessen Spitze
eine mit Marmor bekleidete Capelle einnimmt, welche eine
Säulenreihe theilt. Die nördliche Hälfte enthält den Ort
der Kreuzigung, wo stets zweiunddreißig Lampen brennen,
und täglich Meffe gelesen wird; in der südlichen Hälfte, von
funfzig Lampen erhellt, wurde das Kreuz aufgepflanzt, als
der Heiland an daffelbe geschlagen war. Sonst zeigte man
hier die Vertiefung in dem Felfen, wo das Kreuz gestanden,
aber bei dem jüngsten Brande sollen, nach eifriger Erzählung
der Mönche, die Griechen den Stein ausgebrochen, und auf ei:
nem Schiffe entführt haben, welches im Meere unterging.
Nun hat man eine Silberplatte mit einer kleinen Oeffnung
an der merkwürdigen Stätte befestigt. Wo die Kreuze der bei
den Schächer standen, wird auch gezeigt. Daneben fieht
man durch eine Oeffnung des Fußbodens einen Stein, den
das Erdbeben bei Christus Tode spaltete. Das Schwert
Gottfried's von Bouillon rostet hier vergeffen in einer alten
Kiste der Sacristei, aber die Gräber Gottfried's und Ball
22
duin's, dieser wahrhaft Christlichen Helden, find von den
Griechen absichtlich zerstört, und dadurch künftigen Geschlecht
tern die feindseligen Leidenschaften beurkundet, welche die
Christen der verschiedenen Parteien hier, wo sie sich am
innigsten vereinigen sollten, unversöhnlich entzweien. Vor
herrschend sind die Lateiner oder Römisch-Katholischen, im
Besitze des heiligen Grabes, der Orte, wo der Heiland an
das Kreuz geheftet wurde, wo er die Dornen Krone em
pfing, wo er nach feiner Auferstehung der heiligen Jungfrau
und Maria Magdalena erschien, wo man das Kreuz fand
und des Steins der Salbung. Den Chor der Kirche haben
die Griechen inne, nebst den Orten, wo Christus vor der
Kreuzigung verweilte, und wo ein Kreuz bereitet wurde.
Den Kopten gehört ein kleines Oratorium neben dem heili:
gen Grabe; den Armeniern die Helenen Capelle, nebst dem
Orte, wo um des Heilands Rock gelooet wurde. Die Geist
lichen dieser verschiedenen Religions-Parteien haben außer
diesen Orten, deren Besuch allen frei steht, eigene Zellen in
der Kirche, entweder im Innern ihrer Capellen, oder in unz
terirdischen Gewölben, oder oben in den Arcaden. Sie
müffen nach dem Willen ihrer Kloster Oberen hier leben, bis
fie abgelöfet werden. Leider ist es aber auch den Türken ge:
lungen, sich unter ihnen, in den obersten Gemächern und
auf der luftigen Terraffe einzunisten, nachdem man sie bei
dem eben erwähnten Brande fo weit vordringen ließ. Sie
besitzen selbst Fenster in der großen Kuppel, aus welchen fie
Waffer und Unrath auf das Dach des heiligen Grabes her,
23
ab werfen, wenn sie von den Mönchen Geld erpressen
wollen, wozu sie immer geneigt sind.
Doch den Pilger stören sie nicht. Ihm verkümmern
den Genuß des Schauens und der Andacht – Christen. Vom
ersten Worte bis zum letzten hörten wir nichts als Verwün,
fchungen, bittern Spott und Lästerungen von Christen gegen
Christen. Die Wohnung des Friedens, das Grab des Leh:
rers unters Glaubens an einen milden Gott der Liebe gleicht
einem Kerker, wo man wilde Thiere in verschiedene Käfi
che gesperrt hat, die mit tückischem Blicke an einander vorüber
schleichen, innerlich ergrimmt, daß sie den Gegner nicht zer,
reiffen können. Das erste Wort, was wir vernahmen, war:
Ecco nostri amici! womit spöttelnd ein Lateinischer Mönch auf
den Griechischen Kalogerwies. Die Griechen verwünschen die
Orgel der Lateiner, und beide die Nachtgebete der Armenier
u.ff; keiner erwähnte nur des Anderen ohne Hohn. Und was
würden. Alle gesagt haben, wäre ihnen zugeflüstert, daß mein
Begleiter und ich zu den Anhängern Luther’s gehörten!
Aber wie giftig sich diese Sectirer auch anfeinden, fie
müffen sich gefallen laffen, gemeinschaftlich in der Kirche ein
gesperrt zu feyn, die nach jeder Feierlichkeit geschloffen, und
in Gegenwart des Dragomans jeder Abtheilung von den
Türken versiegelt wird. Dreißig Griechische, funfzehn Ar:
menische, zwölf Lateinische und zwei Koptische Geistliche blei:
ben darin zurück, und empfangen ihre Nahrungsmittel durch
ein Loch in der Thüre. An Festtagen wird diese geöffnet und
unentgeltlicher Eintritt gestattet; aber außer den bezahlt je
24
der Franke für den ersten Befuch dreiunddreißig Piaster;
für jeden folgenden begnügt sich der wachhabende Janitschar
mit einem Geschenke von fünfunddreißig Para.
Bei dem Heraustreten aus der Kirche wurden wir auf
ein Nebengebäude derselben aufmerksam, welches eine große
Cisterne enthält, der es nie an Waffer gebricht, und linker
Hand, dem Isaaks-Kloster gegenüber, zeigte man einen Glo;
ekenthurm von der heiligen Helena erbaut, an den ein klei
nes Kloster geklebt war. Beides näher in Augenschein zu
nehmen, fanden wir keinen Beruf
- - - - - - - - - - - - - --
4.
Der Leidensweg. Andere heilige Orte. Lage der
Armenischen, Griechischen und Lateinischen
Geistlichkeit,
Wir verfolgten den Leidensweg (via dolorosa), welchen
der Heiland von Pilatus Haufe zur Richtstätte wandelte. Er
ist etwa eine Stunde lang, und Anderen pflegten sonst die
Stationen gezeigt zu werden, wo der Kreuzträger unter fei
ner Bürde erlag; aber unsere Führer waren darüber sehr uns
eins, wiewohl ich dieselbe Straße fünf Mahl besuchte. Der
eine wies auf die fe, der andere auf jene hingefallene Säule
u. dgl. -
Pilatus Haus liegt in Trümmern, unter welchen man
eine Cisterne, von einem Feigenbaume beschattet, wahrnimmt.
Man glaubt auch noch das Fenster zu kennen, aus welchem
der Römische Landpfleger, auf den gemißhandelten Heiland
zeigend, die Worte: „Seht, welch ein Mensch ist das!“
an die versammelten Juden richtete.
Hundert und zwanzig Schritte, in östlicher und westli,
cher Windung des Weges, davon entfernt, find Ueberbleib
fel der so genannten Marien-Kirche (der Mater dolorosa ge:
weiht,) jetzt nur einige Gewölbe von Eseln bewohnt. Hier
soll Maria ihren Sohn, wie er das Kreuz trug, erblickt
haben.
Kaum funzig Schritte weiter zeigt man den Ort, wo
26
Simon von Cyrene dem Herrn das Kreuz abnahm, und nach
Norden sich kehrend, führt die Straße zur rechten Seite dem
Haufe des armen Lazarus vorbei, welchem der reiche Mann,
alle Tage herrlich und in Freuden lebend, gegenüber wohnte.
Unmittelbar darauf gelangt man rechts zu der Straße,
die in westlicher Richtung nach dem Calvarien: Berge führt,
und an deren Eingange Christus die Frauen fand, die um
ihn weinten.
Auf der hundert Schritt von hier entfernten Wohnstelle
der heiligen Veronica (Berenice), die den Heiland mit dem
Schweißtuche abtrocknete, steht ein neues Haus, von wel,
chem die Sage behauptet, daß in demselben kein Türke leben
könne, sondern jeder bald stürbe.
Nach hundert Schritten stößt man auf die Gerichts,
pforte (porta judiciaria), durch welche die Missethäter zur
Hinrichtung nach Golgatha geführt wurden, jetzt mit einer
steinernen Bude verbaut. Ueber derselben ragt eine runde
Säule hervor, zu einem alten Porticus gehörend, den eine
Häuserreihe durchschneidet, und durch welchen man zu einem
Abyfinischen Kloster hinauf steigt, in dessen Hofe Christus
dritter Fall unter dem Kreuze gezeigt wird. Von hier bis
zur Calvarien-Höhe find noch ungefähr zweihundert Schritte.
Wie beschwerlich es auch ist, in den meist engen Gast
fen auf unebenem Pflaster lange zu wandern, so blieben wir
doch unermüdlich im Aufsuchen der übrigen Orte, welche ihre
Erwähnung in der heiligen Schrift merkwürdig macht, und
deren Bezeichnung auch in der Wandelbarkeit die Sage fest,
27
hält, und von der Kritik. Europäischer Gelehrten sich schwer
lich entreiffen lassen möchte.
Das Haus der Prophetin Hanna, unweit der Da
vids, Pforte, am Fuße des Berges Sion, innerhalb der
Stadt Mauern, liegt in wüsten Trümmern, auf welchen
die Armenier eine kleine Kirche gebaut haben; und durch
nichts ist die Stelle zwischen der Burg und Sions, Pforte
ausgezeichnet, wo der Heiland Maria Magdalenen, Maria
der Mutter Jacobi und Maria Salomeh erschien. Das
Haus Simon’s des Pharisäers, wo Magdalena ihre Sün:
den bekannte, soll von einer Kirche verdrängt seyn, von wel,
cher, östlich der Stadt, noch wenig Trümmer übrig geblie,
ben. Die Grotte der unbefleckten Empfängniß war zur Zeit
der Christlichen Könige Jerusalem's von der Kirche eines
Frauen-Klosters, der heiligen Anna, Mariens Mutter, ge:
weiht, überbaut, welches später in eine Moschee verwandelt
wurde, an deren Statt man jetzt einen Pferdestall und die
Neben Gebäude in Ruinen erblickt. Dem Calvarien: Berge
nahe gelten einige alte Mauern, an welchen eiserne Klam:
mern befindlich, für das Gefängniß des heiligen Peters, in
deffen Nähe eine große Griechische Kirche den Namen des
Hauses Zebedäus erhält. An der Stelle des Hauses, wohin
Peter sich begab, als er von dem Engel befreit war, haben
die Syrer eine Kirche, und da, wo Jakob der Aeltere den
Märtyrer-Tod litt, glänzt die Armenische Haupt-Kirche, nach
ihm benannt, zwar geschmacklos, wie alle Armenische Kir.
chen, mit gräulichen Bildern angefüllt, aber sehr reinlich
28
gehalten und reich. Ihr Fußboden besteht aus fhöner Mos
saik, die hohe Panele aus blauem und weißem Porcellan;
die Thüren und anderes Holzwerk find mit Perlmutter und
Schildpatt fehr schön ausgelegt. Aber das Kloster, welchem
fie gehört, von sehr großem Umfange, (es soll über 1000
Zimmer für Pilger enthalten,) gilt auch für das reichte in
der Levante, und sein Vorsteher, der Armenische Patriarch,
oder richtiger Erzbischof, pflegt mit einem Aufwande zu les
ben, der diesem Rufe angemeffen ist. Ueberhaupt möchten
wohl die schlauen und geschmeidigen Armenier, mit dem
Geiste des Morgenlandes am vertrautesten, fich am besten
in die Türken zu schicken wissen, weshalb ihre Geistlichkeit
auch ungleich weniger von ihnen zu leiden hat, als die der
Griechen und Lateiner. Die Griechen, im Besitze von etwa
zwanzig Klöstern, scheinen am meisten verachtet, wenngleich
ihr Patriarch, der in dem schönsten Kloster neben der Kirche
des heiligen Grabes wohnt, seine Verbindung mit Konstanz
tinopel zum Schutze nutzen kann. Die Lage der Lateiner
wird immer gefahrvoller, durch zunehmende Armuth, wel
che ihnen schwerlich gestatten möchte, das heilige Grab gegen
den Neid der Griechen auf die Dauer zu behaupten. Die
guten und gefälligen Väter des Klosters St. Salvador, größt
ten Theils Spanier und Portugiesen, wenige Venetianer,
fühlen dies auch gar wohl. Die Christen des Morgenlan:
des zeigen fich gegen ihre hiesigen Kirchen und deren Diener
viel mildthätiger, als die abendländischen. Eine ehrenvolle
Ausnahme macht der König von Spanien; aber zwei Drit,
29
heile feiner Gaben verschlingen die Türken. Die Zahl der
Pilger, im Mittelalter Scharen von vielen Taufenden,
hat sich in neuerer Zeit jährlich gemindert, und wenn sie sich
jetzt selten auf zweitausend in einem Jahre beläuft, so find
unter diesen die Lateinischen die seltensten, und nicht die reicht
fen. Sollte die Europäische Aufklärung den Bekennern des
Christenthums nicht gestatten, dazu beizutragen, daß an dem
Orte, wo Christus lebte und litt, ihm geweihte, religiöse Ins
stitute erhalten würden? - -
soooooooooo»-
-
-
-
30
5.
Sion. Kaifas Haus. David's Palast und Grab.
Paffah-Saal. Siloe. Die Thäler Ben Hinnon
und Josaphat. Oehlberg. Grotte der Apostel.
Capelle der Auferstehung.
Die nächsten Umgebungen Jerusalems haben etwas
Düsteres und Oedes; aber wo die Natur nicht zum Genuffe
einladet, fühlt sich der Geist desto mächtiger zur Betrachtung
angezogen. Nachdem ich die heiligen Orte gesehen, konnte
ich in der Stadt nicht länger weilen. Ich ging durch das
Pilger Thor wieder hinaus, mich links wendend, einen tro:
ckenen Graben, der Teich Bersabeh genannt, vorüber, den
Sion hinauf, zu Kaifas Haufe, jetzt eine Armenische Kir
che, an deren Thüre ein gemalter Hahn die Beschämung
des heiligen Peters über den schwächsten Augenblick feines
Lebens verfinnlichen soll. Das Innere ist mit Armenischen
Gräbern angefüllt. -
Auf der Höhe "des Sions find die Trümmer von Da
vid's Palaste und fein Grab, jetzt zur Feste gefaltet, und
der Speisesaal, in welchem der Heiland, mit seinen Jüngern
fein letztes Passah-Fest feiernd, das Abendmahl einsetzte, dient
zur Moschee, in welche mir, wider Erwarten des Drago,
mans, der Eintritt nicht gestattet wurde.
Um so lieber verließ ich die unfruchtbare Höhe, und
wandte mich östlich in das Thal, wo der einzige lebendige
31
Quell Jerusalem's, Siloé, entspringt, und welches mit Gärt -
ten schön bebaut ist. Zum Quelle führt eine steinerne Treppe,
an deren Fuße das kristallhelle, wohlschmeckende Waffer her,
vorquillt, und in einen Teich hinabfließt, der sonst mit Bo;
gen bedeckt war, wie die Reste der Säulen zeigen, dann
aber unter einem überhängenden Felsen in einen steinernen
Trog geleitet wird, nahe bei dem Brunnen des Jesaias (die
fer hat seinen Namen von der Stätte, an welcher der Pro;
phet den schmerzhaftesten Tod litt). Ein anderer Ausfluß
findet sich auf der entgegengesetzten Seite des Felsens, näher
der Stadt. Vom Venus und Adonis: Dienste, welchem
dreihundert Jahre nach Christus ein Hain neben dem Quelle
geweiht war, findet sich keine Spur mehr, wenn es nicht
jene Säulen Trümmer find. Es fehlt aber nicht an Andäch:
tigen, die mit dem Waffer Siloe's, zur Erinnerung an den
Blindgebornen, welchem solches der Erlöser als heilsam
empfahl, ihre Augen waschen.
Auf einer Anhöhe jenseit des Kidron's, am Fuße des
Berges des Aergerniffes, liegt das Dorf Siloan, dessen der
Heiland in seiner Bußpredigt vom Untergange der Galiläer
gedachte. Das Merkwürdigte daran ist, daß seine Woh:
nungen, Juden gehörig, meist in Felsen eingehauen sind,
kaum zu unterscheiden von den Gräbern, die es umgeben.
Vom Thale Ben Hinnon, über den Kidron, Siloan
vorüber, fast das ganze Thal Josaphat entlang, erstreckt
sich in einem Halbmonde die Nekropolis Jerusalem's um ei;
nen großen Theil der Stadt. Irrig haben einige Reisende
32
fie auf das Thal Josaphat allein beschränken wollen. Die
Wände des Thals Ben Hinnon sind voll von Grabhöhlen, die
mich durch ihre auffallende Aehnlichkeit mit den Aegyptischen
kleinen Grabhöhlen und Mumien - Grüften überraschten.
Eine derselben, am Felde Juda, ist ganz mit einem Paar
Gewölben überbaut, die nur eine kleine Oeffnung laffen,
wo man sonst Fremde, welche in Jerufallem starben, hineinge
worfen haben soll. Kurze, meist unleserliche und unbedeutende
Inschriften in Griechischer und Hebräischer Sprache verspre:
chen auch denen keine große Ausbeute, welchen es gelingen
möchte, die unbekannten Züge zu entziffern, die hier auf eini;
gen Steinen eingegraben sind, und bald für Etruskische,
bald für Phönizische, Hebräische und Arabische Schrift aus
gegeben werden. Man bemerkt auch pfeilartige darunter.
Welchem Volke fie ursprünglich angehörten, und welcher Zeit
hier, verdient erforscht zu werden.
Das erste große Grabmaal des Thals Josaphat, viel
leicht dem gleichnamigen Fürsten gehörig, liegt mitten in
Siloan, und gleicht völlig einem Aegyptischen Tempel, ist
auch ganz in einem Stücke aus dem Felsen gehauen, dieselbe
Corniche, derselbe Rundfab, daffelbe pyramidalische Tat
lus. Eben so, das zweite, genannt das Grab des Zacharias.
Der Felsen umgibt das Gebäude von drei Seiten; die .
Wände sind von außen glatt behauen, und bilden so einen
Gang um das Grabmaal. Dieses hat keinen Eingang. Die
Wände zeigen zwei Dorische Säulen halb erhaben, die ei
nen Aegyptischen Kranz tragen, und dieser eine Pyramide.
33
Gleich daneben hat eine große Grotte ein Portal von vier
Dorischen Säulen und Gesimse von sehr gutem Geschmacke.
Das Grab Abfalon's, worin man durch eine kleine Oeff
nung Steine wirft, gleicht von unten dem des Zacharias,
nur mit dem Unterschiede, daß die Ionischen Säulen einen
Fries mit Dorischen Triglyphen tragen. Die Spitze ist von
großen Steinen gemauert und rund, mit einer Lotusblume
geschmückt. Einige wollen dies das Grab des Zacharias
nennen. Gewisser ist wohl, daß demselben keines von beiden
gehört. Schwiege uns aber auch gänzlich die Geschichte die
fes wunderbaren Landes, die Todtengrüfte des Thales Jö:
saphat würden allein davon überzeugen, daß hier einst mäch
tige Fürsten, Orientalen, herrschten.
Den Gipfel der Kalkstein-Höhen auf der Ostseite des
Kidron, die höchsten, welche Jerusalem umgeben, am Ost:
abhange nackt gleich den übrigen, am Westabhange sparsam
beschattet, bilden den Oehlberg, der gegenwärtig durch die
Zahl seiner Oehlbänime die namentliche Auszeichnung nicht
mehr verdient. Dagegen trägt er aber auch außer ihnen
Weinstöcke, Citronen, Mandel, Dattel, Feigen Bäume.
Am Fuße besitzen die Lateinischen Väter einen Oehlgarten,
in welchem acht sorgfältig gepflegte Oehlbäume von unstreitig
sehr hohem Alter stehen. Bekanntlich entsprießt auch aus
den Wurzeln des ersterbenden Baumes ein neuer.
Etwas tiefer gelangt man zu einer trocknen Cisterne,
aus zwölf prächtigen, in den Felsen gesprengten Bogen bei
stehend, genannt, die Grotte der Apostel. Diese sollen sich
3
34
zur Zeit der Verfolgung hierher geflüchtet, und in der Ein-
famkeit die erste Christliche Glaubensregel (Symbolum) ab
gefaßt haben. Rund herum entdeckt man Spuren von Get
bäuden, von schönen Werken der Baukunst, deren Urheber
und Zweck jetzt niemand mehr angeben kann, viele find ganz
verschüttet. Unter ihnen pflegt man die Pilger zu den Ort
ten zu führen, an welchen Christus den nahen Untergang
Jerusalem's beweinte, das jüngste Gericht verkündigte, das
Vater unser beten lehrte; alle find ohne Denkmaale.
Auf einer Spitze des Oehlbergs, doch nicht auf der
höchsten, erhebt sich die Capelle der Himmelfahrt, ein acht
eckiges Gebäude mit einer Türkischen Kuppel. Sie war sonst
rund umher ganz offen, und ruhte auf freien Säulen, die
jetzt durch eine Mauer verbunden find. Ein weiter Kreis
von Piedetalen zeigt, daß einst Säulen, Gruppen eine acht,
eckige Halle um den Hof bildeten, in dessen Mitte die offene
Capelle lag. An der Mauer, welche sie jetzt umschließt, find
mehrere kleine Altäre, verschiedenen Christlichen Sekten ge:
hörig. Die Katholiken allein feiern die Meffe in der Car
pelle, die ich verschloffen fand. Ich konnte also auch nicht
den Fußstapfen im Felsen sehen, welcher beurkunden soll,
daß Christus hier zum Himmel fuhr, wiewohl Lukas xxrv,
50. damit im Widerspruche steht.
Eine wunderschöne Aussicht gewährt die höchste Spitze
des Oehlbergs: in Norden über die Ruinen von Jericho
nach den Bergen Garizim und Ebal bis Galiläa; in We;
sten über die ganze Stadt, und die Gegend am Mittellän
35
dischen Meere; in Osten auf den Jordan, das todte Meer
und dessen Umgebung; in Süden aber gen Bethlehem. Den
Rückweg nahm ich durch Bethanien, auf der Ostseite, am
Fuße des Oehlberges selbst, wo in Grotten wenige Türkische
Familie wohnen, deren Häuptling den Kefar von den Pil:
gern hebt, die hier zu dem in steilen Felsen gehauenen Grabe
des Lazarus wallfahrten. Kaum konnte ich es mir versagen,
das Dorf DThesmanije (Gethsemane) und den Steinhaus
fen aufzusuchen, der Bethphage's Stelle einnimmt; aber ich
war zu ermüdet, ob ich gleich meine Wanderung auf einer
raschen Arabischen Stute angetreten hatte, und nur zu Fuße
ging, wo es unvermeidlich war. Auch neigte sich der Tag.
- - - - - - - - - - - - - - -
36
6.
Johannes-Wüste. Grab der Elisabeth. Bethlehem.
Kirche zur Geburt Christi.
Am frühen Morgen des 26. August stiegen wir zu Pfer
de, begleitet von dem Diener des Kloster Dragomans, ge:
nannt Puffuf, und dem Kloster; Janitscharen Otman, und
machten uns auf den Weg zum Kloster Johannes des Täu
fers. Derselbe führt südöstlich von Jerusalem über sehr steil
nige Berge, zwischen denen fruchtbare Thäler voller Gärten
liegen. Ueberall eröffneten sich die überraschendsten Aussicht
ten auf diese wilde Gebirgswelt, und besonders auf die Berge
jenseit des todten Meers, die wie ein hellblauer Vorhang
vom Himmel zu hängen schienen. Ich bewunderte die
"außerordentliche Sicherheit unserer Arabischen Pferde, die
wie Katzen an den Felsen zu klettern verstehen. Zuba, wie ein
nige irrig meinen, das Schloß Modin der Makkabäer, ließen
wir zur Rechten, auf hohem Berge liegen, und vorher zur
Linken im waldigen Thale das Griechische Kloster des heilig
gen Kreuzes (Muffallabeh), und erreichten fchnell das nur
anderthalb Stunden von Jerusalem entfernte St. Johannes-
Kloster auf einem niedrigen Hügel unter Bergen. Aber Statt
gleich bei demselben abzusteigen, begaben wir uns auf sehr
schlechtem Wege gerade zur Wüste Johannes des Täufers,
welche jetzt eine der angenehmsten Gegenden von Judäa ist.
Mitten in Gärten erhebt sich ein steiler Fels; ein Quell fällt
37
darin zwei Becken mit klarem Waffer; daneben steigt man
auf einigen Felsenstufen zu einer geräumigen Grotte hinan,
mit Estraden zum Schlafen und einem Fenster versehen. Sie
soll des Täufers Einsiedelei gewesen feyn. Andere Felsenstu
fen führen von außen zu den darüber liegenden zerstörten Ge-
wölben eines Klosters und einer Kirche. Oben hat man eine
schöne Aussicht auf die fruchtbaren Umgebungen, welche die
Wüste genannt werden. Am gegenüber liegenden Berge
hängt ein großes Dorf
Auf dem Rückwege zum Kloster befuchten wir das Grab
der heiligen Elisabeth. Es liegt in einer unverzierten, un:
terirdischen Capelle, und dient als Altar. Darüber stehen
noch mächtige Gewölbe eines zerstörten Klosters. Durch ei:
nen eingestürzten Bogen fiel ein magisches Licht auf die in
den Trümmern ruhenden Rinder. Große Feigenbäume und
Weinreben umzäunen diese malerische Ruine.
Eine große Menge Volks ruhte im Schatten auf und
unter der Einfassung des Quells Ainon und feinen Reben,
Geländern. Sie ist Türkischer Bauart.
Das St. Johannes Kloster, von Franziscanern bei
wohnt, gleicht noch mehr, als die übrigen Klöster Palästi:
na’s, einem festen Schloffe. In demselben herrscht dieselbe
Gastfreiheit, wie in St. Salvador. Die heitere und freund,
liche Klosterkirche soll auf der Stelle stehen, wo Johannes
geboren wurde, und überrascht durch mehrere sehr schöne
Gemälde. - -
"Die Faulheit oder Unwissenheit unserer Führer brach
33
te uns um den Quell des Philippus, aus welchem dieser
den Kämmerer der Königin Kandace taufte. Wir ließen
Scherefat, Muffahalah und Beit Dshiala zur Rechten, und
erreichten die Straße von Bethlehem, nahe am Grabe der
Rahel, welches wohl einem Türkischen Santon gehören mag,
aber von Juden vorzüglich besucht und verehrt wird. Das
viereckige Gebäude mit feiner Kuppel ist offenbar Türkisch,
und genießt auch der Rechte einer Moschee.
Wir eilten nach Bethlehem, einer Fülle von größern
Sehenswürdigkeiten entgegen. Das Lateinische Kloster, in
welchem uns die Franziscaner willkommen hießen, liegt auf
einer Anhöhe, einige hundert Schritte von dem gleichnami,
gen Dorfe, und stößt mit feinem hoch ummauerten Hofe an
die weltberühmte Kirche, die älteste Christliche in Palästina,
in Kreuzesform, nach Griechischem Geschmacke erbaut. Das
Schiff derselben, im Besitze der Armenier, wird von acht
undvierzig gelblichen Marmorsäulen Korinthischer Ordnung
in vier Reihen geziert. Diese Säulen, von welchen jede
aus einem Stücke ist, haben in der Bafis zwei Fuß fechs
Zoll im Durchmesser, und achtzehn Fuß Höhe, Bafis und
Capital mitgerechnet. Aber es fehlt das Gewölbe, welches
fie tragen sollten, so wie das kuppelförmige Dach, welches
vielleicht nie vorhanden war. Das Licht fällt durch und
gewöhnlich große Fenster. Die noch übrigen Bruchstücke
von Mosaik und einige Gemälde auf Holz an den Wänden
find Byzantisch,
Die übrigen drei Theile der Kreuzesform, nach welt
r-
39
cher die Kirche erbaut ist, find durch eine Mauer von dem
Schiffe geschieden, so daß sie ihre Einheit verloren hat.
Jenseit der Mauer erblickt man, als oberen Theil des Kreuzes,
das Chor vor sich, um drei Stufen höher, mit einem Altar,
den Weisen aus Morgenlande geweiht. Auf dem Boden
neben dem Altare bemerkt man einen Stern von Marmor,
deffen Lage dem Puncte am Himmel entsprechen soll, an
welchem der Stern glänzte, „oben über, da das Kindlein
war.“ In der unterirdischen Krippen, Kirche zeigt man auch
senkrecht unter diesem Marmor, Stern den Ort, wo Christus
geboren wurde. Der Chor gehört den Griechen, so wie die
beiden übrigen Theile der oberen Kirche, die jedoch schmuck,
los vernachlässigt werden. Funfzehn Stufen unter dem
Chor ist die Geburts-Stätte des Heilands, in einer unregel
mäßigen Felsen Grotte, 374 Fuß lang, etwas über 11 Fuß
breit und 9 Fuß hoch, Stall und Krippe enthaltend. Die
Wände des Felsens, fo wie der Fußboden, find mit schönem
Marmor belegt. Die Grotte wird nur durch das Licht von
32 Lampen erhellt, die verschiedene Fürsten hierher geschenkt
haben. Tief in der Grotte, an ihrer östlichen Seite, ist die
Stelle der Entbindung Maria’s, durch einen weißen, mit
Jaspis incrutierten Marmor bezeichnet, welchen ein filberner
Strahlenkranz umgibt, mit den Worten:
Hic oz vIRGINz MARIA
Jesus CHRIs Tus Narus Estr.
Eine Marmor-Tafel, die zum Altare dient, von drei
Lampen erleuchtet, ist gegen den Felsen gelehnt, und er
40 -
hebt sich über den Ort, wo das Kind der Verheißung das
Licht dieser Welt erblickte,
Von dort fieben Schritte füdlich tritt man zwei Stu,
fen tiefer zur Krippe. In einem niedrigen Felsen Gewölbe
steht ein Block von weißem Marmor, etwa einen Fuß hoch
über dem Boden, als Wiege ausgehöhlt, den geringen
Raum bezeichnend, welcher für den Neugebornen allein in
der Herberge übrig war,
Schöne Gemälde in Oehl und Gouache, zum Theil
Copien nach Raphael, fchmücken dies Andacht einflößende
Gotteshaus, und feine Orgel stimmt herrlich zur Heiligkeit
des Ort, dessen Befizes fich die Lateinischen Väter noch er
freuen. Die Erinnerung an seinen Besuch wird bei mir
stets die Andacht und süße Wehmuth auffrischen, die sich
meiner bemächtigten, als ich ihn an der Hand des gleichge
stimmten Freundes betrat, von strahlenden Kerzenlicht, Ort
geltönen und Weihrauchduft empfangen,
Darauf besuchten wir eine unterirdische Capelle, wo
die unschuldigen Kinder, die Herodes tödten ließ, begraben
seyn sollen, und die so genannte Schule des heiligen Hiero
nymus, wo man neben seinem Grabe auch die Gräber des
heiligen Eusebius, der heiligen Paula und ihrer Tochter, der
heiligen Eustachia, sieht, welche beide Römerinnen, von den
Graechen und Scipionen entsproffen, den Freuden der Welt
entfagt, und sich in Bethlehem dem Klosterleben geweiht
haben sollen.
Wir begaben uns wieder zum Kloster hinauf, einge
-
41
denk der andern Orte, welche die Aufmerksamkeit der Pilger
in Anspruch zu nehmen pflegen. Aber diese bezeichnet kein
äußeres Denkmaal mehr. Die Gebäude, welche einst die
Grotte der Hirten, eigentlich nur ein geschloffenes, unterir-
disches Gewölbe, bedeckten, sind bis auf Steine und Säu,
len. Schäfte zerstört, Der Boden ist eine grobe Mosaik,
Die Terraffe des Klosters hat eine gar schöne Aussicht
über die nicht schlecht angebaute Gegend und den Jordan
zum todten Meere. Je lebhafter aber der Wunsch war, die
es zu besuchen, desto schmerzlicher traf uns eine Nachricht,
die feine Befriedigung unmöglich machte. Nicht längst hatte
nämlich eine Araber, Familie in Bethlehem sich die Herr
fchaft über die Christlichen und Muhamedanischen Bewoh:
ner des Dorfes angemaßt, willkührliche Abgaben vom Heira;
then, vom Besuche der Heiligthümer u. dgl. erhoben. Dage:
gen war eine gemeinschaftliche Verschwörung der Muhame
daner und Christen ausgebrochen, welche die Ermordung des
herrschsüchtigen Haufes und seiner Verwandtschaft zur Folge
hatte. Aber einige Männer waren diesem Schicksale entflo
hen, und mit ihnen die schwangern Weiber, deren mange
schont, nach Hebron, zusammen etwa fünfzig an der Zahl.
Dadurch werden von hier aus die Araber nach Osten und
Süden in Bewegung gesetzt, und von ihnen unterstützt, for
dern die Vertriebenen ihre Ländereien wieder zurück, welche
die Bethlehemiten weigern, obgleich sie auch unter einander
entweit sind. Dem Muteffelim (Stellvertreter des Pascha)
ist sein Bemühen, die Ruhe mit den Waffen, oder durch
42
einen Vergleich herzustellen, noch nicht gelungen. Die Ara
ber haben schon ein Mahl Bethlehem und das Kloster für
men wollen, so, daß man sich genöthigt fah, Kirchengeräth
nach Jerusalem zu schicken, und schon seit drei Nächten hat,
ten die Franziscaner nicht ruhig geschlafen. Noch bei unser
rer Ankunft schoß man aus einem Fenster in das andere.
Man widerrieth, uns jetzt in den Umgebungen des unt
ruhigen Orts weiter zu wagen. Wir traten den Rückweg nach
Jerusalem an, und besuchten im Vorüberreiten, der schönen
Aussicht wegen, das Griechische Elias Kloster, in defen
Nähe an der Landstraße ein Felsen gezeigt wird, auf welchem
der Prophet sich auszuruhen. vflegte, wann er zur Stadt
wanderte.
d44.de dd - das hat
43
7.
Dshesmanije (Gethsemane). Maria’s Grab. Kö-
nigs-Gräber. Moschee Es Sachra. Zustand Je-
rusalem's. Pilger-Zeugniß.
Die ersten Sonnenstrahlen des folgenden Morgens
leuchteten uns wieder zum Oehlberge. Nachdem wir dort in
dem Garten der Franziscaner die Höhle gesehen, in welcher
der Heiland blutigen Schweiß vergoß, und wenige Schritte
von ihr die Orte, wo er seine Jünger schlafend fand, und
wo Judas ihm den Kuß des Verraths gab, kamen wir nach
Gethsemane (Dshesmanije). Hierher versetzt die Sage das
Grab der Jungfrau Maria. Es ist in einer unterirdischen
Kirche, zu welcher etwa funfzig schön gehauene weiße Mar
morstufen, dreißig Schuhe breit, hinabführen. Mehrere
Christliche Secten haben sich in dieselbe geheilt; selbst die
Muhamedaner besitzen darin eine eigene Gebetstelle.
Als wir hinein traten feierten eben die Armenier ihre
Meffe. Der Patriarch, ein Greis mit langem weißen Barte,
auf dem Haupte eine hohe Bischofs, Mütze mit Perlen ge:
stickt, sang Gebete, und zwei Priester standen mit Lichtern
vor ihm. Der Anblick der Kirche, vom Kerzenscheine er
hellt, in welchem viele Menschen sich bewegen, ist, wenn
man die Treppe hinabsteigt, fehr überraschend. Das Grab
Marien's hat zwei Oeffnungen, und gleicht Christus Grabe.
Es gehört jetzt den Griechen. Nahe am Eingange zeigt
44
man, unter mehrern andern Gräbern, auch das Grab
Joseph's.
Nach dem Gottesdienste gingen wir zum Zelte des Art
menischen Patriarchen, der uns zuvorkommend empfing,
und auf Orientalisch mit Scherbet, Confitüren, Kaffee, Rot
fenwaffer und Weihrauch bewirthete, und mit Blumen bei
schenkte, die auf dem Altare der heiligen Jungfrau geweiht
waren. /
Dann kletterten wir von außen um eine Ecke der
Stadt Mauer, und begaben uns durch ein mit Oehlbäumen
besetztes Feld zu den so genannten Gräbern der Könige von
Juda im Thale Josaphat’s. Sie liegen in einem Blach:
felde, dessen Mitte eine viereckige Grube ist. Ein von bei
den Seiten behauener Felsen Rücken scheidet diese von dem
übrigen Lande, und eine niedrige gewölbte Oeffnung, die
von innen durch einen großen Maulbeerbaum beschattet wird,
führt hinein. Man gelangt in eine vorn offene, oben bei
deckte Felsenhalle, dreißig Fuß lang, beinahe eben so breit,
und wenigstens vierzehn Fuß hoch. Um die Wand läuft ein
buntes Dorisches Gefimfe. Das Architrav hat eine reiche
Guirlande von (wie es mir schien) Lorbeeren. Die Meto,
pen zwischen den Triglyphen enthalten: Weintrauben,
Akanthus und runde Schilde. Der Kranz ist einfach. Zur
Linken der offenen Seite, fast mitten in der Wand, führt
ein niedriger Eingang abermahls zu einem Felsengemach,
aus welchem drei Thüren, zwei zur Linken und eine gerade
aus, in eben so viele ähnliche Gemächer führen. Jedes die
4»
fer drei Felsengemächer hat an jeder Wand drei Grab, Ni,
fchen, von welchen die mittelste jedes Mahl die größte ist,
und im Hintergrunde noch eine Nische in der Quere einschließt.
Auch die Seiten Nischen haben noch Neben-Oeffnungen, so,
daß sie zwei bis drei Leichen enthalten können. Ueberhaupt
find ihrer einundzwanzig. Aus dem letzt erwähnten zweiten
Gemache zur Linken geht eine Treppe von sechs Stufen durch
den Fußboden zu einem tiefern unterirdischen Gemache der
selben Art. Die Oeffnung über ihr war mit einer Platte bei
deckt, auf welcher man auch Särge stellte. Mir ist aber
nicht zweifelhaft, daß zur Rechten der ersten Felsenhalle und
gerade aus noch mehrere Gemächer im Schutte verborgen
liegen. -
Besonders merkwürdig sind die steinernen Thüren die
fer Gemächer, viereckig oder rund in einer gewölbten Nische,
die sich auf steinernen Achsen drehen, und von innen mit steil
nernen Hängen geschloffen wurden. Ihre einfachen Ziera,
then entsprechen der übrigen Bildhauer Arbeit in den wung
derbaren Grüften, die zu der vollendetsten in ihrer Art ge:
zählt werden muß, und durch ihren Geschmack deutlich beur
kundet, daß fie, wenn gleich nach Aegyptischer Form, unter
Griechischem Meißel hervorging, welches mit der Hypothese,
daß das Geschlecht der Herodes die Königs, Gräber erbaut
habe, wohl übereinstimmt. Aber keine Inschrift gibt uns
Gewißheit.
Mehrere Höhlen in der fenkrechten Wand der Felsen,
Schlucht, welche die Stadt nördlich begrenzt, find vom Ge;
*-
4Q
bäude eines Santon umgeben. Man wies uns hier die
Grotte, in welcher Jeremias feine Klagelieder fang, und die
jetzt während der Sommerabende den Griechen zum kühlen
Belustigungs-Platze dient. Wir kehrten durch das Damascus,
Thor zurück, und besuchten Nachmittags noch ein Mahl das
heilige Grab, wo man uns Blumen von demselben gab,
und unsere Kreuze und Rosenkränze weihte. Dann schloßen
wir uns an eine Proceffion der Mönche um die heiligen Orte
(es war Sonntag), welche einen unauslöschlichen Eindruck
auf mich machte. Die ehrwürdige Gestalt der Geistlichen in
einfacher Tracht, der schöne Gefang von der Orgel begleitet,
der Gedanke an den Ort der Feierlichkeit, erheben diese zu
der einzigen auf Erden.
Am Abende waren wir bei dem Stadt Befehlshaber Ab
dul-Kerim Aga, einem rothbärtigen Türken aus Konstantino,
pel. Es gefiel ihm, sehr höflich zu feyn, indem er sich fogar,
Trotz des Ramadhans, herabließ, uns mit Kaffee zu bewirthen,
und selbst ein Fernrohr auf die berühmte Moschee Es Sachra
zu richten, deren Vorhof nicht einmahl ein Christ, bei Tor
desstrafe, betreten darf. Sie wurde bekanntlich auf Moria,
an der Stelle des Salomonischen Tempels, von Omar er
baut (634), von zweien seiner Nachfolger vergrößert und
verschönert, von den Kreuzfahrern in eine Christliche Kirche
verwandelt, und von Salahedin dem Islam zurück gegeben.
Sie bewahrt den Stein Jakob's, auf welchem Gott zu ihm
sprach, und ist durch Manches in Beziehung auf Muha:
med's Leben für die Türken so merkwürdig, daß sie nächst
47
Medina und Mekka von Pilgern am meisten besucht, und von
allen Verehrern des Propheten am heiligsten gehalten wird.
Ihretwegen heißt auch bei ihnen Jerusalem El Kods, das
Heiligthum. Die innere Pracht soll dem Range angemeffen
feyn, und in einigen heiligen Nächten durch mehr als zwan,
zigtausend Lampen erleuchtet werden. Das Gebäude gehört
unstreitig zu den schönsten des Orients, und verdiente wohl,
als Prototyp der Arabischen Baukunft, eine sorgfältige Unter
fuchung und Vergleichung mit den Resten derselben in Spa
nien. Es ist ein Achteck unter bleierner Kuppel, und, so
viel ich unterscheiden konnte, mit einer sehr hübschen Mo;
faik von bunter Fayence bedeckt, die aber an einigen Stellen
abgefallen ist, und mit weißen Inschriften in Suls-Charak
- teren auf himmelblauem Grunde, welche Farbe überhaupt als
Grundfarbe hervortritt. Die zweite, hintere große Moschee,
die am Bergrande und an der Stadtmauer steht, ist länglich,
und schien mir im so genannten Gothischen Geschmack erbaut.
Abdul-Kerim soll bei aller Artigkeit sehr habsüchtig seyn,
und preßt das katholische Kloster gewaltig, seit sich die Nach:
richt verbreitete, daß sein Herr und Gönner, der Pascha von -
Damascus, den Verstand verloren habe. Er fürchtet, bei der
Pascha, Veränderung seine Stelle einzubüßen, und möchte
lieber zuvor fein Schäfchen in's Trockene bringen. Desweit
gen will er auch an die bekannt gewordene Herstellung des
Pascha nicht glauben. uns gab er gefällig ein Empfehlungs-
Schreiben an den Befehlshaber von Nablus.
Die Stelle eines Stadt Befehlshabers von Jerusalem
48
kann im Verhältniffe zur Zahl der Untergebenen schwerlich
zu den einträglichsten gehören. Ihrer find etwa 16.000,
Osmanen, Araber, Juden, Griechen, Armenier, Geor;
gier, Syrer, Abyfinier, Kopten und Franken. Es herrscht
aber Armuth unter ihnen, da hier kein Gewerbe blühet,
und die Ausfuhr der Kreuze und Rofenkränze aus dem Klo
fer St. Salvador, jährlich etwa 50.000 Piafter betragend,
wohl der wichtigste Handelszweig ist. Diese Dinge und mehr
rere andere, als z. B. Abbildungen des heiligen Grabes, der
twichtigsten Christlichen Kirchen, werden meist zu Bethlehem
verfertigt, so wohl von Muhamedanern als Christen, und
finden noch immer Absatz nach Europa. Die Juden, zwischen
dem Sion und Moria lebend, find arm und so faul, daß fie,
ganz gegen ihre Natur, fast gar nicht Theil nehmen am
Handel, und ihr Rabbi bezieht den größten Theil seiner Ein-
künfte von den Wallfahrten der Glaubensgenoffen. Viele
von diesen kommen in hohem Alter aus der Ferne, insbeson;
dere aus der Levante, hier zu sterben, und im Thale Josaphat
zn ihren Vätern versammelt zu werden. Die Straße, wel:
che sie bewohnen, ist die schlechteste und schmutzigste von all
ken, und dies will viel sagen. Auch die übrigen sind enge,
kenleben und nur zum Theil gepflastert, und die Häuser vier
eckige, schwerfällige Maffen aus Lehm oder Stein, sehr
niedrig ohne Kamin und Fenster. Die meisten haben platte
Dächer oder rennde Kuppeln, nnd stehen in einigen Gegen,
den der Stadt sehr nahe an einander; in anderen, zerstreut
und von wüsten Plätzen unterbrochen. Dennoch hat Jerus
49
falem nur den tilmfang von einer Stunde Weges, nimmt
also die Hälfte des Raumes der von Titus zerstörten alten
Stadt ein, und bildet ein Viereck. Seine Mauer, aus
großen Quader Steinen von Soliman 1534 erbaut, wie die
daran befindlichen Inschriften sagen, ist nie unter dreißig,
oft über vierzig Fuß hoch, und reichlich mit Thürmen verse
hen, die bald viereckig, bald rund, etwa dreißig Fuß Dicke
und hundertundzwanzig Fuß Höhe haben. Als Haupt. Bei
festigung gilt aber die Davids Burg, von den Franken der
Pisaer Thurm genannt, und während der Lateinischen Herr
schaft an der Stelle des Thurms Psephina aufgeführt. Von
hieraus soll David die schöne Bathseba im Bade gesehen
haben, wodurch jedoch, wäre es auch gewiß, der Gothische
Thurm weniger merkwürdig feyn würde, als wenn wir ihn
für ein Ueberbleibsek aus den Zeiten der Kreuzzüge ansehen
dürften. Nicht ohne Bedauern vermißt man andere Denkmaa;
ke, welche an diese erinnern. Auf der Stelle des Hauses der
Johanniter Ritter grünen jetzt einige Oehlbäume, Palmen
und Cypreffen, und selbst die Trümmer des Castells auf dem
filen Ferdaus (Paradies-Berge), eine Meile nordöstlich
von Bethlehem, welches die Ritter vierzig Jahre lang ver:
theidigten, dürften ihm fchwerlich noch lange den Namen
des Frankenbergs erhalten, dessen ohnehin die Türken und
Araber sich nicht bedienen,
Mir und meinem Gefährten war es ein Herzens, Be
dürfniß, dem göttlichen Stifter des Christenthums, ehe wir
den Ort, wo er auf Erden lebte und wirkte, für immer ver
4
50
ließen, das Opfer der Andacht an seinem Grabe zu wieder
hohlen. Um hierin durch keine mißfällige Erscheinung ge:
stört zu werden, begehrten wir, daß zu der Zeit niemand
daselbst zugegen sey. So geschahe es; auch der kerzenver
kaufende Mönch mußte sich entfernen. Nur der Organist
blieb, und ließ auf unseren Wunsch Pergolefi's Stabat Mai
ter ertönen, dem Gefühle entsprechend, welches uns bewegte.
Ein solches kehrt nie wieder!
Möchte es denn den gastfreundlichen Bewohnern St.
Salvador’s gelingen, ihr Daseyn in der heiligen Stadt zu
erhalten, und dadurch das Andenken an den Christlichen
Heldenmuth der West-Europäer des Mittel, Alters, die Gut
und Blut für eine Idee opferten, welche jetzt fo wenige Mens
fchen begreifen können. Mit Rührung nahmen wir von den
ehrwürdigen Vätern Abschied, den kleinen Tribut entrich
tend, welchen fiel von Begüterten empfangen, um dürftige
Pilger ohne Entgelt zu erquicken; wir gaben dem Curator -
des heiligen Landes acht, den Armen fünf, dem Commu
niere zwei und dem Koch zwei Ducaten, und bezeugten noch
insbesondere Fra Matthias und Fra Geminiano unsere Dank
barkeit.
Aber das wichtigste Geschenk hinterließ unser Armeni
fcher Bedienter dem Kloster in einer nicht ganz geringen Zahl
- von Kartoffeln, welche er ohne unser Wissen aus Unter-
Aegypten mitgenommen hatte, und die nun in den Kloster
Garten gepflanzt werden sollten, wo ihr Anbau bisher noch
nicht versucht war.
5:
isii: w'urbén mit einem Jollftä-n'dige'n Pifger-Jeugniffe'
äuSge'ftattet*>. Uns lag oß, ung-efäumt dux-ch Vollendung
der Wallfahrt befl'en Inhalt ganz zu rechtfertigen;
‘) Das Dlïeinigc lautet affox
In’ Dei Nomine Amen‘.
Universis et singulis has nostras lectüris iidem facimus [*f-
que attestamur, Dominum OTTO'NEM nu [NEUF-*.", Livoniensem,‘Je-
romlymam appulisse, inde subsequentibus diebus praecipua San-
ctuaria in quibus mundi Salvator suum populum dilectum, imo
et totius humani .generis massam damnatam, a' miserabili dae-
monum potestate misericorditer salvavit: utpote Calvarium, ubi
Cruci affixus. devicta morte coeli ianuas nobis aperuit; Sepul»
crum,- u'hi sacrosanctum ejus c'orpu's reconditum triduo ante suam
gloriosissimam Resurrectionem quievit;. Montem Sion, ubi cum
discipulis ultimam fecit coenam , Eucharisticum sacramentum in-
stituit, iisdem Apostolis, januis clausis, post suam Resurrectionem
apparuit; Thomae Latus misericorditer ostendit, .et Spiritus san.
etus in igneis linguis descendit; Sepulchrum Virginis Mariae,
unde ad coelos assumpta est gloriosa; Montem Oliveti, ubi vi-
ilt-ritibus discipulis ad coelos ascendit Dominus, suorum pedum
vestigia" in aeternam relinquens memoriam; Bethaniam, ubi La-
zarum quatriduanum :! morte suscitavit. caeteraque alia in et
extra Jerosolymam constituta: Item et Bethlehem, ubi idem' Sal-
vator mundi de Virgine Maria nasci, in Praesepio colloCari, a
brutis calefieri, a Pastoribus venerari, a Stella indicari, & Magis
adorari, et modico Lacte pasci non est sane dedignatus, et quae
circa Bethlehem et in via Bethlehemitica conspiciuntur: Mon-‘
tana quoque Judaeae. ubi beata Virgo Elisabeth visitavit, Ortum-'
que habuit magnus Propheta et Praecuraor Domini Joannes; de'-
settum pariter et antrum, ubi idem' Praecursor plurimos v'itam
ducens solitariam latuit anuos:'1nsuper et quae in Galilaea simi-
liter continentur: nimirum Domum Nazareth, tibi beata Virgo
ab Angelo salutata, meruit Filium Dei concipere incarnatum;
Montem Thabor, ubi idem Dominus se transfigu'rando gloriam
mam tribus discipulis dstendit; Mare Tiberiadis", cujus mentio
uepe Et in' sacris Evangelii paginis, propter assiduam Christi Do-
mini consuetudinem; Flumen Jordanem, cujus aquas suo baptis
52
mate consecravit: Denique quae in uniwersa Judaea et Galilaea
continentur, gressibus Domini ac beatissimae «jus Matris come-
crata, eta Peregrmis visitari solita, visitasse. In quorum om-
nium et singularium Fidem, has manu nostra subscripta-, et si.
gillo majori agit-ii nostri munitas expediri mandavimus.
Datis ex nostro Conventu S. Salvatoris Jerusalem, die 28.
Augusti [Rileclmi quinti.
Ff. Hieronymus ab auxima,
tolius Terrae Sanctae Praeses.
De mandato Adm, Rdi in Xto Patria
_ (L.S.) Fr. BarI/wlomaeus ab Arupina,
Secretarius Terrae Sanctae.
* uuo-unh.
::
,
n
53
Z,
Ueber Rama (Arimathia), Bir und Nablus (Si-
chen) nach Nasra.
Um fünf Uhr des Abends (den 28. August) verließen
wir Jerusalem, durch das Megrabinen, Thor reiten, um ein
nen Theil der Stadt, und über das hohe fruchtbare Feld,
wo einst der Kreuzfahrer Lager stand, jetzt dicht mit Oehl:
bäumen bepflanzt. Wir fanden bald eine gepflasterte antike
Straße, die uns steinige Hügel hinan führte. Von ihrer
Höhe überblickt schien Jerusalem mitten in Gärten zu lie
gen, und mit jedem Schritte erweiterte fich die Aussicht auf
die hohen Gebirge. Zur Linken trennte uns ein weites Thal
von einer grünen Berg-Reihe, auf deren höchsten Spitze das
Minareh einer Moschee glänzt, welche deutlich verräth, daß
fie vormahls eine Lateinische Kirche gewesen sey. Sie ge:
hört zu dem Dorfe Nebi Sahamuil an der Stelle des alten
Rama (Arimathia), und soll das Grab Samuel's enthalten.
Auf einem steinigen, runden Hügel liegt das winzige
Dörfchen Schorefat.
Man kommt an vielen künstlichen Felshöhlen, wahr
scheinlich sonst für die Wächter der Gärten, Felder und Her
den bestimmt, an verlaffenen Bäumen und zerstörten Cister:
nen vorbei, die zeigen, wie das Land sonst angebaut war.
Zur Linken des Weges blieben uns mehrere größere Ruinen,
so wie zur Rechten auf einem Berge einige Gebäude, von wel,
54
chen unsere Mucari keine Auskunft geben konnten, und die
Namen fo undeutlich aussprachen, daß ich fiel nicht nach schreit
ben mag.
Im Dunkeln erreichten wir das Dorf Bir (Beer),
welches feinen Namen (Quelle) von dem Brunnen hat, der
am Eingange liegt, und durch ein großes viereckiges Get
bäude geschützt ist, Der Ort schließt sich nahe an einen Fel:
fen, und die Straßen führen über seine Dächer hin. Im
Alterthume war er befestigt, und von feinen Mauern stehen
noch gewaltige Maffen. Alle find mit dichtem Grün um
webt, aus welchen die Lichter der Bewohner sehr schön her,
vor schimmerten. Gärten und Oehlbaum: Pflanzungen füllt
ten die Gegend. Wir lagerten uns nach dem Effen auf dem
flachen Dache eines Back-Ofens, die Maulthiere um uns her.
Aber schon mit dem Aufgange des Mondes verließen
wir die unbequeme Ruhestätte, über steinige, wüste Berge
den Weg suchend, der fich bald in ein weites Thal, dicht
mit Oehlbäumen bepflanzt, fenkte, bald wieder kahle Felsen
hinauf führte, auf dessen anderer Seite, Trotz des Kreide
Bodens, das Dorf Helwada erbaut ist, von welchem wir
abermahls in ein Thal voller Gärten zogen. Solche folgten
fich jetzt ununterbrochen bis Nablus, und besonders find fie
reich an Feigen und Oehl. Man reitet am Bette eines Berg
waffers hin, und findet Reste alter Dämme und Mauern,
in den Bergen an den Thalseiten aber zahllose Grotten. Die
Dörfer liegen alle sehr malerisch auf hohen Bergspitzen, oder
an steilen Abhängen. Ras Kereha blieb zur Linken auf ein
55
nem hohen Berge und weiterhin Sindshil; in der Ferne vor
uns, gleichfalls auf einem hohen Berge, eine viereckige
Ruine, Chürbeh Sindshill genannt, und zur Rechten in ei:
nem weiten Thale, auf einem runden, grünen Hügel in der
Ferne, Tarmutahara. Gern hätte ich einige Untersuchungen
angestellt, aber die Furchtsamkeit unserer Führer gestattete es
nicht. Erst bei Sindshil, wo wir das Thal verließen, fan
den fie für gut, Halt zu machen, um Kaffee zu bereiten, und
nach dieser Pause, die nichts störte, schien die Furcht der
Memmen gewachsen zu feyn. Sie versicherten, daß in all
len Dörfern nur Rebellen und Räuber wohnten, und unsere
Aeußerung, daß sich nicht begreifen ließe, warum diese wohl
gewartet haben sollten, bis wir Kaffee getrunken, ehe sie
uns plünderten, machte keinen Eindruck. Leider hatten wir
keinen Janitschar zur Begleitung, und konnten ihnen also
auch die Ueberzeugung nicht mittheilen, wie daraus, daß
uns die Knaben der Araber an einigen Orten Schimpfworte
und Steinwürfe nachgeschickt hatten, auf Mord oder Plün
derung nicht zu schließen fey.
Das Dorf Akrabi blieb uns zur Rechten, und weiter
zur Linken die Dörfer Sgabna (Sbagna) und Howara,
beide an einem und demselben kahlen, runden Steinberge,
wiewohl auf verschiedenen Seiten, und wir betraten endlich
das enge Thal, worin Nablus (Sichem oder Sichar) liegt,
welches nur sechs Meilen von Jerusalem entfernt seyn soll.
Ein mühseliger Weg!
Am Eingange des Thales sind mehrere Brunnen, unter
56
-
welchen man noch den Jakob's Brunnen zu erkennen glaubt,
wo Christus die Samariter um sich fammelte, und überzeu:
gend zu ihnen sprach. Von demselben Völkchen find hier
etwa noch funfzehn Familien übrig, die uns sehr beschwert
lich fielen. Zu unserer Aufnahme wollte sich niemand bereit
finden. Die Bewohner empfingen uns vielmehr mit Grit
maffen und Grobheiten; wir suchten selbst ein Zimmer für
die Nacht in einem Chan vergeblich. Endlich ließen wir uns
in einem Hofe nieder, und schickten Kirkor mit dem Em:
pfehlungs-Schreiben aus Jerusalem zum Aga, der gleich ei:
nem Christlichen Waffenschmiede andeuten ließ, uns für die
Nacht fein Gemach einzuräumen, welches geschah. Als
bald fammelten sich viele Personen um uns, die ungeladen
sich fetzten, und rauchend uns angafften. Nur mit Mühe
konnten wir uns der langweiligen Gäste entledigen, die, wie
wir erfuhren, Samariter waren. Sie sollen sich gern zu
den Franken drängen, feit ihnen jemand eingeredet, daß es
auch in Europa Samariter gebe. In ihrem Aeußeren bei
merkten wir nichts Auszeichnendes.
Nablus, welches eine auffallende Aehnlichkeit mit
Heidelberg hat, lehnt sich an den Berg Garizim. Dieser
ist im Süden grün, mit Gärten überdeckt, die sich terraffen
förmig erheben, hin und wieder ist der Boden senkrecht.
Die Umgebungen der Stadt im Thale sind gleichfalls voller
Gärten und Brunnen; sie scheinen ein dichter Wald von
Obstbäumen. Gegenüber erhebt sich nackt und steil der runde
Rücken des Eba. Am Fuße und an beiden Seiten defel
57
ben fahe ich viele Grotten, wovon manche sorgfältig gear;
beitet schienen, und den Nablusiern zu Gräbern dienen, wie
es wohl ihre ursprüngliche Bestimmung gewesen seyn mag.
So bald die Stadt Thore geöffnet waren, zogen wir
von dannen. Hinter uns blieb Dsheeret auf fernem Berge,
Wir überstiegen den Ebal, und kamen an Affira vorüber,
das zur Rechten lag, zum befestigten Dorf Sennur, auf ei:
nem einzelnen runden Berge, dadurch merkwürdig, daß
Dsheser Patscha es nicht bezwingen konnte. Aus den Gärt
ten warfen uns die Kinder mit Steinen. Belain liegt in
einem fruchtbaren Thale, und eine kleine Stunde weiter
Dsheran. Hier betritt man die grüne Ebne Esdrelon, über
all mit Bergen umgeben, unter welchen sich der Dshebel
Tur (Thabor) und Daal (Hermon) auszeichnen. Sie ist
fruchtbar, aber schlecht angebaut, und zeigte uns mehrere
Spuren verlassener Ortschaften. Wir durchzogen fiel der
Länge nach, und stiegen dann wieder Berge hinan, die mit
kleinen Gebüschen bedeckt sind. Im Dunkeln kamen wir an
einem trefflichen Brunnen vorbei (Brunnen Jefreel?) end;
lich, spät Abends nach Nasra, welches in einem felsigen
Bergkeffel liegt. Es war der 30. August.
- -
58
9-
Nasra (Nazareth). Kana. Der Segensberg. Ta-
beria (Tiberias). Thabor. Berg des Abgrundes.
Joseph's, Jakob's und Maria’s Wohnungen.
Das hiesige Franziscaner-Kloster ist gewiß das schönste
in Palästina, sehr abstechend gegen das ärmliche Dorf. Ein
Thor von zwei zertrümmerten Granitsäulen führt in den er
fen und ein großes gewölbtes eisernes Thor in den zweiten,
innern Klosterhof, in welchem ich die Oeffnungen dreier Cit
fernen bemerkte. Wir gaben dem Guardian unfere Briefe
ab, speiseten und gingen zur Ruhe.
Aber früh am folgenden Morgen faßen wir wieder,
in Gesellschaft einiger Klosterdiener, auf unsern Maulthie,
ren, um die Umgebungen des Orts, in welchem Jesus seine
Jugend-Jahre verlebte, zu besuchen. Zuerst fahen wir in
Nazareth selbst den Brunnen der Maria, und zogen dann
nordöstlich, ein Dorf Ranua vorüber, nach Kana. Von
einer Stadt dieses Namens fahe ich keine Spur mehr. Vor
dem Dorfe zeigte man jedoch den Brunnen, dessen Waffer
Christus in Wein verwandelte, und das Haus des Bartho
lomäus, wo die Hochzeit war, bei deren Feier der Heiland
dieses erste feiner Wunder wirkte. Dann kamen wir zUm
Felde, von welchem er drei Aehren genommen.
Störend war die Erinnerung an eine Begebenheit und
ferer Tage. Unweit dem Dorfe Lubia sahen wir den Platz,
59
wo der Französische General Kleber, im Jahr 1799, mit 1500
Mann sich gegen 4000 Türken wehrte, welche endlich die
Flucht ergriffen, als Bonaparte aus Aka zu Hülfe kam, und
nur eine Kanone abschoß.
Zur Linken des Weges erhebt sich, flach ansteigend,
ein länglicher Berg, der östlich und westlich einen runden
steilen Hügel hat, genannt, die Hörner von Hutin. Ein Dorf
Hutin liegt gegen Westen am Fuße des Berges, welcher bei
den Christen der Segensberg heißt, weil auf ihm der Hei:
landfeine Bergpredigt gehalten haben soll. Jetzt erschienen
die Berge gelb von den Stoppeln und vertrockneten Disteln.
Diese pflegt man zum Dünger zu verbrennen; daher die vier
len schwarzen Flecken auf gelbem Grunde, Vom Gipfel des
Berges erblickt man die Mauern von Taberia (Tiberias),
feinen See, Bahharet Taberia (das Galiläische Meer) und
die hohen Berge des Hauran. Links scheint aus weiter
Ferne das Schloß Bethulia herüber.
Tiberias, einst nach Jerusalem's Zerstörung, lange
Hauptsitz des geistlichen Ober-Haupts der Juden und Jüdi:
scher Gelehrsamkeit (die Verfaffer der Mischna lebten an der
hiesigen hohen Schule,) kündigt sich nur durch feine Mauern
von außen als Stadt an, und ist im Innern einem Dorfe
viel ähnlicher, bewohnt von Arabern und Juden. Wir bei
gaben uns zur Peters, Kirche, welche den Franziskanern zu
Nazareth gehört, die darin jährlich am Tage des Heiligen
eine Meffe lesen. Das Gebäude, dessen Giebel in einen
kleinen Hof fieht, ist sehr massiv, empfängt aber nur ein
60
spärliches Licht durch die Thür, und enthält nichts, als ein
nige schlechte Bilder, Arabische Gebet, Bücher, kleine höl
zerne Schemel und Gebet Krücken. Sie war im Innern
fo dumpf und heiß, daß wir es vorzogen, in dem freien
Hofraume zu lagern und zu übernachten.
Etwa 40 Schritte von dem See, nahe am Fuße
fchwärzlicher Basalt Felfen, liegt ein warmes Bad, dessen
Waffer von bitterem Geschmacke und schweflichtem Geruche
ist. Die Einfassung aus der erwähnten schwarzen Steinart,
die schwefelhaltig feyn mag, foll von jenem berüchtigten
Dshesar Pascha herrühren, und ist zum Theil schon wie
der zerstört.
In dem sehr fischreichen See befindet sich kein Boot.
Die Fifcher gehen bis an den halben Leib hinein, werfen
ein kleines Handnetz aus, und ziehen es voller Fische zurück,
Wir versuchten es selbst, und thaten einen so reichen Zug,
daß er nicht allein zu unserer Abend Mahlzeit genügte, fon:
dern daß wir auch den guten Mönchen ein Geschenk mal
chen konnten,
Die Furcht, das einzige Stadtthor möchte geschloffen
werden, kürzte unsere Untersuchung ab. Auf dem Rückt
wege fahen wir flüchtig zahlreiche Ruinen der alten Stadt,
mächtige Trümmer eines Dammes oder einer Mauer an der
Seeseite. Alles aus Basalt erbaut, vielleicht von Justinian,
der Tiberias wieder herstellte.
Dem Gedanken, von hieraus in die Jordan, Aue zu
dringen, mußten wir fahren laffen, da die Führer uns vert
61
sicherten, das Ufer des Flußes fey von raubsüchtigen Beduit
nen besetzt, und selbst die Soldaten des Befehlshabers wür
den nicht wagen, uns zu begleiten. Als es zu spät war,
erfuhren wir, daß dieses Unwahrheit fey, aber daß die Na,
zarener mit den Arabern im Kriege lebten, und außer der
Zeit der Pilgerschaft niemand dorthin führen möchten.
Der große befestigte Chan, welcher etwa fünf Stun,
den von Tiberias, am Fuße des Thabor liegt, wurde uns
nicht mehr Ain el tüdschar, sondern Sukel, Chan genannt.
Wir fanden (am 1. September) eine große Karawane von
Kameelen und Eseln, die nach Damascus ging, vor demselben
gelagert, und stiegen durch Eichenwälder den schönen Berg
hinauf. Der Weg ist nur an einigen Stellen steil und
schlecht; die Aussicht vom Gipfel aber, der sich in einer
Stunde erreichen läßt, eine der schönsten, die man haben
kann: in Süden die weite Ebene Esdrelon; in Osten die hor
hen Gebirge, welche das Ufer des Jordan's und des Sees
Tiberias begränzen; im Norden der Anti-Libanon; im Wer
ften der Karmel und das Mittelländische Meer. Der Gipfel
ist eine Ebene, worauf einst ein großes Dorf mit Kirchen
und Klöstern stand, wie es scheint, von Mauern und Grät
ben umgeben. Es sind noch Mauern und Gewölbe mehre:
rer Kirchen und Cisternen vorhanden, halb in den Felsen gez
höhlt, halb gebaut, mit trefflichem Waffer. In einer unt
terirdischen Capelle wird am Tage der Verklärung Christi,
die auf Thabor sich ereignete, Messe gelesen,
Wir stiegen zu Fuße hinab, um den nahen Berg des
62
Abgrundes zu besuchen. Nachdem wir eine Weile in dem
grünen Wiesenthale fortgegangen waren, an dessen einem
Ende Nazareth liegt, kamen wir zu einer Schlucht zwischen
zwei hohen Felsgebirgen, die sich gegen die Ebene Esdrelon
öffnet. Die Berge bilden schräge Abhänge, gut bewachsen,
und laufen am Fuße zusammen. Der Weg windet sich im
Zickzack an der rechten Wand hin, zieht sich rechts um die
Bergecke zu einer fenkrechten Felswand von rothem und
schwarzem Stein. Am Fuße derselben find zwei Cisternen
und ein kleiner Altar in den Felsen gehöhlt. Am gegenüber
stehenden Berge sind mehrere Grotten bemerkbar. Ein stei:
ler Abhang führt von hier zur Ebene Esdrelon hinab.
Wir kamen früh genug nach Nazareth zurück, um noch
einen Theil seiner Merkwürdigkeiten in Augenschein zu neh
men. Zuerst Joseph's Haus. Daffelbe ist eine Kirche, die
sonst mit dem Kloster zusammen hing, jetzt einzeln in einem
geschloffenen Hofe liegt, von Wohnungen der Muhameda
ner umgeben, welche felbst die Hälfte der Kirche durch eine
Wand abgetheilt und besetzt haben. Man zeigt in derselben
einen Pfeiler, aus porösem Stein erbaut, der noch von der
wirklichen Wohnung Joseph’s übrig seyn soll.
Jakob"s Haus liegt ziemlich welt davon. Daselbst ist
ein großer, platter Felsen zu fehlen, an welchem Christus nach
der Auferstehung mit den Jüngern zu Tisch saß. Auf den
Felsen ist fein schönes Bild, nach dem an den König Abga,
rus gesandten, wie man fagt, gemalt.
In der Kloster Kirche selbst war sonst das ganze Haus
63
der heiligen Jungfrau, und da es der Engel nach Loretto
brachte, ließ er hier den unterirdischen Theil zurück, der jetzt
noch gezeigt wird. Man steigt auf schönen Marmorstufen
unter das Chor hinab, zu welchem auf beiden Seiten Trep,
pen mit eisernen Geländern führen, und findet zuerst einen
Altar an dem Orte, wo der Englische Gruß geschah, dann
die Küche Maria’s und mehrere andere Gemächer. Das
Felsen Gewölbe soll eine Granitsäule tragen, von welcher
man aber unten ein ellenlanges Stück abgehauen hat, so
daß die aus der Decke herabhängende Säule von dieser
getragen wird, Statt sie zu stützen. Ich weiß nicht, warum?
Die Kirche besitzt die schönsten Bilder Palästinas, vor
züglich eine Verkündigung und eine Mater dolorosa in der
Sacristei von sehr hohem Werthe.
Mit Vergnügen wird man hier überhaupt gewahr, wie
frei und sicher sich die Kloster Bewohner fühlen. Sie sind
fröhlich und guter Dinge, von den Türken ungleich weniger
gequält, als anderswo. Unter den herzlichsten Wünschen für
die lange Dauer dieses sehr wandelbaren Glücks verließen
wir sie um zwei Uhr des Morgens, am 2. September.
- - - - - - - - - - - - - - -
10.
1teber Chaifa (Porphyreon) und den Berg Karmel
nach Aka.
Mit ungewöhnlich schlechten Pferden wagten wir uns
auf den Felsenweg, der westlich zum fruchtbaren Felde Sa.,
bulon führt, in welchem das Dunkel der Nacht die zerstreu:
ten Feuer der Arabischen Lager weit glänzen ließ. Wir zo,
gen nur ein Paar sehr schlechte Dörfer vorüber bis dahin,
wo eine Reihe waldiger Hügel die Ebene von dem Golf von
Aka trennt. Wir überstiegen fie, erblickten eine wohl bei
baute Fläche, vom Meere begränzt, und von dem waldigen Kar:
mel, an dessen Fuße wir hinritten, und einige Schritte weit
ter durch das klare, grüne Waffer des Mukattua (Kichon)
fetzten, der dicht an dem Berge hindringt, und bei seinen
Ausfluffe mit mehreren Armen liebliche Gärten bewäffert.
Längs diesen Gärten voll reifer Feigen und Granaten kamen
wir nach dem Flecken Chaifa (Hepha), im Alterthume durch
feine Purpur-Fischereifo ansgezeichnet, daß er den Namen
Porphyreon erhielt. Der gute Ankergrund seiner Rhede ge:
währt ihm den Vortheit, daß Schiffe, die nach Aka bestimmt
find, hier anzulegen pflegen. Es zeugen aber die Reste ei:
nes Castells und zweier Kirchen dafür, daß dies den alten
Flor des Orts nicht erhalten kann.
Wir stiegen bei dem einzigen Karmeliter Mönche ab,
der hier noch übrig ist, einem Malthefer, und ritten mit
65
ihm einen steilen Weg zu dem zerstörten Kloster des heiligen
Elias auf dem Karmel. Dieses große Gebäude ist erst von
den Franzofen in ein Pest Hospital verwandelt, und dann
eben deshalb von den Türken zerstört worden. Gute Cister,
nen und ein halb wüster Garten, die Grotte enthaltend, in
welcher Elias wohnte, gehören dazu. Ein Theil der Kirche
wird noch zum Gottesdienste gebraucht. Nicht weit davon
liegt ein Griechisches Kloster.
Wir fuchten das alte Karmeliter-Kloster auf dem etwas
niedrigern Gipfel des Vorgebirges, aus einer Capelle, eini;
gen Zellen und Brunnen bestehend, sämmtlich in den Felsen
gehauen, der hier von Feuersteinen in einer Mutter von weiz
cher Kreide gebildet wird. Der Höhlen sind überaus viel im
Karmel, vorzüglich an der Westseite; man sagt, mehr als
tausend, und vor Alters sollen sie von Mönchen bewohnt
gewesen seyn, welchen man jedoch deren Anlegung nicht zu
schreiben darf. In einer Gegend, die „Höhle der Ordens,
Leute“ genannt, findet man an vierhundert neben einander.
Fenster und Schlafstellen find in den Felsen ausgehauen.
Weiter unten, in hartem Kalkstein, Gebirge, liegt eine, die
sich durch ihre Größe auszeichnet, etwa zwanzig Schritte lang
und über funfzehn Schritte breit und hoch. Sie schallt U17
gewöhnlich laut. In ihr soll Elias gewohnt haben. Jetzt
ist sie ein Muhamedanisches Heiligthum, und wird Chider
Elias, der grüne Elias, oder kürzer, El Chider, der Grüne
genannt. Wie der Heilige sich diesen Beinamen erworben hat,
weiß ich nicht, aber er verdient ihn, wenn sich derselbe auf
5
66
seinen hiesigen Aufenthalt beziehen soll; denn der Berg Kar:
mel kann vorzugsweise der Grüne heißen. Er ist wirklich
ganz grün, auf seinem Gipfel mit Fichten und Eichen, unten
aber mit Oehl und Lorbeer, Bäumen besetzt, und überall
trefflich gewäffert. Einer Menge kristallheller Bäche gibt er
den Ursprung, deren größter aus dem Elias Brunnen strömt,
und die in dicht bebüschten Ufern dem Kifchon zueilen. Je
der Anbau gedeihet in der milden, heitern Luft. Die Aus-
ficht vom Gipfel über den Golf von Aka und feine fruchtbar
ren Ufer, über die blauen Höhen des Libanon bis zum
weißen Vorgebürge ist bezaubernd.
Der alte Derwisch, welcher uns in seinem Kiosk neben
der Elias Höhle mit Kaffee bewirthete, wußte viel von dem
Propheten zu erzählen, den er selbst gesehen zu haben verfi:
cherte. Er schilderte ihn als einen schönen Greis mit dem
weißen Kleide eines Scheichs angethan.
Nach dem Mittags-Effen brachen wir wieder auf, und
und zogen beständig das Meer entlang. Eine Reihe fandi,
ger Dünen trennte uns von der fruchtbaren Ebene. Wir
ritten abermals durch den Mukatua und dann durch den
Noman (Belus), aus dessen Sande das erste Glas gemacht
feyn foll, und der jetzt wafferreicher war, als jener. Am
Thore von Aka weigerte man, uns einzulassen, weil bei
fohlen fey, alle Fremden zuvor zu melden; aber es dauerte
nicht lange, so kam ein Officier, der die Erlaubniß gab.
- - - - - - - - - - - - -
67
II.
Von Aka (Ptolemais, St. Johann von Akra) über
Gur (Tyrus) Saida (Sidon), Beirut (Berytus)
und den Libanon nach Baalbek. -
Die Stadt Aka (Ptolemais, St. Johann von Akra)
an der Nordseite des Meerbusens belegen, und mit einer vier
Faden hohen Mauer umgeben, trägt im Innern und Aeußern
viele Spuren der Verwüstung. Wir ritten an mehreren Mo-
scheen, mit schönen Bäumen bepflanzt, vorüber, zum Hause
des Russischen Consuls, Herrn Antonio Catafago, der uns
auf der Treppe erwartete, und beinahe mit einem lauten Ger:
lächter von uns begrüßt wäre, wegen seines seltsamen Anzu:
ges. Er war Orientalisch gekleidet, hatte aber das Haar
in einen kleinen Zopf gebunden, und einen altmodischen,
dreieckigen Huth ganz im Nacken aufgesetzt. Diese Insignien
seiner Europäischen Würde verließen ihn nie, so lange wir
in Aka waren. Er wußte ihr indessen anderweitig Ehre zu
machen, und räumte uns eine große Wohnung ein.
Die merkwürdigsten Gebäude Aka's hat Dshesar Pascha,
furchtbaren Andenkens, errichtet. Auch die Festungs-Werke,
die jedoch weder genützt haben, noch nützen werden. Denn
fie find, wie gewöhnlich bei den Türken, erst angelegt, als
der Feind abgezogen war, und nachher nicht unterhalten,
weshalb ein Theil derselben, welcher in die See hinaus geht,
schon wieder eingestürzt ist. Beffer gelang es ihm mit mehreren
68
geräumigen Chans, die er neu aufführen ließ. In einem
ruht die Galerie um den Hof auf zweiunddreißig Granitsäur
len aus den Ruinen von Kaisaria (Cäsarea). Mir gefiel vor
züglich ein weitläufiges Bad, dessen Wand von unten
mit Fayance und der Boden mit buntem Marmor bedeckt ist.
Es enthält eine Menge größerer und kleinerer, gut erleuchtet
ter Zimmer, zur Steigerung der Hitze eingerichtet. Dshefar's
Moschee liegt in einem hübschen Garten von Palmen, Obst
Bäumen und Blumen: Die Kuppeln des Hofes ruhen auf
Säulen von weißem und rothem Marmor und Granit, auch
aus Kaisaria. Die Kuppel der Moschee selbst ist leicht und
hübsch, voll Inschriften; ihr nahe, umgittert, unter einem
Dache, Dshesar’s Grab aus weißem Marmor mit Gold,
von den schönsten Cypreffen beschattet. -
Vor der Stadt sieht man eine große, jetzt zerstörte
Wafferleitung, die Dshesar gebauet, sein Nachfolger Su:
leiman/Pascha aber unbenutzt gelaffen, und eine neue schon -
der Vollendung nahe gebracht hat. - -
Die Stadt soll an 15,000 Einwohner zählen, unter
welchen viel Armenier und Griechen sich befinden, und Trotz
der Schlechtheit des Waffers und der Luft immer mehr empor
kommen, da die Europäer durch das leichte Fahrwaffer des
Hafens sich nicht abschrecken laffen, Getreide, Seide und
Baumwolle zu hohlen, die in den Umgebungen trefflich ge:
deihen. Es zeigen sich auch Spuren von Wohlstand in dem
Aeußern des gemeinen Volks, das hier gewöhnlich einen bis
zum Knie reichenden, streifigen Rock trägt, dessen Obertheile
6)
bunte Zierathen, nach einem allgemeinen Muster eingewebt,
find. Man pflegt ihn fertig zu kaufen, und zuweilen noch
einen weiten, breit gestreiften Mantel darüber zu hängen.
Zur Kopfbedeckung dient eine zur Seite herabhängende 1'0%
the Mütze, mit einem Paar bunten Tüchern um die Stirn
befestigt. Die Araber erscheinen in weißen Hemden mit
Dolchen im Gürtel. Der Weiber Anzug ist der gewöhnliche
Orientalische, - Ihr Kopfputz besteht aus einem Tuche, das
hinten vom Kopfe herabfällt, vorn aber das Haar sehen
läßt, und um die Stirn mit einem kleineren Tuche befe,
stigt wird. Ich fand sie hier mehr verschleiert, als in Na
zareth und unter Weges auf dem Lande. Schönheiten find
nicht selten; aber ihr vermeinter Schmuck entstellt fie. Sie
pflegen Wangen und Stirn mit einer Reihe großer Silber
Münzen zu zieren. Die reichern Frauen in Aka tragen
Statt deren Gold, Münzen, eben so und auch um den Hals,
überhaupt viel Geschmeide. Sie laffen das Haar lang hän
gen, oder binden es in Flechten auf, und bedecken es mit
einem kleinen Turban, dessen Mütze auch gestickt ist.
Da Herr Lidman hier kein Schiff zur Rückreise nach
Konstantinopel fand, so mußte er sich entschließen, mich nach
Seida oder Beirut zu begleiten. Herrn Catafago's. Bei
mühungen gelang es, uns durch den vielgeltenden Minister
Chaim eine Menge Bujuruldis (offene Befehle) vom Par
scha zu verschaffen, der überhaupt den Franken sehr gewo:
gen ist. Dafür statteten wir dem Minister einen Besuch ab,
und fanden bei ihm eine überaus höfliche Aufnahme. Er
7o
ist ein Jude, dem Dshesar Pascha hat die Nase abschneiden
und ein Auge ausstechen laffen, auf deren Stellen er jetzt Pflat
ster trägt. Diese Verstümmelung hindert ihn jedoch nicht,
nächst seinem Herrn der angesehenste Mann in Aka zu sein.
Am Nachmittage (4. September,) reiseten wir ab,
zufrieden mit guten Pferden und deren bequemen Sätteln,
wie mit der Sitte, diesen Thieren lange Troddeln vor die
Brust zu hängen und ein Tuch unter den Bauch zu binden,
um sie gegen Infekten zu schützen.
Nach etwa drei Stunden kamen wir die Dörfer Sex
merieh und Dschib (Achzib, Ecdippa) vorüber, durch ihre
Waffer Melonen berühmt, welches letztere auf einem Hügel
am Meere liegt. Das weiße Vorgebirg (Promontorium album),
drei Meilen von Aka, entspricht feinem Namen, den es von
dem steilen weißen Kalkstein, Felsen führt, aus welchem das
felbe besteht. Auf ihm hat man zur Erhebung des Wege:
Zolls ein Gebäude errichtet, nach seiner Bestimmung, Ker
far, genannt. Wir ruhten hier mehrere Stunden, und
verfolgten dann in der Nacht unfern Weg, der über einen
sich zur See neigenden, doch nicht teilen, unbebauten Ab
hang führte, einem zweiten Kefar vorüber, zu dem von
Suleiman Pascha neu angelegten Brunnen, den unser Füh:
rer Ain es Sakar, Zucker, Brunnen, nannte.
Vor Sonnen-, Aufgange erreichten wir Ras al Ain
(Palätyrus). Große Steinbecken von Türkischer Bauart
auf antiken Fundamenten sammeln ein starkes Waffer, das
mehrere Mühlen treibt, und durch eine alte, malerisch um
71
grünte Wasserleitung sich in die Ebene verbreitet. Daher der
Name: Haupt der Quellen.
Bald erblickten wir einen sandigen Strand und die
Halb-Infel, auf welcher die Trümmer von Tyrus sich über
einander häufen. Von dem ältesten ist aber, bis auf ein Paar
Bogen einer Wafferleitung, die weit hinter den Sandhü,
geln liegen, welche von den Trümmern des dritten Tyrus
gebildet sind, nichts zu sehen, mit Ausnahme des Dammes
von Alexander's Teiche. Der Drusische Emir Fakhreddin
hat in einer Ecke der Halbz Insel eine befestigte Wohnung
angelegt, welche jedoch als Castell, mit einigen Janitschar
ren besetzt, unzureichend ist. - -
Die jetzige Stadt Sur, die richtiger ein Dorf heißen
sollte, nimmt kaum zwei Drittheile der ehemahligen Insel
ein. Die Halb-Insel und das Ufer umher find tiefer Sand.
Gegen Norden ist ein doppelter Hafen; der innere war mit
Mauern und Thürmen befestigt, wovon noch Reste, wahr,
scheinlich aus dem Mittelalter, zu sehen sind. Er ist sehr
feicht. Den übrigen Theil der ehemahligen Insel nehmen
Felder oder Gärten von Feigen und Nopal ein, welche je:
doch von einer verfallenen Mauer mit Basteien ohne Kano,
nen eingeschloffen sind, wie die ganze ehemahlige Insel, die
auch an der Landseite ein Paar Thürme hat.
Wir konnten einen Theil des Weges übersehen, den
wir während der Nacht zurück gelegt hatten. Vor Ras al
Ain beginnt hart am Meere eine antike, in den Felsen ge:
hauene, Theils stufig gepflasterte Straße, die man Alexan:
V-
72
der dem Großen zuschreibt. Das Meer brach sich gewaltig
daran, und in fein Getöse schallte dumpf der Kanonen, Don
ner, womit man in Aka das Beiram's Fest ankündigte.
Zur Feier desselben waren auch wohl die beiden Rufi:
fchen Schaukeln errichtet, die mich im Sande vor dem Thore
von Sur überraschten. Alles war festlich gekleidet, und die
Soldaten figurierten mit dem Dsherid. Uns gab man ein
ureinliches Zimmer im Hofe der Thomas Kirche, wo mich
gänzliche Erschöpfung wider Willen zum Schlafe zwang, bis
wir des Nachmittags uns zum Aufbruche gürteten.
Der Abend war unbeschreiblich schön, wie der vorige.
Wir zogen einen verwüsteten Chan vorüber, wo eine Brücke
über den Kasemich (oder Leitane) führt, der hier aus einem
wilden Gebirgs/Thale tritt, und in mäandrischen Krümmun
gen blumige Wiefen durchschlängelt. Die Gegend ist fast
ganz unbebaut. Wir bemerkten nur ein Baumwollen Feld,
das vor Unkraut kaum zu unterscheiden war, und zwei Gafellen
liefen am Wege. Unerwartet erblickten wir einen kleinen, vom
Meere gebildeten Hafen, und daneben offene und verschütt
tete Cisternen, Reste von Säulen und Altären, und ein vier
eckiges Fundament am Meere, wo man auf Stufen in eine
Vertiefung hinabstieg. Welcher alte Ort stand hier? Viel
leicht Sarepta?
Am Grabe Scheich Chider's, jetzt von Scheich Musa
bewohnt, legten wir uns zur Ruhe nieder, welche aber von
Flöhen und Arnauten gestört wurde. Letztere lärmten so,
daß wir uns lieber weiter begaben, und nach einigen Stun
73
den, an dem Ufer eines Fluffes, über welchen Suleiman
eine große Brücke geführt, abermahls Halt machten und
Kaffee tranken. Bis dahin hatten wir in dem Lande viele,
zum Theile ausgetrocknete Flüßchen, viele Quellen und
Brunnen bemerkt.
Bei Sonnen Aufgange (6. September,) erblickten wir
Saida (Sidon). Ein einzelner Thurm auf einer Anhöhe
erhebt sich zuerst aus den Gärten, welche die Stadt, wie ein
dichter, schöner Kranz umgeben. Sie macht einen angeneh:
men Eindruck. Die Häuser, meist ihre Aussicht in’s Freie
habend, find groß und gut gebaut, und vor jedem ist ein
Garten, worin dichte Büsche von Bananas grünen, und
mancherlei Blüthen dem Wanderer ihren Duft entgegen fen:
den. An der andern Seite des Weges vor dem Thore ist ein
Türkisches Begräbniß, voll der schönsten Bäume. Türkische
Frauen sahen wir hier bei den Gräbern beten. Auf einem
Hügel, der die Stadt beherrscht, liegt ein Schloß; ein zwei
tes im Meere. Aber das Innere erfüllt die Erwartung weit
nig; die Straßen sind enge, und die Häuser meist schlecht
gebaut.
Wir traten im großen Chan ab. Doch ein Französis
scher Arzt, dessen Name mir entfallen ist, lud uns bald zu
sich ein, und gab uns ein Paar Zimmer ohne Möbeln.
Mehr bedurften wir nicht, da wir keinen Grund fanden,
hier lange zu verweilen. Vom alten Sidon fehlen alle Spur
ren, und dem neuen die Schiffe, von welchen eins meinen
Gefährten hätte nach Cypern bringen können. Der hier
74
sonst blühende Handel zieht sich immer mehr nach Beirut. Der
Hafen, um welchen man noch Reste eines Dammes fieht,
ist ganz versandet. Doch mag der Ort noch über 8000 Ein
wohner, größten Theils Griechen, zählen.
Im Norden fanden wir, bei unserer Abreise am Nach
mittage, bis über den Fluß Auleh (Leon?) hinaus, seine Umge:
bung reizend mit Gärten geschmückt, und Saida selbst verliehen
die Berge im Hintergrunde ein ungemein liebliches Ansehen.
Aber hinter dem Auleh beginnen wieder kahle, steinige Ber:
ge, über welche eine antike Pflasterstraße führt. Eine solche
Straße, jetzt zerstört, ist ärger, als ob nie eine da gewesen
wäre. Nicht weit von ihrem Ende liegt der Chan Nebi
Junus, Prophet Jonas, mit einigen Neben Gebäuden,
Gärten und guten Quellen in einer fruchtbaren Gegend,
reich an schönen Bäumen. Wir schliefen dafelbst recht gut,
ob ich gleich durch den offenen Bogen der Halle, unter wel,
cher wir lagen, während der Nacht einen starken Regen,
guß bekam.
Hier wird der Weg abwechselnd, bald hart am Meere
durch tiefen Sand, bald weiter vom Gestade über schlechte
steinige Strecken führend. Aber die Ansicht der bebauten Bert
ge, voller Dörfer, Klöster und Gärten, hält dafür schadlos,
Etwas oberhalb des Weges ward eben über den Damer Fluß
(Taunyras), den wir des Morgens erreichten, eine Brücke
gebaut. Er tritt aus einem engen, von steilen Bergen um
gebenen Thale; ein Waffer ist klar und frisch, und von der
Fruchtbarkeit seiner Ufer zeugen die schönen Gärten. Er ist
75
vorzüglich von Rosen Lorbeeren umkränzt. Bei einem Kefar,
welcher en mami, von einem gleichnamigen nahen Kloster
genannt wird, speiseten wir, und waren zeitig in Beirut
(Berothat, Berytus) (7. September).
Die Stadt liegt auf einer herrlichen, grünen Halb. In
fel, und hat im Norden einen Meer Busen am Ausfluffe des
ziemlich breiten und tiefen Nahr Beirut (Magoras). Sie zeigt
sich nicht eher, bis man am Thore steht, denn man reitet immer
in Hohlwegen, zwischen den schönsten Gärten. Ein Kalk
berg voller Landhäuser, Wein und Maulbeer, Pflanzungen
bedeckt die Stadt von der Landseite fo, daß man sie nur
sieht, wenn man sehr hoch hinauf klettert, Zwischen den
Gärten find Pinien, Wäldchen zerstreuet. Nahe am Thore
ist ein hübscher freier Platz mit Brunnen und Bäumen.
Wir fuchten alsbald Herrn Laurella, den Russischen
Agenten, in seinem Magazine am Hafen auf. Er war nicht
da. Wir begaben uns in's Kloster, wo wir Alles besetzt
fanden, und von dem Corsischen Capuziner nicht ohne Mühe
ein Nachtlager erhielten, das wir am Ende nicht rathsam
fanden, anzunehmen, und vorzogen, auf der Terraffe zu
übernachten, die uns bei Sonnen Untergange und im Mon:
denschein eine unbeschreiblich schöne Aussicht gewährte. So
bald wir aber durch Herrn Laurella, der von unserer Ankunft
benachrichtigt, sich gefälligst einfand, erfahren hatten, daß
eben keine Schiffs-, Gelegenheit nach Cypern fey, und Herr
Lidman zu jeder Zeit ein Boot besonders dahin miethen
könne, so faßte er den Entschluß, mich unverzüglich nach -
76
dem nahen Baalbek zu begleiten. Wir mietheten drei Esel,
ließen unser Gepäck in das Landhaus des Herrn Laurella
tragen, und zogen schon am folgenden Morgen (8. Septem:
ber,) von dannen.
Beirut, obgleich wohl nicht über 12,000 Einwohner
zählend, foll gegenwärtig den ausgebreitetsten Handel der
Syrischen Küste haben. Seide und Baumwolle sind die
Haupt, Artikel der Ausfuhr, und finden den bedeutendsten
Absatz nach Frankreich und Italien. Griechen, Drufen und
Maroniten wetteifern in Thätigkeit. Von dieser zeugt auch
die Umgebung der Stadt bis zum Hochgebirge.
Anfangs reitet man durch die früher erwähnten Hohl
wege und sandigen Straßen. Die großen Bäume, welche
den Weg beschatten, find von Reben umrankt. Hecken von
Rohr, Ackerbeeren und Nopal umgeben die Maulbeer
Pflanzungen und Weingärten. Kleine Kaffeehäuser und
Obstbuden von Steinen und Baumzweigen findet man fast
an allen Kreuzwegen, in der Nachbarschaft der Dörfer und
Landhäuser, auf der ganzen Straße. Die Chans bestehen
aus einem Stalle und einem Paar Zimmern. Der Reich,
thum an Quellen, Brunnen und Bächen ist unsäglich; ihr
Waffer vortrefflich. Maulbeeren und Wein werden am mei;
sten gebaut.
Allmählich steigt man bergan; die Aussicht erweitert
sich. Man übersieht das fruchtbare Uferland immehr mehr,
je nachdem man eine Reihe der Vorberge des Libanon nach
der andern erklimmt. Sie werden immer höher, und die
- 77
Wege immer schlechter; endlich so schlecht, daß sie fast auf
hören. Die armen Lastthiere müssen entweder über Haufen
loser Steine einher gehen, oder steile Felsenstufen hinauf
und hinab springen, sich zwischen hohen Steinen mühsam
durchwinden, oder an glatte Felsen sich mit den Füßen klam:
mern. Unsere Esel waren sehr sicher; jedoch mußten wir
mehrere Mahle zu Fuße gehen. Unbegreiflich ist, wie schwer
bepackte Karawanen von Mäulern und Kameelen auf solchem
Wege fortkommen, und wunderbar die Kraft und Festigkeit
dieser Thiere. Sehr unangenehm, ja gefährlich wird ihr
Begegnen, oder die Nothwendigkeit, ihnen vorüber ziehen
zu müffen. Der Wegraum ist oft enge, und die Mauthiere
ohne Führer gehen gerade zu, und rennen mit großer Ge;
walt Alles um, was ihnen in den Weg kommt. Ich habe
mehrere Eselfo hinstürzen sehen.
Weiter findet man, daß die Bergrücken, vom Haupt-
Gebirge auslaufend, parallel neben einander von Osten nach
Westen zum Meere hinziehen. Sie sind von unten bis oben
bebaut. Ihr flacher und hoher Rücken zeigt weit über den
Wolken überall Reihen von Dörfern, Landhäusern, Klö:
fern und Weingärten, in welchen letzteren, wie in Asien
überhaupt gewöhnlich, die Rebe ohne aufgebunden zu seyn,
an der Erde fortrankt. Die Thäler, auf welche wir hinab
fahen, waren tief und enge. Ueber den fruchtbaren Bergen
erheben sich die steilen Höhen des Haupt-Gebirges, die jetzt
eine gelbrothe Herbstfarbe hatten. Herden schwarzer Zie
gen mit braunen hängenden Ohren, und weiße Schafe mit
78
großen Fettschwänzen weiden an diesen Alpen. Die letzten
Höhen bildet der Gipfel des Libanon, ein nackter violetgrauer,
steiler Felsenkamm, aus dessen Schluchten Schneefelder blicken.
Dichte Wolken verhüllten uns. Dazwischen warf ein Son
nenblick ein glänzendes Licht auf ein Dorf, oder einen Berg,
während alles Uebrige gänzlich verschwand. Kalk ist das
herrschende Gestein. -
Wir ruhien bei einem Paar Chans, wo wir nichts fan
den, als Milch, Käse, Eier, Obst und Wein, alles sehr gut;
aber sehr schlechtes Brod. Endlich erreichten wir, fast an
der höchsten Stelle des Weges, im Dunkeln den Chan, in
welchem wir zu übernachten beschloffen hatten. Allein dieser
beherbergte der Flöhe so viele, daß sie uns zwangen, die
Nacht auf dem platten Dache zuzubringen, wo wir empfind:
lich von der Kälte litten.
Zwischen uns und den blauen Zacken des Anti; Liba,
non lag am folgenden Morgen (9. September,) eine weiße
wellige Fläche, ganz einem großen Schneefelde gleich. Mit
Sonnen Aufgange setzte sie sich allmählich in Bewegung. Es
waren Wolken, die von einer Bergkette zur andern die ganze
Ebene el Bkaa (einst zu Cölesyria gehörig), welche wir am
Abende von fern gesehen, unseren Augen verschleierten. Wäh,
rend wir in der Hütte eines gutmüthigen alten Drusen früh
stückten, zogen sie an den Bergen auf und ab, und ver.
schwanden endlich nach dem Meere zu. Wir stiegen dann hin
ab in die breite und hohe Thalebene. Sie besteht eigentlich
nur aus flach ansteigenden Hügeln, von Schluchten getrennt,
79
die von der Höhe überblickt nicht merklich find, und dem
Auge immer eine Ebene darstellend über die Entfernungen
unendlich täuschen, zumahl da des Bodens wellige Gestaltung
hindert, Gegenstände in weiter Ferne wahrzunehmen. Noch
ehe wir vom Berge hinabgestiegen, zeigte man uns Baalbek
in einer Entfernung, die uns hoffen ließ, in einigen Stun,
den das Ziel zu erreichen. Darauf verschwand es, und wir
wanderten den ganzen Tag, ohne es wieder sehen zu kön,
nen, bis auf eine Stunde Weges davon.
Bei unserem Eintritte in die Ebene, an der Oeffnung
des Gebirgs, Thales, wo wir übernachteten, ließen wir die
Ruinen des Schloffes Kabb Elias hinter uns. In der
Ebene selbst kamen wir bei mehreren elenden Dörfern vor
bei, aus Erdziegeln gebaut, als Albeya, Moallaka, mit ei:
ner halb zerstörten Moschee, wo auch ein Scheich sich befin
det. So schlecht die Häuser aussehen, so lieblich sind die
dichten Büsche von Weiden, Lombardischen 7 und Silber,
Pappeln, welche zahllose Bäche beschatten, die Mühlen
treiben und Gärten wäffern. Dann verläßt man den Ab
hang des Libanon, an welchem man bis dahin fortgerit
ten, und wendet sich zum Anti, Libanon, über die Ruinen
einer alten Brücke und Hügel von Trümmern an einem Ba,
che, der niedrigsten Stelle des Thales. Ungefähr bis an
diesen Punct ist die Ebene bebaut; von hier bis Baalbek
liegt sie wüst, und wird allmählich gegen Norden breiter.
Keine Pflanzung, kein Baum, keine Menschen - Spur zeigt
sich, so weit das Auge an Berg und Thal umher schweift.
80
. -
" : , Herden wilder Gasellen springen am Wege herum. Endlich
. . . sieht man wieder eine Reihe Gebäude über einen flachen Hür
" - gelrücken hervorragen. Das ist Baalbek. Etwa eine Stunde
. davon findet man ein zerstörtes Türbeh (Bethaus) auf acht
zerbrochenen Säulen vom schönsten Granit, die ohne Ord
nung, zum Theile verkehrt, in die Erde gepflanzt sind.
- „.
- - - -
" . .
".
-
-
,
-
- -
- -
. . ."
- -
- - - - -
.,
81
I 2.
Baalbek (Heliopolis).
Baalbek liegt am Abhange des Anti-Libanon am Aus
gange eines kleinen Thales in die Ebene el Bkaa. Die neuere
Stadt besteht aus einem wüsten Haufen schlechter Hütten
von rohem Steine und einem Paar halb zerstörten Moscheen
von guter Saracenischer Bauart; so auch die verfallenen
Mauern, in welchen man viele Reste des Alterthums findet.
Das Thal wird von einem Bache durchfloffen, den man der
Bewässerung wegen in unzählige Arme vertheilt hat. An der
tiefsten Stelle des Thales umfließt er das Castell in der Nähe
der Ruinen, die herrlich aus dem dunkeln Grün der Bäume
hervorragen, und durch die luftigen Säulen schimmern die
Schneefelder am höchsten Gipfel des Libanon, der gerade
gegenüber liegt. Die Stadt, von einigen hundert Maroni
ten, Türken, Griechen und Juden bewohnt, gehört Tschah:
tschah, dem Emir der Motualis, der sich vor Zeiten einbil,
dete, ein gar mächtiger Herr zu feyn, aber durch Suleiman
Pascha sehr gedemüthigt worden ist. Ich hätte ihm gerne
meinen Brief vom Pascha gebracht, aber er war abwesend,
und so habe ich nur vorbeigehend ein Paar von dem Gefin
del gesehen das in ihm einen angestammten Herrscher ver;
ehrt, und von den übrigen, Christlichen Bewohnern der
Stadt sich nur dadurch zu unterscheiden schien, daß es mehr
bewaffnet einher ging. Außer den bei Aka erwähnten
streifig gewirkten Röcken, trägt man hier viel blaue; auf dem
6
82
Kopfe die hängende rothe Mütze mit einem großen Bunde
von roth und weiß oder gelb gestreiftem, oder geflammtem
Seiden Zeuge. Ein sehr hübscher, malerischer Kopfputz.
Der Anzug der Weiber ist der gewöhnliche, mit vielen Mün
zen auf dem Kopf.
Wir traten im Kloster ab. Die zwei Griechisch, Kai
tholischen Geistlichen waren eben mit Beten beschäftigt, und
die Gemeine stand auf Krücken umher. Alle suchten ficht
lich gedankenlos ihre Arabischen Gebete möglichst schnell her
zusagen, und überfielen uns dann mit dummdreister Neu:
gier. Nachdem wir der schönen Aussicht von der Terraffe
genoffen hatten, zogen wir uns mit dem Dunkel und unserem
Abendessen in das angewiesene Kämmerlein zurück, durch
manche bettelhafte Aeußerung zur Genüge belehrt, daß hier
die bescheidene Gastfreiheit der Franziscaner sich nicht finde.
Am Morgen (10. September,) begaben wir uns in
Gesellschaft zweier ältlichen Christen und einer Schar un:
gezogener Buben zu den Ruinen der Sonnenstadt, die sich
an eine östliche Kette des Libanons lehnen, und vorzugsweise
das Castell genannt werden.
Ich näherte mich ihnen mit der gespanntesten Erwart
tung, und mit dem Maßstabe der Größe, welchen ich von
den Wunderwerken der Alt; Aegyptischen Baukunst entlehnt
hatte; aber dieser wollte nicht paffen. Der Korinthischen
Ordnung, der hier einzig herrschenden, ist es eigen, von
weitem kleinlich zu erscheinen, und nur Eindruck zu machen,
wenn man die Größe der Maffen und die Sorgfalt der Aus-
83
führung in der Nähe betrachten und miteinander vergleichen
kann. Erst als mir folches vergönnt war, als ich die Di;
menfionen der Säulen ermaß, und die unvergleichbar kunst,
reiche Arbeit gewahr wurde, sank ich in staunende Bewun:
derung.
Der vollendet gewesene Tempel, welchen einige einen
Jupiters Tempel, erbaut von Antoninus Pius, Andere,
gewiß irrig, das Grab Heliogabal's nennen, bildet ein
längliches Viereck, 138 Fuß lang und 96 Fuß breit, mit ei:
nem Eingange, und umher von Säulen umgeben. Die
hintere Giebel Façade hatte acht Säulen, jede lange Seite
vierzehn, wovon die zwei letzten an den beiden Wänden des
Tempels vorspringen, und vor der Eingangs, Fagade, an der
vordern Giebel Seite eine doppelte Reihe etwas kleinerer,
eannelirter Säulen zwischen sich enthielten. Es stehen da,
von nur zwei, so daß ungewiß ist, ob die Vorder-Fagade der
ren auch acht, oder nur sechs gehabt habe. Es scheint mir,
als wären in Allem zweiundvierzig Säulen vorhanden ge:
wesen. Da aber die Wände des Tempels vor der Eingangs,
Fagade noch um eine Säule vorspringen, so möchte man
glauben, daß zwischen den beiden Endpfeilern derselben eine
dritte Säulenreihe gestanden, welche mit diesen drei Wän
den ein kleines Vorgemach bildete; in späterer Zeit habe man
die Mauer von einer Wand zur anderen gezogen, mit einer
kleinen Thür, durch welche man jetzt hineintritt, und wel
che die Hauptthür verbirgt.
Die Höhe der Säulen ist an 54 Fuß, ihr Durchmes
84
fer 6 Fuß und 3 Zoll; sie sind aus drei Stücken zusammen
gesetzt. Viele stehen noch, andere lehnen sich schräge an die
Wände des Tempels, andere find von oben herab zertrüm:
mert, noch andere sind ganz umgestürzt. Sie standen oder
stehen neun Fuß von einander, und eben so weit von der
Mauer des Tempels.
Die Korinthischen Verzierungen der Knäufe, wie des
Gebälks auf der Wand des Tempels sind die gewöhnlichen,
aber von sehr reicher und tiefer Arbeit, oft ganz Haut-Relief.
Die Decke, welche das Peristyl mit dem Haupt-Gebäude ver:
bindet, hält sich zum Theil noch, zum Theil ist sie herab,
gestürzt. Sie ist rund, und hat zur Hauptzierath rauten,
förmige Vierecke, Köpfe in runden Medaillons enthaltend,
welche auch in den durch die Rauten gebildeten Dreiecken zu
sehen sind. Mit Mühe unterschieden wir an den Attributen
ein Paar Gottheiten; die Gesichter sind alle verstümmelt.
Die Thür ist außerordentlich groß und schön, von Bändern
des reichsten Blätterwerks und Arabesken umgeben. Schöne
Tragsteine stützen zu beiden Seiten ein Korinthisches Gebälk.
Jeder Pfosten besteht aus drei Steinen. Seltsam fällt es
auf, daß sich der mittelste Stein des Thürgebälks herabge
fenkt hat, und von den beiden andern noch eingeklemmt,
mitten über dem Eingange gleichsam in der Luft schwebt.
Das Thürgebälk zeigt in der Thüre einen fliegenden Adler
mit dem Caduceus in den Klauen und einen geflügelten Ge-
nius, der einen Kranz von Weintrauben hält, in Relief; der
zweite Genius ist nicht mehr vorhanden.
85
Beim Eintritte findet man rechts und links zwei breite
Pfeiler mit Korinthischen Capitalen, in deren Innern eine
Wendeltreppe auf die Mauer führte; die zur Linken ist zer
stört. Ueber den Boden des Tempels läuft, von der Thüre
deffelben mit den Seitenwänden parallel, auf jeder Seite ein
hohes Fundament, welches vielleicht eine, die Decke stützende
Säulenreihe trug, oder eine bedeckte innere Halle bildete,
falls der Tempel hypätherisch gewesen seyn sollte; und viel
leicht gehörten eben hierher die schönen Granitsäulen, welche
man zu dem oben erwähnten Türbeh verbraucht hat, und
deren noch einige im Castelle umher liegen. Dieses Funda
ment erstreckt sich bis zum Opistodomos.
Die Wände des Tempels von gelben Marmor: Qua:
dern enthalten halb erhabene, runde, cannelirte Korinthische
Pfeiler, in den Zwischenräumen zwei reich verzierte Nischen
über einander, die untere mit einer runden, die obere mit
einer dreieckigen Giebel: Bedeckung. Sie sind nicht tief, und
wahrscheinlich standen Bildsäulen oder Büsten darin.
An der rechten, erhöhten Seite des Fundaments vom
Opistodomos führte eine Thür zu einem unterirdischen Ganz
ge, der um den ganzen Tempel zu laufen scheint.
Den Opistodomos trennten zwei, an einen eckigen Pfei
ler gelehnte cannelirte Säulen, welche mittelst zweier durch
Eichenlaub verzierter Bogen über einander mit den Seiten
wänden zusammen hingen, vom Schiffe des Tempels. Jetzt
find sie umgestürzt. Der Opistodomos war vermuthlich bei
deckt; feine hintere Wand ist ganz nackt.
86
Alle Werke des Meißels find hier von ganz vollendet
ter Schönheit; die Ausführung des kleinsten Details beur
kundet eben so viel Sorgfalt, als technische Gewandtheit und
edlen Geschmack. Wer das Laubwerk und andere Zierathen
betrachtet, muß viel mehr geneigt seyn, auf den biegsamsten
Stoff zu schließen, als ihre zarte Bildung aus Stein für
möglich zu halten.
Eine ganz andere Form trat uns vor dem Eingange
des Tempels entgegen, in einem aus mächtigen Kreuz Gewöl,
ben bestehenden Thurme Saracenischer Bauart. Er ist schön
und solide aufgeführt, wie fast Alles, was die Araber auf
und von Baalbek's Trümmern errichtet haben; aber, um
ihm Gerechtigkeit widerfahren zu laffen, ist die Nachbarschaft
nicht günstig.
Bei den übrigen Ruinen wird man besonders schmerz,
lich daran erinnert, daß uns aus der alten Geschichte Baal:
bek's alle Nachrichten fehlen, und die spätern so dürftig sind.
Ifis und Horus treten oft unverkennbar hervor. Die geflü:
gelten Kugeln von Schlangen umgeben, bezeugen, daß die
Priester Baalbek's ihre Gottheit aus On, dem Aegyptischen
Heliopolis, hohlten. Ob und was Salomon hier gebaut hat,
oder was davon später zu verschiedenem Zwecke erneuert wur;
de, ist ganz ungewiß, und Einiges des Vorhandenen scheint
nie vollendet gewesen zu seyn, wie ich folches von sechs Säu:
len glaube, die mit ihrem Gebälke, auf hohem Fundament,
über Alles hervorragen, indem sie auch den höchsten Platz
einnehmen. Offenbar find ihrer zehn gewesen, aber von ei:
87
nem Gebäude, zu welchem sie gehören follten, ist nichts zu
fehen. Ihre Gestalt setzt sie den Säulen des Tempels gleich,
und wie diese, bestehen sie aus drei Stücken.
Durch ein rundes Thor in dem Fundamente einer
mächtigen Mauer gelangt man zu den Resten des nicht voll
endeten großen Sonnen, Tempels, welche den ganzen übrig
gen Raum des Castells einnehmen, und in zwei Abtheilun:
gen oder Höfe zerfallen. In der Mitte des ersten Hofes
fieht man das Fundament eines Gebäudes. Um die Mauer
des Hofes läuft eine ziemlich symmetrische Reihe von Zimt
mern, abwechselnd längliche Vierecke und Rotunden von
geschloffenen Thürmen, mit Thoren unterbrochen. Die
Zimmer find alle nach außen geschloffen, und haben nach
dem Inneren des Hofes gar keine Wände. Sie find
voll runder und eckiger Nischen, und diese reich ünd man
nichfaltig mit Muschel und Laubwerk, mit Medusen, Kö,
pfen, Aegyden u. dgl. in Marmor verziert. Der zweite
Hof ist dem ersten ähnlich, und zeigt überaus reich geschmückte
Thüren und Thore.
Alle diese Gebäude ruhen auf ungeheuren Gewölben,
welche das Fundament bilden, und worin die eigentlichen
Thore und Eingänge des Castells und Tempels waren. Ein
großes Thor im erhöhten Fundamente des Tempels führt zu
diesen Gewölben, die eine Menge. Neben Gemächer ent
halten. -
Wir verließen das Gebäude durch eines jener Thore,
und umgingen es, um das berühmte Trilithon, oder die drei
88
großen Steine in der Mauer des alten Schloffes zu besehen.
Keiner von ihnen soll unter 60 Fuß, der größte aber 62
Fuß 9 Zoll lang feyn, in der Tiefe und Breite aber 12 Fuß
haben. Wenn ich dies von Andern angegebene Maß auch
nicht verbürgen will, so finde ich doch keinesweges Grund,
daffelbe in Zweifel zu ziehen. Es find die ungeheuerten
Steine, die ich je gesehen habe, und konnten wohl allein die
Volks-Meinung veranlassen, daß Baalbek auf Salomon's
Geheiß von Engeln und Dämon erbaut sey. Die ganze
Mauer aber besteht aus mächtigen Quadern, und soll eine
unverkennbare Aehnlichkeit mit den Ueberbleibseln des Salo
monischen Tempels haben, die noch in den Grundmauern
der Moschee Es Sachra auf Moria enthalten sind.
Außerhalb der Mauer, unweit des Tempels, besahen
wir eine kleine Korinthische Rotunde, welche von außen ei:
nen achteckigen Stern darstellte. Die Säulen sind aus ei:
nem Stücke, zwischen ihnen Nischen mit Postamenten; in
wendig ein marmornes Fußgestell.
Auf dem Berge über Baalbek erblickt man an einer stei
len Felsenwand viele Höhlen; darüber eine zertrümmerte
Säule, deren Fußgestell allein nur noch steht, und zu wel,
chem man auf Felsen / Stufen hinabsteigt, Ohne Zweifel
trug sie eine Bildfäule.
Diesem nahe liegt ein seltsames Bruchstück unvollendet
ter Schöpfung. Es ist ein viereckiger Stein, gewölbt und, der
Form und den Verzierungen nach, den gewölbten Decksteinen
der Halle des Jupiter Tempels ähnlich. Er ist aber auf al:
89
len vier Seiten bearbeitet, und hat in den Ecken Löcher,
um auf vier Pfeilern zu ruhen, sollte also ein Tabernakel
für sich, ähnlich den Monolithen Tempeln Aegyptens, ein
Baldachin oder etwas dergleichen werden. Von oben blieb
er unvollendet.
Uebrigens findet man auf dem Berge Felsen Cisternen,
Grabhöhlen, Türkische Gräber und ein schlechtes Türbeh,
bei welchem wir nicht lange verweilen mochten, und lieber
zu den Kalkstein, Brüchen hinabstiegen, aus welchen man die
ungeheuren Maffen gewonnen hat. Daselbst findet man
noch viele losgehauene und halb bearbeitete Stücke, unter
welchen eins von besonderer Größe, ich glaube länger und
viel dicker, als der oben erwähnte in der Mauer. Er heißt
Hadshar el hableh, Stein der Schwangern, weil ihn eine
Heilige, wenn ich nicht irre, die heilige Barbara, in ihrer
Schwangerschaft aufgehoben haben soll. Man hat, wohl
nur deswegen, zwischen dem Stein und dem Felsen eine Cat
pelle gebaut, die ein Paar Schritte lang und so enge ist, daß
man sich kaum in ihr umdrehen kann. Auch ein Paar kleine
Grotten find im Steinbruche, wie gewöhnlich, und höher
am Berge Cisternen.
Nachmittags ritten wir in das schöne Thal des Anti-
Libanon, an dessen Ende Baalbek liegt, und wo der Bach
entspringt, der zu den Ruinen hinabströmt. Sein Quell ist
in zwei halbrunde Becken gefaßt, und nahe unter denselben
gewinnt er eine Breite von 12 bis 15 Schuh, kleine Wie
fen-Inseln bildend mit hohen Weiden hewachsen, und tiefer
90
bewäffert er die schönsten Gärten. Am Quell steht eine große
zerstörte Moschee. Die ganze Landschaft ist überaus lachend
und lieblich. Ein reisender Engländer soll auch, wie die Bes
wohner sagen, so von ihr angezogen feyn, daß er funfzig
Tage hier verweilte.
Wer des Landes Gegenwart in klarem Bilde mit der
Zeit vergleichen will, deren Denkmaale er eben angestaunt
hat, der mag, wie wir auf der Rückreise, den so genannt
ten Palast des Emirs sich öffnen lassen, bestehend aus einer
Reihe niedriger Zimmer, die von außen angeweit sind,
und um einen Hof liegen, den nur ein Baum und ein Waf,
ferbecken zieren.
Früher als uns die Sonne leuchtete, zogen wir wie
der durch die Thalebene, von einer Herde wilder Gasellen
belebt, in derselben Richtung, wie wir gekommen waren,
und übernachteten etwas unterhalb des Chans, wo wir die
erste Nacht zugebracht hatten, bei der Wohnung eines Dru,
fen, der sich gefällig bewies. So viel ich bis jetzt von die
fem Volke gesehen habe, gefällt es mir wohl. Die Män:
ner unterscheiden sich von Andern durch ihren weißen Bund,
und tragen überhaupt viel Weiß. Die Weiber zeichnen sich
durch einen sehr entstellenden Kopfputz aus. Dieser besteht
aus einem runden, steifen Kegel, dem Modius des Serapis
(mit zwei Sperbern geschmückt ein Symbol des Ofiris). Ein
Drufe zeigte uns den feiner Frau, etwa eine gute Spanne
lang, von getriebenem Silber, welcher mit einer Binde auf
der rechten Seite, oder auch auf der Mitte der Stirn befe,
91
ftigt wird, und gleich einem Einhorn nach vorn geneigt
ist. Reiche zieren das abscheuliche Ding mit Perlen, wo
von man doch gewöhnlich nichts fieht, weil die Frauen den
Schleier darüber ziehen, welches ihrem Kopfe ein tolles,
fchnabelförmiges Ansehen gibt.
Dieselbe Mode findet sich auch in Beirut, wo wir
am folgenden Tage zeitig wieder eintrafen.
- - - - - - - - - - - - - - -
92
I 3.
Beirut. Suk. Kloster Mar Hanna (St. Johau-
mes) im Libanon.
Wir fanden Herrn Laurella in seinem Landhaufe, ei:
nem Thurme von drei Stockwerken und eben so vielen Wohn-
zimmern, mit einem Maulbeergarten umgeben, und erfuhr
ren, daß Herrn Lidman jetzt eine Schiffs-Gelegenheit nach Cy
pern sich darbiete. Ein widriger Wind, der dessen Abfahrt
verhinderte, gewährte mir noch am Morgen des 14. Sept
tembers feine Gesellschaft bei dem Besuche eines trefflichen
Bades, nahe am Thbre nach Tripoli. – Das Hauptgewölbe
dieses Bades wird von vier mächtigen Granitsäulen getra
gen, deren man hier überhaupt gar viele findet. Fast aus
allen Garten, Mauern ragen sie hervor, und in dem Hofe
eines Scheichs stehen ihrer noch drei aufrecht, die ich gern
genauer betrachtet hätte, wäre mir der Zugang erlaubt ge:
wesen.
Kaum aus dem Bade zurück gekehrt, überraschte uns
die Nachricht, daß das Hydriotische Fahrzeug, auf welchem
für Herrn Lidman ein Platz bedungen war, unter Segel ge:
hen wolle. Schnell begab er sich an Bord, wo ich traurig
von dem theuern Gefährten Abschied nahm. Die See ging
hoch, die Brandung war stark; das Schiff stieg und sank,
und flog pfeilschnell die hohen Wellen hinab, meinen Augen
entschwindend. Von dem Gefühle der Einsamkeit gedrückt,
95
verließ ich das Ufer; die lachende Ansicht Beirut's von der
See aus konnte mich nicht erheitern. - -
Die Echelles am Hafen ruhen auf Granitsäulen, und
aus solchen bestehen auch die Fundamente des Quay's, und
die Pfeiler, woran man die Boote befestigt. Auch am
Thore nach Saida liegen zwei große Granitsäulen, und ein
marmorner Sarg, mit Thierköpfen und Kränzen verziert,
dient daselbst zum Brunnen, Troge. Nach andern Resten des
alten Berytus spähete ich vergebens. -
In dem Capuziner-Kloster fand ich den Besitzer eines
Grabsteins Römischer Arbeit, mit einem bis auf die Gesicht
ter wohl erhaltenen Relief, einen Tempel durch einfachen
Giebel auf zwei Pfeilern darstellend, in welchem ein auf
recht stehender Mann seine sitzende Frau an der Hand hält.
Darunter einige Griechische Worte, die das Andenken eines
unbekannten Privat-Mannes und seiner Gatten Liebe erhal:
ten sollten. Der Kunstwerth des Werkes war mittelmäßig,
und es wurde ein zu hoher Preis darauf gesetzt, als daß
ich mich hätte zum Ankaufe entschließen können.
Das neue Beirut, gu!ßten Theils von Christen bei
wohnt, gewinnt durch nähere Bekanntschaft, vorzüglich als
gewerbfleißige Stadt, und scheint die wichtigsten Geschäfte
in Seide zu machen. Vor dem Thore nach Tripoli besah ich
auch ein großes, halb unterirdisches Gebäude für die Sei:
den Spinnerei. In seiner Nähe stehen mehrere einzelne
hohe Thürme, aus deren Fenstern Kanonen kucken, die so
hoch gerichtet sind, als wolle man Vögel damit schießen. - -
A
94
Meine Stimmung ließ mich nicht länger verweilen.
Ich beschloß, die wunderschöne Jahreszeit zu einer Reise auf
den Libanon zu nutzen, die ich schon am 15. September,
des Nachmittags antrat. Eine hohe Bogenbrücke führte
mich über den Nahr Beirut, zur Linken blieb der Thurm
Bürdsh el hadigeh an dem Vorgebirge, hinter welches sich
bei stürmischem Wetter die Schiffer zurück ziehen, und die
schönsten Gärten erquickten das Auge. Sie erstrecken sich
bis zum Kloster des heiligen Georg, in welchem der unge,
heure Drache eingescharrt ist, den dieser besiegte, als er
eben eine schöne Prinzesfin verschlingen wollte. Erst kurz
vor der Straße Antonin’s betritt man das felsige Ufer wie
der, ohne sich des unbequemen antiken Weges zu freuen. Er
ist größten Theils in den Felsen gehauen, oder stufenförmig
gepflastert. Am Südende sieht man zu feiner Linken, zwi,
fchen ihm und dem Meere, einen kleinen runden Steinbruch,
aus welchem wahrscheinlich die Steine zum Pflastern genom;
men sind, und dann reihen sich Ueberbleibsel von Denkmaar
len verschiedener Zeiten an einander. Zuerst Christliche:
flache, oben runde Nischen, worin eine große, halbverlöschte
Figur in Relief, sie hält die linke Hand an die Brust, die
rechte aufgehoben, und hat auf dem Kopfe eine Art Bischofs,
Mütze. Ein Basrelief stellt vollkommen einen Aegyptischen
Tempel dar mit seinem gewölbten Kranze und Rundfabe,
inwendig ein Opfern der vor dem Gotte mit Sperber, Kopf,
worauf eine Kugel. Darunter glaubt man (denn die Figur
ren find klein) von weitem eine Griechische Inschrift zu le:
95
fen, aber in der Nähe erscheinen nur formlose Erhabenheit
ten und Löcher. Die Reste eines Thores, die nicht weit das
von sich finden, mögen späterer Zeit angehören. Auf dem
höchsten Punkte des Weges gegen Norden sieht man ein Fuß
gestell aus dem Felsen gehauen, bestehend aus einem Säulen:
strunk, auf viereckigem Sockel, welcher letztere wieder auf
einem unförmlichen ruht. Hier soll die Statüe des Wolfes
gestanden haben, von welchem der nahe Fluß den Namen
(Lykos) hatte, jetzt Nahr Kelb (Hunds, Fluß) genannt.
An dem Säulenstrunke kennt die Volkssage noch eine Stelle,
wo ein lebendiger Hund befestigt war, der sich losgeriffen,
herabgestürzt habe, und in einen Felsen verwandelt fey. Unt
ten im Meere zeigt man auch einen Stein, der, wenn sich A
die Brandung zurückzieht, ungefähr dem Hintertheile eines
auf dem Rücken liegenden Thieres gleicht. Ich glaube, daß
hier ein Meilenzeiger gestanden.
Von der Höhe des Fußgestelles ist die Ansicht des Nahr
Kelb unbeschreiblich schön. Er tritt aus einer engen Schlucht
kahler, grauer Felsen hervor, und fließt unter einer leichten
Brücke von einem großen Bogen und zwei kleineren fort. Am
nördlichen Ufer hat man eine Wafferleitung angelegt, und
zum Theil mit Bogen gestützt. Diese ist von dem üppigsten
Grün bewachsen, wie überhaupt das Ufer und der Ausfluß
des Stroms. Aus der Leitung fällt das Waffer auf die Rät
der einer Mühle, die neben einem kleinen Chan sich unter
dicht belaubten Bäumen versteckt. Nahe der Brücke ist
die Lateinische Inschrift in den Felsen gehauen, die, ob
96
gleich beschädigt, dem Reisenden sagt, daß Kaiser Antoni
mus Pius die Straße anlegen ließ. -
Dann entfernte ich mich von der Küste, und ritt durch Maul:
beer Gärten. Oestlich waren nackte Sandstein, Felsen, in wel:
chen man Canäle gemacht, um die Gärten zu wäffern; aber als
ich die Felsen, Region erstiegen hatte, fand ich sie nichts weit
niger als wüst, vielmehr führte jeder Schritt mich tiefer in
ein fruchtbares Land. So weit ich sehen konnte, waren die
Berge bis zum Gipfel terraffenförmig angebaut, mit Dört
fern, Landhäusern, noch häufiger mit Klöstern bedeckt. Diese
Cultur hört nur auf, wo die Felsen senkrecht sind, und auch
da blühen wenigstens in den Spalten würzige Kräuter. An
dere magere Höhen sind, wenn gleich im Ganzen dünn, mit
Waldung bewachsen. -
Ich kam zeitig nach dem Dorfe Suk, dem Haupt-Orte
von Kesroan (Libanus exterior), wo Scheich Bichareh, aus
einer der drei adelichen Marioniten, Familien, im Namen
des Emirs der Drusen regiert. -
Ich hatte einen Brief von Herrn Laurella an ihn und
an den Maronitischen Bischof, und wurde fehr gut aufge
nommen. Letzterer zeigte mir die Kirche, worin ein Paar
artige Bilder, und gab mir, wie ich es wünschte, einen
schriftlichen Wegweiser zu meiner Berg, Reise; bei dem
Scheich aber fand ich ein gutes Abend-Effen und Nachtlager,
obgleich Geschäfte ihn hinderten, sich viel um mich zu küm:
mern. Sein Haus, neu und groß, würde selbst in Europa
für ein gutes Landhaus gelten.
97
Suk liegt am Abhange eines Berges, wie alle übrigen
Dörfer. Die Christen haben hier und in den nächsten Um
gebungen Klocken, und da der Emir der Drusen selbst ein
Maronit ist, fo führenfie eigentlich die Herrschaft, und befin,
den sich wohl in selten bedroheter Freiheit. -
Die nächste Tagereise ließ eine überaus große Menge
von Klöstern und Dörfern meinem Blicke vorüber gehen,
unter welchen die nächsten und bedeutendsten Suk el Mis
bah, St. Michael, Bichareh, ein Nonnen-Kloster, und St.
Peter, ein Capuziner-Kloster. Gärten wechselten ab mit
Wäldern. -
Die Wege wurden fürchterlich, besonders als ich den stei,
len Felsen in das wilde Thalhinab stieg, wo der Nahr el Salib
(Honigfluß) kaum sichtbar durch Steine fiekert. Unten ange
langt, traute ich meinen Augen kaum, als ich fah, welchen Fel,
fen ich, freilich zu Fuße, herab geklettert war. An den besten
Stellen hielt der Weg keine Elle Breite, gewöhnlich mit
rollenden Steinen bedeckt, oder wenn die Schichten vertical
einschoffen, mit scharfen Zacken. Ich ruhte zum ersten
Mahle bei einer in Stein gehauenen Weinkelter, zum zwei
ten Mahle jenseit des Nahr Salib, im Dorfe Deir Schum
rah. Hier sah ich ein Bauerhaus, aus einem länglichen
Vierecke von Steinen, ohne innere Abtheilung bestehend;
das flache Dach ruht auf einer doppelten Reihe als Pfeiler
aufgethürmter Steine. Darin fand ich nur Weiber, von
welchen einige neben dem früher beschriebenen Horne etwas,
7
98
diesem Aehnliches mit breitem, tellerförmigem Ende an einer
Seite des Kopfes trugen.
Dem Erschöpften zeigte sich endlich in der Ferne der
höchste, nackte Gipfel des Libanon, und am steilen Abhange
im dichten Grün das Kloster des heiligen Johannes, Mar
Juhanna Schwoier, kurz Mar Hanna genannt. Dasselbe
gehört den Melchiten. Ihrer find über dreißig an der Zahl,
und alle beschäftigen sich, außer den Pflichten ihres Stan:
des, mit der Buchdruckerei, welcher ihr Kloster, seit 1721
allmählig erbaut, feinen ausgezeichneten Ruhm verdankt.
Sie ist feit 38 Jahren im Gange. Eine Liste sämmtlicher
hier erschienenen Schriften konnte ich nicht bekommen, aber
was ich erfuhr, stimmt mit der Vermuthung überein, daß
eigentlich nur Biblische Bücher und einige wenige liturgische
Schriften, die vor dem Begründen der Druckerei abgefaßt
feyn sollen, gedruckt wurden. Deren Auflagen wiederhohlt
man im Verhältniffe zur Nachfrage, und versendet sie so
gleich. Man druckt ganz so, wie in Europa, doch mit dem
Unterschiede, daß die Buchstaben nicht einzeln, sondern nach
dem Arabischen Schriftzuge verschlungen find. Nur das
Papier kommt aus Europa, aber die Schriften schneidet
man hier selbst, verfertigt auch die Drucker, Schwärze, und
bindet die Bücher.
Die Mönche nahmen mich höflich auf, langweilten
nur ein wenig durch ihre Beschränktheit. Das Innere des
Klosters war unziemlich schmutzig, und die beiden Kirchen,
in der Ferne den Griechischen gleichend, fand ich geschmack:
99
widrig aufgeputzt. Die alte ist dem heiligen Johannes, die
neue dem heiligen Lukas geweiht. Jene liegt unter, diese
über dem Kloster; ihm gegenüber im Thale eine Seiden
Spinnerei. -
Die Sonntagsfeier zwang mich, länger hier zu blei:
ben, als mir lieb war (17. September). Ich konnte die
Rechnung über die von mir gekauften Bücher erst nach der
Meffe erhalten, welcher persönlich beizuwohnen, ich wegen
unzulänglicher Kenntniß der Arabischen Sprache ablehnte,
und dafür die Aussicht in das seltsame und wilde Thalge:
noß. Aber nichts vermochte, mich von einem Frühstücke zu
befreien, dessen Bestandtheile mir wenig zuträglich schienen:
sauere Ziegen, Milch, Eier, Trauben, füßen Wein, schlecht
tes Oehl und noch schlechteres Brod. Ich bewunderte die
Mägen der Leute, die dieses Alles fammt und sonders mit
einander aßen.
do od, der den 49-
I. OG)
14.
Kloster Mar Seman (St. Simon). Kalaat Fakra.
Milch- und Honig-Fluß.
Meine Lust, die Ruinen von Kalaat Fakra zu fehen,
ließ mich den Weg dahin einschlagen, wiewohl er nicht weit
niger beschwerlich ist, als der vorige. Er führt bis zum Si:
mons Kloster über steinige, doch sehr fruchtbare Berge. Ich
stieg zu Fuße in das Thal des Nahr Dshimedsheb hinab,
welchen eine Brücke bezeichnet; fein Bett war jetzt waffer,
leer. Die steilen Berge find ganz grün, laffen sich aber auch
auf der andern Seite nur zu Fuße erklimmen. Oben er
frischt der Quell Ain Ahab, an dessen Gewölbe ich eine Grie:
chische Inschrift des Christlichen Zeitalters nicht ganz entzif
fern konnte. Unweit davon steht eine Seiden Spinnerei,
durch nichts ausgezeichnet. Mehrere hübsche Weiber waren
beschäftigt, fettschwänzige Schafe zu waschen. Der Berg
Gipfel ist zum Theil mit Eichen bewachsen, deren mißrather
ner Wuchs und kleine Blätter keinen günstigen Boden an,
deuten.
Vom Dorfe Jtfaratka, das mich durch feine schönen
Gärten anzog, kommt man bald nach dem Kloster Mar-Set
man (St. Simon), an einer schlecht gebauten Wafferleitung,
auf spitzen Bogen ruhend, vorüber. Das Kloster ist ein
hübsches Gebäude, und seine Geistlichen bewirtheten mich
mit einem ähnlichen Frühstücke, wie in Mar Hanna. Aber
IO II
h
F
in
Merkwürdigkeiten gab es keine bei ihnen, wollte man nicht
die schöne Aussicht dafür nehmen, die hinter dem grünen
Vorberge, auf welchem das Kloster liegt, überrascht, das
Meer und die Halb-Insel von Beirut zeigend. Ich stieg auf
der andern Seite des Berges hinab in ein unbeschreiblich
schönes Thal, das am höchsten Gipfel des Libanon beginnt,
und von ganz grünen Bergen umgeben ist, über welche auf
einer Seite der weiße Gipfel ragt, auf der andern das Meer
fich in unendlicher Ferne dehnt. Hier fah ich Silber, Pap
peln und Platanen, wie Lombardische Pappeln wachsen.
Sie so wohl, als die Eichen und Acacien, ja selbst die dür
ren Felsblöcke sind von Reben umrankt. Der Nahr Bau
cheita entspringt in ihren Schatten aus einem starken Quell,
breit genug, um eine Brücke von Balken und Strauchwerk
zu erfordern.
Sehr mühsam klomm ich wieder auf der andern Seite
bergan, und stand plötzlich vor dem Thore des wohl gebaut
ten Klosters Deir Seid Enniah, wo ich mit gewohnter Gast
freiheit aufgenommen und von gewohnter, neugieriger Dumm
heit geplagt wurde. Ich beschloß hier zu übernachten, und
ergötzte mich an dem Anblicke der Abendröthe im Meere und
des Mondlichts, das den Gipfel des Libanon erst rosenroth,
dann hellblau färbte.
Das Morgengebet meiner Eseltreiber und das Früh
stück verzögerten mich ungewöhnlich. Der Weg blieb sich
gleich, aber die Aussicht erweiterte sich immer mehr, und
nachdem ich einige Stunden an steilen Felsen hinauf und
-
1 O2
hinab geklettert war, zeigte sich plötzlich Kalaat Fakra in
drei Ruinen. Zuerst, jenseit eines kleinen Gewäffers, er
blickt man ein winziges Gebäude, vor dessen Mauern noch
ein Paar Steinlager stehen. Dies, vielleicht einst zur Kir:
che dienend, scheint das späteste und schlechteste. Inwendig
war es in zwei Zimmern getheilt, welche durch eine Haupt-
und durch eine Neben-Thür, zusammen hängen. Beide sind
erhalten. Das eine Zimmer hat zehn Schritte in's Gevier,
te; das größere, in welchem man schlechte Säulen Frag:
mente findet, zehn Schritte Breite und vierzehn Schritte
Länge.
Der Gipfel des Berges besteht aus zackigen, meistver
witterten Felsen, welche von Natur die seltsamsten Klüfte,
Gänge, Höhlen und Höfe bilden, die ich mit Erstaunen
durchwandelte. Viele derselben werden jetzt zu Viehställen
benutzt, und Wege winden sich in allen Richtungen durch
das Felfen Labyrinth.
- Am östlichen, niedrigsten Ende desselben hat man ei:
nen der größesten Plätze zu Terraffen geformt, und darauf
den Tempel erbaut, dessen Grundriß ich zeichnete.
Nach hinten hat der Berg einen Abhang. Die umher
liegenden Steine des Gefimfes find ungeheuer groß. Auffall
lend war mir unter ihnen ein viereckiger mit Korinthischen
Blättern, und geht man dem Gipfel des Berges zu, so fin,
det man einen einzelnen, von außen und innen bearbeiteten
auf andern Trümmern liegen, welcher die Decke einer Art Mot -
nolith, etwa wie der zu Baalbek, gewesen zu feyn scheint,
1 O 3
h
f
iät
it
ill
Auf dem Gipfel des Berges liegt das dritte Gebäude,
ein viereckiger Thurm, dessen Decke mit einem Theile der
West- und Nord-Seite eingestürzt ist. Er bestand aus zwei
Stockwerken, um welche eine Treppe lief, die bis zur Decke
führte. Der Eingang ist gegen Osten, und, wie man noch
leicht wahrnimmt, mit Gewalt geöffnet, weshalb glaublich
scheint, das Ganze fey ein mit Steinen und doppelten Thür
ren verschloffenes Grabmaal gewesen. Aus dem Reste einer
Griechischen Inschrift über einer Thür erhellt nur, daß die
Erbauung in die Zeiten des Kaisers Tiberius falle, und was
nicht weit davon auf einem eingemauerten Steine in dersel,
ben Sprache zu lesen ist, gibt keinen näheren Aufschluß.
In dieser Region hören die Gärten auf, an deren
Stelle Felder treten, die mit Ochsen gepflügt werden. Nach
einigem Klettern gelangte ich zum Nahr el Leban (Milch,
fluffe). Er entspringt am Fuße des höchsten, kahlen, weiß
grauen Gipfels des Libanon aus einer Höhle, an deren Rande
er schon einen starken Bach bildet. Der reinste Diamant ist
nicht so klar, als sein Waffer, kalt wie Eis. Um ihn her
hat die Natur die seltsamsten Bildungen vereinigt, und die
Cultur ihre höchste Stufe erreicht. Der Bach stürzte sich
sonst das Thal entlang, und nach einer Weile von hohen
Steinmassen in einen tiefen Abgrund, den er fich gegraben.
Dort hatte er, den Felsen durchbrechend, eine natürliche
Brücke von einem gewaltigen Bogen zwischen zwei Bergen
gebildet: links erhebt sich eine Spitze des Dschebali-Fakra,
ganz wie eine Aegyptische Pyramide gestaltet, aber grün;
104
rechts zwei weiße Gipfel des Libanon, jeder mit drei Za
cken, und alle sechs einander vollkommen ähnlich. Aber
die fleißige Menschenhand bemeisterte sich feiner gleich bei sei
ner Geburt, ihn zwingend, die Schlucht zu verlaffen, und
zu beiden Seiten die Wände des Berges in zahllosen Krüm:
mungen zu befruchten. Zum Beweise, bis zu welcher Höhe
der Mensch hier den Boden erobert habe, erschienen auf den
schroffen Zacken des unerfteiglich hoch scheinenden Gipfels
über mir weidende Ziegen, wie Punkte fo klein.
Ich stieg über einen Berg zum Nahr el Salib, der
auch hier am Fuße des Libanon unter Steinen entspringt.
Auch diesen hat man emsig abgeleitet; doch blieb seinem
alten Bette Waffer genug, welches in zunehmend steilerem
Falle reißend vorüberströmt, und endlich infchäumenden Casca
tellen, von den schönsten Platanen beschattet, die üppig aus
den Felsenklüften sprießen, in ein lachendes Thal sich hinab
stürzt. Er bildet zwei Hauptarme, die durch zwei verschie
dene Schluchten ihren Weg nehmen. Zwischen denselben
ritten wir. Der zur Linken schießt einen starken milchweißen
Strahl durch eine tiefe, braune Schlucht; der zur Rechten
hat sich zwei Rinnen um einen grauen Felsen gehöhlt. All
mählich verbinden sich mit ihnen die andern abgeleitete Bär
che, und die Wände des durchschlängelten Thales, aus der
nen die höchsten Gipfel empor steigen, glänzen vom herrlich
sten Grün. Beide genannte Flüffe des Gebirges sollen das
von ihren Namen haben, daß sie zur Zeit der Milch und des
Honigs, d. h. im Frühlinge, am wafferreichten find.
105
Ichritt durch Faareja, und übernachtete in Haradhel,
dessen schönes Thal, außer Wein und Maulbeeren, vorzüg:
lich Bohnen, Hirse und Mais erzeugt, -
Hier, wie überall, bemerkte ich, daß die Ackergeräthe
der Bewohner des Libanon sehr einfach find: eine Schau
fel, eine fünf bis sechszackige Gabel, die zugleich als Re
chen dient, eine doppelte Hacke, bald an kurzem, bald an
langem Stiele, und ein Pflug mit pfeilförmiger, dreiecki:
ger Schar, woran die Ochsen mit dem Halle gespannt wer
den, vermöge eines ihnen umgelegten, gebogenen Holzes,
das mit Stricken an die Querstangen befestigt ist. Man
sieht wenig Pferde und Rindvieh, viel Eifel und Ziegen,
letztere mit seitwärts lang gewundenen Hörnern, langem,
fchwarzem Haare und langen halbbraunen Klappohren, und
Schafe, auch mit Fettschwänzen bei den Nomaden. Schafe
und Ziegen gedeihen vorzüglich bei der geringsten Pflege.
Von reißenden Thieren hörte ich nur der Unze erwähnen, die
im Gebirge häufig und gefürchtet seyn soll. -
1 o6
I5.
Afka (Aphaca). Der Cedernwald. Kloster Kascheia.
- Tripoli.
Haradhel liegt am Abhange eines steilen Berges, der
oben in einer zackigen Klippenwand endigt. -
Ein alter Mann, der mich. Abends zuvor auf einem
Spaziergange im Mondscheine begleitete, um mich vor bö
fen Hunden zu schützen, zeigte am Morgen des 19. Sep;
tembers den Weg über jene Klippen, welchen ich früh fuchte,
um den Flöhen zu entkommen, die mich unter der offenen
Halle des Hauses, wo ich schlief, fehr geplagt hatten. Die
Gärten hörten bald auf, dann auch die Felder; Weiden und
magere Waldung traten an deren Stelle. In einer kleinen
Bergebene fand ich ein Lager von zwölf schwarzen Filzzelten,
nomadischen Arabern gehörig, die sich jedoch nicht sehen
ließen. Ein Pferd, Kameele, Schafe mit Fettschwänzen
und Ziegen weideten umher. Letztere haben hier, wie ich
glaube, einen weit stärkeren Geruch, als überall anderswo.
In der Ferne erblickte ich Beirut wie im Nebel schwimmend,
und einen hellgrauen Berg sparsam mit Bäumen besetzt,
Dshebel Musa genannt. Ich kam an einem trefflichen Quell
vorbei, el Nadir, der Eifenquell genannt, und dann zum
Quell des Nahr Ibrahim (Adonis), in einer wunderschön
nen Gegend. Am Fuße hoher, oben mit Bäumen gekrönt
ter Felsen entspringt der starke Bach aus einer tiefen Grotte,
1o7
fließt unter einen schlecht gebauten Bogen hin, und stürzt
fich über drei regelmäßig behauene und aufgeführte Absätze
von antiker Structur, und dann in zahllosen Cascaden das
Thalhinab, zwischen zwei Dörfern, die ihren alten Namen
(Aphaca) in Afka ziemlich unverstümmelt erhalten. Die schön,
sten Nußbäume beschatten feinen Lauf. Nahe der Brücke ist eine
kleine Mühle, und daneben auf einem runden Hügel am
linken Ufer, über dem Falle, liegen die Ruinen des alten
Aphaca, durch Verehrung der Liebes-Göttin im Alterthume
berühmt. Man möchte glauben, es fey hier nur ein einzi:
ger Tempel vorhanden gewesen, dessen Reste jetzt die Spitze
des Hügels bedecken, aber so zerstört find, daß ich weder
ficher Maaß anlegen, noch einen Plan entwerfen konnte.
Die äußere Mauer ist in der Mitte nach innen einge
stürzt, wobei jedoch die Steine zusammen hängend geblie,
ben. Einige Spuren scheinen eine doppelte Mauer zu vert
rathen, und mehrere Reste von Gefimsen und Pfeilern hat
ben eine große Aehnlichkeit mit denen zu Fakra. In die
Grotte zu steigen versuchte ich umsonst, glaubte aber zu bei,
merken, daß sie inwendig mit mehreren Zimmern in Ver:
bindung stehe.
Auf dem ferneren Wege gefiel mir besonders die An-
ficht des Meeres, durch unbeschreiblich tiefe und steile Thät
ler zur Linken, und zur Rechten von hohen Bergen begrenzt.
Das Thal Akura, in welches wir nun hinab stiegen, ist sehr
tief, trefflich angebaut, und von wilden, kahlen Höhen um
geben, deren horizontale Schichten steil abstürzen, und kry,
1 O 8
fallhelles Waffer aus unzähligen Quellen rieseln laffen. Die
Bewohner saßen in den Nußbäumen, und schlugen die
Früchte mit Stöcken herunter.
Wie reich der gleichnamige große Ort aber auch schien,
wo die Leute meist wohl gekleidet einher gingen, so konnte
ich doch nirgend ein Obdach finden, und sah mich endlich ge:
nöthigt, unter einem Walnußbaume zu übernachten, und
meine Mahlzeit auf Milch, Eier und Trauben einzuschrän
ken. Dabei quälten mich die Menschen mit unersättlicher
Neugier, und redeten. Vieles heimlich von Schätzen, die uns
ter andern in einem Paar Steinhaufen vor der Dorfkirche
verborgen seyn sollten. Daß ich diese nicht erspähen wollte,
gab ich ihnen bald zu erkennen, indem ich mich einhüllte und
entschlief.
Weil sie indeß sich hatten verlauten laffen, im Gebirge
fey ein Ort, Kirnet Drata genannt, wo sich Fränkische In;
schriften befänden, so wollte ich am folgenden Morgen durch
aus dahin geführt werden, und nach vieler Mühe fand ich
jemand, der den Weg wußte; er machte aber, gleich allen
Uebrigen, ein wichtiges Geheimniß daraus, und wollte aus
Furcht vor dem Emir, und daß ich die dort verborgenen
Schätze entwenden möchte, mich nicht für hundert Piaster
hinbringen. Nach langem Unterhandeln ließ ich sämmtliche
Narren stehen, und ging den Fuß der Felsen entlang, eine
kleine Höhle zu besehen, die man in eine schlechte Kirche vers
wandelte. Sie ist ein antikes Grabmaal für ein Dutzend
Personen, und hat ein Paar kleinere Neben Grotten.
109
Die Wege werden immer höher, steiler und wilder;
Felder und Dreschtennen sieht man seltener; grüne Alpin
mit Maßdornen und Krummholz bilden eine einsame Wild:
niß. Ueber weißgraue Berge erblickt man das Meer und ei:
nen großen Strich der Syrischen Küste von Beirut bis jen,
feit. Tripoli. Bei einem Türkischen Grabe verließen wir
die Straße nach Baalbek. Wir begegneten Motualischen
Reitern und Zelten der Araber, die man mir Sarkiat nannte.
Ermattet kam ich Nachmittags (20. September,) im Dorfe
Hadetan, dem höchsten Gipfel des Libanon und feinen berühmt
ten Cedern gegenüber, und lagerte mich mit meinen Beglei:
tern unter dem Abdache eines Bauerhauses, dessen Bewoh
ner gastfreier, als die zu Akura waren.
Der Cedern/Wald mußte unverzüglich besucht werden,
Trotz des mühseligen Weges, den ich früh am folgenden
Morgen einschlug, immer an der Höhe fortreitend. Zur
Linken blieb das Thal des Kudischu. Es ist so eng, feine
senkrechten Felsenwände so steil und überhängend, daß man
den Boden des Thales nicht sehen kann. Von dem Rande
dieser Felsen, über welche der Weg führte, erhoben sich
herrlich bebaute Höhen, erst Gärten, dann Felder, bis zum
Anfange der steilen, weißgrauen, nackten Wand, welche
rund um mich her einen Halbkreis zu bilden schienen. Auf
den Hügeln und Vorgebirgen, welche die Felsen in das Thal
fenden, liegen wunderschöne Dörfer, reich bewäffert, knapp
am Rande des Abgrundes. Eins der schönsten ist Hasrun.
Die Gärten verlaffend mußte ich durch mehrere Schlucht
„P
IO
ten kriechen, und kletterte, unter Leitung eines gemietheten
Bauers, über steinige Felder zum heiligen Cedern: Walde hin
an. Er mag überhaupt einige Hundert Bäume enthalten;
der alten aber etwa ein Dutzend. Das von Büsching angegebene
Unterscheidungs, Zeichen scheint mir nur dem Abfallen der
Aeste vor Alter zuzuschreiben; auch die jungen Bäume theilen
fich oberhalb in mehrere Stämme. Sie find meist durch die
Namen der Reisenden verunziert. Ich ruhte ein Weilchen uns
ter ihrem Schatten, ließ Früchte abschlagen und Feuer an
machen, um mich zur Fortsetzung des Weges zu erquicken,
der auch auf der andern Seite jenes Thales gar schlecht
blieb. Ich kam durch das schöne Dorf Bsharrai, von wel;
chem nicht weit das Karmeliter-Kloster Marfirkis unter hohen
Felsen im Grünen versteckt liegt. In geringer Entfernung er
fchienen noch mehrere schöne Dörfer, als Hadshit und Ban,
die romantisch wilde Gegend belebend.
Einen steilen Felsenberg mit den fhönsten Bäumen bei
wachsen, um welche sich Reben schlangen, kletterte ich im
Zickzack hinab, unten über einen schäumenden Bach zwischen
Silber, Pappeln, und an der andern Seite des Thales zum
Kloster Katheja hinan. Es ist dem heiligen Anton geweiht,
und ein Eigenthum der Maroniten. Der Reis nahm mich
höflich auf. Ich besuchte die Druckerei, die natürlich, außer
der heiligen Schrift, nur Gebetbücher vervielfältigt. Von
jener lieferte sie die Evangelien, fo wie die Gebetbücher in
Arabischer Sprache mit Syrischer Schrift; nichts in Syri
scher Sprache. Ein Syrisch, Arabisches und Arabisch, La
II, II, II
teinisches Evangelium, welches ich dort fand, war in der
Propaganda zu Rom gedruckt. Auch ist die hiesige Drucker
rei nicht so reich an Typen, als die zu Mar Hanna, und
die Mönche schneiden sie selbst. Sie haben zwanzig Klöster
im Gebirge. Kasheia ist das bevölkertste, und zählt 75 Bei
wohner, worunter 50 Mönche. Sie tragen ein schwarzes
Kleid und eine blaue Kappe über dem Kopfe; ihre vorzügt
lichte Beschäftigung ist Acker- und Seidenbau. Das Klo
ster liegt in dem Felsen, und besteht zum Theil aus Höhlen.
Seine häßliche Kirche überraschte mich durch einen Reich,
thum von filbernen Lampen.
Das Seltsamste, was ich hier unter Weges fahe, war
der Horizont des Meeres, welchen ich von einer Höhe herab,
über den Wolken wahrnahm, die wie Schneehaufen auf der
blauen Fläche zu liegen schienen.
In einem Zimmer der heiligen Väter zu übernachten,
wollten die Flöhe nicht gestatten, die mich zwangen, draußen
auf der Terraffe mein Lager zu bereiten. Im Mondlichte,
von welchem das tiefe Thal magisch erhellt wurde, die schwarz
zen Mönchs, Gestalten aus den Höhlen des Klosters hervor
wanken und dahin zurück kehren zu sehen, hatte wirklich et:
was Gespensterartiges.
Es war Tag, als ich das Kloster verließ; aber noch
war die Sonne nicht zu sehen; sie vergoldete nur einige Berg
spitzen. Unzählige Stufen führten erst bergan, und dann
allmählig über Hügel und Thäler gegen Tripoli hinab. Das
Land ist weniger gut bebaut, als höher im Gebirge, indeß
I 1 2
trägt es viel Mandel und Oehl, Bäume, auch Wein und
Maul Beeren, wie gewöhnlich, und so bald man über die
Brücke des Nahr Aba Aly gelangt ist, erscheint wieder Fleiß
und Fruchtbarkeit im schönsten Bunde. Die Bauern waren
in den Feldern mit der Baumwollen Ernte beschäftigt. Die
Pflanze ist hier klein, aber voll. Die Haufen der abge:
pflückten lagen wie kleine weiße Hügel umher.
Tripoli (Tripolis, bei den Arabern Tarabolos) liegt
am Fuße des Libanon, unter einem Berge, auf welchem das
Castell steht, so versteckt, daß man die Stadt nicht eher sieht,
bis man nahe über ihr ist, und auf die Dächer hinab blickt.
Ich umritt eine gute Strecke ihres Umfanges, durch einen
Türkischen Gottes Acker, wo in Hütten und Zelten Weiber
saßen; dann durch reiche Obstgärten, die sich jedoch weniger
reizend darstellen, als bei Beirut, weil sie im Sande lie
gen, und von häßlichen Mauern umgeben sind.
In der Stadt angelangt, begab ich mich gleich in das Haus
des Herrn Catziflis, der hier das Englische, Oesterreichische und
und Russische Consulat bekleidet. Ich fand ihn nicht, nahm
aber ohne Weiteres Besitz von dem großen Fremden Zimmer,
welches einen angenehmen, reinlichen Aufenthalt bei ihm dar,
bot, der Boden mit Marmor, die Wände mit Kacheln beklei
det, und in der Mitte hatte es eine Kuppel mit bunten Glas,
fenstern, worunter ein Wafferbecken, nach Art der Tür
kischen Bäder, stand.
Es that überaus wohl, einmahl wieder in Behaglich
keit mich umkleiden und schreiben zu können, und dann im
py-
II 3
Metastafio zu lesen, der mir hier unerwartet in die Hän
de fiel.
Am folgenden Tage (23. September) kam der Cont
ful, ein wackerer Alter, der ungeachtet seiner Krankheit sich
aus dem Kloster, wo er zu wohnen pflegt, zur Stadt bei
müht hatte. Diese nahm ich auf feine Einladung alsbald
in Augenschein, und fiel übertraf meine Erwartung. Der
Bafar ist vorzüglich gut gebaut und besetzt, und in der Mitte
ein sehr netter Chan für mehr als funfzig Kaufleute. Ueber
den Nahr Aba Aly führen zwei Brücken; es herrscht Leben
und Thätigkeit, welche der auswärtige Handel wohl am
meisten unterhalten mag, obgleich Tripoli eines Hafens ent,
behrt, und seine felsige Rhede den Schiffen gegen heftige
Nordwestwinde keine Sicherheit gewährt.
Man brachte mich zur Ruine unterirdischer Gewölbe,
einst einer Kirche gehörig, die mit dem alten Castelle zusam,
men hing. Jetzt ruhen Gärten auf den noch übrigen Ge;
wölben, aus welchen man durch einen verborgenen Gang
hinter das Castell gelangt, in das schöne, wohl angebaute
Thal des Nahr Aba Aly. Hier liegt in Obstbäumen ver:
steckt das Mewlewigsch, ein Derwisch-Kloster, von welchem
das Waffer unter der Erde und dem Castelle durch nach der
Stadt fließt. Ein Paar angenehme Kiosks laden ein, die
Kühlung und schöne Aussicht zu genießen. Es kostete Mühe,
eingelaffen zu werden. Derwische fahe ich nicht.
Nachmittags ritt ich auf einem schlechten Esel nach Be:
dewigeh. So nennt man Grab und Moschee eines Heili
8
1 14
gen auf der Straße nach Haleb. Hier entspringt aus einem
Brunnen krystallhelles Waffer, das man erst in ein Be-
cken und dann in's Meer geleitet. Das Becken enthält eine
große Menge heiliger Fische, dunkelgoldgrün, auf der Nase
und an den Seiten bläulich, unter dem Bauche weiß, mit
röthlichen Floffen. Eine Art Karpfen, wie ich glaube, die
man mit Brod und Erbsen füttert, aber niemand anrühren
darf. Sie sollen in's Meer gehen, und von dort zurück
kehren. Auch Krabben bemerkte ich unter ihnen. Schönere Plat
tanen, als diesen Ort umschatten, fahe ich nirgend. Eine
im Hofe der Moschee mißt gewiß hundert Fuß von einem
Ende der ausgebreiteten Aefte zum andern.
Ich fand den Dolibascha, der eben mit feinem Gefolge
zur Stadt zog. Er war in einen schwarzen Mantel und
Schal gekleidet, die Tabakspfeife in der Hand. Vor ihm
ritten zwei Paukenschläger mit Mützen von Unzenfell. Ihm
folgten Soldaten auf guten Pferden, zum Theil Kinder
tragend.
Die Gärten zwischen der Stadt und dem Meere enthalt
ten meist Oehlbäume. Rohrhecken umgeben fie, und ge:
wölbte Gitterthore führen hinein. Nahe dem Strande, auf
der Spitze eines sandigen Dreiecks liegt der Schifferflecken,
mit dem allgemein üblichen Ausdrucke, Mina, benannt, wo
man viel Vorrathshäuser, Chans und Kaffees sieht. Die
Schiffe pflegen zwischen dem Lande und einigen kleinen Fel
fen-Inseln Anker zu werfen. Von dort aus längs dem Meere
erblickt man Sandhügel und Steintrümmer, die sich nach
1 15
verschiedenen Richtungen in's Land erstrecken, vielleicht Spur
ren des alten Tripolis. Ich glaubte auch, noch Reste von
Hafendämmen zu sehen; aber die Felsen haben an dieser
Küste überall so seltsame Gestalten, daß man immer zweifelt
haft bleibt, ob Natur oder Kunst diese parallelen Bänke,
diese runden und länglichen Becken gebildet hat. Am An
fange des Vorgebirges, auf welchem Tripolis lag, findet
man vom Wege links eine tiefe Höhle mit einem Paar Fen
stern, dabei Spuren einer antiken Straße und eines Stein
bruchs.
4 - 4 - - - - - - - - - - -
116
16.
Vorgebirge Caruge (Bel Monte). Bofrun (Bo-
trys). Dshebail (Byblus). Collegium Mar Seman.
Kloster Hariffa. Beirut.
Am Nachmittage des 24. Septembers verließ ich Tri
poli, um so bald, als möglich, Beirut wieder zu erreichen,
von wo aus ich eine Wanderung in das innere Syrien an
zutreten dachte.
Nachdem ich das freundliche Dorf Kalamur mit feinen
hübschen Gärten vorbei gezogen war, sah ich dicht am Meere
einen zerstörten Thurm, Mar Elias genannt, etwas weiter
große Anpflanzungen und oberhalb eine zerstörte Drusen,
Kirche, ohne irgend eine Ortschaft. Die antiken Reste, auf
welche man in der Nähe dieser Kirche stößt, könnten wohl
vermuthen laffen, daß hier das alte Trieris gelegen. Das
von Büsching genannte Dorf Enty konnte ich nicht entdecken.
Die bergigen Ufer sind überhaupt spärlich bewohnt und wüste
bis auf die Umgebungen der Dörfer. Im Abend dunkel erz
schreckte mich aus dem Meere das Geheul einer sehr men:
schenähnlichen Stimme, welche einem Thiere, das man,
mir unverständlich mit Wahsh bezeichnete, angehören sollte.
Das so genannte Vorgebirge Caruge oder Bel Monte
(Strabo's Theuprolopon?) steigt aus dem Meere steil auf,
und ist in der Höhe eben. An seinem Anfange und Fuße lie,
gen drei kleine Chans, die auch wohl Buden genannt wer
117
den, weil man, außer Früchten und Brod, Hühner, Eier,
Schaffleisch, Wein und Branntwein um's Geld dafelbst hat
ben kann. Geräumige Stallung und Platz zum Schlafen,
in einem finstern Raume oder unter einem Abdache im Freien,
fehlt nicht. Ich zog nach gewohnter Weise auch hier den
letzteren vor, ohne jedoch den Flöhen zu entgehen.
In den Weg durch die Thäler um das Vorgebirge find
die Tritte der Lastthiere dem weißen Kreideboden tief einge
drückt, und über das trockene Bett der Regenströme führen
hin und wieder sehr alte Brücken von einem Bogen. Dar:
nach wird die Gegend angebauter, und mitten in Gärten er
scheint plötzlich auf einem ganz isolierten Felsen Kalat el Mut
fellah, ein verlassenes Schloß von Saracenischer Bauart.
Von dort hat man nicht weit zum Meere hinab zu steigen
nach Botrun. Die Ruinen des alten Botrys scheinen sich
im Norden der neuen Stadt bis an ein Vorgebirge ausge:
dehnt zu haben, wo auf Trümmer Hügeln noch ein einzel
ner Thurm steht. -
Ich ruhte außer der Stadt bei einem Chan. Der nicht
weit davon entfernte Thurm Bürdsh el Rihanish (der Wind
thurm), auf einem kahlen Berge am Meere, ist nicht sehens,
werth, und in den Felsenweg an seinem Fuße haben die
Hufen der Thiere fußtiefe Löcher gegraben, worin sie jetzt
mit aller Vorsicht treten. Einen ähnlichen Thurm sieht man
bald wieder an einem Berge neben dem kleinen Dorfe Amt
shit, dessen Gärten bis an das Meer reichen.
Der in diesem Lande so oft erneuerte Gedanke an die
1 18
Vergänglichkeit der Menschenwerke begleitete mich nach
Dschebail (Ezechiel's Gebal?), welches jedoch meiner Vor-
stellung nicht ganz entsprach. Das alte Byblus, wie man
glaubt, die älteste Stadt Phönizien's, ist auch jetzt noch ein
nicht unbedeutendes Städtchen, hart am Meere gelegen, mit
Mauern und Thürmen umgeben, worin zahllose Säulen
Fragmente verbaut sind. Gärten schmücken die Gegend weit
umher, und drei vorragende Gebäude zeichnen den Ort fel,
ber aus. Das Schloß liegt am höchsten Puncte, Stadt und
Hafen beherrschend. Es ist seltsamer Gestalt. Zwischen
zwei Wänden eines großen, zerstörten Thurmes aus den
Mittelalter, von Fränkischer Bauart, hat man einen Bogen ge:
gründet, der beide Wände verbindet. Darauf und auf den
Thurmwänden hat man Zimmer angelegt, die mit weißen
Kuppeln bedeckt sind. Solche zieren auch das nahe. Der
wich-Kloster. Mehr als beide interessierte mich die Christliche
Kirche, die, mit Ausnahme ihres runden Daches, an den so
genannten Gothischen Geschmack erinnert, aber inwendig
findet man sie von schlechter Byzantischer Architektur. Sie
ruht auf klotzigen, viereckigen Pfeilern, an denen einige
halbrunde Korinthische Säulen kleben. Die Wände find
angeweißt, und mit gräulichen Bildern besetzt. Nahe am
Eingange, außerhalb der Kirche, doch an der Wand dersell
ben, ruht über einem kleinem Brunnen auf vier niedrigen,
Pfeilern ein Kreuz, Gewölbe, Gothisch Byzantisch verziert,
und in die Mitte der Pfeiler ist ein interessantes Alterthums
stück eingemauert: ein Gesimse, Architrav und Fries, glatt
I 19
und klein, dagegen die gewöhnliche Verzierung von Perlen
und Oliven, über derselben ein kleiner Kranz von Schlan
gen-Eiern und darauf ein zweites Gefimfe, das etwas zurück
tritt, und dessen Mitte in gut gearbeitetem Relief die Aegyp,
tische geflügelte Schlangen Kugel enthält. Jede Schlange
trägt eine Kugel, und aus der großen Kugel gehen oben zwei
lang gewundene Hörner in horizontaler Richtung. Den
Raum auf beiden Seiten füllt eine dichte Rosen, Guir
lande.
Ich hatte verlangt, nach dem Schloffe Smar Dshe
bail geführt zu werden, das unweit Botrum im Gebirge liegt,
und mein Efeltreiber hatte auch Miene gemacht zu gehor:
chen, mich aber doch, aus Faulheit und eigener Geschäfte
wegen, gerade nach Dschebail gebracht, vorwendend, er kenne
weder jenes Schloß, noch den Weg dahin, und war noch
unverschämt genug, sich zu weigern, den Weg nach Beirut
über Ghafir zu nehmen, wiewohl ich, beliebiger Abstecher
wegen, meinen Vertrag tageweise mit ihm abgeschloffen.
Mein Zorn zwang ihn zur Nachgiebigkeit.
Auch hinter Dshebail sind am Meere seltsame Schlüfte
und alte Brücken zu sehen.
Nicht weit von der Stadt tritt der Nahr Ibrahim aus
einem engen Thale, unter Rohr und Maulbeeren dem Meere
zueilend. Eine ungeschickt hohe Bogenbrücke führt über ihn;
daneben steht ein Chan, wo ich übernachtete.
Am folgenden Vormittage (26. September,) kam ich
über sehr schlechten Felsensteig früh nach dem Dorfe Ghafir,
\
I2O
dessen Häuser auf einem Vorgebirge malerisch in Gärten zer
streut liegen, am höchsten unter ihnen das Schloß Emir Ka;
fem. Ich suchte unverzüglich Herrn Antonio Bagor, einen
Schreiber, welchem ich empfohlen war, und der das wenig
entfernte ehemahlige Capuziner-Kloster bewohnte. Er machte
mich von dem unausstehlichen Eseltreiber los, und zu noch
größerer Freude fand ich hier Herrn Laurella vor.
Schon Nachmittags verließ ich Ghafir, und ritt an
den Seitenwänden eines schmalen Thales zum Dorfe Lupta,
das im Hintergrunde desselben am Abhange des Berges liegt,
auf welchen ein Theil der Fundamente des Schloffes Mah:
ral zu sehen sind, aus fehr großen, wohl behauenen Steinen
erbaut. Hier genießt man einer entzückenden Aussicht auf
einen Berg mit doppeltem Gipfel, der durch seine terraffen
förmige Cultur gleichsam als eine ungeheuere grüne Him
melsleiter erscheint.
In einem andern Thale liegt das Collegium der Mal
roniten, wenn ich nicht irre, Mar Seman genannt, früher
ein Kloster, und etwa erst seit einem halben Dutzend Jahren
in eine Schule verwandelt, wo zwei Lehrer fiebenundzwan:
zig Schüler in der Syrischen und Arabischen Sprache und
in der Theologie unterrichten, jüngeren aber Lesen und
Schreiben lehren. Die Bücher vermehren sich durch Ab
schriften der Schüler. Jeder von diesen hat an der Seite
eines langen Ganges sein eigenes Zimmer mit einer Estrade,
worauf er schläft, und darunter Raum für feine Sachen.
Die eigentlichen Schulzimmer wurden erst gebaut. Der Unt
2 II
terricht wird mit abwechselnden Betübungen während drei
bis vier Stunden Vormittags, und eben so Nachmittags er
theilt. Ein Bischof leitet das Ganze. Schüler, die nach
vollendeter Bildung in den geistlichen Stand treten, zahlen
der Anstalt nichts; wer aber ein Laie bleiben will, entrichtet
jährlich für Unterricht, Kost, Wohnung und Wäsche drei
hundert Piaster; Kleidung müffen ihm die Aeltern geben.
Von eigenthümlichen Ländereien hat das Collegium jährlich
dreißig Beutel Einkünfte.
Man wollte mich durchaus zur Nacht hier behalten,
aber ich durfte nicht einwilligen, um, meinem Versprechen ge:
mäß, am folgenden Morgen in Suk St. Michael einzutref,
fen. Unter Weges erblickte ich auf Bergen, wie in Thät
lern Maroniten Klöster, die in dieser Gegend am zahlreich:
ften find. -
Mit Sonnen Untergange war ich im Kloster Hariffa, das
St. Peter und Paul gewidmet ist, und den Vätern des ge:
lobten Landes gehört. Es war nur einer da, Carlo, der
des Generals Defair Dolmetscher in Aegypten war. Wir po, -
litisierten viel, aßen schlecht, und schliefen sehr gut. Wenig
morgenländische Klöster mögen sich einer so reichen Bücher
Sammlung rühmen dürfen, als dieses, welches auch groß
und schön gebaut ist, aber allmählig verfällt, und allen Wint
den ausgesetzt, im Winter sehr kalt feyn soll.
In einem Paar Stunden war ich am andern Morgen
nach Suk St. Michael hinab geklettert, das Kloster Kurket
oder Hendy vorüber, welches der Pabst vor etwa funfzig
I 22
Jahren aufgehoben haben soll, weil in demselben eine gott
lofe Dirne unter der Maske einer Heiligen Unfug ver:
übte. Ich fand, der Abrede gemäß, Herrn Laurella vor,
mit welchem ich bei dem Scheich Bichareh speisete, der
eben so viel gute Laune als Appetit zeigte. Nach Tisch
besah ich ein neues Haus, welches eigentlich eine kleine
Festung ist, ohne fich äußerlich als solche anzukündigen.
Alle Mauern haben Schießlöcher, die in Schränken oder
sonst versteckt sind. Ein Schrank barg die heimliche Thür
zur Treppe einer Gallerie, welche Treppe, gleich einer Zug
brücke, von dem auf die Galerie Gelangten aufgezogen
werden konnte. Vieler ähnlichen Verkehrungen zu geschweiz
gen, die alle zum Schutze gegen Ueberfall und Volksauf
ruhr genommen waren. Dieser mochte hier jetzt am mei;
ften zu fürchten feyn, da der Pascha eine starke Geldfor
derung an den Scheich gemacht hatte, die Letzterer eben
auf seine Unterthanen zu vertheilen dachte. Ein Ereigniß,
welches selten ohne Gefahr, wie ohne Geschrei. Statt fin,
det. Mich befremdete der Reichthum des Greifes an Eu/
ropäischen Kostbarkeiten, Waffen und zahllosen Quincail:
lerien.
Nachmittags kehrten wir auf dem gewöhnlichen Wege
zurück. An der Via Antonina zeigte mir mein Begleiter
die Lateinische Inschrift eines unter den Stufen einge:
mauerten Steines; aber sie enthält nur noch die an den
„unbefieglichen Imperator“ gerichteten Anfangsworte, und
eine Syrische in ihrer Nähe bezog sich auf ein gleichgült
123
" tiges Grab, welches ruchlose Schatzgräber aufgewühlt hat,
ten. Wir waren am Abende in Beirut.
Landeskundige riethen wohlwollend, während meiner bei
absichtigten Reise in das Innere auf die Europäische Klei,
dung ganz zu verzichten, und mich in ein morgenländisches
Costüm zu werfen. Ein solches wurde schnell zusammen
gebracht, bestehend, von unten anzufangen: aus einem Paar
gelben Torliks (Halbstiefeln) und rothen Schuhen, blauem
Schalwar (Beinkleid), zwei gestreiften Westen mit langen Aer
meln von gestreiften halbseidenen Damaskischen Zeugen, einer
brauntuchenen Jacke, einem Enteri, hier Kombas genannt,
(d. h. langem Rocke) von geflammtem, halbseidenem Zeu,
ge, einem Schal zum Gürtel, einem rothen Dshübbeh
(Redingotte ohne Futter), einem rothen Fes (hier Tar
bash genannt, d. i. eine kleine, runde Mütze) und einem
Bunde von weißem Muffelin mit einem Englischen Schal.
Alles zusammen kostete 449 Piaster 5 Para, wiewohl es
nicht so viel werth ist. Ich habe es durch Herrn Laurella
einkaufen laffen, um ihm einen billigen Vortheil zuzuwenden,
als schuldigen Dank für die bewiesene Gastfreiheit. Er hatte
es zuvor an Lady Stanhope getadelt, daß sie nicht er
kenntlich sey. Um so mehr wünschte ich, ihn mit mir zu
frieden zu stellen. Er bedurfte der kleinen Aufmunterung,
da schon wieder ein Paar neue Reisende in den Herrn
Gebrüdern Lagrange, ehemahligen Französischen Sprach:
knaben, aus Cypern bei ihm eintrafen, die sich eine Zeit
lang in den Klöstern des Libanon aufhalten wollen, um
-
124
die Arabische Sprache zu erlernen. Sie reisen ohne
Bedienten, aber in Begleitung dreier Hühner, Hunde, die
dem armen Laurella nicht wenig Pein verursachten.
Nach einem Besuche bei dem Bischofe der Melchi,
ten, welcher mir meine in Mar Hanna gekauften Bücher
aufbewahrt hatte, ließ ich mir den Kopf fcheeren, jene
Vermummung ergänzend, die meine fernere Wallfahrt bei
günstigen sollte. Als Orientale zog ich aus Beirut, am
30. September.
- - - - - - - - - - - - - - -
125
17.
Thal des Damur. Deir el Kamar. Dorf und Klo-
ster Maschmasch. Fakhreddin's Höhle.
Ich ritt durch Gärten, die sich bis an den Fuß des
Libanon erstrecken. Auf dem Gebirge selbst fahe ich weni;
ger Klöster und Dörfer, als zuvor am Nahr Kelb. Das Land
ist zwar mühsam bebaut, aber nicht fo schön, als dort,
und die Gärten erscheinen viel sparsamer. Man zieht vor,
züglich Feigenbäume. Ein großer Theil der Berge ist
mit magern Fichtenwäldern besetzt, die im Libanon runde
Kronen tragen, wie die Pinien. Die Wege find zwar
vom Emir gebessert, aber dennoch gar schlecht. Sie be;
stehen aus Stufen von großen, rohen, und einem höchst
unbequemen Pflaster von kleinen, losen und halblosen
Steinen.
Das Thal des Damur, in welches ich hinabstieg,
und wo eine steinerne Brücke über den Fluß führt, der
mehrere Mühlen treibt, wird von einer senkrecht steilen
Felsenwand gebildet, dann folgt ein fruchtbarer und bei
bauter sanfter Abhang, und abermahls eine Felsenwand,
feil und zackig, wie die erste. Nachdem man diese erklett
tert hat, überrascht es nicht wenig, oben noch Dörfer und
Gärten zu finden. Ich ritt an der andern Seite des That
les hinauf, in das Nebenthal, an dessen nördlichen Ab
hange die Drusische Hauptstadt, Deir el Kamar, liegt.
1:26
Sie enthält, außer einer Moschee, mehrere große Ge-
bäude, ist aber übrigens ganz dorfmäßig gebaut, überein,
stimmend mit der vorwaltenden Neigung des Volkes zum
Landleben.
Es schien mir zu spät, mich zum Emir zu begeben,
der eine halbe Stunde Weges entfernt, auf der entgegen,
gesetzten Seite des Thales in einem neuen Palaste wohnt.
Man brachte mich daher in das häßliche und schmutzige
Maroniten Kloster, wo ich eben nicht willkommen schien,
nur ein wenig Grütze zum Abend: Effen erhielt, und ein
Schlafzimmer, aus welchem mich die Flöhe gleich wieder
vertrieben. -
Desto früher begab ich mich am folgenden Morgen
zum Emir. Ich fand ihn in einer offenen, hübsch verzierten
Halle im zweiten Hofe sitzen; neben ihm einen Schrei
ber. Er empfing mich nicht ohne fürstliche Würde. Ich
hatte ihm zu Ehren meinen rothen Dshübbeh umgethan,
und überreichte die Empfehlungs-, Schreiben des Hauses
Rosetti und des Pascha's von Aka. Man gab mir
Scherbet und Kaffee, wie gewöhnlich, fragte nach meinen
Reisen und Bonaparte"s Schicksalen, wie gewöhnlich, und
wies mir ein Zimmer nebst Bedienung an. Ich konnte
zwanglos spazieren, und die Umgebungen in Augenschein
nehmen.
Unweit des neuen Palastes liegt ein kleines Kloster.
Der Palast felbst, ganz in Türkischem Geschmacke erbaut,
hat ein angenehmes Aeußere und geräumige, wohlgepfla:
127
sterte Höfe mit Cypreffen bepflanzt, und mit hübschen Waf,
ferbecken und Springbrunnen versehen, die, wie die bunt
verzierten Thore, voll. Arabischer Verse geschrieben sind.
Die Gemächer im Inneren fand ich bunt mit Marmor
gepflastert, die Wände Theils mit breiten, rothen, weißen
und blauen horizontalen Steinchen, Theils mit Holzgetäfel -
geschmückt, das mit Perlenmutter ausgelegt, und mit Spie,
geln besetzt ist. Arabische Verfe, schöne Teppiche und
Springbrunnen mit Marmorbecken erhöhen die orientali
fche Pracht. Gut gewählte Kiosk's, ein großes Waffer:
Becken mit Goldfischen, von Blumentöpfen umkränzt, un:
ter einer Rebenlaube des Obstgartens, die Aussicht über
Thal und Meer vollenden die Schönheit des Orts, die
während der milden Jahreszeit noch unendlich reizender
feyn muß. Jetzt trug das Thal die Farbe des Herbstes.
Veränderliches Wetter, oft abwechselnd mit Regen und Son,
nenschein, kündigte die Annäherung des Winters im Ge;
birge an.
Er hieß mich eilen. Schon am folgenden Tage
nahm ich Abschied vom Emir Beschir. Er hat mit einem
langen grauen Barte keine üble Physiognomie; nur rollt
er feine grauen Augen etwas schielend und wild, welches
ihm ein katzenartiges Ansehen gibt, wenig geeignet, Vert
trauen einzuflößen, wenn man auch nicht weiß, daß er,
um der Herrschaft sicher zu feyn, drei Neffen hat blen
den laffen.
Ich stieg den Berg hinan, an dessen Abhange der
I 28
Palast liegt; er ist bebaut, gewährte aber in dieser Jahr
reszeit keinen reizenden Anblick. Auf der andern Seite
ließ ich ein Dorf und Bethaus der Drufen, das man mir
Safanieh nannte, zur Linken liegen; dann blickte ich in
das schöne Thal, wo nebst andern Orten Muchtara zwi:
fchen Gärten liegt, der Wohnsitz des Scheich Beschir, ei:
nes vornehmen Drufen Häuptlings. Durch dieses Thal
fließt in einer tiefen Schlucht der Nahr en Noualy.
Auf der andern Seite erheben sich die Berge in drei bis
vier Absätzen, die durch fruchtbare Thäler zusammen hängen;
mehrere Bäche haben in entgegengesetzter Richtung Schlucht
ten gegraben, und fürzen sich steil in jenen Fluß, wobei
einer von ihnen einen schönen Wafferfall bildet. Das
kleine Dorf el Masra berührend durchritt ich schöne Oli
ven Wälder und an den Ufer des Nahr en Noually Ge;
büsche von Silber, Pappeln, Rosen, Lorbeeren und Plata
nen bis zum Bache el Bireh, der sich mit ihm vereinigt.
Von einer Brücke, die über diesen Bach führt, war ich
sehr überrascht, vier treffliche Granit Säulen zu erblicken,
die stolz über das Gebüsch hervorragen. Ich ging hin.
Sie stehen zum Theil in den erhöheten Boden versenkt,
in gleicher Entfernung und in einer Linie bei einander.
Ich konnte aber keine Spur von dem Gebäude entdecken,
zu welchem sie einst gehörten. Grüne Wiesen, Waffer und
Gebüsche waren weit umher.
Das schöne Thal verlaffend kletterte ich steil durch
Heide und Fichten Wälder im Zickzack bergan und berg,
129
unter. Nahe am Gipfel auf der anderen Seite liegt in
Maulbeer- und Wein, Gärten das Maroniten Dorf und
Kloster Mashmash mit einer weiten Aussicht über Meer
und Gebirge. Ich trat im Kloster ab, wo ich alle Mön,
che wirthschaftlich beschäftigt fand: einige lasen Maulbeer,
Blätter, andere Reben, andere wanden und haspelten Garn,
noch andere webten oder schnitten Kleider zu. -
Während ich meinen hungrigen Magen tröstete, schickte
ich zu Lady Esther Stanhope, deren Sommer Aufenthalt
hier ist, und fragte, wann ich ihr aufwarten könne. Ohne
mein Verschulden wurde ich ihr als Engländer gemeldet.
Sie schrieb mir also ein Billet in ihrer Muttersprache,
die Freude ausdrückend, einen Landsmann kennen zu ler-
nen, welches mich in die unangenehme Nothwendigkeit
fetzte, unsere Bekanntschaft damit anzuknüpfen, daß ich
ihr eine Hoffnung vereitelte.
Ich fand sie nebst einem Paar Sclavinnen und klei:
nen Pagen in einem schlechten Bauerhaufe, das nur an
zwei Ecken ein Zimmer hatte. Sie ist groß und stark,
muß weiland hübsch gewesen feyn, hat aber jetzt schon
viel vom Anfehen einer alten Jungfrau gewonnen. Sie
trug einen roth und weiß gestreiften Schal um den Kopf,
einen kurzen, rothen Pelz über Türkischen Mannskleidern
und über das Ganze eine weiße Aba mit rothen Schnü,
ren, wie ein Arabischer Scheich, und hatte ihr Gesicht
etwas feltsam ausstaffiert. Sie spricht viel, und zwischen
den Zähnen, nach Englischer Weise; unterhielt mich aber
9
13o
sehr angenehm von ihrem Palmyrenischen Heereszuge und
den ihr befreundeten Arabischen Emirs, deren Charakter fie
über Alles erhob. Aber Trotz ihres Entzückens über jene
Expedition leuchtete doch hervor, daß sie nicht ohne einige
Furcht davon gekommen fey, besonders wegen der Feind,
fchaft zwischen den Stämmen Feddun und Anneffy. Nächst
dem Vergnügen, auf viele Befehlshaber dieses Landes. Ein
fluß, über einige Herrschaft auszuüben, scheint Pferde-Lieb:
haberei ihr den meisten Zeitvertreib zu gewähren, welche hier
leicht Nahrung findet. Sie sprach mit Leidenschaft von die
fen Thieren.
Lehrreich waren mir der Lady Nachrichten über die po:
litischen Verhältniffe der Volksstämme in ihren Umgebungen.
Sie rühmte sich besonders, die größten Spitzbuben, Mört
der und Räuber im Solde zu haben, und dadurch viel zu
vermögen. Jetzt eben hatte sie einige derselben ausgefandt,
ihr von einem Französischen Reisenden, Namens Bautin,
Nachricht zu schaffen, der in den Gebirgen der Anffarieh
oder Noffairi (Verächter des Gesetzes) umgebracht seyn soll,
indem er den kühnen Plan verfolgte, diese berüchtigten
Berge bis nach Karamanien hin zu besuchen.
Nach mehrstündiger Unterredung ließ sie den päbfli;
chen Missionaire, Abbate Gandolpho, der sich eben bei ihr
aufhielt, rufen, und mir für die Nacht eines der Bauerhäu,
fer einräumen, deren sie mehrere im Dorfe gemiethet hat.
Sie pflegt stets allein und wenig zu speisen. Ich hatte Ganz
dolpho zum Tischgenoffen, dessen Betrachtungen über die Eu:
131
ropäischen Welthändel mir wenig zusagten. Nach dem
Abend, Effen begab ich mich wieder zur Lady, bis Mitter
nacht mit ihr schwatzend. Sie zeigte sich als begeisterte An;
hängerin Bonaparte's, und konnte es dem Kaiser Alexander
gar nicht verzeihen, daß er den Ruffen das schöne Frankreich
Preis gegeben hätte. Meine Empfindlichkeit über solche
Aeußerungen führte zur Berichtigung des Irrthums, wel,
cher durch unsere Französische Unterhaltung veranlaßt war,
die den Livonien für einen Livournien nehmen ließ. Sie
fuchte nun den Mißgriff von Seiten der Höflichkeit gut zu
machen, ohne jedoch ihr politisches Glaubens Bekenntniß
zu ändern. Wiewohl ich für dieses nicht zu gewinnen war,
und defen auch kein Hehl hatte, bewies mir Lady Stanhope
nichts desto weniger Güte und Aufmerksamkeit, gab mir
auch Empfehlungen nach Hamah. Sie fcheint mir eine
geistreiche Person, aber voll phantastischer Grillen, die in dem
freien England doch einen beschränkteren Spielraum finden
würden, als in dieser Gebirgswelt. Also thut sie wohl, hier
zu bleiben.
Ihr Maronitischer Hauswirth und Gandolpho beglei:
teten mich bei meiner Abreise zu Pferde nach Dschefir. Wir
ritten fast immer bergan. Mit jeder Wendung wurde die
Aussicht weiter; bald überblickte ich das ganze Gebirge zwi,
fchen mir und der Kälte nebst Seida und Sur. Aus Ber:
gen und Thälern schimmerten Dörfer und Klöster hervor,
und dennoch ist das Land, einzelnen Partien abgerechnet,
nicht so schön, als Kesroan. (Von Beirut bis zum Hoch,
132
gebirge des Libanon, etwa eine Tagereise lang und eben so
breit, durch den Nahr Kelb getheilt.) Auf einem Berge
hinter uns fahe ich eine weiße Kuppel, wo die Sage den
Propheten Michas begräbt zur großen Verehrung der Dru
sen. Ich fragte Gandolpho nach dem Glauben dieses Vol:
kes. Er behauptete, dasselbe habe gar keine Religion, glaube
an nichts, und erkenne keine höhere Macht; alle Drusen wä,
ren geschworne Feinde der Franken und Christen, wenn
auch nicht so arg, als die Anffarieh und Motualis, welche
durch den Mord eines Christen sich aller Sünden / Last entle
digt wähnten. Indessen gäbe es doch eine zahlreiche Claffe, die
sich Okals oder Akals, Geistliche, nennten, und zu gewissen
Zeiten in Bethäusern geheimnißvoll versammelten. Diese
Bethäuser, zu welchen jedem Andern aus dem Volke, wie
den Fremden, der Zutritt versagt fey, hießen Chalwieh,
Oerter der Zurückgezogenheit. Ihr Gottesdienst beschränke
sich auf das Lesen einiger mystischen Arabischen Bücher, von
welchen sie nichts verstünden, und auf ein mäßiges Mahl
von Trauben und Brod. Die Geistlichen unterschieden sich
durch einen, forgfältig in glatte Falten gelegten weißen Bund
und einfache, baumwollene Kleidung. Mit Nichtgeistlichen,
hier Dhahels, Unwissende, genannt, fuchten sie jeder Be;
rührung sorgfältig auszuweichen. Andere haben gegen mich
behauptet, die Drufen, wie die Anffarieh, verehrten die
menschlichen Geschlechtstheile.
In Dshefir, wo mir meine Begleiter ein Lebewohl
wünschten, ist ein Nonnen-Kloster. Das Dorf liegt aller
1 77,
liebst unter den schönsten Bäumen im Hinter Grunde eines
engen Thales. Ein Diener der Lady Stanhope sollte mich,
auf ihren Befehl, erst zur Höhle Fakhreddin's und dann auf
die Straße nach Damascus bringen. Der Höhlen find mehr
rere, die gemeinschaftlich den Namen Kalaat, Schloß, füh:
ren, und an einer steilen Felsenwand liegen, auf deren Vor-
prüngen man mühsam kletternd den Weg gewinnt, welcher
Theils zu Fuße in kleinen Stufen, Theils unter dem überhän:
genden Gesteine auf dem Bauche kriechend zurück gelegt wer
den muß. Die natürlichen Höhlen find durch Kunst erwei
tert, mit Treppen, Thüren und Fenstern versehen. Wo
der Felsen gefährlich überhing, hat man durch jetzt meist zer
störte Mauern ihn unterstützt, und dergestalt das Ganze in
eine leidliche Wohnung verwandelt, die dem Drusischen Hel:
den zum Schlupfwinkel diente, aber gegen Amurat's 1v.
Zorn nicht schützen konnte, wenn sie gleich einer jährigen Bez
lagerung trotzte.
Niha und Bätich sind Drusen, Dörfer, die auf entge
gen gesetzten Seiten eines mit schönen Gärten überdeckten
Berges im Thale liegen, umgeben von nackten, grauen
Bergen. In Niha soll man Eisen graben, wie ich denn
überhaupt in dieser Gegend viel eisenhaltiges Gebirge bei
merkt habe. Auf dem Gipfel eines jener Berge, die mir
ganz kahl schienen, überraschte mich das Dorf Dshiher mit
Gärten.
Pappeln und Nußbäume beschatten den Brunnen von
Bresleh, dem letzten Dorfe auf dieser Seite des Gebirges, wo
134
alle Orte von Drufen bewohnt find. Nun stieg ich wieder
hergan über Felsen. Immer kahler und steiniger werden
die Berge, und sparsam geben sie in ihren kleinen Thälern
magerem Ackerlande Raum. Endlich erklomm ich den höchs
ften Punct zwei wüster Gipfel. Ich wandte mich um, und
überblickte noch ein Mahl die schönen Gebirge, die paradies
fischen Thäler, den unbegrenzten Horizont des Meeres, Sy:
rien's und Phöniciens interessante Küsten. Der oft er
neuerte Genuß des Anschauens dieser wundervollen Natur
Bilder endete in dem Gedanken, daß hier ein Abschnitt mei
ner Wallfahrt schloß. Diese Periode wäre nun vorüber; die
fen Theil meines Dasewns würde ich nicht wiederhohlen,
dieses herrliche Land und Meer wohl nimmer wieder sehen,
dachte ich, und kehrte den Blick nach Damascus (3. October),
dddddddddddddd)
I 55
18.
El Bkaa (Coele- Syria). El Scham oder Damaschk
(Damascus).
Kaum jene Höhe überstiegen, erblickte ich die Ebene
el B kaa (Cöle Syrien), vom Kafemieh in Schlangen Wint
dungen durchfloffen, und auf der andern Seit den Anti-Liba
non von dem Punkte, wo er sich näher der See mit dem Li;
banon verbindet, bis dort, wo gegen Norden die Ebene sich
öffnet. Er erscheint grau, ohne allen Schmuck der Vegetat
tion, in mehreren Absätzen aufsteigend.
Der Berghang, den ich hinab zog, war mit den klein,
blättrigen Eichen bewachsen, welche Olivier als eine beson:
dere Art (quercus Libani) auszeichnet. Ich fand sie auch auf
dem Thabor. Ihr kurzer Stamm ist gerade, rund und dick.
Am Fuße des Berges blieb ich in einem kleinen Chan
des Dorfes Chörbeh, wo mich die Wirthin freundlich em:
pfing. Als aber ihr alter Mann hinzu kam, änderte sich
die Scene: er wollte nichts verabfolgen laffen, weder Reis
noch Brod, ja weigerte so gar Feuer und Obdach, und
lärmte und schrie wie beeffen, bis ihm mein Diener, Kir:
kor, andeutete, er möge nicht zu lange auf seinen grauen
Bart trotzen, der keines Weges unbedingt vor Schlägen
schütze. Alsbald zeigte der Polterer sich höflich und dienst
fertig, entschuldigte seine üble Laune mit dem Tode eines
Sohnes, und gab mehr, als wir wollten.
136
Früh am folgenden Morgen gelangte ich in die Ebene
el Bkaa, die bei weitem nicht so gut bebaut ist, als sie feyn
könnte. Eine Brücke von dreizehn Bogen führt über den
Kafemieh; an dieselbe lehnt fich ein Chan, und nicht fern."
liegt ein trauriges Dörfchen, Alita. Berge, wie ich fiel bis
dahin gewohnt war, hat man nicht zu ersteigen, sondern
der Weg schleicht zwischen kahlen, formlosen Höhen von ei:
ner Niedrigung in die andere. Die meisten dienen zur Wei;
de; der Anbau bleibt dürftig. Rechts und links fahe ich
fern im Norden und Süden die höchsten Gipfel des Anti-
Libanon. Sie schienen denen des Libanon an Höhe ziem
lich gleich.
Während des ganzen Tages stieß ich kaum auf eine le
bende Seele, und auf kein Haus bis zum elenden Dorfe Di,
mas. Hier fand ich ein reinlich angeweißtes Haus, beides
fen Bewohnern ich übernachtete. Sie waren den größten
Theil des Abends beschäftigt, ein Arabisches Lieblings-
Gericht zu verfertigen, Kubbeh genannt. Sie kneteten aus
angefeuchtetem Bugrus, d. h. Weizen, Grütze, hohle Kur
geln, füllten diese mit gehacktem Schaffleisch und Kräutern,
und ließen sie etwas in Butter kochen, doch so wenig, daß
fie halbroh genoffen wurden; für jeden, defen Magen nicht
daran gewohnt ist, eine schwere, unverdauliche Speise. Um
ihr einen säuerlichen Geschmack zu geben, mischt man auch
den Saft der fauern Granaten hinzu. Ich erhielt über dies
gesäuerte Ziegenmilch, und hatte alle Ursache, mit der Gast
freundlichkeit meines Wirthes zufrieden zu feyn. Die Wei,
137
ber verbargen sich nicht; ich mußte so gar mit der ganzen
Sippschaft, bestehend aus einem alten Manne, nebst
Frau, zwei Töchtern und deren Kindern, in Einem Zim
mer schlafen, so gut es die Flöhe erlaubten.
Noch im Dunkeln brach ich auf, und fand den Weg
von gleicher Beschaffenheit, wie am vorigen Tage. Bei
dem Aufgange der Sonne war ich auf einer wüsten Ebene
von nackten Bergen umgeben. Dann senkte sich die Gegend
allmählich, und das Thal Guta breitete sich vor mir aus,
gleich einem weiten grünen Walde; die Thürme und Kup:
peln von Damascus brachen kaum aus dem dichten Nebel
hervor, der darüber lag. In der Ferne fahe ich den See,
hinter ihm eine grenzenlose Ebene. Ich muß gestehen, daß
der Anblick dieses vierten Paradieses der Morgenländer mein
ner Erwartung nicht entsprach, eingedenk, daß Muhamed,
als er die Herrlichkeit der Stadt, die er in Besitz nehmen
wollte, aus feinem Lager von der Anhöhe an staunte, nicht
hinein zu gehen wagte, weil er wußte, dem Menschen könne
nur ein Paradies zu Theil werden, und er beschlossen hatte,
das einige nicht in dieser Welt zu nehmen.
Am Eingange der Gärten von Guta liegt ein Dorf,
wenn ich nicht irre, Mesri genannt, in reizender Umge:
bung. Die Bäume dieser Gärten find von den schönsten
Formen, und das filberhelle Waffer, welches in alle. Richt
tungen unter ihnen rieselt, verbreitet eine Frische, die bei je
dem Athemzugelabt. Die Zäune find aus viereckigen Erdklum
pen zusammen gesetzt; die Häuser aus dem gelblichen Kalk,
138 ,
feine der benachbarten Berge und aus ungebrannten Ziegeln
erbaut, und mit diesem Kalke übertüncht, welcher ihnen ein
trübes, eintöniges Ansehen gibt. Hin und wieder lagen
Aefer mit echt Türkischer Nachlässigkeit zerstreut.
Um sicherer jeder Unannehmlichkeit zu entgehen, die
es mir zuziehen konnte, wenn ich etwa am Thore für einen
Franken erkannt wurde, näherte ich mich der Stadt zu Fuße.
Sie macht allerdings einen großen Eindruck. Ich durch
frich ungeheuer lange Gaffen mit reich gefüllten Basars,
unterbrochen von schön gebauten Chans, Bädern und nett
verzierten Kaffees. Im Zollhaufe fragte man nach Seide,
ließ mich aber als angeblichen Engländer gleich los. Meine
Mamlucken, Tracht veranlaßte unter Weges öfter die Erkun
digung, ob ich eben aus Aegypten komme.
Endlich erreichte ich müde und matt das Kloster der
Bekehrung Pauli, den Spaniern des heiligen Landes gehör
rig, wo eine Schule der Arabischen Sprache ist. - Hier wies
man mir ein fehr gutes Zimmer an, und nach dem Abend:
Effen besuchte ich den alten Französischen Arzt, Herrn Cha
boffeau, der aber, wie sein Dragoman, fotaub ist, daß mich
der Magen vom heftigen Schreien schmerzte. Er politisierte
viel, rühmte fich, ein Franzos von altem Schlage zu feyn, und
schien mit der ganzen übrigen Welt sehr unzufrieden. Sein
Haus ist klein, aber schmuck, die Zimmer find getäfelt, und
mit schönen Diwans versehen; im Hofe stehen prächtige
Orangen und Blumen um den Springbrunnen, wohl ent
sprechend dem Gerüchte von der Eleganz der Damascenischen
139
Häufer. Er erwiederte meinen Besuch schon am Abende,
und versprach gefälligst, am folgenden Tage mich zu dem
Jüdischen Serraf (Wechsler) Rafail zu begleiten, ein Bru:
der des in Aka herrschenden Chaim, und eben so mächtig als
jener. Es war aber (6. October,) das Neujahrs-Fest der Jur
den, und Se. Hebräische Excellenz unsichtbar.
Da ich nicht gleich einen Führer erhalten konnte,
die Stadt zu besehen, so wollte ich mich mit der Kloster Bir
bliothek beschäftigen. Man versprach, fiel mir zu öffnen;
aber der Schlüffel, Bewahrer lese eben Meffe. Er kam,
versicherte aber, die Bibliothek sey in Unordnung, und
werde eben aufgeräumt, doch sollte ich wenigstens den Kata
log zur Durchsicht erhalten. Warum man mir endlich auch
diesen vorenthielt, ist unbegreiflich. So blieb mir also für
den ganzen Tag nichts, als die Unterhaltung mit Herrn Chat
boffeau, einem kleinen, Französisch redenden, buckeligen
Schreiber, Malum Tahach, und einem Capuziner, die mich
besuchten. Sie schienen über die Stadt gut unterrichtet zu
feyn, welche in jeder Hinsicht, durch Volkszahl (wenigstens
100,ooo E), Kunstfleiß, Handel und Bildung, zu den bei
deutendsten Orten des Orients gehört.
Die öffentlichen Gebäude find meist prächtig, und die
Kloster Kirche darf ihnen wohl beigezählt werden. Sie ruht
auf sechs Bogen, von denen zwei durch eine Wand verbun;
den find. Sie hat einen Haupt-Altar und sechs. Neben Al-
täre; alle reich, nach Orientalischem Geschmacke sehr bunt
verziert. Den Weibern hat man eine besondere Abtheilung
14O
in ihr angewiesen. Eigentlicher Merkwürdigkeiten kann sie
sich nicht rühmen, wiewohl sie dem Christlichen Seidenwe:
ber, welcher mir von den geistlichen Vätern zum Wegweiser
beigesellt war, als die vorzüglichte erschien. Dieser lang
weilte mich bald durch das Aergerniß, welches er an meinem
weißen Bunde nahm. Ich wollte aber durchaus nicht für
einen Rayah gehalten werden; indessen band ich, ihm zu Ge-
fallen, einen Schal um, feine Dienstfertigkeit anzuspornen,
und durchstreifte dann die Buden und Waarenlager.
Das größte Privat-Gebäude, das ich sah, ist der Pal
last Asad Pascha, so wie auch der von demselben Pascha ge:
baute Chan nicht leicht an Größe und Schönheit übertroffen
werden möchte. Er ist rund umher und in der Mitte mit
Kuppeln überdeckt, die ihn von oben erhellen, und enthält
einen Reichthum ansehnlicher Wafferbecken. Auf ihn folgt der
Chan Soliman Pascha, von derselben Bauart. Die gewöhnt
lichste Zierath find horizontale, breite Streifen; in genannt
ten Chans schwarz und weiß, an Moscheen und Privat
Häusern schwarz und blau, weiß und roth. Einige kleine
Moscheen, die ich besuchte, als Dschami Esnanieh, Der
wich Dschami und Serai Dschami, zeichnen sich keines We;
ges aus; die Minarets gleichen den Aegyptischen. Bei letz,
terer ist der Derwisch-Basar, eine breite Straße, wo das
Landvolk feine Erzeugniffe feil bietet; ferner der Eingang
des Serai, wo der Sitz der Regierung, und in Abwesen,
heit des Pascha der Muteffellim residiert. Unweit davon sieht
man zerstörte Thürme des Schloffes.
141
In dieser Gegend, an den Ufern des Barada, hat
ben die vornehmsten Türken ihre Häuser, von außen sehr
unscheinbar.
Der Pferde-Markt nimmt mehrere Straßen ein.
Von dort begab ich mich zum Kaffee al Wardy. Das
Gebäude ist schlecht, liegt aber angenehm am Ufer des Ba
urada, im Schatten von Weinreben und großen Bäumen,
eine kleine Abtheilung mit Rosen bepflanzt. Das Ganze -
dient zu einem lieblichen Erfrischungs-, Orte, dessen Stifter
mitten in seiner Laube begraben ist. Das mit Thürmen
und einem trockenen Graben versehene Schloß, wohl aus
den Zeiten der Kreuzzüge herrührend, im Innern zu betracht
ten, wollten mir die Arnauten des Pascha nicht gestatten.
Ueber dem Haupt-Eingange sieht man eine verstümmelte Ara
bische Inschrift, für mich zu hoch, um das Geringste von
ihr entziffern zu können.
Die große Haupt, Moschee nimmt sich prächtig aus.
Unter ihren mehreren Thürmen unterschied ich nur ein Mit
naret. Ihr großer, gut gepflasterter Hof ist von zierlichen
Arcaden umgeben. Hinter diesen Arcaden trägt eine dop:
pelte Reihe antiker Granit 4 Säulen, meist Korinthischer
Ordnung, das Dach. An die Außenwand lehnen sich Waa
renlager. Im Hofe sah ich einen Springbrunnen, der aus
einer Granit-Säule zu bestehen schien, welcher man eine eit
ferne Krone aufgesetzt; auch mehrere Kuppeln auf Säulen
ruhend, und endlich ein kleines Gebäude mit antiken Mars
mor, Säulen von guten Verhältniffen, die sehr tief in den
142
Boden gesunken schienen. Von den sieben Thürmen der Mot
fchee fand ich die drei von mir besuchten gleichförmig. Un;
weit der letzteren führen Stufen zu einem schönen Spring-
Brunnen, dessen Wafferstrahl von Armes: Dicke über sieben
Fuß gehoben wird.
Ich vertauschte meinen langweiligen Christlichen Füh,
rer gegen einen aus Haleb verjagten Janitschar, der mir
beffer gefiel. Er brachte mir Benische (Mäntel, die den
ganzen Körper bedecken), von denen ich einen kaufte, weil
man mir gesagt, daß mein Dschübbeh für die elegante Da
mafcener Welt zu schlecht fey. In diesem kostbaren Schmucke,
von dunkelblauem Tuche, mit Golde eingefaßt, begab ich
mich mit Herrn Chaboffeau und Tahach zu Rafail in das
Juden Quartier, welches auch hier, wie überall, schmutzig ist.
Die Wohnung des viel bedeutenden Mannes kündigt sich
von außen fehr bescheiden an, überrascht aber um fo mehr
durch ihre Pracht im Inneren. Ein geräumiger Hof mit
bunten Marmor gepflastert, mit Wafferbecken, Orangen
und Blumen geziert, ist von fchön bekleideten Diwans um
geben, und führt zu den Wohnzimmern, die schon äußerlich
reich verziert find. Ich wurde artig empfangen, und von
dem Wirthe in einen Saal begleitet, in dessen Mitte über ei:
nem Marmor-Becken ein Kronleuchter hing, umher drei er
höhte Estraden, welche dem Zimmer fast eine Kreuzgestalt"
gaben. Diese Erhöhung war von unten mit Perlenmutter
geziert, mit schönen Matten, Teppichen und Polstern bei
deckt. Die Wände glänzten von goldenen Verzierungen auf
143
Marmor oder Aur; zum Theil waren sie, gleich den Decken,
mit Holz getäfelt, welches man mit Perlenmutter, Gold
und Spiegelglas ausgelegt hat. Das Schlafzimmer war
eben so prächtig. Diesen angemeffen die Bedienung. Uns
wurden Scherbet, Kaffee und Confitüren auf schön gearbei:
teten Silber, Servicen gereicht, mir zum Abschiede die er
sprießlichsten Dienste versprochen,
Seit einem Jahrhunderte schon ist die Familie dieses
Juden, die jetzt hier, wie in Aka herrscht, im Besitze ihres
Ansehens, welches ihre Mitglieder durch ausgezeichnete Tat
lente zu erhalten wissen, indem sie sich der Regierung unent,
behrlich machen, aller Türkischen Vorurtheile zum Trotze.
Mein Forschen nach käuflichen Alterthümern wollte
sich nicht lohnen. Ich besuchte die Goldarbeiter in ihrem
schmutzigen, gewölbten Chan; sie konnten mir aber nur ein
Paar unbedeutende Anticaglien zeigen, und über deren
Preis nicht mit mir einig werden. Endlich kam ein Grie,
chischer Priester, der mir eine kleine Venus: Statue aus
Bronze und einige alte Bronze-Münzen um hundert Piafter
verkaufte. Er hätte mich gern mit Münzen, vorgeblich PON
Constantin, Diocletian c. betrogen; aber ich überführte ihn
zu seinem großen Verdruße von ihrer Unächtheit.
Einer der Spanischen Mönche brachte mich zum Pauls,
Thore, von den Muhamedanern das Ostthor genannt. Es
ist antik; ein Bogen auf zwei mächtigen Pfeilern, auf wel,
chen später ein Thurm mit einem Kreuzgewölbe gesetzt ward.
Von diesem Thurme erblickt man große Trümmer, Haufen
144
aus der Zerstörung eines Erdbebens, und weiterhin an ei:
nem andern Thurme das Fenster, aus welchem der heilige
Paulus hinab gelaffen seyn soll. Da aber die Bauart des
Thurmes an die Zeiten der Kreuzzüge erinnert, und unter dem
Fenster eine Arabische Inschrift in Suls Charakteren (sehr
verstümmelt) dem angeblichen Alterthume nicht günstig ist, so
muß das Ereigniß wohl anderswo. Statt gefunden haben. Das
gedachte Fenster war übrigens ehemahls mit Marmor beklei
det, welchen unlängst ein Pascha wegnehmen ließ, um ihn
bei seiner eigenen Wohnung anzubringen. Die dadurch ent:
standenen Lücken fallen in die Augen.
Auch den Christlichen Begräbnißplatz besuchte ich, in
deffen Nähe man den Rest einer alten Straße zeigt, aus
runden Kiefeln in Mörtel gepflastert bestehend. Unter der
selben hat wahrscheinlich das Waffer eine bogenförmige Oeff
nung in die feste Kalkmasse gewaschen, wohin man jetzt die
Vision des heiligen Paulus, bei welcher er erblindete, ver;
fetzt. Nahe am Thore, durch welches wir zurück kehrten,
find die Gräber dreier Mönche, die man aus Jerusalem,
an Pferdeschweife gebunden, hergeschleppt und hier getödtet
hat, die jetzt aber von den Muhamedanern für Heilige ange
fehen werden.
Bei dem Spaziergange zwischen den Gärten vor dem
Thore war mir die ungemeine Menge von Eidechsen und
Eichhörnchen auffallend. -
Die Mauern der Stadt ruhen auf alten Fundamenten,
sind aber schlecht gebaut.
145
Die etwas entfernteren Umgebungen kennen zu lernen,
bestieg ich, in Gesellschaft meines Bedienten und des Halle
bischen Janitschars, einen rüstigen Esel, und ritt nach San
lahieh. Der Weg dahin ist ganz mit Quadern gepflastert,
führt über den Fluß und durch die schönen Gärten der
Guta, welche überall die üppigste Vegetation zeigten, wovon
mir schon die Kloster Terraffe einen auffallenden Beweis ge:
geben. Auf derselben fahe ich eine Reben Laube, aus einem
einzigen Stamme gebildet, der unten im Hofe wurzelt, und
längs der Wand zu einer großen Höhe heraufgezogen ist.
Salahieh kann für eine Vorstadt von Damashk gelten.
Der Ort ist im Ganzen gut gebaut, und enthält eine Menge
ansehnlicher Häuser aus Quadern. Als besonders merkwürdig
zeigte man mir eine Moschee mit dem Grabe des heiligen
Moheddin. Es ist ein Gewölbe, worin er, seine Kinder
und Schüler begraben find. Auf seiner Grabstätte, unter
meffingenem Gitter, liegt eine reiche Damast-Decke mit gold,
gestickter Inschrift. Die übrigen sind weniger zierlich. An
der Wölbung hängen Lampen von verschiedener Gestalt und
Straußen-Eier; an den Wänden Blätter mit Inschriften;
den Boden bedecken schöne Teppiche. -
Wir bestiegen eine Höhe, die schöne Aussicht über Da
mashk, Guta, Meffrh und das enge Felsenthal, aus wel:
chem der Barada sich hervordrängt, zu genießen. Hier soll
Muhamed's Läger gestanden haben. Oben liegt eine Kuppel
auf vielen Pfeilern, Kubbeh en Nafr genannt, und in der
Tiefe umher erblickt man eine Menge alter, verfallener Mo
IO
146
scheen und Türbehs, ganz wie die Aegyptischen gebaut. In
wiefern das Türkische Sprichwort, welches den Weizen von
Hauran, die Karawanen Mühle bei Damashk und die
Bäckerei Dschöbran in Salahieh für das Beste in feiner
Art hält, richtig fey, habe ich nicht erproben können.
Es wäre längst meine Pflicht gewesen, im Serai zu
erscheinen; aber ich hatte es versäumt, weil der eintretende
Geldmangel mich über meinen Reiseplan unschlüssig machte.
Ich schrieb nun noch ein Mahl wegen einer Rimeffe an Herrn
Rostand in Haleb, (auf welchen mein Credit Brief aus Kon;
stantinopel lautete,) aus Furcht, daß mein, aus Beirut an
ihn abgesandter Bote nicht angekommen feyn möchte. Dann
begab ich mich (Vormittags, 10. October,) mit meinem Be;
nisch angethan, zum Serai, wo ich aber, durch die weite Ent:
fernung des Weges verspätet, mehrere Stunden warten,
und bei Herrn Hanna Tahach zu bringen mußte.
Dieser stand vormahls, während des Aufenthalts der
Englischen Armee in Aegypten, im Dienste der Engländer
zu Alexandrien, und schien noch jetzt sich gern als Englischen
Unterthan zu betrachten. Von Muhamed Aly vogelfrei er
klärt, hatte er sich nach Tripoli geflüchtet, wo der Pascha
von Damashk, Puffuf Pascha, sein Haus ausplündern ließ,
ihn selbst aber dafür als Schreiber in Dienste nahm. Als
solcher bekleidet jetzt der anglisierte Aegyptier einen wichtigen
Posten: er hält die Register sämmtlicher Einkünfte und Aus,
gaben des Pascha, und ich mußte Kürze, Ordnung und schöne
Schrift bewundern. Nicht nur die regelmäßigen Einkünfte,
-
147
fondern auch die zufälligen, als Strafgelder, Confiseationen,
willkührliche Erpressungen (hier officiell „Neuerungen“ ge;
nannt,) werden in das Buch getragen. Die Haupt-Ausgabe
bleibt die Pilgerfahrt, wozu der Pascha in diesem Jahre ei:
nen Zuschuß von 2000 Beuteln aus Constantinopel erhalten,
nachdem die Pforte schon früher ein Mahl 4000 Beutel
Schulden bezahlt hat. Wiewohl nach Hern Hanna's Ver;
ficherung die jährlichen Einkünfte, ordentliche und außeror,
dentliche, an 20,000 Beutel betragen, so soll der Pascha,
wegen feines großen Aufwandes, doch knapp ausreichen. Er
hat daher unlängst einen Zoll von drei Procent auf die Ein-
fuhr der Seide gelegt, die sonst nichts bezahlte, welche
neue Quelle feine Einkünfte monatlich um zwanzig Beutel
vermehrt. Die Rechnungen werden doppelt von einer Pil,
gerfahrt zur andern geführt: ein Exemplar liegt in des Pa:
schas Schatze, und wird von ihm auf die Fahrt selbst mitget
nommen; das andere bleibt bei Herrn Hanna.
Nach dem Nachmittags, Gebete begab ich mich zum
Serraf Rafail, den ich mit Türkischen Kaufleuten, Geschäfts,
trägern, Arabern und Bauern umringt fand. Der Häupt,
ling eines Dorfes, da er hörte, ich fey ein Fränkischer Reiz
fender, sagte: ich möchte nach Salamieh kommen, und ihm
von meinen schönen Spanischen Thalern mitbringen, wor
auf ihm der Serraf erwiederte, ich reisete als Derwisch,
und fiel hätten nichts Merkwürdiges mir zu zeigen.
Sobald der Minister feine Geschäfte beendigt, führte
er mich zum Muteffelim Mustapha Efendi. Hanna und Ras
148
fail machten stehend die Dolmetscher, mich nöthigte man
zum Sitzen, und ließ, der Etiquette wegen, einige Tropfen
Kaffee reichen. Ich übergab meinen Ferman und das Schrei
ben des Wesirs an den Pascha, welches der Muteffellim eröff;
nete. „Also auch diese“ (nämlich die Ruffen), fagte er zu ei:
nem neben ihm sitzenden Difhorbadshi (Janitscharen Oberst),
„kommen bis hieher, um zu reifen!“ Er versprach mir
Briefe und einen Reuter zur Reise nach Hauran, und alle
mögliche Sicherheit. Das war, was ich wünschte; ichem
pfahl mich, und wurde noch in der Thür von der zahlrei
chen Dienerschaft um den Bachschisch (Trinkgeld) angefallen.
Am schwersten wird es mir werden, die Furcht meines
Kirkor vor den Arabern zu besiegen, wenn ich auch den alt
ten Christen, welcher Herrn Seetzen zum Führer diente,
willig mache, ein kleines Abentheuer mit mir zu wagen. Lei:
der kann ich aber, wegen der inneren Fehden der Araber, nicht
nach Gerafa und Amman gelangen, deren Ruinen mit
Baalbek und Tadmor wetteifern sollen.
Bis zum Empfange des nöthigen Geldes mußte ich
hier verweilen, und verweilte nicht ungern, immer mehr
angezogen von der Schönheit Damashk's. Mit dem Janitz
schar besuchte ich zum zweiten Mahle das Schloß, wo man
mir einige Tage zuvor, in Christlicher Begleitung, den Ein-
gang weigerte. Nun zeigte sich einer der Arnauten sehr ge:
fällig, mich überall herumführend, bis auf die Thürme,
welche eine prächtige Aussicht auf die Stadt gewähren. Sie
scheinen aus. Einem Zeitalter zu stammen. Die Quadersteine,
149
aUs welchen fie bestehen, fügen sich genau aufeinander, find
von außen nur roh behauen, im Innern des Thurmes
aber glatt. Sämmtliche Thürme haben vorspringende Er,
ker, mit Schießscharten, um nach unten zu feuern. Die
Gewölbe, auf denen die Häuser ruhen, denn es gleicht das
Schloß inwendig einer kleinen Stadt, dienen Theils zu
Ställen, Theils zu Gefängnissen, und eine große Zahl ist
eingestürzt. Das Gewölbe nahe am Thore tragen antike
Säulen von großen Dimensionen, mit sorgfältig gearbeite;
ten Korinthischen Capitalen. Doch schienen mir die Säu,
len unverhältnißmäßig dick. Wenn sie nicht sehr tief in die
Erde gepflanzt sind, so hat man sie vielleicht abgekürzt. Von
den beiden Eingängen des Schloffes ist gegenwärtig einer
vermauert. Unter den noch fichtbaren Ruinen des alten
Palastes erregte besonders ein sehr schönes Fenster meine
Aufmerksamkeit. um daffelbe läuft eine lange Inschrift,
gold auf blau, in Suls-Charakteren; darüber in Medaillon
andere Infchriften, auch Kufische, von hellrother Farbe;
Alles fo künstlich, daß mehrere Stunden erforderlich gewe:
fen wären, es abzuzeichnen, und diese konnte ich nicht dar,
auf verwenden. In den zwei Infchriften an einem Thurme
las ich die Namen: Alem eddin Sandshar, und Melek el
Mansur feifed dunja wa’ddin Kalaun.
Ich durchtrich eine Ecke der Stadt, ließ den Weg nach
Salahieh zur Rechten, und begab mich zu dem eigentlichen Dat
mascenischen Gefilde, el Mardsh und elGuta genannt. Die
fes ist nämlich eine, vom Barada bewäfferte, tiefliegende Wiese.
1 5o
Die Gärten feiner Umgebung liegen zwar auch in einer Ebene,
doch höher als diese Wiese, welche von einem steilen Absatze
(aus Conglomerat,) begrenzt wird, worin mehrere natürli:
che und künstliche Höhlen find. Durch einige derselben kom,
men Arme des Fluffes, in anderen haben feile Mädchen ihr
ren Wohnsitz aufgeschlagen. Auf dieser schönen Wiese la
gern die Pilger vor ihrer Abfahrt. Es ist daselbst ein gro,
ßes, fchönes Derwisch-Kloster, das aber jetzt, Statt der Mew:
lewi (Mönche), von Bettlern bewohnt wird. Die Moschee
desselben hat eine Kuppel und zwei Minarehs, nach Art derer
von Konstantinopel geziert, und vorn vier köstliche antike
Granit - Säulen, mit Türkischen Capitalen, unten mit
Bronze befestigt. Um den Hof laufen die Zellen, jede mit
einer Kuppel bedeckt; vor jeder Zelle ruht eine kleinere Kup
pel auf den Säulen, welche einen Porticus um den Hof bil:
den. Sie sind zum Theil von Marmor. Die Moschee und
andere Gebäude hat man, wie gewöhnlich, mit breiten,
fchwarzen und weißen horizontalen Streifen bemalt. Der
Hof ist mit Feigen und Maulbeer, Bäumen bepflanzt, und
hatte sonst mehrere Thore, die bis auf eins vermauert find;
aber auch in diesem hat man nur ein Loch zum Hineinkrie
chen gelaffen, und das Uebrige von außen mit Eifen bei
schlagen. Hinter der Moschee ist ein Garten, und hinter
dem Kloster sind Gräber,
In der Nähe sieht man viele zerstörte Türbehs von alter
Maurischer Bauart, die mit den umgebenden Gärten und
rieselnden Bächen diese Grabstätten ungemein lieblich machen,
1 51
Weiter reitend zeigte man mir zwischen den Gärten ei,
nen äußerlich durch nichts Auffallendes ausgezeichneten Ort,
den die Indischen Fakirs besonders verehren sollen. Den
Grund erfuhr ich nicht.
Von dannen wandte ich mich zum Aegyptischen Thore,
wo ein hübsches, nach Türkischer Art aufgeführtes Haus
des Häuptlings der Megrabinischen Truppen des Pascha,
und eine gut gebaute Moschee. Nun umritt ich die ganze
Stadt. Sie hat einen, größten Theils trockenen Graben und
eine meist doppelte Mauer, mit viereckigen und runden Thür
men von sehr schlechter Bauart besetzt. Vor den Thoren,
zuweilen noch innerhalb derselben, sieht man die Gräber der
Türken; bei weitem nicht so zierlich, als die von Konstanti:
nopel. Man hat hier mehr mit dem Raume gegeizt, und
fie enge zusammen geschichtet.
Einige find mit Kubbehs (gewölbten Capellen), andere
mit hölzernen Dächern bedeckt. Ueber die neuen breitet man
Zelte, worunter die Weiber eine Weile zubringen, wie ich
solches auch in Tripoli bemerkt habe.
Nich weiter in der Gegend umher zu führen, hatte
Herr Tahach sich gefälligst erboten, welchen ich deshalb
(12. October,) in feiner Kanzelei aufsuchte, wo wir, zu
meinem Erstaunen, uns eingesperrt fanden, als wir sie ver;
laffen wollten. Wahrscheinlich betrieb der Serraf Rafail,
der im ersten Zimmer unten zu arbeiten pflegt, ein Geschäft,
das nicht zur Kunde der übrigen Kinder Israels, die ihm
zu Diensten sind, gelangen sollte. Da man aber nur durch
152
deren Zimmer zu Herrn Tahach kommen konnte, fo mußte
dieser nebst seinem Gaste sich gefallen laffen, mit eingesperrt
zu werden, welches bis zum Nachmittags-Gebete (35 Uhr)
dauerte. Um diese Zeit hören alle Geschäfte auf, und die
meisten Buden werden geschloffen,
Wir begaben uns zum jetzigen Wohnorte der Mewlewi,
unweit vom nächsten Stadtthore des Serai, über dem Fluffeer
baut und mit Bäumen umkränzt; aber es lohnt nicht die Mühe
des Besuches, Diefen viel weiter auszudehnen, hinderte
ein heftiger Wind, Regenwetter ankündigend, und besonders
der unleidliche Staub, welchen er durch die engen Gaffentrieb,
Gesicht und Althem benehmend, Ich ging an zwei Gebäuden
vorüber, die den Namen Patriky führen, weil, vor Ein;
nahme der Stadt durch die Mauren, die Patriarchen in
denselben gewohnt haben sollen, Beide, die ich jedoch nur
von außen fahe, verriethen kein Merkmaal des Alterthums,
fondern Alles war fichtbar Arabischen Ursprunges.
Im Kaffee al Wardy fand ich einen Mährchen: Er
zähler, Er faß, mit einer Blume in der Hand, auf einem
Stuhle in der Mitte des Saales, von etwa funfzig Zuhörern
umgeben, die mäuschenstill feinem klaren und deutlichen
Vortrage zuhörten, Diese Erzähler pflegen immer, wie
Scheher fadeh in 1001 Nacht, die begonnene Geschichte am
folgenden Tage zu vollenden, und wo möglich, da abzubre,
dhen, wo sie die Neugier am meisten gespannt hat, und folt,
cher Gefaltfich ihres Publicums zu versichern, von welchem
niemand mit einem Bruchstücke fich begnügen mag,
153
Weiter stieß ich in derselben Straße, vor einem andern
Kaffee, auf einen lebhaften Vorleser, der eine viel größere
Menge unterhielt. Es las im Antar.
Oben genannter Kaffee, der Nachlich und der Kaffee
Bab üs Selam find die berühmtesten; Bäume und Waffer
aber ihre Hauptzierden.
Die Arme des Barrada (Chryforrhoas) haben beson;
dere Namen; nur die Arme Kunawati, Baneas und Tora
dienen zum Trinken, die übrigen nur zur Bewäfferung der
Stadt und Gärten, welche schwerlich ihres Gleichen in der
Welt hat. -
Nach einem Tage der Erhohlung, an welchem ich die
Kloster, Bibliothek durchstöberte, aber außer den gewöhnli;
chen Hülfsmitteln zum Studium des Arabischen nur den
Metastasio und einige schlechte Italienische Romane in ihr
fand, beschloß ich mit Herrn Tahach eine Spazierfahrt nach
Fidsheh.
• • • • • • • • • • • • • • •
154
I9.
Der Yesid. Dumar. Fidfheh. Damaschk.
Am Morgen (14. Oktober,) erschien der Janitschar Kaddur
Aga mit sechs Efeln, und wir verließen wohlgemuth die
Stadt, durch die Gärten und Salahieh vorüber reitend, nach
dem Eingange des engen Thales, welchen die verschiedenen
Arme des Barada entströmen. Hier find einander gegenüber
zwei Felsenberge, wovon der zur Linken, wegen feiner Gef
falt, Minschar, die Säge, heißt, der zur Rechten nörd,
licher: Rabach, der Schaum. Letzterer ist ausgehöhlt, um
dem Waffer des Pesid Durchgang zu gewähren. Ihm nahe
erblickt man die Ruine eines alten Thurmes, und am Felsen
felbst zwei Arabische Inschriften, Kufisch, aber für mich
zu hoch und unleserlich. Wahrscheinlich enthalten fie, daß
der bekannte Ommiade Yefid diese Wafferleitung angelegt,
und der Fluß von ihm den Namen habe. Der Felsen ist hier
senkrecht behauen, und dadurch unzugänglich. Am Felsen
Minschar sieht man nur ein Grabmaal, eben so zerstört, wie
viele andere Kubbehs, oder Thürme und Kuppeln.
Von hieraus ritten wir bis Hameh in einem Thale,
mit Obstbäumen und Pappel, Pflanzungen angefüllt, welche
überall die Arme des Barada umkränzen, und in der kräftigsten
Vegetation grünen. Der enge und schlechte Weg führt hier aber
so oft durch Waffer, daß er niemand, der naffe Füße scheut,
anzurathen ist. Die Berge umher find bis auf kleine Gras,
155
und Kräuter Büschel, die fich einzeln verlieren, kahl, und
bestehen aus einem Conglomerat von Kalkstein, der sich weit
terhin Theils an den rothen, eisenhaltigen Stein, Theils
an Kreide, Theils an dichten Kalkstein lehnt. Als Gerölle
in der Wüste, wie ohne Zweifel auch in der Kreide, findet
man große Stücke von Feuerstein. -
Der Fluß Barada theilt sich bei dem Dorfe Dumar,
das etwas außerhalb des Thales am nördlichen Felsenhange
liegt, in fünf Arme, nicht zugleich, sondern einer hinter
dem andern. Ein Arm fließt beständig im Thale fort, die
übrigen find stufenförmig, einer über dem andern am Ab
hange des Berges hingeleitet, An der nördlichen Seite des
Thales ist der höchste der Yefid, über und an welchem Du
mar liegt. Ihm zunächst fließt der Derani, welcher sich
unweit Damashk's in der Wiese Merdsh, bei dem Der
wich-Kloster, in zwei Arme theilt, Derani und Akraban ge:
nannt; auf ihn folgt der Tora, welcher immer im Thale
fortläuft. Diesem zunächst fließen an dem südlichen Berge
der Kunawati und Baneas.
Unweit Dumar ist eine Brücke über den Barada, und
dann kommt man an einen Arm desselben, der fich weiter
oberhalb trennt, und Ain el Mes'feh genannt wird, weil er
vorzüglich dieses Dorf wäffert. An der südlichen Bergseite
erreichten wir Hameh, wo wir in dem Gartenhause eines
Häuptlings des Dorfes übernachteten, und am frühen Mor
gen eine wüste Bergebene erstiegen, eine Herde Gasellenver
scheuchend. Dann eben so öde Berge hinan, durch magere
156
Wein und Feigen Gärten hinab zum Dorfe Beffimeh, wel
ches schön liegt, wie alle Ortschaften an diesem Fluffe. Wir
ritten nun feinem Laufe entgegen. An einem Felsen der
Nordseite entspringt ein starker Quell, und fließt erst durch
einen in den Felsen gehöhlten Graben, und dann durch grüne
Wiefen dem Barada zu. Er heißt Ain el chadra. Ueber dem
felben, an einer Felsenwand, ist eine bis auf wenige Buchsta:
ben verwitterte Griechische Inschrift. Wir ruhten im Schat,
ten der hohen Berge, die dieses Thal einschließen, und hat
ten noch eine Viertelstunde zum Dorfe Fidfheh.
Einige hundert Schritte hinter diesem Dorfe entspringt
der gleichnamige Quell aus einer Höhle am Fuße des Gebir
ges, welches den Hintergrund des Thales schließt. Hier
stürzt der Fidsheh, als starker Bach, aus einem alten Gewöl,
be, das, auf eine Mauer von großen Quadern fich stützend,
den Eingang der Höhle bildet. Sie foll groß feyn; es kann
aber nur ein Taucher hinein. Gerade über den Quelle sieht
man die hohe Thür und Fundamente eines viereckigen Ge;
maches; der Thüre gegenüber eine breite Nische, und an der
Nordseite die Reste eines halbrunden Gemaches. Neben
dem Quelle hat man eine große halbrunde Nische an den
Felsen gebaut, und ihr zur Seite ein viereckiges Gebäude,
zehn bis zwölf Schritte lang und eben so breit, aus großen
Steinen. Durch eine Oeffnung an der Seite, welche dem
Waffer zugekehrt ist, fließt ein Theil desselben hinein, und
durch eine gleiche Oeffnung der vordern Wand wieder her
aus. Das Gebäude lehnt sich mit dem Rücken, in welchem
157
eine Nische befindlich ist, an den Felfen, und zeigt Statt der
Façade nur ein Paar vorspringende Pfeiler, neben welchen
an der Außenseite fich gleichfalls Nischen befinden. Seltsam
neigen sich die Seitenwände gegen einander, als wie zu einem
Gewölbe, welchem doch der Mauer Kranz widerspricht. Das
Aeußere der Steine verräth ein hohes Alterthum; das Ganze
ist aber so roh und einfach, daß ich über das Zeitalter der
Erbauung nicht einmahl vermuthen kann.
Gleich unterhalb des Gebäudes bildet der Bach einen
Fall von einigen Fuß, und wird in unzählige Gräben gelei
leitet. Sein Waffer ist das reinste und durchsichtigte, das
man sehen kann, und soll sehr gefund feyn. Es gleitet un:
ter Pappeln fort, und vereint sich bald mit dem Barada,
der aus einem andern schönen Thale kommt. Dieser ist
halb so breit, als der Fidsheh, wiewohl fein Quell weit hö
her liegt, fließt aber in einem viel tieferen Bette. Sein trü,
bes Waffer erscheint weißgrünlich. Es soll fehr ungesund
seyn, und beständige Fieber in den Bewohnern der Dörfer
an seinen Ufern erregen, bis es durch den Fidsheh verbes,
fert wird. Beide Bäche haben einen reißenden Lauf, wel,
chen sie lange neben einander in demselben Bette fortsetzen,
ohne sich, wie man aus der Farbe fieht, zu vermischen. Die
Anwohner behaupten, die Temperatur fey auch nach der
Vereinigung noch verschieden, und das Waffer des Fidsheh
im Sommer kälter, im Winter wärmer, als das des Ba
rada. / -
Etwas unterhalb der Vereinigung, nahe am Dorf,
158
sind die Ruinen eines dritten viereckigen Gemaches von gro
ßen, mit Kalk verbundenen Steinen.
Ich verweilte den Tag an dem schönen Quelle, müßig
auf dem Teppiche im Schatten ruhend, oder in den Gärten
umherschweifend. Die Nacht schlief ich sehr gut auf der
Terrasse eines Bauerhauses im Dorfe. In diesem Dorfe
findet man mehrere Säulen Fragmente und Piedestale aus
dem Kalksteine des nahen Gebirges, aber von sehr schlechtem
Style. Ob sie zu erwähnten Gebäuden gehörten, weiß
ich nicht.
Am Morgen verließen wir Fidsheh, und ritten durch
die Wüste über Dumar in brennender Sonnenhitze gerade
nach Damashk, in dessen Nähe ich Kanonen, Schüffe ver.
nahm. Sie zeigten an, daß die Briefe der Pilger Karawane
eingetroffen wären, die während der Reise von drei Orten
abgesandt werden (16. October).
Da mich der Pater Präsident, Giuseppe, mit dem
gefälligen Erbieten überraschte, mir Geld vorzustrecken, wenn
ich dessen bedürfe, so beschloß ich, davon Gebrauch machend,
unverzüglich meine Reise fortzusetzen, und eilte in das Set
rai, Herrn Tahach um die versprochenen Briefe zu bit:
ten, erfuhr aber dort auf feine Nachfrage, daß in Hauran
neuerdings ein erbitterter Kampf zwischen den Beduinen
und Drufen ausgebrochen fey, in welchem letztere, obgleich
bis jetzt Sieger, neulich über dreißig Menschen und eben so
viele Pferde verloren hätten. Der Befehlshaber selber wage,
wegen der allgemeinen Verwirrung des Landes, jetzt nicht
159
nach Damaschk zu kommen. Ich mußte also nothgedrungen
den guten Rath annehmen, noch einige Tage auf weitere
Nachricht zu warten. -
Unterdessen kam das lange ersehnte Päckchen aus Hat
leb mit Französischen Zeitungen und Briefen von Herrn
Bruno Rostand und einer Anweisung auf Herrn Meyer Ga;
bay, einen jetzt hier lebenden Halebischen Jüdischen Wechs
ler, der richtig zahlte. Ich fertigte meine Correspondenz
nach Haleb, Konstantinopel und in die Heimath ab, und
konnte es nun nicht mehr über mich gewinnen, noch länger
zu rasten. Da die Nachrichten aus Hauran noch nicht
friedlicher lauteten, änderte ich meinen Reiseplan, und wollte
nach Tadmor. Aber nun verursachte das Lauberhütten. Fest
der Juden einen neuen Aufschub, weil der Serraf Rafail,
der mich gehörig ausrüsten sollte, nicht in das Serai kam.
Während dieser anhaltenden Gedulds-Probe erschien endlich
tröstend Herr Hannah Tahach bei mir mit der Nachricht,
die Ruhe in Hauran fey hergestellt, der Scheich selbst nach
Damashk gekommen. Er setzte hinzu, die Regierung habe den
Frieden vermittelt und die Araber wären, von andern verwand,
ten Stämmen zu Hülfe gerufen, alle nach der Wüste von
Dsheffieh abgezogen. Freudig begab ich mich mit Herrn Tat
hach zum Serai (am 29. Oktober), wo mir Rafail die nöthi,
gen Briefe schreiben und vom Muteffellim unterzeichnen ließ.
Letzterer gab mir einen Chawas (Hofbedienten) mit, wel:
chem ich meinen Freund Kaddur (eigentlich Abdulkader) zu
gesellte, und die Abreise auf den folgenden Tag festsetzte.
16o
Den alten Christen, welcher Herrn Seetzen um das todte
Meer, und mich selbst nach Fidsheh begleitete, Malum Puf
fuf, hielt ich nicht für so unentbehrlich, um ihm seine ganz
unverschämten Reise, Bedingungen zuzugestehen. Ich ver:
bat seine Dienste.
Das Wetter war so schön, wie während meines ganz
zen hiesigen Aufenthalts, wo es zwar zum Zeichen, daß der
Winter sich nähere, etwa alle drei Tage ein Gewitter mit
Regen gab, das aber immer an den Bergen sich hinzog, und
niemahls über der Stadt auslud. So soll es in der Regel
feyn. Wetterleuchten und Donner dauern fast beständig fort,
vom Sonnen Untergange bis zum Morgen. Die Tage sind
heiter.
161
20.
Kaddem. Kisweh. Ben Num. Salanen.
Gegen Mittag (30. Oktober,) nachdem ich mit den
Mönchengespeiset, waren die Pferde bereit, und mit mög
lichst geringem Gepäcke begab ich mich auf die Fahrt, bewaff
net mit einem Pataghan (Dolch), den ich ein Paar Tage zu
vor erstanden. Unserer waren vier: Kaddur, Kirkor, der sich
hier Puffuf zu taufen beliebte, der Chawas des Pascha, Nas
mens Abbas, und ich. Mir hatte man einen alten, aber
vecht frischen Mückenschimmel-Hengst gegeben, auf welchem
ich lustig durch Stadt und Gärten galoppierte.
Außer dem Thore kamen wir an einer Vorstadt vorbei,
die sich lang und schmal, von Gärten umgeben, gegen Süd
den von Damashk in die Ebene erstreckt. Auffallend waren
mir eine Menge Häuser mit Dächern in Form der Zucker
Hüthe. Es sind kühlere Sommer, Häuser; wie alle hiesige
Häuser äußerlich mit Lehm beworfen, und eben nicht reizend
zu schauen.
Der Boden zeigt auch hier das schon früher erwähnte
Conglomerat, und bildet hin und wieder zwischen Felsen
und Gärten sehr steinige Ebenen voll rollender Kiesel. Die
Gärten gehen in Pflanzungen uralter Oehlbäume über,
welche die Felder beschatten. Bei dem Dorfe Kaddem hö
Pent auch diese auf. Vor dem Dorfe ist ein großes Gebäude
mit einer Moschee, worin der Pascha sich aufhält, während
II
162
die Pilger auf der Ebene sich versammeln, und im Sommer
pflegen die Damascener Kaddem als Spazier-Ort zu besuchen.
Von hier dehnen sich fruchtbare Felder bis zum Gebirge aus,
oder vielmehr bis zu der niedrigen Hügelreihe, die füdlich
von Damaschk, nordöstlich vom Anti, Libanon auslaufen,
und sich in die Wüste verlieren. Es ist der Alfidamus der
Alten, und eigentlich ein Anti, Libanon.
Die weite Ebene von Damaschk, die zwischen beiden
Bergketten liegt, ist von mehreren Bächen bewäffert, über
welche breite und niedrige steinerne Brücken führen. Dör:
fer liegen zerstreut umher, und die Gärten von Damaschk
dehnen fich am Fuße des Anti, Libanon noch weit gen Sü
den aus.
- In diesen Feldern fah ich die beschwerliche Weise, breit
tere Furchen zu ziehen, als mit dem Pfluge möglich ist.
Man bedient sich dazu einer breiten Schaufel, die ein Arbeit
ter in die Erde stößt, und ein anderer, jenseit der Furche ste,
hend, mit zwei daran befestigten Stricken zu sich hinzieht.
Kaum über die erste Hügelreihe herüber, kamen wir
in ein breites, steiniges Thal, zwischen kahlen Bergen, in
dessen Tiefe ein Bächlein von Bäumen umschattet rieselt.
Der Kalkstein und das Conglomerat verwandeln sich allmäh
lich in schwarze Hornblende (?). Die unbewaldeten Berge
sind zum Theil bebaut.
Wir kamen bei guter Zeit nach dem Dorfe Kisweh,
und nahmen unsere Wohnung in einem von Scheich gegeben
nen Haufe, das, wie alle, von ungebrannten Ziegeln gebaut
- 165
war. Man speisete uns mit einer Art Nudeln, als Pilau
bereitet, Sahlakieh genannt. Vor dem Dorfe liegen mehr
vere Buden am Bache, und eine alte Ruine von Quadern,
aus einer Mauer und einem flachen Gewölbe bestehend,
wahrscheinlich Arabischen Ursprunges. Der Bach heißt
Nahr Kisweh, die Berge Dshebel Kisweh. Die Berge
haben überhaupt keinen allgemeinen Namen. Der eine von
den Gipfeln des Anti-Libanon heißt Dshebel Scham, der an
dere Difhebel Erbain, Dschebel Scheich und Dschebel Katana.
Abends unterhielt mich ein alter Araber durch feine
Leichtgläubigkeit und durch den Ausdruck der Wichtigkeit,
welchen er in die Erzählung der albernsten Mährchen zu ler
gen fuchte. Er versprach, mich bei der Rückkehr zu einer
Ruine auf dem Berge in der Nähe des Dorfes zu bringen,
Kalaat el Mana genannt. Da sollte ein starkes Thor Schätze
verschließen, die nur mit Hülfe eines fchwarzen Bockes ge:
hoben werden können. Ferner: es fey ein Mann gekommen
mit einem Papiere, woraufgeschrieben, es befinde sich hier
an einem Orte so viel Gold, daß man es nicht erschöpfen
könne, wenn man auch beständig schöpfe, fo lange eine Pilt
gerschaft nach Mekka hin und zurück dauere; und an einem
anderen Orte wären so viel Perlen und Edelsteine, daß man
für sein Lebe lang mit einem guten Griffe genug habe. Das
Waffer des Thales fließe unter der Erde fort bis nach Pert
fien, und habe bei drei verschiedenen Dörfern Brunnen,
wovon einer Artus heiße. Einst wären vier Perfische. Der
wische zum Schafhirten von Artus gekommen, mit der Bitte,
164
ihnen den Quell zu zeigen, der seit einiger Zeit nicht mehr
hinlängliches Waffer nach Persien ende. Aber Statt ihn zu
zeigen, habe er sich anheischig gemacht, für einen jährlichen
Tribut von drei Beuteln genugfamen Vorrath nach Persien
fließen zu laffen, welcher Contract bis zu seinem Tode ge:
dauert, da er das Geheimniß feinem Sohne anvertraut.
Bei diesem hätten sich die Derwische abermahls eingefunden,
und unter Anerbietung eines Geschenkes von zehn Beuteln
die Bitte erneuert, daß er ihnen den Quell zeigen möge, und
die Mündung, welche, mit Steinen verstopft, das Waffer
nach Persien zu fließen hindere. Als der Knabe, durch den
hohen Preis gelockt, den Quell gezeigt, hätten ihn die Per
fer umgebracht. Dann erzählte er, wie der felige Beker Sin
in einem benachbarten Dorfe einen jungen Knecht gehabt,
den er auf Anrathen. Megrabinischer Pilger in einen Brun,
nen auf dem Kalaat Mana hinab gelaffen, um Schätze zu
fuchen. Es fey aber der Strick geriffen, und der Jüngling
also verschwunden, sieben Jahre darauf aber ein graubärti:
ger Mann zu genanntem Scheich gekommen, nach dem Knechte
fragend. Da der Scheich geläugnet, von einem solchen ir,
gend etwas zu wissen, habe er sich als denselben zu erkennen
gegeben und gesagt, daß er im Grunde des Brunnens einen
Bach mit grafigem Ufer gefunden, dem er mehrere Monate
unter der Erde nachgegangen, und endlich nach Persien ge:
kommen fev, unter Weges von Grafe sich nährend. Der
Vortrag war gut, und ich schenkte dem Erzähler ernste Auf
merksamkeit, bis ich entschlummerte.
165
Der Weg führte am folgenden Tage beständig durch
eine dicht mit schwarzen Steinen (Bafalt) besetzte Ebene.
Eine halbe Stunde von Kisweh gelangt man zum Chan der
Pilger, Ben Nun, von einem benachbarten Dorfe so ge:
nannt. Bei demselben steht ein Gewölbe, in welchem man
den Pilgern nach Mekka die Suppe kocht, daher es auch
Metbach, die Küche, heißt. Der Chan ist ein großes Viereck
mit gewölbten Thoren und fechs halbrunden Thürmen, Al:
les aus schwarzem Steine. Das Dorf liegt links, nördlich
vom Wege. Die Ansicht des Anti, Libanon ist hier schön.
Er scheint mit den einzelnen Hügel, Reihen, zwischen denen
man sich befindet, nur ein Gebirge auszumachen. Auf dem
Dshebel Scheich zeigte mir Abbas den Schnee (Taldsch)
deutlich, wobei ich mich erinnerte, daß der Hermon oder Pat
nius bei Büsching Dschebel Tschaldsch heißt, welcher Ber:
nennung gleichfalls der Schnee zum Grunde liegen mag.
Rechts vom Wege blieb in einiger Entfernung das Dorf
Scheich Hab. Die ganze Gegend, schwarz und baumlos,
behielt ein düsteres Ansehen, wiewohl einzelne Sonnenblicke
durch Regenwolken auf den freien Höhen hin und wieder ei:
nen schönen Farbenton gaben. Aber am meisten überraschte
mich, den Wafferschein (Mirage), wie in Aegypten, zu bemer
ken, obgleich es nicht fehr warm, und der Boden nicht an
dig war.
Weiterhin sah ich auf derselben Seite des Weges eine
Ruine, Kalaat el Gauäß genannt, Reft eines auf zwei Wän
den ruhenden Gewölbes, wahrscheinlich eines Türbeh.
166
In einer Vertiefung der Ebene, um einen kleinen Hüt
gel, liegt das Dorf Gauagib, so weit von Kisweh, als die
fes von Damaschk, nämlich drei Stunden entfernt. Hier
kehrten wir bei dem Scheich ein, und aßen Eier und Bekmes
(eingekochtes Obst), Das Dorf besteht ganz aus schwarzen
Steinen, und man kann die niedrigen Häuser kaum von
den Feldmauern unterscheiden, da beide aus los aufgethürm:
ten, mit Kuhfladen und Lehm beworfenen Steinen erbaut
find. Unter diesen formlosen Haufen bemerkt man einige
größere Maffen, die aus älterer Zeit zu stammen scheinen,
Links vom Wege, am Fuße eines nackten Hügels,
blickte ein kleines Dorf hervor, welchem auf der rechten
Seite ein großes Gebäude, Der el Bocht genannt, von ei:
nem Dorfe umgeben, nicht fern lag. Weiterhin erschienen
zur Rechten die Hügel, an deren Fuße Komeitarah liegt,
und zur Linken in blauer Ferne die Berge von Lodscha, wel,
che die Drufen bewohnen. Die Gegend wurde unsicher.
Tages zuvor waren hier Bauern aus Hauran geplünz
dert, und bei Kisweh ein Scheich um 1050 Rubieh beraubt
worden, wie wir eben erfuhren. Indeffen zogen wir getrost
schnellen Schrittes weiter, das zerstörte Dorf Didi zur Lin
ken des Weges vorüber, und erreichten nach einer halben
Stunde das Dorf Salamen, drei Stunden von Gauagib.
Der Ort gewährt einen höchst seltsamen Anblick und
die vollkommene Ueberzeugung des Untergangs alter Herr
lichkeit. Was von ihr noch übrig ist, das ganze Dorf Sa;
lamen, kann für eine Antiquität gelten. Die Bauer Häus
-
167
fer bestehen aus öfter erwähnten schwarzen Steinen; bei den
neuern oft aus rohen, bei den alten aus Quadern, hin und
wieder mit rohen ausgeflickt, oder aus verschiedenen Archi,
tektur - Fragmenten barok zusammen gesetzt. An manchen
fieht man noch die antiken Fenster aus großen, wohlbehaue,
nen Steinen, je zwei Fenster dicht neben einander. Die
Thüren bestehen auch aus Steinen. Es ruht nämlich oben
auf den Pfosten ein Stein mit zwei Löchern, welchen zwei
ähnliche in der Schwelle entsprechen. ... In diese sind die Za
pfen einer steinernen Flügelthüre gesetzt, die fich also in die
fen Löchern drehet. Die flachen Dächer bestehen aus großen
Steinplatten, welche über schmale steinerne Streckbalken
gelegt sind. Das Ganze ist von innen mit Lehm, worin
Stroh gehackt, beworfen, und hat keinen Holzspan an sich.
Eine steinerne Bank läuft rund umher zu beiden Seiten der
Thür, mit einem Capital oder Säulen Fragment endigend.
In der Mitte des Raumes ist eine Vertiefung, welche als Herd
dient, und über derselben zuweilen ein Loch in der Decke um
den Rauchabzuführen. Eine andere Vertiefung ist nahe an der
Schwelle, wo die Bewohner ihre Schuhe zu laffen pflegen.
Ich fand diese Wohnungen warm und mit Fliegen an
gefüllt.
Große Ruinen des Alterthumes nahmen meine ganze Auf
merksamkeit in Anspruch. Von Osten führt ein gewölbtes
Thor, das fast verschüttet oder mit Trümmern verstopft
ist, in ein viereckiges Gemach, dessen Wände oben, zu bei,
den Seiten des Thores, demselben sich schräge zu wenden.
168
Rechts sieht man die Reste eines länglichen Vierecks, das
am Ende rund ausläuft. Wahrscheinlich entsprach ihm ein
ähnliches auf der linken Seite, von welchem aber keine
Spur mehr vorhanden ist, wie auch nicht von der Mauer
des erst genannten Zimmers. Aus diesen beiden Gemächern
kommt man in zwei kleine Vorzimmer, zu welchen wahrschein:
lich ein drittes linker Hand gehörte, das nun nicht mehr zu
erkennen ist. Alle find Theils verschüttet, Theils, wie es
scheint, absichtlich verstopft, und laffen fich daher nicht ge:
nau messen. Das erste Zimmer ist etwa zwölf Schritte tief;
feine Breite konnte ich nicht ausmitteln, weil eine Mauer
fehlt; das Nebengemach fünf bis sechs Schritte breit, und
eben so das Vorzimmer. Dann gelangt man zu einer etwa
zehn Schritte breiten Vorhalle, deren Gefimfe am Ende auf
zwei Korinthischen Säulen und zwei Eckpfeilern der zerstört
ten Seiten: Mauer ruht. Die Breite der Galerie beträgt
etwa funfzehn Schritte, und dieses mag wohl auch die Breite
der darauffolgenden Gemächer feyn. Die gedachten beiden
Säulen find bis auf die Hälfte des Schaftes verschüttet durch
das herabgefallene Gestein der Decke, welches einen fast ebe,
nen Fußboden bildet. Das Gesimse der Säulen trug drei
Bogen, von denen noch ein Eckpfeiler übrig ist. Das Ganze
besteht aus schwarzen Steinen.
Nach der Vorhalle führt eine etwa zehn bis funfzehn
Schritte lange Plateforme zu einem großen, viereckigen Waf,
fer Behälter, defen gegenüber liegendes Ufer ein großes
viereckiges Gebäude zeigt, an welchem die Ecken mit Pfeil
169
lern geziert find. Die vorderste Mauer, nach Nordwest,
ist eingefallen, und mit denselben Steinen hergestellt, aber
ohne Ordnung, daher die architektonischen Zierathen ver:
worren durch einander darin stecken. Das Gebälk der Thür
steht noch, ist aber vermauert, und nur ein kleiner Eingang
an der Ecke. Im Innern trifft man ein neueres Gewölbe,
das eine durchlöcherte Decke stützt, und an der Wand um
her Säulen verschiedener Ordnung; an jeder Wand vier.
Die ältesten scheinen Korinthischer Ordnung, und der Schaft
besteht aus zwei Stücken. Das Ganze aus gelblichem Kalk
steine, der dem zu Baalbek gleicht. Unter den neuern Säu
len gehört eine zur Ionischen Ordnung; andere find unvoll:
endet, und aus mehreren Trommeln zusammen gesetzt. Im
Hintergrunde ist eine runde Nische, wie die am Sonnen:
Tempel zu Baalbek, mit zwei finstern. Neben Gemächern.
In das zur Rechten führt eine kleine Thür aus der Nische.
Die Zierathen find hier im Ganzen Korinthisch: Mäander
mit Rosetten und Kränzen, Schlangen; Eier, Akanthus,
Blätter u. f. w.
Daß beide Gebäude einst Tempel waren, ist nicht
zweifelhaft. Die Ruinen des zweiten dienen jetzt zu einer
Oehlmühle, die ich eben in Thätigkeit fand. Vier Merz
fchen, ein Neger, zwei Arabische Männer und ein Weib,
waren vor eben fo viel Walzen gespannt, welche die na:
hen Säulen, Tümmer geliefert, und bewegten die Walzen
auf dem steinernen Fußboden, im Kreise umher laufend,
bis sie den Athem verloren, und sich einige Minuten er
17o
hohlen mußten. Der Regen zwang mich, wider Willen
hier zu verweilen, wo der gute Kaddur nicht wenig Mühe
hatte, die Zudringlichkeit der neugierigen Bauern in Schranz
ken zu halten, welchen mein Copiren der Inschriften wohl
sehr bedenklich scheinen mochte.
In der Nähe dieses Gebäudes findet man die hin
tersten drei Wände eines dritten, und zwei Säulen: nebst
Gebälk und einem Thore an der Seite. Wegen der sehr
schlechten Verhältniffe möchte ich glauben, es fey eine Kir:
che gewesen, deren Schiff auf acht Säulen in zwei Reit
hen ruhete. Wenn ich mit Recht annehme, das Ende des
Gebäudes werde durch die noch vorhandenen Reste von
einem Paar doppelten Säulen bezeichnet, so wäre das
Ganze fiebenzig Schritte lang gewesen, und hätte ein Thor
mit zwei Seitenthoren gehabt.
Etwas weiter entfernt, verbirgt Salamen ein hal,
bes Dutzend viereckiger Thürme, sonst von fünf Stock,
werken, aus gelblichem und manche aus schwarzem Steine,
mit oben gedachten architektonischen Zierathen reichlich ver:
fehen. Sie sind alle von gleicher Bauart, und die archi
tektonischen Zierathen Theils an den Gefimsen der ver:
schiedenen Stockwerke, Theils an Thüren und Fenstern
angebracht. An einigen stehen noch die benachbarten an
tiken Häuser, und man fieht die Gesimse der Gewölbe,
welche die steinerne Decke stützen, auf gleiche Weise und
eben so reich geschmückt.
Von Inschriften, deren Buchstaben zum Theil schlecht
171
find, habe ich nur acht copiren können, und eine flüchtige
Ansicht des ersten Tempels gezeichnet. -
Am Abende brachte man mir eine Suppe von Weizen,
Erbsen und fauerer Milch in einer kupfernen Schüffel,
die wohl eine Elle im Durchmesser und eine Hand breite
Tiefe hatte. Solche Suppe heißt Kaskula. Sie würde
mir viel beffer geschmeckt haben, wären die eingesammelt
ten Nachrichten über die Sicherheit meines ferneren Wert
ges beruhigender gewesen.
- - - - - - - 4 - 4 - - - - -
172
2 I.
Adra (Edrata). Schechmeskin. Meferib. Gasaleh.
unter günstigeren Aussichten hätte ich am folgenden
Morgen wohl einen Abstecher zu den Ruinen gewagt, die bei
dem Dorfe Gniuh von einem Berge herabsahen; aber jetzt ließ
ich fie unbetrachtet zu meiner Rechten, wie die Dörfer Teb,
neh, Mhadheh, und Schegra zur Linken, flüchtig weiter
eilend. In mehr als drei Stunden erreichten wir Adra
(auch Edra ausgesprochen), wo uns Leute mit einer Trom,
mel entgegen kamen, die fiel weidlich rührten, aber dafür
auch einen Bachschisch begehrten, weil solches lediglich zu
unserer Ehre geschehen fey. Dann stießen wir auf eine Hoch:
zeit-Gesellschaft, die in einer Felsen, Schlucht ihr Mahl bei
reitete, und sich dazu einen Beitrag von uns erbat, welcher
jedoch abgeschlagen ward.
Die Ruinen der alten Stadt Edrata nehmen die ganze
lange, felsige Erhöhung ein, von welcher der gegenwärtige Ort
nur einen kleinen Theil enthält. Der Ritt durch die Ruinen
ist wirklich halsbrechend. Man trifft hin und wieder auf das
alte Straßen Pflaster, oder auf das vom Alter geebnete Gef
stein eingestürzter Gebäude. Es scheint die Zerstörung hier
noch früher begonnen, oder rascher gewirkt zu haben, als
in Salamen.
Unter den Trümmern ragt der alte Kaufhof hervor,
mit gewölbten Buden umgeben, in welchen ich Arabische
173
Bauart zu erkennen glaubte. Einer viel frühern Zeit gehör
ren die Trümmer von Säulen Jonischer und Dorischer Ord,
nung, welche, vermischt mit einigen spätern Ursprunges, ei:
nen geräumigen Platz ganz überdecken. Man gelangt auf
Stufen zu ihm, und noch stehen ein Paar schöne Säulen,
als wollten sie die schlechten beschämen, welche, ihnen nahe, die
Gewölbe einer im Viereck gebauten Moschee tragen. Diese
hat zum Eingange ein doppeltes Thor, und zwischen beiden
ein offenes Vorgemach. Ueber dem ersten eckigen Thore sind
drei Steinplatten mit Inschriften eingemauert, deren mit
telte bis zum Unleserlichen verstümmelt ist. Die beiden an:
dern stehen verkehrt, und ich habe nur die eine zur Noth
entziffern können. Das zweite Thor enthält eine Kufische
Inschrift.
An einer Ecke ihres mit Trümmern bedeckten Hofes
steht ein Minareh auf gewölbtem Thore, an welchem man
eine gleichfalls verkehrte Inschrift sieht, und eine längere in
nerhalb des Hofes über einer Thür. Die leserlichste ist
über dem Thore einer einst St. Georg gewidmeten Rotunde,
in deren Hintergrunde ein anderer Christlicher Heiliger,
wenn ich nicht irre, der Stifter ruht. Die Rotunde ist
jetzt mit einer häßlichen spitzen Kuppel gedeckt. Ganz unber
kannt sind mir die Charaktere einer Inschrift, die ich am
Hause des Scheichs eingemauert fand, und mit den übrigen
copirte.
Da hier keine Bedeckung nach Bosra zu haben war, so
ritten wir in Gesellschaft des Scheichs Achmed nach Schecht
-
174
meskin, wo Abdurahman, der Scheich des ganzen Hauran,
wohnt, den ich zu Damashk im Serai gesehen hatte. Ei
gentlich führt sein Bruder, Scheich Otman, den Oberbefehl,
befand sich aber jetzt bei der Pilger Karawane, und in Ab
wesenheit beider verwaltete Abdurahman's junger Sohn fo
wohl die Geschäfte des Befehlshabers, als Schreibers.
Auf dem Wege dahin, eine halbe Stunde von Adra,
findet man, bei dem elenden Dorfe Gnebeh, eine tiefe Cisterne,
deren kothiges Regenwasser eine Menge Araber tränkt, und
eine Stunde weiter liegt Schechmeskin, wo eben ein halbes
Dutzend Dehlis (geworbene Reiter) aus Damaschk den jun,
gen Regenten beschäftigten. Sie waren ausgesandt, gekauft
tes Korn auf Kameelen nach Damaschk zu bringen, und der
Scheich schrieb ihnen Tiskerehs (Schatzkammer Scheine),
um jedem feine Dörfer anzuweisen. Sie zeigten eine auffal;
lende Furchtsamkeit. Kein Einziger, ja nicht der ganze Trupp,
wollte wagen, bis Adra zu reiten. Belustigend war es zu
fehen, wie nach den Nachmittags, Gebete fich alle in ein
Viereck zusammen fetzten, um über ihre Sicherheit zu rath
fchlagen, während die gegenwärtigen Araber sie auslachten.
Diese Dehlis waren meist Kurden aus Mesopotamien.
Ueber unsern Reiseplan konnten wir nicht gleich ins
Reine kommen. Doch, was mir die Hauptsache war, die
aufrichtige Willfährigkeit der Leute, an welche ich mich ger,
wendet, blieb nicht lange zweifelhaft. Erst wollten wir mit
Scheich Achmed und dem Oheim des Scheichs von Scheich
meskin nach Bosra reiten, dann wollte der junge Scheich
175
selbst uns nach Bosra oder Meferib bringen, und auf jeden
Fall boten sich einige der Dehlis zu Begleitern an.
Ich faß ruhig an der Thüre und schrieb, als mir ein
Stiefel nahe am Kopfe vorbeiflog. Puffuf Aga, einer der
Dehlis, hatte sich darüber geäußert, daß die Araber ihnen
noch weder Kaffee noch Effen gebracht, und erboßte fich fo
über Scheich Achmed, der ihm, ich weiß nicht was, geant
wortet haben mochte, daß er ihm einen Stiefel an den Kopf
warf. So gleich lief ein Araber, das ganze Dorf zusammen
zu rufen, und schnell fammelte sich eine rachsüchtige Menge
vor der Thüre. Abbas stellte ihm ein Unrecht vor, daß er
gegen einen Scheich, einen Reisenden und unfern Begleiter,
fichthätlich vergangen, und fuchte Frieden herzustellen. Acht
med sagte wenig, allein verbissener Ingrimm und Rachsucht
sprachen aus feinen Augen. Der junge Scheich fchnob wüt
thig über die Beleidigung seines Verwandten; aber der Kurde
lachte. Endlich, da es doch nur ein Mißverständniß war,
brachte es Abbas gewaltsam dahin, daß Puffuf und Achmed
sich küßten, wenn gleich mit einer Miene, die keine Versöht
nung ausdrückte.
Zum Abendessen kamen dann zwei ungeheure Schüf
feln, eine mit Reis, eine mit Grütze und mehrere mit Kub
beh (Klöße) unter Schaffleisch und Brühe. Alle fuhren
heißhungrig darüber darüber her, und fraßen aus vollen
Fäusten. Leider war das einzige Getränk sehr schlecht. Ret
genwaffer von Koth , Farbe, und mich durstete über die
Maßen.
176
Die Nachtruhe wurde mir von den vielen Flöhen verz
kümmert, die ich nicht leicht irgendwo zahlreicher gefunden.
In einer Ecke des Zimmers haute ein halbblinder Aegypter,
der wegen des Betens dort gefüttert wurde. Er betete auch
so ununterbrochen, daß mir seine Pflichttreue gar lästig wurde.
Erst sang oder declamierte er ein langes Lied mit dem bekannten
Refrain la Ilah ill'allah, dann wiederhohlte er einige hundert
Mahle die Worte: Subhan allah u hamolih, in einer all
mählich leiser werdenden Cadence, um Puffuf Aga einzu:
schläfern, und so oft dieser andeutete, daß der Zweck noch
nicht erreicht fey, begann er von neuem, bis ich endlich sel:
ber entschlummerte.
Am Morgen belustigte mich noch die Art, wie die Arag
ber ihren sehr guten Kaffee machen. In einer runden höl:
zernen Schachtel enthalten mehrere runde Löcher die rohen
Bohnen nebst einigen Taffen. Jene werden auf einer ei;
fernen Platte über Kohlen gebrannt, dann in einem hölzer
nen, mit Eifen beschlagenen Mörfer durch einen starken höl
zernen Stampfer langsam zermalmt und dann gekocht. Diese
weitläufige Procedur wird vollständig eben so oft wieder,
hohlt, als sie an dem beliebten Getränke sich laben wollen.
Der Scheich machte mir eine gräuliche Beschreibung
von dem Aeußeren feiner Brüder in der Wüste, und von
ihrer traurigen Lebensweise. Doch blickte hervor, daß er
ihnen ihre Freiheit und Sicherheit gegen den willkührlichen
Druck der Regierung beneidete. Die Anneffy, einer der
angesehensten Stämme, können nach feiner, wohl sehr über
-
-
177
triebenen Angabe hunderttausend Mann ins Feld stellen.
In Hauran waren einst, ihm zu Folge, 2366 Dörfer, wo
von jetzt nur noch wenig über 50 bewohnt sind. In dem
selben Maße, als die Zahl der ansäßigen Araber abnimmt,
mehren sich die Beduinen.
Zur weiteren Reife wollte, außer meinen Damasce
ner Gefährten, mich niemand begleiten. Ich brach also mit
jenen allein auf, und später fand sich nur ein einziger Kurde
bei mir ein. Erst blieb uns links ein zerstörtes Dorf zur Seite,
und rechts erblickten wir als einen weißen Punct Dschiba,
auf der Straße von Hauran nach Aka; vor uns in Süden
dehnte sich das blaue Gebirge von Adschlun (Gilead). Nach
drei Stunden erreichten wir Tafas, ein schlechtes Dorf, worin
jedoch noch ein Paar Gebäude aus besserer Zeit übrig sind.
Hier speiseten wir etwas Honig und ein fettes Mittelding
von Suppe und Brei aus Weizen, und waren nach anderthalb
Stunden in Meferib. Dieses (hier der äußerste Grenzpunct
Osmanischer Herrschaft) ist ein großes viereckiges Schloß von
schwarzen Steinen, mit einem halben Dutzend viereckiger
Thürme versehen, am Rande einer steinigen Schlucht, deren
ziemlich gutes Waffer weiter unten einen kleinen See bildet.
In dieser Schlucht wohnen unter Zelten die Söld,
linge (Dehlis) Taher Aga's, der nicht ohne große Anstren:
gung mit zweihundert Reitern einige Ruhe im Lande erhält.
Ich besuchte unverzüglich den Aga. Er fragte, ob ich
nach Dsherrath (Geraa) wolle? Dorthin dürften jetzt
kaum ein Paar hundert Reiter sich wagen. Also die Ge;
12
178
fahr herausfordern mochte ich nicht, und bat lieber um eine
Begleitung nach Bosra, die ich auch unverzüglich in zwölf Reiz
tern erhielt. Aber kaum waren wir eine halbe Stunde unt
ter Weges, so erhob sich ein Streit. Die Dehlis wollten
mich nur nach Bosra und zurück nach Meserib, aber nicht,
wie es mir der Aga zugesagt, nach Kisweh oder Salamen
bringen. Abbas kehrte daher mit einem Dehli zum Aga zu
rück, um dessen erneuerten Befehl einzuhohlen.
Wir kamen mehrere zerstörte Dörfer vorbei zur Nacht
nach Gasaleh, wo die gewöhnlichen Fragen und Antworten
über meine Reifen und mein Schreiben zwischen Abbas und
den Arabern gewechselt wurden. Doch ließen diese es bei
der Neugier bewenden, weniger unzufrieden mit meinen
Untersuchungen, als ihre Brüder in Adra.
In dem Hause, wo ich abgestiegen war, fielen mir
drei viereckige Erhöhungen von Erde auf, die ich anfänglich
für Oefen hielt, später aber für Kornbehälter erkannte.
Man fähüttet das Korn oben hinein, und verschließt sie;
was man bedarf, wird unten durch eine Oeffnung heraus,
gehohlt.
Das Abend-Effen, von Reis und Hühnern, war unz
gewöhnlich gut; der Kaffee, wie fast immer, trefflich. Ueber
haupt ist der Reisende in dieser Hinsicht hier beffer gebor
gen, als in meinem lieben Vaterlande, wo die Krüge selten
ein Labsal gewähren. Wären nur die leidigen Flöhe nicht!
Die armen Leute klagten, die Hälfte ihrer Ernte der
Regierung abgeben zu müffen, welche sie doch nicht vor den
179
Plünderungen der Beduinen schützen könne. Daher find
Höfe und Dörfer mit Mauern umgeben, in welchen die
Steine so lose auf einander gepackt liegen, daß sie eine Menge
Zwischenräume laffen, um als Schießscharten und Lug in's
Land zu dienen. Zu letzteren nutzt man auch die Misthaus
fen, welche hier die Dörfer, nach Art der Aegyptischen,
umgeben. Wo möglich hat man die Oerter auf Anhöhen
gebaut. Sparsam erblickte ich Viehherden in ihrer Nähe,
deren Hirten einen langen Stab trugen, an welchem oben
eine kleine Schaufel befestigt war. -
Der Weg von Gasaleh nach Bosra läßt sich in einem
Tage zurück legen, und ich fand keinen Grund zu fäumen.
Aber meine Dehlis hatten sich murrend so oft dagegen er
klärt, daß Abbas erboßt, früh Morgens, ohne sie aufzu:
brechen beschloß. Doch wurde nach meinem Verlangen ein
Araber durch ein Trinkgeld willig gemacht, die Schläfer zu
benachrichtigen, welche Straße wir eingeschlagen hätten,
und erst, als wir das Dorf Eleneh vorüber geritten, und
bei den Ruinen eines zerstörten Dorfes, eine Stunde von
Charbit el Gasaleh, angekommen waren, erreichten sie uns
in gestrecktem Galopp. Sie waren außer sich vor Aerger,
und schwuren, nicht benachrichtigt zu feyn. Indeffen äußerte
diese Lection gute Wirkung. Die vorher störrischen Men;
fchen wurden nun höflich, und versprachen, so weit, als ich
wünschen möchte, zu reiten, wenn sie gleich, wie bisher, kein
Dorf ohne Murren verließen, wo ich ihnen keinen Kaffee er:
laubte, den sie überall trinken wollten. Ich gestattete ihnen den
1 ZO
ersten in Harek. Hier blieb der Führer, Mustapha, zurück,
von einem heftigen Fieber, Parorismus befallen. Man be
deckte ihn mit einer Menge Abas, und ließ ihn Rauch von
Effig und Kohlen einziehen; dann drückte ein junger Dehli
mit feierlicher Miene ein Siegel voll frommer Sprüche, ei:
nen Talisman, auf zwei Stückchen Papier, über welche er
Waffer goß, das der Kranke trinken mußte. Die Siegel
gab man ihm in die Hand. Seltsam war es, daß ein
Pferd zu gleicher Zeit das Fieber bekam; man brachte ihm
daffelbe Mittel bei.
Dann stießen wir noch auf eine Menge Dörfer, von
welchen jedoch nur Rekem, Karak und Dsheleb bewohnt, die
übrigen aber zerstört und verlaffen waren, Theils durch die
Räuberei der Beduinen, Theils durch die Schuld der Re
gierung. In Dscheleb mußte ich die Dehlis abfüttern laf,
fen. Desto munterer ging es dann in einem Paar Stunden
nach Bosra (3. November). -
- - - - - - - - - - - - - - -
181
22.
Bosra (Karnain Astaroth, Bostra).
Nicht ohne einige Erwartung hatte ich mich der uralten
Hauptstadt Hauran's (Chauranitis) genähert, in welcher selbst
fändige Könige von Bafan thronten, ehe sie durch die Israel
liten besiegt wurden, und die ihre Wichtigkeit unter dem lan:
gen Drucke Römischer Weltherrschaft bis zum Mittelalter er
halten hatte. Alle Spuren derselben könnten, dachte ich,
nicht erlöscht feyn, wenn ich auch eben so wenig hoffen durf
te, die Altäre Astarte’ns unter den Trümmern zu finden,
als die Gestalt der jetzigen Bewohner des Landes ihre Ab
stammung von dem Geschlechte der Enacks: Kinder verrieth.
Zuerst kamen wir nahe der Stadt an eine alte, sehr
gut gebaute Brücke, die uns über das jetzt trockene Bett ei:
nes Winter Fluffes führte. Da fah mein Auge mit Ent:
zücken eine luftige Colonnade hoch über die Dächer der Häu-
fer hervor ragen. Mühsam wandte sich mein Pferd durch
die engen Gaffen, angefüllt mit zertrümmerten Bruchstücken
vieler Zeiten und Völker, wo hin und wieder in den Löchern
einige Bewohner nisten. Die Häuser sind zum Theilantik,
zum Theil aus alten Trümmern erbaut. Die Ruinen der
Stadt dehnen sich weit aus.
Ich ritt durch die Säulen eines Tempels, und über
eine lange Brücke in das Schloß, wo ich mit meinem Pferde
unsicher durch die labyrinthischen und finstern Gänge des
132
Thurm/Thores tappte, und dann von schmerzlicher Ermü:
dung mich nicht hindern ließ, das Gebäude flüchtig durchzu:
laufen, an welchem Anfangs nichts meine Aufmerksamkeit
in Anspruch nahm, als die herrliche, solide Bauart. Da
ich aber durch ein hohes Gewölbe trat, das Innere zu bese
hen, fand ich mich plötzlich, ich traute dem Auge nicht, auf der
Arena eines geräumigen Römischen Theaters, jedem erkennt
bar, ob sie gleich zum Theil mit Gebäuden, und die Stufen
Reihe mit Festungs-Mauern verunstaltet ist. Zerstört schien
Weniges. Auch Inschriften bemerkte ich; sparte mir aber
die Untersuchung auf den folgenden Tag, um erst zu erspähen,
mit welcher Sicherheit fiel vorgenommen werden könnte.
Erwägend, daß so selten Franken hierher gekommen
find, fand ich den Scheich Chalil, wie überhaupt die Araber
des Hauran, überaus gutmüthig und gastfrei. Sie find ein
fehr schöner Menschenschlag. Ich bekam ein schmackhaftes
Abend-Effen, bei welchem der einzige Churg, oder Christli
che Priester, in Hauran zugegen war. Derselbe wohnt ei:
gentlich in Adra, wo ihrer mehrere feyn sollen. Vor dem
Schlafen fah ich dem Ballspiele der Arabischen Jugend zu,
darin bestehend, daß man den Ball nach gewissen Regeln
mit Stöcken von der Erde wegschlug,
Am folgenden Morgen begab ich mich in das Schloß,
entwarf, so gut es ohne Meß-Instrumente möglich war,
einen Plan desselben, und kritzelte eine Ansicht des Innern.
Es liegt in Südwest der Stadt. Seine Mitte ist die Arena
des erwähnten Römischen Theaters, jetzt ganz mit Bauer Häu
183
fern bedeckt. Der Hintergrund der Scene (g – h) besteht
aus einer Wand, die fünf gerade und vier halbrunde Flär
chen hat.
In der mittelsten geraden Fläche der Wand sieht man
eine oben runde und zwei länglich viereckige, fensterähnliche
Nischen; jede der beiden folgenden geraden Flächen (von
der Mitte nach beiden Seiten gerechnet,) hat nur eine oben
runde, jede der beiden folgenden halbrunden Flächen aber
eine viereckige, und jede der beiden letzten geraden Flächen
wieder eine oben runde Nische. Der Fußboden, welcher die
fen oberen Stock vom Erdgeschoffe trennte, und mit der
Arena gleich war, ist eingestürzt. Die erwähnten Nischen,
mit Ausnahme der drei mittelsten, entsprechen ähnlichen im
Erdgeschoffe. Diese ganze Wand ist in gerader Linie sechs
und sechzig Schritte lang. Auf zwei Puncten (m und o) füh
ren in beiden Geschossen Thüren zum Zwischenraume zwi,
fchen einer Wand (g. h und l, m) und zu den Gemächern,
die über diesen einen dritten Stock bildeten, von denen auf
der Südseite noch ein Paar Thüren und Wände stehen. Die
Tiefe der Scene (h-i) ist zwölf Schritte. Dann folgt eine
Wand (i – k), welche unten eine runde Nische zwischen zwei
eckigen hat, und darüber, die Eckpfeiler mitgerechnet, acht
halbrunde Pfeiler Toskanischer Ordnung. Die Wand
(i – k) ist dreiundzwanzig Schritte lang, gäbe also für den
Durchmesser der Arena oder des Orchestrums hundertund:
zwölf Schritte. Ist dasselbe ein Halbkreis, was ich nicht
bestimmen kann, so hätte dieser einen Halbmeffer von 56
184 -
Schritten. Die Stufenfitze, welche diesen Halbkreis umge:
ben, find mit einer Vertiefung von Toscanischer Ordnung
geziert, und der Eckpfeiler (i) mit Acanthus Blättern nach
Korinthischer Art. Die Thüren der Vomitorien (a) haben ein
Toscanisches Gebälk. Die Stufen Sitze sind mit Festungs-
Mauern und Häusern verbaut. Von unten führt eine dop:
pelte Treppe (a – a), jede Hälfte von zehn Stufen, zu ei;
nem Vorsprunge (b), der drei Schritte breit ist, und jede
Treppe (a – a) zehn Schritte. Von dem Treppen Absatze
(b) führen zwölf Stufen zu fünf Sitzen, indem zwei Stut
fen auf jeden Sitz kommen, und man den untersten Absatz
nicht mitrechnen kann, als den Füßen der Sitzenden ange:
wiesen. Zwischen den Treppen findet man die drei Schritte
breite Thür (a) des Vomitorium. Solcher Thüren waren
vermuthlich fechzehn, und der Treppen fiebzehn. Von der
obersten Stufe tritt man in eine Halle, die rund umher lief,
die Säulen von Toscanischer Ordnung, etwa eine Klafter
im Umfange, mit einem Intercolumnium (c – d) von drei
Schritten. Die Breite der Halle (d-«) ist vier Schritte. Nahe
der Wand (i – k) stehen noch vier Säulen, so wie mehrere
in der Mitte. Ihr Schaft mag zehn Fuß hoch feyn. Aus der
Thüre (a) führen eben so viele Gänge heraus, deren Länge
zehn Schritte beträgt (a – e), Diefe Gänge werden nach
außen höher und gewölbt. Ihnen völlig ähnlich find die
Gänge (f), welche mit einer stufenförmig abnehmenden Decke,
wegen der darüber befindlichen Stufenflitze, unter den Trep:
pen Absatz (b) führen. Sie hängen alle auf einer Seite
185
durch eine Thür mit den Vomitorien zusammen, sind aber
jetzt meist verstopft und verbaut. Diesen dreiunddreißig ge:
wölbt n Thüren, die das Theater von außen umgaben,
entsprachen eben so viele im Erdgeschoffe oder Souterrain,
das jetzt fast ganz mit Schutt angefüllt ist, und die so ver;
baut sind, daß man wenig von diesem sieht. Die Leute bei
haupten, es fey Waffer darin gewesen.
Die ungeheuern Festungsz Thürme begrenzen förmlich
das Theater, drei auf der geraden, sechs bis sieben auf der
halbrunden Seite, indem sie sich zum Theil an das alte Ge-
bäude lehnen, zum Theil oben mit Brustwehr und Gewöl,
ben versehen, zwischen welchen sich Batterien mit Schieß:
fcharten befinden, doch nicht für Kanonen. Gegen Süden
ist das Thor, zu welchem eine steinerne Bogenbrücke über
den trockenen Graben führt. Am Thore, so wie an zwei
andern, östlich stehenden Thürmen erblickt man Arabische In:
schriften, für mein Auge jedoch zu hoch, um sie zu lesen,
aber nach der Versicherung des Scheichs den Namen des bei
rühmten Ayubiten Melek el adel enthaltend. An vielen Stel,
len find Arabische, wie Griechische und Lateinische In:
schriften eingemauert, meist verstümmelt. Von letzteren co/
pirte ich einige, ohne daß es die Mühe sonderlich lohnte.
Sie erinnern an Justinian und Theodora, oder bekräfti,
gen die Dankbarkeit Römischer Legionen gegen ihre Anfüh,
rer, oder streben umsonst, das Andenken an unbekannte Pri;
vat-Personen zu verewigen,
Eine zweite Ruine, von den Einwohnern der Thron
136
der Jüdischen Prinzessin (Serir Beat el Pahudt) genannt,
schien mir merkwürdig genug, um von ihr gleichfalls eine
Zeichnung zu skizzieren, wenn auch das Gebäude so zerstört,
und mit Arabischen Wohnungen umgeben war, daß ich sei,
nen Plan nicht entwerfen konnte. Ursprüngliche Größe des
Ganzen verkündet noch die Ecke der Mauer eines dreistöcki:
gen Gebäudes, welche von innen und außen mit Nischen
geziert ist. Vor derselben scheint eine lange Reihe Säulen
Römischer Ordnung gestanden zu haben, wovon noch zwei
in ansehnlicher Entfernung von einander empor ragen. Die
eine ist mit der Mauer Ecke durch ein sehr reich verziertes
Gebälk verbunden, welches ich besonders zeichnete, jedoch
nur unvollkommen, weil wegen der Höhe mehrere Details
der schönen Guirlande des krummen Friefes, deren Blumen
nicht regelmäßig wieder kehren, unmöglich scharf aufzufaf,
fen waren. Von diesen Säulen, aber nicht in paralleler,
sondern schräger Richtung, erblickte ich noch vier andere,
Römischer Art, kürzer, von bessern, nicht fo magern Verhält,
niffen. Aber von welchen Prachtgebäuden mögen diese
Trümmer herrühren? Ihr seltsamer Name begründet auch
nicht einmahl eine Vermuthung, eben so wenig die Bruch:
stücke Griechischer Inschriften in ihrer Nähe.
Die Neugier, welche Jung und Alt aus der Stadt
um mich versammelt hatte, nutzte ich, einige Gaffer als
Führer zu gebrauchen. Sie brachten mich zu den wohl er
haltenen Resten einer Christlichen Kirche, die von außen
viereckig, im Innern eine Rotunde ist, wo die Ecken halb
187
runde Capellen bilden, deren zwei später verbaut find, als
man in der Mitte ein Schiff mit Gewölben aufführte, wel,
ches auf unordentlich zusammen getragenen antiken Fragmen:
ten und Säulen Trümmern aller Ordnungen ruht. Der
Bogen hinter diesem Schiffe, der zur älteren Rotunde ge:
hört, ist nett verziert. Die Kirche hat sechs Thüren, auf
jeder Seite drei; ihr Boden scheint mit Christen Gräbern
angefüllt. Ziegel-Kuppeln, die der Ungeschmack den Capel
len gegeben hatte, find von der Zeit fchon wieder herab
gestürzt.
In geringer Entfernung fand ich die Ueberbleibsel ei:
ner andern Kirche, neuern Ursprunges, in deren Ecken zwei
Jonische Säulen von außen eingemauert sind, und deren
länglich viereckige Gestalt, hohe Fenster und spitzes Gibel,
Dach Fränkischen Geschmack verrathen. Die Zeit der Er
bauung ist aber eben fo wenig angedeutet, als die Einwoh
ner von Bosra mir zu sagen wußten, warum fiel diese Kirche
Deir (Kloster) nennen. War die Stadt je in den Händen
der abendländischen Kreuzfahrer?
Daß ihr Glanz und Umfang einer Metropolis Arabiae
angemeffen gewesen fey, ist auch jetzt noch zu erkennen.
Aber das Theater lag nicht innerhalb ihrer Mauern, son:
dern von demselben führte eine gerade Straße durch ein Thor
zur Hauptstraße, welche die Stadt von Westen nach Osten in
gerader Linie durchschnitt. Dieses Thor zieren ein Paar ein:
fache Korinthische Pfeiler mit Acanthus Blättern. Es hat
zwei Nebenthore,
188
Das westliche Thor, von dem Schloffe am weitesten
entfernt, ist Toscanischer Ordnung und fehr einfach, ein
mit Nischen versehenes Gewölbe, das auf zwei starken
Thürmen ruht, ganz von formlosen Ruinen umgeben. In
späterer Zeit hat man eine Vorstadt vor diesem Thore ge:
baut, die bis auf ein Paar Thürme auch schon in Trüm,
mern liegt. Die lange Hauptstraße führt von dort zuerst
zum Theater, Thore, an diesem vorbei zu den Säulen, die
etwa im Mittelpunkte der Stadt sich mögen befunden hat,
ben, wie das Theater außerhalb. Das östliche Thor, von
gleicher Einfachheit, läßt zweifelhaft, ob es je vollendet
gewesen, da weder Säulen, noch Gebälk nach einer bei
kannten Ordnung ausgeführt sind. Es zeigt aber den Weg
zu den Resten eines großen Prachtgebäudes, die nur lei:
der unter neuern Wohnungen so versteckt liegen, daß man
fich von dem Ganzen kein bestimmtes Bild machen kann.
Zuerst fällt der Blick auf die Ueberbleibsel zweier
Thürpfosten von großen Dimensionen, mit den reichsten
und schönsten Guirlanden geschmückt. Darauf folgen zwei
Säulen Römischer Ordnung, ganz von denselben Verhält
niffen, als die vier oben erwähnten, und auch diese ste:
hen schräge den Resten eines hohen luftigen Bogens gegen
über, der außer der Mauer auf einer fehr schlanken Jo;
nischen Säule ruht. Gegen Süden trifft man ein großes,
zum Theil bewohntes Gebäude, welches, nach feiner Ein-
theilung in verschiedene Höfe und Stöcke, ein Palast ge:
wesen zu sein scheint. Es hat aber gar keine charakteri:
189
stische Architectur; von außen kündigt es sich als Römisch
an, und von innen deuten einige Gewölbe, die den Hof um
gaben, auf Arabischen Ursprung.
Am südlichen Stadt Ende ist ein ungeheurer, ganz
aufgemauerter Teich, von jetzt zerstörten Thürmen geschützt,
nebst daneben liegenden Moscheen, Arabische Arbeit, und
vortrefflich gebaut. Jede Seite des Quadrats mag 225
Schritte lang feyn. -
Auffallend zahlreich fand ich die Trümmer Jonischer
Säulen, mich nochmahls durch die engen Straßen der
Stadt windend, an welchen man zerstreute Gewölbe mehr
rerer Chans und Moscheen mit Inschriften in Kufischen
Charakteren, und aus den Zeiten der Ayubiten erblickt.
Märkte und Waarenlager sind noch vorhanden, aber ver:
ödet. Alles scheint mit der schwarzen Farbe der Steine
über den Verlust der Bewohner zu trauern, und schliche
nicht hin und wieder eine zerlumpte Menschengestalt aus
einem düstern Winkel hervor, so möchte man hier die Woh,
nung unsichtbarer Geister vermuthen. Ich fühlte mich kei:
nes Weges angezogen, länger zu verweilen, sondern wollte
das Schloß Sarchad besuchen, welches ich in einer Entfernung
von etwa sechs bis sieben Stunden Weges auf einem ho;
hen Berge liegen fah; aber niemand wollte mich hinbrin:
gen, als meine Reiter. Begleitung sich defen weigerte.
Man erblickte auch die mit Wald bedeckten Berge
der Drusen, deren Hauptort Loweida ist, wo sie über den
Ruinen der alten steinernen eine hölzerne Stadt gebaut
190
haben sollen. Ihr waldiges Land kündigt einen seltsamen
Contrast mit Hauran an, wo ich außer einem Paar traut
rigen Feigenbäumen, die einzeln zwischen den Steinen wur;
zelten, keinen Baum fah, ja, der Jahreszeit wegen, keinen
grünen Halm. Dennoch ist der schwarze Boden sehr frucht:
bar, und die Bewohner scheinen sich verhältnißmäßig wohl
zu befinden. Ich speisete vortrefflich bei ihnen; besonders
gefiel mir ein Dattel-Gericht und die fauere Milch. Auch
störte es meinen Appetit nicht, daß die Abend Mahlzeit in
einem zusammen geschlagenen viereckigen Leder aufgetra:
gen wurde.
- - - - - - - - - - - - - - -
191
23.
Ueber Damaschk, Malaleh, Jabrada, Nebik,
Kara und Hafieh nach Homs.
Ungern entschloß ich mich, nach Damashk desselben Wer
ges zurück zu kehren, den ich gekommen war; aber ich mußte
mich dazu entschließen (5. November,) und lief noch Ge;
fahr, in Herak, wo wir schon um ein Uhr Nachmittags ein,
trafen, zu übernachten, weil die Dehlis durchaus nicht weit
ter reiten wollten. Da kam mir der zänkische Eigensinn
meines Türkischen Begleiters, Abbas, erwünscht, der um
so nachdrücklicher auf Fortsetzung der Reise bestand. Der
fieberkranke Mustapha Aga war nicht im Stande aufzusitzen,
welches den Dehlis guten Vorwand lieh, hier zurück zu
bleiben; allein, wie ich es vermuthete, kamen ihrer fünf
innerhalb der ersten halben Stunde nach meiner Abreise
flüchtigen Trabes wieder zu uns, wahrscheinlich um das
Trinkgeld nicht fahren zu laffen. Wir ritten den Tag bis
Adra, nachdem wir in Rekem gespeiset. Dort fanden wir
unsern Scheich Achmed vor, der seinen Schimpf noch nicht
vergeffen hatte.
Bis Salamen zog nichts meine Aufmerksamkeit an,
als einige alte Thürme in Schagra, die denen in Salamen
ähnlich sind. Hier entließ ich meine Dehlis mit einem
Trinkgelde von sechs Thalern, froh das feige und faule
Volk los zu werden, dessen Begleitung den Reisenden nur
192
zur Parade dient. Aus Verdruß hätte ich auch den Türken
davonjagen mögen, als ich erfuhr, daß er unseren Pferden
nicht zu trinken gegeben, weshalb mich mein brauner Per
fer nur mühsam bis zum großen Teiche von Gawgib
schleppte. Von dannen ging es aber in frischem Schritte
bis Kisweh, wo wir nach Sonnen Untergang ankamen,
und mit trefflicher Grütze, saurer Milch und Trauben be;
wirthet wurden.
Vermuthlich weil Abbas wünschte, zeitig genug in
Damashk einzutreffen, um bei dem Ausmarsch der Truppen
von Aka gegenwärtig zu feyn, die der Pilger Karawane mit
Proviant entgegen gehen, hatte er eine solche Eile, daß er
durchaus um Mitternacht aufbrechen wollte, und einen so
unverschämten Lärm machte, daß ich ihn heftig anfuhr,
worauf er sich murrend zur Ruhe begab. Doch vor Son/
nen Aufgang machten wir uns schon auf den Weg, und war
ren um 10 Uhr Morgens in Damaschk (7. November).
Nach kurzer Mahlzeit und Ruhe eilte ich in das Set
rai zu Tahach und Rafail, um beiden zu danken, Briefe
nach Homs und Hafieh zu bestellen, und mich zu erkundi
gen, wie viel ich Abbas zu zahlen habe. Es betrug über
sechzig Piaster. Aber dem Unverschämten wollten nicht hun
dert genügen,
Ein Besuch bei Chaboffeau rief auf eine sehr verbind:
liche Weise das Andenken an Lady Stanhope zurück, die
mich hier mit einem Briefe überraschte, und gütig ihren
Arzt anbot, weil sie gehört, ich sey schwer krank befallen,
195
und noch nicht wieder hergestellt. Dabei entschuldigte sie aber
mahls den Irrthum, mich, einen Livländer, für einen Ital
liener genommen, und so vielleicht in unserer mündlichen
Unterhaltung über die Europäische Tagsgeschichte den Ruf,
fen verletzt zu haben.
Am folgenden Tage empfing ich durch Tahach einen
Brief in Rafails Namen an Mallum Iskender in Homs,
und einen andern an Osman Aga in Haflieh, ferner einen
offenen Zettel des Mutesfelim angedachtem Osman Aga. Ich
nahm von Rafail Abschied, und machte seinen Dienern
funfzig Piaster zum Geschenk.
Bei der beschloffenen Fortsetzung meiner Reise über
Homs nach Haleb kam ich Tadmor so nahe, daß ich einer Wall
fahrt dahin unmöglich hätte entsagen können, wäre es auch nicht
längst mein Vorsatz gewesen, sie zu wagen. Aber auf wel
che Art? Darüber wurde reiflicht mit Kaddur und Kirkor
Rath gepflogen. Die Eigenthümer der Maulesel bei den
Karawanen verlangten, nach gewohnter Weise, bis Haleb
bezahlt zu feyn, und ich hatte ihrer doch nur bis Haffieh
oder Homs von Nöthen; ferner war mit ihnen der Weg nur
sehr langsam zurück zu legen, und sie wollten ihn erst in der
folgenden Woche, nach dem Beiram, antreten; endlich
ward zweifelhaft, ob man uns in gedachten Orten frische
Lastthiere für Tadmor geben möchte. Also zog ich vor, von
demselben Pferde. Verleiher, der mich nach Hauran ge:
fchafft hatte, Pferde zu miethen, und selbige durch Kaddur
von Homs ihm wieder zuzustellen.
13
194
Letzterer erneuerte seine oft vergebliche Einladung zu
einem Mittagsmahle so dringend, daß ich sie nicht ablehnen
konnte. Er nahm mich sehr gut auf, indem die beiden Ge;
richte, woraus daffelbe bestand, trefflich zubereitet waren,
nämlich: Adschin Pillav, d. h. Reis mit Korinthen, Man
deln und Kiefer, Nüffen, und eine Beirams; Speise von
Reis mit Honig und Mandeln. Die reinliche Umgebung
des eben nicht armen Mannes entsprach solcher Einfachheit.
Sein ganzes Hausgeräth an Decken, Kiffen, Waffen, Ge;
schirren u. f. w. mag kaum eine Kameel Ladung ausmachen.
Die Vorkehrungen zur Abreise wurden noch durch die
Höflichkeit derer, die mich des Abschiedes wegen besuchten,
verzögert. Ich selbst empfahl mich dem ehrwürdigen Vater
Giuseppe Sales, und bezeugte seinem Kloster meine Dank,
barkeit mit vierundzwanzig Thalern. Dann ging ich am letz;
ten Abende noch mit meinen beiden Dienern, den Bei
rams Belustigungen zuzusehen, die man am Tage durch eine
Menge Kanonen, Schüffe angekündigt. Sie entsprachen
keines Weges meiner Erwartung. Moscheen, Bäder und
Barbierstuben waren schlecht erleuchtet, eben so die offenen
Kaffees und Buden der Fleischer, Gewürzkrämer, Obst
händler und Garköche; an keinem Orte viel Volksversam:
melt. Auch in den Straßen zeigte sich kein fröhliches Trei,
ben festlicher Scharen. Da gewährt Konstantinopel ein
ganz anderes Schauspiel!
- In einem Kaffee, Hause ließ man Marionetten hinter
einem Transparent spielen; überaus ärmlich und abge,
195
fchmackt. Die dicken Fäden waren alle zu sehen, und die Fl,
guren so schlecht, daß man kaum wahrnehmen konnte, was sie
bedeuteten. Dem Technischen entsprach der Werth der darge
stellten Fabel. Karagös sollte Aliewa's kranke Frau und Toch
ter heilen, und machte. Statt dessen den unverschämten Lieb;
haber. Dieser platte Gedanke kehrte unaufhörlich wieder, im
mer ohne Witz, zuweilen mit Schmutz. Es trank z. B. der Held
ein Mahl, und füllte dann feinen Krug dergestalt, um das Gen
trunkene noch ein Mahl zu trinken. Darauf ließ Karagös fich
leibhaftig sehen, als Bajazzo eines jungen Luftspringers, des
fen ganze Kunst in Stehen auf den Händen und Purzelbäu
men bestand, welche Karagös nachmachen wollte, und für die
stets fehlschlagenden Versuche Ohrfeigen erntete. Die lange
Weile verscheuchte mich bald.
Am frühen Morgen, welchem der Nordwind eine em:
pfindliche Kühle gab (11. November), verließ ich das schöne
Damashk, und gesellte mich zufällig zu einem Bauer, der
zwei Mäuler nach Jabrada führte, da Kaddur behauptete,
der Weg, welchen jener einschlüge, fey kürzer, als die Karat
wanen-Straße. Wir zogen an dem Dorfe Hareta vorüber,
und gelangten bequem nach dem am Fuße des Anti, Libanon
in schönen Gärten versteckten Duma. Hier fingen wir an,
die kahlen Höhen zu ersteigen, welche eine weit Aussicht über
die Damascener Ebene gewähren, deren reiche Vegetation
in der Ausdehnung nach Norden abnimmt. Diese Berge
bestehen aus einem Kamme von dichtem Kalkstein, an den
fich Conglomerate lehnen, die eine Menge der buntesten Kie:
196
fel enthalten. Ich glaube, daß man Agath, Carneol und
Jaspis darunter finden würde. Wir mußten zu Fuße gehen,
weil der Weg so steil war, berührten Tell Mumenin, welches,
von Gärten umgeben, in einer baumlosen Vertiefung liegt,
wanden uns dann durch die Felsen eines ähnlichen kahlen
Bergkammes, um in ein anderes Thal hinab zu steigen,
welches nur sparsam mit magern Pflanzungen von Feigen,
Maulbeeren und Rüben bewachsen war. In demselben
liegt das Dorf Maarra, wo wir Mittags von den Christli,
chen Einwohnern, nicht ohne Streit, etwas Eier und Trau:
ben: Syrup (Bikmes) erhielten. An der entgegen gesetzten
Thalseite sieht man auf einem Felsen Seidenaja und Telfi
heh mit Christlichen Klöstern.
Wir ritten nun immer in einer nackten Bergebene fort.
Die Felsenkämme zur Linken bildeten durch die Verwitterung
gar feltsam gestaltete Zacken. Heute Jabrada zu erreichen,
mußten wir aufgeben; es wurde dunkel und kalt, und die
Pferde ermüdeten. Der Mond blinkte nur schwach durch
das dicke Gewölk, welches uns abwechselnd kleine Regen,
schauer sandte. Endlich erschien Malaleh fehr malerisch im
Hintergrunde einer Schlucht zwischen drei kahlen Felsen
Bergen, an einen dritten, in der Mitte liegend, stufenför
mig hinangebaut, von rauschenden Waffern und grünen
Gärten umgeben. Es ist, wie die meisten Orte dieses Wer
ges, von Griechischen und Katholischen Christen bewohnt.
Auf einen freundlichen Zuspruch nahm uns Dshirdshir,
der Scheich, in einem reinlichen Zimmer sehr gut auf. Ein
197
Theil der Häuser besteht aus Höhlen der Bergwand, an
welche fie sich lehnen. Deren sieht man auch viele in den bei:
nachbarten Bergen, und längs der ganzen Straße Cister"
nen, die zum Theil gutes Waffer haben. Von dem Gipfe
des Felsen von Malaleh blickt das Griechische Kloster Mart
Sirkis herab. -
Bei Fortsetzung der Reife am folgenden Morgen bei
merkte ich manche Spuren eines frühern besseren Anbaues
dieses Landes, ein antikes Piedestal, Grabhöhlen, Stufen
und verlaffene Wohnungen in den Felfen. Die ganze Fel,
fen Kette, an deren Fuße wir jetzt fortritten, ist voll solcher
Höhlen. Hart an Malaleh führt ein abschreckend steiler
Weg über die Höhe. Wir zogen einen entferntern, beque:
mern vor, und kamen, nachdem wir fle erklettert, in ein breit
tes Thal hinab, den höchsten Rücken des Anti-Libanon im
Angesichte. Wo dieses Thal zwischen denselben Felsen aus
läuft, über welche wir eben geritten, liegt, am Fuße ganz,
weißer Kalkberge, das Städtchen Jabrada mit artigen Gärt
ten, deren Laub aber die kalte Jahreszeit schon bunt ge:
färbt hatte.
Der Scheich war nirgend zu finden, weshalb es schwer
hielt, unter Dach zu kommen. Ich konnte endlich nicht um
hin, mich mit meinem Gefolge in dem ersten besten Haufe nie
derzulaffen. Es war nur von Weibern bewohnt, die über der
Fremdlinge Zudringlichkeit kein geringes Geschrei erhoben,
aber allmählich sich nicht nur zufrieden gaben, und uns gut
bewirtheten, sondern auch durchaus zur Nacht da behalten
198
wollten. Es war eine ältliche Frau mit zwei hübschen Mäd:
chen, wovon eine stets am Rahmen faß und stickte. In
dem Zimmer hingen Früchte, vorzüglich Trauben, um sie
frisch zu erhalten; Teppiche, Spinnrocken, ein kleiner Spiel
gel, eine Kiste und das Geräth einer kleinen Küche in der
Ecke machten das ganze Ameublement aus. Kaddur bezeugte
große Lust, hier zu verweilen. Aber ich drang unerbittlich
auf Abreise, so bald ich mich überzeugt hatte, daß der Ort
keine Merkwürdigkeiten darbot, als einige schlechte Säulen:
Trümmer, und eine Kirche, deren Schiff auf sechs Bogen
ruht, und im Hintergrunde eine Halbkuppel mit drei Fen:
fern hat. Die beiden Bergweihen, zwischen welchen Ja-
brada liegt, find, gleich einem Siebe, von den Eingängen
zu unzähligen Höhlen, die Theils Wohnungen, Theils Grät
ber waren, durchlöchert. In einigen bemerkt man noch die
Estrade zum Schlafen, den Herd c. Wie wüst jetzt die Ge;
gend, außer dem Garten Bezirke fey, verkündete am hellen
Mittage ein gräuliches Concert der Schakals von den nahen
Felsen herab,
Durch eine baumlofe, wellige Ebene, voll Kalktrümmer
und Kiefel ritten wir nach Nebk, wo wir wieder an die große
Karawanen Straße gelangten, und gut beherbergt wurden,
indem Kaddur sich unbedenklich für einen Boten der Regie
rung ausgab, welcher mit den gehörigen Papieren versehen,
mich nach Hafieh bringen solle,
Nebk ist auf und an einem kahlen Berge erbaut, def.
fen Fuß ein geräumiger Chan aus Quadern begrenzt. Die
199
Landschaft veränderte ihren Charakter nicht. Der Weg zog
sich ununterbrochen durch die steinige Fläche, zur Rechten
in’s Gebirge, welches auf d'Anville's Karte mit dem Namen
Alfadamus bezeichnet ist, zur Linken der Anti-Libanon, über
welchem ein finsteres Regenwetter schwebte. Es war kalt;
aber in drei Stunden hatten wir Kara erreicht, welches uns
ter dem Befehlshaber von Haflieh, Osman Aga, steht
(13. November). Wir erkundigten uns nach feiner Anwe:
fenheit, und vernahmen, er fey nach Sadar geritten, von
wo er nach Hafieh zurück kehren würde. Was ich für wahr
hielt, zog Kaddur, seine Leute beffer kennend, in Zweifel,
und erklärte, fei Bujuruldy laute auf Kara, er werde also
den Aga hier erwarten. Dieß jagte den Hörern Furcht
ein, und als fiel dann inne wurden, ich fey ein Fränkischer
Reisender, entschloßen sie sich zu gastfreundlicher Aufnahme.
Die Dorfbewohner, in steter Furcht vor Executionen, Ava
nien und ungerechten Anklagen, hatten uns täuschen und ei:
ligst wegschicken wollen. Osman Aga war hier, und nach
dem Effen begab ich mich zu ihm. Er ließ mich ein kleines
Weilchen warten, ehe er aus seinem Harem heraustrat. Ich
übergab ihm das Schreiben des Serraf Rafail mit dem Bil
let des Muteffelim Mustapha von Damashk. Er benahm
sich sehr artig, und versprach, mich nach Tadmor zu senden,
welches unter seinem Befehle steht.
Aber kaum war ich in meine Wohnung zurück gekehrt,
fo wurden meine Begleiter zU ihm gerufen, die mir gar übele
Botschaft brachten. Er ließ mir vorstellen, daß die Ara:
2OO
ber zwölfhundert Stück Viehes von Nebk geraubt, daß fünf
Stunden Weges von Kara so eben ein Gefecht vorgefallen
fey, von welchem abgeschnittene Hände und Köpfe die Fol,
gen gewesen, daß die Araber mit einander im Kriege bei
griffen wären, daß er selber nur durch Geld etwas bei ihnen
ausrichten könne, daß seine Soldaten zwar nicht angetastet
würden, daß es aber höchst wahrscheinlich den Arabern von
Damaschk aus schon bekannt geworden fey, ich wolle Tad,
mor besuchen; es würden also Tausende von Piaftern nicht
hinreichen, ihre Habsucht zu befriedigen; man könne nicht
durchkommen, ohne den unverschämten Forderungen jedes
Einzelnen zu genügen, und sie wären alle durch Lady Stan
hope verdorben; er wolle mir dreißig Reiter geben, die gern
mit tausend Piaftern zufrieden seyn würden, aber auf dem
Wege fich mit Proviant versehen müßten; er hoffe zwar, fie
würden mich sicher durchbringen, aber er müsse ihnen Geld ge:
ben, fich durchzukaufen. Wenn ich solche Ausgaben nicht
fcheute, so stünden mir feine Reiter zu Dienste; denn es fey
feine Pflicht, meinen Willen zu thun, aber auch, mich im
Voraus von Allem zu unterrichten. Ich gab den Plan auf,
In Kara gefiel mir die ausgezeichnete Reinlichkeit der
Zimmer, Die große Menge Kalk macht es leicht, sie stets
weiß getüncht zu erhalten. Ich befah die Haupt, Moschee,
aus einer Christlichen Kirche entstanden, deren spitzes Gie:
beldach und runde Bogenfenster deutlich vom Ursprunge zeu
gen. Am Thore bemerkte ich eine umgekehrt eingemauerte
und sehr verstümmelte Griechische Inschrift. Der Ort lehnt
2o1
sich an eine Höhe, und seine Hauptfestigkeit besteht, wie bei
allen Orten dieser Gegend darin, daß so wenige und so
versteckte Eingänge find, als möglich, und die Thüren so
niedrig, daß man hineinkriechen muß.
Als ich am folgenden Morgen des Agas Reiter fahe,
die mich begleiten sollten, ward mir vollkommen klar, daß
fie den Arabern nicht viel Achtung einflößen konnten. Es
waren klägliche Gestalten in Lumpen gehüllt, welchen der
lange anhaltende Regen fehr lästig fiel. Wir blieben in ei:
ner steinigen, welligen Ebene, den Anti-Libanon zur Linken
behaltend. An mehreren Stellen des Weges wurde ich auf
Wahrzeichen der Araber aufmerksam gemacht, insbesondere
auf einen Quell in einer Vertiefung, wo die Karawanen an:
zufallen pflegen, nachdem sie dieselben von einem Thurme
der benachbarten Höhe erspäht haben. Solcher Thürme,
doch zerstört, sieht man mehrere. Einzelne Steinhaufen
auf dem Wege bezeichnen Gräber der von den Arabern. Er
schlagenen. Zur Rechten verlieren sich die Hügel allmählich,
und es breitet sich eine unabsehbare Fläche aus, an deren
Rande Hasslieh liegt. Ungefähr auf halbem Wege gewährte
uns das schlechte Schloß Breidfcheh, bei den Karawanen
durch fauere Milch und Brod von vorzüglicher Güte bei
rühmt, Obdach gegen den anhaltenden Regen, der die Land:
fchaft noch verödeter erscheinen ließ, als sie feyn mag. Ich
fah von ihren Bewohnern nur zahllose Scharen des Vogels
Kata, die rauschend an uns vorüberflogen.
Vor Hafieh kündigt ein halb verfallener Chan, von
2O 2
welchem aus man in einiger Entfernung am Fuße des Liba
non das Grab Scheich Abdalka's erblickt, den Zustand des
Ortes selber an. Es ist ein ärmliches Dorf, dessen Häuser
aus rohen Steinen zusammen gesetzt find. Aus solchen bei
steht auch die niedrige Mauer, welche es umgibt, und Mist,
haufen vor dem Thore beherrschen das Ganze. Das west:
liche Ende wird von einem Schloffe begrenzt, den die Kara:
wanen, wegen der beiden einander gegenüber liegenden
Thore seines Hofes, durch welche sich die Heerstraße zieht, den
Türkischen Namen PközKapli, das Zweithorige, beigelegt
haben, ohne sich daran zu kehren, daß noch ein drittes Thor
in die so genannte Stadt, und ein viertés in einen großen,
sehr schmutzigen Chan führt. Dieser Beiname ist auf den
Ort und auf den Aga übergegangen. Der Hof, von einer
hohen Zinnen Mauer umgeben, enthält. Trotz seiner Ge-
räumigkeit nur eine Moschee und ein Wafferbecken. Die
Furcht vor einem schlechten Nachtlager verscheuchte Abdalla,
einer meiner Reiter, der hier zu Hause war, und mich fehr
gut aufnahm.
Aber die Flöhe überwältigten mich. Ich war es das
her sehr wohl zufrieden, daß Kirkor Mondschein für Mor
gen: Dämmerung ansahe, nnd ungewöhnlich früh fatteln
ließ, wenn uns gleich bald darauf eine solche Dunkelheit
überfiel, daß ich kaum den Kopf meines Pferdes unterschei:
den konnte, und meinen Begleitern nur nach den weißen
Flecken ihrer Abas folgte. Die Wolken verzogen sich erst,
als wir gegen Morgen nach Schamfin, einem elenden Dorfe,
203
kamen, welches von einer viereckigen, halb eingestürzten
Mauer umgeben ist.
Ich fand mich in einer weiten, schwarzen Ebene, die
sich gegen Osten unabsehbar ausdehnte. Zur Linken, im
Westen unterschied ich deutlich den Anti-Libanon und den Li
banon, nebst der hohen Fläche von CoeleSyrien, die sie
trennt. Der hohe Rücken des Libanon erschien glänzend
weiß von Schnee. Längs feinem nördlichen Fuße dehnt
fich der See von Homs, und weiter hin glänzten weiße Mit
narchs aus den buschigen Ufern des Orontes; eine schöne
Alpen, Landschaft. Der nächste Ort, Schidshar, empfahl
sich aber keines Weges. Es ist ein elendes Nest, wo etwa
ein halbes Dutzend niedrige Löcher von rohen Steinen in
das Innere einer viereckigen Mauer aus schwarzen Quadern
vertheilt find. Ein Thurm beschützt das einzige Thor, wel,
ches bei unserer Ankunft furchtsam gesperrt wurde. Nur
mit Mühe erhielten unsere Nargill Raucher etwas Waffer und
Feuer.
Hier fangen bebaute Felder an, die bis Homs rei,
ehen. Der Boden ist fepiabraun und so fett, daß die
Bauern mit dem langen eifenbeschlagenen Stimulus, defen
fie sich hier, wie in Hauran, zum Antreiben der Ochsen bei
dienen, die klebenden Schollen vom Pfluge abstoßen müf
fen. Etwa von Nebk bis Homs fand ich das Land von Jer
boas oder Springhafen durchlöchert, die in ungleich größer
rer Zahl vorhanden sind, als Menschen.
Diese zeigten keine merkwürdige Eigenthümlichkeiten.
204
Die Weiberkleidung hat etwas Malerisches: ein blauer
Rock und eine rothe Schürze, die an einem bunten, leder
nen Gürtel befestigt ist, welcher mehrere Mahle um den
Leib gewickelt wird. Reichere tragen darüber einen Gür
tel aus filbernen Ringen, von welchem hinten lange fil:
berne und feidene Quäste herab hängen; auf dem Kopfe
ein buntes Tuch, gewöhnlich mit schwarzem Grunde, wie
ein Türkisches Paschmak. Zierathen in der Nase habe
ich nur bei wenigen bemerkt.
44 - - - - - - - - - - - -
205
24-
Von Hons (Emea) durch die Wüste nach
Tadnor.
Das Schloß von Homs erblickt man aus der Ferne.
Um Mittag (15. November,) traten wir in Mallum Is;
kender"s Wohnung. Er war im Serai, aber feine Kin:
der nahmen mich sehr artig auf, und wiesen mir ein gut
tes Zimmer an. Am Abende erschien er mit einigen Dru,
fen und Griechen. Auf die Aeußerung meines Wunsches,
Tadmor zu besuchen, erwiederte er unbedenklich, solches
fey gar wohl möglich, und Osman Aga habe die mir vor,
gespiegelten Gefahren ersonnen. Er ließ unverzüglich nach
der Karawane, welche Steinsalz hohlt, fragen, aber fie
war schon fort. Wir speiseten zusammen, und begaben
uns am folgenden Morgen zu Muhamed Aga, dem jun
gen Muteffelim, einem hübschen Manne, der jedoch wegen
beschränkten Geistes in geringem Ansehen steht.
Dieser war auch der Meinung Osman’s, daß man
nicht mit bewaffneter Macht nach Tadmor dringen könne,
und machte mir dagegen den Plan annehmlich, unter dem
Schutze eines zuverlässigen Beduinen mich hin und zurück
geleiten zu laffen. Dem gegenwärtigen alten Scheich wurde
aufgetragen, einen folchen so fort ausfindig zu machen.
Unterdessen durchwanderte ich die Stadt, die nichts
Merkwürdiges enthält. Ihre Häuser sind Theils aus un:
2o6
gebrannten Ziegeln, wie zu Damashk erbaut und mit Lehm
beworfen, die Straßen nicht übel gepflastert, die ärmlichen
Kaufmanns Buden Theils mit Holz gedeckt, Theils ge:
wölbt und mit Lichtlöchern versehen. Am Thore nach Hat
mah ist ein Tekieh, von mehreren eben so geräumigen
als schmutzigen Chans umgeben. Vor dem Thore liegt
eine Moschee mit dem Grabe Chalid Ibn Walid's, zu
welchem den Christen der Zutritt untersagt ist, und neben
ihr vorüber führt ein Canal das sehr gute Waffer des Afft
(Orontes) zur Stadt. An feinen Ufern find Gärten. Auf
der entgegengesetzten Seite der Stadt, füdlich, liegt abge
sondert das zerstörte Schloß von Arabischer Bauart. Es
hat eine rundliche Form, und seine Wälle, auf Felsen ge:
gründet, erheben sich pyramidalisch, und find mit einer,
zum Theil abgefallenen Bekleidung von schwarzen Stei
nen versehen, die sehr alt zu feyn fcheint.
Am Nachmittage kamen Kirkor und Kaddur mit ei:
nem Araber, den der Muteffelim kannte, und der es über
nommen hatte, mich für 250 Piaster, nach meiner Rück
kehr zahlbar, ficher nach Tadmor, und von dort wieder
nach Homs zu führen. Die Abreise wurde auf denselben
Abend festgesetzt. Ich kleidete mich in ein zerrissenes Kom;
bas und in die grobe braune Jacke Kirkor's, der hier bei
meinen Sachen zurück blieb. Nur Kaddur sollte mich bei
gleiten. Er besorgte den Einkauf einer mäßigen Provi
fion für uns und die Pferde. Es ward vorgegeben, daß
wir gar kein Geld mitnähmen, und dem Kaddur auch
2o7
nur ganz heimlich eine Summe von funfzig Piaftern zuge
steckt. Eben so viel gab ich dem Arabischen Geleitsmann
als Handgeld, und so war mit Sonnen Untergang. Alles
zur Abreise fertig. -
Mein Führer, Namens Nemr (Nimr, Nomr, Nämr,
Numr), d. h. Tiger, wollte in der Nacht eine kleine Kara;
wane seiner Landsleute in einem benachbarten Dorfe einhoh:
len, mit ihr sich nach feiner, der Regierung befreundeten
Horde und von dort nach Tadmor begeben. Er erschien zum
Abend-Effen mit einem graubärtigen Gefährten, der, eine
lange Lanze in der Hand, auf einem Schimmel fich uns an
schloß. Nemr bestieg mein Packpferd. So zogen wir, da
eben ein starker Regenguß vorüber war, muthig von dannen.
Der Vollmond warf einzelne Blicke durch das dichte Ge;
wölk, ein mattes Licht verbreitend über die zerbröckelnden
Mauern der Stadt, und die schwarze Ebene umher, deren
fruchtbarer Boden Theils bebaut war, Theils brach lag.
Zuerst gelangten wir nach dem Dorfe Ferufa. Es ist
von Christen bewohnt, die wir mühsam aus dem Schlafe
rüttelten, um zu erfahren, daß unsere gesuchte Karawane
in dem folgenden Dorfe Ferteka fey. Beide Dörfer find
gleich elend, und bestehen aus niedrigen Hütten von rohen
Steinen. Auch gutes Waffer fehlt ihnen. Es gesellten sich
hier zwölf Araber mit drei Kameelen und zwei Eseln zu uns,
von deren Sinnesart ich eine ungünstige Meinung faffen
mußte, als ich gewahrte, daß einer einen Hund des Dorfes
stahl, und ohne des Hehl zu haben, mitnahm. Nemr fetzte
2O8
sich hier auf sein Kameel. Der Weg führte uns nach dem
seit Jahresfrist wüst liegenden Dorfe Sakera, und von
dort zu einem längst ganz zerstörten, Namens Abadale, wel,
ches als Wafferplatz dient, wo wir uns zur Ruhe nieder,
legten. Es war kalt und der starke Thau durchnäßte mir
Decke und Mantel gleich einem Regen. Solcher verödeten
Oerter gibt es in den Niedrigungen dieser Wüste viele, und
man unterscheidet sie meist von weitem durch die Hügel, Tell
genannt, welche neben ihnen, in ziemlich regelmäßiger Ge;
falt aufgeworfen sind. Nach kurzer Rast brachen wir noch
in der Nacht auf, und erreichten bald den Wafferplatz Awir,
eine Vertiefung, die schmutziges Regenwaffer in einigen
Gruben gesammelt hatte. Am Horizonte flammte ein an
haltendes Wetterleuchten von häufigen Sternschnuppen vers
stärkt und einer glänzenden Feuerkugel, die ihren Lauf durch
einen langen Lichtstreif bezeichnete. Zahlreiche Scharen des
Vogels Kata wurden durch den Hufschlag unserer Pferde
aufgescheucht. Ohne sie zu sehen, hörten wir ihren rauschen
den, sehr niedrigen Flug. Dieses Rauschen, mit ihrer
Stimme vermischt, hat in der stillen Nacht etwas feltsam
Geisterhaftes, und mochte dem unvergleichlichen Wanderer
Marco Polo leicht glauben laffen, in manchen Wüsten Dae-
monum variae incantationes zu vernehmen. Bei Sonnen. Auf
gang fand ich mich auf einer Höhe, von welcher der Blick
auf eine verwirrte Maffe von fernen Bergspitzen fiel, deren
Thalgründe Wolken und Nebel mit einem dichten weißen
Schleier verhüllten. Ein aromatischer Duft quoll aus den
209
Kräutern, welche den Boden bedeckten, der auffallend viele
Schnecken nährte, Theils weiße, Theils freifige, die der
Herbstregen aus der Erde hervorgelockt haben sollte.
Diese Wüste hat hier mit den Aegyptischen Sandwüt
sten gar keine Aehnlichkeit. Sie ist eine wellige, hügelige
Fläche, gleich den Russischen Steppen, mit sehr gutem Bo
den, und gar wohl des Anbaues fähig, wenn fleißige Bes
wohner für Cisternen sorgen, und durch Dämme das Re
genwaffer in den Schluchten aufhalten wollten.
Am Fuße eines felsigen Abhanges entspringt der Quell
Schekeif, der ein warmes, aber reines, gutes Waffer dar,
bietet. Hier ruhten und speiseten wir. Ich erfuhr ungern,
daß Kaddur keine andere Lebensmittel mitgenommen, als
schlechtes Brod, alten Käse und ein Gemisch von Rosinen
und Walnüffen, welches alt und trocken war. Kaffee hatte
ich absichtlich zurück gelaffen, um nicht stets alle Araber in
der Nähe zu Gaste laden zu müssen. Bald vermißte ich ihn
um so empfindlicher, da der nächste große Wafferplatz, For,
klos, nur Regenpfützen enthält. Bei diesem verließen wir
die Karawanen Straße, und ritten quer über die wüsten
Berge, beständig zwischen zahllosen Herden von Schafen
und Kameelen, die vom Waffer zu ihren Zelten heimkehr
ten. Die Schafe waren meist weiß mit schwarzen oder brau:
nen Ohren, Köpfen und Füßen. Die Zelte lagen gruppen,
weife in den Thälern und am Hange der Hügel, wohin die
Herden in langen parallelen Reihen, ein Thier hinter dem
andern zogen. Abends erreichte ich das große Lager des
14
2 1. O
Stammes Mezzieh, zu welchem Nemr gehörte, und über
nachtete in feinem Zelte, nicht wenig geplagt von dem darin
unterhaltenen Feuer, wiewohldeffen Rauchwohlriechend war,
denn die dürren aromatischen Kräuter dienten zur Feuerung.
Auch machten mir einige große Kameel Wanzen unwillkom:
mene Besuche. Doch wäre. Alles leicht zu ertragen gewesen,
hätte nicht Trinkwasser gefehlt, dessen Stelle eine Kothbrühe
ersetzen sollte.
Ich trieb am Morgen früh (18. November,) zum
Aufbruche an, aber Nemr sagte, es hätten fich Maradif ge:
zeigt. So nennt man die Arabischen Räuber, deren je zwei
und zwei, mit dem Rücken gegen einander, auf Dromedaren
reiten. Sie werden sehr gefürchtet. Er setzte hinzu, daß
am Abende vielleicht feine Horde aufbrechen werde, mit wel;
cher ich dann am sichersten reifen könne. Ich mußte mich in
mein Schicksal finden, und machte zum Zeitvertreibe einen
Spaziergang durch das Lager. An beiden Seiten eines
fchmalen und langen Thales waren die Zelte in einer Reihe
ausgespannt, die offene Seite gegen Morgen gewandt. Sie
bestehen aus einem fehr dicken, schwarzen oder braunen
Haar Zeuge, sparsam weiß gestreift, welches bei einigen dop
pelt gelegt wird, und ruhen mit der Breite auf zwei oder
drei Stangen, die durch eine Binde von demselben Zeuge
verbunden sind. Sie werden an drei Stellen gestützt, und
die Enden des Zeuges mit langen Stricken, woran Pflöcke,
ausgespannt und auf dem Boden befestigt. Die Decke ist ein
einziges Stück; an dieselbe wird von drei Seiten ein ande:
2 I
res gefügt, welches bis zur Erde herabhängt, und sich nach
Belieben wegnehmen läßt. Die Scheidewand, wodurch die
Weiberwohnung von dem übrigen Theile des Zeltes getrennt
ist, besteht aus einem gleichen Vorhange, und aus Säcken
von demselben Zeuge, welche die Kleider und Vorräthe der
Familie enthalten, und hier eben so paarweise aufeinander
gethürmt werden, wie man sie auf die Kameele zu packen
pflegt. Das gewöhnliche Küchen- und Kaffee, Geräth, als
große und kleine hölzerne Schüffeln, kupferne Keffel, ein
hölzerner Kaffee: Mörfer, eine kleine eiserne Pfanne, mehr
rere Kannen, nebst Teppichen, Kiffen und Matrazen, auch
wohl ein von Rohr geflochtener Schirm, machen die sämmt,
lichen Habseligkeiten aus. Wiewohl die Weiber getrennt
leben, so sieht man doch ihr ganzes Wesen, da die Zelte
vorn offen sind. Schönheiten nahm ich unter ihnen nicht
wahr, und die Männer hatten bei weitem nicht die günstige
Gesichtsbildung, wodurch sich mir ihre Landsleute in Das
mashk und Hauran empfahlen. Ich fah viele schwarzbraune
Neger-Profile, mit kurzen, krummen, doch platten Nafen
und weit vorspringenden Kiefern; auch die Habichtsnafen
waren gar häßlich, und das lange, wild um den Kopf flatt
ternde Haar und der unglaubliche Schmutz vollendeten die
Gräuelgestalt. Es mag diese Mischung der vielen schwarz-
braunen Gesichter aus Jemen stammen. Die Weiber gehen
unverschleiert, und tragen über einem langen blauen Rocke
ein Dfhübbeh, gewöhnlich von chocoladebraunem Zeuge
(welche Farbe auch bei den Männern sehr beliebt ist) das
2 I 2
lange Haar gescheitelt, und gleich den Männern mit Kopf
tüchern und Binden umwunden, jedoch von schwarzer, blauer
oder brauner Farbe, wogegen die der Männer gelb, grün
oder roth zu seyn pflegen. Auch die Abas beider Geschlechter
find gleich.
Ich mußte meinen Spaziergang abbrechen, weil mehr
rere Knaben mich zum Ziele ihrer Geschicklichkeit im Stein,
schleudern erkoren hatten, die freilich nicht groß war, da fie
immer fehlten. Gefährlicher schien mir der Anfall einer
Herde Hunde, die aber, so furchtsam als ihre Herrn, vor
meinem Stocke liefen. Allein von diesem fiel es keinem ein,
mich vor feinem Hunde wenigstens zu schützen.
Indeffen entwickelte sich eine ernstliche Verlegenheit.
Die Scheichs des nahen Dorfes ließen mir (ich glaube, auf
Nemr’s Anstiften) sagen, sie wären berechtigt, von Fränki,
schen Reisenden einige hundert Piaster als Wegegeld zu for
dern, und Nemr selbst meinte, daß ich ihnen ein solches Gen
schenk machen müßte, wogegen ihm vorgestellt wurde, daß
ich eben deswegen sein Geleit für hohes Geld bedungen, da
mit er mich vor den Gewaltthätigkeiten der Araber schütze;
daß ich auch keinen Para bei mir hätte, wollten die Scheichs
mich, wie sie droheten, nicht durchlaffen, so würde ich ohne
Weiteres umkehren. Das fürchtete Nemr, voraussehend,
er werde in solchem Falle die bedungene Summe nicht erhalt
ten. Nun half er Kaddur, mit Hindeutung auf meinen
zerriffenen Anzug, die Leute glauben zu machen, ich fey ein
Pilger, der ohne Geld, auf Geheiß der Pforte von einem
21
Befehlshaber zum andern gefandt würde. Jeder von die
fen sey für meine Sicherheit verantwortlich, weshalb er,
Nemr selbst, der größten Gefahr unterliege, wenn mir hier
etwas Schlimmes widerführe. Kaddur ging nun so weit,
zu meiner großen Ergötzung fehr beredt zu erzählen, wer
mir den Schal war und den untern Kombas, die nicht so zer:
riffen waren, geschenkt habe. Er erreichte endlich feinen
Zweck, aber er mußte sich doch jetzt so wohl, als bald dar:
auf in Tadmor, überaus abquälen, mit freundlichen und ge:
schickten Reden die unverschämtheit der Araber zu entwafft
nen; denn frechere Räuber, als diese find, gibt es auf der
Welt nicht. Von ihrem gerühmten Worthalten machte weit
nigstens mein Führer auch eine Ausnahme, der, ganz unserer
Uebereinkunft zuwider, mich jetzt zwang, eine Escorte zu bei,
zahlen, die eigentlich selber noch einer Escorte bedurft hät
te, indem sie eben so feige fähien, als Nemr. Im Falle
der Noth hätten mir Alle nichts genutzt. Aber bei den Ara
bern, die nie angreifen, als wenn sie in Ueberzahl auf ihre
Beute fallen können, gilt die Menge: daher eine unbe:
waffnete Karawane ganz ficher geht, wo der einzelne Rei;
fende der Gewaltthat ausgesetzt ist. Mit wenigem Euro,
päischen Militär, als Jägern und Artillerie zu Pferde,
ließe sich die ganze Wüste im Zaume halten,
Nemr hatte sich mit dem Führer einer Karawane von
fechzehn Eseln verabredet, daß wir uns zusammen bei
Nacht und Nebel durchschleichen wollten. Mit Sonnen
untergang also brachen wir auf. In diesem Augenblicke
214
versuchte Nemr noch ein Mahl fein Ränkespiel, vorge
bend, die Scheichs weigerten, mich ziehen zu laffen; er
wolle ihnen deswegen, da ich kein Geld hätte, sein Ka
meel schenken, versteht sich, in der Voraussetzung, daß ich
ihm dessen Werth in Homs ersetzen würde. Ich merkte
den Betrug. Er hätte das Kameel nicht verschenkt, aber
fich von mir bezahlen laffen. Seinen Plan vereitelte meine
Erklärung, alsbald nach Homs zurück kehren zu wollen.
Nun war von dem Geschenke nicht mehr die Rede. Schweiz
gend traten wir unsern Weg an, der allmählich von dem
guten Boden, in eine dürre Sandwüste führte, die sich bis
Tadmor erstreckt. Ein schneidend kalter Wind kam uns ent,
gegen. Ueberhaupt glaube ich bemerkt zu haben, daß mit
dem Aufgange des Mondes so wohl, als der Sonne, stets
die größte Kälte eintrat.
Plötzlich stürzte Kaddur wie todt vom Pferde herab,
und blieb liegen. Es hatte ihn eine heftige Ohnmacht er
griffen. Lange versuchte man umsonst, ihn auf die Beine
zu bringen. Sein Schwindel hielt an, bis er sich mehrere
Mahle erbrochen. Ich mußte den Unfall seinem beständigen
Rauchen des Nargil beimeffen, zu welchem er an dem letz;
ten Tage nur schlechtes Waffer gehabt hatte. Mein Schreck
war groß, denn eine schwere Krankheit dieses zuverlässigen
Hortes hätte mich in ungeheuere Bedrängniß versetzt. Aber
er ritt mit uns, wenn gleich unter Aechtzen, die ganze Nacht
hindurch,
Am Morgen (19. November,) fand ich mich auf ei;
215
ner weiten, wüsten Ebene, zwischen zwei Reihen kahler,
zerriffener, niedriger Berge im Norden und Süden. Sie
verengen allmählich das Thal, und wo sie zusammen stoßen,
und dann fich wieder entfernen, am Anfange einer großen
Ebene, die sich N. O. nach dem Frat (Euphrat) erstreckt,
liegt Tadmor.
d, h . . d) d) dddddddd
216
25.
Tadmor (Palmyra).
Noch im Dunkeln war ich an den Ruinen eines Ge;
bäudes vorüber gekommen, welches man mir Chan Libn
nannte, und dann hatte man mir im Gebirge einen Ort ge:
zeigt, der nach dem gefeiertsten romantischen Helden, Antar,
benannt war, weil er dort ein Mahl fein Roß angebun
den haben soll. Ich konnte mich nicht darum kümmern.
Eine gute Stunde von Tadmor entspringt der Quell
Abulfauaris, dessen Waffer eine schlechte, jetzt zerstörte Waf
ferleitung nach der Stadt führt. Nach geringer Entfer
nung tritt man in ein Paar schmale, parallele Schluchten,
von ifolirten Bergen getrennt und umgeben, die mit den bei
kannten Palmyrenischen Grabthürmen an den Seiten, wie
auf dem Gipfel bedeckt sind. Es find ihrer noch eine an
fehnliche Menge, mehr oder weniger gut erhalten. Am
Ende des fchmalen Thales entwickeln sich dann die herrli:
chen Colonnaden glänzend weiß auf dem dunkeln Grunde
der weiten Ebene,
Wir tränkten unsere Thiere am Ufer des Mineral
Quells, dessen starker Geruch von faulen Eiern uns entge
gen kam. Aber diesen verliert das geschöpfte Waffer schnell,
und ist dann eben so angenehm, als gesund zu trinken.
Darauf begaben wir uns in das Schloß zur Wohnung des
Scheichs, welche in demselben ein Viereck bildet, Man
217
brachte mich in ein großes Audienz Zimmer, wo eine Menge
Araber, und unter ihnen einige bekannte Räuber, waren.
Scheich Derwish (so hieß er) nahm mich sehr gut auf, for
derte zwar ein Geschenk von etlichen hundert Piaftern, ließ
fich aber, da dieses nicht zu haben war, mit einem Bach:
schisch von etlichen Thalern zufrieden stellen, und logierte mich
in feinem Harem. Hier plagte mich anfänglich der Rauch
gar sehr, denn man machte das Feuer mitten im Zim
N2U (IN,
Nach erquickendem Schlafe nahm ich einen Araber,
Haffan Saleh, der sich für den Cicerone sämmtlicher Reiz
fenden ausgab, um mich unter den Alterthümern herum
führen zu lassen. Ich beschränkte mich den Abend auf das
Schloß, welches sonst ein Tempel war, den man durch ei:
nen Graben, in welchem von Quadern und Säulen Trüm:
mern ein abhängiger Wall angelegt ist, und durch Thürme an
und auf der Mauer gebaut, in ein Castell verwandelt hat.
Den Tempel umgibt nur eine viereckige Mauer mit Pfeilern
von innen und außen, zwischen welchen viereckige Fenster
angebracht sind. An der Westseite, auf einem erhöheten Wege
von Quadern und Säulen Trümmern, gelangt man zum
Haupt-Eingange. Im Pflaster dieses Weges erkannte ich
mehrere steinerne, wohl verzierte Thürflügel, die nach Art
der steinernen Thüren in Hauran gemacht waren. Das alte
Hauptthor des Tempels wird jetzt von einem neuen Thurme
masquirt, in dessen Mitte es sich befindet, springt aber
schnell in die Augen, und ist von großen und sehr schönen
218
Verhältniffen, und seine reichen Blumen Verzierungen hat
ben sich wohl erhalten. Ueber dem jetzigen Thore ist eine
Palmyrenische Inschrift eingemauert, die vermuthlich zu der
nen gehört, an welchen die Englischen und Französischen
Schriftforscher ihrer Erklärungs-Kunst geübt haben. Gleich
dahinter zeigt sich ein zweites, eben so verziertes, aber viel
niedrigeres Thor, durch welches man in den Hof des Tem
pels tritt, dessen altes Pflaster aus gewaltigen Steinplatten
noch dauert, und dicht mit Bauer Häusern bedeckt ist, die
diesen Hof anfüllen, und jetzt die Stadt Tadmor bilden.
An der Westseite, wo der Haupt-Eingang war, stand
eine einfache Säulenreihe; an den drei andern Seiten läuft
eine doppelte im Innern des Hofes umher. Die erste, ein
fache ist, wie die zu ihr gehörige Mauer, höher, als die an
dere. Sie find von Römischer Ordnung, und haben un:
gefähr auf einem Drittheile der Höhe einen Ansatz, manches
Mahl an beiden Seiten, worauf entweder Leuchter oder Va:
fen, Bilder, oder sonstige Votiva gestanden haben mögen.
Sie find aus sehr großen Maffen, und vortrefflich auf ein
andergefügt. Das gilt von allen Säulen in Tadmor, die
ich nicht gezählt habe, die sich aber wohl über zweihundert
belaufen mögen. Von dieser Halle allein stehen noch mehr
als sechzig, meist gut erhalten. An den Ecken stoßen zwei
zusammen, und werden durch einen reich verzierten Eckpfeil
ler verbunden.
In der Mitte des Hofes befand sich der eigentliche
Tempel, wie man glaubt, dem Dienste der Sonne geweiht:
219
ein längliches Viereck, mit eannelirten Säulen umgeben,
von welchen noch etwa zwanzig stehen, doch ohne Capitale,
die ihnen vermuthlich geraubt sind, weil sie aus Metallge
arbeitet waren. Der Haupt , Eingang entspricht dem des
Hofes, und ist an einer der langen Seiten des Gebäudes.
Beide sind mit vier Fenstern geziert, die Giebelseite hinge:
gen mit zwei halb erhabenen, runden und cannelirten Pfeil
lern Jonischer Ordnung. Vor dem Eingange, zwischen den
Säulen steht ein überaus prachtvolles, mit Reben und man
nichfaltigem anderen Laubwerk reich verziertes, fehr hohes
Thor. Die Thür selbst ist nicht weniger reich. Stücke des
herab gestürzten Gebälkes beurkunden in gleichem Maße
eine meisterhafte technische Ausführung, als geschmackvolle
Anordnung, wie z. B. eine Büste mit einer Tiare unter Re
ben, ein Adler von Blumen umgeben. Ein Stück, das
über der Tempelthür gewesen zu feyn fcheint, enthielt einen
großen ausgebreiteten Flügel, ob von einem Adler, oder von
der bekannten Flügelkugel, ließ sich nicht bestimmen, darun
ter einen Stern und eine geflügelte Gestalt. Das Innere des
Tempels dient jetzt zur Moschee, deren Dach auf schlechten Bö,
gen ruht. Der Mihrab (Hochaltar) ist eine dreifache, reich ver:
zierte Nische, welche die südliche Breite des Tempels einnimmt.
Gegenüber, an der nördlichen ist eine schöne Thür, die zu ei:
ner doppelten Treppe und durch selbige auf das Dach des
Tempels führte, und zur Galerie, welche auf dem Gebälke
der Säulen ruhte. Dieses nördliche Viertheil des Tempels
ist durch die Mauer der Moschee von dem Uebrigen getrennt;
22O
man kriecht durch ein Bauerhaus, das an den Tempel lehnt,
und durch ein enges Mauerloch hinein.
Die Maffen sind ungeheuer. Ich habe Stücke von
herabgefallenem Gebälke der Halle über zwölf Fuß langge
funden, und die Pfosten der ungeheueren Thore bestehen
fast aus einem Stücke.
Am folgenden Morgen früh verließ ich in Kaddur's
und des Cicerone Gesellschaft das Schloß, um die übrigen
Ruinen zu betrachten, Trotz des schneidend kalten Windes,
der bis Mittag wehete.
Vom Schloß Thore wendet man sich rechts, schräge
nordwärts, und findet zuerst eine zerstörte Moschee, in der
ren Mauern verschiedene Fragmente von Bildhauer Arbeit
eingefügt sind, unter andern ein kleines Basrelief, ganz
die bekannte Statüe darstellend, die man sonst Kleopatra,
jetzt Ariadne zu nennen pflegt. Ihr Gesicht ist nur ver:
stümmelt.
In derselben Richtung fortgehend, den weniger er
haltenen Resten verschiedener Gebäude vorüber, gelangt
man zu zwei viereckigen Pfeilern und einem fünffachen
Thore, wovon drei zur großen Halle führen, die von Osten
nach Westen durch die ganze Stadt, bis an den Fuß der Ge;
birge, reicht, die beiden anderen schräge angebaut sind, und
mit den beiden Pfeilern die Richtung der Straße nach dem
jetzigen Schkoß: Thore andeuten. Aus dieser ungeheueren
Halle führen nun einzelne und dreifache Bogen, und große
Thore zu andern Hallen, Straßen und Pracht Gebäuden,
22
die in der Stadt zerstreut lagen. Von den Wohnhäusern find
gar wenige Spuren sichtbar. Doch läßt sich noch die Richt
tung mehrerer Straßen verfolgen, wie auch die der Stadt
Mauern, welche in spitzem Winkel auf dem Gipfel eines
Berges zusammen treffen. -
Zuerst stößt man auf ein großes Thor, das aus vier
Granitsäulen, jede aus einem Stücke, bestand, welches
rechts zu einer viereckigen isolierten Säulenhalle führte.
Links schließen sich große Bogen an mehreren Säulen
Reihen, die in einen rechten Winkel von der großen Halle
nach der südlichen Stadt Mauer zulaufen. Dann folgen
zwei geräumige Höfe, und auf der andern Seite eine ähnliche
Halle. Der großen Halle parallel hatte das Gebäude eine
Façade von cannelirten Säulen. Der erste Hoffcheint vorn
offen gewesen zu seyn, und führt durch drei große Thore in
ein kleineres Gemach, dessen Wände zum Theil eingestürzt
find, doch so, daß die Steine neben einander platt auf der
Erde liegen, wie sie zuvor an einander gefügt waren. Es
scheint die Folge eines Erdbebens gewesen zu feyn. Rechts
führen aus diesem Hofe drei Thore und acht Thüren in einen
zweiten Hofe, der ganz mit Mauern umgeben, mehrere
Thore und einen inwendig umherlaufenden Säulengang hatte.
Etwas weiter findet man an zwei Säulen in der großen
Halle eine Griechische und Palmyrenische Inschrift zum An
denken einiger um die Stadt wohl verdienten Bürger, dann
ein vierfaches, auf großen Quader: Fundamenten ruhendes
Thor, wobei die Reste zweier Granit-Säulen.
222
Rechts von denselben, in einiger Entfernung, erscheint
ein wohl erhaltener, kleiner viereckiger Tempel, viersäulig,
mit Griechischen Inschriften auf den Ansätzen der Säulen,
deren eine das Lob Hadrian's verkündet, der bekanntlich
Palmyra viel Gunst erwies. Unweit davon ein Gebäude,
das aus zwei Vierecken bestand, die durch sechs Säulen mit
einander verbunden waren.
Eine Querstraße durchschneidet die Halle im rechten
Winkel, und führt auf jeder Seite der Stadt zu einer isoliert
ten viereckigen Halle von sechzehn Säulen. Im Stadtraume
rechts findet man ferner zwei andere Säulenvierecke und eine
runde Halle.
Nach einem Thore in der großen Halle erhebt sich
rechts ein unförmlicher Haufen sehr reicher Architektur: Fragt
mente, dann ein sechssäuliger Tempel, an die Stadtmauer
gelehnt. An diesen grenzt ein Gebäude, das vorn eine
Halle hatte und eine Reihe Pfeiler, woran in Relief eine
weibliche Figur auf einer Kugel stehend. Unter den Trüm,
mern ein rundes Medaillon aus einer Decke, gleichfalls in
Relief, Amphitrite auf einem Triton reitend, von Waffer,
Muscheln c. umgeben, darstellend.
Weiter rechts der Stadmauer folgend, fällt der Blick
auf ein Thor zwischen zwei viereckigen Thürmen; in den
Thürangeln des einen stehen noch die steinernen Thüren.
Hier sind mehrere Thore in der Mauer und vor demselben
Begräbniß Thürme. Ein kleines viereckiges Gebäude in ihr
-
223
rer Nähe, ohne Säulen, doch reich verziert, mag für einen
Tempel gelten.
Links führt eine Halle erst gerade, dann schräge zu ei:
nem Stadt/Thore. -
Rechts von der großen Halle erblickt man ein Thor
mit einer Reihe cannelirter Säulen. -
Vor dem Thore am Ende der großen Halle führt eine
dreifache Treppe zu einem Gebäude, das auf einem hoch
aufgemauerten Fundamente, und auf dem ersten Bergabfatze
ruht. Eine viersäulige Fassade zeigt auf ein dreifaches, meist
umgestürztes Thor, über welchem eine Lateinische Inschrift
zu Ehren Diocletian's, Constantinºs und Maximian's; es
führt zu einem Gebäude von mehrerern viereckigen Zimmern,
deren mittelstes im Hintergrunde rund war.
Eine Vergleichung der Ruinen in Baalbeck, Bosra
und Palmyra läßt den gemeinsamen Ursprung der herrlichen
Gebäude eben so wenig zweifelhaft, als den Zeitraum ihrer
Aufführung. Daß aber die Imperatoren hier, nicht in
Rom und Konstantinopel, nach dem größten Maßstabe baut
ten, beurkundet, wie richtig sie die Verschiedenheit der Kräfte,
welche Asien und Europa ihnen darbot, zu würdigen wußten.
Die Grab : Thürme außerhalb der Stadt, am Fuße
und an den Seiten der Berge, eine Eigenthümlichkeit Tad;
mor's, sind nicht alle von gleicher Höhe, obschon in gleicher
Form aufgeführt. Die höchsten haben fünf Stockwerke.
Ueber ihrem Eingange findet man Griechische und Palmyre
nische Inschriften. Der unter allen am besten erhaltene hat
224
im Erdgeschosse zwischen fünf cannelirten Pfeilern auf jeder
Seite vier schmale und tiefe Nischen, durch dünne Stein
platten von einander getrennt, deren jede drei bis vier Särz
ge, über einander gelegt, faffen konnte. Die Decke ist mit
weißen Reliefs auf himmelblauem Grunde, Adler, Büsten,
geflügelte Genien c. vorstellend, sehr geschmackvoll verziert.
Die weiße Tünche ist so gut erhalten, als wäre sie erst heute
vollendet. So fand ich es auch in den andern Gräbern.
Außer der Thür gibt noch ein Fenster hinlängliches Licht,
und ähnliche erleuchten die oberen Stockwerke. Einige Thür
me haben doppelte Eingänge; in andern führt eine zweite
Thürin eine tiefe Höhle, über deren Eingang man den Thurm
gebaut, und die aus rohen Felsen Pfeilern mit Grabnischen
besteht. Nach dem ersten Stocke nimmt der Thurm von
außen durch drei, vier Stufen an Breite ab, dann aber
steigt er, nur allmählich abnehmend, gerade in die Höhe.
In einer Ecke des ersten Stockes führt eine Thür zur Treppe
des zweiten, der völlig gleich dem ersten eingerichtet ist, aber
unvollendet scheint, was ich bei den meisten bemerkte. Wahr
fcheinlich vollendete man sie erst, wenn das Zimmer mit Lei:
chen gefüllt war, und die Familie des Erbauers mag nicht
fo lange im Besitze geblieben feyn. Rauten und Medaillons
an der Decke, die ausgemalt und in Relief gearbeitet wer
den sollten, sind in dem weißen Kalke nur durch vertiefte
Umriffe angedeutet; die drei höheren Stöcke noch einfacher
verziert. Sie haben nur ein kleines umlaufendes Gesimse,
mit netten Zahnschnitten, Hohlkehlen, Leisten c. Statt der
225
tiefen Nischen enthält eine Wand neben der Treppe ein klei
nes, viereckiges Zimmer mit einem Paar kleiner Fenster.
Am Nachmittage spazierte ich durch die Gärten, in
welchen vorzüglich Oliven, aber neben andern Fruchtbäu
men auch eine Menge Dattelpalmen gezogen werden, wenn
gleich nicht so viel, daß fie, wie einst, den Namen des Orts
(Palmenstadt) begründen können.
Ich besuchte auch den Mineralquell, der aus Kalk,
stein-Schichten hervor dringt, und ein Waffer durch einen
tiefen Graben einer Mühle zusendet, die davon getrieben
wird. Bald darauf zertheilt es sich in mehrere Bäche, die
den Geruch fauler Eier nicht mehr haben, und die Gärten
tränken. An seinen Ufern blühete die einzige Blume, die
ich in Tadmor sah, das auch sonst nicht ein Gräschen dem
spähenden Auge darbeut.
In der Nähe des Schloffes befahe ich noch eine ein
zeln stehende Säule, die durch eine Griechische und Palmy-
renische Inschrift das Andenken verdienter Bürger ehrt. Der
wiederkehrende Beweis einer solchen Sitte auf diesem Bo,
den mag billig befremden.
4 - 4 - - - - - - - - - - - -
15
26.
Ueber Hons, Restan (Arethufa), Hannah (Epi-
phania), Maarat an Noman (Arra), und Selmen
(Salamias oder Salaminias) nach Haleb.
Zur Rückkehr, am 20. November, hatte Nemr auf
meine Kosten drei Araber aus der Gegend von Bagdad ge:
dungen, die uns den mißlichsten Theil des Weges mit ei:
nem Pferde, Kameele und Esel begleiten sollten. Bei Son,
nen; Untergang brachen wir auf, und zogen in aller Stille
durch die dunkele Wüste. Mehrere Stunden waren wir ge:
ritten, als plötzlich Nemr vom Pferde sprang mit dem halb
lauten Zurufe: Kaddur el barady! (Kaddur, die Flinte !)
und in dem Augenblicke sah ich auch ein Dutzend Kameel,
Reiter auf uns zukommen. Kaddur drückte ab, aber das
Pulver brannte von der Pfanne. So gleich riefen jene ihr
ren Namen, woraus sich ergab, daß sie Nemr befreundet
waren. Nun kam man zusammen, wünschte sich Glück,
daß das Gewehr den Dienst versagte, und schied in lachender
Traulichkeit von einander, wiewohl uns Allen klar schien,
daß sie uns im Voraus kannten, und wegen unserer gerin,
gen Zahl gern angegriffen hätten. Aber eine einzige Flinte
war hinlänglich, sie alle in Furcht zu setzen, da fiel nur
Stöcke führten. Indessen fürchteten sich meine Gefährten
fo sehr vor einem ernstlichen Begegniffe folcher Art, daß sie
schon hin und wieder im Mondscheine feindselige Gestalten
227
wanken zu fehen glaubten, von der Straße abbogen, und
durch Thäler und Felsen, Wände schlichen, einen Späher vor
aus sendend. Es zeigten sich auch Spuren, daß Pferde und -
Kameele vor Kurzem unsern Weg betreten hatten, und man
fürchtete, einige von den Räubern, die nicht lange vor uns
aus Tadmor aufbrachen, möchten uns auflauern, oder gar
die gefürchteten Maradif erscheinen. Wie ihnen am sicher
ften zu entgehen fey, wurde stets flüsternd berathen, aber
nie gefunden. Darauf verirrten wir uns aber in den trocke
nen Regen, Schluchten und Felsen, Abhängen, und mußten
zu Fuße mühsam den Pferden voran klettern.
Zwar fanden wir am Tage den Weg wieder, ver;
ließen ihn jedoch von neuem, so wohl um einen Wafferplatz,
als Nemr's Horde zu suchen, deren Aufenthalt er zu wissen
behauptete. Er verirrte sich aber so, daß er uns während
des ganzen Tages über Berg und Thal in der Wüste umher
schleppte, ohne daß wir und unsere Thiere einen Augenblick
hätten ruhen können. Kaddur und ich wetteiferten in Vert
wünschungen eines so unwiffenden Führers. Seit vierund:
zwanzig Stunden ohne Unterlaß in Bewegung, vermoch
ten die Pferde kaum noch zu kriechen, als wir zum Glück
weidende Kameele, und mit Hülfe der Hirten ein Lager er
reichten, wenn gleich nicht Nemr's, wo man mir eine un:
geheuere hölzerne Schüffel mit trefflicher Grütze vorsetzte.
In den Thälern, die ich auf dieser Irrfahrt durch
strichen, sah ich viel Bäume, die auf Arabisch Bottom heiz
ßen, und Spuren ehemahliger Dörfer und Wohnungen, die
228
jetzt kaum über die Erde hervor ragten, und sich nur durch
die Ordnung der Steine andeuteten.
Die gedungenen Bagdadischen Araber trennten sich
von mir (am 22. November), nachdem sie ihren Esel an
Kaddur überlaffen, und meine Begleiter wünschten nur eine
kleine Tage: Reife zu machen, und aus Luft bei einer bei
kannten Horde, die vier bis fünf Stunden entfernt feyn
sollte, einzukehren. Nemr behauptete abermahls, den Weg
zu wissen, und lockte uns über Stock und Stein, unweg:
fame felsige Berge, stets felber voreilend, um zu fehen, ob
der Weg rein fey. Nach einem Herumirren von vielen
Stunden fanden wir uns zu unserm größten Verdruße in der
Gegend, wo wir auf der Hinreise Nemr's Lager fanden.
Der Faden der Geduld war mir längst geriffen, und so be;
fahl ich, ohne sich nach irgend einer Horde umzusehen, auf
der großen Karawanen Straße zu bleiben, weil ich lieber
im Freien übernachten, als mich länger in der Irre umher
schleppen laffen wollte. - -
Mit Sonnen Untergang erreichten wir Forklos. Wäh:
rend man die Pferde tränkte, mußte ich spähen, ob sich
nicht in der Ferne etwas Feindliches blicken ließe. Wir hielt
ten unweit Schekeif auf der Höhe, bis der Mond den Weg
erleuchtete, welchen wir die ganze Nacht hindurch fort
fetzten.
Gegen Sonnen-, Aufgang ruhten wir etwas, als uns
Nemr aufjagte, weil er Reiter sähe, und wirklich erschienen
in der Ferne auf einem Hügel, welche die Landleute zur
22g
Bande Aly Boffal's, eines berüchtigten Räubers, zählten.
Aber uns schützte die Nähe von Homs, wo ich krank und
gänzlich ermattet, mit geschwollenen Füßen ankam.
Ehe ich der Ruhe pflegte, brachte ich meine Geschäfte
in Ordnung. Dem redlichen Kaddur gab ich, außer eini;
gen hundert Piastern wohl verdienten Lohns, den Esel, wel,
chen er geritten, und ein schriftliches Zeugniß über feine
treuen Dienste. Auch Nemr bekam die bedungenen 250
Piafter; aber obgleich er mir sonst schon unbefugt einige
Ausgaben verursacht, Kaddur Reis c. für ihn eingekauft,
und er obendrein meine Schuhe behalten hatte, war der Uni
verschämte doch nicht zufrieden, und forderte noch eine Aba
zum Geschenke. Natürlich wurde ihm nichts gereicht, und
als er mich unaufhörlich mit neuen Zumuthungen quälte, bei
fahl ich, ihn aus der Thür zu werfen.
Der Maulesel-Treiber, den ich für die Reise nach Ha
mah angenommen, sollte im Mondschein kommen, erschien
aber erst mit der Sonne, weil Aly Boffal die Nacht vor
der Stadt zugebracht hatte, weshalb sich niemand früher vor
das Thor wagte. So vertragen sich Türken und Araber
recht gut mit einander; denn die Araber handthieren nur
während der Nacht, oder sie müßten in Ueberzahl seyn; die
Türken dagegen rühren sich nach Sonnen: Untergang nicht
mehr, und find wohl zufrieden, wenn jene sich unterdessen
ruhig verhalten, da jeder weiß, daß er sich des Nachts zu
hüthen habe.
Rechts vom Wege blickt von einem vereinzelten Hügel -
23O
das große Dorf Tellbiffy mit vielen zuckerhuthförmigen Dä
chern, und etwa in der Mitte zwischen Homs und Hamah
liegt Restan, wo der untere Stock der Häuser aus schwarz
zen Steinen besteht, der obere aber weiß getüncht ist. Von
dem alten Arethufa ist nichts mehr fichtbar, als einige Fun-
damente und Schutthaufen. Mehrere Quellen bilden hier ein
Becken, und rinnen durch eine Schlucht zum Affi (Orontes),
der in einem Thale zwischen Wiesen, Gärten und steilen
Kalk Abhängen hinfließt. Ueber denselben führt eine solide
Brücke von zehn Bogen, in deren Nähe der enge gedämmte
Strom eine ansehnliche Mühle treibt. Ein großer Chan da
neben lud uns ein, auf der grünen Wiese an seinen Ufern
auszuruhen.
Als wir aufbrachen, begegnete uns das wandernde La
ger einer Arabischen Horde, die man, ich weiß nicht warum,
die Türkische nennt. Sie weidet zwischen Hamah und Homs,
und soll des Nachts viel Unheil stiften. Jetzt zog sie ruhig
umher, auf dieselbe Art, wie in der Wüste: Reiter mit Lan;
zen voraus, dann Kameele mit den Zelten, Efel mit ande
rem Gepäcke und Weibern, große Schafherden neben her. -
Auch begegnete uns eine zahlreiche Karawane aus Haleb mit
Pistazien beladen.
Unweit Restan bezeichnet eine Kuppel das Grab Abbuz
fabey's, als des Stifters der nahen Cisterne. In geringer
Entfernung von ihr, feitwärts, liegen mehrere Dörfer, Biß:
rin, Ayo u. a. Hohe Hügel bezeichnen zur Rechten den
krummen Lauf des Orontes. Ob sein jetziger Name, Affi, „der
231
Widerspenstige“ bedeute, oder aus Arios entstanden sey,
oder vielmehr dieser aus jenem, mag, als ganz gleichgültig,
unentschieden bleiben. -
Mit Sonnen Untergange (24. November,) erreichte
ich Hamah (Epiphania). Die Stadt ist groß, und nimmt
fich gut aus, in einem Thale, auf beiden Ufern des Affi, an
die steilen Felsenwände sich lehnend, und in der Tiefe mit
dichten grünen Gärten umkränzt. Ich kam zuerst über einen,
mit mehreren Kuppeln gezierten Begräbniß / Platz, dann
durch vecht breite und bequeme Gaffen, die jedoch ungepfla:
fert und kothig sind. Im Winter sollen sie zuweilen ungang
bar werden. Die Bauart der Häuser gleicht der von Da
mashk. Das entlegene Christen Ouartier ist eng und schmut
zig. Ich begab mich dort in das Haus des Christlichen
Schreibers Mallum Selim, an den Lady Stanhope mir ein
Empfehlungs-Schreiben gegeben. Er war unpaß und schlief,
daher für diesen Abend unsichtbar. Man räumte mir ein
gutes Zimmer ein, das nur für die Jahreszeit zu viele Fen
fer hatte.
Am Morgen kam Mallum Selim, ein kurzer lebens,
lustiger Mann, der mit dem sichtlichen Bestreben, für auf
geklärt zu gelten, sich mir als ein großer Verehrer Napo
leon's, der Lady und des weiblichen Geschlechtes überhaupt
zu erkennen gab. Er lud mich ein, ihm in das Bad zu fol:
gen, wozu ich geneigt war. Aber die vielen Griechen, die
ich dort antraf, machten einen solchen Lärm, nach gewohnt
ter Weise, daß mir die Lust verging. Ueberdieß schien mir
232
Hals Wetter zu kühl. Also zog ich vor, mich in der Stadt
umzusehen, die 100.000 Einwohner zählen soll.
unter ihren Merkwürdigkeiten verdienen die Waffer:
werke, welche Abulfeda schon rühmt, auch jetzt den ersten
Platz. Hamah liegt nämlich zum Theil höher, als das
Bett des Orontes, der daher, um alles zu erquicken, durch
enge Eindämmung gezwungen wird, ungeheuer hohe Waf,
ferräder zu treiben. Dieß geschieht mittelst hölzerner Schauf
feln, die rund umher angebracht sind. Das Rad selbst ist
hohl, schöpft durch viereckige Oeffnungen das Waffer, und
gießt es in den Mund einer auf hohen Pfeilern mit spitzen
schlanken Bogen ruhenden Wafferleitung, die es den höher
liegenden Stadttheilen zuführt. Der Mittelpunkt des Rat
des stützt sich auf sehr starke Mauern. Das üppige Grün
der Schling, Pflanzen, die, von der steten Feuchtigkeit ge:
nährt, alle Bögen und Pfeiler umwuchern, die nahe liegen
den Gärten mit den stets rauschenden Waffern, das bergige
Thal; Ufer voller Häuser und Moscheen, die daran hinauf
steigen, und durch die hohen Bogen schimmern, alles dieses
zusammen gewährt einen sehr malerischen Anblick.
Aber je entzückender ich diesen gefunden hatte, desto
mehr mißfielen mir die Kaufhöfe. Sie sind schmutzig und
finster, und dergestalt an den Berg gebaut, daß Straßen
auf ihr Dach führen, durch defen Fenster man Handel und
Wandel unter den Füßen erblickt, als ob man zu den Werk
stätten unterirdischer Gnomen hinabschaute.
Von Denkmälern der Vorzeit entdeckte ich nichts mehr,
233
als unweit des Flusses ein antikes, sehr einfaches Thor,
mit einem Paar Hohlkehlen und Leisten geziert, aber aus
sehr großen Maffen bestehend.
Am Abende ließ mich Mallum Selim einladen. Sein
Hof ist nett, mit Grün bepflanzt, und seine Fenster gewählt
ren die Aussicht über die Gärten und einen Theil der Stadt.
Wir tranken Branntwein, aßen Pistazien dazu, dann kam
eine Türkin, die sich nach dem hohen Wohlseyn ihrer Freund
din, der Lady Stanhope, erkundigte, und mit uns speisete.
Das Abend-Effen war vorzüglich.
Aber die darauffolgende Nacht hindurch fangen und
trommelten die Griechen des Quatiers; denn jetzt halten
diese eine Art Carneval, ehe die Advents - Fasten eintreten,
die bis Weihnachten dauern. Ihnen wäre in meiner Ge;
sellschaft eine alte Französin gern entgangen, deren Gemahl
fie hier sitzen laffen; aber ich fürchtete, daß sie mir auf dem
Wege bis Haleb mehr Unbehagen schaffen, als ich ihr nützen
möchte. Daher kürzte ich meinen Besuch ab, welchen fie
gewünscht, und unterhielt mich lieber mit Selim's altem
Vater, Musa, der von Armenien, Georgien und Persien
aus eigener Ansicht Vieles zu erzählen wußte. Der Dienst
bei einem Pascha, dessen Vermögen von der Pforte einge:
zogen ward, hatte für ihn ein fiebenmonatliches Gefängniß
in Konstantinopel zur Folge. Er sprach gut Türkisch.
Meiner wankenden Gesundheit zu pflegen, verweilte
ich noch einen Tag. Kaum erfuhr ich aber die Ankunft
Scheich Ibrahims, eines großen Mukiry, (Inhabers von
234
Lastthieren) der beständig die Karawanen zwischen Haleb
und Damashk führt, so ließ ich gleich zwei Maulthiere mie
then, um mich am nächsten Morgen der großen Karawane
anzuschließen. Selim tauschte mit mir ein kleines Geschenk
zum gegenseitigen Andenken, und bat dann, meinen Na
men auf eins der weißen Blätter hinter seinem Arabi,
fchem Gebetbuche zu schreiben. Hier fügte ich ihn den Na
men der Lady Stanhope und mehrerer angesehener Briten
hinzu, die seit Jahren alle bei dem gastfreien Selim einzu,
kehren pflegten. Er schrieb mir noch ein Paar Empfehlungs-
Briefe, und wir schieden.
Noch im Dunkel (28. November,) kam der Mukiry.
Es ward möglichst rasch aufgepackt, und wir stolperten bei
dem blaffen Scheine des letzten Mond / Viertels dem Chan
zu, wo jedoch die Karawane sich noch nicht rührte. Ver:
drüßlich begab ich mich voraus, nach einem andern Chan,
nahe dem Thore der Vorstadt, am nördlichen Ufer des Aff.
Hier fand ich ein sehr willkommenes warmes Zimmer im Kaf
feehause. Ich frühstückte hier von schlafenden Reisenden
umgeben, bis mit der Morgenröthe die Karawane vorüber
ziehend alle in Getümmel versetzte, und aufbrechen hieß.
Sie zählte über ein Dutzend, mit Obst aus Damaschk
beladene Kameele, viele Pferde, Esel und Maulthiere, auf
welchen Reisende beiderlei Geschlechts, nebst ihrem Ge;
päcke sich befanden. Doch gingen viele von den Männern
zu Fuß nebenher, der Jagd obliegend, wozu die schneidende
Kälte einlud.
235
Die Gegend bleibt immer dieselbe. Der Boden roth
und fruchtbar, aber größten Theils wüst, nur in den Um-
gebungen der Dörfer etwas bebaut. Diese haben meist zu:
ckerhuthförmige Dächer, und eine Menge Oeffnungen von
Cisternen an der Straße, die des Nachts gefährlich find,
weil man leicht hinein stürzen kann.
Links vom Wege ab liegen Bahrigeh und Taffyeh am
Affi, mit eben solchen Wafferwerken, wie die zu Hamah,
und rechts am Fuße eines hohen Berges Tamhany, ferner
Taylieh mit einer großen Moschee außer dem Dorfe. Unt
verkennbar entfernen sich die kleineren Wohnsitze der Men;
fchen immer mehr und mehr von den Heerstraßen, wegen
der Mißhandlungen, welchen ihre Bewohner hier ausgesetzt
find; auf Fundamente zerstörter Dörfer stößt der Reisende
oft genug.
Den Sonntag vorher hatten Araber Herden geraubt,
welche der Muteffelim von Hamah noch fruchtlos von Reiz
tern verfolgen ließ, weshalb jetzt Sicherheit herrschte. Bei
guter Zeit erreichten wir Scheichun, und nahmen in einem
großen Chane Platz, der aus geräumigen, schmutzigen und
finstern Gewölben besteht. Ich wählte einen kleinen Stall,
den ich auskehren ließ, zu meinem Nachtlager, und hatte
also wenigstens ein warmes. Der große doppelte, gemauerte
Teich vor dem Chan war trocken, und nur schlechtes Waffer
käuflich zu haben. Um so mehr freute ich mich eines mitget
brachten Schlauchs aus dem Orontes. -
Statt der Ruhe entwickelte sich in der Karawane jetzt
236
eine große Lebhaftigkeit. Die Stimmen der Verkäufer lie
ßen sich hören, die männiglich einluden, verschiedenartige
Dinge, größten Theils altes Zeug, durch Meistgebot zu
erstehen. So ist es immer; eine gelagerte Karawane wird
alsbald ein Markt. Die unferige war zahlreich; sie füllte
beide große Höfe, und der Lärm dauerte durch die ganze
Nacht. Daß diese Menschen in der Regel so wenig nächtlicher
Ruhe pflegen, ist aus den kurzen Tagereisen, welche die
Karawanen machen, und aus der Gemächlichkeit ihres Zu
ges wohl erklärlich.
Mit der Morgenröthe, bei unangenehmer Kälte, bra:
chen wir auf. Die Gebirge, deren steile, zerriffene Wand
wir bis jetzt zur Linken gehabt, verlieren sich allmählich
in der Ferne hinter den Hügeln, zwischen welchen Maar
rat an Noman (Arra) liegt, wo wir noch vor Mittag an
langten, ohne unter Weges mehr gesehen zu haben, als
die Ruine eines gründlich zerstörten Chans. Selim hatte
mir einen Brief an den Serraf des hiesigen Muteffelim
mitgegeben, Namens Mallum Hannah, genannt Aba Abda
(verkürzt für Alba Abdallah). Der freundliche Greis nahm
mich gut auf. Maarrat gehört jetzt zu Damashk, und ist
offenbar im Verfall. Mehrere gute Gebäude, unter wel
chen ein sehr hohes Minareh, vorzüglich die Kaufhöfe,
viereckige Plätze mit tüchtigen Gewölben umgeben, zeugen
vom alten Flor, so wie in den Umgebungen Spuren ge:
nug verrathen, daß die Stadt sich sonst weiter erstreckte.
Die neuen Gebäude unterscheidet man leicht an der schlecht
257
ten Bauart von rohem Steine. Das Beste, was der Ort
jetzt darbietet, ist gutes Quellwaffer.
Zu meinem nicht geringen Leidwesen erfuhr ich den
Tod des Französischen Reisenden Bautin, der von hier
aus mehrere Ausflüge in die Nachbarschaft gemacht hatte,
aber stets allein, in Gesellschaft eines Europäischen Be-
dienten und verkleidet, ohne gehörige Kenntniß der Lan;
dessprache. Es scheint, als habe er dem Laufe des Oron,
tes folgen wollen. Aber zwischen den, Kalat el Baja ger,
nannten Ruinen und Schogr an der Straße von Latakieh,
eine Stelle, wo schon viele ermordet worden, ist er vor
etwa zwei Monaten mit seinem Begleiter spurlos ver:
fchwunden.
Es fiel mir auf's Herz, daß auch ich den Plan ge:
hegt hatte, den Orontes zu bereisen. Aber ich wäre da
bei meinem Grundsatze treu geblieben, Alles zu meiden,
was mich den Gewalthabern verdächtigen könnte, vielmehr
keinen Schritt ohne ihre Genehmigung zu thun. Deshalb
glaubte ich das lockende Anerbieten des Begleiters von
Seetzen, in Damashk, mich verkleidet, und ohne Vorwis
fen des Pascha zu den Ruinen Gerafa's und Ammon's
jenseits des todten Meeres zu bringen, ablehnen zu müf
fen, obgleich jenem berühmten Forscher das Wagstück voll
kommen gelungen war.
Am 30. November überraschte mich nahe am Wege
die Ruine einer zerstörten ansehnlichen Stadt, jetzt Kanz
tara genannt, obgleich keine Brücke in der Nähe zu sehen
238
war. Die alte Geographie kennt freilich in der Provinz
Seleucis einen Ort, dessen Name (Gephyra) dieselbe Ben
deutung hatte, und nicht weit davon ein Gindarus; aber
ich kann nicht entscheiden, welcher von beiden hier zu verz
muthen ist. Kantara gegenüber, zur Rechten des Weges,
liegen auch noch Ruinen.
Von Maarrat an wird das Land sehr bergig und
steinig, ohne jedoch des Anbaues ganz zu ermangeln. Wir
zogen an zwei Dörfern vorbei, Tabich und Cheiäl ge:
nannt, wovon ersteres sich durch ein sehr hohes Minareh
aus der Ferne fichtbar macht, und kamen zeitig nach Sel:
men (Salamias oder Salaminias), welches früher ein
bedeutender Ort gewesen zu seyn scheint. Ich befand mich
sehr übel, und war froh, auf der Estrade eines Kaffee
Hauses, einen ruhigen Winkel zu finden. Aber am Abende
versammelte sich eine plaudernde Menge zu meinen Füßen,
auf niedrigen Rohrschemeln hockend. Alle dampften ihr
Nargil, und tranken Kaffee mit dem Ausdrucke des größt
ten Wohlbehagens. -
Mir war es gang recht, daß die Karawane einige
Stunden vor Tage aufbrach, und also schon um Mittag
Chan Tuman erreichte, neben dem gleichnamigen Dorfe,
das sich an die nackten Kalkberge lehnt, über welche der
Weg nach Haleb führt. Außer dem Grabe eines Scheichs
und einem Paar Dörfern war bis hieher nichts zu sehen.
Am Ufer eines kleinen Baches ward etwas gefrühstückt,
und da bis Haleb volle Sicherheit herrscht, so mochten die
239
meisten Reisenden den langsamen Kameelschritt nicht ab:
warten, und eilten vielmehr um die Wette dem ersehnten
Ziele zu, welches der rasche Reiter innerhalb dreier Stun,
den erreichen kann. Am Wege liegen einige Mihrabs mit
Cisternen oder Kaffees, dann erblickt man zuerst das Schloß
von Haleb, etwas später die Stadt in der Tiefe, von
Gärten umgeben, die der vielarmige Koik wäffert.
d. d. dd tº do - - - - - -
240
27.
Haleb (Beröa).
Durch den Banquier Escalon in Konstantinopel war
ich an einen jungen Kaufmann, Namens Rostand, aus
Marseille, empfohlen, den ich gleich nach meiner Ankunft
zu Fuße aufsuchte, und die Mäuler mit Kirkor in das Zoll
haus schickte (1. December). An ihm und seinem Com:
pagnon, Michel, fand ich sehr feine, überaus gefällige Leute,
die, als sie meine Absicht erfuhren, den Winter hier zu ver:
weilen, mich aufrichtig einluden, als Gastfreund ein Zim
mer ihres geräumigen Hauses zu bewohnen. Sehr verbind:
lich erklärte der Russische Consul, Rafail Picciotto, so bald
er dieses hörte, wie Er solche Ehre in Anspruch nehmen müß
fe; ich zog aber den Ort vor, wo ich abgestiegen war, und
den ich höflicher Weise nicht verlaffen konnte. Auch hoffte
ich, in der Gesellschaft der beiden Junggesellen ein zwang
loseres Leben zu führen, als die Familien Verhältniffe des
Consuls gestatten mochten. Es kam nur Alles darauf an,
mich zu überzeugen, daß ich Herrn Rostand durch Annahme
feiner Einladung in keiner Hinsicht beschwerlich fiele. Ich
beschloß, dies möglichst zu erspähen, und bei einigem Grunde
zum Verdacht mir ein eigenes Winter, Quartier zu miethen.
Meine erste Sorge war ein Arzt. Aber damit sah es
schlimm aus. Der beste war ein ehemahliger Schiffs, Chi
rurgus, der sich mir indessen durch die ungewöhnliche Ei:
241
genschaft empfahl, keine oder doch sehr selten andere Mittel
verordnen zu wollen, als diätetische. Meinen Händen, die
von der Kälte blutrünstig waren, so wie meinen geschwolle,
nen Füßen schien am leichtesten zu helfen. Letztere wusch
ich mit Branntwein. Nach acht Tagen befand ich mich ziem
lich wohl.
Aber früher schon folgte ich der hiesigen Sitte, welche
von ankommenden Fremden erheischt, daß sie nicht nur dem
Conful ihrer Nation, sondern auch allen anderen Consulen
einen Besuch machen, dann deren Gegenbesuche annehmen,
so wie die Besuche sämmtlicher Fränkischen Kaufleute, wel,
che letzteren darauf erwiedert werden. Ist dies auch eine
langweilige Quälerei, so muß man sie doch wegen ihres edlen
Zweckes mit Dank erkennen, und der Gleichgültigkeit, wel,
che anderswo den Fremden ganz unbeachtet läßt, weit vor
ziehen. Ich begann meine Wanderung in Herrn Rostand's
Gesellschaft, und ging erst zum Ruffischen Consul, Herrn
Picciotto. Er ist ein Jude, aber mit seiner Familie von
dem Oesterreichischen Kaiser in den Ritterstand erhoben.
Sie verdient allerdings eine consularische genannt zu wer
den, da ihre Glieder außer dem Russischen, auch das Oester
reichische, Neapolitanische, Schwedische und Dänische Cons
sulat hiefelbst bekleiden. Ich fand alle, mit Ausnahme des
Dänischen Consuls, in orientalischem Costüm, welchem fie
jedoch, wo sie öffentlich erscheinen, einen dreieckigen Huth
beizugesellen pflegen, als Zeichen des Europäismus. In
diesem war der Dänische Consul allein so weit vorgeschritt
- 16
242
ten, daß er sich Fränkisch kleidete, welches ihm, wie man
mir nachher erzählte, theuer zu stehen kam. Denn da man hier
gewohnt und genöthigt ist, alle Europäische Kleidungsstücke
aus Marseille zu verschreiben, und er eine Dänische Confular
und Ritter Kleidung begehrt hatte, so waren ihm für 8000
Piaster abentheuerliche Theater Trachten zugeschickt. Andere
gefallen sich dagegen in ihren Uniformes de gout. Der bisher
rige Französische Conful, nun nach Bagdad bestimmt, Herr
Rouffeau, erschien bei mir in einem langen blauen Mantel,
mit herabhängendem, goldgesticktem Kragen, wie ihn bei uns
ein reicher Mann von Stande zu einer zierlichen Bedienten
Livree rechnet; und unter dem Fracke trug er einen Schal
als Gürtel. Er zog mich an durch feine Kenntniß des
Orients, wie durch allgemeine litterärische Bildung, die bei
wundernswürdig ist, wenn man erwägt, daß er Frankreich
kaum gesehen hat, und in Bagdad erzogen wurde. Seine
nahe Abreise mußte ich als einen wahren Verlust beklagen,
den mir der jetzige Französische Consul, Herr Guys, durch
alle ihm beiwohnende Gutmüthigkeit nicht zu ersetzen ver:
mochte. Der Englische, Herr Barker, hatte daheim ein
schlechtes Ansehen; aber als er sich bei mir einfand, trug er
schwarze Beinkleider, die auf den Nähten roth besetzt war
ren, und auf dem runden Huthe einen Sultan rother und
weißer Farbe. Er genießt allgemeine Achtung und Liebe,
gilt für sehr reich und für den größten Jäger hiesigen Lanz
des. Der Spanische Consul, Herr Darighello, hat das
bescheidene Aeußere eines Kleinhändlers, welcher die Muße
243
Stunden feines städtischen Gewerbes der Landwirthschaft
widmet.
Auf den Umgang dieser Herren blieb ich nun vorzugs,
weise während meines hiesigen Aufenthalts angewiesen, und
fie wetteiferten, mir denselben behaglich zu machen.
Herr Rostand lud mich in den ersten Tagen zu einem
Spazier, Ritte um die Stadt und Gärten, der sehr genuß
voll war, und öfter wiederhohlt ward. Er läßt sich starken
Schrittes in anderthalb Stunden (die Vorstädte mit einge,
fchloffen,) zurücklegen, wiewohl wegen des meist unebenen
Bodens mühselig. Haleb, mit dem hohen Schloffe in sei
ner Mitte, bietet von allen Seiten malerische Ansichten dar.
Die Stadt, Mauern, vielleicht zum Theil auf älteren Fun
damenten ruhend, find an vielen Stellen verfallen, aber
ihre Thürme solide und gut erhalten, doch in seltsamem Styl
gebaut, mit Fensterchen von allen Formen und launisch ger,
zackten Zinnen. An einigen Thürmen fieht man überaus
schlecht gearbeitete Löwen in Basrelief, wie nicht felten an
den Thoren anderer Türkischer Schlöffer und Festen. Aber
die hiesigen Christlichen Einwohner glauben darin die Löwen
von St. Marcus zu erkennen, und wollen die Thürme, nebst
mehreren noch bestehenden viereckigen Minarehs den Venez
tianern zuschreiben, indem sie unter den Handels-, Verbin
dungen derselben während des Mittel, Alters sich eine Herr
fchaft denken. Die viereckigen Minarehs mögen von den
Landes, Christen, vielleicht zur Zeit des Byzantischen Kai
ferthums aufgeführt seyn. Man erzählt sich die albernsten
244
Erdichtungen von ihnen. Auf dem viereckigen Minareh der
großen Haupt-Moschee sieht man, Statt des halben Mondes,
eine metallene Kugel, von etwas ovaler Form, worin die
Muselmänner das Kreuz geschloffen haben sollen, nachdem
sie sich vergeblich bemühe, den halben Mond an dessen Stelle
zu setzen. Unter der Moschee soll noch alles Kirchen, Geräth
in unzugänglichen Kellern aufbewahrt werden u. f. w. Mit
solchen Mährlein trösten fich hier die frommen Christen See
len über den Druck der Gegenwart, eine wunderbare Erlö:
fung hoffend.
Mehrere der nahen Berge hat man allmählich durch
das Steinbrechen so ausgehöhlt, namentlich einen bei dem
Palaste Scheich Abubekr, daß die Grotten jetzt zu Casernen
genutzt werden. Der Boden scheint überhaupt felsig, und
nur mit einer dünnen Erdschicht bedeckt, welches jedoch seit
nen Anbau in der Nähe nicht gehindert hat. Diesen bei
günstigt die leichte Wäfferung durch den Kork. Seine Ufer
find steinig. Ich folgte ihnen einst bis Aintab, dem Laufe
entgegen. Hier ist unweit eines künstlichen Erdhügels ein
Quell, Ain el Tell genannt, der in einem unterirdischen
Baffin, aus welchem er sich durch doppelte Oeffnung in ein
zweites ergießt, eine unzählige Menge Fische enthält, deren
größte nur des Nachts erscheinen sollen, aus Furcht vor
Nachstellungen, denn sie gehören nicht zu den heiligen Fischen,
deren man in der Türkei mehrere, z. B. bei Tripoli, findet.
Der Quell bildet einen Bach, der sich nach kurzem Laufe
mit dem Koikvereinigt. Sein klares Waffer wird von den
245
Färbern fehr gesucht, soll jedoch nicht gut zu trinken feyn. Er
war sonst bei seinem Ursprunge mit einem Lusthause über
baut, welches aber jetzt verfallen ist, obgleich dieser Ort,
mit den nahen Wiesen am Fluffe den Franken während des
Sommers zur Belustigung dient.
Wer Naturgenuß fucht, muß sich nicht weiter entfer;
nen, denn die Umgebungen Haleb’s find nur reizend durch
die Garten Cultur und Oehlpflanzungen. Wo diese aufhör
ren, dehnt sich eine feinige, wellige und hohe Wüste unab,
fehbar bis an den Euphrat, den Libanon und Taurus. Die
südlichen Abhänge des letzteren Gebirges sollen die schönsten
Landschaften bilden. Auch die Gegend von Antiochien wird
in dieser Hinsicht vorzüglich gerühmt.
Die Gärten, in einer Ausdehnung von zwei Stun:
den, erzeugen vorzüglich Taback, der zum Schnupfen bei
reitet wird, Trauben und Feigen. Die übrigen Früchte
find schlecht. Oliven, Pistazien, Melonen und Arbufen
werden von ausgezeichneter Güte auf den Feldern gezogen.
Ich besuchte einen der größern Gärten, Redfchab Pascha
genannt, der ein hübsches Wafferbecken hatte, übrigens aber
wild genug war. Im Frühlinge und Sommer mögen die
Naturschönheiten den Beschauer mehr erquicken, als jetzt,
da die braunen Blätter schon von den Bäumen herabfielen;
allein daß die Vegetation hier nicht so reich und üppig ist,
als bei Damashk, kann niemand mitgehen, der beide mit
einander vergleicht.
Haleb hat zwölf Vorstädte. Unter diesen ist Dschedei:
246 - h
deh am besten gebaut, und enthält schönere Wohnungen, als
die Stadt selbst. Ihr Name (ein Arabisches Diminutiv)
bedeutet, „die kleine Neustadt,“ keines Weges, wie Andere
ihn haben erklären wollen, Judenstadt. Sie ist vorzüglich
der Sitz der zahlreichen und wohlhabenden Christen aller
Seeten. Die am höchsten liegende Vorstadt, Bankufa,
sonst der Sitz der Janitscharen, ist dagegen schlecht gebaut,
gewährt aber eine weite Aussicht über die Stadt, und ge:
gen Norden den schönen Horizont des beschneiten Taurus,
oder der Berge von Beilan und Kles, wie man ihn hier
nennt. Die übrigen Vorstädte find weniger bedeutend. In:
nerhalb ihrer Mauern ist der Boden Theils mit Ruinen bei
deckt, Theils in Gärten verwandelt, wo traurige Oehlbäu
me wachsen. Ferdaus (Paradies) zeichnet fich unter allen
durch feine Umgebungen aus, die im Sommer ein schönes
Grün mit zahllosen Veilchen übersäet, gewähren sollen.
Der Ort wird sehr uneigentlich zu Haleb’s Vorstädten gerecht
net, in so fern er mit der Stadt gar nicht zusammen hängt.
Diese selbst ist unter den Städten Syrien's am besten
gebaut, und vielleicht die reinlichste in der ganzen Türkei,
wozu das Straßen, Pflaster aus Quadern viel beiträgt. Um
so mehr fällt es aber auf, daß Märkten und Buden eine an
gemeffene Nettigkeit mangelt, auch hinreichendes Licht. Die
Häufer sind aus Quaderfeinen aufgeführt, und werden meist
in dem obern Stocke allein bewohnt; der untere (rez-de-chaus-
sée) gewölbt, dient als Magazin, Stallung, Küche c., oder
enthält doch nur einen Alkoven für den Hausvater, mit Tep/
247
pichen und Kiffen versehen, um zum Besuchs Zimmer zu
dienen. Das Quartier der Franken ist geräumig und heiter,
wenn gleich auch hier, wie überall, die Straßen etwas enge und
fensterarm sind. Die Franken alle wohnen in schönen, soliden
Chans, die als Wakf (fromme Stiftungen) betrachtet werden.
Man hat allmählich aus den gewölbten Gängen und Zellen bei
queme Häufer gebildet, deren Besitz, gegen Entrichtung eines
geringen Zinses an die Moschee, dem Eigenthümer verbleibt.
Auch die Straßen durch diese Chans sind oben gewölbt, und
durch dieses Gewölbe empfangen sie ihr Licht. In den Hö,
fen und an den Treppen hat man kleine Terraffen angelegt,
mehr oder minder mit Grün geschmückt. Jedoch gibt es,
außer den Fränkischen Chans, noch mehrere große und schöne
innerhalb der Stadt, wie z. B. der Wesir Chan, wo beson
ders die Kaufleute aus Bagdad verkehren, in welchem 366
Zimmer seyn sollen. Der Umfang des Yeni Chans kommt
diesem fast gleich c.
Um den künstlichen Hügel, der, hier wie in Homs,
Tell Scheichun genannt, das im Mittelpuncte der Stadt ge:
legene Schloß trägt, läuft ein größten Theils trockener Grat
ben, der in den weichen Kalkfelsen gehöhlt worden. Die
Steine desselben hat man wahrscheinlich genutzt, um die
Seiten des Hügels mit Quadern zu überdecken, damit die
Erde nicht herunter stürze, denn der Abhang ist sehr steil.
Dieses Werk mag aus älteren Zeiten feyn. Die Steine bil:
deten sonst gerade und steile Flächen, die, in stumpfen Wint
keln an einander stoßend, den Berg facettieren mußten. Jetzt
248
find sie größten Theils verschwunden, und die Erde bedeckt
sich alle Frühjahre mit Grün, wo man Esel und Mäuler
zur Weide klettern läßt. An einigen Stellen haben die Tür
ken, wie es scheint, die Bekleidung wieder herstellen wollen.
Da fiel aber nicht im Stande waren, eine Böschung zu bilden,
haben sie die Steine stufenförmig aufeinandergebaut. Solche
Stufen nebst etlichen Fußsteigen, die in den erdigen Abhang
getreten sind, machen diesen jetzt ersteiglich, was sonst nicht
der Fall war. An zwei Stellen schützen isolierte Thürme den
Graben. Ueber denselben gelangt man zum Thore, mittelt
einer Brücke, die auf hohen Bögen ruht, aber keine Zug
brücke ist. Man erstaunt, vor demselben nichts als Ruinen
zu finden, zwischen welchen man angefangen hat, den Bo
den in Ackerland zu verwandeln. Auch wird daselbst alle
Freitage ein Pferde, Markt gehalten. Es scheinen Mauern
und Thürme auf älteren Fundamenten zu ruhen; aber ihre
Bauart ist Saracenisch. Der Wunsch, durch Herrn Picciott
to's Verwendung das Innere des Gebäudes zu sehen,
wurde nicht gewährt. Er versicherte mich, der Pascha habe
die Sache in tiefe Ueberlegung gezogen, und endlich die als
berne Antwort gegeben, weil ich ein Ruffe fey, so wolle er
mir aus Achtung für den Herrn Conful erlauben, das Schloß
von außen zu betrachten, welches freilich nicht gut zu verwehr
ren stand.
Der Palast, worin font der Pascha wohnte, und wo
er noch absteigt, wenn er einmahl in die Stadt kommt, seit
er sich zur größeren Sicherheit nach Scheich Abubekr gezo:
249
gen, muß einst hübsch gewesen feyn. Es bildet ein längli:
ches Viereck um einen geräumigen Hof. Nur eine Seite
deffelben ist erhalten und bewohnt; die drei anderen liegen
wüst, meist in Trümmern. Reiter tummelten ihre Pferde
im Hofe herum. Aus diesem führt ein großes Thor nach
dem Schloffe hin. Zur Linken defelben erblickt man eine
Moschee, zur Rechten andere Gebäude, fämmtlich verfallen.
In gleichem Zustande befindet sich ein anderer Pal:
last, Osmanieh genannt, der weit schöner gewesen seyn muß,
und ganz nach Art der Paläste von Konstantinopel gebaut
war, bestehend aus netten Kiosks und luftigen Hallen von
Holz auf einem hohen Erdgeschoffe aus Quadern. Jetzt feh:
len ihm Thüren und Fenster, auch fast überall das Dach.
Doch ist im Hofe des Serai die Moschee noch vollkommen
erhalten, und wird besucht. Sie hat, wie die Konstanti:
nopolischen, eine Hauptkuppel und mehrere Nebenkuppeln,
die auf Säulen ruhen, Minareh c. Um den viereckigen
Hof laufen Zimmer, jetzt unbewohnt; in der Mitte defel,
ben ein großes Wafferbecken; hinter der Moschee Gräber,
und ein lieblicher Garten, welches zusammen einen ange,
nehmen Eindruck macht, und an die Schönheiten Konstanz
tinopel's erinnert.
Nicht weit davon führt das alte Thor, Bab en Nasr,
nach der Vorstadt Dschedeideh. In dem Thore brennt bei
ständig ein Licht am Grabe eines Heiligen, den so wohl
Christen, als Muhamedaner sich zueignen; diese als einen
zum Islam übergetretenen Christen, jene als einen reuigen
250
Renegaten, der zum verlassenen Glauben feiner Väter zurück
kehrte, und sich deshalb den Verfolgungen der Türken ent
zog. Unweit Dschedeideh zeigt man auch das doppelte Grab
des Scheichs Schrawadi, dessen Körper an einer, und des
fen Kopf an der andern Seite des Weges liegt, nachdem man
sich umsonst bemüht, beide zu vereinigen. Christen, Gräber
pflegen hier mit einem kastenförmigen Steinwürfel, ein
Paar Stufen vom Boden erhöhet, bezeichnet zu werden.
Die Bevölkerung Haleb's übersteigt gegenwärtig nicht
100,000 Seelen, unter welchen an 40,000 Scherifs (Nach
kommen Muhamed's, an ihrem grünen Turban kenntlich.)
etwa 30,000 andere Muhamedaner, und eben so viel Chri:
sten und Juden; der letzteren etwa 5,000. Dies ist die Mei:
nung der Franken, gegründet auf die Zahl der Todten, die
man ungefähr weiß, deren Verhältniß zu den Lebenden,
wie 3 zu 10 angenommen. Daß die Türken von 500,000
Seelen sprechen, kann nichts beweisen, denn ihre Rechnun
gen sind stets übertrieben, aber gewiß war einmahl eine
Zeit, wo diese Angabe der Wahrheit etwas näher kam,
als jetzt.
Unter der Muhamedanischen Bevölkerung spielten
die Janitscharen über ein Dutzend Jahre lang die Herrn
der Stadt, und eben nicht schlecht. Die Scherifs, welche
für schlimme Leute gelten, waren also ihre natürlichen Feinde,
Diese Parteien unterhielten eine hartnäckige, aber unblut
tige Fehde, allein merkwürdig durch die Schonung, welche
bei allen Ausbrüchen der Feindseligkeit den Franken wider,
251
d
fuhr. Man hat Beispiele, daß wenn zwei Trupps sich vor
der Stadt herum fchoffen, und ein Franke dazu kam, von
beiden Theilen inne gehalten wurde, bis er vorüber war.
Zuweilen führten sie Krieg in der Stadt, von den Mina
rehs herab auf die Straßen und Terraffen feuernd, hörten
aber immer auf, so bald sich im Bereich des Schuffes ein
Franke sehen ließ. Sie schienen zu wetteifern, das meiste
Pulver zu verschießen, und dadurch den größten Lärm zu
machen. Einst dauerte das Flinten, Feuer zwischen beiden
Parteien außer der Stadt einen ganzen Abend, und es
ward nur ein Pferd verwundet. Indeffen blieben die Ja
nitscharen in dem Besitze der Gewalt, welche sie dem Pascha
entriffen hatten, der in kläglicher Bedrängniß unter ihnen
lebte, und weichen mußte, wenn er ihr Mißfallen erregte.
Alle Anstrengungen der Pforte, die Uebermüthigen zu bän
digen, blieben fruchtlos, bis sie im Jahre 1813 Tschopan
fadeh Mehemmed Dshelaleddin Pascha, ältestem Sohne
des Paschas von Uskat, das Paschalik Haleb verlieh. Die;
fer fiegte schnell, weniger durch Macht, als Verrath.
Da er sich der Stadt bemächtigte (näch einem großen
Bombardement, welches einen spazierenden Derwisch töd
tete, und eine Garten Mauer umwarf) trugen viele Türki;
sche Privat Leute, Avanien fürchtend, ihre kostbarste Habe
zu den Fränkischen Kaufleuten. Sie füllten deren Maga:
zine mit Kisten und Kasten, ohne zu sagen, was darin ent
halten fey, und ohne einen Empfangschein zu begehren,
Mehrere Franken liefen dabei Gefahr, in dem sie, ohne es
„r
252
zu wissen, Eigenthum profcribierter Janitscharen bewachten.
Solche Asyl: Freiheit der Fränkischen Häuser ist viel werth,
und verleiht Ansehen.
Aber obgleich die meisten Janitscharen sich durch die
Flucht in benachbarte Provinzen retteten, und die Zurück
bleibenden außer Stande find, etwas gegen ihn zu unterneh
men, so wagt der Pascha doch nicht, in der Stadt zu wohl
nen, sondern hat den Palast Scheich Abubekr zu feinem
Aufenthalte erkohren, welcher auf einer Höhe liegt, die Ha:
leb beherrscht. Er glaubt seine Sicherheit hinter einem hal:
ben Dutzend Kanonen zu finden, die vor der Thüre aufge
pflanzt sind. Seiner Wohnung gegenüber steht ein Galgen,
und man unterscheidet auf dem nahen Begräbniß Platze,
an der Kürze des Monuments, das Grab manches ge;
köpften Janitschars.
Der Pascha hat auch Recht, sich unheimlich zu fühlen.
Denn die Strenge, wodurch er Ordnung und Sicherheit er
hält, indem er endlich das Raubgefindel der Kurden und
Turkmanen eingeschreckt, danken ihm vorzüglich nur die
Franken, da er die übrigen Städter durch Avanien drückt,
Trotz der Drohungen aus Konstantinopel.
Die Türkische Criminal : Justiz hat überhaupt nicht
viel Scharfsinn aufgeboten, um eine Abstufung der Strafen
zu entwickeln, aber Tschopan Oglu scheint einzig die Todes,
strafe für zweckmäßig zu halten. Nur in der Vollziehung
herrscht Verschiedenheit. Wenn das Gericht einen Verbre:
cher nach förmlichem Urtheile hinrichten läßt, so wird er ge:
253
wöhnlich in aller Form gehängt, es sei denn, daß man,
aus Achtung für seine Familie, das Hängen in ein Erdros:
feln verwandelte. Die zweite, wohl üblichere Art der Hin-
richtung ist, wenn der Pascha einen Getreuen an den Schloß
Commandanten schickt, mit dem Befehle, jemand zu erdros,
seln. Nach dem Nachtgebete wird der Anfang solcher Opel-
ration durch einen Kanonenschuß angekündigt. Außer dem
läßt der Pascha auf mündlichen Befehl, wenn er will, ohne
alle weitere Form, durch seine Soldaten militärisch hinrich
ten, d. h. köpfen oder spießen. So vernahm er vor einem
Paar Monaten, daß man in der Stadt lose Reden gegen
ihn geführt, und fand daher nöthig, den Bewohnern einen
Schreck einzujagen. Er stieg mit feinen Truppen von Scheich
Abubekr herab; weil es aber anfing zu regnen, kehrte Se. Ex-
cellenz schnell um, die Sache seinem Silihdar (Waffenträger)
übertragend, der von der Straße die ersten drei, vier Menschen
aufraffte, die guter Dinge ihr Pfeifchen rauchten, und als
bald umgebracht wurden, ohne daß sie wußten warum. Daß
die untergeordneten Beamten in solcher Kunst nicht zurück
bleiben, versteht sich von selbst, um so mehr, da sie vom
Pascha abhängen, der die Muteffelims, Agas und Scheichs
ernennt, oder doch in den beiden letzten Würden bestätigt,
wo selbige nach einem, durch Verjährung und Reichthum er
rungenen Erbrecht vom Vater auf den Sohn übergehen.
Die Bewohner der Stadt Schogr am Afft, durch Avanien
auf's Aeußerste gebracht, hatten sich unlängst neuen Bet:
drückungen widersetzt; der Muteffelim heuchelte, fich ihrer an
254
zunehmen, und lockte dadurch die Häuptlinge in einen Hin-
terhalte, wo sie von den Truppen des Paschas erhascht, nach
Haleb geschleppt und erdrosselt wurden. An einem andern
Orte wagte ein junger, angesehener Mann, einen Gefange,
nen, um dessen Freilassung er den Befehlshaber vergebens
gebeten, gewaltsam zu befreien, und beide entzogen sich dem
gefürchteten Zorn Tschopan Oglu's durch die Flucht. Aber
dieser schien den Vorfall als einen Jugendstreich zu verzei:
hen und zu vergeffen. Die Schuldigen, dadurch sicher ge:
macht, näherten sich, wurden angehalten, und fanden ihr
Ende, gleich jenen.
Die große Maffe des Volkes hat der Pascha vorläufig
durch ein Verbot der Korn: Ausfuhr, welche Wohlfeilheit
erhalten soll, zu gewinnen versucht, und ist dagegen mit
den Fränkischen Handelsleuten hiesiger Stadt in offene Fehde
getreten. Sie haben sich nämlich aus Konstantinopel Fer
mans und Zoll-Tarife kommen laffen, worin, durch geringe
Schätzung des Werths, der Zoll mancher Artikel der Einfuhr
und Ausfuhr bis auf zwei, ja bis ein Procent herabgesetzt
worden, versteht sich von den Waaren, die in's Ausland ge;
hen, denn im Binnenhandel, als nach Bagdad c. zahlen
die Franken den Zoll gleich den Rayahs. Tschopan fand
doch nicht rathsam, sich über diese Befehle der Pforte hin
aus zu setzen, welche ihm und den Zöllnern einen wichtigen
Theil der Einkünfte gar sehr beschnitt, aber feine Absicht,
aus Rachgier den Handel der Franken zu hindern, ward
bald klar. Er fing damit an, den Seifen, Fabrikanten zu
255
untersagen, für irgend jemand anders, als für ihn, Seife
zu kochen, und übertrug für seine Rechnung den Alleinhan
del mit diesem Artikel einem Moldauischen Bojaren, der zu
dem Ende im Chan des Zolles ein Magazin und einen Di;
wan eröffnete. Weil die Seife ein Artikel ist, der im Lande
bereitet und verkauft wird, so haben die Franken kein Pri,
vilegium darüber, und folglich fehlte ihnen der Rechtsgrund,
sich wegen dieses Monopols zu beschweren, Sie schwiegen,
auf einen großen Gewinn verzichtend, den sie bisher jährt
lich zu ziehen pflegten. Die jüdischen Consulen und Kauf
leute nur reichten eine Klage über solche Bedrückung ein, die
aber keinen anderen Erfolg hatte, als daß der Pascha ins
besondere gegen sie erbittert ward, und drohete, ihnen aus
den Vorträgen zu beweisen, wie Consulen gar keinen Han;
del treiben dürften.
Auffallender und wichtiger war das plötzliche Verbot
aller Seidenz Ausfuhr, welches eben bekannt wurde, als
Herr Rostand eine Menge Seiden Ballen, zur Verschiffung
nach Latakiehabenden wollte. Alle angewandte Mühe sämmt
licher Consulen, den Machthaber wenigstens dahin zu bewegen,
daß er der Maßregel keine rückwirkende Kraft geben möge,
blieb fruchtlos, indem er erwiederte, der Scheich der hiesi:
gen Seiden, Fabrikanten habe ihm eine Bittschrift des In-
halts übergeben: die Claffe der Armen bestehe vorzüglich
aus Seidenz Fabrikanten, und litte Noth, weil die Franz
ken durch ihre starken Aufkäufe die Seide vertheuerten.
Diese Noth der Armen könne für die Stadt gefährlich wert
256
den, weshalb er bei der getroffenen Maßregel beharren müs
fe, so lange er Pascha von Haleb fey. Auf die Bemerkung,
daß die Franken mehr Seide in Tripoli und anderen Orten,
als in seinem Paschalik aufkaufen, nahm er keine Rücksicht.
Die Drohung der Consulen, sich nach Konstantinopel zu
wenden, fuchte er dadurch zu entkräften, daß er den Vor:
stehern aller Gewerbe eine Bittschrift abnöthigte, in welcher
dringend begehrt ward, was jene wieder abgestellt zu sehen
wünschten; sie sollte ihn bei der Pforte schützen. Einige
vermutheten, die Einwohner Haleb's trachteten, ihn durch
falsche Rathschläge in Zwist mit den Franken zu verwickeln,
als das beste Mittel, ihn zu stürzen. Er schickte seinen Tat
taren umher, um die Briefe einzusammeln, welche die Franz
ken etwa nach Konstantinopel absenden wollten. Der Zweck
dieser ungewöhnlichen Gefälligkeit lag am Tage. Man gab
ihm also nur ein Paar unbedeutende Papiere, und wußte
die wichtigen auf sicherem Wege dorthin zu befördern.
Wie die Sache enden wird, ist zweifelhaft. Man hat
es früher schon ein Mahl erlebt, das die Engländer den
Befehl zur Absetzung und Wiedereinsetzung eines Pascha
auswirkten. Im Allgemeinen kann man aber dem Fränki:
fchen Handel hier kein günstiges Prognostikon stellen. Ich
glaube vielmehr, daß er in etwa zwanzig Jahren feine völ
lige Endschaft erreichen wird.
Gegenwärtig hat er noch einen bedeutenden Umfang
und gedeihlichen Einfluß auf den innern Verkehr des Lan; -
des, welches feine Seide und Baumwolle, so wie einen
257
Theil der daraus verfertigten Waaren, und seine Pistazien
gegen Europäische Erzeugniffe umzusetzen pflegt, die durch
den Karawanen Handel weit verführt werden. Die Kara
wane von Bagdad bringt vorzüglich den Franken Muffeline,
die sie im Lande verkaufen, Persischen Tabak für die Nar:
gil, Raucher, Gall/Aepfel, (einen Haupt, Artikel des Han;
dels mit Frankreich,) Perlen, Schals, die meist in Part
tien nach Konstantinopel gehen. Der Indigo findet jetzt
wenig Abnehmer, weil man ihn in Europa öfter um gerin
geren Preis haben kann. Tuch, Papier und Mützen (Fes)
find Haupt Artikel der Einfuhr aus Frankreich, dazu Me
tall, Fabrikate, Specereien, Zucker; selbst insgeheim Kaf
fee, der unter den Mokaischen gemischt wird. Die Deut
fchen aus Leipzig haben sich der Uhren Lieferung zu bemäch:
tigen gewußt, laffen aber auf allen Zifferblättern den Na;
men des ehemahligen Englischen Künstlers, Prior, sorgfält
tig beibehalten. Aus Nürnberg kommt eine Menge vergol:
deter Kupfer, Lahne (lamette), die nach Indien geht, wo
man sie zu kühlenden Hemden verarbeitet.
Die fehr geachtete Beduinen Horde Anneffy, unter
welcher die Aghiech wegen Muth und Rechtlichkeit vorzüg:
lich angesehen sind, führt die Karawanen von Haleb nach
Bagdad und zurück. Ihr Führer genießt eines solchen Ver;
trauens, daß ihm die Perlen ohne Quittung und Bürgschaft
paketweise übergeben werden, und man kennt kein Beispiel
bewiesener Untreue, wenn gleich dieselben Araber als Kauf
leute sich schlau und gewandt zeigen. Einer, der öfter von
17
28
dem Picciotto'schen Hause zum Kaffee, Handel nach Pemen
gesandt war, hatte durch glückliche Thätigkeit sein eigenes
kleines Capital dergestalt vergrößert, daß er allmählich drei
Handels, Häuser in Bosra, Bagdad und Haleb gründete,
welchen er mit seinem Bruder vorstand. Beide starben fast
gleichzeitig, der erste zwei, der andere sechs Söhne hinter
laffend. Jener verordnete in seinem letzten Willen, das
ganze Erbe in acht gleiche Theile unter seine zwei Söhne
und sechs Neffen zu theilen; diese aber weigerten sich, und
wollten es nur in zwei getheilt wissen, wozu sich aber des
Erblaffers Söhne nicht verstanden, sondern auf buchstäbli;
cher Vollziehung des Testamentes beharrten.
Die Ankunft der Karawane aus Bagdad (im Januar
1816,) gab mir Gelegenheit, eine große Zahl Perfischer
Pilger zu sehen, die aus Mekka über Diarbekr und Erze:
rum, in ihr Vaterland zurückkehrten. Sie waren ganz Tat
tarisch gekleidet, meist zerlumpt und schmutzig, hatten aber
gute Pferde und Mäuler. Sie wurden von den Zöllnern
fehr gemißhandelt, welche ihre Untersuchung bis auf die Ho,
fen ausdehnten.
Auch viele Turkmanen treiben sich hier herum, meist
schöne Leute, von kriegerischem Ansehen; doch möchte ich ih:
nen, was Körperbildung betrifft, die Damascener, die Aral-
ber von Hauran und Tadmor vorziehen. Sie tragen den
Syrischen Aba ungewöhnlich bunt, und um die Hüfte mit
einem breiten Gürtel befestigt, in welchem die gewöhnlichen
Waffen stecken. Ihr fehr bunter Turban gleicht dem der
259
Bewohner von Tripoli und des Libanon, ist aber auf eine
besondere Art gebunden, indem er über den Ohren mit den
Zipfeln zusammen gezogen wird, wodurch er eine länglich
viereckige Gestalt erhält. Die selten in Städte kommenden
Turkmanen sind so unwissend, wie die übrigen Bewohner
der Wüste. Bei seinem Eintritte in das Zimmer des Herrn
Maffek erblickte einer Niebuhr"s Bild in Oehl an der Wand,
und fragte, bescheiden die Augen niederschlagend, ob es die
Frau vom Hause fey, welche da aus dem Fenster gucke?
Das bartlose Gesicht schien ihm unmännlich, und den Rah,
men des Gemäldes hielt er für ein Fenster. Einen andern
fetzte Herr Barker mit einem Sonnen Mikroskop, durch
welches er ihn einen Floh fehen ließ, in das größte Erstau:
nen. Orientalisch übertreibend erzählte er seinen Landes,
leuten, die Franken hätten ihm bewiesen, wie falsch die
Augen zeigten, denn ein Floh fey in der That so groß, als
ein Maulthier. Das ist unmöglich, erwiederte ein Zuhörer,
denn da ich ihrer einige Hundert am Leibe habe, so müßte
ich ja selber so groß, als ein Berg feyn!
In wie fern die Türkischen Bewohner Haleb's durch
ungewöhnliche Bildung dem guten Rufe entsprechen, in
welchem sie bei den Franken stehen, vermag ich selbst nicht
zu beurtheilen, da sie von letzteren sich eben so fern halten,
als ihre Landsleute anderswo. Das Spottgeschrei der Gaft
fen Buben „Frendshy Kuker!“ (Fränkischer Kuckuck!) habe
ich nur einige Mahle hinter mir vernommen. Es soll dar,
aus entstanden feyn, daß einmahl vor alten Zeiten die Franz
26o
ken sich um das Wohlwollen jener gefährlichen Claffe durch
Geschenke von Spielsachen beworben hätten, unter welchen
die Nürnberger Kuckucke am besten gefallen. Daher fey ge:
wöhnlich geworden, daß die Kinder jeden Franken um einen
solchen Kuckuck angesprochen, und dann allmählich die Bitte
in einem Schimpf, Namen ausgeartet. Jetzt haben sie ein
Lied dazu gemacht, welches anfängt: „Fränkischer Kuckuck,
dein Vater ist ein Kuppler c.“ Hier und in Damaschk fin:
gen sie aber dasselbe Lied auch bei dem Anblicke der Perfer,
deren Kleidung ihnen Europäisch fcheint, wie sie denn wirkt
lich mehr Aehnlichkeit mit der Europäischen, als mit der
Türkischen hat.
Die hier lebenden Franken sind auf den Umgang unter
einander beschränkt, der gar einförmig, aber traulicher ist,
als an den meisten Orten in ähnlichen Verhältniffen, wenn
gleich mit einem etwas schwerfälligen Ceremoniell belastet.
Dieses wollten die Herrn Barker und Guys eben jetzt
reformieren, und hatten daher ein Papier anfertigen laffen,
als aus den Tage, Büchern eines Reisenden gezogen, wozu
Scheich Ibrahim (Burckhardt) den Namen leihen mußte, der
sich über das hiesige steife Ceremoniell weidlich lustig machte.
Daran knüpfte man den Vorschlag, daß fortan die Frauen
den Gästen nicht mehr Kaffee reichen, fondern dieß den Be;
dienten übertragen sollten; daß man bei dem Eintritte eines
Gastes, so wie bei dem Ab- und Zugehen des Wirthes oder
der Wirthin einer Gesellschaft nicht mehr in Masse aufste
hen, sondern letzteren anheim stellen möge, ihre Gäste zu em:
261
pfangen; daß diese nach der Reihe, und nicht mehr nach
dem Range ferviert werden sollten; daß man niemand bis
zur Treppe, sondern männiglich nur bis zur Zimmer Thür
begleiten wolle. Hier ist es nämlich Sitte, daß der Wirth
fo lange oben an der Treppe verweilt, bis der Gast unten
angekommen ist, und dann macht man sich noch Kratzfüße
von oben hinab und von unten hinauf. Aber diese und mehr
rere ähnliche Vorschläge scheiterten an dem Widerspruche der
Familie Picciotto, die das alte Herkommen ihrer Würde
angemeffener fand, dagegen in den vorgeschlagenen Neue
vungen eines ihrer Mitglieder Jacobinismus witterte. Also
kam allgemein die Reformation nicht zu Stande, sondern
es entwickelte sich ein ärgerliches Schisma, indem jeder that,
was er wollte.
Dies störte jedoch die Geselligkeit keines Weges, und
nicht leicht verging eine Woche, ohne daß ich mehrere Mahle
zu Gaste geladen wäre. Herr Rafail Picciotto gab mir
zu Ehren ein pomphaftes, consularisches Mahl. Ich war
der erste Ruffische Reisende, den er officiell aufnahm, und
muß gestehen, daß er es an nichts ermangeln ließ, was der
Anstand nur irgend fordern konnte. Man speisete gegen
vier Uhr, und unterhielt sich vor und nach dem Effen mit
einem jüdischen Orchester, aus einer Türkischen Trommel,
zwei kleinen Pauken, einem Hackebrett und einer Geige zu
sammen gesetzt. Auch fangen die Arabische Lieder dazu, die
nicht übel waren. Seltsam klingt eine Art Recitativ, Maua,
leh genannt, welches in frei abwechselndem Tacte vorgetra:
262
gen wird. Ich saß zwischen zwei Damen, einer alten Ver:
netianerin in hundertjährigem Amazonen : Habit, welches
vielleicht weiland vor dem Doge paradierte, und der Wirthin
des Hauses, einer hübschen kleinen Damascenerin, mit
Gold und Perlen beladen. Beide erschwerten mir ihre Unt
terhaltung dadurch, daß sie nur Arabisch sprachen, wel,
ches bei mehreren Frauen hiesiger Fränkischen Kaufleute der
Fall ist. Musikalische Quartetts wechseln zwei Mahl wö;
chentlich regelmäßig bei den vier Theilnehmern, und ge:
währen, wenn auch keinen Kunstgenuß, doch Zeitvertreib
für Herrn und Damen, die font Lotto zu spielen pflegen.
Fleischspeisen werden immer in großer Zahl aufgetischt, und
verderben fchnell den Appetit, denn welchem könnte wohl
ein halbes Dutzend Braten nach einander behagen? Die
Abwechselung mit Fisch, Gemüse, Mehlspeisen c. fehlt;
aber die Gerichte find schmackhaft bereitet. Bei großen
Abend Gesellschaften läßt sich nach Tische, von acht Uhr
bis Mitternacht, Arabische Musik mit Gesang vernehmen,
nach welcher die Damen paarweise tanzen, d. h. mit aufge:
hobenen Armen sich, einander gegenüber, trippelnd im Zim
mer herum bewegen. Ohne diese Lustbarkeit und den An-
blick der schlaftrunkenen Musiker, die beim Singen zuwei:
len sich selber die Ohren zuhalten, ist hiesigen Orts kein wah:
rer Kef (Lustbarkeit) denkbar.
Es gibt aber auch Bälle im Europäischen Style. Ich
habe mehreren beigewohnt, unter andern bei Herrn Bart
ker, dessen Orchester aus einer kleinen Leier, Orgel bestand,
263
die er unlängst aus Wien erhielt. Man tanzt Ecoffaisen,
Longues und Françaisen, Quarrées genannt, auch Walzer,
aber Alles schlecht. Den Damen glückt es selten, in ihren
Pelzen, Pantalons und Paputschen (Pantoffeln) fichtactmäz
ßig zu bewegen, und die Herrn in ihrer, zum Theil Oriental
lischen Tracht sehen possierlich dabei aus.
Die Damen Kleidung ist die an der Syrischen Küste
gewöhnliche, also wenig geschmackvoll; im Hause gehen sie
auf zierlichen, mit Perlenmutter ausgelegten Stelzschuhen,
und auf der Straße nehmen sie ein großes weißes Tuch von
hinten über den Kopf, und ziehen es vorn bis unter die
Nafe zu. Ohne besondere Nasen Kenntniß kann man die
also Vermummten nicht erkennen. Europäische Kleidungs-
stücke sieht man nicht an ihnen. Die Männer erscheinen
dagegen öfter in unsern bequemen Ueberröcken.
Das Ameublement der Zimmer ist ein Gemisch aus
Europäischen und Orientalischen Stücken. Erstere sind in
diesem Clima wenig dauerhaft, da sie in der Hitze leicht
platzen. Es wechseln Diwans, Teppiche c. mit Tischen,
Stühlen und Commoden ab, und Kupferstiche verzieren
die Wände.
Während des Winters gehört die Jagd zu den Ver:
gnügungen der Franken, welches ihnen unbedingt gestattet
ist. Die Gegenden um Haleb find reich an wildem Geflü,
gel. Man schätzt vorzüglich die Haselhühner (Francalins);
Repphühner, Schnepfen, Trappen, Enten, Lerchen findet
man in Menge, auch Hafen, wilde Schweine, Gafellen c.
264
Die hiesigen Fische find schlecht Ob daraus aber ein Schluß
auf schädliche Eigenschaften des Waffers gezogen werden
darf, laffe ich dahin gestellt feyn. Bekanntlich will man
das so genannte Uebel von Haleb, eine Beule, dem Waffer
zuschreiben. Es hat mich verschont.
Kurz vor meiner Abreise starb der Vater des Ruffi:
fchen Consuls, Herr Moses Picciotto, der von allen hiesi:
gen Juden, deren Aeltester er war, als ein Heiliger ange:
fehen ward, auch als talmudischer Schriftsteller Einiges in
Venedig hat drucken lassen. Er wurde am Abende desselben
Tages in der Synagoge beerdigt, und am folgenden Mor
gen bezeugte ich mit den übrigen Franken dem Conful unsere
Theilnahme. Wir fanden ihn in Trauer. Diese wird da
durch an den Tag gelegt, daß der Trauernde sich den Bart
wachsen läßt, still in der Ecke des Diwans sitzt, kein lautes
Wort spricht, und sieben Tage lang das Haus nicht verläßt.
In der Kleidung wird keine Aenderung vorgenommen, als
daß man Stiefel und Pantoffeln von gelbem Atlas, Statt
der ledernen anzieht. Dieses soll so gut feyn, als baarfuß
gehen, welches strengere Sitte von dem Trauernden verlangt.
Herrn Esdra Picciotto war an dem Todestage des Vat
ters ein Sohn geboren, er nahm also zugleich Glückwünsche
und Beileids: Bezeugungen an; seltsam genug im Zimmer
der Wöchnerin, wobei den Gästen beiderlei Geschlechtes eine
besondere, zähe Mandel-Confitüre gereicht wurde, die man
verzehren muß, weil dies den Zustand der Kranken erleich:
tern soll. Ich löste die schwierige Aufgabe als einen Vert
265
fuch, was ich leisten könnte, wenn man mir bei meinen
nahe bevorstehenden Abschieds-Visiten überall, außer der Tat
backs: Pfeife und dem Kaffee, wie bei den Antritts, Visiten,
ein Compot vorsetzte. Damahls hatte ich das eine und das
andere abgelehnt, welches meinen Begleiter, Herrn Rot
fand, nöthigte, für mich aus Höflichkeit zu rauchen, zu es
fen und zu trinken. Darauf ist billig jetzt nicht zu rechnen.
Mein hiesiger Aufenthalt ist mir lehrreich geworden,
vorzüglich durch die Willfährigkeit, womit Herr Rousseau
mich seine treffliche Bibliothek nutzen ließ, von welcher ich um
so fleißiger Gebrauch machte, je weniger ich an den Spatziert
gängen durch die Basars die gewohnte Unterhaltung fand.
Freilich bieten sie auch in Haleb eine anziehende Abwechsel
lung neuer, ausdrucksvoller Physiognomien dar, aber die
Plätze sind zu schmutzig und ärmlich. Vergebens sucht man
den Glanz und die morgenländische Farbenpracht von Kon:
stantinopel, Kairo und Damaschk.
Die Absicht, mich im Arabischen zu vervollkommnen,
habe ich wenig erreicht, weil ich an einen Christlichen Lehrer
gerathen bin, der zwar in dem hiesigen Dialekte eine große
Geläufigkeit besitzt, aber der litterarischen Bildung in dem
Maße ermangelt, daß ihm gewöhnliche Abbreviaturen Ara
bischer Bücher Muhamedanischer Schriftsteller unbekannt
find. Diese zu lesen hält er für gottlos, und Trotz oft er
fahrnen Tadels hat er mich stets mit ascetischen und morali:
fchen Tröstern seiner Confession gelangweilt.
Zum Uebermaße der Güte schenkte mir dagegen der
266
Ruffische Conful ein Exemplar des Antar in dreißig Bänden,
indem er mir am Abende vor meiner Abreise (wegen seiner
noch nicht geendigten Trauerzeit nach Sonnen: Untergang)
einen Abschieds-Besuch machte, und den Bujuruldi des Pat
fchas einhändigte, den ungewohnten Bart unter einem Schal
versteckend. Auch alle andere Fränkische Halepiner haben,
der Sitte gemäß, meinen Abschieds: Besuch erwiedert. Ich
trennte mich von ihnen mit aufrichtiger Dunkbarkeit, ins
besondere aber von Herrn Rostand, der mich eine Strecke
Weges zu Pferde begleitete (22. Februar). Ich wünsche,
diesen liebenswürdigen Mann einst unter vaterländischem
Himmel wieder zu sehen, und feine von dem edelsten Zart
gefühle begleitete Gastfreiheit vergelten zu können.
4 44 - - - - - - - - - - - -
267
2 Z.
Ueber Taaffeh und das St. Simeons Kloster (Ka-
laat Senaan) nach Antakia (Antiochia).
Auf der steinigen Anhöhe, die Haleb gegen Norden
beherrscht, ist ein alter Begräbnißplatz mit einer kleinen Car
pelle, bestehend aus einer Kuppel, die auf Pfeilern und
Säulen ruht, daher Kubbet el amud genannt. Von hier
hat man eine schöne Ansicht der Stadt mit dem dichten
Kranze ihrer Gärten und den weiten blauen Horizont der
Wüste in der Ferne. Dann betritt man die hohe wellige
Ebene, die in flachen Thälern und steinigen, langgestreckten
Höhen abwechselnd den Haupt-Charakter des ganzen Pascha,
liks ausmacht, oder vielmehr des ganzen Landes zwischen
dem Küsten/Gebirge und der Wüste. Man fieht kein ande:
res Gestein, als dichten Kalkstein von grauer oder blaßro;
ther Farbe, mehr oder weniger mit schwarzbrauner Erde bei
deckt, aus welcher jetzt das erste Grün hervordringt. Je
mehr man sich dem Gebirge nähert, desto nackter erscheinen
die Felsen, gleichsam, als ob das Regenwaffer alle Erde in
die kleinen Thäler hinabgespühlt hätte. Die von demselben
in die Seiten der Berge gehöhlten Rinnen und Gräben die
nen jetzt zu Wegen, und sind als solche überaus schlecht.
Bald führen sie über glatte Steinplatten, bald über spitziges
Gerüll und durch Pfützen.
Ich kam an einem zerstörten Dorfe vorüber, dessen
268
wenigen Bewohner sich in die Reste eines halb zerstörten
Chans zurückgezogen, daher der Ort nicht anders, als Chan
Atik genannt wird. Die Ruinen dieser Art sind hier über
haupt zahlreich, und ihre Vermehrung mehrt die Bewohner
der Wüste. Denn aus Bauern, die den unerträglichen Miß:
handlungen fich durch die Flucht entzogen, ist der kleine Räuz
berstamm der Maualy’s gebildet, der von Reisenden sehr
gefürchtet, von den übrigen Arabern aber verachtet wird.
Der Mukary benutzte meine Unbekanntschaft mit der
Gegend, um für diesen Tag ziemlich weit vom ersten Ziele
meiner Reise, dem Simons Kloster, zu übernachten. Er
fchleppte mich in das von Haleb nur vier Stinnden entfernte
elende Dorf Huadshel, dessen Bewohner größten Theils in
Höhlen leben, die sonst Cisternen waren. Man wollte uns
auch in eine solche logieren, und mein Bedienter hatte nicht
übel Lust, auf dem geernteten Gersten Vorrath, neben Kür
hen und Eseln, Platz zu nehmen, aber der Schmutz, und
noch mehr eine dumpfe Hitze, trieben mich wieder hinaus,
und nach langem Suchen unter den scheuen Bewohnern
fand ich einen, der mir ein Zimmer über der Erde einräumte.
Der eigentlichen Häuser find nicht mehr, als sieben, und doch
zahlt dieser Ort an jährlichen Abgaben fünf Beutel, Statt
der zweihundert Piaster, da er größer war. Meine gut
müthigen Wirthe, Muhamedanischer Religion, gefielen mir
wohl, so armselig es bei ihnen aussah. Sie waren eben
beschäftigt, ihr weniges Geräth in Höhlen zu bringen, weil
fie Reiter des Pascha in der Nähe bemerkt haben wollten.
269
Die alte Mutter spann Baumwolle an einem schwerfällig
gen Rocken, während ihre Schwieger Tochter am Herde
den Kischk bereitete. So nennt man Weizen, Grütze mit
fauerer Milch gekocht, und dann zu einer käseartigen Maffe
geknetet, die man trocken aufbewahrt. Das Uebrigblei:
bende wird als Suppe genoffen, schmeckt aber schlecht.
Daneben streichelten beide ein Zicklein, welches sie ihren
größten Schatz nannten. Die Männer beteten viel vor
dem Schlafengehen in einem Nebenzimmer, ohne sich um
mich zu kümmern, und am Morgen trat die Alte schon
ein Paar Stunden vor Sonnen Aufgang wieder herein,
und ließ beim matten Schimmer eines Oehl Lämpchens
ihr Spinnrad emsig schnurren. Das ermunterte mich zur
frühen Abreise. Der Reif glänzte auf den grünenden
Weizen, Feldern, und die Pfützen deckte Eis. Der steil
nige Weg wurde immer schlechter, und ein schneidend kalt
ter Nord blies vom beschneiten Taurus entgegen. Wir
kletterten an verschiedenen namenlosen Ruinen vorüber,
deren im Felsen gehauenen Wafferbehälter, Cisternen und
Hofhor, aus drei großen Steinen bestehend, den verschwun
denen Flor andeuteten. Das Dorf Endshareh könnte an ei:
nen gegenwärtigen glauben laffen, indem es von einer kleine
Moschee mit zwei runden Kuppeln geziert ist. Links am Wege
sah ich in einiger Entfernung die Trümmer eines großen Ge;
bäudes von mehreren Stockwerken mit großen Fenstern und
Giebel: Fronten, wahrscheinlich früher eine Kirche oder ein
Kloster. Von den Fenstern heißen sie jetzt Mosehabbek.
27o
Die Gipfel einer Reihe nackter Felsenhöhen, die hier
dem Haupt- Gebirge des Taurus parallel laufen, werden
Dschebel Semaan genannt. In dem Thale, das beide trennt,
fließt der Afrin (Arkeuthos?) und am südlichen Fuße des Dsher
bel Semaan liegt in einer länglichen Schlucht das Dorf
Taaffeh, vier Stunden von Huadfhel. In seinen Umge:
bungen ist jedes Fleckchen Erde, das sich zwischen den Fel;
fen angehäuft hat, zu Feldern und Gärten benutzt, Oehlt
Bäume oder Feigen tragend. Man beschenkte mich mit
weißen Narcissen und violetten Hyacinthen, die hier in zahl:
loser Menge blühen, nebst vielen anderen kleinen Blumen,
deren lebendige Farben aus jeder Felsenritze hervorblitzen.
Alle Bauern, die wohlhabend scheinen, tragen Blumen,
Sträuße an ihrem Bunde. Sie sprechen außer dem Ara
bisschen auch Türkisch, wegen Nachbarschaft der Turkma;
nen. Das Dorf ist ansehnlich, hat eine Moschee und
viel Fragmente aus den Zeiten des Byzantischen Christen,
thums in den Häusern vermauert, die zum Theil aus als
ten, großen Quadern erbaut sind. Ein ganzer Thurm scheint
aus jener Zeit zu stammen. Das Dorf zahlt, wenn ich
nicht irre, die ungeheuere jährliche Abgabe von vierzig
Beuteln.
Ich kam um Mittag an, und wurde von dem Scheich,
welchen Herrn Barker's Jagdz Partieen an Fränkische Be;
fuche gewöhnt hatten, fehr freundlich aufgenommen. Er
nahm das Gepäck in Verwahr, und gab mir jemand von
den Seinigen als Führer zum Kloster des heiligen Sie
271
meon des Styliten, jetzt Kalaat Semaan (Simeon's Schloß)
genannt, eine Stunde Weges von Taaffeh. Aber dahin
zu gelangen, war halsbrechend.
An der Nordseite des Dshebel Semaan bilden zwei
von demselben auslaufende nackte Felsenhöhen ein ovales
Thal, fehr fruchtbar. Wenn man von Taaffeh kommend
den Bergrücken überstiegen hat, erblickt man zur Linken
auf dem letzten Abhange, am Fuße des Dshebel Semaan,
die Ruinen des Ortes Ketura, und weiterhin auf der west:
lichen Felsenhöhe die Ruinen Erfahdi. Rechts auf der Fel,
fenhöhe, die im Osten das Thal einschließt, die Ruinen
eines einzelnen Gebäudes von mehreren Stockwerken mit
Giebel und Pfeilern, Takly genannt. Wo gegen Norden
beide Höhen zusammen laufend einen hervorragenden spitzen
Berg bilden, liegt das St. Simons Kloster. Alle diese
Ruinen haben denselben Charakter, denn sie find aus der
felben Zeit, sämmtlich Werke der Verehrer des Heiligen,
der feine Bestimmung darin fand, hier über zwanzig Jahre
ununterbrochen auf einer Säule zu leben, bis ihm die
verfaulenden Füße den Tod brachten. Die Frommen, wel;
che damahls diese Wüste bevölkerten, haben eine Menge
Kirchen und Klöster gebaut, deren Ruinen noch mehr von
Geschmacklosigkeit, als von Pracht zeugen. Das Haupt
Gebäude liegt auf dem Berge, und scheint eine große Kir:
che mit einem Kloster gewesen zu feyn. Die imposante
Kuppel, welche das achteckige Schiff deckte, ist nicht mehr
vorhanden. An den Ecken decken kleinere Kuppeln reich
272
verzierte Capellen, und find mit Säulen von einer, der Ko;
rinthischen ähnlicher Ordnung, aber von fehr schlechten
Verhältniffen, ausgestattet. Die Capitale scheinen mir
Palmblätter darzustellen, welche, wie vom Winde gewehet,
schräge über einander liegen. An den Friefen waren die
selben nebst dem gewöhnlichen Acanthus überall zu sehen,
und darunter sehr winzige Zahnschnitte. In einem Theile
der Kirche hat ein Turkmanischer Häuptling angefangen,
sich ein Haus zu bauen, aber, aus Widerwillen gegen die
Herrschaft des Pascha das Weite suchend, unvollendet ge:
laffen. Der Haupt-Kirche gegenüber ist ein anderes Ge;
bäude, mit Gängen und viereckigen Pfeilern umgeben,
wo sich jetzt ein alter Türke angesiedelt, der mich durch:
aus mit Milch bewirthen wollte.
Große Höfe mit mehreren Thoren stoßen an diese
Gebäude. Daneben sieht man Steinbrüche, welche noch die
Stellen zeigen, wo man die großen Maffen gebrochen, die
an den Ruinen gefunden werden. Steinbrüche selbst hat
man zu Grabmälern benutzt, „halbcirkelförmige Alkoven
oder Nischen in die Wände meißelnd, worin das Grab,
von Gestalt eines Sarkophags, ausgehöhlt, mit Kreuzen,
Sternen c. verziert wurde. Ueber einigen derselben stehen
jetzt Häuser. Der spitze Berg ist zum Theil mit dem fette
ften und frischesten Grafe bewachsen, und gewährt eine herr
liche Aussicht, besonders gegen Norden. Den Fuß umgibt
das grüne Thal, das der Afrin silbern durchschlängelt. Die
Hänge seiner steilen Ufer find Kalksteine, und glänzen blaß:
273
roth, wie Pfirsich-Blüthe. Gegenüber erheben sich die dun
kelblauen Berge der Turkmanen, und über diesen die Schnee
Höhen und Zacken des Taurus, glänzend weiß gegen das
reine Blau des Himmels abstechend. Der Dshebel Set
maan und feine Abhänge, so nackt sie sind, schillern violett
und blaßroth in der Ferne, perlgrau in der Nähe. Frisches
Saftgrün des jungen Weizens deckt das dunkelbraune Erd
reich der Thäler, und die vielen Ruinen schimmern feuert
farben in der Abend, Sonne.
Niedriger, auf dem zweiten Absatze des Berges, erhe:
ben sich die Ruinen eines großen Klosters, mit vielen Gän,
gen viereckiger Pfeiler umgeben. Von diesen Pfeilern bei
stehen mehrere aus einem einzigen Stücke, so auch die
Thor Pfosten der Höfe, und zu den Gewölbsteinen einiger
Thore sind gleichfalls sehr große Maffen verwendet. Diese
Gebäude hatten mehrere Stockwerke und Giebel, Dächer.
Die Wände enthalten eine Menge Fenster. Sie haben über
haupt ein ganz Europäisches Ansehen, wenn man die Größe
der Baustücke nicht in Betracht zieht. Ein sehr geschmack
loses Thor führt vom Kloster auf dem Berge zur Haupt-
Straße der untern Stadt. Es ist ein frei stehender Bogen,
unten mit einem Paar winziger Säulen versehen, und ganz
oben mit zwei ähnlichen auf jeder Seite. In dieser Straße
laffen sich noch alle Häuser unterscheiden, deren Bauart,
gleich den Ruinen der zahlreichen Kirchen und Klöster deut,
lich einen Europäischen Charakter behauptet. Alle andere
Ruinen dieser Gegend gleichen den hiesigen in großen Stein,
18
274
Maffen, verstümmelten oder schlecht ausgeführten Säulen
Korinthischer oder Jonischer Ordnung, mehreren Stockwer:
ken mit vielen Fenstern, in Giebel, Dächern und Hallen
von viereckigen Pfeilern. Meist sind die beiden Pfosten
mit der Oberschwelle der Thür aus drei Steinen gebil:
det; einige Thore find aus großen Steinen rund oder
spitz gewölbt. Schlechte Verzierungen von Sternen, Kreuz
zen, Bärenklau und Zahnschnitten hat man nicht gespart,
und überall find Felfen Gräber, Cisternen und offene Waf,
fer Behälter.
Ich übernachtete bei dem Scheich in Taaffeh, und
war am folgenden Morgen (24. Februar,) nicht wenig er
staunt, die ganze Landschaft rings umher, wo man mich
Tages zuvor mit Hyacinthen und Narcissen überhäuft hat,
te, ein Paar Zoll hoch von Schnee bedeckt zu sehen. Ich
glaubte mich in meine nordische Heimath versetzt. Emfig
fegten die Leute den Schnee von ihren Dächern; aber ehe
ich noch aufbrach, drang die Sonne wieder durch das dichte
Gewölk, welches derselbe Nordwind, der den Schnee ge:
bracht hatte, auch vertrieb. Doch blieb es den ganzen Tag
kalt, mich an die Nähe des Taurus erinnernd, den ich stets
im Auge hatte. Der Weg war noch schlechter geworden,
wiewohl nach Verlauf einer Stunde der Schnee schmolz,
ehe ich in das Thal hinabstieg; nur der Dshebel Semaan
behielt eine weiße Haube. Die Landschaft zeigte dasselbe
schöne Farbenspiel, was mich gestern ergötzte, nnd ich durch
ritt eine fruchtbare Ebene, die von zwei parallelen, nackten
275
Steinhöhen eingeschloffen wird, auf denen eine Menge Rui
nen von Dörfern, Kirchen und Schlöffern steht, den eben
beschriebenen ähnlich. Erst erblickte ich zur Linken aber
mahls Mosehabbek, dann zur Rechten Kasr. Die Dör
fer Tellada und Hefereh, an welchen ich vorbei zog, sehen
fast wüst aus, und enthalten auch Ruinen aus älterer Zeit.
Dana, wo ich frühstückte, ist ein ansehnliches Dorf. Es
liegt auf einem flachen Felsen, worin, wie gewöhnlich,
Steinbrüche mit ausgehauenen Gräbern, Cisternen und
Waffer Behälter find. Ueber eine Erhöhung, welche fünf
solcher Grabmähler enthält, hat man eine Capelle als
Grotte erbaut. Auf einem hohen Fundamente tragen näm:
lich vier Jonische Säulen von schlechter Arbeit mit ihrem
Gesimse eine flache Kuppel, die in einem viereckigen Ker
gel ausläuft. Eins von den Gräbern war auch mit Jo;
nischen Säulen geziert, und über einem andern fand ich
eine unbedeutende Griechische Inschrift. Mehrere Reste
älterer Gebäude find vorhanden, deren Zweck sich nicht
mehr bestimmen läßt, und die eben so wenig Geschmack
und Kunst verrathen, als die übrigen dieser Gegend.
Ich fand daher keinen Beruf, andere in Augenschein
zu nehmen, womit die Höhen übersäet sind. Sie begleitet
ten mich fast den ganzen Weg durch die Thal; Ebene, wel:
cher das Dorf Herbeh zur Linken läßt, bis Sermada, nahe
am Fuße der Gebirge, und auch hier fah ich, auf einem
Spaziergange vor dem Schlafengehen, Reste eines alten
Gebäudes von großen Felsen Ouadern. Der Scheich bei
276
herbergte mich in einem geräumigen gewölbten Saale, an
welchen zwei andere Gewölbe stießen, wo die Lastthiere
Raum fanden.
Mit dem glänzend heiteren Morgen stellte sich eine
empfindliche Kälte ein, die der Nord von den Schneebergen
herab blies. Ich erinnere mich nicht, seit meinem Aufent:
halte in der Levante so gefroren zu haben, als während die:
fes ganzen Tages. Es fiel mir um so beschwerlicher, da
meine heutige Tagereise lang war, und keinen Ruhepunct
darbot. Ich fühlte mich also wenig aufgelegt, die Schön,
heiten der Gegend recht zu genießen.
Nach einem halbstündigen Ritte kam ich bei el Bab
in eine schmale Schlucht zwischen zwei nackten Felsenber:
gen. El Bab ist der Name ansehnlicher Ruinen, die zu
beiden Seiten den Weg einschließen, über welchen ein
freier einfach gewölbter Bogen, gleich einem Triumph, Bo
gen, geschlagen ist. Die Ruinen unterscheiden sich weder
in Gestalt, noch Maffe von den früher beschriebenen. Ich
bemerkte abermahls eine Menge Thore, aus einzelnen
großen Blöcken zusammen gesetzt, und Gewölbe, wie sie
durchgänging in Syrien die flachen Dächer der Häuser
stützen, eine Kirche mit mehreren schlechten Säulen, und
weiter am Berge ein kleines viereckiges Gebäude, vollkom;
- men erhalten mit Thüren und Fenstern, das Giebel, Dach
mit großen, regelmäßigen Steinplatten, Statt der Ziegel,
gedeckt. - - -
Der Weg schlängelt sich lange über Thal und Hügel
277
fort, die immer mehr an Grün zunehmen, bis man end:
lich in die schöne weite Ebene tritt, durch welche der Afrin -
dem Orontes zufließt. Zur Linken bedecken die Berge sich
allmählich mit Wald; zur Rechten, gegen Norden, dehnt
fich das Haupt Gebirge vom fchönsten Blau in unabseh
barer Länge, bis an die Mitte gleichfalls bewaldet. Die
nackten Regionen erscheinen röthlichgrau und vom Schnee
gleichsam überzuckert, wogegen die höchsten Wipfel im rein,
ften Weiß glänzen. Am Fuße jener Berge fieht man meh:
rere Seen. Die fast zerstörte Brücke bei einer Mühle
trug mich über den Afrin. Zur Linken blieb auf einem
Berge Dibeh, wo Turkmanen in Ruinen nisten, und das
gleichfalls verlaffene Serai Mural Aga's auf einem künst
lichen, runden, in zwei Abschnitte getheilten Hügel, am Aus
gange einer schmalen Felsen, Schlucht. So fruchtbar und
und schön die Ebene ist, so wenig wird sie bebaut, und
nur selten erblickt man ein kleines Feld. Sonst nomadi,
firten hier zahlreiche Turkmanische Horden; aber seit der
Pascha sie zum Gehorsam gezwungen, sind die meisten aus,
gewandert; nur wenige Zelte und Herden bezeugten noch
die Anwesenheit einiger. Die Serais ihrer Agas stehen
verlaffen; die Eigenthümer derselben harren in Natolien
auf einen schwächern Pascha, unter welchem sie die ge:
wohnte Freiheit behaupten können. Sonst war die Straße,
die ich jetzt reife, höchst unsicher, weil eben Turkmanen
den wehrlosen Wanderer willkührlich schätzten oder plündert
ten. Jetzt begegnet man kaum einer lebenden Seele, und
278
einzelne Reisende, wie Karawanen, kommen und gehen in
aller Sicherheit. -
Von den grünen Bergen im Süden der Ebene flie,
ßen unzählige kleine Bäche herab, und verwandeln den
Boden zum Theil in einen lehmigen Sumpf. Ueber grüne
Hügel gelangte ich zu den Ufern des Orontes, die hier
niedrig, doch steil find, und ganz aus einem zähen, mit
Kalk vermischten, weißlichen Lehm bestehen, der so fett und
zähe ist, daß die Pferde, da es unlängst geregnet hatte,
alle Augenblicke zu glitschen oder stecken zu bleiben drohten.
Ich nahm mein Nachtlager in Dshehisr ül hadid,
welches bekanntlich seinen Namen (Eifen, Brücke) von den
mit Eifen beschlagenen Thür, Flügeln der drei steinernen
Thore erhalten hat, die zu beiden Seiten und in der Mitte
einer Brücke angebracht sind, welche in neue Bögen über
den Orontes führt. Neben derselben steht eine Mühle.
Das Dorf am linken Ufer des Fluffes ist eins der elen,
defen. Die Häuser bestehen aus getrockneten Ziegeln von
dem weißlichen Lehm der Gegend, und haben Giebel
Dächer, mit Rohr belegt. Schichten von Rohr schützen
an einigen auch die Wände, die nur aus dünnem, mit
Lehm beworfenem Fachwerke bestehen. In dem größefen
fand ich Zutritt. Der innere Raum hatte eine Erd/Diele,
deren erhöhete Hälfte zwei Feuerstellen, nebst den großen
geflochtenen und mit Lehm beworfenen Vorraths, Körben
trug, worauf ich, mit meinem Bedienten, mich niederließ;
die niedrigere Hälfte des Hauses gehört dem Viehe.
279
Die Karawanen gehen gewöhnlich von hier in einem
Tage: nach Kalaat Mural in vier Stunden, weiter nach Ser;
mada in vier Stunden und von dort nach Haleb. Sermava ist
von Taaffeh auch vier Stunden, dieses von Haleb aber sechs
Stunden entfernt. Von Dshehisr nach Antakia find vier
Stunden. Von Sermada nach Dshehisr gibt es noch ein
nen andern Weg, über Harim, der zwar etwas weiter ist,
aber sonst häufiger eingeschlagen wurde, um die unsichere
Ebene der Turkmanen zu vermeiden.
Auch am folgenden Morgen fand ich es noch kalt,
doch etwas minder, als Tages zuvor, und erblickte mit
Freude an den Ufern der Bäche, welche vielfältig das
wellige Thal durchschneiden, den Rosen Lorbeer, ein wär:
meres Clima ankündigend. Die buntesten Blumen blüh:
ten ringsum, aber das schöne Land liegt unbebaut. Fa/
hita heißt das einzige Dorf, welches ich fah, bis ich mich
wieder den schönen Gestaden des Orontes näherte, wo mir
mehrere Weiler entgegen fähimmerten. Die künstlichen
Erdhügel an feinen Ufern, und an denen des Afrin laffen
vermuthen, daß diese Gegend früher besser angebaut ge:
wesen.
Zur Rechten des Weges schlängelte sich nun der
Orontes, durch eine Weite Thal; Ebene, die sich auf der
Nordseite, erst allmählich, dann aber sehr steil, bis zu
Schneebergen erhebt, Links begrenzen steile Felsen die Aus-
ficht, die mit dem schönsten Grün und großem Blumen:
Reichthum prangen. Aus ihren tiefen und zerriffenen
280
Schluchten riefeln klare Bäche dem Orontes zu, oder la
ben, in Brunnen gefaßt, den durstigen Reisenden. Hoch
über den Bergen ragt ein grüner Fels, und auf diesem
erheben sich in Schlangen Windungen und seltsam gestalt
tet – ich traute meinen Augen nicht! – die Mauern von
Antakia.
- - - - - - - - - - - - - - -
281
29.
Von Antakia (A1.tiochien) nach Latakieh.
Schnell erreichte ich das Thor der alten Stadt (26.
Februar,) welches eckig ist, d. h. eine aus großen Steinen
gewölbartig zusammen gesetzte, aber doch horizontale Ober-
schwelle hat, und darüber eine halbrunde, mit einer Schlan:
gen Linie gezierte Oeffnung. Es steht zwischen zwei mächtig
gen Thürmen, und nahe ist ein kleiner Waffer Behälter,
von hohen Bäumen umschattet; ein liebliches Plätzchen.
Von hier hat man fast noch eine Stuude auf gepflasterter
- Straße zu gehen, bis man zum Thore der jetzigen Stadt ge:
langt, die kaum ein Viertheil der alten Tetrapolis füllt,
und sich in eine Ecke derselben, auf der Südseite des Oron,
tes, eingenistet hat. Die mächtigen Mauern umgeben jetzt
schöne Gärten voll Feige- und Maulbeeren, die keine an
dere Spuren der alten Stadt, als Stücke von Ziegeln und -
Töpfen enthalten. Von dort erheben sie sich in steilem Zick:
zack bergan, und laufen über den Gipfel der Felsen hin.
Diese steilen Höhen können nie bebaut gewesen feyn, wie
wohl sie immer mit in die Stadt eingeschloffen waren. Man
sieht es auch aus den zahlreichen Grabhöhlen in denselben.
Sollte aber oben eine Festung gelegen haben, so mochte diese
freilich dem Besitzer der Stadt lange widerstehen, lag aber
zu hoch, um sie beherrschen zu können. Am unteren, wer
niger steilen Hange der Felsen sieht man noch Reste von Kir:
282
chen und anderen Gebäuden; ringsum Gärten, die mit
dem schönsten Grün und unzähligen blühenden Mandelbäu
men prangten.
Nachdem ich in dem Chan, wo ich abgestiegen war,
etwas gespeiset, machte ich den Goldarbeitern einen vergeb;
lichen Besuch, um nach alten Steinen und Münzen zu fra
gen, und ging dann auf die Brücke des Orontes zu. Unter
den Gebäuden der Stadt, die meist aus rohem Kalkstein
mit spitzigen Ziegel, Dächern aufgeführt sind, unterscheiden
sich einige Häuser und Moscheen durch eine ältere, bessere
Bauart. Das Thor und die Thürme zunächst der Brücke
schienen mir sehr alt. Die Brücke selbst hat ein Thor und
eine Brustwehr mit Schießscharten. Ich folgte der Mauer
bis nahe zu dem Thore, durch welches ich herein gekommen.
Es ist nicht wohl zu bestimmen, welcher Zeit diese Befesti,
gungen und Thürme angehören, da fie in verschiedenen Zeit
ten ausgebeffert feyn mögen. Einige bestehen aus ganz unt
geheueren Quadern und Felsmaffen, andere aus runden
Steinen, die der Kalk zu einem festen Conglomerat verband,
äußerlich mit Quadern belegt. Die Mauern haben auch eine
sehr verschiedene Höhe und Dicke. Eine Strecke lang trat
gen sie noch viele runde, schön gewölbte Thürme mit Schieß:
scharten und oben eine gewölbte Brustwehr; hin und wieder
sind fiel bis auf die Fundamente zerstört. Dann erscheinen
fie abermahls ganz erhalten, am oberen Rande mit einer Art
Tragstein versehen, und von einer Menge kleiner gewölbter
Thore durchbrochen.
283
Die gegenwärtige Stadt, mit ihren engen Gaffen, hat
ein ärmliches Ansehen, und dennoch fand ich eine unerwart
tete Thätigkeit in den Werkstätten der Zimmerleute und
Tischler, und an dem Ufer des Fluffes, der mit großen
Schöpfrädern versehen ist, bedeutende Saffian Gerbereien.
Auch der Fischfang in dem berühmten See, welchen der
Orontes durchströmt, bietet ein fehr gesuchtes Handels-Pro:
duct, besonders den Christen erwünscht. Diese find aber in
Antakia viel weniger zahlreich, als man von dem Orte, wo
ihr Name, als Religions-Partei, zuerst gehört ward, erwar;
ten sollte. Es gibt hier nur wenige Griechen und Armenier.
Auf dem Wege nach Latakieh am folgenden Morgen
die Stadt durchreitend erblickte ich ein Paar solide und
hübsch gebaute Moscheen, in deren Hofe Dattel, Palmen
stehen, welche ich mit großer Freude wieder fah. Als ich
mich schon im Freien befand, mußte ich noch eine wüste
Strecke zurück legen, ehe ich zur alten Stadtmauer gelangte,
die hier mit ihren Thürmen bis auf das Fundament zerstört
ist. Hinter derselben folgt auf einen Graben die sehr schlecht
gepflasterte Straße, die ich jedoch nicht scheuen durfte, wollte
ich nicht daneben in Koth versinken.
Die Ansicht des Orontes Thals hielt für die Beschwer
den schadlos. Weiße Häuser blinken aus blühenden Gär,
ten, und das frischte Grün bedeckt die Hügel, durch welche
der Strom sich windet, und bald fanfte Abhänge, bald steil
abgeriffene Ufer bildet. Zahllose Wafferleitungen mit ihren
großen Rädern und gemauerten Pfeilern ziehen eine lange
284
Säulenreihe durch das grüne Thal. Weiter am rechten Ufer
dehnt sich das lange blaue Gebirge mit feinem beschneiten
Rücken, und den Hintergrund füllt die spitzige Schneekoppe
des Dfhebel Okrab (Caffius). Am linken Ufer, welches
entlang mein Weg mich führte, wechseln Ebenen und fanft
gerundete Hügel vom schönsten Grün. Obstbäume bedecken
die Felder, und freundliche Wohnungen verstecken sich in
Maulbeer, Pflanzungen und Lombardischen Pappeln. Dann
treten steile Felsen mit zerriffenen Zacken hervor, aber von
Gras, Kräutern und Sträuchen dicht und kraus bedeckt.
Aus den engen Schluchten rieseln klare Bäche im Schatten
dunkler Gebüsche. Diese umgeben auch die engen Hohlwe:
gen, die mich in zwei Stunden nach Beitel ma brachten.
So nennt man jetzt ein Paar kleine Mühlen und
Bauer Häuser des Orts, wo sonst das wohllüstige Daphne
stand. Der einst hochgefeierte Quell stürzt aus mehreren
Oeffnungen einer Höhle, und bildet gleich einen starken
Bach, der durch eine enge Schlucht dem Orontes zufließt.
Große Bäume beschatten feinen Lauf, besonders ein uralter
wilder Feigen Baum, defen Wurzeln in eine enge Spalte
geklemmt sind. Man hat vor Alters dem Waffer mehrere
Becken im Felsen gebildet, und daffelbe hoch über die Berge
zur Burg Antiochien's geleitet. Die Fundamente des Baues
aus großen Felsen Quadern find noch zu erkennen.
Aus dem schmalen Thale, durch welches nun der frei
nige Weg bergan steigt, rieselt ein kleinerer Quell. Zerrif:
fene Felsen, dicht bebüscht, schließen hier die Aussicht über
285
all. Dann wandte ich mich rechts, allmählich höher und
höher, manche reizende Ebene berührend, aber sie sind wer
nig bewohnt und schlecht angebaut. Die Berge bestehen
anfänglich aus Conglomerat, dann findet man einen dichten,
feinen, grauen Kalkstein, mitunter etwas schiefrig, mit vier
ler Mica vermischt; dann Feuersteine in einer Mutter von
Kreide, wovon man mehrere ganz weiße Abhänge fieht.
Oben erweiterte sich die Aussicht auf die Schneeberge. Ein
kalter Nordwind begleitete mich, bis ich füdlich hinab zog,
wo jedoch wider Erwarten eine eben so rauhe Luft herrschte.
Den ganzen Tag fand ich Eis auf dem Wege.
Am Eingange in das Thal liegt ein elendes Dorf,
Scheich Köje (sonst Biredshik) genannt, welches Adshak
(erbliches Familien, Gut) eines Scheichs, Ismain Efendi,
ist, der hier auch ein sehr gutes Haus bewohnt, und eine
vierzig Personen starke, wohlgekleidete Dienerschaft hat.
Auch die Moschee empfiehlt sich; aber die Wohnungen der
Bauern find aus rohen Steinen zusammen gesetzt. Mich
und mein Gefolge sollte ein Weber beherbergen, der sich
dessen weigerte, bis der Diener des Scheichs mit Schlägen
drohete, und ich nichts umsonst zu nehmen versprach. Doch
ließ sich das Mißtrauen der armen Leute nicht bezwingen;
denn was ich auch gegen Bezahlung forderte, nichts war zu
haben. Ich mußte Kirkor mit dem Bujuruldi an den Efendi
schicken, um nur etwas Brennholz zu erhalten, Butter zum
Pillav u. dgl. Alles verrieth bei meinem Wirthe Elend und
Dürftigkeit, welches ich geneigt war, dem Erbherrn zuzu;
286
schreiben; aber bald vernahm ich fein Lob, und daß die Be:
drückungen hier, wie überall, von der Regierung ausgehen,
insbesondere vom Pascha, und jetzt am meisten von dem Mut
teffelim zu Antakia, dessen Person zu oft aexechselt wird.
Jeder begehrt bei dem Antritte seines Amtes ein Geschenk;
der Pascha gleichfalls. Wie man mir sagte, soll Tschopan
Oglu bei Uebernahme des Paschaliks von diesem Dorfe als
lein zwanzig Beutel gehoben haben. Unablässig erscheinen Rei:
ter mit Teskerehs voll der willkührlichsten Forderungen, wel,
chen zu genügen, mein Wirth von zwei Weber fühlen schon
einen verkauft hatte. Eine schwächere Regierung, als die
gegenwärtige, ließ den Scheichs mehr Unabhängigkeit, die
fie zum Schutze der Unterthanen verwenden konnten, wo
bei Letztere in der Regel sich beffer zu stehen pflegten.
Der Herr dieses Dorfes stammt von einem Heiligen
ab, dessen Pantoffel durch Berührung Zahnweh und einige
andere Uebel heilte, und alle Leichen seiner Nachkommen,
die Scheichs gewesen find, werden im Grabe ihm beigesellt.
Man zählt deren bis jetzt vierzehn, welches für ein nicht ge:
ringes Alter der Familie zeugt, da die Scheichs: Würde im
mer nur dem Aeltesten des Hauses zu Theil werden kann,
und die andern Familien, Glieder außerhalb jener Gruft bei
erdigt find.
Unter den hiesigen Bauern soll es heimlich auch Nof
fairi geben, die sich durch ihr Aeußeres keines Weges verrat
then. Sie sprechen Arabisch und Türkisch, doch das Letz;
tere allgemeiner, wie überhaupt in diesem Gebirge.
287
Die Naturschönheiten des Landes würden mich länger
festgehalten haben, wär' es Sommer. Ein Schneegestöber
mahnte aber zum Aufbruche, und ließ kaum bemerken, daß
die schlechte Straße auf den felsigen Höhen mit Kiefern, in
den meist unbebauten Thälern mit wilden Obstbäumen, in
den Wäldern mit Buchen und Eichen eingefaßt sind, unter
welchen reiche Quellen aus gemauerten Springbrunnen frö:
men. Wilde Schweine, Schakals, Wölfe, Lüchfe und Un;
zen find häufig; Menschen felten. In den Felsen fand ich
bewohnte Höhlen; in ihrer Nähe weidete Vieh, und wo
auch ein einzelnes Bauerhaus erschien, da hatten die Felder
und Gärten doch nur einen geringen Umfang.
In einem Thale fah ich unerwartet ein wüstes, altes
Gebäude, aus großen rohen Quadern auf einem Felsen,
Vorsprunge liegen. Ich unterschied zwei Wände eines Vier-
ecks mit zwei Fenstern; das Innere war von Strauchwerk
überdeckt. Den Namen wußte niemand.
Die größte Höhe des Weges ist eine mehrere Stunden
lange, wellige Ebene, meist waldig, sparsam bebaut, aber
der fleißigen Hand die fruchtbarste, schwarze Erde darbietend,
am Ende von einem kleinen See begrenzt. Hier öffnet sich
plötzlich eine herrliche Alpen Anficht, welche das weiße Haupt
des Okrab beherrscht. Von seinem Fuße erstrecken sich dunkle,
waldige Berge, in mehreren langen Absätzen parallel über
einander geschichtet, die jedoch den Blick nicht hindern, den
weiten Horizont des Meeres zu erreichen. Die lieblichsten
288
Landschaften wechselten in kurzen Fristen, bis ich gegen Mit
tag den Flecken Ordu erreichte.
Der hier wohnende Muteffelim, Suleiman Aga, war
abwesend, und ich bezog ein Privat: Haus des Fleckens,
welcher in einem Keffel waldiger Berge liegt, die eisenhalt
tig schienen, dem Okrab gegenüber. Seine beiden kleinen
Moscheen mögen zu besseren Zeiten erbaut feyn; wie schlecht
die jetzigen find, zeigt die Leere der wenigen Kaufläden.
Es fiel mir auf, daß die meisten Einwohner bewaffnet ge:
hen, und ich folgerte daraus eine Unsicherheit der Gegend,
weshalb ich mich bei dem Bruder und Stellvertreter des Mus
teffelim, Kendsh Aga, erkundigen und für den nöthigen
Fall eine Begleitung fordern ließ. Wiewohl er diese für
überflüssig erklärte, so gab er mir doch am folgenden Mor
gen einen Bewaffneten seines Fußvolks bis zur Grenze des
Paschaliks. Reiter stehen nicht unter ihm.
Der Weg nach Latakieh bietet wieder den angenehm
ften Wechsel von Berg und Thal dar, mit reichlicher Bewäft
ferung und üppigem Baumwuche. Viel Metalle mögen
hier verborgen ruhen. Spuren des Anbaues fand ich nicht,
und begegnete nur einigen Maulefel, Treibern mit Waaren
von Latakieh, und einigen Bauern, die mit ihren Eseln nach
Holz gingen. Dieses scheint hier in den Wäldern, meist
aus hochstämmigen Weihmuths Kiefern bestehend, überaus
verwahrlost zu werden.
Die Zahl der Bäche ist groß. Bei Ordu ritt ich durch
den ansehnlichsten, der die übrigen aufnimmt, und gegen
289
Süden durch eine dunkle, waldige Schlucht das Thal ver:
läßt. Ich konnte weder feinen Namen erfahren, noch ob
er in den Orontes, oder in's Meer fließe. Am östlichen Fuße
des höchsten Gebirgt Rückens, der vom Okrab südlich dem
Meere parallel läuft, ist bei einem kleinen Bache die Grenze
der Paschaliks Haleb und Tripoli. Von hier aus reicht die
Aussicht über das Meer bis zum Vorgebirge Ras Chamfir,
an welchem sich eine Wellen schäumend brechen. Es zeigt
ten sich zwischen den Wäldern Herden, bebaute Strecken
Landes und gemauerte Brunnen; aber keine Dörfer, die
wohl absichtlich von der Straße entfernt liegen. Das schön,
ste Laubholz kommt wieder zum Vorschein, und die Felsen
verrathen durch ihren Farben Wechsel, schwarz, roth und
gelb, eine Mannigfaltigkeit an Metallen.
Nachdem ich eine flache und schmale, mit schönem
Laubholze bewachsene Höhe, die sich füdwestlich nach Ras
Chamfir erstreckt, und auf beiden Seiten steil abhängig ist,
zurückgelegt hatte, stieg ich steil hinab in das Thal eines an:
fehnlichen Baches, Nahr el Arib, vielleicht deffelben, wel
chen ich bei Ordu überschritt, und folgte seinem Laufe durch
bewaldete Kreide, Felfen, die mit ihren Schichten von Feuer,
Steinen sich bis zur Küste erstrecken. Die niedrigen Theile
des Ufers find Aecker, deren Besitzer Arabisch sprechen. Uns
zählige Mahle mußte ich durch Waffer reiten.
Dann erstieg ich den steilen Abhang der langen und
hohen Ebene, die sich von hier bis Latakieh erstreckt. Die
grünen Sträucher und Pflanzen beurkunden das mildere
19
290
Clima der Küste, aber die schönen Wälder wichen einer nackt
ten Heide mit kurzem Gestrüppe, in welchem sich Gasellen er
lustigen. Erst in der Nähe der Stadt beginnt der Ackerbau
wieder.
Man rechnet von Haleb nach Taaffeh 6, von da nach An
takia 13 Stunden; von Antakia nach Scheich Köje 6, weiter
nach Ordu6, von da nach Latakieh aber 16 Stunden. Letzte,
res glaubte ich nicht, und weigerte mich daher, dem Wunsche
meines Maulesel, Treibers zu genügen, der seitwärts von
der Straße in einem kleinen Weiler übernachten wollte. Ich
strebte ungeduldig nach den Thürmen der Stadt, welche mir
lange winkten; aber die Sonne ging unter, es ward finster,
ehe ich ihre Mauern erreichte, und im Hause der Ge;
brüder Geoffroy anlangte, deren Genoß, Agostino Lazari,
mir, so wie ich ihm, brieflich bekannt war, und wo ich nach
Orientalischer Art ohne Umstände Platz nahm. 29. Februar.
• • • • • • • • • • • • • •
29 I
Zo.
Latakieh (Laodicea). Ueberfahrt nach Kibris.
Nachdem ich dem Französischen Consul, Herrn Henry
Guys, meinen Besuch gemacht, ging ich zum Hafen. Die
fer ist klein, mit schmalem Eingange, der sonst durch zwei
Schlöffer, die jetzt zerstört sind, beschirmt wurde. Von
dem runden Thurme auf der Südseite sieht man nur noch
die Fundamente. Das Schloß hing auch zuvor mit der
Stadt durch einen Damm zusammen, der die Schiffe ge:
gen den Nordwind sicherte. Wenn man ihn herstellte,
den Hafen selbst, der jetzt nur Schiffe, die höchstens 13 Fuß
tief gehen, zuläßt, etwas ausgrübe, und feinen Eingang
von den hinein gefallenen Stein Trümmern reinigte, fo
würde hier der beste Hafen Syrien's eyn. Suleiman Pa:
scha will dies unternehmen, und hat nach Malta geschickt,
um Maschinen und fachkundige Meister zu hohlen. Sein
Plan möchte aber wohl vorläufig das Elend des Landes
mehren, wie es hier gewöhnlich ist. Er wird einige tau
send Bauern zur Hafen - Arbeit zusammen treiben laffen.
So nimmt man in diesem Augenblicke gewaltsam alle Pferde
und Mäuler, um den Truppen, die der Pascha bei Dsher
bile versammelt hat, Nahrungsmittel zuzuführen. Der
Angriff gilt die Noffairi, zur Strafe der Ermordung des
Französischen Reifenden Bautin. Die Karawanen von Hat
292
leb flüchtete sich in den Hof des Französischen Consuls, um
vor Gewaltthat ficher zu feyn.
Dem Hafen nahe, welchen ich zeichnete, liegen mehr
rere Chans, worin die Ankommenden abtreten, und die
Kaufleute ihre Magazine und Comtoirs haben. Eine Mor
fchee, etliche Privat- Häufer und Buden fchließen sich an.
Spuren des Alterthums find überall zerstreut. Bei
der Rückkehr vom Hafen kam ich an zwei Granit, Säulen
vorbei, die auf der Erde lagen, und fah im Hofe eines
Türkischen Hauses einen fehr wohl erhaltenen, kleinen,
runden Altar mit Blumen, Guirlanden verziert; dann eine
Reihe von acht Granit Säulen ohne Capital, halb in einer
neuen Mauer eingeschloffen, deren ursprünglicher Zweck fich
nicht mehr errathen ließ.
Auf die hinter der Stadt liegende Anhöhe pflegt man
nicht unwahrscheinlich die alte Akropolis zu setzen. Sie ist
von allen Seiten mit Ebenen umgeben, und ihr Gipfel ge:
währt die herrlichsten Aussichten: auf der einen Seite Lata,
kieh mit seinem Hafen und der ebenen Küste bis zur flachen
Landspitze Ras el benaneh; auf der anderen die weite, frucht
bare Ebene, die der Nahr Kebir (Eleutherus) bewässert,
und hinter derselben die lange blaue Bergkette, die sich vom
Okrab gegen Tripoli erstreckt. Das hier befindliche Grabei,
nes Scheichs, den man bei feierlichen Eiden anzurufen pflegt,
hat nichts Auszeichnendes.
Durch die Gärten gelangte ich zu dem antiken Thore
oder Triumphbogen, den man jetzt in eine Moschee verwan,
293
delt hat. Seine Haupt- Façade ist gegen Norden. Sie bei
steht aus einem runden Bogen, an jeder Seite eine Säule
von Korinthischer Ordnung, dreißig bis vierzig Fuß hoch,
welche ein dreieckiges Fronton und Gebälk trägt. Das
Ganze bildet ein Viereck mit vier Thoren. Die südliche Fas
gade hat im Fries etwas von einer verstümmelten Inschrift.
Das Thor an der Ostseite ist viel niedriger, als das
Hauptthor.
In der Stadt sieht man ferner die Reste eines schönen
Porticus von Korinthischer Ordnung, in welchen man auch
eine Moschee gebaut hat. Es stehen noch vier Säulen mit
ihrem Capital und Gebälk, und man unterscheidet, daß an
der langen Seite des viereckigen Porticus sechs Säulen fan
den, die jetzt größten Theils vermauert sind, aus Kalkstein,
der fast ganz schwarz geworden. Anderswo in und um der
Stadt liegen viele ähnliche Säulen Trümmer und Bruch,
stücke aus demselben Steine und aus schönem Granit.
Nordwärts längs dem Meere, ehemahlige Salinen
vorüber, kam ich zu dem Orte, wo die Katakomben anfan,
gen. Auf einem Dutzend Felsenstufen steigt man in vier
eckige Höhlen hinab, die eine platte Decke haben, und mehr
rere Nischen für Särge enthalten. In einer zählte ich fie:
ben, in einer anderen fechzehn Nischen. Es gibt auch klei
nere Höhlen für einzelne Gräber. Ueberall, wo der Felsen
aus den Feldern, die ihn jetzt bedecken, hervorsieht, bemerkt
man längliche Gruben, gewöhnlich für Eine Leiche, in den
Stein gegraben. Eine einzige fand ich für zwei Leichen,
294
daneben eine kleine Nische für die Lampe oder das Thräg
nen - Krüglein. Oft sind diese flachen Gruben über den
größeren Höhlen angebracht, und jetzt meist mit Erde an
gefüllt, Getreide und Blumen tragend. Diese Gräber neh-
men eine weite Strecke der Küste ein, bis an den Fuß des
Berges, der die Stadt beherrscht, und bezeichnen wohl auf
dieser Seite den Umfang des alten Laodicea, da die Gräber
immer vor der Stadt lagen.
Ich erstieg bei einem Spaziergange des folgenden
Tages abermahls den Berg, und fand neben zwei alten Ci:
fernen eine halb versunkene Granit: Säule, wahrscheinlich
Reste des alten Schloffes, und in dem Gewirre schmutziger
und armseliger Buden, durch welches ich heimkehrte, bei
merkte ich noch eine wohl erhaltene Reihe von zwölf einge;
mauerten Granit: Säulen.
Im Süden ist die Hafen-Vorstadt bis zum Meeres,
Ufer von Gärten umgeben, die ich in gerader Linie durch
wanderte bis hinter die Halb: Insel, welche die Südseite
des Hafens bildet. Auch Palmen fah ich grünen, deren
Datteln aber nicht reifen. Man zeigt hier mehrere große,
runde Vertiefungen, die jetzt Gärten sind, und einst künst;
liche, zum Hafen gehörige Baffins gewesen feyn sollen. Ich
halte dies nicht für unwahrscheinlich, da die Häfen der Alten
nicht so tief zu feyn brauchten, als die unferigen, und fol:
che verschüttete auch anderswo gefunden werden, z. B. bei
Konstantinopel.
Hinter der Halb-Infel, füdlich vom Hafen, entspringt
295
ein Quell, in einer Höhle des nackten Felsens, der sonst
das See: Ufer bilden mochte. Man hat ihn weiter unten
in einen gemauerten Springbrunnen gefaßt, welcher, Trotz
der Arabischen Inschrift, nach dem heiligen Alexius benannt
wird. Sein allerdings treffliches und häufig getrunkenes
Waffer gilt für besonders heilsam. Um ihn versammeln
sich die Franken mit Weib und Kind, wenn sie von Türken
ungestört sich im Freien ergötzen, oder, wie man zu jagen
pflegt, ihren Kef machen wollen. Freilich entbehren sie da
bei Schatten und Grün, denn Alles ist kahl, aber sie treit
ben mancherlei Spiel, fuchen Salat, fischen, besonders
eine Art kleiner Muscheln, Arabisch Satelines (wahrscheint
lich die T-AAyn der Alten), und Französisch Meer, Nägel
(clous de mer) genannt, die roh und gekocht, wie Austern,
verspeist werden. Das Thierchen ist schwarz, und schützt
nur die eine Hälfte feines Körpers durch eine kleine ovale
Schale, weißlich mit braunen, welligen Streifen gezeich:
net; mit der anderen klebt es sich an die vom Meere bespült
ten Felfen.
Auf dieser Seite des Hafens finden sich mehrere alte
Salinen. Bei einigen unterscheidet man noch sehr gut den
Canal, der ihnen das Seewasser zuführte, und den Ort, wo
man wahrscheinlich eine Art Schleuse angelegt hatte, um die
Becken nach Belieben zu füllen oder zu leeren. Ein Paar
tiefere Buchten laffen glauben, daß sie einst eben so viele
kleine Häfen gewesen.
Mit Mühe kletterte ich über die Steine auf den alten
296
Hafen, Damm, dem Schloffe gegenüber, ohne lohnende
Ausbeute. Die ansehnlichen Fundamente des ersteren find
aus großen Felsenmaffen aufgethürmt, geben aber keine Kunde
mehr von der Zeit ihres Baues. In dem Schloffe selbst
find eine Menge Granit, Säulen horizontal nach verschiede:
nen Richtungen eingemauert, eben so in den Resten eines
nahen Türkischen Thurms. -
Dagegen unterrichtete mich Herr Guys einige Tage
später von dem verborgenen Daseyn einer Griechischen In:
schrift. Ich fand sie auf drei Seiten eines achteckigen Pie:
destals, das umgekehrt in die Erde gesteckt ist, um die Achse
eines Wafferrades (Naurah) zu stützen, und mußte viel
Schutt wegräumen lassen, ehe ich sie abschreiben konnte.
Sie besteht aus vier Absätzen, wovon die Buchstaben des
ersten drei Mahl größer sind, als die anderen, und von
den vierten ist nur eine verstümmelte Zeile auf dem Rund
stabe des Piedestals vorhanden.
Gern hätte ich auch einen schönen marmornen Löwen
aufwühlen laffen, der unlängst bei Verfertigung eines Gra:
bes entdeckt, und wieder verscharrt war, weil niemand die
Avanien wagen mochte, die jedem drohen, der sich das Kunst:
werk zueignet; da für gewiß gilt, daß der Löwe, welcher
einen Ochsenkopf zwischen den Klauen halten soll, große
Schätze bewache,
An Ausflügen in die entfernteren Umgebungen von La
takieh hinderte mich drei Tage lang anhaltendes schlechtes
Wetter, welches mit einem Gewitter begann. Desto emfi:
297
ger durchspähete ich die Stadt, die mir im Ganzen wohl
gefällt, ob sie gleich im Inneren, wie alle Türkische Städte,
Bilder der Zerstörung zeigt, und außerhalb sehr hohe Mist:
und Schutt, Haufen. Spuren des Erdbebens sind an vielen
Häusern sichtbar, und andere sind von Soldaten gänzlich
verwohnt. Wo diese sich einnisten, bringen sie den Gebäu
den baldigen Untergang. Latakieh ist von keiner Mauer ein,
geschlossen, wodurch der Ort, welchem auch in mehreren
Straßen das Pflaster fehlt, ein ländliches Ansehen erhält.
Er hat zwar Thore nach außen, wie die verschiedenen Quar
tiere innerhalb, aber ohne Thüren, daher man zu jeder
Zeit aus und eingehen kann, um die angenehme Abendluft
an der See zu genießen, welches in anderen Städte, deren
Thore mit Sonnen Untergang geschloffen werden, nicht
möglich ist. Die Einwohner, etwa 6000 an der Zahl, er
klären das hiesige Clima für das gefundete aller Syrischen
Küstenstädte. Den Franken wird aber sein Genuß öfter
durch die auffallende Unverschämtheit der Muhamedanischen
Jugend verleidet, die im Schimpfen überaus geübt ist, und
den vorübergehenden Europäer mindestens durch den Nacht
ruf „treulofer Franke!“ zu ärgern sucht. Daher vermeidet
man hier klüglich, sich unter vielen Menschen sehen zu las
fen, oder nimmt einen Janitschar zum Gefährten.
Am 7. März. Abends bestieg ich ein Arabisches Schiff von
Ruad (Aradus), das unverzüglich nach Kibris (Cypern) ab,
gehen wollte. Aber während der Nacht, die ich in der dum:
pfen Luft einer sehr schmutzigen Cajüte zugebracht hatte,
298
trieb uns ein starker Südwest weit gegen Norden; wir fan
den uns am Morgen Boffid (Posidonium) gegenüber. Lang:
fam und mit genauer Noth segelte der ungeschickte Reis um
Ras benaneh, und warf gegen Mittag die Anker im Hafen
von Latakieh. Meinen Verdruß über die unwillkührliche
Rückkehr sänftigte die Heiterkeit des Tages.
Am Abende des 10. Märzes ging ich wieder unter Segel,
und bettete mich auf das Hintertheil des Schiffes, obgleich die
Nacht feucht und kalt war. Bei Sonnen-Aufgange erblickte ich
die Küste von Cypern, und zwar das Vorgebirge St. Andreas
(Dinarctum). D'Anville's Charte fetzt einen Berg Olympus
in dessen Nähe. Ich habe aber keinen hervorragenden Berg
wahrgenommen, sondern das Land erhebt sich allmählich
aus dem Meere zu steilen Kalk Abhängen, deren Gipfel
ziemlich gleiche Höhe zu haben scheinen. Sie find mit nie:
drigem Walde bewachsen, oder scheinen größten Theils un:
bewachsen. Jener Olympus ist wahrscheinlich der im In-
neren des Landes liegende hohe Berg, der an der Westseite
das östliche Cyprische Gebirge endigt. Dann beginnt die
große Ebene, welche das östliche vom westlichen Gebirge
trennt, wiewohl Reihen niedriger, platter Kalkhügel durch
dieselbe setzen. An der Südküste laufen die Berge in flache
Vorgebirge aus. Ein solches ist Ras Bellur (Elaearum arca?).
Hier überfiel uns eine Windstille, welche fast die ganze
Nacht dauerte. Das Meer war so ruhig und klar, daß ich
bei Mondlicht die Steine im Grunde unterscheiden konnte.
ddddddddddddddd)
II.
(C y p e r m.)
1816.
2O 1
3 I.
Famagusta (Arfinoe) und Larnaka.
Mit Sonnen Aufgange waren wir, am 12. März, im Ha
fen von Famagusta (Arabisch Magufa), defen Eingang
enge ist, und nahe am Lande durch einen festen Thurm bei
schützt wird. Die Weite seines runden Beckens, auf einer
Seite von den alten Mauern und Thürmen der Festung,
auf der anderen von einem Felsen, Damme eingeschloffen,
überraschte mich. Auch muß es mit der verschrienen Seichti;
keit nicht gar arg feyn. Es lag ein großes Dänisches
Schiff vor Anker, das, obgleich beladen, aus Furcht vor
den Barbaresken nicht abzusegeln wagte. Sonst sah ich nur
noch zwei Boote, und nirgend Leben und Thätigkeit.
Da mein Reis hier einen Tag bleiben wollte, so bei
schloß ich, mein schwerstes Gepäck an Bord laffend, einen
Ritt nach Larnaka zu machen, und während die Maulthiere
dazu gemiethet wurden, nahm ich auf einem Spaziergange
die Stadt der Ptolemäer in Augenschein. Sie liegt meist in
3O2
Ruinen, unter welchen etwa dreihundert Türkische Bewoh:
ner herumschleichen. Alle Spuren der Herrlichkeit des Mit
telalters haben aber selbst diese noch nicht vertilgen können.
In einem runden Thurme ist ein schönes Thor von
weißem Marmor mit dem Namen des Erbauers, der Jahr
reszahl und dem Venetianischen Löwen, der die rechte Tatze
auf ein Buch stützt. Gleich hinter den eisenbeschlagenen
Thorflügeln sieht man das Fallgatter, dem man eine nie
drige Stütze untergemauert hat, um es in die Höhe zu hal:
ten. Nahe an dem Thurme innerhalb der Stadt liegt ein
coloff aler Löwe, ganz unbeschädigt. Die Hauptstraße bietet ei:
nen seltsamen Anblick dar: so weit das Auge reicht, wuchert
ein üppiges Grün auf menschenleeren Trümmern; nur hin
und wieder zeigt sich ein Gebäude. Die leichten Gothischen
Bögen zerstörter Kirchen und Klöster wetteifern mit dem
schlanken Wuchse der Palmen; breite Obstbäume und man
cherlei Gesträuche beschatten ihre Grundmauern. Links liegt
die Sophien, Kirche, jetzt zur Moschee umgewandelt, ein
Meisterwerk Gothischer Baukunst. Man tritt in den Kirch
hof, und findet sich vor der Façade von drei Gothischen,
spitzgewölbten Thoren mit vielen Hohlkehlen, Rundstäben
u. f. w. über einander, wie gewöhnlich. Man fieht noch
die Postamente, wo Heiligenbilder in den Nischen oder
Hohlkehlen der Thüren standen, die jetzt fehlen. Ueber je
des Thor erhebt sich ein dreieckiger Giebel mit den reichsten
Verzierungen, über diesen in der Mitte eine schöne Fenster,
Reihe. An jeder Ecke der Façade steigen zwei viereckige
Zo3
Thürme mit reich verzierten Bogenfenstern empor; aber die
Spitzen (fleches) und das spitze Dach, das die Kirche wahr:
scheinlich hatte, fehlen. Die Wendeltreppen, die hinauf
führen, bilden einen kleinen runden Thurm an jeder Ecke
der Façade. Ueber eine derselben hat man ein Minareh ge:
baut, dessen Spitze auch schon wieder herabgestürzt ist.
Durch die offene Thür betrachtete ich das Innere. Zwei
Reihen herrlicher, schlanker Pfeiler theilen das Schiff in
drei parallele Theile, und ein seltsam mattes Licht schim,
mert durch die Fenster, die mit bunt und künstlich geschnitz
ten hölzernen Laden verschloffen sind, welche einer feinen
Filigran: Arbeit gleichen, und durch ihre netzförmigen Oeff:
nungen hinlängliches Licht fallen laffen. Die alten Gebäude,
welche den Kirchhof umgeben, sind Ruinen. An der Stra
- sen Seite hat man ein Türbeh gebaut, das neu scheint,
und dessen Fenster mit schönem Marmor eingefaßt sind. Den
schlechten Säulen hat man viereckige antike Capitale mit
Acanthus Blättern untergelegt, die wahrscheinlich weißen
Marmor Pfeilern Korinthischer Ordnung angehörten. In
der Façade hat man, als Zierath, zwei schöne Granit Säur
len stehen laffen, die jetzt nichts tragen, und sich gleich zwei
Minarehs über dieselbe erheben. Ihr Sokel ist aus weißem
Marmor, so wie das Capital Dorischer Ordnung, und sie
haben ein hohes Piedestal. Vor ihnen ruht ein antiker Sar
kophag von weißem Marmor. Genien in Haut, Relief
stützen Blumen- und Frucht, Guirlanden, die ihn umgeben;
über diesen Masken. Keine schlechte Arbeit.
304
Der Eingang des Kirchhofes stößt an den Haupt-Platz
der Stadt. Gerade gegenüber erscheint ein, mit vier Granit
Säulen und Dorischen Triglyphen gezierter Thorweg, über
welchem ein Wappen (schwarze Balken, schräge gegen einan;
der in weißem Felde,) und der Römische Adler auf einem
anderen Relief. Dieser Thorweg führt zum Hofe eines
großen viereckigen Gebäudes mit vielen Thüren, jetzt zer
stört und öde, wahrscheinlich sonst der Regierungs-Palast.
Ich folgte der Haupt-Straße, fahe noch die Reste ei;
niger Gothischen Kirchen und mehrerer ansehnlichen Häuser,
einst Wohnungen der Ritter, jetzt der Eifel, und erstieg den
Wall. Der ausgetrocknete Graben ist in den Felsen gehauen,
und auf diesen hat man Mauer und Contrescarpe gegründet.
Von hieraus läßt sich die weite, größten Theils wüste Ebene,
worin nur Schafherden mit Begräbniß Plätzen wechseln,
überblicken, wenig gehindert von den beiden Gebirgen der
Insel, und das zu Leben und Thätigkeit einladende Meer
bildet auf der anderen Seite einen traurigen Contrast mit
den verfallenen Thürmen und grünen Ruinen der todten
Feste.
Zum Ritte nach Larnaka erhielt ich ein treffliches,
wohlgezäumtes Maulthier, an welchem mir auffallend war,
daß man den Futtersack vorn aufgebunden hatte. Aber soll
ches mißfiel mir keines Weges. Die dicke Wulst hindert den
nachlässigen Reuter, auf des Thieres Hals zu gleiten.
Der Weg wollte fast die Vorstellung, welche ich mir
von dem kläglichen Zustande des Landes gemacht, noch über
305
treffen. Als ich das Kloster und Dorf Agioluk (St. Lukas),
nahe vor der Stadt, im Rücken hatte, breitete sich eine end:
lose Ebene vor mir aus, in welcher selten ein Dorf mit
fchlecht bebauten, magern Feldern und Gärten auftaucht.
Herden von Schafen, mit langer, feidenartiger Wolle und
Fettschwänzen, auch dreifarbige Ziegen schweifen in der weit
ten Einöde umher, und verlaffen sie wahrscheinlich während
des Sommers, wo Alles verdorrt, um in die Berge zu zie
hen. Kein Baum ist zu erblicken; nur hin und wieder ein
kleiner Strauch. Häufiger sind die Spuren ehemahliger
Ortschaften, einzelne, halb zerstörte Kirchen mit umher lie
genden Steinhaufen; die Gruben, aus welchen das Bau
Material gewonnen ward, in der Nähe. An vielen Stellen
sieht der nackte Felsen aus der Erde hervor. Einige flache
Niedrigungen zeigen Kalksteinboden, und mögen einst Was
fer enthalten haben; aber von Flüffen, die D'Anville's Charte
angibt, habe ich sonst keine Spur gefunden.
Man rechnet von Famagusta nach Larnaka acht Stun,
den. Ehe ich die Hälfte dieses Weges zurückgelegt hatte,
stieß ich auf das elende Griechische Dorf Agura, in dessen
Nähe ich viele Schweine fahe, die auf der Insel vorzüglich
gedeihen. Die Häuser bestehen aus Erde. Auf halbem
Wege liegt Ormycia in einem kleinen Thale. Hier steigt
man durch steinige Schluchten von Kalkstein und Conglomer
rat, worin viele Steinbrüche, zur See hinab, und reitet
immer dem Strande entlang bis Larnaka. Die Schiffe auf
seiner Rhede waren schon deutlich zu fehen. Der Weg ist so
2Q
Zo6
vortrefflich, wie die beste Livländische Straße; er besteht
aus feinem Grand. Der Boden ist hier dicht mit kurzem
Wacholder Gestrüppe (wenn ich nicht irre,) bedeckt. Weil
ter kam ich an einem zerstörten Dorfe vorbei, von welchem
noch die Kirche steht, und nahe der Küste einer Art von
Blockhaus, sonst mit Kanonnen besetzt. Jetzt ist. Alles ver:
laffen. -
- Ich ritt gerade nach der Marine (Scala) von Lar,
naka. Sie ist von Erdziegeln gebaut, wie Damaschk, aber
die Häuser sind ungemein viel schlechter, als die dortigen,
von einem einzigen Stockwerke. Doch verleiht vielen ihre
Lage an den Quays Annehmlichkeit und frische Luft. Herr
Perfiany, der Russische Consul, nahm mich gastfrei auf
Am Abende fand sich eine kleine Gesellschaft von Franken bei
ihm ein, unter welchen mir der Dänische Consul, in Grie:
chischer Tracht mit dreieckigem Huthe und Haarbeutel, am
originellsten erschien.
Am folgenden Mittage (den 13. März) fuhr ich mit
Herrn Perfiany in einer zweirädrigen Kalesche nach der
Stadt Larnaka, die sich durch nichts von der Marine unter
scheidet. Seltsam ist es aber, daß jene, obgleich höher im
Lande, niedriger liegt, als der Hafenort. Ihr Name soll
auch von Aagya, Vertiefung, Grab, herrühren. Nicht
unpaffend; sie ist mit zum Theil falzigen Sümpfen umge:
ben, welche während der Dürre, die vom Mai bis October
anzuhalten pflegt, die Luft verpesten. Die unregelmäßigen
Straßen sind enge und ungepflastert. Deffen ungeachtet ent
Zo7
hält der Ort an 5000 Einwohner, meist Griechen, und treibt
einen so wichtigen Handel, daß alle große Europäischen
Staaten hier Consulen oder Vice : Consulen unterhalten.
Baumwolle, Seide, Wolle, Weizen, Salz und Wein find
die wichtigsten Gegenstände der Ausfuhr, welche gegen man
nigfaltige Manufacturz und Colonial / Waaren umgesetzt
werden. - - - - -
Eine interessante Bekanntschaft machte ich an dem eher
mahligen Französischen Conful, Herrn Regnault, der jetzt
in gleicher Eigenschaft nach Tripoli versetzt ist, einst als In;
genieur unter Bonaparte in Aegypten diente, und dann dem
dortigen Französischen Institute angehörte. Ein sehr kennt,
nißreicher Mann. Die meisten anderen Consulen sind ein
geborene Griechen, und gelten hier für eben so schlau, als
gewinnsüchtig. Sie follen die Juden, die seit Trajan's Zeit
ten auf Cypern nicht wohnen dürfen, vollkommen ersetzen.
Wer an die zwar stolze, aber ruhige und feine Höflichkeit der
gebildeten Türken gewöhnt ist, dem wird die Unterhaltung
mit diesen Griechen sehr beschwerlich fallen. Wenn zwei zu
sammen sind, sprechen sie meist gleichzeitig und übermäßig
laut. Die Dienstfertigkeit, womit Herr und Frau Per
stiany ihrer Dienerschaft und ihren Kindern meinetwegen
Befehle geben, erregt stets einen großen Lärm, ohne wel,
chen hier überhaupt nichts zu vollbringen scheint. Jede Klei,
nigkeit kostet einen Schwall von Worten. Wenn ich Herrn
Pertiany um etwas befragen will, muß ich oft lange auf
eine augenblickliche Pause in dem Getöse warten, und dann
Zo8
unterbricht er wohl die angefangene Antwort, um mit irgend
einem Gliede des Hauses weiter zu lärmen, und eben so oft
thut er dies, wann er mich um etwas fragt, Statt meine
Antwort abzuwarten. Dieser geräuschvolle Redefluß ist den
Griechen eigen; aber mir nie mehr aufgefallen, als hier.
Eine Angelegenheit des Tages, die allgemein bespro;
chen wird, ist der Zwist des Französischen Consuls mit dem
Guardian vom hiesigen Lateinischen Kloster des heiligen Land
des. Jener will seinen Gegner gewaltsam nach Jerusalem
schicken, weil er die Zulaffung eines Taufzeugen verweigert,
und den felben, als er ihm darob den Prozeß machte, er
communicirt hat. Von beiden war dabei in den Formen ge:
fehlt, und in der Hitze zu weit gegangen. Der Pater hatte
sich erst unter Kaiserlichen, dann unter Schwedischen Schutz
begeben, und so wurde aus dieser Taufgeschichte eine Haupt-
und Staats, Action, die wahrscheinlich nach Rom, Paris
und Konstantinopel gelangt, wie sie fchon nach Jerusalem
gelangt ist.
Herr Pertiany ist in beständiger Verlegenheit wegen
Ruffrischer Flüchtlinge nach Persien, die er nach Konstanti
nopel schicken soll, und ehe er solches möglich findet, füttern
muß. Er scheint überhaupt mit feinen Verhältniffen wenig
zufrieden, wozu jedoch wohl der Grund in den allgemeinen
Zeitläuften liegen mag. Der Muteffelim hat sich bestechen
laffen, und die Kornausfuhr erlaubt; in diesem Winter ist
kein Regen gefallen, und die Hoffnung des Landmannes
durch Dürre vernichtet; daher Theuerung und Hungersnoth.
309
Die Tataren von Konstantinopel haben die Pest aus Kara
manien nach dem kleinen Hafenorte Cerigna (Ceronia, auf
der Nordseite der Insel,) gebracht, von wo sie sich bereits
weiter verbreitet. Indessen machen sich hier die meisten nicht
vielmehr daraus, als wenn man daheim bei uns erzählt, es
herrsche das kalte Fieber, und alles Volk strömte sorglos zu
fammen, um hiefelbst den Einzug eines aus Konstantinopel
nach Damashkverwiesenen Kislar Aga (Oberster der schwarzen
Verschnittenen) zu sehen. Sein Gefolge war nicht glänzend.
Die nahen Schutthaufen von Tschitti (Citium) vert
dienen keinen Besuch. Interessanter war mir der so weit:
lich gelegene Salzsee Taslar, der wohl ein Paar Meilen
Umfang haben mag. Der sandige Boden und die Höhen
umher find von Salpeter geschwängert und gelblich gefärbt.
Er füllt sich des Winters mit Regenwasser, welches vom
Mai bis Julius verdunstet, und das fehr reine und weiße
Salz zurück läßt. Dieses wird im August ausgehauen, am
Ufer aufgehäuft, und gegen den Winterregen mit Sande bei
freut, bis man den ganzen Vorrath allmählich abführt. Am
See liegt die elende Hütte eines Türkischen Aufsehers, und
gegenüber eine Türkische Moschee; an seinem nördlichen
Ende aber das verlaffene St. Georg"s Kloster und der Aqua-
duct Bekir - Pascha's, welcher Larnaka und den Marinen
gutes Quellwaffer zuführt. Doch pflegt man daffelbe zu fil:
trieren, bevor man es trinkt.
Was Larnaka für den aus Asien heimkehrenden Euro
päer einen eigenen Reiz verleiht, das sind die mancherlei
31 o
Spuren des Europäismus, die er hier im Aeußeren erblickt,
und unter welchen der Huth, den Turban verdrängend,
oben an steht. Die Weiber sind meist auf die gewöhnliche
Griechische Weise gekleidet, aber sie tragen über dem Rocke
ein enges, vorn ausgeschnittenes und unter der Brust zusam,
men genesteltes Camiol, welches, fie hervordrückend, die
fer wohl Fülle, aber kein graziöses Ansehen gibt. Das
Haar fällt geflochten über den Rücken hinab. Vornehme
Frauen fahe ich den Bewohnerinnen von Pera gleich einher
gehen; auch das kleine weiße Mützchen derselben fehlte nicht.
Beide Geschlechter scheinen die weiße Farbe vorzüglich zu
lieben.
Unter den hiesigen Fremden gefiel mir der Französische
Reifende, Herr Nerfiat, am meisten, der, auf Bonaparte's
Geheiß, Syrien, Natolien und Persien besuchen sollte, aber
in seinem Vorhaben durch die politischen Umstände gehindert
war. Man muß gestehen, keine Regierung thut mehr für
die Erforschung des Orients, als die Französische, und keine
sendet dorthin besser vorbereitete Männer. - Herr Nersiat
muß zu den kenntnißreichsten gezählt werden.
- - - - - - - - - - - - - - - -
31 1
Z2.
Nikosia. Das St. Chrysostomus-Kloster.
Nachdem ich am Morgen des 15. Märzes den Gegen
Besuch des Englischen Consuls, Herrn Paliziano, empfan
gen hatte, bestieg ich nebst meinem Bedienten und einem Ja
nitschar unseres Consulats, Hussein, treffliche Mäuler zu ei:
nem Spazierritte in das Innere.
Bald verließ ich die Ebene, und zog die kahlen Kalk
Berge hinan, die sich hier herabsenken, und meist platte
Gipfel haben. Die Steinart ist dieselbe wie in Latakieh,
weiß und gelb; hin und wieder erscheint ein metallhaltiger
Thonstein, und an manchen Stellen glaubte ich Spuren
des Bergbaues zu bemerken. Uebrigens liegt der Boden fast
ganz wüst, und die Landleute schleichen in kläglicher Gestalt
einher. Zum Fuhrwerke bedienen sie sich zweirädriger Karl-
ren mit zwei Ochsen bespannt. Sie mögen aus den Zeiten
der Italischen Herrschaft über die Insel stammen, so wie die
hiesigen Windmühlen, welche runden Thürmen gleichen, und
ein hölzernes Dach mit acht Flügeln haben.
Die Betten der Bäche, denen man folgte, waren
größten Theils trocken, und nur einen einzigen fließenden
Quell fand ich in diesem traurigen Lande, das nur aus der
Ferne schöne Ansichten gewährt. Hier bot es die beiden Ge
birgsketten. Die westliche ist höher, die östliche aber wilder
und feltsamer gezackt.
312
Unter Weges traf ich allmählich mit einer Reife - Get
sellschaft zusammen, aus einem Englischen Dragoman, ein
nem Griechischen Geistlichen und einem Türkischen Aga mit
ihren Dienern bestehend. Wir stiegen nach Sonnen. Unter
gange an der anderen Seite der Hügel hinab, und erreichten
das Dorf Katirdshy Koy, Griechisch A3 lauvo genannt, wo
wir im Hause des Maulesel, Treibers übernachteten. Mein
Camerad in demselben reinlichen und geräumigen Zimmer
war der Aga, der aber so wenig, als Huffein, von meinen
mitgebrachten Fleischspeisen kosten wollte, aus Furcht, ich
möchte sie mit meinem Meffer, das zuvor an etwas Unreines,
Schweinefleisch c. gelegt feyn könnte, berührt haben. Ich
erinnerte mich dabei der Griechischen Fasten. Strenge, wo
von mir Madame Perstiany ein Beispiel gegegeben, indem
fie sich eines Abends weigerte, von den Salat zu kosten, den
ihr Mann mit einem Meffer angerührt hatte, das bei einer
Fleischspeise gebraucht war.
Meine Wirthin rechtfertigte den Ruf der Schönheit
Cyprischer Frauen, und machte der Venus-Infel Ehre. Ich
erinnere mich nicht, ihres Gleichen in Hinsicht des schlanken
Wuchses und eines edlen Griechischen Profils gesehen zu ha:
ben. Um Kopf und Kinn trug sie mit Geschmack ein buntes
Tuch gewickelt, ihr rother Rock war in viele Falten gelegt,
und ihr blaues Camifol mit langer Taille schloß enge an. In
ihrem ganzen Wesen herrschte Anstand.
Die Häuser bestehen aus Lehmpatzen, und haben oben
am Dache eine Menge kleiner, viereckiger Oeffnungen, in
313
denen zahllose Tauben nisten. Höfe, Gärten und Felder
sind mit Hecken umgeben, die, während fie grünen, dem
Auge wohlthun müffen. Das Hausgeräth ist mehr Euro-
päisch, als Asiatisch. Rohrstühle und breite Bänke, die als
Bettstelle dienen, find das wichtigste. Der Eßtisch, der
in Aegypten aus Dattelzweigen, bei den Arabern aus einem
Leder, bei den Türken aus verzinntem Kupfer besteht, ist
hier aus Rohr sehr gut geflochten.
Wir brachen mit der Sonne auf, und ritten größten
Theils in einer Ebene, die jedoch hin und wieder von flachen
Hügeln unterbrochen ist. Das Dorf Pyroy am Flüßchen
gleiches Namens, über den eine Brücke von mehreren Bo
gen führt, liegt in einem schönen, sanften Thale voll Pal:
men und blühender Obstbäume auf grünen Feldern. Doch
auch hier merkte man den Waffermangel, und jenes Flüß
chen ist fast trocken. Nahe gibt es eine Kirche an den Fel,
fen gelehnt, und in demselben mehrere Grotten; weiter
rechts vom Wege das Dorf Margo, noch etwas weiter zur
Linken der Tschiftlik (Landgut) Athalaffa und mehrere andere;
dann stiegen wir die letzte Hügelreihe hinab, und erblickten
vor uns, in der grünen Ebene Nikosia (Leukofia).
Die Stadt macht von weitem einen angenehmen Ein-
druck durch Vereinigung sehr verschiedenartiger Gegenstände.
Das Erste, was auffällt, sind die weitläufigen Festungs-
werke, über welche die Häuser nur wenig hervor ragen.
Ihre Bauart von Erde, und die vielen Palmen erinnern an
Aegypten; aber die darunter gemischten Cypreffen und die
514
hohen, weißen Minarehs noch mehr an Konstantinopel.
Letztere erheben sich auf Gothischen Kirchen, die den Bes
fchauer wieder nach Europa versetzen. Die beiden Mina
rehs der Sophien/Dshami (Haupt-Moschee) glänzen über
die ganze Stadt und Gegend. Die Festungswerke haben
runde Basteien, ein doppeltes Talus von Quadern über ein:
ander, viele Zimmer, und sind inwendig mit Erde bekleidet.
Weder Graben, noch Contrescarpe sieht man. Das Thor
ist in einem großen, runden Gewölbe, worin das Licht von
oben, durch eine runde vergitterte Oeffnung fällt. Die Wälle
scheinen alle inwendig aus gut gefütterten Casematten zu bet
stehen, sind aber jetzt finster und verschüttet. Wenige Stücke
Geschützes von geringem Caliber. Gleich am Thore und dar:
über hinweg läuft eine Wafferleitung auf vielen runden Bo
gen Türkischer Bauart.
Ich begab mich in das Kloster zum Erzbischofe, an
welchen mich unser Conful empfohlen hatte. Er heißt Kit
prianoy, und ist unabhängig von dem Patriarchen zu Konstan:
tinopel, wodurch fein Ansehen sehr vermehrt wird. Er macht
gegenwärtig dem Muteffelim den Rang streitig, welcher meist
auf Jahresfrist vom Kapudan-Pascha (Groß-Admiral) einge:
jetzt wird, und in wichtigen Dingen, die Griechen betreffend,
nichts ohne den Erzbischoff vermag. Diesen wählt die Geist
lichkeit der Insel, und er kann nur ein Eingeborener feyn.
Bei feierlichen Aufzügen läßt er einen großen Stab, worauf
eine filberne Kugel mit goldenem Kreuze, vor sich her tragen.
Der Nächste nach ihm ist der Archimandrit des Klosters.
315
Man nahm mich artig auf, aber mit viel Wesen und
Ceremoniell, wie es die Griechen überhaupt lieben. Ich
sprach Türkisch mit dem alten geistlichen Herrn, bei welchem
ich eben so viel Selbstgefühl, als Schlauheit zu bemerken
glaubte. Seine jährlichen Einkünfte sollen sich auf dreißig
tausend Piaster belaufen, hinreichend, um den fürstlichen
Aufwand zu bestreiten, mit welchem er lebt.
Auch dem Archimandriten wäre ich meinen Besuch
schuldig gewesen; aber er ist taub, und befand sich unpäß:
lich. Dem Muteffelim, welcher in dem alten königlichen
Pallaste wohnt, mich vorstellen zu laffen, hielt ich für über
flüssig, da der Erzbischof mir schon erlaubt hatte, alle Merk
würdigkeiten beliebig in Augenschein zu nehmen.
Das geräumige Kloster ist um den Hof der Kathedrale
gebaut, deren Hintertheil, gleich allen Griechischen Kirchen
der Insel, einen dreifachen, halbrunden, thurmähnlichen Aus-
bau hat, worin das Allerheiligste. Die Bauart der ehemah,
ligen Sophien: Kirche ist ein Gemisch von Gothischem und
Neugriechischem Styl, wie es einst den Venetianern eigen
war. Sie hat zwei große Neben: Thore an der langen Seit
te, die zum Theil mit Türkischen Gräbern und schlechten
Hütten verbaut sind, und die Fagade eine offene Vorhalle
von drei Kreuzgewölben. Die Stelle der Thürme vertreten
jetzt zwei Minarehs verschiedener Bauart. Da der Boden
mit Matten bedeckt und die Mauern übertüncht sind, so kann
man nicht sehen, was etwa von Grabsteinen, Mosaik und
Malerei übrig ist. Gegenüber steht die zerstörte St. Niko
-
516
lai Kirche, von deren Gewölben einige eingestürzt find; in
anderen wird Seide gesponnen. Mehrere Gebäude der
Stadt bestehen noch ganz, oder zum Theil aus den alten Ver:
netianischen Häusern. Ich fand viele Wappen, unter ande,
ren nicht weit von der Sophien: Kirche die Französischen Li:
lien, und ein anderes mit einer päbstlichen oder Degen:
Krone. Vom Palaste find die Fundamente alt, das Gothic
fche Thurmthor und inwendig die Treppen. Vor ihm steht
in dem Türkischen Begräbniß Platze bei einer Moschee auf
hohem Piedestal eine Granit Säule mit marmornem Capit
tale (Dorischer oder Toscanischer Ordnung) aufrecht. Ihre
Lateinische Infchrift, ganz unten am Fußgestelle, ist bis auf ei:
nige unzusammen hängende Wörter vermauert. Daneben hat
man einen Sarkophag von grauem Marmor, der einen ein:
fachen viereckigen Kasten vorstellt, zur Brunnen: Einfassung
benutzt. Er enthält zwei Griechische Inschriften auf dersel,
ben Seite, von derselben Linie eingefaßt. Die erste, und
die Hälfte von der ersten Zeile der zweiten ist absichtlich zer
stört, daher ich nur mit Mühe einige Buchstaben errathen
konnte. Bei einem Tekieh (Kloster) bezeichnet ein Stein
mit Lateinischer Inschrift das Grab eines Cyprischen Mini
fers, Agostino Canali, aus dem Jahre 1554.
Die Bevölkerung Nicofia's übersteigt gewiß 16,000,
wovon mehr als die Hälfte Türken, die übrigen, bis auf
wenige Armenier und Maroniten, Griechen find. Ihre un:
ansehnlichen Häuser ruhen häufig auf alten Fundamenten,
und bilden schmale, kothige Gaffen. Der übrigens wohl
317
versehene Bafar ist nicht einmahl gewölbt, sondern wird nur
bei Regenwetter durch Matten geschützt. Die hiesigen Mal
nufacturen beschränken sich auf gute baumwollene und sei
dene Zeuge, und gefärbte Leder.
Unweit der Stadt liegen die Dörfer Kaimakly und
Omorfa. Weiter fand ich eine lange Brücke über das trockene
Bette des Fluffes Chatfirga, in der Nähe des Dorfes Nea
mylia. Die Brücke besteht erst aus sechs niedrigen, runden
Bogen, dann aus drei hohen, spitzigen, worunter ein Arm
des Fluffes durchgeht; dann folgen abermahls zwei niedrige,
runde, dann drei hohe, spitzige Bogen über einen zweiten,
trockenen Arm, und schließlich vier niedrige, runde; über
haupt achtzehn. Der Grund in den trockenen Strombetten
ist grauer Marmor.
Nun kam ich zu nackten Bergen, aus einem thonarti:
gen Steine bestehend, dessen Schichten fast vertical einschie:
ßen, und in langen parallelen Rücken vom Haupt- Gebirge
sich in die Ebene ziehen, von Osten nach Westen. Jenes ist
oben seltsam zerfreffen und gezackt, und hat mehrere niedere
Felfenkämme, an die fich Erdschichten und lose Steintrüm,
mer lehnen, als wären sie hinab geglitscht.
Am Fuße und steilen Abhange der höchsten Wände
liegt das große, massive St. Chrysostomus, Kloster. Von
außen gleicht es einer Burg. Inwendig umgeben Galerien,
die zu Hallen führen, und ein kleiner Garten den Hof,
worin eine Kirche, aus einer besonderen Art langer und glatt
ter Ziegel gebaut, mit zwiefachem Ikonostas (Heiligenta
318
fel). Der alte Haupt-Eingang ist jetzt auf der Seite des
Gartens, und gewöhnlich verschloffen. Nachdem man durch
das Haupt Thor in ein Gewölbe getreten, das ein Vorhaus
bildet, findet man drei, sehr sauber gearbeitete Thüren von
grauem und weißem Marmor, welche in das Schiff führen,
dem Ikonostas gegenüber, das mit angeschwärzten Bildern
und goldenem Schnitzwerke ganz bedeckt ist. Neben und
über den drei Thüren, wie auf dem Boden, sieht man noch
Reste der alten Mosaik. Sie ist hier nicht aus Glas, Pat
sten, sondern aus bunten Steinen zusammen gesetzt, worun,
ter die Mönche ein Paar gewöhnliche Naturspiele, Zahlen
oder Buchstaben darstellend, als Wunderwerk zeigen. Viele
andere Spuren des Alters mag das oft wiederhohlte An-
weiffen verwischt haben. Ob die Heiligenbilder an der Decke
Malerei oder Mosaik sind, konnte ich wegen der Höhe und
Dunkelheit nicht unterscheiden. Die Kuppel ruht auf den
Wänden der Kirche, an welche sich halbrunde Pfeiler leh
nen. Zur Linken des Haupt, Schiffes ist ein zweites, mit
kleinerer Kuppel bedeckt.
Zur Zeit des Abendessens ließ sich ein Geiger ver:
nehmen, der Türkische Melodien spielte, und meinen Jai
nitschar zum Singen, die Eseltreiber zum Tanzen begei
ferte. Ihr Tanz glich dem der Buffaz Tänzer der Ball
lets, abgerechnet die Stiefel, einwärts gekehrten Füße und
Schnippchen, die fiel mit ausgestreckten Händen schlugen.
Es ward immer lebhafter; plötzlich hockten sie sich nieder,
sprangen wieder auf, verdrehten den Leib, schlugen mit
319
den Sohlen an einander und mit den Händen auf Kopf
und Sohlen. Ich hatte lange keine so heftige Aeußerung
der Luft gesehen. -
d,44 - - - - - - - - - - - -
320
33.
Ueber Bufavento, Chytria, Timbos und Larnaka
nach Karaman.
Nachdem ich (am 17. März) die flüchtige Skizze zu
einer Zeichnung des St. Chrysostomus Klosters entworfen
hatte, eilte ich zu dem Gipfel des Berges, der über ihm liegt,
und die Trümmer des Schloffes Bufavento trägt, von den
Bewohnern Rianeh genannt, weil eine Königin Ria es ge:
baut und bewohnt haben soll. Auf einem steilen und bei
schwerlichen Wege, wo zwischen herab gestürzten Steinmaß
fen Oehlbäume und mancherlei Gesträuche wuchern, ritt ich
mit Huffein muthig bergan. Der Maulesel, Treiber und ein
Führer begleiteten mich. Den faulen Kirkor hatte ich, auf -
feinen Wunsch, bei meinen Sachen im Kloster zurück gelaf,
fen. Am Fuße der fast senkrechten Wand, die von Spalten
und Zacken zerriffen ist, zwischen denen krüppliche Fichten
und Cedern wachsen, stiegen wir ab, und erklommen den
Felsen zu Fuße, manches Mahl auf den Vieren, der Spur
eines alten Fußsteiges folgend. So erreichten wir endlich
den oberen Rand des Felsenkammes, wo sich uns plötzlich
auf der anderen Seite eine reiche, herrliche Aussicht eröff
nete. Der Berg ist nämlich ein sehr schmaler, und auf bei
den Seiten jähe abstürzender Felsen. Auf beiden Seiten
blickt man in tiefe, dunkele Gründe hinab. Gegen Nordost
genießt man einer weiten Ansicht der bergigen Küste bis ge:
521
gen Carpaffo (Carpafia) hin, und gegenüber erscheinen die
Berge Karamanien's in blauer Ferne. Auf der anderen
Seite, gegen Südwest, verschwinden die niedrigen Ab
hänge, über die ich Tages zuvor geritten, fast ganz, und
verschmelzen mit der weiten, grünen Ebene, welche die bei
den Bergketten der Insel trennt. Die beschneiten Höhen
des Oros Staveros (Olympus, Monte Croce,) und das
Meer im Norden und Süden der Insel bilden den weit
ten Horizont. Es lohnte die Mühe!
Aber von hier bis zum Schloffe hatten wir noch
eine ziemliche Strecke zu klettern, und als wir hinkamen,
gewährte es mir wenig Befriedigung. Am besten erhalten
find etliche gewölbte Cisternen. Mauern und Thürme hän
gen am Rande ungeheurer Abgründe. Die höchste Spitze,
wiewohl Gebäude darauf gegründet find, konnte ich doch
nicht erreichen, denn es fand sich kein Weg mehr zwischen
den steilen Felsen. Ich kehrte nach St. Chrysostomus
zurück.
Nachmittags ritt ich über dieselben nackten, feltsam
geschichteten Berge, wie am vorigen Tage; aber in einer
mehr nördlichen Richtung. Ueber und unter dem St.
Chrysostomus-Kloster zeigen Ruinen von Kirchen und Häus
fern, daß die Umgebungen desselben sonst zahlreich bewohnt
waren. Jetzt sind nur noch ein Paar Bauern in einer
kleinen Meierei vorhanden, Oehlbau und Schweinezucht
treibend. -
Am Fuße des Gebirges, in der Ebene, liegt das
All
A
322
weitläufige Dorf Chytria zerstreut, zwischen Gärten von
Oehl und Maulbeer, Bäumen und wohl gewäfferten Korn,
Feldern. Pappeln, gemischt mit Palmen und Cypreffen,
beschatten das Ufer eines Baches, der nahe aus einem star:
ken Quell hervor dringt, und in mehreren Armen den Ort
durchschlängelt. Seine Gebäude find groß und reinlich,
von Erdziegeln erbaut, und umher prangten die Gärten mit
einem Ueberfluffe reifer Citronen. Man theilt diese Be;
fitzung in Ano, Kato und Paloe: Chytria. Sie gehört
einem reichen Griechen, Namens Petraki, von welchen ich,
auf Perstiany’s Empfehlung, prächtig aufgenommen wurde.
Sein Hausgeräth war zierlich und kostbar; es paarte Euro-
päische Stühle und Commoden mit Aegyptischen Matten,
und die Diwans hatten einen Ueberzug von dem bekannten
trefflichen Cattun aus Nikosia, dessen Farbe nie verbleicht.
Mir wurde ein leckeres Abendeffen gegeben, während der
Wirth magere Fastenspeise aß, und meine Bettwäsche bestand
aus dem feinsten Muffelin. Türkisch nennt man den lieblichen
Ort nur Deghirmenlik, Mühlen Ort, weil der erwähnte
Bach mehrere Mühlen treibt.
Nicht weit von der Wohnung meines gastfreien Wirt
thes stehen die Ruinen einer alten Griechischen Kirche, an
deren Decke und Wänden noch eine grobe, aber, wie es
fcheint, ziemlich alte Fresco, Malerei zu sehen ist. In ihrer
Nähe fand ich im Grafe auf einem viereckigen, grauen Mar
mor, hin und wieder mit Quarz / Adern durchzogen (wor;
aus hier der höchste Bergrücken besteht,) eine etwas ver:
323
stümmelte Griechische Inschrift, die ich meiner Samm
lung einverleibte.
Petraki, der sich sehr gut Türkisch ausdrückte, er
zählte mir die verschiedenen Avanien, die er von der Regie
rung dulden müsse, und wie er unlängst bei dem geringsten
Widerspruche in's Gefängniß geworfen fey, aus welchem ihn
die Fränkischen Consulen errettet. Nach der Vertheilung
der Kopfsteuer muß er allein tausend Piaster zahlen; die
übrigen Abgaben ungerechnet. Zweihundert Piaster ist das
Gewöhnliche, und der ärmste Taglöhner entrichtet nicht weit
niger, als achtzig Piafter Kopfsteuer. Vormahls zahlte der
Muhaffil (Einnehmer der großherrlichen Gefälle, welches
hier der Muteffelim zugleich ist,) jährlich einhundert und
funfzig Beutel, welche Summe jetzt bis auf zwölfhundert
Beutel erhöht ist, obgleich die Insel täglich von Griechen
mehr entvölkert wird. Das Land selbst eilt mit raschen
Schritten seiner gänzlichen Verwüstung entgegen. Unord;
nung und kurzsichtige Habsucht zerstören die wenigen Wälder
auf den Bergen, daher versiegen die Quellen; die Regen
werden seltener, die von der Sonne ausgebrannten Felder
erzeugen Mißwachs; die Bauern, überdies stets dem Raube
der Regierung Preis gegeben, entfliehen; öde Heiden und
ungesunde Sümpfe treten an die Stelle sonst blühender Dörr
fer und Gärten. -
Bei der Rückkehr nach Larnaka nahm ich den Weg
über Timbos, eine Meierei des Erzbischofs, wo ich speisete
(18. März). Ein starker Sturm der vorhergehenden Nacht
324 ,
hatte endlich einige Regenwolken über der feufzenden Insel
angehäuft, die jetzt fich in Schauern, mit Donner begleitet,
ergoffen. So hatte also die Procession zur Madonna della
Cheengna, wozu ich vom Erzbischofe geladen war, ihre Wirt
kung für das Land, und folglich auch für die Gläubigen nicht
verfehlt. Der Weg war langweilig. Dieselbe öde Heide,
wie zwischen Famagusta und Larnaka, und solche kahle Ber:
ge, wie ich sie auf dem Ritte nach Nikosia bejähnte. Bei
guter Zeit war ich wieder in der Marine.
Am folgenden Tage machte ich mit dem Conful bei
Herrn Bernard und Michael Karady, Greifen aus einer als
ten Cyprischen Familie, und bei dem Bischofe von Citium
in Larnaka meinen Besuch. Die Wohnung des Letzteren,
im Hofe der Kirche St. Salvatore belegen, nennt man die
Metropole, vor deren Thore ich einen Stein und eine über
alverstümmelte Marmor-Platte mit Griechischer Inschrift
fand. Die auf jenem erinnert an Kleopatra und Ptolemäus
Philometor. Den Wohnungen der Reichen mangelt auch
hier weder Aufwand noch Annehmlichkeit; aber sie scheinen
mir darin ein so langweiliges Leben zu führen, daß ich es
nicht länger theilen mochte.
Zu meiner Erlösung war eben ein dreimaltiges Han-
delsschiff aus Trapezunt von Beirut angekommen, mit dessen
Reis ich meine Ueberfahrt nach Attalia für funfzig Piaster
bedang, wobei mir freigestellt blieb, ob ich die Reise zu Lande
fortsetzen, oder abwarten wolle, bis er dort seine Ladung
Getreide für Konstantinopel vollendet. Er spielte den Tag
A
325
pfern, und schien den Aequinoctial, Stürmen trotzen zu wol,
len, die sich in anhaltenden Regenschauern ankündigten,
und den Horizont mit dichten Wolken bedeckten. Indessen
blieb er doch ruhig auf der Rhede von Larnaka, wo er nichts
zu thun hatte, bis das gefürchtete Fest der vierzig Märtyrer
(9. März alten Styles) vorüber war. Um die Zeit zu tödten,
fuchte ich Lectüre, und war nicht wenig erfreut, als man mir
Voltaire's historische Schriften reichte. So entzog ich mich
der kreischenden Gesprächigkeit meiner Umgebung, die mir
dagegen den Vorwurf Türkischer Wortkargheit machte.
Am späten Abende (den 21. März) schickte der Reis
feine Barke nach mir, in einer Finsterniß, die weder das
Schiff, noch die Stadt sehen ließ. Große Maffen leuchten:
der Funken sprüheten unter den Ruderschlägen hervor, und
zogen in langen Streifen dem Steuer nach. Es war aber
Windstille, und das Schiff setzte sich nicht in Bewegung.
In der Cajüte wohnte der Haupt-Rheder, ein lahmer Greis,
mit feinem kleinen Georgischen Sklaven; der andere, nebst
dem Schreiber, in den Kojen am Steuerruder. Also blieb
mir nichts übrig, als mich unter die Matrosen in den Raum
zu betten, wo ich eine äußerst schlechte Nacht zubrachte. Am
Morgen lichtete man die Anker, und lavierte den ganzen Tag
im Angesichte der Rhede von Larnaka. Ein Mahl stieß das
Schiff auf eine leichte Stelle, ward aber durch Umlegen der
Segel leicht los gemacht,
Die zweite Nacht brachte anhaltend günstigen Wind,
und am Morgen fah ich mich Limaffol gegenüber, dessen
326
Häuser und Minareh, in einer langen Linie am Ufer, die
Ebene in Westen und die waldigen hohen Berge im Rücken,
ich durch das Fernrohr genau betrachten konnte. Die Ge-
gend, welche bekanntlich allein den köstlichen Cyper-Wein lie
fert, schien mir wohl angebaut; es wechselten Kirchen, Klö
fer, Meiereien und Dörfer. Am Nachmittage fuhren wir
Baffo (Nea, Paphos) vorüber. Ein Theil der Stadt liegt
auf einem, sich weit in die Länge ausstreckenden Felsen; ein
anderer am Fuße desselben, mit Gärten gemischt bis zum
Meere und einem alten Schloffe des Hafens. Am Abende
erblickte ich das westliche Vorgebirge der Insel; aber wäh:
rend der Nacht trat wieder Windstille ein. Doch ein frischer"
Morgenwind brachte uns endlich in den Canal zwischen Cy;
pern und Natolien; er dauerte den folgenden Tag. Da er
schien der Taurus durch Wolken und Nebel, wie eine hohe,
schwarze Mauer, deren beschneite Zinnen hin und wieder
über den Wolken hervor blickten; bald unterschied ich die steil
len Uferberge, Theils jähe abstürzend ins Meer, Theils in
grünen, waldigen Höhen fich herabsenkend. Am späten
Abende warfen wir die Anker bei Alaja, an der Küste von
Karaman (den 25. März). Aber fast war ich bestürzt über
das seltsame Bild, das sich mir darstellte: wo der Ort feyn
sollte, sah ich einen unendlich hohen, schwarzen Berg durch
eine Menge unordentlich verheilter, glänzender Lichter er
hellt,
ododoho one 4
III.
A n a d o l i.
(Klein - Alfien.)
1816.
-
529
34.
Alaja (Phaflis).
Am Morgen verließ ich das Schiff, und nahm in der Stadt
einen Führer, um mich zu dem Fränkischen Arzte des Pascha
bringen zu laffen, der, wie fein Herr, außerhalb ihrer
Mauern wohnt. Ein sehr angenehmer Weg zwischen Wie
fen und Gärten führt durch die niedere Ebene, welche Alaja
(Phaselis) von drei Seiten umgibt, mit vielen Landhäusern
geziert.
Nach einem Spaziergange von fast einer Stunde fand
ich den Arzt, einen schmutzigen Griechen, mit Frau und
Kind in einem kleinen Zelte zwischen Gläsern, Töpfen und
Flaschen fitzen. Von ihm erfuhr ich, daß in Attalia die Pest
fey, und daß man eben so gut von hieraus gerade nach Kon:
stantinopel reisen könne, welches ich vorzog, weil ich derge
stalt einen felten besuchten Landstrich von Karaman und Anal
doli, im engeren Sinne, kennen lernte.
Hafis Aly Pascha (von zwei Roßschweifen und unmitt
33o
telbar vom Sultan abhängig,) befand sich eben ein Paar
Schritte von feinem Zelte, in einer Schmiede, wo er feinen
Silber: Arbeitern zusah, die ihm einen silbernen Kasten von
getriebener Arbeit verfertigten. Der Arzt sagte mir, daß
ich mich, wegen meiner Orientalischen Tracht, der Landesfitte
fügen müsse, den Rockzipfel des Pascha zu faffen, und dann
die Hand zum Munde zu führen, als ob man ihn küssen
wolle. Stillschweigend ließ ich glauben, daß mir die Noth
wendigkeit einleuchte; als ich es aber in der That beweisen
sollte, offenbarte sich mein Widerspruch, indem ich nur, wie
gewöhnlich, mit der Hand auf der Brust, mich neigte. Da
gegen war denn auch der alte Graubart bei weitem nicht so
höflich, als ich bis dahin feines Gleichen zu finden pflegte.
Er ließ mich, als einen Supplicanten stehen, bis er meinen
Firman sehr langsam und bedächtig durchbuchstabiert hatte.
Dann versprach er allen möglichen Schutz und Sicherheit
zur Reise, worauf ich mich bald empfahl, und zum Griechi
fchen Bischofe hinaufkletterte, der unlängst hier eingetroffen
war. Der verschaffte mir ein leidliches Zimmer, in welchem
ich ergebungsvoll so lange zu wohnen beschloß, bis sich eine
gute Gelegenheit zur Fortsetzung meiner Reise nach Konstanz
tinopel darbieten würde. Ich nutzte die Muße zu einer Be;
fichtigung der Stadt.
Diese hat die seltsamste und eigenthümlichste Lage von
der Welt. Am Fuße der hohen Bergkette des Taurus, im
Hintergrunde eines weiten Golfs, erstreckt sich längs dem
Meere die schon erwähnte, fruchtbare und schön bebaute
331
Ebene. Sie trennt gänzlich vom Hauptgebirge den ovalen
Felfen, auf welchem Alaja liegt, und der eine Halbinsel bil:
det, die von Norden nach Süden in das Meer tritt, wo
durch im Osten und Westen zwei Buchten entstehen, deren
östliche wohl geschloffen, und vor Winden gesichert scheint.
Der Felsen ist von allen Seiten fast senkrecht abhängig, bei
sonders an der Süd- und West: Seite. An die steile östliche
Wand ist die Stadt geklebt; ein Haus steigt über dem ande:
ven empor, mit Obstbäumen und Cypreffen vermischt. Die
Häuser bestehen aus schlechtem Mauerwerke von rohen Stei
nen und Mörtel, auf und an welchen man oben Stockwerke
und Kiosks von Holz gebaut hat, d. h. aus dünnen Lat,
ten, mit schwachen Pfählen gestützt. Die Straßen winden
sich im Zickzack, und mit Stufen aus rohem, spitzigem Kalk
steine, die sehr unbequem sind, und öfter wird es so enge,
daß ein wohlbeleibter Mann sich nur mit Mühe durchzwän
gen kann. An einigen Stellen mußte ich im buchstäblichen
Sinne auf Händen und Füßen hinauf klettern. Ich erin,
nerte mich des wunderbaren Eindrucks, den das Ganze bei
meiner Ankunft auf mich gemacht hatte, und der sich natür:
lich daraus erklärt, daß ich auf dem Meere nichts von der
Stadt wahrnehmen konnte, als die steile Wand gegen Sü
den, an deren oberem Rande eine hohe Mauer mit Zinnen
und Thürmen fortläuft.
Gegen Osten und Norden ist Alaja von einer doppelten
Mauer aus Quadern, mit breiten, flachen Ziegeln gemischt,
umgeben. Auch sie hat viele Zinnen. Jedes Thor führt
332
durch zwei Thürme, in denen man noch das alte Fallgatter
sieht, und die großen hölzernen, mit Eifen beschlagenen
Thüren. Ueber allen ist die Inschrift mit dem Namen des
Seldschukischen Wiederherstellers oder Stifters, el Sultan el
maadhem Ala ed dunjaweeddin c.
An der Seeküste zwischen beiden Mauern ist der Tschar
fchi (Markt), aber überaus elend, und unbegreiflich, wo
von hier die Leute leben. Brod und Fleisch findet man nur
bei dem Pascha, der, wie es scheint, den Armen ihren
letzten Biffen entwindet. An der Nordseite find beide
Mauern nahe bei einander, und haben von außen noch ei:
nen in den Felsen gehauenen Graben, mit gemauerter Cont
trescarpe, um so die Tiefe zu vermehren. Auf dieser Seite
find am Gipfel drei große Thore und ein kleines. An einem
derselben fand ich ein Korinthisches Capital und ein Relief,
Blumenkränze darstellend, die zwei Masken umgeben; die
einzigen Reste des Alterthums, die ich entdeckte, vielleicht
die einzigen, die aus dem Dorischen Phaselis stammen.
Hier, am Rande des Abgrundes, der fich an der
Westseite jähe in das Meer hinabsenkt, trennen sich beide
Mauern von einander, und umschließen eine mehr oder wer
niger abhängige Ebene, welche den Gipfel des Berges ein
nimmt. Zwischen den Steinen hat man Gärten angpflanzt,
und eine Menge Häuser liegen verwirrt durch einander, von
den Ruinen kaum zu unterscheiden. In der Mitte steht näm:
lich eine Moschee mit einer runden Kuppel und zerbrochenem
Minareh. Umher die Trümmer weitläufiger und solidge,
333
bauter Chans. Ich verlor mehrere Mahle die Straße, und
gerieth in Sackgaffen, wo ich umkehren mußte. Die Weil
ber verbargen sich forgfältig. Durch ein Loch in der Mauer
kehrte ich in die Stadt und in meine Wohnung zurück.
An einem schönen Morgen begab ich mich hinaus zum
Arzte. Er war eben nicht in feinem Zelte. Ich machte indessen
einen großen Spaziergang durch die hübschen Gärten. Man
findet zwischen denselben die Ruinen mehrerer Landhäuser und
Mauern von dauerhafter Bauart, doch nichts Antikes. Nach
langem Warten erschien endlich der Aeskulap in Begleitung des
Karabach (Schwarzkopf, sonennen die Türken alle Griechische
Geistliche, besonders die Bischöfe), der beim Pascha feinen
Antritts-Besuch gemacht hatte. Die Frau Doctorin warf sich
ihm zu Füßen, er segnete fie, und ließ sich dann gemächlich auf
dem Diwan nieder, und genoß eine Unzahl Taffen Kaffee, Ta;
bak rauchend, von einer Menge anderer Schwarzköpfe umge:
ben, die alle, aber besonders die Hausfrau, wie es die Griechi
sche Höflichkeit zu fordern scheint, fich mit endlofer, kreischen,
der Rede vernehmen ließen. Man bot ihm Honig und
Brod, und Alle fielen mit den Fingern darüber her. Mir
nur ward nichts davon zu Theil, so hungrig ich auch war.
Endlich, nachdem ich mich unendlich gelangweilt, brach er
auf, und setzte sich auf den Isabellen, der, nebst dem reich mit
Silber besetzten Pferdezeuge, ihm vom Pascha geschenkt war.
Nun hatte der Doctor erst Ohren für mich. Seine Frau
war in Griechischer Tracht; sie trug einen langen Rock und
eine kurze Jacke von roth und weiß gestreifter Seide, einen lan,
334 -
gen weißen Schleier, der den Rücken herab hing, und darf
über einen thurmförmigen Bund, weiß mit Gold gestickt,
und filbergestickte Pantoffeln mit hohen Absätzen, ohne
Quartier; um den Hals eine Reihe großer Goldmünzen.
Das seltsamste Stück an der Tracht der hiesigen Be
wohner ist eine kurze, steife Jacke ohne Aermel, schwarz mit
gelben Schnüren, welche ganz die Gestalt des antiken Thorax
hat, wie man ihn auf Basreliefs und Vasen, Gemälden
sieht. Sie tragen dabei kurze Sackhosen, oder einen langen
Rock, und auf dem Kopfe um eine weiße Mütze oft einen
schwarzen Bund von thurmförmiger Gestalt.
Verdrießlich war mir die mißtrauische Zurückhaltung
der Menschen um mich her, die ihnen durch mein Schreiben
und Zeichnen eingeflößt seyn mochte. Mit Mühe konnte ich
von meinem Wirthe, einem Schiffer, den Namen der drei
Vorgebirge erfahren, die ich aus meinem Fenster sahe. Ver:
geblich waren alle Fragen nach den Namen der gegenüber
liegenden Dörfer.
Um die Ruinen bei dem Dorfe Alara im Gebirge zu
fehen, bedurfte ich eines ficheren Geleits. Also kleidete ich
mich in meine Türkischen Parade : Gewänder, und begab
mich verabredeter Maßen zum Herrn Doctor Athanasio hin:
aus, um mit ihm eine Audienz beim Pascha zu haben, und
die Begleitung zu erbitten. Der Herr Doctor war, wie ge:
wöhnlich, auf einem Kohlenbecken mit allerhand Sudeleien
und Brauereien beschäftigt. Er hatte nämlich gesehen, daß
ein armer Neapolitaner mit aufgelösetem Silber allerlei knal
335
lende Späße veranstaltet, und er strengte jetzt seine Erfin:
dungskraft an, dieselben Wunder hervor zu bringen; das
beschäftigte ihn so, daß ich mich abermahls sehr in Geduld
faffen mußte, denn er versäumte dadurch die rechte Zeit, und
der Pascha war schlafen gegangen. Ich mußte fein Erwa
chen abwarten. Jener ermahnte mich abermahls, dem Pascha
nach dem Rockzipfel zu greifen, welches ich abermahls un:
terließ. Der Pascha behielt mich dennoch zu Tische, dessen
Gerichte aus Kohl mit gehacktem Fleische, Salat, Bohnen,
Pilav und einer kalten Suppe von Pflaumen bestand. Ich
erhielt, was ich wollte, und erfuhr noch obendrein, daß
Alaja, mit mehreren anderen Städten, Ayans (Großen des
Reichs) erblich gehöre, d. h. so lange es der Pforte, oder dem
Pascha, der jetzt der stärkste ist, gefällt, sie bestehen zu lassen.
Es ist daher nicht Sitte, daß der Pascha in einer Stadt wohnt,
sondern er zieht stets von einer zur anderen, wohnt außer
derselben, nimmt die Abgaben, hält Gericht, schätzt und
avanisiert nach Kräften. Er soll etwa 500 Mann haben.
Ich mag aber diese Angaben nicht verbürgen.
Bei meiner Rückkunft besuchte mich ein junger Arme
nier, der Serraf des Pascha. Von ihm erfuhr ich die Na,
men der gegenüber liegenden Orte. Der erste heißt Kastell,
der zweite Mahmudler, der dritte, am Cap Karagedik, heißt
Sydra, wo Ruinen find. Desgleichen bei Silinta, dem alten
Selinus. Dann nannte er mir Kalat Drak, vielleicht Char
radrus; dann Mamurieh, wo auch Ruinen, und Anemus Ker
lendreh, welches das alte Calendris ist. Wenn Sydra westlich
336
am Cap Karaburun liegt, so kann dieses nicht das Cap Corace
fium feyn. Vielleicht wäre also Alaja das alte Coracefium?
Der Berg, wo Alaja liegt, schließt auch den Golf von At:
talia, indem er an der Ostseite einen anderen bildet, und
hat auch eine so auffallende Gestalt; ferner fangen hier die
höchsten Gebirge an, wodurch er natürlich die Grenze zwischen
Pamphylia und Cilicia Trachea bildet; denn westlich davon
werden die Berge niedriger, im Osten übersieht man aber
den langen Schneerücken des eigentlichen Taurus. Von hier
nach Attalia rechnet man 30 bis 32 Stunden. Auf halbem
Wege liegen große Ruinen mit Inschriften, die man Alt,
Attalia nennt; vielleicht Perga. Die Lage von Alaja paßt
vollkommen zur Beschreibung, die Strabo vom Schloffe auf
dem Cap Coracefium gibt, wo Diodor Tryphon sich zurück
zog. Vielleicht ist durch das Bauen der Seldschuken alle
Spur des Alterthums, bis auf die wenigen oberwähnten
Fragmente, verschwunden. - Vielleicht ist auch ein Theil der
Mauer alt, denn Mehreres, besonders von den Zinnen, ist
fichtbar später aufgesetzt, und aus Ziegeln. Bei dem großen
Thurne am Seethore liegt ein Stück einer alten Mauer,
schlecht gebaut, von rohen Steinen, und ist schief in die Flut
then hinein gesunken. Die fünf Gewölbe scheinen offenbar
älter, als die Zinnen von Ziegeln, die darauf gesetzt ward.
Meine Wohnung gleicht einem Vogelbauer, worin
man einen seltenen Vogel, welcher ich hier wirklich bin, hoch
an die Decke oder an das Fenster gehangen hat. Die Wand
desvorragenden Kjosks, in dem ich fitze, hat zwischen den
337
dünnen Brettern, aus denen sie besteht, so breite Zwis
fchenräume, daß bei geschloffenen Laden noch Licht genug
hinein fällt, und oben unter dem schrägen Abdache ist sie völ
lig offen. Der Boden ist gleichfalls so durchsichtig, daß ich
Luft und Land dadurch sehen könnte, wenn ich ihn nicht mit
Teppichen bedeckt hätte. Zwei Wände meines Zimmers bei
stehen aus kreuzweis auf einander genagelten schmalen Lat,
ten, und in die großen Zwischenräume hat man einige Stücke
Holz gesteckt, die indessen fö viele Oeffnungen laffen, daß
meine Nachbarn bequem Alles sehen können, was ich mache,
fo wie ich ihr Treiben. Die vierte Wand besteht aus rohen,
mit Mörtel nachlässig aufeinander gethürmten Steinen, zwis
fchen denen man vier horizontale Schichten Holz gelegt hat,
um die Wand gerader und fester zu machen. Darin ist ein Kal
min oder eine Nische mit hölzernem Schorfteine, der von außen
ein kleines schräges Dach hat. Das Dach des Ganzen ist flach,
aber ziemlich wafferdicht. Auf den Streckbalken liegen zwei
Schichten Latten in entgegen gesetzter Richtung über einan
der; die oberen, ziemlich dicht zusammen gefügt, find mit
Erde und Grand bedeckt, den zu ebenen, man auf allen
Dächern eine steinerne Walze sieht. Die älteren sind mit
Grafe bewachsen, und gleichen mitunter nach dem Regen klei
nen Teichen.
Anhaltendes Regenwetter verleidete mir den länger
ren Aufenthalt, aber die Tage entflohen unter fruchtlosem
Suchen nach Pferden, die sich alle jetzt im Tscheireh bei
finden, d. h. man vertheilte sie auf das Land, um sie mit
22
338
dem frischen Grafe und Klee zu mästen. Ich wandte mich
an den Scheher Emini (Stadt-Intendanten), an den Suba:
schi (Polizei Vogt), an den Serraf Paschi (Wechsler des
Pascha), an meinen Chawas (Schutzbedienten), aber um
sonst, wiewohl ich versprach, was man wollte, voraus zu
zahlen. Die Leute fürchteten, ich möchte durch den Pascha
doch Mittel finden, die Bezahlung zurück zu halten. Meine
Abreise ward aber um so dringender, je mißlicher es mit mei;
nem Unterhalte aussah. So konnte ich ja für kein Geld
Fleisch zu kaufen finden, und mußte mich von Mitgebrach:
tem nähren, als: Schinken, Reis, Linsen, Halwa und
Sudschuck, d. i. eine Reihe Wallnüffe an einem Faden,
den man durch Trauben, Syrup zieht, wie man Lichter zieht.
Er verdichtet sich daran, und bildet eine lange, röthliche
Wurst, die als Deffert dienet. Ein Glück war es, daß ich
noch Cyprischen Zwieback hatte, denn nachdem mehrere Tage
hindurch gar kein Brod zum Verkaufe da gewesen, erschien
ein so schwarzes, daß man nicht wußte, ob es aus Gerste
oder Durra bestehe. Der Pascha selbst aß kein besseres.
Durch glücklichen Zufall gelang es Kirkor'n, meine Nah:
rung mit einigen Eiern, und mit einem Stücke sehr alten
und harten Ziegenfleisches zu vermehren.
Da der Schehr. Emini mir erklärte, er könne mir für Geld
nicht zwei Lastthiere schaffen, so war ich genöthigt, mich
an den Kiaja des Pascha zu wenden, der gleich dem Suba,
schi auftrug, fie herbei zu bringen. Wiewohl ich nur Hülfe
verlangt hatte, um für mein Geld Reitpferde zu bekommen,
339
so mußten diese doch genommen werden, da die Leute so
dumm waren, fiel nicht mit Gutem hergeben zu wollen. Der
gestalt erhielt ich ein Pferd und ein Maulthier, aber ohne Zür
gel und Sattel. Man stellte es mir anheim, wo ich beide die
Nacht unterbringen und füttern, und wie ich fielreitbar machen
wollte. Kirkor dachte, fiel in einen Chan zu stellen; er merkte
aber, daß der Besitzer bei der Hand war, das ihm mit Ge;
walt genommene Thier mit Gewalt wieder zu entführen. Er
band sie also nahe am Hause an, hatte aber kaum den Rü,
cken gewandt, so kam der Eigenthümer des Maulthieres, und
führte dasselbe hinweg, ohne auf das Ansehen des Pascha
oder Kiaja oder Subaschi zu achten, und als diesem die Ge;
waltthat geklagt ward, ermahnte er nur, das Pferd die
Nacht über zu bewachen, und versprach ein anderes Maul
thier. Kirkor stellte also das Pferd in den Gang vor mei
nem Zimmer, und hatte auch einen schlechten Sattel und
Zaum für einen Piafter gemiethet.
Einen solchen Beweis der Anarchie hatte ich bis dahin nir
gend im Osmanischen Reiche erfahren! Die hiesigen Stadtber
wohner kümmern sich aber wenig um den Pascha, der nicht in
ihren Mauern kommen darf, und sind entweder zu dumm
oder zu nachläffig, um von einer Gelegenheit zum Erwerbe
Gebrauch machen zu wollen.
Das versprochene Maulthier erschien nicht an dem bei
stimmten Tage, vielleicht weil es der erste April war! In
deffen dauerten Regen, Sturm, Donnerwetter und Hagel
ununterbrochen fort. Ich erfuhr, daß der Pascha einen Tat
340
taren nebst einem Tschokadar (Kammerdiener) feines Kapi
Kiaja (Sachwalters) in Konstantinopel dorthin absenden
würde. Ich gab also meine Untersuchungs; Reise auf, wie
leid es mir auch that, Alara nicht zu sehen, welches ich für
das alte Hemonaxa halte, und auch Sydra, welches mir
vor Augen lag, ohne daß ich Mittel zu finden wußte, hin zu
kommen. Ich fürchtete aber, wenn ich die Gelegenheit,
mit diesem Tatar zu gehen, jetzt versäumte, hernach eben so
wenig Pferde zum Weiterreifen zu finden, als ich, Trotz al:
ler Bemühungen, für solche kleine Fahrt fie finden konnte.
Zudem hätte mich das schlechte Wetter am Zeichnen, Mes
fen u. f. w. gehindert, und die Rückkehr der guten Jahres,
zeit konnte ich unmöglich abwarten. Die Berge waren jetzt, die
nächsten und niedrigsten ausgenommen, mit Schnee bedeckt,
und es hatte alle Tage so grobe Schloffen gehagelt, daß ich
nicht leicht etwas Aehnliches gesehen habe. Sie glichen an
Größe den Bohnen, und deckten die flachen Dächer in einem
Augenblicke weiß; doch dauerten die Schauer nicht lange.
Ich machte dem Pascha endlich meinen Abschieds. Bei
fuch. Er empfing mich höflich, versprach mir die gewünschten
vier Pferde und Empfehlung an den Pascha von Beifchehri.
Kirkor kaufte das nöthige Sattel, Geräth, und ich glaubte
(am 3. April) den letzten Spaziergang durch die sumpfige
Ebene zu machen, welche die Stadt und ihren Berg an der
Nordseite umgibt, bis zum Meere. Es war der Weg nach Atta,
lia, und ich begegnete einigen mit Eisen beladenen Kameelen,
die dahin gingen. Das klare Wetter ließ die schneebedeckten
341
Berge an der anderen Seite des Golfs von Attalia deutlich
wahrnehmen; eine schöne Ansicht. Ich machte auch noch ei:
nen Gang durch die Begräbnisse. Hier begegnete mir ein Aga,
der mich fragte, ob ich Kairo schon lange verlaffen, denn
durch meine Tracht galt ich hier, wie in Cypern und Da
mashk, auf den ersten Anblick immer für einen Aegypter.
Am Abende gab mir Kirkor eine Suppe von Reis und
Tehia, d. i. eine Maffe Korn, die man mit sauerer Milch
kocht, zusammen knetet und aufbewahrt. Will man sie es
fen, löfet man sie auf, und macht eine mehr oder minder
schleimige und nahrhafte Suppe daraus. Ferner runde
Stücke von Halwa mit Sesamkörnern besteckt; gewiß der
Sesamkuchen der Alten, welcher in Lucian's Gastmahl c.
vorkommt. So wenig ich auch von beiden aß, so bekam es
mir doch sehr übel.
Seit Sonnen-, Aufgang war ich reisefertig am nächsten
Morgen; aber die versprochenen Pferde kamen nicht, und die
neuen Versuche, sie zu erhalten, blieben an diesem und an dem
folgenden Tage vergeblich. Aber unterdessen erheiterte sich das
Wetter, und ich begab mich zum Zeitvertreibe hinaus zum
Kiaja des Pascha, der in Kaminiezk gefangen gefeffen, und
etwas Ruffisch radebrechte. Er pries den Thee und Cham;
pagner, den er dort genoffen, und vertröstete mich auf den fol:
genden Tag. Ich machte auch im Vorbeigehen die Bez
kanntschaft des Kulladschibaschi oder Magazin Aufsehers ei:
nes Armeniers, und erfuhr, was mir einiger Maßen zum
Troste gereichte, daß eine Ladung armer Pilger schon zwei
342
Monate hier weilt, mit der quälenden Aussicht, die Zeit
der Pilgerschaft zu versäumen, und erst nach Ostern in Je:
rusalem anzukommen. Ich besuchte jetzt öfter, um mich
zu zerstreuen, die öffentlichen Plätze, wie wenig auch das
Volk hier Anziehendes für mich hatte.
Man kann aber nichts Antikeres sehen, als wenn die
jungen Leute sich mit aufgestreiftem Aermel im Dscherid-Wer
fen üben. Diese Uebung zu Pferdemag wohl Alt-Perfisch und
Arabisch feyn. Hier üben sie sich aber zu Fuß, nach Art
der Alten, im Wurfspießschleudern, von einem flachen. Da
che zum anderen, deren man sich überhaupt hier nach Belie
ben, als Hof oder Straße bedient. Sehr oft fahe ich sie.
von einem Dache zum anderen, über die engen Gaffen hin:
weg springen, wie die Katzen.
Ich war der Verzweiflung nahe, weil die schlechte
Diät fehr nachtheilig auf meinen Gesundheits-Zustand wirkt
te, als endlich (am 7. April,) Kirkor mit einem Knaben,
als Surudshi (Führer), und drei guten Postpferden erschien.
Zwischen 2 bis 3 Uhr Nachmittags wurden wir endlich er,
löfet.
4 44 d 4 d (dddddddd)
- 343
35.
Ueber Saberlar, Iwat, Karas und Kirli nach
Bei Schehri.
Trotz der Tüchtigkeit der Pferde begann die Reise
doch sehr langsam. Es gibt hier keine eigentliche Poststraße,
und der Führer ging zu Fuße, das Packpferd nach fich
ziehend.
Wir ritten durch die grüne, sumpfige, von kleinen
Bergwaffern getränkte Ebene, welche Alaja von der nahen
Gebirgswelt trennt, und die eigenthümliche Lage des Orts
trat noch seltsamer hervor, indem man auf dem Wege nur
eine Reihe Thürme und Mauern am Rande eines Abgrund
des sieht, nebst einem Paar vereinzelter Felsen am Ende des
Vorgebirges. Dahinter erscheinen die beschneiten Höhen
des Taurus bis zum Selentaburun. Vor mir fahe ich im
mer die Schneeberge Lycien's.
Bald verließen wir die Ebene, und ritten auf steilen,
stufenförmig gepflasterten Wegen (Klimax) hoch am Meer
res-Ufer hin. An mehreren Orten hat das Waffer den Con:
glomerat Felsen in Form von Bogen und Grotten tief aus:
gehöhlt. Dieselben sehr verwitterten Blöcke drohen oft
furchtbar, über den Kopf des Reisenden herabhängend. Auch
Glimmer, Schiefer und dichten grauen Kalkstein mit weißen
Quarz-Adern findet man, wie in Alaja. Mehrere Buch:
ten begrenzen den Ausgang kleiner Bergthäler, in welchen
344 -h
hin und wieder ein mageres Gerstenfeld von Bächen bewäft
fert wird, deren Mündung größten Theils versandet ist.
Allen war jetzt von dem frischen Grün des Frühlings Reitz
verliehen. - -
Unzählig ist die Menge der Ruinen von Häusern, Thürt
men und Schlöffern auf den Bergen umher; aber vergebens
fragt man das rohe Volk nach den Namen derselben, so wie
nach den der Bäche. Wenn ein Ort nicht mehr bewohnt ist,
geräth er bald in Vergessenheit; man bezeichnet ihn im Allge
meinen, als ein Gemäuer der Ungläubigen oder eine Ruine,
und Bäche, welche im Sommer austrocknen, gelangen gar nicht
zu der Ehre eines eigenen Namens. Die Reste eines Chans
im ersten Thale nannte man mir jedoch Ak: Chan; das fol:
gende Schloß am Berge aber nur schlechtweg Oerea, die
Ruine. Endlich kamen wir in eine lange bebaute Ebene
längs dem Meere, wo auf einem Hügel Trümmer eines
großen Ortslagen, und einer Wafferleitung, die dahin führt
te; Alles mit Gebüsch bewachsen. Auch dieser hieß nur ein
Gemäuer der Ungläubigen. Die folgenden Berge und Vor
gebirge sind mit ähnlichen bedeckt; aber an keinen dieser
Trümmer habe ich Spuren des Alterthumes wahrnehmen
können, Es find zerstörte Gewölbe und dünne, fchlechte
Mauern von rohen Kiefeln und Ziegeln, meist angeweißt.
Es scheint, als ob dieses Land früher, vielleicht unter
den Seldschuken, stark bewohnt gewesen fey; jetzt sieht
man nur arme Nomaden, Türkischen Stammes, Püruk
genannt, die mit ihrem fehr winzigen, schwarzen Horn:
345
Viehe die grünen Hügel Pamphylien's inne haben, die wir
betraten. Die Berge senken sich hier allmählig herab, find
nicht hoch, Theils Weide, Theils mit niedrigem Gestrüppe
bewachsen. Hochwald verschwindet immer vor den Not
maden. -
Unweit der zerstörten Wafferleitung verließen wir das
nordwestlich laufende Meeres-Ufer, nahmen eine ganz nördli
che Richtung, und stießen auf unsere Gefährten, den Tatar
Osman und den Kapi Kiaja Tschokadar, Namens Ali
Aga; es waren unserer überhaupt neun Reiter und drei Fuß,
gänger. Wir übernachteten drei Stunden Weges von Alaja
in einem Dorfe der Yüruken, größten Theils aus Strauch
Hütten mit Rohr gedeckt bestehend, in deren keine man uns
gutwillig aufnehmen wollte. Die Weiber widersetzten sich,
und sahen gar beifällig, daß große Viehhunde uns den Ein-
gang streitig machten; aber endlich wurden beide beschwicht
tigt, und wir erhielten noch obendrein ein gutes Abend
Brod von Bohnen, Bugrus (Weizen, Grütze) und faue,
rer Milch.
Mit der Sonne brachen wir auf, und ritten bald
durch schöne, grüne Thäler, bald über steinige Berge, die
immer höher stiegen, endlich durch große Fichtenwälder;
die Wege wurden immer schlechter. Das Gebirge gleicht
auffallend dem zwischen Antiochien und Laodicea: auf einer
Seite die Ansicht des Meeres, auf der anderen die Schnee
Rücken des Taurus. Bei einem Paar Hütten, von Maul:
beer-Pflanzungen und Bohnen Feldern umgeben, kamen
346
wir über den Fluß Karpus Permak. Wäre das etwa der
Melas, und die am Tage zuvor gesehenen Trümmer eines
großen Orts das Pamphylische Ptolemais der Vorzeit?
Dann führte uns eine schwankende, schmale Holzbrücke ohne
Geländer über den klaren und reiffenden Ai Nikolaz (St.
Nikolaus :) Fluß, dessen zum Hafen dienende Mündung,
mit einer kleinen Insel in derselben gleichen Namen führen,
und aus der Ferne gesehen werden konnten. Vielleicht der
Eurymedon und der Hafen Aspendus? Die Entfernung
von Alaja beträgt sieben Stunden. Ruinen zeigten sich die
fen Tag über fast keine. Das Thal jenes Fluffes war ange,
füllt mit den schönsten, frisch grünenden Platanen, um wel,
che Reben und andere Schlingpflanzen in herrlicher Blüthe
fich wanden.
Um zwei Uhr lagerten wir uns in einem bequemen
Haufe des Dorfes Saberlar, das überhaupt zwar klein,
aber nicht übel gebaut ist. Die Häufer haben meist zwei
Stockwerke, und im unteren ist Stallung für die Pferde.
Die Bauart bleibt von Alaja durch das Gebirge bis hierher
dieselbe, indem man rohe Steine mit und ohne Mörtel auf
einander legt, und dazwischen dünne und schmale Bretter.
Die Dächer find schräge, mit Brettern oder vielmehr dün
nen Latten gedeckt, die man, wie auf den Schweizerischen
Sennhütten, mit Steinen belastet hat. Die Yüruken hören
hier auf (etwa neun Stunden von Alaja), und die Gegend
wird angebauter.
Aber ich konnte am folgenden Tage (9. April,) ihrer
347
wenig genießen, wegen des unaufhörlichen Regens, der
schon in der Nacht begann, und uns die vollen neun Stun,
den Weges, die wir zurück legten, verfolgte. Die schlechte
Straße glich einem Bache mit Wasserfällen. Wir überklett
terten hohe, steile Berge mit Kiefern bewachsen, folgten
dann dem steinigen Bette eines Gießbaches, der im Schatz
ten der schönsten uralten Cedern und Platanen sich herab
stürzt, und dem reißenden Alara Fluffe (Kestrus?) zueilt,
deffen Bett in einem unbeschreiblich wilden und engen Thale,
zwischen hohe, waldbewachsene Felsen eingeklemmt ist.
Das gleichnamige Schloß liegt weiter unten, in der Nähe
einer Brücke. Diejenige, welche uns hier über denselben
führte, besteht aus einem einzigen, kühnen und schönen Bo
gen, Saracenischer Bauart, wie es scheint. Dann ging es
wieder bergan, bis zu einem Chan, der auf der Höhe des
Weges liegt, wo das Nadelholz den herrlichsten Buchen und
Platanen Platz macht, und einem Baume, der eine glatte,
feuerrothe Rinde und die Blätter eines Apfel, Baumes hat
(Arbutus Andrachne L.?). Sein Holz soll an der Luft schwarz
werden. Unzähliche frisch ausgeschlagene und blühende Ge;
fräuche beschatteten den Weg.
Die im Gebirge am meisten verbreitete Steinart ist
ein dichter, grauer oder röthlicher Kalkstein mit weißen
Adern; dazwischen findet sich Conglomerat und Glimmer
Schiefer. Die hohen Felsen, die hin und wieder steil aus
den Wäldern hervor ragen, find entweder roth oder gelb,
und sonst bunt geadert, von glänzenden Farben, und bilden
348
mit dem frisch grünen Moose und den Blüthen unbeschreibt
- lich schöne Farben Mischungen.
Eine Brücke aus einem einzigen dünnen Bogen (des:
halb Eghri oder Tschengil köpri genannt,) führt über den
Karga Fluß, der, von Regen, Waffer angeschwollen, wir
lange in seinem tiefen Thale tosen hörten, ehe wir ihn fe:
hen konnten. Er soll für kleine Schiffe fahrbar feyn, und
bildet durch eine Mündung einen nach ihm benannten Har
fen. Neben der Brücke ist ein Chan, wo wir gegen Mit
tag etwas ruhten, und auf dem Wege fand ich mehrere Bes
gräbniß Plätze von rohen Steinen, stets im Schatten schö:
ner, alter Bäume.
Nach langem und mühseligem Klettern erreichten wir
ein weites, grünes Thal, von feilen und seltsam gezackten
Waldbergen umgeben, und in der Nähe eines schmutzigen
Chans zogen wir über eine Brücke des breiten und reiffenden
Ak; Su, der sich vier Stunden östlich von Attalia in's Meer
ergießt. Wir ritten dann feinem Laufe entgegen, in einem
engen Paffe von unabsehbar hohen, schwarzen Felsen mit
Wald bewachsen stets an der steilen Wand fort. Der Fluß
füllte die ganze Tiefe des Thales aus. Hinter dem Paffe
kamen wir in ein anderes weites Thal, wo unzählige Gieß
bäche dem Hauptfluffe zuströmen. Es war meist über
fchwemmt; aber feine Vegetation merklich verspätet.
Unter heftigem Regen erreichten wir im Dunkeln das
große, zerstreut an Felsen gebaute Dorf Oeken: Paka, wel,
ches dem Pascha von Tschimit oder Marla gehört, dessen
349
Daseyn mir zuvor unbekannt war. Hier ruhten wir die Nacht
über; aber am folgenden Morgen hinderte der kalte Wind
nicht im mindesten den frühen Aufbruch. Der Weg führte
über zertrümmerte Felsenberge, die nur mit dünnem Ge;
sträuche bewachsen sind, und nach vier Stunden hatten wir
Ilwat oder Al Seki erreicht, wo wir Pferde wechseln soll,
ten, und keine vorfanden.
Der Ort, an einen stufenförmigen Kalkfelsen gelehnt,
ist ein großes Dorf, zum Paschalik Alaja gehörig. Die
umliegenden nackten Felder, welche in jährlicher Abwechse:
lung Sommer Weizen und Baumwolle tragen, fahen steinig
aus. Die nahen Berge find mit dünnem Gestrüppe bewach,
fen; die fernen hohen in Osten glänzten von Schnee, der im
Junius größten Theils wegschmelzen soll. Die hiesigen Land
leute gefallen mir nicht übel. Ueberhaupt find die Menschen
von Alaja bis hierher ein sehr schöner Schlag; hohe schlanke
Gestalten von Griechischem Profil. Die Männer tragen
dichte und lange schwarze Bärte. An den Mädchen bei
merkte ich einen seltsamen Kopfputz, ähnlich den zuckerhuth
förmigen Mützen der Köche des Großherrn, mit Paras
besetzt.
Statt der Pferde erhielten wir endlich um 10 Uhr
Vormittags Maulthiere. Das Klettern hörte noch nicht auf,
doch führte der Weg oft bequemer durch hohe und lange
Bergthäler fort, zum Theil mit Eichen bewachsen, die aber
noch laublos waren, wogegen die Höhen durchgängig mit Fich,
ten bekränzt sind. Zuweilen erblickte ich ganz nordische Land
35o
schaften. Auch die Verwahrlosung der Wälder erinnerte
mich an mein liebes Vaterland, so wie an Syrien. Große
Stämme, halb abgebrannt und angehauen, versperren in
die Quere liegend den Weg, und wo sie für die Pferde zu
hoch sind, hat man Stücke heraus gehauen; zu Brettern
werden die Bäume zerspalten, nicht zerschnitten, da Sägen
hier nicht gebräuchlich find.
Wir kamen an mehreren kleinen Chans von unwirth,
lichem Ansehen vorbei, und stiegen endlich einen steilen
Berg hinab, in ein weites, grünes Thal, in welchem sich
das Regenwaffer so hoch gesammelt hatte, daß wir einen
Umweg nehmen mußten, um zu dem Dorfe Karas auf der
Westseite zu gelangen, das an einem Felsen hängt. Berge
mit großen Fichtenwäldern umschließen das Thal, und über
diesen erheben sich rund umher unendlich hohe Schnee
Gipfel.
Nicht weit von Karas fahe ich Säulen Fragmente in
einem Begräbniß, Platze. Dies bewog mich, zu einer Art
von Thurm aus großen Quadern, der sich mir über dem
Dorfe auf einem Felsen zeigte, hinauf zu klettern. Unter
Weges fand ich ein mit Blumen geziertes Fragment eines
Sarkophags oder Altars; und oben angelangt, entdeckte ich
mit Erstaunen, daß, was mir von unten wie ein Thurm
geschienen, die hoch aufgemauerte Platteforme, oder das
Fundament eines Tempels fey. Man kann seine Gestalt
nicht genau ausmitteln, weil der Boden überall voll großer
Steine liegt. Er scheint von Norden nach Süden fünfund:
351
zwanzig Schritte lang, und von Westen nach Osten zehn
Schritte breit gewesen zu feyn. An der Ostseite liegen die
Trümmer von drei bis vier cannelirten Säulen und ein
Korinthisches Capital. Im Innern häufen fich Fragmente
des Gebäudes, rund zu Bogen ausgehauene Steine, Ge;
fime mit Schlangen Eiern, Zahnschnitten u. dgl., Alles
sehr verwittert. An der Nordseite scheinen von außen
glatte Säulen gestanden zu haben. An der Westseite fin:
det man, vielleicht von einer eingestürzten Thür, ein schmal
les Giebel, Fronton, mit schlecht gearbeiteten Triglyphen
versehen, worunter Zahnschnitte; in der Mitte des Dreiecks
eine eben so schlecht gearbeitete Büste, Basrelief, mit breit
tem Haarwuchse, das Gesicht unkenntlich. An dieser Seite
hat sich das Gebäude weiter erstreckt. An der Ostseite
steht ein Altar mit schlecht gearbeiteten Lorbeer, Kränzen.
In der verwitterten Griechischen Inschrift konnte ich nur
mit Mühe einige Worte entziffern, die keinen Aufschluß
gaben.
Alle diese Tage fuchte ich vergeblich zu unterschei;
den, wann wir über den höchsten Bergrücken kommen wür:
den, und immer, indem ich ihn erklettert zu haben glaubt
te, fahe ich eine neue Reihe Schneeberge vor mir, zwi,
fchen denen sich der Weg meist durch hoch gelegene Thät
ler windet. Von Ilwat an umgaben mich Schneeberge
von allen Seiten, so daß es scheint, als ob der Gipfel
des Taurus aus einer Menge paralleler, und ungefähr gleich
hoher Bergreihen bestehe. Vorragende Gipfel und Kup:
352
pen bemerkte ich nicht. Der Weg leitet jedoch über die
niedrigsten Stellen. In Osten und Westen scheinen die
Züge höher zu werden.
Wir speiseten im Dorfe Potamia, und hatten Mühe,
wegen des, durch den aufhauenden Schnee überaus schlecht
gewordenen Weges, das ärmliche Dorf Kirli, acht Stunden
von Karas, zu erreichen. Hier ließen sich nur Weiber sei
hen, die erbetene Nachtherberge versagten. Aber Osman
wußte sie durch geschickt ausgeheilte Schläge günstiger zu
stimmen.
Nun fandten wir unser Gepäck voraus, und folgten
ihm auf besserem Wege in raschem Trotte nach bis zu ei:
ner Höhe, von welcher sich eine weite Aussicht eröffnete
über ein Thal, dem Bkaa ähnlich, indem sich die steilen
Schneeberge plötzlich in wellige Hügel, und diese in eine
Ebene verwandeln, voller Bäche, die nach Süden dem
See Seidischehri zufließen. Gegenüber erschien niedriger,
aber auch noch beschneit, der Anti-Taurus. So weit mein
Auge reichte, verrieth fich keine Spur von Anbau. Die
Hügel, aus gelbrothem Sande, verloren allmählich auch
ihr dünnes Gestrüpp, und der lehmige Boden war nur mit
magerem Graswuchse bekleidet. Hin und wieder weideten
Herden, und einzelne, kleine Kameel Karawanen begegneten
uns, ehe wir um Mittag. Bei Schehri, an beiden Seiten
des Ausfluffes eines gleichnamigen großen Sees (bei Strabo
Tatta genannt,) erreichten (13. April).
Ich weiß nicht, worauf sich die Meinung derer grün:
353
det, die hier das alte Isaura vermuthen. Spuren davon
find keines Weges vorhanden. Die gegenwärtige Stadt,
obgleich Sitz eines Pascha von drei Roßschweifen, ist ein
höchst elender Ort, nach Landes Sitte gebaut. Ihre beiden
Theile find durch einen langen, schlechten Steindamm ver:
bunden, der das Waffer durch mehrere Bogen fließen läßt."
Nördlich war sie sonst mit einer Mauer umgeben, von wel:
cher noch Fundamente übrig find. Der See ist auf drei
Seiten von hohen Bergen eingeschloffen, nur in Osten frei,
wo, außer Bei Schehri, mehrere Dörfer an seinem Aus,
fluffe liegen, der sich in den See von Seidischehri ergießen soll.
Aly verzögerte hier unseren Aufenthalt bis zum Abende,
und wir nutzten die Muße zu einer guten Mahlzeit, bei wel,
cher ich nur zu bedauern hatte, daß die morgenländische Kür
che meinem Magen überhaupt wenig behagt. Sie läßt es
an Fleisch fehlen. Seit Cypern habe ich nur zu Kirli ein
Paar Flügel eines alten Huhns gegessen. Man bereitet
aber aus Reis, Grütze, Mehl, Honig, Eiern, Milch und
wenigem Gemüse eine Menge wohlschmeckender Speisen.
Bei Tische wechselt Süß und Sauer, und den Beschluß macht
gewöhnlich eine kalte Rofinen Suppe.
h - 4
23
354
36.
Ueber Kerelu, Karaagatsch, Jenitschekai, Eghir-
dir, Jobarteh (Philomelium) und Sundulkly nach
Kiutahia (Cotyaeum).
Im Mondenschein verließen wir Bei Schehri in nord:
westlicher Richtung, den See entlang reitend, dessen fum:
pfiges Ufer von zahllosen Fröschen belebt war. Die unweg
famen Stellen hatte man, wiewohl erbärmlich, gepflastert.
Zuweilen glaubte ich mich in die Heimath versetzt bei dem
Anblicke der Graben auf beiden Seiten des Weges, und der
Ziehbrunnen mit einem großen Balken, ähnlich denen in
Ethischen Dörfern. Das ganze Land zwischen den beiden
parallel von Nordwesten nach Südosten streichenden Berg
ketten des Taurus und Anti- Taurus enthält mehr oder min:
der weite Thäler, welche durch Hügelreihen, die beide Berg-
Ketten verbinden, indem sie quer durch die Thäler fetzen,
getrennt werden. Die kleinen Thäler dieser Hügelreihen
find beffer gebaut, als die weiten Ebenen, die, Trotz des
fruchtbaren Bodens meist wüst liegen, und nur in der Nähe
sparsamer Dörfer einige Felder und Gärten zeigen, felten ei:
nen Baum.
Wir kamen durch das elende Dorf Tschükürkent nach
dem großen Flecken Kerelu, am Ausfluffe eines starken Ba:
ches, der von Akschehri (Eumenia) kommen soll, und sich
hier in den See von Bei Schehri ergießt. Wir erfreuten
355
uns eines guten Nachtlagers auf die zehnstündige Tagereise.
Die folgende zeigte uns dieselbe Abwechselung von Berg und
Thal und überall Reichthum an Waffer. Der Anbau nahm
zu, und einen schöneren Horizont, als die stets sich verwan
delnde Gestalt dieser Gebirge umschließt, möchte man nicht
leicht finden. Die Dörfer, als Kiakdedeh, Arak u. a. lie,
gen in den Thälern unter Weiden und Lombardischen Pap:
peln, die von allen wilden Bäumen hier am häufigsten zu
sehen sind. Wein- und Obst, Gärten bekränzen sie, worin
jetzt die Mandel, Bäume herrlich blühten. Dieses zeugt
aber, welchen Einfluß die hohe Gebirgslage auf das Clima
äußert, da die Mandeln bei Konstantinopel schon im Ja:
nuar, bei Haleb, und selbst bei Heidelberg schon im Februar
blühen. Ueberhaupt reicht hier auf der Nordseite des Ge;
birges der Schnee weit tiefer herab, und liegt selbst noch in
den Thälern und Klüften an Bächen. Die Felder sind mit
Graben umgeben, und auf die aufgehäufte Erde derselben
pflegt man die Zweige einer Art Zwerg, Eiche, die stachelige
Blätter trägt, zu legen, und dergestalt eine Hecke zu bilden.
Die Gärten hat man, nach Damashkischer Weise, in Wälle
von großen Lehmschollen eingeschloffen, die mit Rohr ge
deckt sind. -
Aus demselben Stoffe bestehen die Häuser unter fla
chen Rohr Dächern. Sie find aber nicht übel gebaut, zum
Theil groß und geräumig. Man bewohnt den ersten Stock,
vor welchem eine hölzerne Galerie ist, zu der man durch
eine Treppe von außen gelangt, und worin weit vorspringen,
356
de, mit einem Geländer versehene Diwans angebracht sind.
Das Zimmer enthält mit Holz getäfelte Nischen und Schrän
ke, mit Holz vergitterte Papier-Fenster und eine hölzerne Gal
lerie, bei welcher der Eintretende Stiefel oder Pantoffel läßt.
Auf der Diele liegen grobe Filzdecken, und im Hintergrunde
ist ein Kamin aus Lehmpatzen, worin stets eine große Kanne
Waffer am Feuer steht, um Kaffee machen zu können.
In diesen Gegenden fängt die Opium, Cultur an, wo
durch diese Provinz berühmt, und dessen Hauptmarkt in Alfiom
Karahiffar ist. Ich sah eine Menge Weiber auf den Feldern
beschäftigt, die Erde zwischen den jungen Pflanzen mit klei
nen Hacken vom Unkraute zu reinigen. Man pflügt hier
zum Theil mit Büffeln, und von Karas an fand ich die ge:
wöhnlichen Asiatischen Bauer Wagen mit sehr dünner Achse.
Die Näbe ist halbrund, und. Statt der Felgen haben sie
sechs Bretter, die durch den eisernen Ring zusammen gehalt
ten werden. In allen Dörfern grüßten mich Hunde von ei:
ner langhaarigen, kurzbeinigen Rage der Schäfer, Hunde;
fie haben aber einen großen, starken Körper, und find Haus,
Thiere; nicht wild, wie sonst in der Türkei.
In Bei Schehri hatte Kirkor mit dem Tatar einen
Contract geschloffen, mich für 200 Piafter, ohne weitere
Ausgabe von meiner Seite, nach Konstantinopel zu bringen,
wo ihm dann noch ein Bachschisch gezahlt werden soll.
Zu Mittag waren wir in dem großen Flecken Karaa,
gatsch am Delitschei, der nach der Sage durch das Gebirge
in's Meer fließen soll, welches mir aber unglaublich scheint.
557
Von dort ritten wir nach Jalowatsch, zum Theil im gestreckt
ten Galopp, das Dorf Kelekelbir vorüber, am Fuße rother
Sandberge. Ueber ihnen erheben sich grüne, langgestreckte
Rücken, über diesen blaue Berge und endlich mächtige
schneebedeckte Spitzen, besonders der Berg von Akschehri
gegen Nordwesten und der von Isbarteh gegen Südwesten.
Der weiße Schnee stach seltsam ab gegen die frisch grünen
Kornfelder, welche Thäler und Höhen bedeckten.
Weiter kamen wir durch Jenitschekai, wo man, wie
in manchen anderen Orten, Brunnen. Einfaffungen und
Tröge sieht, die von älterer Zeit zu stammen scheinen. Wir
fanden ein gutes Nachtquartier, aber schlechte Aussicht für
unser weiteres Fortkommen. Der nach Damashk bestimmte
Pascha hatte nämlich für feine Reise über 300 Pferde aus
fchreiben laffen. Um dieser Avanie, und den bei solchen Reiz
fen gewöhnlichen Mißhandlungen zu entgehen, waren alle
Bewohner der Städte und Dörfer auf seinem Wege entflo:
hen, und das Land lag für den Augenblick noch wüster, als
gewöhnlich. Die Regierungs-, Beamten fahen sich genö,
thigt, alle benachbarten Provinzen in Requisition zu setzen,
um Pferde auf der Straße nach Konia zu schaffen; daher
das Ausreißen der Bewohner und Pferde. Mangel sich auch
auf unserem Wege zeigte. Dieses zwang uns, die gerade
Straße zu verlaffen, und zurück, füdwärts nach Isbarteh zu
gehen, um dort auf eine andere Poststraße zu kommen. Wir
waren froh, um zehn Uhr Morgens mit ziemlich schlechten
Pferden weiter geschafft zu werden.
358
Bis dahin befahe ich mehrere antike Fragmente, an
welchen Jalowatsch reich ist, und fand unter anderen an ei:
nem Brunnen einen Stein mit Lateinischer Inschrift einge:
mauert, so daß die Buchstaben von oben nach unten gelesen
werden mußten. Es war ein Denkmaal, welches M. Tibet
rius einer Veteranen Legion gesetzt hatte. Leider fehlte die
Muße, genauere Forschung anzustellen, wozu Stoff vorhan,
den zu feyn fähien. Unweit des Dorfes kommt man über
einen kleinen verlassenen Türkischen Begräbniß Platz, voll
Stücke runder und cannelirter Säulen, Gesimse 1c., unter
andern ein schön gearbeiteter Fries von grauem Marmor,
mit Blumen, Verzierungen.
Ueber den Aktchai gelangten wir zum großen Dorfe
Jagtschilar; dann ritten wir über grüne Höhen, von deren
Gipfel ich den See von Isbarteh erblickte, mit den hohen
Schneebergen im Süden, deren einer den Schnee immer
behalten soll. Zur Rechten, am Fuße kahler Felsen ließen
wir das Dorf Körkas. Nahe am See liegen zu beiden Seiten
des weiten, sumpfigen Thales, einander gegenüber, die grd
ßen Dörfer Awfchar und Jenitschekai. In letzterem kehrten
wir im Posthause ein. An einem, demselben gegenüber lie,
genden Harem feines Eigenthümers ist ein antiker Grabstein,
leider so hoch eingemauert, daß ich ihn nur unvollkommen
abschreiben konnte. Ein Spaziergang um das Dorf zeigte
mir nichts Bemerkenswerthes.
Ahmed Aga, unser graubärtiger Wirth, ist der Ajan,
oder Erbbesitzer des Landes, und hat das Ansehen eines
359
wohlhabenden Mannes. Ueberhaupt scheinen mir in der
Türkei, wie in Europa, die Landjunker der glücklichste
Stand. Diesem mußte der Tatar aber vorlügen, er fey im
Dienste des Pascha von Bei Schehri, vor welchem er Re:
spect hatte; denn im Namen des Pascha von Alania hätten
wir keine Pferde bekommen. So schickte er aber eigends
nach Awfchar hinüber, um die fehlenden Thiere herbei zu
fchaffen; denn jetzt besteht unsere Karawane stets aus eilf
Pferden, nämlich aus vier Reitpferden für uns, vier Packpfer
den, zwei Pferden des Postillions und einem losen Hand
Pferde zum Wechseln, im Falle der Noth. Die Packpferde
werden eins mit dem Kopfe an den Schweif des anderen ge:
bunden, und der Postillion führt das vordere am Zügel, währ
rend der Tatar dem Säumigen mit der Peitsche nachhilft.
Wir wollten erst uns mit einem Boote über den nahen See
setzen laffen; da aber keines aufzutreiben war, mußten wir
uns entschließen, zu Lande einen Umweg von funfzehn Stun,
den zu machen. Am Abende lud man uns in einen geräumi
gen, mit Teppichen, Matratzen und Holzgetäfel wohl vers
zierten Saal, und wir theilten das Abendmahl des Aga,
welches aus wenigstens einem Dutzend Schüffeln bestand.
Nach dem Abendeffen unterhielt er die Gäste mit Erzäh,
lung feiner Kriegsthaten gegen die Ruffen. Wir hatten zum
Abendessen unter Anderem zweierlei vortreffliche und große
Fische, woran der See sehr reich ist. Endlich wurde, wie
gewöhnlich, die ganze Diele, wie in einem Lazareth, mit
Matratzen bedeckt, worauf sich die Fremden, deren Logis
36o
dieser Saal war, niederließen, nachdem der Ajan sich in
feinen Harem begeben.
Wir brachen (am 16. April) früh auf, und fast mit leer
rem Magen; denn man gab uns nichts, als ein Paar Taf,
fen Kaffee. Die Pferde waren gut; wir ritten längs dem
östlichen Ufer des Sees fort, nach Süden. Der Boden ist
sumpfig. Wir wateten bis über den Bauch der Pferde im
Waffer durch den reißenden Aktchai, unweit des Orts, wo
er sich in den See ergießt. Nach einem Ritte von mehreren
Stunden kamen wir zu einer steilen und engen, an den Felsen
aufgemauerten Straße, die sich zuerst hinter einem vom Berge
abgelöfeten Felsen durchwindet, der spitz und nadelförmig,
wie ein großer Thurm über den See sich erhebt. So läuft
die Straße eine ganze Strecke am Felsen fort, links eine fenkt
rechte, mannigfach zerriffene Wand bildend; rechts fieht man
tief in das klare, grüne Waffer des Sees hinab, und über
schaut die fernen blauen Berge feines Ufers, über denen sich
im Süden und Norden eine hohe Schneekoppe erhebt. Ge;
genüber, am Fuße eines schwarzen Felsens, der eine doppelte,
-,
kegelförmige Spitze hat, sieht man die Stadt Eghirdir liegen,
- nebst den Inseln Difhennada und Nis. Hinter diesem Paffe
kommt man zu einer Halbinsel, die mit den schönsten Gärten
bedeckt ist, wo sich ungeheuere Reben um Platanen von co:
loffaler Dicke schlingen, und schäumende Gießbäche von den
steilen Felsen fallen. Einen derselben hat man durch eine
hölzerne Rinne auf eine Mühle geleitet. Dieser reizende
Ort heißt Haffan dagh. Ehe man zu dem Felsen, Paffe am
361
See gelangt, findet man die Trümmer eines Chans von
großen Quadern. -
Hinter Hassandagh reitet man mehrere Stunden schräge
am Abhange steil in den See stürzender Berge fort, die
mit niederem Gestrüppe bewachsen find, und gelangt dann
zu einem ähnlichen Gartenlande, welches dem, hoch oben
am Berge, im Winkel eines steilen Thales liegenden Dorfe
Karabagh gehört. An den Stellen, wo kein erfrischender
Wind vom See oder von den Schneebergen blies, stach die
Sonne unerträglich. Hinter Karabagh folgt ein ähnlicher
Bergweg und dann das Südende des Sees. Hier beginnt
ein weites Thal voller Gärten, die von einer Seite der
grauen und steilen Felsen zur anderen reichen, und die Som
mer Wohnung der Bewohner von Eghirdir sind. Das See
Ufer, von dem man mehrere Reste steinerner, gewölbter
Brücken, über jetzt versandete Arme des Baches, fieht, ist
sumpfig. Am Ende desselben führt eine schlechte Holzbrücke
über den breiten und reißenden Kirkgjetschid, Fluß (Catar
rhactes), der hier aus dem See tritt, und nach Attalia
fließt. Eine gepflasterte Straße führt durch die Sümpfe des
Thales eben dahin. Wir ritten nun am Fuße des hohen
Felsens fort, an welchem die Stadt Eghirdir liegt, einen zer:
störten Chan und Begräbniß Platze mit alten Cedern vorbei,
über einen vom Felsen fallenden Gießbach, durch das Thor
einer schlechten Mauer, die quer über den Weg vom Fel,
fen zum See läuft, dessen Ufer mit schönen Bäumen bewacht
fen ist,
362
Eghirdir liegt zum Theil wie Alaja, doch nicht ganz
fo steil, am Hange eines Felsen. Dieser Stadttheil hängt
durch eine Landzunge mit einer felsigen Halbinsel zusammen,
deren Eingang durch alte Thürme und Mauern befestigt ist.
Die an ihnen befindlichen Arabischen Inschriften waren zu
unleserlich, und mir fehlte die Zeit, mich lange dabei aufzu
halten. Die Bauart besteht abwechselnd aus Ziegeln und
Quadern. Der Woiwode, der vom Pascha zu Attalia ab
hängt, hatte ein gutes Serai; auch gibt es ein Paar hübsche
Moscheen, wovon die größere ein, im ächt Maurischen Styl
verziertes Thor und Spring Brunnen hat, von unendlich
mühsamer und reicher Arbeit. Im Hofe stößt man auf Säulen:
Fragmente. Vor der Stadt liegen die erwähnten Inseln, eine
kleine, Difhennada genannt, mit einem Haufe und Garten
des Statthalters; die größere, Nis, von Griechischen Fi;
fchern und Webern bewohnt. Hier begegnete mir, daß
NON mich, wegen meines schnellen Gehens und Fragens
nach einem Boot zur ueberfahrt nach den Inseln, für einen
Flüchtling hielt, den man seit einiger Zeit suchte, und zum
Tatar kam, sich höflich darnach zu erkundigen. Die Leute
waren hernach nicht wenig verlegen über den Irrthum.
Die Boote sind schlecht, vorn und hinten hoch, unten
fchmal, ohne Kiel, mit einem Wulste von Rohrbündeln an
beiden Borden.
Alle Gärten hiesiger Gegenden bringen eine Menge
kleiner, vortrefflicher Pflaumen hervor, und zu Mittage er
hielt man gewöhnlich ein Compot davon, welches den sonst
363
gewöhnlichen Bekmes sehr vortheilhaft ersetzt. Das Brod
wird hier nach Europäischer Art gebacken, und nicht mehr
in dünnen Faden, wie sonst gewöhnlich. Es ist von Weiz
zenmehl, aber ziemlich schwarz.
Nachdem wir gegessen, brachen wir auf, als eben der
Muefin zum Nachmittags, Gebete rief. Wir hatten nur
die Postillions getauscht nebst ihren Pferden, und behielten
die unferigen bei, weil im Orte keine zum Wechseln waren.
Wir fanden an der anderen Seite des Felsens noch einen -
Theil der Stadt, und eine breite Straße, durch ein eisenbe:
schlagenes Thor versperrt, führte an einzelnen Moscheen,
Türbehs und Gärten und einem Walde uralter Cedern vor
bei. Die Ansicht des Sees, mit den ihn umgebenden röth
lichen Felsen Ufern, blauen Gebirgen uud fernen Schnee,
Spitzen, nebst den beiden Inseln voll grüner Gärten mit
schlanken Pappeln, die Stadt bergan klimmend, und die
Ruinen des Schloffes auf der Halbinsel, kann sich vollkom
men mit der berühmten Borromäischen messen.
In Jenitschekai fah ich zuerst am Harem des Ajans
wieder ein Europäisches Dach von rothen Ziegeln. Es find
hier alle Dshamien und Serais so gedeckt, und man sieht
Feuereffen von Ziegelsteinen. Die gewöhnlichen Häuser find
aber auch hier von rohen Steinen und Brettern, und haben
flache Dächer mit Grand bedeckt. Daß das Holzwerk nicht
angemalt worden, gibt der Stadt ein schwarzes Ansehen.
Auch die Kaffee, Mühlen, welche hier, wie in allen besseren
Orten Anadoli's, Statt der sonst gewöhnlichen Arabischen
564
hölzernen Mörfer, im Gebrauche sind, haben die Europäi
fche Form. -
Bald stiegen wir vom Berge hinab in ein sumpfiges
Thal einen Bach entlang, der nahe bei der Stadt entspringt,
und hinter den Ufer; Bergen dem See zufließt, den wir
bald aus den Augen verloren, und auf einem guten Wege
fast immer in der Ebene forttrabten. Es wurde bald dunkel, und
wir ritten mehrere Stunden so im Finstern stets raschen Tra:
bes fort. Bis nach Isbarteh (Philomelium) hatten wir sechs
Stunden, und also an diesem Tage in einem Striche funf
zehn Stunden zurückgelegt. Wir kamen (den 16. April) ge:
gen 9 Uhr an, und mußten lange an der Thüre des Post-
Hauses lärmen, bis man uns aufmachte. Nach dem Abend
effen eilten wir zur Ruhe; es legte sich, wie gewöhnlich,
die ganze Post: Dienerschaft durch einander in demselben Zim
mer auf dem Teppiche nieder, so daß ich in der Nacht mit
Mühe Platz fand, die Füße auszustrecken, und am Morgen
es eine Kunst war, hinaus zu gehen, ohne Jemand auf den
Kopf zu treten. Bei uns muß man jedem Bedienten seine
Bettstelle anweisen; das ist im Orient nicht nöthig, wo sie
angekleidet auf der Diele des Vorzimmers schlafen. Am
Morgen trägt man die Matrazen und Decken weg, und
fegt das Zimmer.
Sehr früh machte ich einen Gang durch die Stadt. Sie
kann nach Orientalischem Begriffe schön genannt werden,
hat breite Straßen, in deren Mitte ein Bächlein fließt, aus
den zahllosen Brunnen, die man überall findet. Man fieht
365
große und wohlgebaute Serais und Chans; die Budenstraßen
und Marktplätze sind breit und licht, mit Fontainen und Mo;
scheen geziert. Diese haben hohe und schlanke Minarehs
und Kuppeln, wie die von Konstantinopel. Man sieht eine
Unzahl Kameele und Esel in der Stadt, die mit weitläufig
gen Gärten umgeben ist, worin vorzüglich eine Menge Lom,
bardischer Pappeln. Unweit dem Posthause fand ich ein
Garten, Thor von grauem Kalksteine, mit einem Korinthi
fchen Gefimfe von Schlangen Eiern, Akanthus, Zahnschnitt
ten c., das rund umher lief, an der Oberschwelle so wohl,
als an den Pfosten. Am Fries war eine Griechische In
schrift aus der Christlichen Zeit; nichts, was an das alte
Philomelium erinnerte.
In Isbarteh, erhält man für zwölf Para die Acka vor
trefflicher kleiner Aepfel, die sehr am Geschmacke den Bor:
storfern ähneln.
Bei vielen Dörfern habe ich Störche bemerkt; von
Federvieh nur Hühner. Die Mannigfaltigkeit an Geflügel
wollte überhaupt meinen Erwartungen gar wenig entsprechen.
An der Südseite des Taurus habe ich nur ein Mahl den
Kuckuck rufen gehört. Finken belebten, wie bei uns, die
höher ligenden Kiefer Wälder; Lerchen sind zahllos.
Gegen Mittag brachen wir auf Osman und ich,
nebst dem Führer mit feinem Handpferde, ließen das Ge;
päck zurück, und jagten in einem Striche bis zum Dorfe
Köngur, am Ende der Ebene, worin Isbarteh liegt. Dann
ritten wir langsamer durch die felsigen, mit niederem Get
366
früppe bedeckten Hügel, welche die Ebene von Isbarteh
von einer anderen trennen, in die wir hinabstiegen, und
dann fast in einem Striche fortgaloppierten, so daß wir am
Ende den Führer nebst feinem Handpferde zurück ließen,
und felbander das Nachtlager erreichten. In dieser kahlen
und wüsten Ebene wohnen Püruken in Zelten. Sie befilzen
große Herden von Kameelen, Schafen und Ziegen. Gegen
Westen liegt der See von Bordur, von nackten Höhen um
geben. Sein Waffer soll so bitter feyn, daß kein Thier
darin leben kann. Unser Nachtlager war in dem ärmlichen
Dorfe Gjetschi Borlu, sechs Stunden von Isbarteh, die
wir in drittehalb zurück legten. Das Dorf gehört einem
Ajan, oder wie man sie hier nennt, Aga oder Derehtei. Es
ist, wie die Aegyptischen Dörfer, von schwarzen Erdziegeln
gebaut, aber viel schlechter; die flachen Dächer find so nie
drig, daß man vom Pferde bequem hinaufsteigen kann.
Nachts, mit Aufgang des Mondes, brachen wir auf,
und überstiegen steinige Berge, wie am vorigen Tage, aus
deren Geklüften das Gebell der Hunde scholl, welche den
dort wohnenden Püruken gehören, die ihre Zelte in diesen
Klüften aufschlagen, und die Herden in der Ebene weiden
laffen. Dann folgte, nach wie vor, eine größten Theils
wüste Fläche, zwischen zwei grünen, kahlen Hügelreihen, die
von Süden nach Norden parallel streichen, im Hintergrunde
beschneite Höhen zeigen, und manches Mahl niedrig und
wellig durch die Ebene setzen. Näher oder ferner könnt
man an armen Dörfern vorbei, als: Burunköi, Aktchehköi,
367
Beiköi, der Sitz des Derehtei, dem die ganze Gegend
gehört, und wo man mehrere große Gebäude von Lehm
fieht, Datscheh, Maninga c.
Gegen Mittag erreichten wir den großen, schlecht ge:
bauten Flecken Sundukly, über welchem die Ruine eines
Muhamedanischen Schlosses. Die Inschrift über dem Thore
konnte ich nicht entziffern, und es fehlte mir an Kraft, auf
Entdeckungen auszugehen. Der forcierte Ritt war mir sehr
schlecht bekommen. Ich legte mich daher zur Ruhe nieder,
bis man aufbrach, welches mit Sonnen Untergange geschah,
da früher keine Pferde herbeigeschafft werden konnten. Die
Nacht war finster, der Himmel regnig und bewölkt. Zum
Glück hatte ich ein Maulthier, das sehr bequem ging, und
auf dem schlechten und steinigten Wege nicht stürzte, denn er
führte fast immer über felsige Berge oder durch tiefen Koth,
und es fiel so gar nicht, da ihm der Halfter los gegangen
war, und lange unbemerkt unter den Füßen schleppte. Aly
Aga stürzte dagegen zwei Mahl, blieb mit dem Beine im Bür
gel hängend liegen, und rief: Aman, Aman! Ein Pack
Pferd riß sich los, und ließ sich Stunden lang vergeblich
nachsetzen, bald zurück, bald vorwärts laufend, und vom
Wege ab, durch Steine, Gestrüpp und Waffer streifend.
Der arme Führer mußte folgen, und fiel dabei in's Waf
fer. Endlich da ich zurück geblieben, und schnell nacheilen
wollte, blieb Kirkor zurück, und ich verirrte mich. Zum Glück
hörte ich eine Stimme von fern, und merkte, daß ich eine
falsche Straße eingeschlagen hatte. Mit vielem Geschrei fand
368
ich mich zurecht. Um Mitternacht erreichten wir das schlechte
Dorf Sirtschaneh, in einer großen sumpfigen, von kahlen
Hügeln umgebenen Ebene. Man gab uns vortrefflichen
Kermak und Honig. Gegen Nordwesten erblickt man eine sehr
glänzende, weiße Moschee, zum Dorfe Sinan Pascha gehörig.
Nach der gedachten Ebene kamen wir über mit Ge;
strüppe von Nadelholz und Eichen bewachsene Hügel. Diese
sollen unsicher seyn. Man sieht die Gräber mehrerer Er
schlagenen am Wege, und wir trafen auch Wegwärter
an; ein Paar Griechen mit Flinten bewaffnet, die für die
Sicherheit der Straßen sorgen, und machten ihnen ein Ge:
schenk von etlichen Paras. An der andern Seite liegt das
ärmliche Dorf Dewrent, fünf Stunden von Sirtschaneh,
wo wir frühstückten. Hier beginnt eine große, wie im Ganz
zen das Land, baumlose, von nackten Bergen umgebene Flär
che, worin ein Paar Stunden weiter die Dörfer Ewetet,
Attuntasch und Tatahmer liegen. In letzterem logierten wir
uns auf eine erhöhte Estrade in demselben Stalle mit unser
ren Pferden. Hier, bei der Moschee so wohl, als sonst zer:
freut, findet man unbedeutende Fragmente von Säulen,
Fußgestellen, Capitalen c. Bei Ewetet auf einem Begräbt
niß, Platze fand ich einen alten Grabstein, die Giebelfagade
eines Hauses darstellend, in der Mitte die Thür, umher
Epheulaub, im Fronton zwei verstümmelte Brustbilder von
schlechter Arbeit c. Ich glaube, diese Fragmente kommen aus
Attuntasch, wegen des Namens, womit sie hier bezeichnet wer
den. Ich habe den Ort nicht gesehen, weil er vom Wege ablag.
369
Mit der Sonne brachen wir wieder auf. Die Straße
nach Kiutahia ist fast ganz wüst, führt erst über kahle, dann mit
Nadelgeträuch bewachsene Sandberge, die in der Gegend
von Kiutahia kreidig werden. Diese Gegend ist traurig und
langweilig, bis in die Nähe der Stadt. Seltsam nahmen
sich zwischen den Kiefersträuchen eine Menge wilder Obst-
Bäume aus, die eben in voller Blüthe standen, und gegen
die traurige Gegend auffallend abstachen. Ein Paar Stunden
vorher kommt man steil bergab, und auch durch ein enges
Thal, in welchem zwischen Bäumen und Kreidewänden der
Porsuk (Thymbris) fließt. Zu Kiutahia (Cotyäum) trat
ten wir in einem Kaffee ab, und nachdem ich gefrühstückt,
stieg ich mit Aly Aga zum Schloffe hinauf, an dem man
manche alte Fragmente von schlechter Arbeit eingemauert fin,
det. Auch mögen wohl mehrere Thürme noch aus den Zeit
ten der Byzantier stammen, doch nicht älter feyn. Zwischen
den Quadern fieht man Schichten von Ziegeln. Das In
nere der sehr zerstörten Mauer enthält schlechte Häuser und
eine Moschee mit der Jahreszahl 799. Am Thore, auf ei;
ner Bastei, liegt ein verstümmelter Löwe von gutem Sty,
aus weißem Marmor; Kanonen fieht man auf den Ball
teien an der Erde liegen. Der Regen trieb uns unter das
Abdach der Moschee. Die Aussicht vom Schloßberge auf
die Stadt, die ihn von mehreren Seiten umgibt, ist sehr
schön, besonders durch die Menge blühender Kirschbäume,
die zwischen allen Häusern stehen. Umher find große Gär,
ten, dann eine weite, grüne Fläche, von blinkenden Bächen
24
37o
durchschlängelt; ferner grüne Hügel, Reihen und Kreide
Felsen, welche die Stadt an der Westseite, gleich hohen
Mauern einschließen.
Die Hauptdshami war sonst eine Kirche; ihre Bauart
hat nichts Besonderes: ein großer viereckiger Kasten mit ei:
nem spitzen Bleidache und mehreren Reihen Fenster über ein
ander. Man hat vorn eine Halle und ein Minareh ange:
baut, gegenüber ein Imaret (öffentliche Armen, Küche).
Ich habe hier Hühner von vorzüglicher Schönheit bei
merkt; auch ist Stadt und umliegende Gegend reich an Gän
fen, Enten, Truthühnern, und mancherlei Vögel ließen sich in
den Wäldern hören. An Menschen fehlt es auch nicht. Ueber
haupt scheint hier viel Leben zu herrschen, und wohlglaublich,
daß Kiutahia über 60,000 Seelen enthalte, worunter 10.000
Armenier, und wenigstens halb so viel Griechen feyn sollen.
Man fieht eine Menge Bauer Wagen durch die Stadt
fahren. Ihre Räder bestehen aus drei Stücken; in dem
mittelsten wird die Achse durch hölzerne Stifte befestigt; sie
dreht sich mit dem Rade.
Am folgenden Morgen (21. April,) gab mir Osman
Aga die unangenehme Nachricht, daß man ihm auf der Post
nur drei Pferde verabfolgen wolle und nicht eilf, weil man
nicht zu mehr verbunden fey; die fehlenden möchte er mie,
then. Er schickte deshalb Aly Aga und mich nebst Kirkor
zum Serai des Pascha. Wir fanden einen großen Palast
von Stein und Holz, nach Art der Häuser in Konstantino-
pel, am Ende der Stadt in der Ebene. Wir wandten
371
uns an dem Kiaja, der unter einem Kiosk dem Dscherid
zufah; mein Ferman ward präsentiert und gelesen, und Aly
suchte, sich als Führer einer kaiserlichen Sendung geltend zu
machen. Wir erhielten aber weiter nichts, als daß man einen
Odabaschi (Hauptmann) zur Post schickte, mit dem Bedeuten,
uns, aus Achtung für unsern Auftrag und Ferman, Pferde, aber,
versteht sich, um Geld zu geben, worüber Osman und Aly außer
fich waren, als über eine Ungerechtigkeit. Nach langem Lär
men und Streiten kam endlich mit dem Menfildshi (Posthal,
ter) und dem Surudshi ein Vertrag zu Stande: neun Pferde
für 90 Piaster bis Segut. Ich mußte auch zahlen, wiewohl
ich in Bei Schehri übereinkam, daß Osman mich für 200
Piaster freihalten sollte, welches ihm sehr leicht war, da er
nichts, als etliche Paras Trinkgeld für Postillion, Nachtla-
ger und Effen zu geben hatte. Hier aber, wo er etwas mehr
ausgeben soll, ist er nicht dazu zu bewegen. Ich rechnete ge:
fern, wie gewöhnlich, wenigstens auf ein Abendessen, da
ich für das Frühstück selbst gesorgt hatte. Er wartete aber so
lange, ob man ihn nicht aus dem Menfil umsonst füttern
würde, bis es zu spät ward, und ich mich mit Käse und
Halwa begnügen mußte; und eben so mußte ich heute mir
das Mittagseffen selbst schaffen, wovon jene freilich, aus Vert
druß über die bevorstehende Geldausgabe, nichts genoffen.
Diese Leute hungern lieber ein Paar Tage, als daß sie einen
Para ausgeben. Ich beschloß, über den Bruch des Vert
trages mich erst in Konstantinopel auszulaffen, da ich ohne
den Tatar schwer fortkommen würde, auch die Reise
372
ohne ihn noch weit mehr gekostet hätte, und er mir bis jetzt
alle Mühe und Ausgabe erspart hat. Mein Mittagseffen
bestand aus zwei Liebligs-Gerichten hiesigen Landes, einem
fehr fetten Ragout auf Brod, dessen Geschmack ich gar nicht -
sonderlich fand, und einer Menge kleiner, kugelförmiger Kus
chen in Honig, die recht wohlschmeckend waren.
Heute, am Oster: Sonntage alten Styles, sieht man
alle Griechen in eleganten Kleidern und mit bunten Eiern
auf der Straße, oder in den Gärten sich durch Spazieren erlu:
stigen. Zwei Spaziergänge in und um die Stadt haben mir
nichts Besonderes gezeigt, als den unendlichen Reichthum an
Kirschen und Quellen. Ein sehr angenehmer Weg läuft dem
Bache entgegen, der aus dem Thale kommt, welches den
Schloßberg vom Gebirge trennt; die Wände bestehen aus
weißen Kreidefelsen. An den beiden Ufern ergötzten sich eine
Menge Gesellschaften in den schönen Gärten, deren Bäume
zum Theil von ansehnlicher Dicke find. Ich erstieg von dort
den länglichen Rücken, welcher den Schloßberg mit dem Ge;
birge verbindet. Ueber demselben hat man eine Wafferlei:
tung von Holzröhren nach dem Schloffe geführt. Die Aus:
ficht auf die Stadt von einer Seite, und auf das gedachte
Thal von der anderen, ist schön. Hier oben sind Begräbniß:
Plätze. Das Schloß endigt in einer Spitze, und hat im
Ganzen eine dreieckige Gestalt. Oben führt ein doppelt
tes Thor zu demselben. Die Spitze bildet ein zweites, inneres
Schloß, welches von älterer Bauart zu feyn scheint, und von
einer Menge runder oder viereckiger Thürme mit runden
373
Ecken dicht besetzt, aber von dem Reste des Schloffes durch
eine doppelte Mauer getrennt ist. Das Innere dieser Cita
delle enthält Gewölbe, die den Raum zwischen dem in der
Mitte liegenden Felsen und den Thürmen einnehmen, die
daher von innen nur wie eine Brustwehr erscheinen. Auf
dem Felsen steht eine kleine kleine Moschee. Ueberall sieht
man antike Fragmente von schlechter Arbeit eingemauert.
e, die dde - die der
374
Z7.
Ueber Segut (Symaus), Jsnik (Micaea) und
Escodar oder Skutari (Chrysopolis) nach
Istanbol.
Es dauerte lange, bis die mühsam erhandelten und
versprochenen Pferde erschienen. Indessen vertrieben sich
Osman und Aly die Zeit mit heftigem Zank, wiewohl eigent:
lich keiner dem anderen etwas vorzuwerfen hatte, sondern
ganz wie die Kinder, nur weil sie verdrießlich waren. End:
lich, gegen 10 Uhr, brachen wir im Regen auf, und ritten
über die sumpfige Ebene. Eine gut gebaute Brücke von mehr
reren Bogen führt über den Porsuk/Fluß, sie heißt Segutlü
Köpri. Unweit davon liegt auf hohem Felsen ein Tschiftlick.
Am Fuße des Berges, wie in mehrern anderen, fieht man
Höhlen. Diese waren die einzige menschliche Wohnung, die
ich auf einem Wege von zwölf Stunden erblickte. Wir soll
len jedoch an Sobran, und einem anderen Dorfe vorbeige:
kommen seyn, die aber versteckt und vom Wege abliegen.
Mehreren Herden begegneten wir. Das Wollenvieh ist im
Ganzen schön. Ueber steinige und mit Nadelholz bewachsene
Berge kamen wir zum zweiten Mahle in das Thal des Port
fuk Flusses hinab, das von steilen Felsenbergen umgeben ist,
die zum Theil seltsame Gestalten, wie von Schlöffern,
Mauern, Thürmen und Zacken haben. Wir ritten über die
Brücke Bardaktschi Köpri, und jenem Strome entlang durch
375
das dicht bewaldete Thal. Hernach über Berge und mehrere
andere Thäler voll schönen Laubholzes, zum Theil frisch
ausgeschlagen, zum Theil blühend; dann über kahle Höhen
und endlich einen rothen Felsen steil bergab in ein weites
grünes Thal, wo dicht am Fuße gedachten Felsens der Fle:
cken Inägni liegt. Ein kalter Nord blies uns sehr über
raschend einen so eifigen Regen in's Gesicht, daß er wie Na,
deln fach.
In dem Felsen über dem Orte sieht man eine Menge
Höhlen verschiedener Größe, die ursprünglich von der Na
tur gebildet, und dann von Menschen Händen erweitert
worden zu feyn scheinen. Die niedrigste und größte zeigt ein
weites Gewölbe, vor dessen Oeffnung eine, jetzt halb ein
gefallene, Mauer zur Vertheidigung gezogen ist. Inwen:
dig hat man später Wohnungen angelegt, deren Fundamente
noch stehen; in einer lag ein Vorrath von Hechsel. Von
hier langt man durch einen unterirdischen Weg zu einem Paar
großen, höher gelegenen Grotten, deren Oeffnung auch durch
eine Mauer mit Zinnen verwahrt ist, und dann zu den Re:
ften eines Thurmes, Kis kaleh, der Jungfern/Thurm, ge:
nannt, auf einer isoliert vorspringenden, nadelförmigen Fel:
fenspitze, und auf einem Wege längs der Felswand zu an:
deren, kleineren Grotten. Diese Gemäuer scheinen mir eben
nicht sehr alt. Der Berg mag eisenhaltig feyn. Vielleicht
hat man hier in alten Zeiten nach Erz gegraben; manche
Grotte ist auch wohl Grabgewölbe, und später hat man fie
zu einer Art Festung benutzt. Im Flecken Inägni fah ich
376
Balken, Häuser, wie in Livland, und am Begräbniß-Platze
wenige und schlechte Fragmente des Alterthumes.
Im Dunkeln ritten wir aus, quer durch das Thal und
dann über Gebirge mit dem schönsten, hochstämmigen Laub
holze bewachsen. Ich konnte aber nichts von diesen Schönheit
ten genießen, denn wir ritten beständig in so dichten Regenwol,
ken fort, daß wir kaum hundert Schritte vor uns sehen konn,
ten. Dann kamen wir über Berge mit weiten Kornfeldern
bedeckt, und stiegen aus der Wolken, Region steil in ein enges
Thal hinab. Seltsam war es, wie es plötzlich licht ward,
und alle Gegenstände klar in die Augen sprangen, indem die
Wolken wie ein dicker Rauch über unsern Kopf wegzogen.
Das Thal war von hohen Felsen umgeben, Gärten von
Maulbeeren fchmückten den steilen Hang, und der enge Grund,
durch den ein Bergwaffer floß, war dicht mit blühenden
Obstbäumen bedeckt. Wir überkletterten noch einen steilen
Felsen auf der anderen Seite, und sahen dann die Stadt
Segut (Synaus) zu unseren Füßen liegen, in einer äußerst
reizenden Gegend, von schönen Gärten umgeben. Sie er
streckt sich lang und schmal am Fuße des Berges und am
Ausgange mehrerer engen Felsschluchten. Auf der anderen
Seite erheben sich Hügel, mit den fhönsten grünen Kornfel:
dern voll großer Baumgruppen bedeckt; im Hintergrunde
ein malerisches Gewirr von grünen und felsigen Bergen und
Thälern, die gegen Osten immer höher werden. Wir nistet
ten uns in einen Kaffee am Ende des Tscharschi.
Von Segut aus betraten wir ein sehr schönes Gebirge.
577
Die Berge haben senkrechte Wände, oben aber einen flachen
Rücken, zum Theil mit Wald bedeckt. Die Thäler sind
wohl bebaut. " Wir kamen an einem Dewrent vorbei, d. i.
einem einzelnen Hause, wo eine Anzahl Soldaten zur Sit.
cherheit der Straße wohnen. Wir begegneten einer großen
Karawane von Mäulern, zum Theil mit Eisen beladen.
Ihr Geschirr war mit Glocken, Schellen und bunten Quäl:
ften versehen und mit Otterköpfen besetzt, welches ihnen ein
barockes, aber geputztes und festliches Ansehen gab. Soll
cher begegneten wir hernach noch mehreren. Kameel Karawa
nen sieht man hier seltener, als höher in Asien. Unbeschreibt
lich schön liegt das Dorf Sultan Chan, im Thale des Karafu,
Fluffes (Cydnus?), der sich weiter unten in den Sakaria (San
garius) ergießt. Seine Ufer sind mit den schönsten Gärten ein:
gefaßt, die zum Theil in frischem Frühlingsgrün, zum Theil
voller Blüthe standen. Besonders sieht man hier große Maul,
beer, Pflanzungen, deren Stämme noch niedriger gehalten
werden, als in Syrien, kaum einen Fuß hoch. Der Ge;
sang unzähliger Nachtigallen schmetterte uns aus den Bür
fchen entgegen. Das Dorf hat feinen Namen von einem
großen Kerwanserai. Wir ritten eine Weile dem Fluffe ent
lang, dann über Berge, mit den schönsten, frisch grünen
Kornfeldern bedeckt, in dem weiten Thale des Sakaria Flus
fes hinab. An seinem rechten Ufer erheben sich die Berge
steil und waldig, und aus den Wäldern starren zerriffen Fel,
fen Zacken hin vor. Am linken schwellen fanft gerundete Hü:
gel, bedeckt mit grünen Saaten. Am rechten Ufer sieht
378
man am Fuße der Berge das große Dorf Jenitscheri Koi;
am linken, wo man den glänzenden Strom sich in dreifa
chen Windungen durch grüne Berge schlängeln sieht, liegt das
große Dorf Lefkeh. Fortdauernd wurden wir von dem Gesang
der Nachtigallen begleitet; die Sonne sank eben hinter die
blauen Felsen herab, und aus den weißen, freundlichen Häu,
fern stieg ein friedlicher Rauch auf. Der Ort ist groß und wohl
gebaut, und gehört einem Ajan, der ein weitläufiges Ge-
bäude bewohnt. Hier leben sehr viele Griechen. Wir über
nachteten halb im Freien und auf der offenen Galerie des
Posthauses.
Wir folgten am Morgen (des 24. Aprils) dem schönen
Thale des Sakaria. Der Gesang zahlloser Nachtigallen, aus
den blühenden Sträuchen des Faulbaumes, (Prunus Padus
L.) hier überaus häufig, begrüßte uns auch heute beim
Ausritte. Diesen Genuß hatte ich auf den ganzen Weg bis
Konstantinopel. Der Kadfhau, vom Olympus kommend,
ergießt sich unter einer Brücke in den Sakaria, dessen Lauf
wir hier verließen, und durch schöne Thäler voll grüner
Kornfelder zum See Ascanius hinabstiegen. Links am
Wege sieht man das Dorf Pürukles. Am Ufer des Sees
liegt der Flecken Isnik (Nicaea). Er ist mit großen Mauern
und Thürmen umgeben, die größten Theils aus den Zeiten
der Byzantierzu stammen scheinen. Sie find ausbreiten fla
chen Ziegeln mit sehr vielem Kalk gebaut, und an mehreren
Orten erkennt man die Türkische Ausbesserung. Ich bemerkte
aber auch große viereckige Thürme von mächtigen Marmor
379
Quadern, die mir sehr alt schienen. Unter den Bogen einer Tür
kischen Wafferleitung durch, von schlechtem Geschmack, aber
üppig von Epheu umgrünt, kam ich an ein doppeltes Thor.
Das Aeußere ist Türkischer Bauart; man hat in demselben
mehrere antike Fragmente von gutem Styl eingemauert; an
einigen schienen mir die Inschriften absichtlich zerstört. Das
innere Thor ist antik, aus einem großen Mittelbogen und
zwei kleinen Nebenbogen. Am Friese läuft eine verstüm,
melte Inschrift, von der ich nur abgeriffene Worte zu lesen
vermochte. Leider blieben wir nur eine halbe Stunde in dem
Kaffeehaufe, bis die Pferde gewechselt wurden, und ich war
fo müde und krank, daß ich keinen Spaziergang unterneh
men konnte. Der jetzige Ort, der schwerlich viel über 2,500
Einwohner zählt, nimmt nur wenig von dem Raume der als
ten Stadtmauer ein; den übrigen bedeckten Gärten, Felder
und Ruinen. -
Wir ritten nun Theils am kiesigen Strand des Sees,
Theils auf einem schlechten Pflasterwege über die Sümpfe,
welche der Tschatirgha Fluß bei seiner Ergießung in denselben
bildet; dann über eine wohlbebaute Ebene, wo viel Oehl,
Bäume stehen, wieder in's Gebirge. Dieses ist ganz mit
Eichen Gebüschen bedeckt, die voll Galläpfel hingen. Die Uni
wiffenheit und Sorglosigkeit der Bewohner, einen solchen
Schatz in der Nähe der Hauptstadt unbenutzt zu laffen, wung
derte mich. Wir erreichten auf der Höhe das Dorf Kis
Dewrent, eine Bulgarische Colonie. Die Weiber brachten
uns rothe Eier vom vorigen Ostern, wofür sie sich ein Bach
ZZo
schisch geben ließen, dann aber die Eier wieder zurück nahmen.
Hier find mehrere Waffermühlen, und die Gegend ist wohl
angebaut. Ich bemerkte große, vierräderige Karren nach
Europäischer Art.
Wir folgten bergab dem Mühlbache, bis da, wo er
fich unweit der Walideh Köpri in den Fluß Kirkgjetschid er
gießt, an dessen Laufe wir nun bis zum Meere blieb. Die
fer Fluß hat seinen Namen davon, daß man ihn auf dem
Wege so oft durchreiten muß, wovon auch, wenn ich nicht irre,
Strabo spricht. Wir kamen achtzehn Mahle über denselben;
man watet durch, denn außer eben genannter Brücke ist nur
noch eine am Ausfluffe. Die Ufer sind waldig; wir fanden
Nomaden mit ihren Herden, und Karawanen, deren Besitzer
unter Zelten übernachteten. Wo man zum zwölften Mahle
übersetzt, liegt auf einem waldigen Berge die Ruine eines
alten Schloffes, dessen Nahmen ich nicht erfahren konnte.
Bei Jenitschekai verläßt man das Gebirge, und tritt in die
weite Ebene am Ufer des Golfs von Ismid, wo der Kirk
gjetschid an seinem Ausfluffe große Sümpfe bildet, über wel,
che ein schmaler, aber guter steinerner Dammweg führt.
Hier liegt das ärmliche Dorf Herfek. Etwas weiter unten
am Meere kamen wir zu einem neuen Kaffeehause, bei dem
die Tataren Barken stationnirt find, mit denen man über
den Golf fetzt. Die Schiffer ließen uns bis nach Sonnen;
Untergange warten. Die Barken find offen, ohne Verdeck,
und haben am Vordertheile zwei kleine Masten mit dreiecki
gen Segeln. Die Ueberfahrt nach Dilbaschi dauerte etwa
381
eine Stunde, denn der Wind war stark und gut. Dort
wurden Pferde gewechselt, und gleich weiter geritten. Ich
konnte im Dunkeln nur unterscheiden, daß wir hoch über
dem See - Ufer, größten Theils über buschige Berge ritten,
auf einer schlichten Pflasterstraße, von der man möglichst
oft abweicht. Mein Pferd drohte mehrere Mahle zu stür
zen; indessen erreichten wir in etwa drei Stunden glücklich
das Dorf Gjebiseh (Libyffa), wo wir im Kaffeehaufe über
nachteten, nachdem wir an diesem Tage vierundzwanzig Stun,
den zurück gelegt. Man rechnet hier nämlich nach Stunden,
wie sie die Postpferde im bequemen, kleinen Trott zurücklegen,
das mag eine Französische Lieue oder vier Wert betragen;
ich wäre also den Tag sechsundneunzig Wert geritten.
An der Ecke des Kaffeehauses steht ein antiker, sehr
einfacher Sarkophag von Marmor. Wem es beliebt, mag
ihn für Hannibal's Grab halten, wovon man fonst hier
keine Spur sieht, eben so wenig, als sonst vom alten Li
byschen.
Wir ritten noch vor der Sonne aus; der Nordwind
hatte aus dem schwarzen Meere dichte Nebelwolken auf die
Berge gehäuft, aus denen uns ein schneidend kalter Wind
entgegen blies. Wir ritten über grüne wohlbebaute Höhen;
links beständig die Ansicht des schönen Golfs und seiner
blauen Ufer, Berge und der Prinzen Inseln an seinem Ein
gange. Dann stiegen wir in die Ebene an das Meer hinab.
In Pandik und Kartal, kleinen Ufer Dörfern, genoßen wir
etwas, und so beständig fort durch die herrlichsten Gärten und
382
wohlbebauten Felder nach Eskodar (Skutari, Chrysopolis),
das wir noch Vormittags erreichten. Der Weg ist von beiden
Seiten mit einem hohen Fundamente von mehr oder minder
gutem Mauerwerke eingefaßt, auf dem Türkische Gräber, zwi:
fchen Reihen dichter und hoher Cypreffen stehen. Eine schö,
nere Allée läßt sich nicht leicht finden. Damit wechseln Kaffee
und Lust Häuser ab, und hinter ihnen dehnen sich Gärten und
Wiefen aus, die in diesem Augenblicke mit einer solchen
Menge bunter und weit duftender Blumen bedeckt waren,
daß ich mich nicht entsinne, etwas Aehnliches gefehen zu ha:
ben. Skutari selbst, in Hinsicht der Bauart, der Schön:
heit der Buden, Moscheen und Paläste gleicht völlig Kon:
stantinopel. Schon von den Höhen hinter der Stadt hatte
ich die herrliche Ansicht dieser Hauptstadt genoffen, und jetzt
stiegen wir, ohne uns aufzuhalten, zum Strande hinab,
um uns nach Konstantinopel einzuschiffen. Hier verließ ich
meine Reisegefährten. Osman Aga hat 250 Piaster erhalt
ten; ich mochte meine Ausgaben ihm nicht anrechnen, weil
das sehr wohlfeil war. Ueberhaupt kostet mir die ganze
Reise von Alaja bis hierher, den dortigen Aufenthalt mit ein
geschloffen, kaum 500 Piafter. Gewiß eine geringe Summe
für eine Reise von 186 Stunden Weges, und so viel beträgt
die Entfernung von Alaja bis Skutari, nach folgender ge:
nauen Angabe der Stationen:
von Alaja nach Pürukoi 3 Stunden,
– Pürukoi – Saberlar 6 -
– Saberlar – Oeren Yaka 9 –
383
von Oeren Yaka
– Jlwat
– Karas
– Kirli
– Bei Schehri
– Kerella
– Karaagatsch
– Jalowatsch
– Jenitschekai
– Eghirdir
– Isbarteh
nach Ilwat 4 Stunden,
– Karas 6
– Kirli 8
– Bei Schehri 6
– Kerella 6
– Karaagatsch 4
– Jalowatsch 6
– Jenitschekai 5
– Eghirdir 9
– Isbarteh 6
– Gjetschi Borlu 6
– Gjetschi Borlu – Sundukiy 12
– Sundukly
--- Sirtschaneh
– Kiutahia
– Inägni
– Segut
- Lefkeh
– Dshinislük
– Gjebiseh
– Sirtschaneh 6
– Kiutahia 18
– Inägni I2
– Segut 6
– Lefkeh 12
– Dshinislük 6
– Gjebiseh IZ
– Esko dar 2
m-
-
Statt des Weges von Jalowatsch über Ak-Schehri und
Karahiffar nach Kiutahia hatte ich die wenig besuchte Straße
über Isbarteh einschlagen müffen, welche in fünf Stationen
einen Umweg von funfzehn Stunden verursacht.
9 - - - - - - - - - - - - -
38.
Istambol (Konstantinopel).
Der Zöllner schickte mich in das Haupt-/Zollhaus nach
Europa hinüber, wo ich mich durch ein mäßiges Geschenk
fchnell befreite, und nach Galata abfuhr (den 25. April).
Eiligst machte ich nun lieben Freunden in der Hauptstadt
meine Ankunft kund, und ehe ich noch die morgenländische
Mummerei abgelegt hatte, traten die Herrn von Haller und
Gropius zu mir herein. Sie erkannten mich kaum. Dann kam
auch Lidman. Mit ihm begab ich mich gleich in den Schweiz
dischen Gesandtschafts-Palast, wo ich die edle Familie Pa:
linfo glücklich wieder fand, als ich sie vor Jahresfrist ver:
laffen, und um einen kleinen Edmund zahlreicher. Es
folgte eine Reihe angenehmer Tage, alte freundschaftliche
Verhältniffe mit mehreren Beamten der Russischen, Oester
reichischen und Französischen Gesandtschaften erneuernd, neue
a: knüpfend. Interessante Beschäftigung gewährte das Ein-
packen der, vorzüglich in Aegypten gesammelten Alterthür,
mer, die zu Schiffe über Schweden nach Livland abgehen
sollen.
Am fünften Mai machte ich mit mehreren Freunden eine
Spazierfahrt nach den süßen Waffern, um die Feierlichkeit
anzusehen, mit welcher, nach ächter Nomaden: Sitte, die
Pferde des Großherrn auf die Weide gebracht werden, wo
fie vierzig bis funfzig Tage bleiben. Dieser ihr Sommer
385
Aufenthalt gehört zur Türkischen Hof, Etiquette. In Lust
und Scherz ruderten wir das herrliche Thal hinauf, das mit
- frischem Frühlings, Grün und einer außerordentlichen Blu-
men Pracht prangte. Wir fanden am Fuße der Hügel eine
Menge schöner Zelte aufgespannt, worin Tschokadars des
Serai in weißem oder geblümtem Sommer Kleide auf ihre
Herrn, die Stallmeister und andere vornehme Hofbediente,
Bostandshi's c. warteten. Diese alle verlaffen am heutigen
Tage ihre tuchene oder seidene Wintertracht, und schlüpfen
in ein leichtes Sommer-Gewand. Die Hügel waren mit end:
losen Reihen und Gruppen von Weibern in ihren langen Fer
redshes (Mänteln) und weißen Patchmaks (Schleiern) bei
deckt; an der Brücke fanden eine Menge rother, vergoldet
ter oder bunt geblümter Arabas (vielfilzige, bedeckte Wagen),
und der ganze Fluß (der sich in den Bosporus ergießt,) war
voller Nachen. Wir hielten uns so nahe, als möglich an
den Kiosks eines Ufers, indem uns die Bostandshis immer
weiter zurückwiesen. Endlich kam der Großherr, aber teb:
dil (incognito) in einer kleinen Barke mit drei Paar Rudern,
pfeilschnell daher fliegend. Eben so schnell sprang er her
aus, und in das zu seiner Aufnahme bereitete Haus, so daß
ich ihn kaum gesehen habe.
Einige behaupten, die eigentlichen Reitpferde des Groß-
herrn würden nicht hierher gebracht, sondern weideten auf
den grünen Plätzen im Inneren des Serai, oder würden,
aus Besorgniß vor bösen Augen, nur des Nachts zu diesen
Wiesen geführt; aber ich erkannte mit Gewißheit unter den
25
386
schönen Aegyptischen Hengsten, die man ausschiffte, einen
Schwarzfchecken, welchen ich vom Großherrn selbst habe rei:
ten sehen. Allen war ein Vorder- und Hinterfuß zusammen
gekoppelt, als sie über die Wiese geführt wurden. Dann
kam die lange Prozession der übrigen Pferde zu Lande. Sie
zogen über die Brücke; an ihrer Spitze verschiedene Hof
Beamte in Zobel, Pelzen und seidenen Benichs mit hängen,
den, aufgeschlitzten Aermeln, und in dem ihnen eigenen Mud,
schewese (cylinderförmige Mütze, ganz mit Muffelin um
wunden) stolzierend. Ihre Pferde waren sehr reich geschirrt.
Darauf folgte aber eine Unzahl schlechter Füllen, elender,
kranker Mähren, von zerlumpten Stall. Bedienten geritten,
oder geführt, nebst einer Musik von kleinen Paucken, Trom,
peten, Hörnern, Pfeifen c. Vor dieser Prozession erschien,
wahrscheinlich zufällig, ein wahnsinniges Weib, das sich den
Kopf mit Blumen geputzt, und auf einen alten Gaul gesetzt
hatte, und so mit vielem Geschrei und wunderlichen Geber:
den vor den Hofbedienten einher zog, ohne daß einer der
Bostandshis, die mit ihren Stöcken dem Zuge den Weg frei
hielten, fie gestört oder hinweg gewiesen hätte. Sie durfte
bei den Türken aus zwiefacher Rücksicht auf so zarte Scho:
nung Anspruch machen, als Weib und als Wahnsinnige.
Die Hofbedienten begaben sich nach ihren Zelten, um
zu speisen. Zugleich erschienen eine Menge Schüffeln Pil:
lav, die man auf die Erde hinstellte. Die Woinaken (Bul,
garen), welche die Pferde auf der Weide bewachen und pfle;
gen, fielen in Unordnung darüber her. Es war drollig an:
387
zusehen, wie die weit zurück gebliebenen hastig zustürzten,
um noch ein Paar Handvoll Reis zu erwischen, die ihnen
ausgeworfen wurden. Viele wollten dazu den Weg gerade
über die Wiese nehmen, wurden aber durch die Stöcke der
Bostandshis auf die Pflaster-Straße verwiesen. Nach den
Woinaken fanden sich noch Leute, welche die in's Gras ge:
fallenen Reiskörner auflafen.
Die Kleidung dieser großherrlichen Pferde, Hüther ist
nichts weniger, als hübsch: weiße Pelzmützen, kurze Schaf
Pelze, grobe Tuchjacken, eben solche kurze Beinkleider, und
Bastschuhe, deren Bänder um die Waden geschnürt find,
welches zusammen ihnen die Gestalt eines Ungarischen
Bauers gibt.
Als wir heimkehrend bei Meit Iskeleffi an das Land
stiegen, sagte man uns, daß der Großherr sich auf die Wiese
gesetzt habe, um nach dem Ziele zu schießen. Aber diese Gef
legenheit, seine Kunst zu bewundern, mußten mir fahren
laffen, um einem Mittagsmahle beizuwohnen, welches der
Banquier Escalon feinem Schwiegersohne, Herrn Gropius,
zu Ehren gab. Ein fröhliches Fest! Man fang und tanzte
bis zwei Uhr Morgens. -
Zu den Sehenswürdigkeiten, die mir bisher entgan:
gen waren, gehört die Buchdruckerei bei der Selim's, Mo,
fchee in Skutari, die ich mit Haller besuchte. Der Aufseher
nahm uns sehr artig auf, konnte aber nichts zum Kaufe an
bieten, als das aus der hiesigen Presse hervorgegangene Fran:
zösische Werk von Reis Mahmud Efendi. Alles Andere ist
388
längst vergriffen, oder in den Tscharschis (Buden) zerstreut,
wo ich selbst früher nicht ohne große Mühe ein vollständiges
Exemplar gedruckter Türkischer Chronographen aufgetrieben
habe. Jetzt druckte man an einer durch Asam Efendi besorgt
ten Uebersetzung des Arabischen Wörterbuchs Kamus von Fi;
rujabadi. Der Uebersetzer besorgt auch die Correctur. Das
Ganze wird in drei Folianten bestehen, und in etwa an
derthalb Jahren vollendet feyn.
Ein Brief, der mir die angenehme Aussicht machte,
Aeltern und Geschwister am Ende des Sommers in Italien
zu finden, und von dort vielleicht zur Russischen Gesandt,
fchaft nach Persien abzugehen, an deren Spitze ein General
Jermolov stehen soll, erheischt, meinen hiesigen Aufenthalt
abzukürzen. Ich denke, den Weg durch Griechenland nach
Venedig zu nehmen, jedoch zuvor mich noch etwas in Ana;
doli umzusehen. Aber wer möchte Konstantinopel verlaffen,
ohne dessen paradiesische Umgebungen genoffen zu haben?
Hier muß man den Frühling erleben, um seine Schönheiten
zu kennen, die dem Nordländer nur in der Phantasie der
Dichter blühen.
Mit mehreren Männern und Frauen meiner Bes
kanntschaft machte ich einen Spaziergang nach Schechlir,
einem vom Großherrn hergestellten Tekieh der Rufaai (Mön:
che, die durch mancherlei Gaukeleien mit glühendem Eisen 1c.
bekannt sind.). Der Weg dahin, welcher abwechselnd zu
Fuße und in einer Araba, mit Ochsen bespannt, zurück ge:
legt wurde, ist zum Theil der öde und langweilige Landweg
389
nach Bujukdereh; dann kommt man zu einem hübschen
Kiosk auf dem Berge, der über das Dorf Bebek hervorragt,
und auf einem anderen, über RumiliHiffar, liegt das Tekieh.
In einem Zimmer desselben hängen alle Hellebarden und Sät
bel, die als Reliquien der Heiligen bewahrt werden. Thier
felle bedecken den Boden. Die Ansicht des gewundenen Car
nals und feiner beiden Ufer labt hier das Auge. Den Bes
gräbniß Ort der Mönche beschattet ein kleiner Eichenhain.
Von hier stieg ich an einem steilen Felsen, durch blühende
Gärten zur Scala hinab, und ließ mich auf einer Barke
nach Bujukdereh rudern, überzeugt, bei unserem Gefand:
ten, Herrn Italinsky, die gewohnte freundliche Aufnahme
und interessante Thee, Gesellschaft zu finden. Die Herrn
Jabert, Graf Ludolph und Baron Stürmer waren da.
Am folgenden Morgen nahm ich den berühmten Baum
auf der Wiese in Augenschein, der eigentlich aus vierzehn,
nahe an einander gepflanzten Platanen besteht, die Theils
unten zusammen gewachsen sind, und in der Mitte einen
runden Platz laffen, gleich einer großen Laube. Man meint,
alle vierzehn Stämme wären aus gemeinschaftlicher Wurzel
entsprungen. Aber daneben find mehrere ähnliche, nur klei:
nere Gruppen, von welchen sich daffelbe behaupten ließe,
und noch schönere habe ich gesehen auf den Wiesen bei Hank
jar Iskeleff, einem Dorf, Tarapia gegenüber. Hier wech:
feln Platanen mit Acacien und Wallnuß Bäumen von selte
ner Größe.
Es ist dies überhaupt eine der reizendsten Gegenden
390
Konstantinopel's, und von den Bewohnern am häufigsten
besucht. Aus dem tiefer liegenden Thale blickt das große
Gebäude der Papier, Fabrik Sultan Selim's hervor, von
imposantem Ansehen, wie alle großherrliche Gebäude, mehr
einem Land Pallaste, denn einer Farik ähnlich; ihr gegen
über das Dorf mit einem schön beschatteten Begräbniß, Platze
auf dem Hügel, und nahe am Meere eine Mühle mit mehr
reren Neben Gebäuden unter den herrlichsten Bäumen. Ich
ward hierher von Herrn Palin zu einem Mittagseffen im
Freien geladen, und fand eine große Schar Türkischer und
Armenischer Familien, die auf den Rasen gelagert, aßen,
tranken, und fich mannigfaltig belustigten, wozu die ohrzer
reiffenden Töne Jüdischer Musiker nicht wenig beizutragen
fähienen. In der Wiese waren Zelte aufgeschlagen und Kaf
fee, Buden; die Pferde hatte man zur Weide an Pflöcke bei
festigt. Verkäufer von Milch, Backwerk, Obst c. gingen
umher, ihre Waare mit lautem Geschrei aus bietend.
Am oberen Ende der Wiesen gelangt man durch Hohl
wege von kurzen Eichengebüschen umgeben, welche wäh,
rend meines Besuches voller Nachtigallen waren, auf den
Berg, wo das Grab des Königes der Bebryker, Amycus,
noch immer unter dem Namen des Riesengrabes bekannt ist,
und von den Türken als ein Heiligthum, von den Franken
der schönen Aussicht wegen besucht wird. Man überblickt
hier einen weiten Spiegel des schwarzen Meeres auf der ei:
nen Seite, nebst dem Eingange des Canals mit feinen
Schlöffern, worunter fich besonders das am Asiatischen Ufer,
391
Theils von den Genuefern, Theils von Muhamed nr. auf
einer Berghöhe erbaute auszeichnet. An seiner Stelle soll
einst ein Tempel des Jupiter Urius gestanden haben. Auf
der anderen Seite fällt das Auge gleichfalls auf einen Theil
des Canals bis jenseit der neuen Schlöffer, und im Hinter
Grunde erscheint der beschneite Olympus.
Auffallend war mir hier die Wirkung des anhaltenden
Nordwindes, der alle Bäume nach Süden, oft mit dem Git
pfel bis zur Erde, umgebogen hat, in welcher Stellung fie
fortwachsen. Amycus Grab besteht aus einem unverhältniß,
mäßig langen Viereck mit großen Steinen eingefaßt, mit
Blumen und Sträuchen bepflanzt; ringsum läuft eine Mauer,
die zugleich ein kleines Tekieh umschließt, wo sich jedoch kein
Derwisch befindet, sondern nur ein Wächter, welchen man
zu beschenken pflegt, und außer dem werden in einen Trich:
ter bei dem Grabmaale einige Paras für Lampen, Oehlge:
legt. Jener versorgt auch die Wanderer mit Kaffee.
Zum Schluffe meiner Excursionen die berühmten Waf,
ferleitungen und Stauungen (Bends genannt) zu sehen,
ritt ich eines Morgens mit dem Gastwirth, Herrn Mariot,
aus Bujukdereh das Thal dieses Dorfes hinauf, über eine
Wiese, und dann durch Felder, Gärten und Büsche voller
Nachtigallen, immer allmählich bergan. Beide Seiten des
Thales sind bewaldet. Bald erreichten wir die große Was
ferleitung, welche in einer doppelten Bogenreihe quer über
daffelbesetzt, und nach dem nahen Dörfchen Baghtschehkoige
nannt wird. Wir ritten unter ihr weg, über die Höhe, wel,
592
che eine schöne Ansicht des Canals gewährt, und dann durch
einen herrlichen Wald von Eichen und Buchen; ein Rest
derer, die Peter Gyllius noch auf beiden Ufern des Bospot
rus sahe, wo sie dem Meere nahe jetzt von Gärten verdrängt,
und weiter oberhalb ohne allen Ersatz ausgerottet sind. Wohl
nicht leicht irgend anderswo möchten die Eichen des üppig
ften Wuchses so große Blätter treiben, als hier. Aber auch
nur in dieser Gegend findet man Berge und Höhen, wenn
nicht mit Hochwald, doch mit Gesträuch bewachsen. Die
einzige Schönheit; denn weiterhin scheint Thracien eine
formlose Ebene.
Nach dritthalb Stunden waren wir in Belgrad, wo
zuweilen einige Diplomaten ihren Sommer-Aufenthalt neh:
men. Ein Holländischer Gesandter soll sonst das ganze Jahr
hindurch hier gehaust haben, aus Liebe zu der Feuchtigkeit,
welche die großen Wafferbehälter verbreiten, ihn angenehm
an die Heimath erinnernd, Trotz des Fiebers, das nicht aus
feinem Haufe wich. Hierin hat niemand sein Nachfolger
werden mögen. Das Haus steht leer. Hinter dem Dorfe
ritten wir dann den großen Wafferbehälter entlang, durch ei:
nen hügeligen Wald, der ihn so nahe umgibt, daß die
Bäume, von zahllosen Vögeln belebt, bis in den Teich hin,
ein wachsen. Am Ende desselben gelangt man zur hohen,
aus Marmor , Quadern aufgeführten Stauung, aus wel:
cher das überflüffige Waffer herabstürzend einen artigen Fall
bildet. Eine Treppe führt durch eine Pforte hinauf zu Ruhe
filzen und Marmorplatten mit Türkischen Inschriften in Ver:
393
fen, die den Kaiserlichen Stifter, Mahmud, verewigen. Von
hier läuft die Wafferleitung durch den Wald unter der Erde
fort, und man sieht von Zeit zu Zeit Brunnen, die zu dersel,
ben führen, wie Cisternen Oeffnungen. Unweit der großen
Stauung steigt man auf einigen Stufen in ein Polygon:
Becken, das eben ausgebessert wurde. In geringer Ent:
fernung stößt man abermahls auf eine, den Weg überwöl,
bende Wafferleitung von wenigen Bogen, die man auch
den Griechischen Kaisern zuschreibt, und etwas weiter schim;
mert eine ähnliche, zur Linken, durch die Bäume aus einem
kleinen Thale.
Eben so weit, als von Bujukdereh nach Belgrad,
hat man von dort bis zum Dorfe Burgas. Hinter dem
selben öffnet sich ein weites Thal, wohlbebaut, durch wel,
ches zwei große Wafferleitungen streichen: eine rechts von
zwei Bogenreihen über einander, die obere von funfzig,
die untere von etwa fünfundvierzig Bogen; die andere
links von drei Bogenreihen. Jene wird einem Paläolog,
diese einem Kommen zugeschrieben.
Dann betritt man wieder den Bergwald, und findet
ein rundes, aufgemauertes Becken, zu welchem eine Thür
und inwendig Stufen hinabführen, und nach einer Stunde
erscheint die unter Justinian's Namen bekannte Wafferlei
tung, die von einem Berge zum anderen über ein fumpfit
ges Thal setzt. Sie ist durch Größe der Bogen und So
lidität der Bauart ausgezeichnet. Jene find nicht, wie ge:
wöhnlich, von gleichem, sondern von verschiedenem Durch
394
meffer, wobei man jedoch in der Abwechselung runder und
länglicher Bogen eine gewisse Symmetrie beobachtet. Eine
Treppe führt auf die erste Bogenreihe, und durch alle hat
man einen Gang gelaffen von einem Ende zum anderen.
Die so genannten bäuerlichen Bauwerke, bei welchen
die Quadern nur an den Seiten behauen sind, wo man
sie zusammenfügt, in der Mitte aber eine viereckige rauhe
Fläche behalten, stammen nicht von den Türken; indessen
möchte schwer zu bestimmen feyn, in wie fern diese Waf,
ferleitungen in ihrem jetzigen Zustande den Griechischen
Kaisern oder den Sultanen (besonders Suleiman 1.) an,
gehören; letztere haben wahrscheinlich Manches mit vorge:
fundenem Material erneuert und ausgebessert.
Auf dem Rückwege, wo ich vielen Bulgaren, als
Bauern und Hirten, begegnete, obgleich hier in den mei;
ften Dörfern Griechen wohnen, ritt ich zu der schönen
Stauung, die auf der anderen Seite von Belgrad liegt,
dem Dorfe näher, als die vorhin erwähnte, und wandte
mich dann im Walde links vom Wege ab, um die große
Stauung der Walideh, Mutter Selim's, zu besuchen. An
beiden Seiten derselben sind Kiosks zum Ruhen und Spei,
fen. Bei Baghtschehkoi ist dann endlich ein vierter Behälter,
deffen Waffer nach Pera fließt. Hinter der Wafferleitung
führte mich mein Begleiter auf einem anderen hübschen
Wege nach Bujukdereh, den Berg entlang durch die Ge;
büsche, wo eine lachende Ansicht des Canals überrascht,
und ein kleiner Spring Brunnen, der dem ehemahligen
395
Schwedischen Geschäftsträger Brentano zugeschrieben wird.
Nachdem ich dieses Alles mit Muße betrachtet, kam ich
noch früh genug, um bei dem Russischen Gesandten Mit
tags zu speisen; dann nahm ich von ihm, wie von dem
Internuntius und dem Grafen Ludolf Abschied, und ließ
mich schlafend nach Pera zu Herrn Palin rudern.
ddddddddddddddd
39.
Ueber Modania (Alpamea) und Brufa (Prufa)
zum Anadoli Dagh (Olympus JMysius).
Am 29. Mai war Alles zur Abreise bereit, als ich
mich Freunden und Gönnern empfohlen, und meine Päffe
erhalten hatte. Ich miethete für dreißig Piaster die Cajüte
einer großen Barke bis Modania, ließ mir ein Billet vom
Zöllner hohlen, um mein Gepäck undurchsucht wegzubrin:
gen, und Herr von Haller begleitete mich an Bord. Hier
wurde ich aber höchst unangenehm überrascht, als ich das
ganze Fahrzeug mit Menschen angefüllt, und den Schiffer
beschäftigt fand, immer noch mehrere einzunehmen. Es
führte nur einen Mast, war ohne Verdeck, und hatte Eifen:
Stangen geladen, auf welchen nun an hundert Personen
standen, so enge, daß ihnen die Matrosen, wenn sie mal
növrieren wollten, auf den Köpfen gingen. Meine Cajüte,
ohnehin ein kleines Loch, wurde dadurch ganz unbewohnbar,
daß das Gedränge ihre Thür immer zuhielt. Es blieb mir
also nichts übrig, als mich auf das Hintertheil zu flüchten,
obgleich die unbequeme Nähe des Steuerruders davon ab,
schrecken wollte. Das Vordertheil hatten Weiber eingenom:
men. Der spärliche Raum erlaubte mir nicht, einen Fuß
auszustrecken, und so mußte ich die ganze Nacht in einer
sehr gequälten Lage zubringen, auf Kirkor's Mantel hockend,
einen hären Sack unter dem Kopfe.
597
Nachdem ich noch im Hafen ein Paar Stunden mit
großer Ungeduld den Besuch des Zöllners erwartet, von dem
unsere Abreise genehmigt werden mußte, erschien er endlich,
und nach einem kurzen Aufenthalt stachen wir in See, mit
vieler Mühe wegen des Schlammes und anderer am Ufer
angehäufter Unreinlichkeiten, worin unsere Barke fest saß.
Der Steuermann richtete seinen Lauf nach Galata zu, in
entgegengesetzter Richtung mit unserem Wege, um den Nord-
wind zu nehmen; aber er selbst war sehr ungeschickt, und
feine Matrosen noch mehr. Er schrie sich außer Athen, und
doch wurden alle Maneuvres mit der größten Langsamkeit aus:
geführt, woran auch die große Menschen Menge Schuld
war. Daher gerieth er zwischen die bei Galata vor Anker
liegenden Schiffe. Bei starkem Winde hätte das Zusammen:
treffen Gefahr bringen können. Wie er sich nun zurück zie,
hen ließ, blieb unsere Segelstange am Bogspriet eines an:
deren Schiffes hängen, und nur mit Hülfe der Matrosen
desselben, welche die Ungeschicklichkeit der unseren verspottet
ten, kamen wir los.
Ich war ziemlich mißmüthig über den ungünstigen An;
fang meiner neuen Wanderschaft, und befand mich auch gar
nicht wohl, welches durch die schlechte Nacht, die ich zu,
brachte, schlimmer ward. Daher genoß ich nicht recht den
schönen Anblick der Hauptstadt, deren Kuppeln und Thürme
allmählich in dem perlgrauen Abendhimmel versanken, noch
die Prinzen Inseln, deren röthliche Felsen von der scheiden,
den Sonne mit einer Tinte von Pfirsichblüthe umzogen wur:
398
den, noch der lasurblauen Berge des Golfs von Nikome
dien. In der Nacht erreichten wir das Vorgebirge Posei,
dons, Bosbarka, wo uns leider der gute Wind verließ, der
bis dahin mein Trost gewesen.
Am Morgen bot sich mir ein neues Schauspiel dar. Wir
befanden uns am Eingange des Golfs von Modania (Cianus
Sinus), dessen Uferberge sich wie Couliffen hinter einander
schieben, und mitunter schöne, schroffe Formen haben. Wäh:
vend Land und See noch in tiefer Morgendämmerung lag,
glänzte der Schneegipfel des Anadoli Dagh (Olympus) schon
lange im Feuer der aufgehenden Sonne. Hinter uns er
schien in blauer Ferne die Insel Besbycus der Alten, Tür
kisch Imbrahor adaffy, Griechisch Kolonymo genannt. Sie
muß an dieser Seite einen tiefen Einschnitt haben, denn sie
erscheint wie zwei, nahe bei einander liegende Inseln, die
eine lang gestreckt, die andere kürzer und höher. Nahe am
Bosburun sah aus dem Grün das weiße Minareh des
Dorfes Arnautli hervor. Bei der völligen Windstille trieben
nur Strömungen und sanfte Morgenlüftchen uns langsam
und kaum merklich weiter, denn die Segel hingen schlapp.
Ungern entschloß sich unsere faule Equipage zu den Rudern
zu greifen, welches nicht ohne Schwierigkeit zu bewerkstelli
gen war, denn es mußte Platz zur Bewegung der Ruder ge;
macht werden, und der war schwer zu finden. Endlich ge:
lang es doch, und vier Ruder schoben uns mühsam genug
- vorwärts.
Bald traten die Berge des jenseitigen Ufers deutlicher
399
hervor, herrlich grünend, von oben bis unten mit Feldern,
Gärten und Büschen bedeckt. Freundlich zwischen Cypreffen
versteckt erscheint das Dorf Süg in einer kleinen Uferebene
und weiter hin. Trigli auf der schrägen Oberfläche eines steil
in die See abstürzenden Felsens. Weiter rechts sieht man
mehrere Ketten blauer Uferberge hintereinander, zwischen wel,
chen sich der Muhalitsch Fluß (Rhyndacus) in's Meer ergießt.
Gegen 8 Uhr Morgens erreichten wir Modania
(30. Mai,), als sich gerade ein frischer Wind erhob, der
uns das Rudern hätte ersparen können. Kaum an's Land
gestiegen, wurde ich für vier Pferde und einen Führer Hans
dels einig, und brach gleich nach Brufa auf, ohne in Mo;
dania zu verweilen. Wie wohl, so viel ich weiß, nicht mehr
Spuren von Alterthümern, als höchstens ein Paar Fußge:
stelle von Säulen u. f. w. fich finden, so mag doch Modania
der paffendste Ort feyn, wo man das alte Apamea Mylea
hinsetzt; denn hier ist das Seeufer in der Länge und Breite
eben genug, und die Berge haben einen hinlänglich sanften
Abhang, um eine ansehnliche Stadt aufzunehmen. Auch
führt einiges alte Gemäuer in Gärten versteckt, etwa eine
Viertelstunde vor Modania, rechts an der Straße nach Brust
fa, noch gegenwärtig den Namen Amapoli.
Man reitet von dort anfänglich durch die schönsten
Wein und Maulbeer, Gärten, dann über grüne Höhen mit
wallenden Saaten bedeckt, die zum Theil schon geerntet
wurden, wiewohl sie mir nicht reif fchienen. Die herrlich:
ften Eichen beschatten einzeln und in Gruppen die Felder,
4OO
und aus allen Büschen fangen zahllose Nachtigallen. Von
den Höhen hat man anfänglich herrliche Rückblicke auf den
schönen Golf, an dessen Ufer, im Ausgange eines schönen
Thales, das Dorf Burgas liegt. Weiterhin, in einem nicht
minder reizenden Winkel, läßt man das Dorf Michebogli
zur Linken. Hat man die Höhen überstiegen, so thut sich
die weite und herrlich bebaute Ebene auf, am Fuße des
Olympus und feiner Ausgänge, der sich immer majestätischer
ausnimmt, je näher man ihm kömmt, bis endlich die hohen
Vorberge feinen Gipfel verstecken. Unweit Balatkoi, auf
der Hälfte des Weges, hat sich ein Kaffeesieder auf einer
Erdbank unter großen Eichen niedergelaffen, bei einem fri;
fchen Quell. Hier ruhten wir etwas. Ich fand in der Nähe
an einer Stelle den ganzen Erdboden schwarz mit Heuschre
cken bedeckt, die vom Hufschlage der Pferde geschreckt auf
sprangen. Es mußte dieses die junge Brut feyn, welche eine
wandernde Heuschreckenschar im vorigen Jahre als Eier zu
rück gelaffen, und die jetzt ausgekrochen waren, denn noch
hatten sie kleine Flügel, und ließen sich also mit warmem
Waffer oder Pulver leicht vertilgen.
Nachdem wir zwei Mahl auf Brücken über den Uelfer Fluß
(Lotos Nenufer, Nilufer) gekommen, sahen wir am Fuße des
Olympus weiße Kuppeln und Thürme von Brufa aus dem dich,
ten Grün der umgebenden Gärten hervorsehen. Aber ich sollte
noch ein wenig geprüft werden, ehe es mir vergönnt war, die
fes erste Ziel meiner Reise zu erreichen. Kaum hatte ich das
See-Ufer, wo es kühl war, verlassen, und die inneren Thäler
401
betreten, fo spürte ich gleich eine merkliche Veränderung in
der Temperatur. Die Luft war plötzlich heiß geworden, und
am Ende so schwül und drückend, daß sie mir Kopfweh ver;
ursachte, und einen Gewitter: Regen erwarten ließ, der schon
lange drohend auf dem Olympus lag, und wiewohl ich zu,
letzt möglichst viel galoppierte, doch noch eine gute Strecke
vor der Stadt über mich einbrach. Leider fing auch hier ein
beschwerliches Steinpflaster an, auf dem unsere Pferde nicht
schnell fort konnten, und so mußte ich mich denn, so gut es
gehen wollte, mit meinem Schirm zu decken suchen. Die
fes böse Wetter hinderte leider ganz am Genuffe der schönen
Ansicht, welche die Stadt mit den hinter ihr liegenden Wald:
Bergen gewährt, denn die Wolken, die hier immer weit
niedriger hängen, als im Norden, benahmen mir den Horizont.
Um vier Uhr Nachmittags war ich mitten in dem Basar in
einen großen Chan ein logiert. Kirkor fand mir ein kleines,
aber freundliches Zimmer, mitten im Hofe, nett bemalt,
mit einem guten Teppich, und Fenstern auf drei Seiten, fo
daß ich eigentlich wie in einem Glasschranke wohne, wo
jeder hinein sehen kann, da das Zimmer zu ebener Erde liegt,
wie man in Wien zu sagen pflegt.
Da ich den Französischen Kaufmann Arles, an den ich
adressiert war, in seinem Comptoir nicht fand, so fuchte ich
seine Wohnung auf, in einer hohen Gegend der Stadt
belegen, die man Sedd baschi nennt (d. i., wenn ich nicht
irre, Anfang des Dammes oder der Brücke), denn sie erstreckt
sich am steilen Ufer eines Bergstromes, der vom Olympus
26
402
kommt, und über den zwei oder drei hohe Brücken führen.
Herr Arles kehrte bald mit feinem Sohne von einem Spazier,
gange zurück, und ich blieb auf seine Einladung die Nacht
bei ihm. -
Da das Regenwetter, das hier schon über einen Mo;
nat anhalten foll, fich etwas aufzuklären schien, stiegen wir
am folgenden Morgen zum Chan herab, wo Herr Arles sein
Comptoir hat, und dort ließ ich mir Pferde hohlen, um zu
den berühmten warmen Bädern zu reiten. Man hatte
mir von Konstantinopel Briefe an einen Herrn Devigny
mitgegeben, der die Bäder gegen Rheumatismen braucht.
Der Weg dahin ist schlecht gepflastert, aber sehr schön. Er
läuft immer am Hügel fort, und man hat beständig auf ei:
ner Seite die Ansicht schöner, grüner Berge, auf der ande:
ren die weite wohlbebaute Thalebene, die der Uelfer, wie
ein glänzendes Band durchschlängelt. Den Namen dieses
Fluffes halte ich für eine Verunstaltung des Wortes Nilufer,
wie er in Büchern genannt wird. Ich war nicht so glück:
lich, ganz ohne Regen durchzukommen. Das entfernteste Bad,
bei dem sich, wie bei den meisten, ein Paar elende Chans für
die Badegäste befinden, heißt Tschekirdschi Kaplidscha, das
Heuschreckenbad. Es soll eifenhaltig seyn; das Waffer ist mä
ßig heiß, ohne Geruch und ohne Geschmack. Das Gebäude
umfaßt mehrere Abtheilungen; die größte war von Weiz
bern besetzt; in der kleinern, die nur aus einem viereckigen
Vorgemache zum Ankleiden, einer Kuppel und einem kleinen
Neben Zimmer besteht, badete ich, indem ich mich durch
403
einen Napf mit dem warmen Waffer begoß. Damit bald
fertig, besuchte ich auf dem Rückwege die übrigen Bäder, die
zerstreut, bald höher, bald niedriger am Berge umher liegen.
Dazwischen glänzt eine hübsche Moschee.
Eski Kaplidscha (die alten Bäder) enthalten einen großen,
langen Saal, mit drei Kuppeln bedeckt, in der Mitte einen
Springbrunnen kalten Waffers. Hier kleidet man sich aus,
und tritt in die erste warme Kuppel, deren Gewölbe auf acht
Säulen ruht, und von dort in die zweite, ähnliche, deren
Mitte aber ein großes Becken voll Mineral Waffer einnimmt,
worin sich viele zusammen baden. Umher sind mehrere klei:
nere Zimmer mit Becken für etwa zwei Personen. Jeni
Kaplidscha (das neue Bad) ist eben so eingerichtet, nur daß
die Kuppeln nicht auf Säulen ruhen, und die Wände mit
Porzellan, der Fußboden aber mit hübscher Mosaik bedeckt
find. Das heißeste Bad liegt am niedrigsten, am Wege
von Modania, und heißt Kökurtlu Kaplidscha (das Schweiz
fel Bad). Die übrigen haben fast gleich starken Geruch
und Wärme, und erhalten ihr Waffer durch Röhren. Hier
entspringt aber der Quell siedend heiß aus dem Felsen hin:
ter dem Gebäude, und ob er gleich eine Strecke im Freien
fließt, kommt er doch noch so heiß in dem Badezimmer an,
daß ich es in dem kleineren kaum einen Augenblick aushalt
ten konnte. Dieses Badehaus ist geringen Umfanges.
Ich speisete bei Herr Arles, der mich nach Tisch spa;
zieren führte. Wir saßen eine ganze Zeit auf der Hofmauer
einer kleinen Moschee, fast außerhalb der jetzigen Stadt,
404
von wo man eine herrliche Aussicht hat, auf die mit großen
Kastanien bedeckten Vorberge des Olympus, auf die Stadt,
deren zahllose Kuppeln und Thürme aus einem Gemische
von Maulbeer Bäumen und Cypreffen hervorfehen; ferner auf
die schöne Ebene und die dahinter liegenden Hügel, über
welche sich die blauen Berge jenseits des Golfs von Moda:
nia erheben. Die untergehende Sonne färbte diese Gegen
stände auf das Schönste. Wir belustigten uns, dem gewand:
ten Ballspiele Türkischer Knaben zuzusehen, das darin bei
stand, den Ball mit möglichster Kraft auf Jemand zu wer
fen, der ihm dann auszuweichen suchte.
Das schöne Wetter bewog mich, gleich am nächsten Mor
gen (1. Junius,) nach Pferden zum Besuche des Olympus
zu schicken, und um halb acht Uhr brach ich auf, bemerkte
aber gleich beim Ausritte zu meinem Schreck ansehnliche
Wolkenmaffen, die sich auf den Höhen gelagert hatten, und
für den Tag nicht viel Gutes versprachen.
Schon in der Stadt fängt man an, den Berg zu er:
steigen, und gleich hinter der obersten Brücke, die über den
die Stadt durchströmenden Gökdereh führt, beginnt man
die erste Bergregion zu erklimmen, die unten und oben mit
den schönsten Kastanien, in der Mitte aber mit Eichen und
Nußsträuchen bewachsen ist. Der Abhang ist sehr steil, und
man schwebt gleichsam über der Stadt, deren ganzen Um
fang man von hier bequem übersieht, und die mit ihren zahlrei:
chen Moscheen (wohl über 150), Cypreffen und Maulbeerbäu
men einen schönen Anblick gewährt. Nicht minder die dahin
405
ter liegende, wohlbebaute Ebene des Uelfer Fluffes, den der
Blick in weiter Ferne verfolgen kann. Ueber die jenseitigen
grünen Berge weg sieht man dann den Golf von Modania
und die Spitze Bosburun. Nicht minder angenehm ist es, in
das waldige Thal hinab zu fehen, aus dem der, die Stadt
durchströmende Waldbach, Kodscha Naib, fließt. Aber ich
habe weder die Wege so gefährlich, noch die verrufenen
Abgründe fo Schwindel erregend gefunden, als sie in ein
nigen neuern Reisebeschreibungen geschildert sind. Die
erste Berghöhe ist mit den schönsten Wiesen bedeckt. Wir
ruhten an einem Quell, und ließen unsere Pferde etwas weit
den. Von hier an verändert die Ansicht der Gegend sich
merklich. Nadelholz tritt an die Stelle der Kastanien-Wäl:
der. Unser Führer, der einen kürzeren Weg nehmen wolle
te, brachte uns am Ende an eine so steile Stelle, wo eigent,
lich gar kein Weg war, daß ich absteigen und überaus
mühselig bergan klimmen mußte. Doch ist dieses nicht der ei:
gentliche Weg, denn zurück führte er uns einen ganz ande:
ren und recht bequemen. Oben fand ich viele Quellen und
fumpfige Wiesen zwischen flachen und steinigen Höhen, aus
denen einzelne Maffen von stark verwittertem Granit, wie
Thürme hervor ragen; in den Betten der Bergwaffer viel
Stücke schönen, weißen Marmors mit grauen Adern. Die
zwischen diesen Steinen einzeln zerstreuten Tannen geben dem
Ganzen ein trübes und trauriges Ansehen, das der Blu-
menschmelz in den Vertiefungen nicht heben konnte. Von
hier ermißt man die dritte und höchste Region, die mehr
406
rere Gipfel hat; die niedrigeren schwarzgrau, die höchsten
mit Schnee bedeckt. Ich war schon die ganze Zeit durch Wol,
ken geritten, die bald in kleinen Regenschauern auf mich her
abfielen, bald wie dichter Rauch und Nebel Alles umher in
trübes Grau hüllten, und mir völlig die Ansicht der schönen
und tiefen Bergthäler entzogen. Es war dabei so kühl, daß
mir mein Mantel sehr wohl that.
Das Ziel der heutigen Wanderschaft war nahe am An
fange der Schnee-Region, am Ufer eines Baches, der zwiz
fchen bunten Blumen kleine Fälle bildet. Hier verzehrte ich
meine kalte Küche, und ließ Kaffee kochen, während rund
umher dichte Wolken über Thäler und Höhen zogen, und
uns oft kalt anwehten. Auf dem Rückwege wurde aber der
Regen ernstlicher, und die dichten Baumzweige, durch die man
fich winden muß, benetzten mich noch mehr, als der Regen.
Jene nöthigten mich auch abzusteigen, und eine Weile zu
Fuße zu gehen. Ich war zufrieden, daß die Donnerschläge,
die ich nahe genug über meinem Kopfe rollen hörte, mich
nicht in ihrer Region erwischt hatten. Auf dem Rückwege
ließ der klarere Horizont mich doch noch ein Mahl der schö,
nen Aussicht genießen. Von oben trocken und von unten
durchnäßt, kam ich um 4 Uhr wieder in meinem Chan an.
Ziemlich spät am nächsten Morgen begab ich mich in
die eigentliche alte Stadt, welche, auf einem am Fuße des
Olympus vorspringenden Plateau gelegen, die niederen Vor-
städte beherrscht. Es mögen manche der großen Marmor
Quadern an den Thürmen des Thores wohl noch aus Kö-
407
nig Prusias Zeit stammen; nur haben Byzantier und Os,
manen sie bei ihren Ausbesserungen wahrscheinlich mit ange
wandt. Die ganze Bauart und der größte Theil der Mauer
ist schlecht, und hat nichts Antikes. Auf einem Thurme, in
dem Küchen Garten eines Griechen, zu welchem man auf
schlechter Holzbrücke über einen Graben gelangt, trägt die
platte Terraffe vier alte Kanonen ohne Lavetten; die ganze
Artillerie dieser sonst so berühmten Festung. An Feiertagen
gebraucht man sie noch. Deshalb wird auch gedachter Kraut
Garten, mit dem Ehren Namen Tophana (Stückwall) bei
ehrt. Unter der Terraffe find Gewölbe, die aber nichts ent,
halten sollen, daher ich mir auch nicht die Mühe geben wollt
te, nach den Schlüffel zu schicken.
Das Tekieh Monastir genannt zeigt nur wenig von
feiner Griechischen Bauart. Es ist erst vor Kurzem aus
dem Ruin erhoben und hergestellt worden. Nach außen
find die Fenster der Kuppel mit schlechten kleinen Säulen
paarweise geziert; von innen hat das Schiff im Hinter
.grunde drei Halbkugeln, und gegenüber eine ganz glatte
Wand; denn der Eingang ist an der einen langen Seite des
Schiffes, dessen Kuppel c. auf Pfeilern ruht; alles weiß
übertüncht oder grau geädert, und mit vielen Namenszügen
und Inschriften überdeckt; der Boden mit Matten und Per
fischen Teppichen. Ich brauchte gar nicht um die Erlaub:
niß zum Eintritte nachzusuchen, welchen Herr Arles mir als
schwierig darstellte; denn der Aufseher, reichlicher Paras
gewärtig, lud mich von selbst ein. In der Mitte steht Ort
4O8
chan’s Grabmaal, ein großes Viereck von weißem Marmor,
worunter er liegt. Darüber ragt ein gewöhnlicher bretter:
ner Cenotaph, mit einem grünen Seidenzeuge bedeckt, auf
dem ein Stück des Vorhanges der Keabeh liegt. Sein
Bund, von weißem, goldgesticktem Muffelin, ist mit einem
rothen, gleichfalls goldgesticktem Tuche verhüllt. Neben ihm
liegt Sultan Korkud, Sohn Bajafid's 11. Die übrigen, zum
Theil kleinen Denkmaale, haben keine Inschriften, und beste
hen alle aus weiß übertünchten Steingräbern in Sargform.
Ich stieg zur Haupt, Moschee, Ulu Dshamifft, hinab,
die in der unteren Stadt, fo zwischen Basars versteckt liegt,
daß der Eingang schwer zu finden ist. Man war gerade bei
fchäftigt, sie inwendig neu anzuweißen, mit Hülfe unendli;
cher Vorrichtungen. Da deshalb jeder die Freiheit hatte,
das Innere zu besehen, so ging ich hinein. Sie besteht aus
neunzehn gleich großen Kuppeln, die auf viereckigen Pfeilern
ruhen, welche, gleich den Wänden, mit Inschriften aus dem
Koran, zum Theil Kufischen, bemalt sind. Statt der zwanz
zigsten ist in der Mitte aller ein offener Raum, über welchen
in Form einer runden Haube ein Gitter aus Eisenstangen ge:
zogen ist; darunter ein Springbrunnen und Marmorbecken,
Man zeigte uns in einer Ecke die vergitterte Sultanische Loge,
worunter sich Bücherschränke, und ein Leseplatz für die bei
stellten Korans Leser befinden. An die Moschee stößt das
Medreffeh (Gymnasium).
In der Vorstadt, auf dem Wege zu den Bädern, liegt
die Grabkuppel Sultan Murad's 11. und mehrerer anderen
409
Prinzen und Paschas im Hofe einer Moschee, von schönen
Blumen umschattet. Die Thür des ersteren war rund um
her mit zwei Reihen blauer und weißer Fayance geziert, und
inwendig läuft eine Inschrift weiß und blau, auch, wie es
scheint, aus Fayance, unter der Kuppel, als Fries umher.
Ein anderes war eben so verziert, die übrigen einfacher.
Ich ging nun hinter den alten Stadtmauern herum,
die hier doppelt sind, und auch eine doppelte Reihe Thürme
hatten. Der Felsen ist zum Theil als Mauer benutzt und bei
hauen. Zwischen der Stadt und dem Berge zeigt sich erst ein alt
lerliebstes Thal mit Mühlen und Gärten, dann ein Türkischer
Begräbnißplatz mit Cypreffen. Von hier klomm ich, zu Kir:
kor's großem Verdruße, den ich, Trotz seiner Faulheit, mit
traben hieß, einen steilen Waldweg hinan zum verlaffenen
Tekieh Abdal: Murads, das im Schatten schöner Cypreffen
und Kastanien liegt, und einer herrlichen Aussicht genießt
über Stadt und Land bis jenseit des Golfs von Modania.
Die Häuser in Brufa find meist aus Stein, zum
Theil aus Ziegeln und Holz erbaut. Ob sie hunderttausend
Bewohner enthalten, wie gewöhnlich behauptet wird, möchte
ich bezweifeln. Unter ihnen leben viel mehr Armenier (über
5000) als Griechen; obgleich diese, wie jene, eine Kirche
haben. Noch weniger zahlreich find die Juden.
- 4 d . . de oder dod
4 IO
40.
Abülliont (Apollonia). Muhallitsch. Panorma
(Panornus). Manum-Kaleffi (Cyzicus). Erdek-
koi (Artace).
Am Vormittage des 3. Junius verließ ich Brufa.
Der Weg führte mich wieder an den Bädern vorbei und über
den Uelfer Fluß. Die Ebene ist zum Theil sumpfig, doch
wohl bebaut. Einzelne große Eichen und Büsche gewähren
ihr Schatten. Es ging allmählich bergan. Zur Linken des
Weges, am Fuße grüner, mit Maulbeeren bedeckter Hügel,
ließ ich die Dörfer Karklü und Haffan Aga, und gelangte
dann auf eine Höhe, von deren Gipfel ich das Dorf Abülliont
(Apollonia) mit feinem berühmten See zu meinen Füßen
erblickte. Die ihn umgebenden Sümpfe, und die weite Aus,
bucht seines Ufers zwangen aber zu einem Umwege von eini,
gen Stunden. Mehrere steinige Hügel, durch schmale Isth
men von einander und vom Lande getrennt, erstrecken sich in
den See, und auf dem äußersten liegt Apollonia, jetzt ein
Dorf, aber nicht unansehnlich. Der See Arm zwischen ihm
und dem Ufer ist schmal und leicht. Eine hohe schlechte Holz,
Brücke führt über denselben.
Zuvor stößt man bei dem ersten Isthmus auf die alten
Reste eines schlecht gebauten Thors, und auf viele Funda
mente, zum Theil aus großen Steinen. Auf dem zweiten,
engeren, der an beiden Seiten Buchten für Barken bildet,
4 II
findet man eine Befestigungs-Mauer, quer hinüber laufend,
mit zwei Thürmen. Das Dorf selbst ist mit Thürmen und
Mauern umgeben. Nahe an der Brücke zeigt die Landseite
ansehnliche Fundamente einer Scala (Ausladungs-Platz für
Boote) aus großen Steinen, und die Häfen auf beiden Seit
ten der Brücke werden durch starke vorspringende Mauern
und Thürme geschützt. Alle diese alten Befestigungen find
in späteren Zeiten erneuert, und größten Theils mit Häusern
besetzt. Bei dem Ausbessern hat man sich aber der alten,
großen Maffen bedient, die Form der viereckigen soliden
Thürme beibehaltend, so weit die alten Baustücke hinreich:
ten; dann hat man aber den Rest mit kleinen Steinen ge:
flickt, wodurch eine Menge Cornischen ganz unten zu stehen
kamen. -
Ich stieg bei der Metropolis ab, welche an die Kirche
gebaut und von einem einzigen Mönche bewohnt ist. Aber
weder der Mönch, noch fein Diener war gegenwärtig, und
beide ließen sich vergeblich erwarten, während ich mich eben
fo vergeblich bemühete, irgend anderswo ein Unterkommen
zu finden. Endlich stieß ich auf einen reifenden Papas aus
Konstantinopel, der durch die Kirche in die Wohnung des
Kalogers zu gelangen wußte, und sie öffnete, wo mich dann
ein heiterer Saal im zweiten Stocke aufnahm. Nun war
mir die Abwesenheit des Wirths sehr lieb; ich konnte nach
Behagen spazieren und zeichnen, als ich mich der Neugieri
gen durch einen Nachmittags-Schlaf entledigt hatte. -
Der steinige Hügel vor der Befestigungs; Mauer des
412
Isthmus scheint der Begräbniß: Platz der alten Stadt gewe:
fen zu seyn, wie er es noch jetzt ist. Reste bedeutender Kunst,
werke fand ich nicht; nur den umgekehrten Deckel eines gro,
ßen Sarkophags. Von hier ist wohl auch der mit Colum:
barien gezierte Deckel, der ein Paar Stunden von Apollo-
nia, an der Straße, als Brunnen Trog dient. Zwei ähn:
liche sah ich zwischen Modania und Brufa eben so benutzt.
Sie waren unvollendet, oder von fehr schlechter Arbeit. Die
Festons, wie die Rosetten oder Masken, welche sie umga:
ben, schienen nur aus dem Rohen gemeisselt, und eine kleine
Platte mit Schwalben, Schwänzen in der Mitte, war sicht:
bar zur Inschrift bestimmt, die sie nie erhielt.
Nirgend bemerkte ich mehr, größere und friedfertigere
Mücken, als hier. Sie find bis drei Linien lang, verwun
den aber gar nicht, und felbst ihr beschwerlicher Gefangen."
dete des Abends, so bald ich das Licht entfernte.
Die drückende Hitze löste sich mit dem Untergange der
Sonne in ein Gewitter auf, welches während der Nacht die
Luft abkühlte, und am Tage meiner Abreise den Himmel bei
wölkte. Es regnete strichweise ein wenig, indem ich stets
am nördlichen Ufer des Sees fortritt. Dann führte der
Weg bald über Hügel mit magerem Gestrüppe und einzelnen
Bäumen besetzt, oder in schlechte Felder verwandelt, bald
durch sumpfige Wiesen. Ueberall aber lachte ein herrlicher
Blumen, Flor, unter welchen vorzüglich weiße und blutrothe
Convolvulen verschiedener Größe, und die gewöhnlichen rot
then Tulpen hervor stachen, alle von Schmetterlingen bei
413
lebt. Der Olympus schien hinter mir immer höher und höher
über die anderen Berge empor zu steigen, und zeigte einige
Mahle feinen weißen Gipfel klar. Dann aber verschwam:
men feine Umriffe mit den übrigen in das blaße Blau der
Regenluft.
. Auf einförmigem Wege kam ich zum Ausfluffe des
Rhyndacus, über welchen eine sehr schlechte Holzbrücke ohne
Geländer den Wanderer nach Ulubad (Lapadion) trägt.
Näher am See stehen die Reste von acht Pfeilern der
ehemahligen Bogen Brücke. Die Mauern und Thürmeulu
bad's sind noch ziemlich erhalten. Man fieht Fragmente
von Säulen und Thürpfosten umher liegen; Alles aus der
fchlechten Byzantischen Zeit. In den Paar hundert Häus
fern des ärmlichen Ortsmögen fast eben so viele Störche,
als Menschen wohnen. Jene habe ich nirgend zahlreicher
gefunden. Aus allen Ruinen, von allen Dächern herab,
hört man sie klappern, und ungestört wandern sie in den
Sümpfen umher.
Von Ulubad nach Muhallitsch rechnet man anderthalb
Stunden, die man auf einer unabsehbaren, an einigen
Stellen sehr sumpfigen Wiese zurück legt. An der einen
Seite ist die Aussicht beschränkt durch den Olympus und die
von feinem Fuße gegen Myfien sich erstreckenden Berge; auf
der anderen durch die grünen Höhen, welche neben dem
Rhyndacus fortlaufen, dessen Ufer mit Gärten und Bäumen,
bedeckt sind. Am Ende der Wiese erhebt sich die eben so gar
tenreiche Höhe zwischen dem Thale von Muhallitsch und dem
414
Rhyndacus: Fluffe. Wo ich sie überstiegen hatte, trat ich
in einem schlechten Chan ab, dessen Entfernung von Brussia
auf zwölf Stunden gerechnet wird; und Apollonia gilt für die
Hälfte des Weges. -
Muhallitsch ist ein ansehnlicher Flecken, dessen Häuser,
nach Konstantinopolischer Weise, aus Holz und Fachwerker
baut sind. Unter den Bewohnern, zum Theil Griechen und
Armenier, scheint Thätigkeit zu herrschen; und auf meinem
Spaziergange fand ich die Basars, wenigstens mit Lebens:
mitteln, reichlich versehen. An Früchten ist ein Ueberfluß,
und nirgend aß ich wohlschmeckendere Kirschen, als hier und
in Apollonia.
Eine auffallende Erscheinung für mich war ein Stur
zer; denn wie häufig man dergleichen unter den Europäern
findet, so selten unter den Türken. Der junge Mann trieb
das Gewerbe eines Scherbetschi, und reichte sein Getränk,
mit dem Schnee des Olympus bereitet, überaus zierlich dar,
mich nicht wenig belustigend durch die gesuchte Art, wie er
feine weißen Hände und Arme bemerkbar zu machen strebte.
Ein breiter coquelicot Turban, mit Blumen geziert, stand
feinem hübschen Gesichte sehr wohl. Die ganze Figur machte
wenigstens einen gefälligeren Eindruck, als einige Kalenderi
(reisende Barfüßer), mit Löffel und Gebetkrücke im Gürtel,
denen Statt der Almofen nur Spott zu Theil ward. Einen
eben so geringen Eindruck auf die Türken machte zu meinem
großen Erstaunen ein alter Mewlewi, mit langem, krauslocki
gem, weißem Bart und Haupthaar, der noch vor dem Gef
-
415
fange des Muefin (Gebet Ausrufer) durch die Straßen trabte,
und in Stentors Tönen die gewöhnliche Einladung verlieh
men ließ: „Kommt zum Gebete, kommt zum Tempel des
Heils! c.“
D'Anville hat, glaube ich, Lopadion zu weit an den
Fluß hinab gesetzt, da es doch dicht an dem Ursprunge des
selben aus dem See liegt, und Muhallitsch etwa dahin ge:
hört, wo er Lopadion vermuthet. Dagegen muß die Ver:
bindung beider Flüffe weiter hinab gesetzt werden; denn un:
weit Muhallitsch kommt man auf einer hölzernen Brücke über
den bereits vereinigten Hippurius und Macetus, jetzt Su:
figherli, Fluß, (vom Orte Susigherli (Büffel) auf der Straße
nach Smyrna,) den Chateaubriand fälschlich für den Gra,
nicus hält, und bald darauf setzt man in einem mit Erde
und Faschinen gefüllten Boote über den reiffenden Karade
resu, den Ausfluß des Palus Arlyma, der in feinem tiefen
Bette des Winters sehr hoch zu steigen scheint. -
Hier betrat ich die herrlichen Gefilde Myfien's, Theils
Wiesen und Felder, mit den schönsten Baum Gruppen ge:
ziert, worin zahllose Nachtigallen schlugen, Theils mäßige
Höhen, mit Gestrüppe und Disteln bedeckt, aber culturfä
hig. Im Ganzen ist der treffliche Boden schlecht genutzt;
nur in den Thälern zeigen die Umgebungen der sparsam zer,
freuten Dörfer, die jedoch mit ihren Bewohnern ein Bild
des Elends darbieten, etwas besseren Anbau. Gänse, En:
ten und Truthühner sah ich überall zahlreicher, als sie sonst
in Natolien zu finden find.
416
Das erste Dorf, auf welches ich stieß, war Kadhikoi;
dann folgte Jenitschehkoi, wo es sehr schwer gelang, von
den scheuen Bewohnern, die bei der Fremden Annäherung
entflohen, etwas fauere Milch zum Frühstück zu erhalten.
Etwa ein paar Stunden weiter erschien mir zur Linken ein
großer Landsee, den mein Führer Makias nannte, und der
wohl das Aryma Palus auf Barbier du Bocage"s Karten
feyn muß. Ein Tekieh vorüber gelangt man nach Umarkoi,
und sieht alle Höhen grün, aber baumlos vor sich; nur die
Thäler sind mit großen Nuß- und Eich-Bäumen bewachsen.
Zur Rechten erhebt sich eine Bergkette, die den Anblick des
Heeres verdeckt, und zur Linken schwinden in blauer Ferne
der Rheae Mons und andere Höhen, welche den Olympus
und Ida verbinden. Jener blieb noch lange fichtbar.
Ohne in das, am Fuße eines kahlen, steinigen Hügels,
zur Rechten meines Weges belegene Dörfchen Kaiadshik ein
zukehren, erreichte ich bei guter Zeit den großen, wohlge:
buten Flecken Panorma (Panormus) in einer sehr reizen,
den Umgebung, an einem Bufen des Meeres von Mart
mora, im Angesichte der Cyzicenischen Halbinsel (5. Junius).
Der Ort ist größten Theils von Griechen bewohnt, die em
fige Seefahrer zu sein scheinen. Es lagen viele Boote im
Hafen, und neue wurden gebaut. Die Gegend ist wein,
reich, erzeugt aber auch viel Obst und Getreide. Von Alter,
thämern ist nichts mehr vorhanden, als die Griechische In
schrift auf dem Steine an einem Brunnen im obersten Theile
des Fleckens, die ich copirte.
417
Nahe dem Ende des Hafens erhebt sich das Ufer teil.
Ich ritt längs demselben, zum Theil im Meere fort, und
fand eine Mauer, die das Erdreich stützt, aber von Türki,
fcher Bauart. Dann führte mich der Weg über die Ufer
Höhe zu einem lieblichen Thale, in welchem ein kleines Dorf
liegt, worauf bald der Isthmus folgt. Dieser muß viel
kürzer gewesen seyn, ehe der große Sumpf vorhanden war,
der sich allmählich durch die vielen Quellen und Bäche gebil:
det hat, die sowohl dem Lande, als der Halb-Insel entströ
men. Ich fand hier ein Paar niedrige Bogen einer schlecht
ten Wafferleitung, deren Fundamente sich durch den Sumpf
verfolgen ließen. Der übrige Theil des Isthmus besteht aus
einem Gewirre der schönsten Wein und Obstgärten.
Ich bog vom Wege ab, um die, Mamun-Kalefflige
nannte Ruine zu besehen, die wohl die Stelle des alten Cy
zicus einnehmen mag. Unter Weges fand ich eine lange
Mauer, die sich auf einer Seite zu einem Halb: Cirkel rün,
det; sie ist zum Theil fichtbar, zum Theil dicht mit Epheu
bewachsen. Wiewohl ich keine Spur von Sitzstufen fand,
mögen Liebhaber solcher Vermuthungen immer ein Stadium
hinein verlegen. Dann ging ich dem Laufe eines kleinen
Baches entgegen, in ein schmales Thal gelangend, durch
welches der Weg nach dem am Berge gelegenen Dorfe Kaldi
Koi oder Hamamli Koi führt. Die mit Gestrüppe bedeckten
Hügel zu beiden Seiten des Thales zeigen Grundmauern ne:
ben großen Steinhaufen, und quer durch die Schlucht setzen
Bogen von zwei jetzt zerstörten Wafferleitungen. Ob sie ur,
27
4 18
sprünglich zu einer solchen gehört haben, weiß ich nicht.
Die Fundamente und der untere Theil der Mauern scheinen
sehr alt. Sie bestehen aus gar großen, regelmäßig behaue,
nen Maffen von feinem, grauem Granit und weißem Mar;
mor. Auf diese Fundamente hat man doppelte Bogen von
schlechter Arbeit gegründet, deren noch mehrere im Thale
und an dem Abhange übrig, andere eingestürzt sind. Ich
bemerkte daneben und tiefer unterirdische Bogen Gänge,
zwei über einander, die mir ihrer Gestalt nach auch zum
Wafferleiten gedient zu haben scheinen. Ist man von unten
durch die erste Wafferleitung gegangen, so findet man eine
breite Mauer, die das Erdreich des einen Hügels stützen soll,
und sonst mit gehauenen Steinen belegt war, wovon noch
ein Paar Schichten übrig sind. Auf diesem starken Funda
mente ruhte eine zweite Wafferleitung, von welcher sich nur
noch ein einziger Bogen in der Schlucht, den Anblick eines
Thors gewährend, erhalten hat. Der gegenüber stehende
Pfeiler ist eingestürzt; aber höher am Berge erblickt man
noch mehrere, die ich nicht näher untersuchen konnte, weil
von keiner Seite durch das dichte Gewirre der zum Theilfa
cheligen Sträucher fich ein Zugang bahnen ließ. Ich zeich:
nete diese malerischen Ruinen und den grünen Berg, der
auf dem Continente dem Isthmus gegenüber liegt. Auf die
fem fand ich, an dem Wege nach Erdekkoi, einen großen
Haufen formloser Steintrümmer, deren ovale Gestalt und
Vertiefung in der Mitte an ein Amphitheater erinnern.
Erdekkoi ist bekanntlich das alte Artace. Eine Vier,
419
telstunde davon, am Vorgebirge, welches in SW. durch
eine schmale Landzunge mit der Halb: Insel zusammen
hängt, und einen kahlen vereinzelten Berg bildet, der fast
rings vom Meere umgeben ist, lag die Akropolis, von
den Griechen jetzt Paläo: Kastro (Türkisch Bali, Keßri)
genannt. Sie hat nur an der Landseite eine Mauer,
welcher viereckige, vorspringende Basteien, hin und wieder
nicht höher, als die Mauer, zur Befestigung dienen, an
einigen Stellen dergestalt an den Berg gebaut, daß man
von oben gerade auf die Platteforme gelangt, ohne zu
steigen. Nur das Thor und die Mauer an demselben er
hebt sich über das Niveau des Berges. Von Zinnen,
Brustwehr, Graben c. ist keine Spur. Was mir schon
an den ältesten Mauern und Basteien Antiochien's auf
fiel, bemerkte ich auch hier, eine unverhältnißmäßige Dicke.
Sie bestehen aus einem Gemische formloser Steine, roh
durch Mörtel verbunden, der eine Menge kleiner Stücke
fehr dunkelrother, gebrannter Ziegel enthält, und gleichsam
mit den Steinen zu einer Maffe verwachsen ist. Von den
großen Quadern, womit die Mauern einst belegt waren,
find nur noch wenige vorhanden, laffen sich aber auch nur
schwer ablösen. Die Thürme des Thors scheinen Corni
fchen gehabt zu haben, und ein starkes Talus. Von der
Landspitze, auf welcher die gegenwärtige Stadt liegt, er
strecken sich die Reste des alten Hafen, Dammes in das
Meer hinein. Wahrscheinlich reichte er bis zur kleinen,
mit Bäumen bedeckten Insel, die man in geringer Entz
42O
fernung vor ihr erblickt, und bildete dergestalt einen sehr
ficheren Hafen.
Von hier gelangt man zu der in den Felsen gebahn:
ten Straße, die bergan führt. Das Innere scheint nicht
viele bedeutende Gebäude, wohl gar nur hölzerne gehabt
zu haben; denn man sieht nichts, als eine Menge kleiner
Steine, womit der Berg bedeckt ist. Nur ein Gipfel zeigt
einen ansehnlichen Trümmerhaufen aus großen Steinmaß
fen, unter welchen Hirten sich Wachfeuer und Herd an
gelegt haben. Die unbeschreiblich schöne Aussicht von die
fer Höhe feffelte mich lange. Unter mir lag das Städt:
chen von Gärten umgeben, die sich weit über Thäler und
Hügel bis zum Fuße der Berge erstrecken, welche allmäh:
lich zum Didymäischen Gipfel aufsteigen; weiterhin, wenn
man sich rechts umwendet, tritt der Isthmus mit Panorma
und seinem Hafen am jenseitigen Ufer hervor; dann die
ganze Nordküste von Klein-Asien bis zum Anfange des
Hellesponts; über diesen in blauer Ferne die zackigen Hö
hen des Ida. Hinter den Bergen der Halbz Insel wird
ein Theil der Insel Marmora fichtbar, dann die anderen
kleinen Infeln, und kaum zu unterscheiden, in blauem
Duft die Thracischen Berge und der Chersonesus. Ich saß
mehrere Stunden dort mit Zeichnen beschäftigt, während
aus Westen ein Regen, Wetter nach dem anderen im Hin
tergrunde aufzog, die seltsamsten Abwechselungen von Schatz
ten, Luft und Farbe gebend, in jedem Augenblicke verän,
ändert, aber stets von wunderbarer Schönheit.
421
Bei meiner Rückkehr fand ich auf dem Isthmus,
nahe am westlichen See-Ufer, eine Ruine, die man Bal:
kys nennt. Es ist der untere Theil von den Mauern ei:
nes achteckigen Gebäudes aus sehr ansehnlichen, gehaue
nen Steinen, auf welcher man später eine Brustwehr mit
Schießscharten gebaut, wahrscheinlich um Landungen von
der Seeseite zu hindern. Kanonen sind jetzt nicht mehr
da. Ganz nahe treibt ein starker Quell fein silberhelles
Waffer in mehrere Steintröge, von wo es im Schatten
ungemein großer Platanen ein Bächlein bildet. Auch noch
ein Paar Bögen der erwähnten Wafferleitung, die durch
den Sumpf vom Lande nach der Halb: Insel führt, find
hier zu sehen. -
Ich wandte mich gegen Westen, fast immer am kie:
figen Seestrande fortreitend. Das Städtchen Aidindshik
liegt entfernt in einem Bergthale, hoch über dem Meere.
Der Weg windet sich im Schatten von Oehlbäumen und
Linden, deren Stämme von Epheu umrankt sind, durch Bür
fche von Lorbeer, Jasmin und Geisblatt; beide letztere stan,
den in voller Blüthe. Dann wird aber das Land kahl, und
sparsam bebaut; die Höhen sind dicht von Gestrüpp über
deckt, worunter fich eine Staude mit glänzend gelber Blü,
the auszeichnet.
Am Ausfluffe eines mäßigen Baches in das Meer
liegt das kleine, ärmliche Dorf Saslidereh, wo viel Schiff
Bauholz aufgestapelt war, welches hier in beträchtlicher
Menge abgehohlt werden soll, weshalb auch ein kleiner Hat
422
fendamm von rauhen Steinen vorhanden ist. Solcher
Bäche, deren Quellen im nahen Berge find, fand ich noch
mehrere, sumpfigen Gräben vergleichbar, die sich durch üp:
pig bewachsene Wiesen ziehen; aber nirgend ein bedeutendes
Flußthal bis zum Gönen Fluß. Bei einem solchen feich,
ten Bootshafen, mit einem doppelten Damme von rohen
Steinen, verließ ich das Ufer, steil nach dem kleinen
Dorfe Tschauschkoi hinauf reitend, zu welchem er gehört.
44 d . . . . . . . dd
423
41.
Muffatfcheh. Karaboa (Priapus). Kamer (Pa-
rium). Gallipoli. Dardanellen (Hellespontus).
Nach einiger Erquickung brachte mich ein sehr bei
fchwerlicher Weg durch dicht verwachsenes, stacheliges Ge;
früpp bergab zum Dorfe Muffatscheh. Die schwüle Luft
hatte längst ein Gewitter angekündigt, das sich auch vor mei;
ner Ankunft, und während meines Aufenthalts daselbst mit
etlichen starken Schlägen vernehmen ließ, und ein Paar Rex
genschauer fandte. Ich speisete unter dem Abdache eines
Haufes, und wurde hier abermahls von der seltsamen Klei,
dung des schönen Geschlechts überrascht, die ich schon von
Apollonia an bemerkte. Die armen Bauer / Weiber tragen
meist Mannskleider, und den Schalwar Statt des Rockes.
Das Dorf liegt am Fuße des Berges, am Anfange der
großen, fruchtbaren, aber sumpfigen und ungesunden Ebene
Taher Owaffy, durch welche der Gönen Fluß (Aesepus) breit
und reißend dem Meere zufließt. Nahe am Dorfe stehen
zwei Windmühlen auf einer schmalen Landenge, die durch
eine große Pfütze stagnierenden Seewaffers vom Meere ge:
trennt ist. Die Vegetation der Felder und Wiesen ist außer
ordentlich; die Disteln z. B. find so hoch, als ein Reiter zu
Pferde, und fallen daher nicht wenig beschwerlich; die Thiere
verschwinden ganz im Grase. Das Amphitheater grüner Bert
ge, das die weite Ebene umgibt, und die Aussicht auf die
424
Halb, Insel Cyzicus, Marmora c. gewährt einen schönen
Anblick. Nicht ohne Aengstlichkeit durchwatete ich mit mein
nen Gefährten den Fluß, und kam zur Nacht nach dem
Tschiftlik des Agas von Demotika, dessen Kiaja mich gastfrei
aufnahm, und in ein geräumiges Zimmer logierte, das ganz
aus Fenstern bestand, wo es mir am folgenden Morgen em:
pfindlich kalt wurde. -
Früh (am 8. Junius,) begab ich mich auf den Weg
nach dem alten Priapus, jetzt Karaboa genannt. Die Ebene
wird immer unbebauter und sumpfiger, aber bevölkert von
unzähligen Herden schöner Rinder und Pferde. Auch stieß
ich auf ein Yurükid (Nomaden / Dorf) von geflochtenen
Baumzweigen und Zelten. Bei Muffatscheh fand ich Zigeu:
ner unter Zelten und in dem Kasdaghi (Ida) weiden Turk,
N(NMCM,
Mein Führer hatte die Unbesonnenheit, den Weg zu
verlaffen, in dem Wahne, am Seestrande einen näheren zu
finden, da er das Ziel in gerader Richtung vor sich fahe.
Aber die Sümpfe zwangen uns endlich, nach langem, pfad,
losem Umherirren in tiefem Grafe die Wagenstraße aufzusu,
ehen, die uns bald an das Ufer des ansehnlichen Kodjha/Su
brachten. -
Nach D'Anville's Carte müßte der Bach bei Saslide,
reh der Tarius seyn. In Panorma führen mehrere Brücken
über einen kleinen Bach. Der Gönen Fluß wäre dann der
Aesepus und der Kodscha, Su der berühmte Granicus, den
jener große Geograph Outola nennt, welchen Namen ich
425
nirgends vernommen; wohl aber wird er der Fluß von Demo
tika genannt. Vielleicht ist dieß das Sidena der Alten? Mich
führte mein Weg nicht vorbei; denn da ich die Seeküste bereit
fen wollte, mußte ich schon das Innere des Landes unbe:
vührt laffen, und konnte daher weder Heleia noch Sidena
aufsuchen.
Nahe am Ausfluffe des Granicus hört die große Ebene
auf, und fängt ein mit niedrigem Gestrüppe bewachsenes
Vorgebirge an, auf dessen äußerster Spitze das alte Pria:
pus lag, jetzt, von einem, eine halbe Stunde tiefer landein
wärts liegenden, schlechten Dorf, Karaboa genannt. An
der Stelle der alten Stadt findet man ansehnliche Ruinen
einer Festung aus den Zeiten der Byzantier. Quer über
das Vorgebirge, von einem Seeufer zum anderen, läuft
eine Mauer, die größten Theils formlos, mit Schutt und
Gestrüppe bedeckt ist, und vielleicht noch die Fundamente
der ältesten Stadtmauer verbirgt. Auf dieser erheben sich
ein Dutzend, Theils runder, Theil viereckiger Thürme, in
wendig von mehreren Stockwerken, das oberste eine ge:
wölbte Kuppel. Sie find, manche ganz, andere nur von
außen, aus den breiten und flachen Ziegeln gebaut, die ich
oft an Byzantischen Gebäuden bemerkt habe; das Uebrige
von rohen Steinen. Vor jedem Thurme läuft von außen
eine Bastei herum, mit einer Brustwehr, worin gewölbte
Schießscharten. Diese Befestigung zieht sich um das ganze
Vorgebirge. Inwendig find Cisternen und andere Funda:
mente. Es wäre interessant zu wissen, wann die Byzanti,
426
schen Kaiser das alte Priapus hergestellt, und wie sie es bei
nannt haben.
Ich ritt über oben gedachte struppige Berge, und kam
bei Sonnen Untergange zum kleinen Dorfe Ortludscha, wo man
mich in ein leidlich reines Haus quartierte. Aber am folgen,
den Morgen erfuhr ich zu meinem Erstaunen, daß, während
der Führer in meinem Zimmer aß, zwei Pferde verschwunden
waren, nämlich sein und mein Reitpferd. Er hatte sie noch
in derselben Nacht zu Fuße im Mondscheine gesucht, bis er
müde geworden, fich aber dann schlafen gelegt, in der Hoff
nung, daß sie sich nur etwas verlaufen, und am Morgen
schon wieder finden würden. Am Morgen machte er ich zU
Pferde auf, und durchstreifte umsonst alle Thäler und Hö
hen, mußte sich jedoch bald überzeugen, daß ein geschickter und
kecker Dieb den Augenblick seines Abendessens wahrgenom:
men, um sie zu stehlen. Bei der Gelegenheit erfuhr ich
dann von den Bauern, daß dieses hier sehr gewöhnlich sey,
und daß die Diebe einen der vielen kleinen Häfen zu gewin,
nen suchen, von wo sie nach Rumili übersetzen. Wir bei
fannen uns auch nun, unter Weges mehreren Leuten begeg,
net zu feyn, denen es eben so ergangen war. Nachdem der
ganze Morgen mit fruchtlosem Suchen verstrichen, nahm der
Führer ein Pferd, um seine Nachforschungen in ein Paar
benachbarten Dörfern fortzusetzen, und ich nahm das andere.
Kirkor lud sich und mein Gepäcke auf einen viereckigen Kar;
ren, der mit zwei Ochsen bespannt, nicht ohne große Mühe
von einem der Bauern gemiethet wurde; diese fürchteten ir:
427
gend einen Betrug oder Gewaltthat, und zeigten, Trotz un:
ferem Geldbieten und Versichern das größte Mißtrauen.
Endlich ließ sich einer für 10 Piaster bewegen, die er noch
voraus empfangen wollte, und die langsame und langweilige
Ochsenpost setzte sich in Bewegung, fast immer allmählich berg:
an, durch niedriges Gestrüpp.
In dem kleinen Dorfe Tschakirli fand ich an einem
Brunnen antike Fragmente, wahrscheinlich aus Parium hin
gebracht. Nachdem wir über die Berge gestiegen, kamen
wir in ein weites Thal, das sich nach dem Meere zu verengt.
Ich war vorausgeritten, und setzte mich eine Viertelstunde
vor der Stadt hin, um die drei Bogen der Wafferleitung zu
zeichnen, die dem alten Parium den Türkischen Namen Ker
mer gegeben, den die Neuz Griechen dann in Kamaris verwan:
delt haben. Diese drei Bogen bestehen zum Theil aus großen
Werkstücken, und am Fuße liegt ein Türkischer Brunnen;
das Ganze ist dicht von Gesträuchen umgrünt.
Kemer ist ein kleines Städtchen, oder richtiger Dorf,
zwischen dem Ausfluffe des Baches zur Linken, einem Berge
zur Rechten, und dem Meere vor sich, und zieht sich eine
Strecke in's Thal hinauf; von Modania 49 Stunden ent
fernt nach folgender uebersicht meines Weges:
von Modania (Scylace? Myrlea Apamea
Bith.?) nach Balatkoi . . . . . 24 Stunden,
– Balatkoi – Bruffa (Prusias) . . 24 –
– Bruffa – Abülliont (Apollonia ) . 6 –
– Abülliont – Ulubad (Lopadion) , , 4 –
248
von Ulubad nach Muhallitsch . . . . . 14 Stunden,
– Muhallitsch über den Sufighirli (Mace:
stus und Hippuriusz Fluß) und Karade:
refu (Ausfluß des Sees Arlyma) nach
Panorma (Panormus) . . . . . 8 -
– Panorma über den Isthmus nach Mamun
Kaleffi (Cyzicus) und Erdekkoi (Artace) 5 -
– Erdekkoi nach Aidindfhik . . . . . 2 -
– Aidindshik über den Saslidereh : Fluß
(Tarfius) nach Tschaufchkoi . . . . 3 -
- Tschaufchkoi nach Muffatscheh . . . 1 • –
–Muffatschehüber den Gönen (Aesepus) und
die Ebene Taher Owafft nach dem Tschiftlik 2 -
– dem Tschiftlik über den Kodha-Su (Gra:
nicus) nach Karaboa (Priapus) . . 6 -
– Karaboa – Ortludschah . . . . . 2 -
– Orludfhah – Kemer (Parium) . . 4 -
die Stunde zu Pferde = 1 Lieue oder 4Wert: 49 Stunden.
In den Straßen des Orts sieht man viele Fragmente
glatter und cannelirter Säulen, und einen auf drei Seiten
ganz gleich verzierten, wie es scheint, tief eingegrabenen
Stein, darstellend ein Feld mit Schlangen Eiern, die aber
Statt erhaben, vertieft sind, und in der Mitte einen Thyr
fus umgeben, wo ich nicht irre.
Nachdem ich mich mit guten Fischen genährt, ging ich
spazieren. In NO. von Kemer erhebt sich ein Berg, der sich in
nördlicher Richtung zum Meere erstreckt, und ein Vorgebirge
429
bildet, auf dem zwei Windmühlen stehen, und an dessen
Fu „e ein Schiffswerft angelegt ist. Hinter dem Berge läuft
ein Thal zum Strande, das mit dem, worin der jetzige
Ort liegt, in Verbindung steht. In diesem Thale findet
man das trockene Bette eines Baches, der wahrscheinlich
fonst, vielleicht noch im Winter, ein Arm desjenigen ist,
der sich bei Kemer in's Meer ergießt. Auf diesem Vorgebirge,
im Thale und auf beiden Seiten desselben, lag das alte Pat
rium. Steigt man von der jetzigen Stadt bergan, so findet
man zuerst links die drei Wände eines viereckigen Gebäudes,
wie ein Thurm, am Abhange des Berges nach dem Meere zu,
dann weitläufige Stein und Schutthaufen, mit Gestrüppe
bewachsen; endlich an der Theilseite ein ähnliches, vierecki,
ges Gebäude, aus kleinen Steinen gebaut, die in einem so
festen Mörtel stecken, daß man ohne der Festigkeit der Wände
zu schaden, nicht nur den äußeren Beleg von großen Werk
stücken abgeriffen, sondern eine Ecke und zwei Wände von
unten ganz weggenommen hat, um einen Eingang zu fin,
den, so daß ein Drittheil des Gebäudes, eine Ecke nämlich
und zwei Wände von oben in der Luft hängen. Da dieses Ge;
mach keinen Eingang gehabt hat, und, wie ich oft an Cister,
nen bemerkte, von innen mit gedachtem Mörtel aus kleinen
Steinen und Kalk überzogen ist, so halte ich es für einen
Wafferbehälter, der sonst mit obgedachter Wafferleitung zu
sammen hing, wie sich aus einigen Fundamenten vermuthen
- läßt, die man in derselben Richtung nachweisen kann. Ei;
gentlich scheint mir das ganze Gebäude von großen Stei
43O
nen zu fehlen, und nur der innere, wafferdichte Bewurf ste:
hen geblieben zu feyn.
Von diesem Berge stieg ich durch eine kleine Schlucht,
zum Vorgebirge empor, wo die Windmühlen liegen. Die
fes war wohl die Akropolis, und man sieht eine Mauer, die
an der Landseite umher lief, von einem Hafen zum ande
wen, durch mehrere Thürme beschützt, deren besonders einer
von unten wohl erhalten ist, und aus großen Werkstücken
besteht. Von hier, als an der niedrigern Seeseite, sieht
man Fundamente einer Mauer, die nach der Spitze des Vor
gebirges hinlief. Unter der ersten Windmühle, und dicht über
der Mauer ist eine große, halbrunde Vertiefung, wo Fun-
damente aus dem Gestrüppe am Bergabhange hervor sehen.
Diese halte ich für das Theater. Im Thale, ungefähr
diesem Orte gegenüber, scheint eine Brücke über den trocke
nen Bach geführt zu haben; weiter oberhalb erblickt man
ein Mauer, Fundament am Ufer eines feiner Arme, und auf
dem jenseitigen Berge auch eins. Weiter oberhalb der alten
Stadt dehnt sich ein flaches, längliches Thal aus, wo Fun-
damente und mächtige Mauern aus Gebüsche hervor sehen,
deren Gestalt vermuthen laffen, daß dort das Stadium ger,
standen.
Mein armer Armenier war (am 10. Junius,) zurück
gekehrt, nachdem er vergeblich in Karaboa und anderen Ort
ten nach seinen verschwundenen Pferden geforscht hatte.
Ich mußte schon so gut feyn, ihn so vollständig zu bezahlen,
als ob er mich nach den Dardanellen gebracht hätte, um dem
451
armen Teufel für feinen Verlust Einiges zu vergüten. Da
faß ich nun aber beinahe eben so fest in Kemer, als weiland
in Alania. Es waren keine Pferde zu haben, und für ein
großes Boot nach den Dardanellen forderte man nicht weni;
ger, als 130 Piaster. Ich fand aber zum Glücke eine Bar,
ke, die, von Konstantinopel nach Gallipoli gehend, dort ge:
landet war, und miethete mich schnell mit Sack und Pack für
15 Piafter ein, obgleich der Capitaine mit feiner Mannschaft
wenig Vertrauen einflößte.
Wir stachen auch bald in See; leider waren die Schif
fer nur anfänglich so gut, sich der Ruder zu bedienen, her:
nach wurden die Segel aufgezogen; aber es wollte sich durch:
aus kein günstiger Hauch für uns erheben, sondern der
Wind sprang jeden Augenblick, trieb uns also zuweilen rückt
wärts, und mit jeder Veränderung sandte er mächtige Ge;
witterschauer über uns her, welche die ganze Barke unter
Waffer setzten, und mich. Trotz Schirm und Mantel doch
endlich, wiewohl nur von unten, einweichten. Die Ansicht
der Berge Natolien's, nämlich des Ida, abwechselnd mit
frischem Grün im Sonnenlicht schimmernd, oder in dem tie
fen Blau eines Gewitter Himmels verschwindend, war fehr
schön; aber vor Ungeduld nicht zu genießen. Endlos trieben
wir im Zickzack am Vorgebirge Ketschehburun und vor Tschar
dak umher, welches, im Vorbeigehen gesagt, das alte Päsus
feyn muß, und blieben in diesem verdrießlichen Zustande bis
an den Abend, da plötzlich ein günstiger Wind uns nach dem
Hafen von Gallipoli blies; aber wieder kurz vor dem Eingange
432
plötzlich nachließ, nnd die verdrießlichen Schiffer zwang,
abermahls zum Ruder zu greifen.
Ich fand unseren Camolliere, einen Hebräer, Na;
mens Pellegrini, in Europäischer Tracht, mit langem Barte,
an der Scala fitzen. Er führte uns gleich zu unserem Dar;
danellen Consul, Herrn Salomon Taragano, der sich zufäl:
lig hier aufhielt, welches mir sehr lieb war. Ich wurde
bei dem alten Vice / Consul Hadshy Musa einlogiert, und
fand nun plötzlich alle Bequemlichkeiten eines Orientalisch,
Hebräischen Hauses, und einen überaus aufmerksamen und
gefälligen Wirth. In Kemer war bei meiner Abfahrt nicht
einmahl Brod zu haben, und hätte nicht ein guter Reifen,
der im Kaffeehaufe mir fein gestriges abgetreten, das ich
mit Käse und einer Zwiebel aß, so wäre ich noch hungriger
geblieben, als ich war. Hier speisete ich nun desto besser zu
Abend, und schlief vortrefflich.
Die Stadt ist die bedeutendste an dem Canale, und
mag wohl 16,000 Einwohner zählen, welche durch ihre Saf
fian, Fabriken berühmter find, als durch ihre Sitten.
Nach der Verabredung wollte ich unverzüglich mit
Herrn Taragano nach den Dardanellen zurück zu kehren;
es war aber zu ungünstiger Wind. Ich unterhielt mich in
deffen mit dem Einkaufen einiger Medaillen, und besuchte
das Schloß, das man den Genuefern zuschreibt. Es ist zer
stört, und enthält zwei Höfe, mit Mauern und Thürmen
umgeben, und diese mit einem Graben und aufgemauerter
Contrescarpe; am Meere ein viereckiges Becken, mit starr
433
ken Mauern eingefaßt, und von einem Thurme beschützt.
Auf dem Molo, der dieses Becken vom Hafen trennt, ist
eine Moschee gebaut, und daher der Eingang für Boote
jetzt untersagt. An beiden Seiten des Schloßthores ist eine
schöne Inschrift auf weißem Marmor eingemauert, aber die
eine Hälfte umgekehrt, und in der Mitte fehlen Worte. Im
Haufe des Griechischen Metropoliten zeigte man mir ein
Hautrelief von vorzüglicher Arbeit, welches ich abzeichnete. Es
stellt drei Figuren weiblichen Geschlechts dar, von einer
männlichen einem Altare zugeführt, über dem ein geisfüßiger
Pan sitzend die Flöte bläset. Ihm wird wahrscheinlich das
Opfer gebracht. Das Ganze ist in einer Höhle, an der oben
zwei Tauben fichtbar find.
Herr Taragano wartete mit der Abreise bis gegen Mit
tag, dann schifften wir uns ein, in großer Gesellschaft von
den Jüdischen Weibern und Kindern des Consuls und Can
cellario, die nebst meiner Wenigkeit den Hintertheil des
Bootes einnahmen, und einem Sicilianischen Aeskulap, Na,
mens Pasquale. Anfangs hatten wir guten Wind, weil
ter im Canale trat aber völlige Windstille ein; der Steuer;
mann schlief am Steuer, die eine Hand im Tabaksbeutel,
und die übrigen Türkischen Matrosen legten sich auch, nach
dem sie gegessen, zur Ruhe nieder, und nur mit der größten
Mühe, mit Bitten und Spott konnte man sie bewegen, zu
den Rudern zu greifen; und nachdem sie sich endlich dazu
entschlossen, arbeiteten sie doch nicht, sondern rührten nur,
wie in einer Suppenschale, das Waffer um, in einer Hand das
28
434
Ruder, in der anderen die Pfeife haltend. Sie rechtfertigten
vollkommen die übele Meinung, die man von den Bewoh:
nern Gallipoli's hat; sie waren eben so impertinent, als
faul. Endlich erhob sich ein frischer Wind, der aber in Ange:
ficht der Dardanellen aufhörte, und das unausstehliche Volk
war nicht zu bewegen, diese kleine Strecke zu rudern. Sie
hätten lieber die ganze Nacht dem Hafen gegenüber in der
See zugebracht, als nur eine halbe Stunde zu arbeiten. Die
Strömungen trieben uns zum Glück langsam vorwärts, und
nach Sonnen Untergange erreichten wir endlich den Ha;
fen nach einer höchst langweiligen Fahrt, wofür selbst die
Schönheit der Ufer des Hellesponts nicht ganz entschädigen
konnte. -
Zuerst hinter Gallipoli kamen wir an einem berühmt
ten Quell der Thracischen Küste vorbei, Kalo nero, das
schöne Waffer genannt, dann zu einem Thale, Galata ge:
nannt, welches vielleicht Aigos. Potamos ist; dann folgt ein
anderes schönes Thal, Orgar dereffi genannt; ferner die Stel:
le, wo die Osmanen nach Europa übersetzten, und die durch
eine Reihe großer Hügel bezeichnet ist, wahrscheinlich, wo
das Zelt des Feldherrn und der Sandshaki fcherif standen.
Etwas weiter sieht man an der Spitze Altbach ein hübsches
Tekieh und die Ruinen des ersten, von Suleiman Pascha er
oberten Schloffes. Dann kommt man an den Coele portus
vorbei, in dessen Hintergrunde ein erhabener Hügel auf der
Höhe des Berges liegt, wie viele an dieser Küste; vielleicht
Cynoffema. Dann erblickt man Madytus, Maito, ein
435
durch Schifffahrt bekanntes Griechisches Dorf, den Asiatis
schen Dardanellen schräge gegenüber.
Weit schöner ist die Asiatische Küste, und wiederhohlt bei
dauerte ich es sehr lebhaft, daß ich die Landreise nicht bis zu
den Dardanellen fortsetzen konnte. Erst erscheint zwischen
Gärten und Weinbergen, die sich weit in das Land hinein
erstrecken, Lampacus, Lipsek. Weiter in einer noch viel
schöneren Gegend, Bergas, das alte Perkote, an einem mit
Cypreffen bedeckten Berge im Hintergrunde eines weiten That
les, ziemlich weit von dem Meere; einst Residenz des Königs
Merops. Dann fährt man dicht an der Spitze von Nagara
vorbei, wo man noch deutlich die Stelle des alten Abydus
an zwei großen Hügeln von Schutt erkennt; darauf folgt ein
sehr hübscher Tekieh unter Cypreffen am Seeufer.
- Ich machte denen Contract mit einem Schiffer von
Mayto, mich in seinem achtrudrigen Boote nach Imbro,
Samotraki und Stalimene zu bringen, und von dort zum
Berge Athos, hin und zurück für 250 Piaster.
Zuvor machte ich mit Herrn Taragano und Pasquale
einen angenehmen Spaziergang an den Ufern des Rhodius,
der ein ansehnlicher Fluß ist, und sich im Westen des Schloß
fes in das Meer ergießt, wo eine lange hölzerne Brücke über
denselben führt. Er fließt hier durch eine hübsche, mit
großen Platanen bedeckte Wiese. Von dort gingen wir in
die Gärten und dann zum Bei Achmed, der an chronischen
Wunden und Nervenschwäche seit Jahren litt, und den Herrn
Doctor consultierte. Seine Zimmer waren sehr freundlich
436
und hübsch, und er selbst verrieth durch ein Benehmen eine
Gewandtheit in dem Umgange mit Franken.
Ich fand zwar früh auf, aber erst um 9 Uhr waren
meine Schiffer fertig, und wir stachen in See. Wir hielt
ten uns immer an der Europäischen Küste, und weil kein gün,
ftiger Wind sich aufhun wollte, mußten sie fast immer ru,
dern, welches fiel auch fleißig thaten; fie waren nicht so faul,
als die Türken von Gallipoli. Die Thracische Küste ist steil
und unbebaut, ein dürrer Felsen mit magerem Gestrüppe bei
deckt. Ich fuhr dicht unter dem kleinen Castell Sahan Kaleffi
vorbei. Dann folgte ein Thal, worin ein Kloster der Pana,
gia zwischen Bäumen liegt; dann das alte Europäische Dar:
danellen Schloß Sitt Albahar, die Königin der Meere, ge:
nannt. Gegenüber das alte Asiatische Schloß, Rum Ka;
leffi; auf dem Berge darüber Jenischehr, das alte Sigeum
mit den berühmten Gräbern. Ferner den Griechischen Hat
fen, Karaulik Liman, und Ajax Grab, Intepeh. In der
Entfernung erschien Tenedos. -
- - - - - - - - - - - - - - -
437
42.
Imbro (Inbros). Gannotraki (Gamothrace).
- Der Athos. Stalimene (Lemnos).
Nun verließen wir den Hellespont, und lavierten an der
kahlen Thracischen Küste hinauf, und dann nach Imbro (Im
bros) hinüber. Wir landeten zuerst an einem findigen Vorge:
birge, dann umfuhren wir es. Es bildet einen niedrigen,
aber senkrechten Absatz von Sand und Thonerde nach dem
Meere zu. Dieses Vorgebirge, Kefala genannt, erstreckt sich
weit gegen N. O. in die Fluthen nach Thracien zu. Es hängt
durch einen niedrigen Isthmus mit der Insel zusammen,
und wird nach dem Meere hin immer höher. Auf der anderen
Seite traf ich in einem tiefen Golf, bei einem Paar kleinen
Häusern einen Landungsplatz, wo die Boote aus Thracien
und den Dardanellen anzulegen pflegen. Wir kamen nach Son:
nen Untergange hier an. Es waren noch eine Türkische Barke
und einige kleine, offene Kähne eingetroffen, womit Schiffer
von Tricheri bis hierher kommen, um Schwämme zu fischen.
Der Platz ist mit grünen Bergen umgeben, von denen hin
und wieder ein Wachtfeuer der Hirten herabglänzte. Dieses
mit den verschiedenen Gruppen der Seefahrer um mehreren -
Feuern, ein murmelnder Springbrunnen, und phosphoresci,
rende Funken auf dem Meere, welches so stille war, daß es alle
Sterne wiederspiegelte, machten den Abend sehr angenehm.
438
Bald ging auch der Mond auf, und verbreitete ein noch
schöneres Licht über das Ganze.
Früh Morgens, am 15. Junius, beim Erwachen fand
ich meine fleißigen Schiffer schon rudernd. Wir umfuhren
eben ein ziemlich steiles Vorgebirge, das aus Thonstein zu bet
stehen schien, und mir interessant war, weil ich an seiner
senkrechten Wand den verschiedenen Höhenstand der See
Oberfläche deutlich übersehen konnte. Ich zählte an dreißig
völlig regelmäßige und gleich hohe Absätze über einander,
die dem Felsen von weitem das Ansehen eines Gebäudes ga:
ben. Bald landeten wir in einem kleinen Hafen, am Fuße
eines Felsen, wo die Ruinen des Schlosses von Imbro lie,
gen. Die Gebäude im Inneren und Aeußeren find zerstört; es
stehen aber noch Mauern; unter ihnen ein halbes Dutzend von
solider Bauart, an denen ich ein Paar Byzantische Inschriften
auf eingemauerten Stücken weißen Marmors fand.
Von hier übersieht man, und ich zeichnete die schöne,
wohl angebaute Ebene, die von Theils waldigen, Theils kah,
len Felsen Gebirgen umgeben, sich in die Insel hinein er
streckt. Gegenüber liegt das Dorf Glyky an einem Berge,
und am Fuße des Schloß Berges an der Landseite, der von
dem Schloffe benannte Hauptort Kastro. Auf der anderen
Seite desselben bildet der Ausfluß eines Baches einen Hafen,
und gegenüber auf der Seeseite fieht man Samotraki (Sa.
mothrace), welches wie ein kahler Felsen auftaucht, in den
schönsten Tinten schillernd. umsuhr setzte ich die Reise fort.
Samothrakte erscheint von dieser Seite als eine öde,
439
in wilde Zacken zerriffene und verwitterte Granit, Maffe.
Die Hitze war heute, wie gestern, schon vom Morgen an
drückend. Am Nachmittage, gegen 4 Uhr, landeten wir
zum Effen, und um Waffer einzunehmen am Ausfluffe eines
kleinen Baches in einem wilden Bergthale voll der schönsten
Platanen. Die kahlen Granit-Felsen haben das Ansehen von
zertrümmerten Mauern und einzeln stehenden Pfilern. Hier
fand sich am Ufer ein Durchgang des Meeres durch den Felsen
und mehrere kleinere, vom Waffer gebildete Grotten. Darauf
fuhren wir bei beständiger Windstille um die Westseite herum.
Am Horizont erschienen Taffo (Thafos) und Stalimene (Lem
nos), ersteres bergig, dieses flach, und zwischen beiden der Athos
in Gestalt einer hohen Pyramide. Allmählig senken sich die Ber:
ge der Insel erst in grünen Hügeln zum Ufer herab, die, wie
die Thäler, mit Gebüschen, Feldern und Oehlbäumen bedeckt
find, und dann bildet das Ufer eine weite, grüne Ebene, die ange:
nehm gegen die wilden, schwarzen Berge absticht. Hier über
nachteten wir. Das Meer war so still, daß nicht nur die Insel
mit ihren Felsen und Thälern, sondern selbst der ferne Athos
fich ganz darin spiegelten, nebst dem Monde und allen
Sternen.
Gegen O. und N. O. besteht die Insel Samothrace aus
einem kahlen, steilen und in seltsamen Zacken hervorragenden
Felsen, von welchen sich grüne und fruchtbare Thäler in das
Innere der Insel herabsenken, die endlich gegen N. W. in
eine lange, mit Meergries und Kieseln bedeckte Landspitze
auslaufen, auf der man zwei Sümpfe sieht. Am Morgen
440
umschifften wir rasch diese Spitze, um uns an den gewöhnt
lichen Landungsplatz zu begeben, von wo man noch ein
Paar Stunden nach dem einzigen Dorfe der Insel, Kastro,
hat, welches ziemlich in der Mitte derselben liegen mag. Ich
machte mich gleich mit zwei Matrosen auf den Weg. Wir
stiegen immer allmählich bergan durch Felder, und kamen
über mehrere Bäche, deren Ufer mit den schönsten, breit
blätterigen Ahorn bewachsen sind. Die ganze Insel ist sehr
quellreich. Dann wurde der Weg immer steiniger, und
über mit Gestrüppe bewachsene Berge kamen wir nach ei:
nem Gange von mehreren Stunden endlich zu dem Dorf.
Es liegt am Rande mehrerer Quellen, zu beiden Seiten eines
engen Felsenthales, an denen die Häuser stufenweise über
einander empor ragen. Sie sind von Fachwerk gebaut, d. h.
aus rohen Steinen mit Holz gemischt, und haben flache Dä:
cher. Es gibt darunter von ansehnlicher Größe. Auf einem
senkrecht abgeschnittenen und in das Thal weit vorspringen,
den Felsen liegen die Ruinen des Schloffes, welches den
Inschriften zu Folge, aus den Zeiten der Byzantier stammt.
Ich zeichnete eine Ansicht desselben und des Dorfes; weiter
erschienen die niedrigeren, mit Gestrüppe spärlich bewachse
nen Berge der Insel, und im Hintergrunde das Meer und
die Thracische Küste. Meine Matrosen späheten vergeblich
nach Fleisch und sauerer Milch; es war heute ihr Pfingst,
Fest, das sie feiern wollten, da ich ihnen diesen Tag, als
Ruhetag zugestanden, und ich suchte eben so umsonst einen
Esel zu erhalten, um mich nach der Paläopolis, den Ruit
441
nen des alten Samothrace, zu tragen. Die Einwohner sagt
ten, alles Vieh fey auf der Weide, und die Esel laffe man
wegen der Bremsen nicht heraus, die so zahlreich wären,
daß sie die Thiere wüthend machten, die mich abwerfen wir
den. Meine Begleiter behaupteten, es fey böser Wille, und
die Bewohner feyen sehr wohlhabend. So schien es mir
auch; sie waren alle festtäglich geschmückt. Die Kleidung
der Weiber ist hübsch; ein einfacher, blauer oder rother Rock,
mit einem Gürtel befestigt, an dem die bekannten runden,
filbernen Buckelschnallen prangen. Auf dem Kopfe tragen
fie ein einfaches, weißes Tuch, wie ein Schleier über Rü
cken und Schultern zurück fallend, unter dem das lange,
fchwarze Haar, in natürlichen Locken, an Stirne und Hals
herab hängt. Ich bemerkte sehr hübsche Gesichter, ächt
Griechische Profile mit den schwärzesten Augen, die man sie
hen kann, -
Ich miethete einen Führer, und begab mich auf den
Weg zu jenen Ruinen, die mehrere Stunden Weges von dem
Dorfe, am Meere, und an den Orte liegen, wo die senkrecht
aus demselben aufsteigenden Felsen sich allmählich zurück zu
ziehen anfangen, an der Nordseite der Insel. Der Weg
dahin war steinig und beschwerlich, und führte bald über mit
Gebüsch bewachsene Hügel, bald durch Schluchten, wo klare
Bäche im Schatten uralter Platanen fließen. Auf dem Gi;
pfel einer Anhöhe, die sich zum Strande hinab senkt, fand ich
das Thor und die Mauern der alten Stadt, vom höchsten
Alterthume. Sie gehören zu der Art Gebäude, die man
442
/
schon vor Alters Kyklopische Mauern nannte; ungeheuere
Maffen, Theils viereckiger, Theils runder und polygoni
fcher Felsenstücke, nur von außen oberflächlich behauen, sind
ohne Mörtel auf einander gefügt. Das Thor besteht aus
einem schmalen Gange, 10 bis 12 Fuß breit, an dessen in
nerer Seite man in den forgfältig behauenen Ecksteinen der
einen Seite die Falze sieht, worin die Thür paßte. Von
hier kann man auf jeder Seite die Mauern an 200 Schritt
weit verfolgen, wie sie auf beiden Seiten in etwas schräger Richt
tung vom Thore auslaufen. Rechts, oder östlich vom Thore,
scheinen sie bei dem Bette eines Bergwaffers am Felsen zu
beginnen. Links bilden sie nach den ersten 100 Schritten
zwei Ecken nach innen zu, jede 45 bis 50 Schritte von ein
ander entfernt, und dann folgt ein viereckiges Fundament,
vielleicht ein Thurm, dessen Inneres 20 Fuß im Quadrat
haben mag; und von hier scheint die Mauer in einem rechten
Winkel sich nach dem Meere gewandt zu haben, bergab. Ich
fand in der Mauer Steine von zwei Klafter Länge. Die Dicke
der Mauer kann eben so viel betragen, und die Höhe des
Thores mag drei Klafter seyn, wiewohl mir der obere Rand
nirgends vollkommen erhalten schien. Diese Maße sind nach
ungefährer Schätzung angegeben, weil das Ganze so dicht
mit Bäumen, Dornsträuchen, Gestrüppe und Steinen bei
deckt ist, daß man nirgends bequem fortkommen kann.
Von hier gegen Osten gelangt man zu zwei Thürmen
und einem Paar kleineren Befestigungen, mit einem aufge
mauerten Graben umgeben, auf einem Felsen dicht über
445
dem kiesigen Seestrande. Sichtbar sind diese beiden Thürme
(aus den Zeiten der Genueser oder Byzantier; denn Inschrift
ten finden sich nicht) sehr solid auf einem Schutthaufen gebaut,
der wohl von dem Fundamente der Mauer des alten Tem,
pels herrühre mag, defen zahlreiche Fragmente man in beiden
Thürmen eingemauert erblickt. Aus demselben sah ich, daß
der Tempel nur sehr klein gewesen ist; denn seine Säulen hat:
teu kaum ein Paar Fuß im Durchmesser. Er war Doris
fcher Ordnung (wie sich aus den Triglyphen ergibt), mit can
nelirten Säulen. Ich fand drei bis vier ziemlich verstän
melte Fragmente desselben Basreliefs, das wahrscheinlich
das Innere zierte: eine Prozession weiblicher Figuren (wie
es schien, wegen der langen Gewänder) darstellend, von ei:
ner männlichen geführt. Die Absätze des Architravs hatten
einen kleinen Rand von Oliven und Perlen. Alle diese
Fragmente waren vom schönsten, weißen Marmor; ich glaube
von der Insel Marmora, denn auf Samothrake selbst habe
ich keine Spur desselben gefunden, sondern nur Granit,
Porphyr, schwarzen Marmor, Jaspis, Grünstein, und an
dere kostbare Steine in großer Menge und unendlicher Manz
nigfaltigkeit, aus denen auch gedachte Kyklopische Mauern
aufgethürmt sind. Unten am Meere liegen noch Oberschwelle
und Pfosten der Thür des Tempels von demselben weißen
Marmor, die man wahrscheinlich herab gebracht hat, um
fie einzuschiffen.
Nun begab ich mich auf einem so langen, als lang
weiligen Wege längs dem Seestrande zur Barke, die in
444
deffen wieder um die Landspitze herum an ihren ersten An
kerplatz zurück gekehrt war, wo ich erst nach 1 Uhr Nachmitt
tags ankam, nachdem ich so ein großes Dreieck durch die
ganze Insel beschrieben hatte. Meine Matrosen ergötzten sich
fo gut fie konnten, und blieben den ganzen Tag effend, trin:
kend oder schlafend am kiesigen Seestrande sitzen. An dem
Schloffe von Kastro find mehrere einfache und doppelte Ad:
ler und ein mit umgekehrten Schuppen bezeichnetes Wap:
pen : Schild eingemauert. Dabei ein Anagramm, das die
Einwohner durch Paläologos erklärten, zu meinem Er
staunen, daß fiel den Namen kannten. Eine Inschrift war
in Relief und unleserlich, eine andere zu hoch; auf einem
dritten Marmor, zu beiden Seiten der drei oben erwähnten
Wappen, eine aus der Paläologischen Zeit, die ich copirte.
In der Nacht (des 17. Junius) segelte ich mit günstigem
Winde ab, und am Morgen fand ich mich schon auf dem hal,
ben Wege, ziemlich nahe an Thafos, dessen felsige Berge sich
deutlich wahrnehmen laffen. Auch trat die Küste Macedonien's
immer bestimmter am Horizonte hervor, und stets riesenhafter
erhob sich der Athos, zeigte seinen grauen, zackigen Gipfel,
bald klar im Sonnenlichte, bald von Wolken umschleiert, seine
tiefen Schneegründe und den dicht bewaldeten Fuß. Gegen
Mittag waren wir, Trotz der eingetretenen Windstille, durch
das brave Rudern meiner Leute, im Hafen. Diese kleine
Felsenbucht wird durch ein Castell mit einer Zugbrücke auf ei:
ner, und einer Batterie auf der anderen Seite gegen die An;
fälle der Seeräuber geschützt, die hier nicht selten erscheinen.
445
Bald kamen zwei Mäuler aus dem Kloster, und ich
ritt mit Sack und Pack hinauf, eine halbe Stunde durch
die schönsten Gärten voll Feigen, Kastanien und Wallnuß:
Bäume vom schönsten Wuchfe. Diese beschatten Theils
grüne Bergwiesen, worin man eben frisches Heu machte,
Theils Weingärten. Zahllose Bäche fließen von der hohen Fel,
senkuppe, die das Kloster überragt; die höchste Spitze aber sieht
man nicht. Jene find Theils in Brunnen und Wafferleitun:
gen zu Mühlen gefaßt, Theils murmeln sie wild durch epheus
umrankte Felsen und Büsche, wo zahllose Nachtigallen schlag
gen. Zehn Klöster liegen auf dieser, eben so viel auf der
anderen Seite des Berges, und in den Weinbergen sind
eine Menge kleiner Bauerhäuser zerstreut. Das Hauptklo
fer ist ein weitläufiges Gebäude, mit gezinnten Mauern
und Thürmen umgeben, und soll zwanzig große und kleine
Kirchen enthalten; Hauptkirchen aber nur zwei, die in der
Mitte zwei großer Höfe liegen, worin Springbrunnen un;
ter einem von Pfeilern getragenen Dache nach Türkischer
Art. An einem derselben fiel mir das Becken auf, von aut
ßerordentlicher Größe aus einem, wiewohl jetzt geplatzten
und mit Eifen geflickten Steine, in dessen Mitte das Waffer
aus einer kupfernen Röhre dringt, die mir fehr alt schien,
wenigstens aus der Byzantischen Zeit. Von oben springt
das Waffer aus vier Greifen, wovon zwei Adlerköpfe, zwei
Katzenköpfe haben, dazwischen vier Drachenköpfe. Darüber
hängt ein künstlicher, aus Holz geschnitzter Kronleuchter;
Werk der Klosterbrüder. Die Hauptkirche, zu der dieser
446
Brunnen gehört, ist ein Viereck. Durch eine Thür von
uraltem Holzschnitzwerk tritt man in die von zwei Granit
Säulen mit weißen Marmor: Capitalen getragene Vorhalle,
aus der eine mit Bronze in getriebener Arbeit belegte Mittel,
Thür in das Hauptschiff, zwei andere in Seitengemächer
führen, wodurch die Kirche die Gestalt eines von drei Kup:
peln erleuchteten Kreuzes erhält, dessen einer Arm durch das
Ikonostas verdeckt wird. An diesem bemerkte ich keine vor
zügliche Malerei. Aelter und sehr geschwärzt find die, wie
es aus den Falten scheint, auf Leinwand gemalten Bilder,
welche den oberen Theil der Pfeiler und die Kuppeln zieren.
Die unteren Theile der Wände sind, wo Bilder fehlen, mit
Fayance, der Fußboden, selbst im Hofe, mit alter Mosaik bei
deckt, und sehr schöne Betpulte und tragbare Altäre, von
Perlmutter und Schildpatt, stehen umher. Bemerkenswerth
ist noch das gegenüber liegende große Trapezon oder Refector
rium, in Kreuzform mit einem Sparren/Dache; im Hinter
Grunde ein Altar, und an einer Seite eine Kanzel. Die
Wände find dicht mit geschwitzten Heiligen bemalt, die Tit
sche steinerne, in der Mitte etwas ausgehöhlte, und mit einer
Abfluß: Rinne versehene Marmor, Platten, um welche steil
nerne Sitze, mit Brettern bedeckt, laufen, wie die alten
Triclinien, auf drei Seiten. Ferner ist im Kloster ein
großes Hospital für die Mönche. Man schreibt die Stiftung
dem heiligen Anastasius und die Erbauung der Kirche Ni;
cephorus zu; wie viel aber bei dem öfteren Ausbessern
von dem Ursprünglichen beider noch übrig feyn mag, wäre
/ 447
wohl schwer zu sagen. Die Bibliothek ist ansehnlich, und
in einer gewissen Ordnung. Sie enthält gute Ausgaben der
Griechischen Elassiker, die Kirchenväter, Concilien und By
zantier, nebst mehreren guten neueren Werken, Lateinische,
Russische c. In Handschriften sind nur die Evangelisten, etli;
che theologische und medizinische Werke, einige der Byzanz
tier c. vorhanden, wie ich mich, Theils durch den Augen
fchein, Theils durch den Katalog überzeugte. Meine Unter-
fuchung langweilte die Mönche sehr; ich half mir Theils mit
meinem wenigen Griechisch, Theils mit Hülfe derer, die
Türkisch verstanden, und eines Ruffischen Mönches durch. Sie
skandalisierten sich, daß ich nicht die Griechischen Kirchen,
Gebräuche mitmachte, bis ich ihnen erklärte, daß ich ein
Deutscher von Familie und nicht Griechischer Religion, wie
wohl Russischer Unterthan fey. Ich fand hier einen exilir,
ten Bischof von Niffa bei Belgrad, und einen Patriarchen
von Konstantinopel.
Am Abende machte ich einen Gang durch die hübschen
Gärten umher, und zeichnete eine Ansicht des Klosters. Man
logierte mich in einen, nach Türkischer Art, luftigen Salon
mit Diwans und einer schönen Aussicht auf das Meer, wo
von Thracien's Küste die Blitze eines fernen Gewitters herr
lich durch die sternhelle Nacht herüber flammten. Ich er
hielt ein gutes Abendessen von Fischen, Reissuppe und für
ßem Wein, und ein reinliches Bett, auf welches Alles ich,
als Ketzer, wenig gerechnet hatte.
Am Morgen, nach dem Kaffee und einem mageren
448
Frühstücke, fetzte ich mich auf ein Maulthier, und ritt, in
Begleitung Kirkor's und eines jungen Griechischen Führers,
den Athos hinan. Der Berg selbst ist auch dem Volke unter
diesem Namen bekannt, und der Name Hagion Oros scheint
eigentlich nur der Gegend der Klöster anzugehören. Eine
sehr schlechte Pflaster, Straße trug uns allmählich aufwärts
über die mit Gestrüppe dicht bewachsenen Abhänge. Mit je
dem Schritte erweiterte sich der Horizont des Meeres, bald
sichtbar, bald in Wolken gehüllt. Plötzlich standen wir bei
einer kleinen Pforte, die zu einem Brunnen Häuschen am
Fuße eines Felsens führt; und hier waren wir an der Ecke
des Vorgebirges Akrathos, und sahen nun auf die andere
Seite tief in das Meer hinab, das zwischen steilen Felsen
und waldigen Bergen dunkelblaue Buchten bildet, deren
Anblick von oben sehr reizend ist. Bald betraten wir den
Hochwald von einer Schönheit, wie ich mich nicht entsinne,
einen gesehen zu haben. Die Kastanien und Tannen bei
sonders hatten Stämme von außerordentlicher Dicke. Hier
erblickt man nach dem Meere zu, auf einem isolierten Felsen, die
Ruinen eines Thurmes, der von einem alten, zerstörten
Schloffe übrig seyn soll, und von gar schlechter Bauart
schien. Ein Mönch sagte mir, daß man daselbst ein kleines
Idol gefunden, desgleichen beim Ausbefern der großen Klo,
fer Kirche eine Bildsäule von weißem Marmor ohne Kopf,
mit dem Namen Aphrodite am Sockel, deren Draperie er
mir besonders schön schilderte. Seine dummen Collegen hat,
ten fiel aber zerschlagen. -
449
Im Walde traf ich auf mehrere schöne Quellen, und
an einer offenen Stelle trat der kahle, graue Gipfel des
Berges majestätisch über die Wälder hervor. An schönen
Aussichten auf das Meer fehlt es nicht. Der Weg ist im
Garzen für einen Bergweg nicht übel; nur waren mir die
Baumäste als eben so viele Feinde zuwider, da ich mein
Maulthier nicht lenken durfte, sondern ihm volle Freiheit
laffen mußte. Am schlimmsten ist der Uebergang über einen
ungeheueren Bergsturz, wo der Felsen gespalten, und eine
Hälfte in zahllosen Trümmern den steilen Berg hinab gefalt
len ist, die den Weg fast halsbrechend machen. Dann wird
er sehr steil, und am Fuße der höchsten Felsenkuppe, wo die
Wälder beinahe aufhören, liegt ein kleines Kloster Gebäude
mit einer Kirche, aus verwitterten Marmor-Platten gebaut;
denn der Gipfel des Athos besteht durchgängig aus feinkör
nigem und hartem, weißem Marmor, dessen Oberfläche durch
die Luft hellgrau geworden ist. Ich ruhte hier etwas, Brod
und Zwiebeln effend, weil ich keinen besseren Proviant hatte
mitnehmen können. Ich war in 3 Stunden so weit gerit
ten; dann kletterte ich mit dem Führer höher, und ließ den
faulen Kirkor nach seinem Wunsche zurück. Mit einem guten
Maulthiere könnte man ganz hinaufreiten; denn wie steil auch
der Abhang scheint, so ist es doch der im Zickzack hinanlaufende
Weg nicht sehr. Nirgends hat man steile Wände zu erklettern,
noch sieht man Schwindel erregende Abgründe, und wenn
man fiele, würde man nicht tief hinab rollen. Einen sicheren
Tritt muß man mitbringen, denn die ganz verwitterte Ober-
- - 29
450
fläche besteht aus kleinen Kiefeln, die unter den Füßen nach:
geben, aber doch dabei scharf und schneidend find; und oft
kommt man über Bergschichten, wie eine scharfe Säge ge:
stellt, daß man den Fuß nirgends fest aufsetzen kann. Ganz
oben trifft man endlich eine schräge Wand, auf die man
durch eine Spalte klettert. Der Gipfel mag 50 Schritte im
Umfange haben; es steht auf demselben eine kleine Capelle
der Panagia. Die Aussicht scheint mir darum nicht so vor
züglich, weil sich wenig hübsche Details in der Nähe dar:
bieten, indem der Berg so steil ist, daß man von oben mir
gends einen Fuß, und am Fuße nirgends den Gipfel wahr:
nehmen kann. Es muß so ungefähr einem Adler zu Muthe
seyn, der recht hoch über Land und See schwebt, und wie
auf einer Karte alles mikroskopisch, schweigend und still, und
anscheinend leben - und regungslos unter fich fieht. Der
hübschste Theil ist die Ansicht der Halbinsel des Athos selbst,
mit den beiden Parallelen von Makri und Kaffandra, die
alle drei bergig und waldig, und mit dem Lande durch einen
niedrigen Isthmus verbunden sind. Den von 3Lerxes durch
stochenen bei Sane sieht man deutlich, ferner die Inseln That
fos, Lemnos und andere, die ganz nahe erscheinen. Die
Aussicht hat zu viel See und zu wenig Land, und wenn man
ein Mahl an das seltsame Schauspiel des See: Horizonts
über den Wolken gewohnt ist, mindert die mehr oder minder
große Ausdehnung desselben die Einförmigkeit nicht. Auf
dem Athos ist man, wie auf einer hohen Felsen Insel mitten
im Meere, und daher bedauere ich nicht sehr, daß eine hart
451
näckige Wolke mir fortdauernd die Aussicht auf eine Seite
deffelben raubte, zumahl da ich auf dem Rückwege, wo jene
sich verlor, auch diesen Anblick nachhohlte.
An berühmten Namen der fernen blauen Puncte am
Horizonte fehlte es nicht. Nach oben genannten Halbinseln
übersieht man den Golf von Salonik, weiter den Olympus
und Offa, Thessalien's Ebene; die Halbinsel des Pelion und
terschied ich deutlich nebst dem Golf dahinter; davor die bei
vüchtigten Teufels-Inseln Scopelo, Peparithus und andere,
und mitten im Meere Scyros. Hinter dem Pelion thürmt
sich der Oeta auf, und dann der Parnaß, wie eine hohe Py:
ramide. Euböa und Mitylene schließen den Horizont. Ich
machte einen großen Theil des Rückweges zu Fuße, bis da,
wo der bessere Weg begann. Die früher erwähnte Thurm
Ruine könnte von Apollonia seyn, wenn dieses nicht wahr,
scheinlicher am Meere, bei dem an der anderen Seite des
Berges gelegenen Dorfe zu suchen ist.
Am Morgen (des 19. Junius,) fähiffte ich mich ein.
Die ganze Größe des Athos trat immer deutlicher hervor,
je mehr ich mich von ihm entfernte. Es war völlige Windstille,
dabei ging die See doch hoch, welches dem Boote eine sehr
unangenehme Bewegung gab. Endlich erhob sich ein Süd:
wind; vielleicht der Homerische Leuconotus, von dem Strabo
sagt, er bringe heiteres Wetter. Dieser schaffte uns schnell ge:
nug an die Küste von Stalimene (Lemnos), aber in der Gegend
einer kleinen Insel am nordwestlichen Vorgebirge, welche
wohl die Insel Chrysa seyn mag, wo Philoetet von der
452
Schlange gebiffen worden, und die Choiseul unter dem Waf,
fer sucht. Nun mußte längs der Küste gegen den Wind la;
viert werden, der des Abends fich immer verstärkte; denn die
jetzige Stadt Lemnos liegt an der Westküste. Wir mußten um
mehrere Vorgebirge und durch verschiedene Buchten, und end:
lich noch um den Schloßberg herumfegeln, wo es endlich ge:
lang, ganz im Dunkeln, nach dem Lichte eines Kaffeehauses,
den Eingang in den engen und feichten Hafen zu finden.
Die Küste erscheint hoch und felsig, mit schroffen Ab
hängen und zackig zerriffen. Die Oberfläche, mit Grafe
oder Feldern überdeckt, ist völlig kahl und baumlos. Die
Berge um die Stadt find, zum Theil terraffenförmig aufge:
mauert, mit Weinreben bepflanzt. Die ganze Insel hat ein
trauriges Ansehen. Ich nahm in gedachtem Kaffeehaufe Platz,
und mußte, ob ich gleich den ganzen Tag nichts, als zwei
kleine Salzfische genoffen, mit einem Paar Eier zum Abend
effen mich begnügen.
Am Morgen machte ich mich auf, das Schloß zu er,
steigen. Unter Weges fand ich über einer Höhle, am Felsen
fortlaufend, einen unleugbar alten Ueberrest der Stadtmauer
VON Myrina, ohne Zweifel aus der Heroen Zeit; denn fie
gleicht völlig den auf Samothrace und anderen so genannten
Cyclopischen, die aus formlosen, aber größten Theils poly:
gonischen, ohne Mörtel aufeinander gepaßten, großen Fels,
maffen bestehen. Diese Bauart hat sich vollkommen, nur
im Kleinen, beim Volke erhalten. Ich glaubte hernach von
unten noch andere, ähnliche Ueberreste an verschiedenen Theit
453
len der Felsen wahrgenommen zu haben. An der näheren
Untersuchung hinderten mich aber zwei Kalliondshi (See,
Soldaten), die mir sagten, es fey verboten, hinein zu ge
hen, und man würde mich mit Schlägen zurück treiben, oder
gar ins Gefängniß gesetzt haben, wenn ich hinauf gegangen
wäre. Sie nöthigten mich, schnell den Berg wieder hinab
zu steigen; waren aber doch höflich genug, da ich sie auf
Türkisch bedeuten konnte, daß ich das Verbot nicht gekannt,
und ihnen drohte, wenn sie einem Reisenden mit gehörigem Fir
man versehen unhöflich begegneten. In meinem Kaffeehause
erfuhr ich, daß selbst ein Besuch bei dem Disdar (Festungs-
Befehlshaber) fruchtlos bleiben würde, da ein spezieller
Einlaß, Befehl von der Pforte nöthig sey. -
Ich ging nun in den Gärten hinter der Stadt spazie
ren, und zeichnete eine Ansicht des Schloffes und der umlie
genden Gegend. Es enthält auf dem Gipfel des Felsens
eine kleine Citadelle, von der zwei Ringmauern mit Zinnen,
worauf Kanonen liegen, auslaufen, und zwei verschiedene
Theile des Felsens umgeben, eine in der anderen einge:
schlossen; die erste gegen die Mitte, die andere näher am
Fuße des Berges. Nur der obere Hof ist mit Häusern bei
fetzt. Der Felsen besteht aus feinem Granit-Porphyr, und
hängt mit der Insel durch eine niedrige Landzunge zusammen,
wodurch er zwei Buchten bildet. Die Stadt erstreckt sich von
der einen zur anderen, und ist nach Türkischer Art gut gebaut.
Das Waffer in den granitenen Spring Brunnen ist warm
und schlecht, und vermittelt einer schlechten, halb zerstörten
454
Leitung den Gärten zugeführt, die durch Wafferräder bewäffert
werden. Auf den Felsen umher find viele Windmühlen, mit
acht Flügeln. Ich fand einen grob gearbeiteten, aber voll
kommen erhaltenen Sarkophag von Granit, nebst seinem mit
Columbarien an den vier Ecken gezierten Deckel, als Brun:
nen im Hofe einer Moschee; ferner ein schlechtes Karnies
mit Zahnschnitten von weißem Marmor, und einen ausge:
höhlten Altar nahe am Hafen; auch endlich zwei kleine Sil:
ber / Münzen von Athen bei dem einzigen Goldschmiede
des Orts. -
- Ich wollte eine Reise durch die Insel machen, er
hielt aber keine Reitthiere, und schiffte mich daher wieder ein.
Auf meinen Befehl umsegelten wir wieder das nordwestliche
Vorgebirge, und begaben uns in den tiefen Hafen der Nord/
Küste der Insel. Im Grunde desselben zeigte man an einen
Felsen Abhange den Ort, wo man die Siegelerde im Mo;
nat August hohlt. Sie heißt Griechisch, wenn ich nicht irre,
Thiologon, und Türkisch, oder vielmehr Arabisch, Tini:
machtum. Nicht weit davon erhebt sich am Meere ein großer
Hügel, aus lauter Trümmern aufgehäuft, In der Mitte
steigt man auf etwa 50 Stufen zu einem Agasma hinab.
Dieser Ort, wie der Hafen, heißt Hagia Putra. Das Alles
stimmt, so weit ich mich erinnere, gar wenig mit Choiseul
überein.
Wir segelten weiter; hinter uns zeigten sich Gewitt
ter, und regten das Waffer auf, wiewohl der Wind schwach
war. Dazu kam, daß wir uns in dem Canale befanden,
455
wo das Meer zwischen den verschiedenen Inseln durchfließt,
und die Wellen sich gegen einander brechen. Sie thürm:
ten sich wirklich bergehoch, und schlugen auch mehrere Mahle
ins Boot, daher ich herzlich froh war, in der Nähe von
Imbro zu feyn, wo uns jedoch Regen und Gewitter er
weichten. Wir stiegen aus, und man machte mir ein Zelt
aus Rudern und Segeln am Ufer.
dd (dd he did d) ddddd)
456
43.
Ueber die Dardanellen nach Bumarbaschi (Jlion),
Eski Stambol (Alexandria Troas) und Beiran.
Wir segelten bei Nacht ab, mit trübem Wetter, aber
günstigem und nicht zu starkem sind, und erreichten die
Dardanellen noch eine Stunde vor Mittage, wo ich mich
erst gehörig ausruhte und pflegte, dann den Ort in Augen:
fchein nahm, der von dem alten Dardania den Namen
führt, und höchstens 5,000 Einwohner zählen mag, unter
welchen die Juden eine wichtige Rolle zu spielen scheinen.
Der fruchtbare Boden ist gut angebaut, und trägt,
außer Getreide, Gemüse, Obst und Wein, auch Baumwolle.
Am Abende ging ich am Strande spazieren, wo die
Herrn Consulen, beschnittene und unbeschnittene, sich zu
versammeln, von ihren Geschäften zu schwatzen pflegen,
und sich am Anblicke der kommenden und abgehenden Schiffe
ergötzen. - -
Herr Taragano hatte mir zur Reise nach Troja einen
Führer mit vier guten Pferden gemiethet, der gewohnt war,
Europäische Reisende, welche diese Gegenden besuchen, zu
geleiten, ihre antiquarische Untersuchungen kennt, und alle
Orte und Wege, wo man ein antikes Fragment oder eine
Inschrift findet. Ich zahle ihm für jedes Pferd sechs Pia
ster täglich, und er bringt mich nach den Dardanellen
zurück. -
457
Wir wateten durch die Mündungen des Rhodius, der
ren ein halbes Dutzend größere und kleinere seyn mögen, die
fast in Sümpfen und Rohr versteckt, ein fruchtbares und
wohlbebautes Land bewäffern. Ueber den Hauptarm, west:
lich von der Stadt, führt eine lange Holzbrücke. Das ganze
Land, durch welches wir heute ritten, ist im Ganzen gut bei
baut; es wechseln Kornfelder, wo man mit der Ernte bei
fchäftigt war, und Berge mit mannigfaltigem Gestrüppe. Hoch
in den Bergen liegt, vier Stunden von den Dardanellen,
ein Dorf, das drei Namen hat: die Türken nennen es ge:
wöhnlich Giawikoi, weil es nur von Griechen bewohnt ist;
diesen heißt es Erinkoi, vielleicht eine Verstümmelung des
alten Namens Ophrymion, wo Hector begraben ward; sonst
war es ein berüchtigtes Räubernest, sagte mir der Consul,
daher habe es den dritten Namen Itzgelmes koi, d. i. ein
Dorf, wohin kein Hund geht, oder ungeplündert vorbei
kommt. " -
Der Russische Consul hält hier einen Griechischen
Schreiber, weil die Schiffe zuweilen, wegen schlechten Winz
des, bei dem Dorfe landen. Er war nicht zu Hause, aber sein
Weib bewirthete mich mit Eiern, Trauben Syrup und Käse.
Im Zimmer waren, als Zierath und Möbel, eine Menge Hand:
tücher ausgehangen, und an den Wänden in Schreinen zahl:
lose Decken und Matratzen aufgethürmt, den Reichthum des
Hauses beurkundend. Unweit davon ist die Kirche, worin man
als Leuchter eine verstümmelte Figur in Relief sieht, über
deren Kopf ich Reben unterschied; das Gebäude ist finster,
458
und die Figur von unten eingemauert; daneben das vier
eckige Capital eines Korinthischen Pfeilers; vor der Kirche
ein Basrelief, worin ein Mann in der Toga einem Knaben
die Hand reicht, der in der Linken etwas hält, das einem
Buche mit einem Kreuze ähnlich fieht; darüber eine unleser,
liche Inschrift. Ferner die gewöhnlichen Fragmente von
Säulen, Fenster und Thür Pfosten mit Laubwerk und Mäan
dern, und endlich eine Christliche Grabschrift am Rande ei;
nes Marmors.
Die Umgebungen des Dorfes find schöne Weingärten
und Felder. Wir stiegen nur allmählich in das fruchtbare
Thal von Thymbra hinab, das mit Bergen voll niedrigen
Gestrüppes umgeben ist. Mein Führer brachte mich gerade
auf den alten Begräbniß-Platz von Halilelikoi, dessen Namen
wohl wahrscheinlicher vom Türkischen Chalil, als vom Grie
chischen Helios abzuleiten seyn mag, wie Hammer will. Es
ist ein ärmliches Türkisches Dorf
Auf besagtem Platze soll der Tempel des Thymbräit
fchen Apoll’s gestanden haben. Ich fand aber, daß die Frag:
mente cannelirter Marmorsäulen und Gebälke, so wie die Graz
mit Säulen, von wenigstens zweierlei verschiedenen Verhält,
niffen waren, also nicht zu. Einem Gebäude gehört haben kön:
nen; indessen ist doch auch nicht wahrscheinlich, daß man sie
sehr weit hergehohlt haben wird. Sie schienen mir alle aus der
selben Quelle zu stammen, mit mehreren in den Gottesäckern
des kleinen Dorfes Tschiplak zerstreuten, wohin ich gelangte,
nachdem ich hinter oben genanntem Dorfe bei einer zerbrot
459
chenen Brücke durch den Timbrik (Thymbrius) gewatet, und
dann über die mit Gestrüppe bewachsenen Höhe geritten war,
auf denen Tschiplak liegt. Diese laufen gegen die Ebene des
Simois in jene sanften, wohlbebauten, welligen Hügel aus,
die Homer Kallikolone nennt.
Hinter dem alten Gottes Acker von Tschiplak findet man
ein Feld, worin noch mehrere Säulen von Granit aufrecht ste:
hen; doch bei mancher das Unterste zu oberst. Mir scheinen sie
keine Gräber zu bezeichnen. Dieses ist wohl der Ort, den Ham
mer's Carte Eski Hisarlik und Villa Iliorum nennt. In Hat
lileli fand ich einen Altar mit einer Inschrift, und in Tschip,
lak eine Cannelirte Säule, woran eine Inschrift, Tafel. Hier
traf ich im Felde den Kiaja des Beis, an den ich einen Zettel
hatte; denn der Tschiftlik von Bunarbaschi (Ilion) gehört dem
Bei der Dardanellen, der auch die Gegend umher und das Dorf
vom Großherrn gepachtet hat. Wir stiegen herab von Kaliko-
lone, und wateten durch einige sumpfige Plätze oder halbtro,
ckene Bäche; über einen derselben führt eine alte Brücke.
Dies mögen wohl zum Theil die Gießbäche feyn, die Sie
mois im Homer zu Hülfe ruft. Vielleicht floß auch sonst
der Simois, wo jetzt die Sümpfe sind, wenigstens hat
Hammer seinen veränderten Lauf bemerkt. Sie stehen nicht
auf Le Chevalier's Charte.
Dann wateten wir nicht ohne Mühe durch den reißenden
und breiten Mendere (Simois), dessen Waffer den Pferden bis
über den Bauch ging. Zu Bunarbaschi sieht man zwei Hür
gel; auf jedem steht ein Tschiftlik; das eine mag die Stelle
46o
des Scäischen Thores, das andere das Maal der Myrina
oder Batieia feyn, wo ich die Nacht im Tschiftlik des Beis
zubrachte. Nach einer kleinen Rast bestieg ich den Feigen:
Hügel Erineon; er ist mit Gestrüppe und Disteln bewachsen,
und trägt keine Feigen mehr. Dann eilte ich durch ein flaches
Thal, das zwischen beiden Hügeln sich erstreckt, zum Berge
des eigentlichen Ilion. Auch er ist mit Eichen und anderem
Gesträuche bewachsen. Ueberall ficht der Felsen hervor, und
es liegen zahllose Steintrümmer umher; unläugbare Beweise,
daß dort eine Stadt gelegen. Die drei Grabhügel bestehen aus
kleinen Steinen, wenigstens von außen; der erste ist kahl, die
anderen mit Erde und Sträuchen bedeckt. Man findet noch
mehrere solche Steinhaufen. Nun erstieg ich Ballidaghi (Per
gamos), die letzte Höhe; an ihrem Fuße ist eine tiefe Cisterne in
den Felsen gehauen, von Feigen und anderen Bäumen um
wuchert. Man stößt auf mehrere solcher Vertiefungen,
mehr oder minder mit Erde, Steinen und Sträuchen ange
füllt. Auf der anderen Seite stürzt der Berg jähe ab in den
Simois, der aus einem grünen Thale hier in eine enge
Schlucht tritt, und die Stadt von zwei Seiten umgibt; an
die dritte lehnt sich der Feigen Hügel, die vierte geht auf das
Scamandrische Feld. Ich setzte mich auf den letzten Hügel,
und zeichnete die Aussicht. Das grüne Feld, von den zwei
Bächen silberglänzend durchschlängelt, und die hohen Grab
Hügel in der Ferne gewähren einen schönen Anblick, der
aber sich schwer zeichnen läßt. Ich glaubte, an den Hügeln
im Osten noch ein Paar Gräber wahrzunehmen.
461
Ich stieg dann mit meinem langweilig redseligen
Führer zu den vierzig Quellen des Scamanders, Kirkgäs,
hinab.
Der Hauptquell oder Brunnen, Bunar, sprudelt im
Schatten von Pappeln zwischen zwei Granitblöcken. Dies
sollte der warme feyn; er ist aber fehr kalt, und gut zu
trinken. Ich finde, daß man sich manchen Streit erspart
hätte durch Strabo's Citat des Demetrius von Scepsis,
worin er ausdrücklich unter den Natur: Veränderungen die
der Quellen des Scamander's anführt, im ersten Buche.
Uebrigens hat Hammer Unrecht, wenn er bei Homer's
ärgy 3-ge voraussetzt - asy xsuay; denn der Gegensatz
folgt und liegt in der Schnee und Eiseskälte des Quells wäh:
rend der Hitze des Sommers. Weiter am Felsen, über den
ein schlechter Weg führt, entspringen eine Menge schöner
Quellen, wie aus einem durchlöcherten Siebe. Sie bilden
froschreiche Sümpfe, durch welche ein Pflasterweg führt,
und dann den Scamander, der fich durch die blumige
Aue windet.
Bei der Moschee ruht ein großer Inschriftstein auf
zwei anderen, wie ein kleines Thor; die Inschrift ist aber
an der unteren Seite und so verwischt, daß es mir un:
möglich war, etwas zu unterscheiden. Im Garten, nahe
an den Quellen des Scamander's, hat man vor kurz
zem einen kleinen Stein ausgegraben, mit einer langen
Inschrift, die ich bestmöglichst copiert habe. Ich hatte
zwar am Morgen Confitüren und Kaffee eingenommen,
462
mußte jedoch nach der Garten, Promenade noch ein weit
läufiges Frühstück mir gefallen laffen. Diese treffliche Auft
nahme geschah indessen dieses Mahl nicht aus Orientali:
scher Gastfreiheit, sondern in Erwartung eines verhältnißt
mäßigen Bachschisch.
Wir ritten nun über die mit Gestrüppe bewachsenen
Hügel in das hübsche Thal, wo das Dorf Geikli liegt,
und von dort nach den Ruinen von Alexandria Troas,
jetzt Eski Stambol. Die ganze Gegend ist voll der schön,
sten Eichen, welche nicht nur die Berge, sondern selbst die
Wege und Felder beschatten. Die Ruinen liegen mitten
im dichten Walde versteckt. Ich traf zuerst ein kleines Ge;
bäude mit einem länglichen Gewölbe, am Wege, ein Rö
misches opus reticulatum; dann mehrere thurmförmige Pfeil
er von kleinen Steinen, vielleicht sonst mit großen belegt,
wie noch am Fundamente zu sehen. War dies eine Was
ferleitung? Weiter die große Ruine, welche Kalla, das Schloß,
und von älteren Reifenden Palast des Priamus, von neue
ren, wenn ich nicht irre, Gymnasium genannt wird. Sie besteht
aus mehreren Höfen, zu denen hohe, gewölbte Thore füh
ren, die auf soliden Pfeilern von großen Marmor, Oua:
dern ruhen. Die Wände der Höfe bestehen von unten
aus Gewölben, einige offen, andere, vielleicht in späterer
Zeit, von außen vermauert. Die Façade nach der Meer:
Seite war eleganter, und bestand aus ungeheueren Maffen
weißen Marmors. Das Thor ist wohl erhalten und ein
fach. Daneben ein großes Stück operiereticulati. Außer
463
halb dieses Gebäudes ragt ein runder Thurm von großen
Quadern hervor, auf denen kleinere Gewölbe eine Kup
pel trugen, die jetzt, wie die ganze Hälfte des Thurmes
zerstört ist. Rechts, in schräger Linie nach dem Meere,
liegt die Ruine, Kiskalleffi (Mädchen, Schloß) genannt,
und daher von einigen für einen Dianen Tempel ge:
halten. Es ist ein längliches Viereck, an dessen einer
Wand man später gewaltsam ein halbrundes Thor geöffnet
hat. Diese Wand enthält halbrunde Nischen Unten, und
kleine, viereckige oben. Links, vom so genannten Schloffe,
fähräge dem Meere zugehend, findet man die Fundamente,
nämlich die Stufen, eines Tempels, auf denen man noch
den Unteren Theil cannelirter Säulen ohne Sockel wahr:
nimmt. Nach einem Aufenthalte mehrerer Stunden setzte
ich meinen Ritt fort, und fand tief im Walde den mit
Columbarien gezierten Deckel eines Sarkophags mit einer
Zeile Inschrift, die an seinen Inhaber Aurelius und ... erin
nerte. Das Fehlende stand wohl auf dem Sarkophage selbst.
Südlich von den Ruinen, am Abhange des Berges
in das Thal hinein, durch welches ein kleiner Fluß strömt,
fand ich die Römischen Bäder, Fundamente, Gewölbe und
kleine Gemächer von Opus reticulatum; daneben. Die jetzigen
Mineral: Bäder; zwei sehr schlechte, kleine Gebäude, mit
einer Kuppel bedeckt. Das Waffer des heißen Quells am
melt sich in ein viereckiges Becken, wo es einen gelben Bo
denfalz niederschlägt. Es hat keinen Geruch, aber einen sal,
zigen Geschmack. Auf der anderen Seite des Thales er
464
scheinen auch Fundamente, und weiterhin auf einem Berge
noch ein kleines Gebäude von Netzgemäuer. Durch eine
Gegend, nach wie vor, dicht mit hohen Eichen überdeckt,
kam ich bei Sonnen Untergange zum großen Dorfe Köffeh,
dcreffi, welches fich am Ausgange einer Felsenschlucht auf
beiden Seiten eines breiten und fruchtbaren Thales aus,
dehnt, von einem Bache durchströmt. Wir nahmen in ei:
nem schlechten Chan Platz, aus welchem mich der Schmutz
bald entfernte, und auf die Galerie verscheuchte.
d. dd - - - - - - - - - - -
465
44-
Beiram (Affus).
Nachdem ich einen Führer zu Pferde gemiethet, der
uns den geraden Gebirgsweg nach Beiram zeigen sollte,
brachen wir auf (am 25. Junius). Die Verlängerung
meiner Reise durch diesen Abstecher war so wohl dem Po
- stillion, als Kirkor'n unangenehm. Der Weg ward steil und
bergig; die Höhen sind zum Theil mit Nadelholz bewachsen,
die Felder dazwischen mit herrlichen Eichen, die Ufer der Bär
che und Schluchten mit breitblätterigen Platanen. Unge
fähr auf halbem Wege frühstückten wir im Dorfe Tamys,
das, wie alle hiesige Dörfer, aus rohen Granitstücken ge:
baut und sehr elend ist. Dann kamen wir durch Tulfalt
koi. Weiterhin liegt, rechts vom Wege ab, das Dorf Bert
gas, links Paschakoi. Man reitet eine Weile dem Laufe
des Tuslatschai (Satnioës), der breit und reißend ist, entge;
gen. Nahe bei Affus führt eine Brücke über denselben; er
bewäffert ein schönes Thal.
Affus, jetzt Beiram, ist ein höchst elendes, zum Theil
zerstörtes Dorf, hoch an den Felsen geklebt, von der Land,
feite. Auf dem Gipfel des Felsens, der zwei Absätze hat,
stand sonst die Akropolis. Auf den alten Fundamenten hat
man in späteren Zeiten runde und viereckige Thürme gebaut,
die auch größten Theils zerstört find; ferner eine Griechi
fche Kirche, wie aus der Inschrift über der marmorn
Zo
466
Thür, die Vielen Ablaß der Sünden verspricht, und aus
mehreren Namen zu sehen ist. Diese Thür und zwei Säulen
bestehen aus weißem Marmor, der Rest aus Granit. Unt
terhalb derselben liegt ein marmorner Seiffel und oben auf
dem Gipfel des Berges ein Thor, aus einem Paar großen
Granit Pfosten bestehend; darin finden sich zwei Steine
mit Reliefs über einander. Das untere enthält drei vor
schreitende Figuren, mit ausgestreckten Händen, denen eine
vierte etwas, das einem Becher ähnlich sieht, entgegen hält.
Die Figuren haben einen hohen Kopfputz; deren eine schien
gar die Aegyptische Hakenmitra, und eine andere eine Kur
gel auf dem Kopfe zu tragen. Sie find von Granit und
ohne Zweifel vom ältesten Styl; ich möchte sie fast für Per
fisch halten. Das darauf liegende Relief, unter welches ich
mich durch die Disteln auf dem Rücken schieben mußte, und
es also nicht zeichnen konnte, stellt zwei große Ochsen vor,
die mit den Stirnen an einander stoßen. Daneben häufen
sich cannelirte Säulen und Fundamente des Tempels.
Auf der anderen Seite des Berges find die Fundamente
eines anderen Dorischen Tempels, dessen Fußgestelle noch
alle umgekehrt da liegen, und einige der cannelirten Säulen
neben ihnen. Die Akropolis scheint keine andere Befestigung
gehabt zu haben, als den Felsen, der auf allen Seiten bei
nahe fenkrecht mit dem Meißel behauen ist, um die Stücke
zum Bau zu brauchen. So hat man den Steinbruch zur
Befestigung genutzt. Auf manchen dieser seltsamen, thurm
und nadelförmigen Felsenpfeiler nisten Störche.
- -
467
An der Südseite fand ich in diesem Steinbruche ein
Relief, einen Löwen darstellend, der einem Hirsch in den
Rücken beißt. In W. und O. stößt die Stadtmauer an
den Felsen, und läuft von dort nach dem Meere zu. Am
westlichen Fuße des Felsens hat diese Mauer ein kleines
Thor, von außen viereckig, von innen ein oben abgestumpf
tes Dreieck. Nachdem ich flüchtig eine Ansicht des Golfs von
Adramyticum und der Insel Lesbos gezeichnet, begann ich von
hier meine Wanderschaft, mich nach Süden und Osten wen
dend. Zuerst findet man südwestlich von der Akropolis die Fun
damente eines großen Gebäudes, von dem mächtige, mehr
rere Klafter lange Steine umher liegen, worunter ich fünf
fand, die, der Inschrift und der kleinen Verzierung oon
Zahnschnitten nach beurtheilt, zu einander gehören. Eine
Menge größerer und kleinerer, granitener Thürpfosten stehen
noch. Zwischen der Hauptthür find zwei Inschriften auf Gra,
nit, die auch zusammen zu gehören scheinen; weiterhin eine
Inschrift, die vielleicht zu den erst genannten gehört. Fer
ner eine Cisterne. Choiseul spricht von den Fundamenten
dreier Tempel; es sind aber noch weit mehr Fundamente, Thü:
ren, Säulen, Gesimse 1c. umher zerstreut. Ich glaubte, drei
verschiedene Befestigungs-Mauern zu unterscheiden; eine hö
her am Berge, als die andere, die so an den Felsen gebaut sind,
daß zwischen ihnen und demselben ein leerer, finsterer Raum
gelaffen ist. Die beiden oberen enthalten eine Reihe kleiner,
viereckiger Nischen. Vor den beiden unteren scheint ein tie
fer Graben gewesen zu seyn, mit einer gemauerten Contre
468
scarpe. Sie hören bei den Fundamenten großer Gebäude
auf, und dienen selbst Tempeln zu Fundamenten, wovon mir
einer auffiel, wegen feiner ovalen, cannelirten Säulen, von
denen, an der langen Seite des Ovals, ein glattes Band her,
unter läuft. Südlich von der Akropolis findet man ein wohl,
erhaltenes Gebäude aus drei Wänden; die vierte und das
Gewölbe von großen Steinen ist eingestürzt. Die hintere
Wand lehnt an den Felsen, und jede enthält eine runde und
zwei viereckige Nischen. Unter der niedrigsten Mauer am
Berge, welche die höchste, dem Bau nach, ist, liegt noch ein
großes Gebäude, und nahe dabei das Theater, dessen Vo;
mitoria und Stufenfitze man wohl erkennt.
Von dort begab ich mich zum östlichen Stadtthore zwi,
fchen zwei Thürmen. Die Oberschwelle ist eine ungeheuere
Maffe, 12–15 Fuß lang. Von hier läuft die Mauer auf ei:
ner Seite dem Meere zu, auf der anderen einen Felsen hinan,
und endet mit einer Ecke an dem Felsen der Akropolis.
An der Nordseite der Akropolis bildet die Mauer noch
einen weiten Halbkreis, mit einem runden und mehreren
viereckigen Thürmen befestigt. Außerhalb der Mauern und
denselben entlang lagen die Gräber. In der Mauer, die
von der Westseite des Felsens ausläuft, findet man zuerst
zwei kleine Thore, von außen viereckig, inwendig von oben
ein abgestumpftes Dreieck; außerhalb dem zweiten ein an
die Mauer gelehntes Gewölbe. Darauf folgt ein drittes, ein
Hauptthor, zwischen zwei Thürmen. Dann läuft die Mauer
noch eine Strecke fort, bildet abermahls eine Ecke, und en:
469
digt an der Felsenwand des Berges, die sich senkrecht und
feil abgeriffen aus dem Meere erhebt, und zur natürlichen
Befestigung dient. So auch an der Ostseite. Vor diesem
Thore kann man nun der Spur zweier Straßen folgen; die
eine lief nördlich fort, die andere der Mauer entlang. Zu
beiden Seiten derselben zeigen sich hohe Fundamente, worauf
granitene, große Sarkophage fanden, von denen noch ein
halbes Dutzend wohl erhalten sind. Sie bestehen aus längs
lich viereckigen Kasten mit einem dachförmigen Deckel,
dessen Giebel Columbarien schmücken; bei einigen auch die
Spitze des Daches. Die Seiten find mit Stierköpfen ge:
ziert; von einem zum anderen laufen Blumen und Frucht
Kränze, im Felde dazwischen Rosen oder Masken. Die
meisten find nur grob ebauchiert; den vollendetsten zeichnete
ich. Die Schatzsucher haben alle, mehr oder minder ver:
stümmelt. Mehrere standen zusammen auf demselben Fun:
damente, wahrscheinlich einer Familie gehörig. An der nords
westlichen Seite der Stadt steht ein wohl erhaltener, mit sehr
verwitterter Inschrift. Weiter östlich das viereckige Funda:
ment eines Mausoleums, das, den Resten des Gefimfes
nach zu urtheilen, rund gewesen seyn muß. Jenseits der
Brücke über den Tuslatschai findet man auch noch ein
Paar unter den Bäumen liegend, wie auch zu Brunnen
Trögen benutzt.
Nachdem ich eine Ansicht der Ruine von der nordwestli:
chen Seite gezeichnet hatte, stieg ich zur Scala hinab, wo drei
kleine Fahrzeuge hinter dem Molo ankerten. Der Hafen scheint
47o - -
feicht und schlecht. Es stehen nur ein Paar kleine Häu,
fer da. Der Rückweg zum Dorfe war sehr beschwerlich,
denn ich mußte mich größten Theils ohne Pferd durch
dornige Büsche winden, und auf Felsen klettern. Das Dorf
ist zum Theil zerstört, und feine Bewohner gelten für bös,
artiges, räuberisches Gesindel. Ich begegnete gestern, und
war am Abend zusammen mit einem jungen Türken, Na
mens Aly Tschausch, vor welchem meine Begleiter die größte
Furcht hatten. Meinem Führer zu Folge war er ein Va
gabunde ohne Haus und Hof, der schon unzählige Räu,
bereien in vielen Ländern verübte. Er sah in der That so
aus, trug ein Meffer, eine Flinte und vier Pistolen; aber
in seinem Benehmen fand ich nichts Zurückstoßendes.
Von dem Dorfe Tamys nahmen wir einen anderen,
bequemern Rückweg, wo wir in hübschen Thälern voll Ei,
chen und Platanen, an den Dörfern Tabakler, Dshamkoi
und Ahilar vorbei, und dann in eine enge Schlucht ka:
men, worin warme Salzquellen aufgehen, Man hat einen
derselben in einen Springbrunnen gefaßt, dessen Strahl von
Armes Dicke mannshoch empor schießt, und ganz kochend
heiß ist, so daß er die Finger verbrennt. Dieses Wasser
fetzt unten einen gelblichen Schleim ab, und oberhalb das
reinste und schönste Küchensalz. Am Ausgange des That
les in der Ebene bilden diese Quellen bei dem kleinen, da
von benannten Dorfe Tusla einen Salzsee. Eine Hälfte
deffelben erschien, wie mit Eife bedeckt, und die andere
war durch aufgeworfene Erddämme in viele kleine Teiche
471
eingetheilt, wo man das Waffer nach Belieben hinein
und heraus leitet, um es bis zum August verdunsten zu
laffen, da dann das Salz zurück bleibt. Wir übernachtet
ten zu Köffehdereffi, in demselben Chan, der mir früher fo
wenig behagte, und zogen früh von dannen.
de - dde - dd dort die
472
45.
1Ueber die Dardanellen nach Metelino (Lesbos).
Von Eski Stambol aus verließen wir (am 27. Ju,
nius,) den vorigen Weg, und ritten längs dem Meere.
An dreißig Schiffe belebten den Hellespont, und glänzten,
wie große Schwäne, mit ihren weißen Segeln auf dem tief
blauen Meere. Wir ruhten Tenedos gegenüber bei einer
Ziegelhütte, und kamen dann am niedrigen und fandigen
Vorgebirge Kumburun vorbei, wo sich Mineralquellen, wie
mir es schien, durch den faulen Eier Geruch ankündigten; von
dort zum Tschiftlik des berühmten Gafi Haffan Pascha, der
mit einem großen, viereckigen Thurm befestigt ist, und an
das jetzige gegrabene Bett des Scamander's, dem man es
ansieht, daß man ihn aus seinem natürlichen Gerinne in ei:
nen schlammigen Mühlgraben leitete. Nördlich vom Wege,
links, blieben das hohe Grab des Peneleus, und eine andere,
oben glatte, von Menschen Händen errichtete Anhöhe, viel
leicht der Wall des Herakles; rechts, füdlich, der hohe Grab,
Hügel des Aesyetes, Wir fliegen, da die Pferde ermüdeten,
zum Griechischen Dorfe Jenikoihinan, wo wir bei einem Kia
ja des Beis der Dardanellen uns ein logierten. Vor der Grie,
chischen Kirche ist eine Lateinische Inschrift auf weißem Mar
mor, wodurch ein C. Marcius Marfus fich zu verewigen meint.
Ich brachte die Nacht, wie gewöhnlich, im Freien
zu, und schlief auf der Terraffe unter einem Dache von
473
Zweigen. Der Abend war sehr schön. Bei Sonnen; Unz
tergange schienen sich Lemnos und der Athos aus dem Meere
empor zu heben; am Morgen waren sie unsichtbar. Die
Morgenluft war so frisch, daß ich meinen Mantel umneh
men mußte; der Tag hingegen sehr schwül. In Jenifchehr
(Sigäum) suchte ich bei der Kirche vergeblich nach der bei
rühmten Inschrift. Früher kam ich an Antilochus Grabe
vorbei, dann an Achill's, und endlich erstieg ich das des
Patroclus, welches oben flach ist. Die Aussicht auf die Ebene
des Simois, die Bergkette des Ida und den Hellespont
ist bezaubernd. Ich ließ Kum Kaleh zur Linken, und spa;
zierte über die zerbrochene Brücke des Simois, während
meine Pferde unten durchwateten. Dann ritt ich über den
ehemahligen Lagerplatz der Griechen zu Ajax Grabe, Inte:
peh. An der Südseite ist die Grube, wo man es erbrochen hat,
und eben daselbst ist später ein Gewölbe und anderes Mauer,
werk angebaut worden. Nach einem kleinen Frühstücke zu
Ophrymium kam ich früh genug, gegen 3 Uhr Nachmittags, bei
Herrn Taragano in den Dardanellen an, um zu erfahren,
daß aus Konstantinopel kein Brief eingelaufen sey, der mich
aus meiner Geld, Verlegenheit reißen sollte.
Das vergebliche Warten war mir sehr unangenehm,
so wie der ganze Aufenthalt im Hause des gutmüthigen Und
gastfreien Consuls. Ob er gleich stets höflich einlud, ich
möchte unbekümmert so lange bleiben, als ich wollte, und mich
als Hausherrn betrachten, so bemerkte ich doch, daß der lange
Aufenthalt eines Christen der Hebräischen Familie sehr zur
474
Last fiel. Aber eben so war mir die ganze Jüdische Lebens,
art unangenehm, und ich vergaß alle Augenblicke die nö:
thigen Vorsichts Maßregeln, um nicht etwas durch meine
Berührung zu verunreinigen. Hatte ich die Weinflasche an
gefaßt, so konnte schon niemand mehr daraus trinken, und
ich mußte sie allein ausleeren, follte es auch mehrere Tage
dauern. Mit derselben Gabel konnten nicht zwei verschie
dene Speisen angerührt werden, ohne die ungenießbar zu
machen. Ferner entging mir nicht, daß die Leute meinetwegen
weit stärkere Mahlzeiten auftischten, als gewöhnlich. Sie
selbst effen sehr unordentlich und wenig, stehend und spazie
rend, und noch unreinlicher, als die Türken. Dabei kam es
mir denn wieder zu Gute, daß dem Fränkischen Christen auf
einem besonderen Teller vorgelegt ward, während die übrigen
alle mit den Fingern in der Schüffel umher fuhren.
Die wenige Bewegung bei ungewöhnlicher Nahrung,
indem Alles mit Oehl bereitet wird, die drückende Hitze c.
machten mich etwas krank, wodurch die lange Weile wuchs.
Sie zu verscheuchen wiederhohlte ich im Geiste meinen ge:
nußreichen Ausflug nach dem Schauplatze des Homerischen
Epos, und verzeichnete die Entfernungen der berührten
Orte. Es find folgende:
von dem Dardanellen Schloffe über den Rho,
dius nach Ophrymium . . . . - - 4 Stunden,
– Ophrymium über den Tempel des Apollo
Thymbräus zu Halilelikoi, Kallikalone und
den Simois nach Bunarbaschi (Ilion) 2 -
475
von Bunarbaschi nach Geiklikoi . . . . 3 Stunden,
– Geiklikoi – Eski Stambol (Alexandria
Troas) . . . . . . . . . . . 3 –
– Eski Stambol nach Köffehdereffi . . 3 -
– Köffehdereffi – Beiram (Affus) . 6 -
– Beiram – Eski Stämbol, am A
Cap Kumburun vorüber, an Peneleus Grab
Hügel und Herakles Mauer, zu den Klippen
der Hesione, bei dem Dorfe Jenikoi . . 6 –
– Eski Stambol, an Antilochus, Achill's
und Patroclus Gräbern vorüber, nach Je:
nichehr (Sigäum) und Kum Kaleh . . 14 –
– Jenischehr über Intepeh (Rhoeteum),
wo Ajar Grab ist, nach dem Dardanellen;
Schloffe Tschanak Kaleffi . . . . . 6 - *
Am Tage unterhielt ich mich mit Zeichnen und Lesen
im Strabo, schlich dann mitunter einsam unter den großen
Platanen am Ufer des Rhodius einher, oder saß gähnend
vor einem der Kaffeehäuser am Hafen, die ankommenden
Schiffen mit vergeblicher Erwartung, und die abgehenden mit
eben so vergeblicher Sehnsucht anblickend. Unzählige Mahle
bedauerte ich den Mißgriff, nach Konstantinopel um Geld ge:
schrieben zu haben, ohne gewiß zu feyn, wie bald ich Antwort
haben könnte, und mich nun in den Händen des Jüdischen
Serrafs Bechor Karmon, und des Weinpächters Hadshi Mut
stapha zu sehen, zweier Personen, die ich gar nicht kannte. Ein
Spazierritt nach des Consuls Weingarten konnte mich nicht
476
erheitern, obgleich er eine hübsche Aussicht auf den Helle:
spont gewährte. Wir fuhren auch nach dem Europäischen
Schloffe hinüber, und besuchten den Französischen Consul,
Mechain, der aber krank war. Dieses Schloß heißt auf
Türkisch Kilid ülbahar, und das Asiatische heißt Tschanak,
Kaleffi, Bogashiffar oder Kaleh . iz Sultanieh; das alte
Asiatische Schloß Kum, Kaleh oder Kalehhiffar; das gegen
über liegende Europäische Sitt, ülbahar, und die Batterie
auf der anderen Seite des Zwiebelthales. Sogan , Dereff,
Sogan Kaleffi oder Sahan Kaleffi, worüber ich ungewiß
bin. Ich bemühete mich auch, nahe am Schloffe die bei
rühmte große Kanone zu besehen, die zwar geladen ist,
aber nicht abgeschoffen wird, ob man gleich einen großen
Würfel als Contreforce dahinter aufgemauert hat, und
viele, starke Balken hinter dem Laufe gelagert. Man
kann allenfalls ganz hineinkriechen. An der Mündung
liest man den Namen des Künstlers Aly und des Sultans
Mehmed Sohn Murad’s, wahrscheinlich der Eroberer. Auf
einer anderen Kanone dieser Batterie, die wir des Verbots
ungeachtet für 60 Para besahen, und die ganz mit Lilien
verziert ist, steht das Jahr der Hedhra 930. Es ist auch
eine dort, mit der Inschrift, daß die Landschaft Steyr fie durch
Michel Gebler 1548 für Kaiser Ferdinand gegoffen habe.
Glücklicher Weise wurde endlich mein Aufenthalt
dem Herrn Conful so langweilig, als mir. Er verbürgte
sich daher für mich bei den Weinpächter, falls Escalon,
auf welchen ich einen Wechsel abgegeben hatte, gegen die
477
Zahlung protestieren sollte; ich stellte ihm dafür einen Em:
pfang. Schein aus, und am 4. Julius fand sich schon ein Grie:
chischer Schiffer, der mich für 15 Piafter nach Porto Ka
loni bringen wollte. Der Nordwind war vortrefflich, aber
der Zöllner ließ aus Bequemlichkeit so lange auf sei:
nen Besuch warten, daß wir erst um 3 Uhr Nachmittags
die Anker lichteten, da der Wind sich geändert hatte. La;
vierend wären wir ein Paar Mahl fast auf andere Schiffe
gestoßen, da Jeder verlangte, daß ihm der Andere auswei:
chen foll. Am Abende kamen wir an Tenedos vorbei; einen
Theil der folgenden Nacht und des Tages hielt uns aber Wind:
stille auf, so daß wir erst am folgenden Abende um das Vor
gebirge Sigri herum fegelten. Ein steilvorspringender, weißer
Felfen, in dessen Fuße Höhlen find, schützt den Hafen des alten
Antiffa, jetzt Sigri, von der Seeseite. In der Nacht ward
der Wind frisch, und am 6. Julius fand ich mich Morgens
dem Ziele der Seefahrt gegenüber, und in eine andere Welt
versetzt. Das Boot war nämlich nach dem kleinen Hafen Plus
mar, an der Südküste der Insel Metelino (Lesbos), bestimmt.
Der Wind war etwas entgegen, daher die Schiffe vorbei lavier
ren mußten, um dann mit günstigem Winde längs dem Ufer
hin zu gelangen. Der stärkere Wind drohte dann, die hinten
angebundene Barke loszureißen; dabei sowohl, als beim Um
legen der Segel schrien die Schiffer sehr viel, aber arbeiteten
schlecht, und zwei Mahl entwischte dem Piloten das Steuer.
Plumar ist eigentlich kein Hafen, sondern nur eine
niedrige Stelle der Küste, die rund umher steil und felsig
478
ist, daher ich alle Boote hier, nach antiker Weise gefuft, am
Strande empor gezogen fand. Das Dorf ist klein, und die
Häuser scheinen ziegenartig, um die Wette die steilsten Felsen,
Spitzen zu erklimmen. Ein kleiner Bach von schönen Pla:
tanen beschattet, über den eine steinerne Brücke führt, wäffert
den Ort. Man erblickt die Insel Chios gerade vor sich, rechts
in der Entfernung Ypsera, links den hohen Mimas, Karat
burun, den Golf von Smyrna und die Gebirge Natolien's;
eine schöne Aussicht. Am Abende vorher, unweit Sigri, hatte
ich bei Sonnen Untergange den Athos noch deutlich gesehen,
den meine Griechen mit Bekreuzigungen und Weihrauch bei
grüßten.
Für fiebzehn Piaster das Stück miethete ich hier vier Maul
Thiere, mich mit allen meinen Sachen nach Metelino zu tragen.
Der Weg ist rauh und feil, aber angenehm; denn man rei:
tet beständig durch Oehlbaum Pflanzungen, die aber in die
fem Jahre völlig unfruchtbar geblieben waren. Um die Wurz
zeln eines jeden Baumes hat man eine kleine Stützmauer für
die Erde gebaut, die außerhalb derselben ganz dürr und nackt ist.
Die höchsten Bergspitzen sind mit Nadelholz und stacheligem
Zwergeichen. Gesträuch bewachsen. Die Felsart ist von unten
Glimmerschiefer, von oben grauer Marmor; die Schichten
fcheinen sämmtlich nach der Landseite einzuschießen. An den
Waffern wuchern die schönsten Ahorn, und aus den Thät
lern winden sich Wein und Obst, Gärten bergan. Sehr
schön und fruchtbar ist die Ebene zwischen dem Dorfe Hiera
und Perama, d. i. die Ueberfahrt, weil man dort mit ei:
479
nem Boote über den schmalen Eingang des, unter dem Na,
men Porto Oliviere, bekannten Busens setzt. Seine Ufer
find bergig, Theils mit Oehlbäumen bewachsen, Theils
steile Wände bildend. Er scheint ein schöner, schiffbarer
Gebirgs, See. Wir mußten etliche Stunden auf die Rück;
kehr des Bootes warten. Auf der anderen Seite überstiegen
wir eine Höhe, wo das kleine Dorf Lotra sehr freundlich
liegt, ritten darauf noch eine Weile den Golf entlang, und
dann über den letzten Berg, von dessen Gipfel sich eine herr
liche Aussicht auf die Stadt Metelino und die umliegende Ge-
gend aufthut.
Die Stadt mit dem Schloffe auf der Halbinsel, um
her weit und breit Gärten mit thurmförmigen, glänzend
weißen Landhäusern, dahinter das Meer und die Berge Na;
tolien's im schönsten Abendlichte; die Hügel von Herden,
mit Glockengetön belebt, und aromatischen Duft der Gebirgs,
Kräuter aushauchend! Ich kann vor dem Thore unter einer
Türkischen Wafferleitung durch, und fand die Hauptstraßen
breiter und reinlicher, als gewöhnlich. Ich war um eine Woh:
nung verlegen, bis ein hier ansäßiger Fränkischer Kornhänd;
ler mich in eine, dem Berge Athos gehörige Priester - Woh:
nung wies, wo ich ein ganz leeres Zimmer einnahm. Ich
bekam auch Besuch von einem Paar anderen Kaufleuten und
Durchreisenden, und endlich auch von neugierigen Grie,
chen, die ich mir unter dem Vorwande des Schlafes vom
Halse schaffte, mit Ausnahme des Herrn Kornelio, Agenten
des Russischen Consuls in Salonik, der auch als Durchrei:
480
fender sich wegen eines Geschäftes hier aufhielt, und eines Po,
gonatoffs, der sich in Taganrok hat zum Ruffen umstempeln
laffen, und hier den Arzt macht.
In beider Gesellschaft ging ich (am 7. Julius,) nach
der Metropole des St. Athanasius, an deren Thore im Hofe
der bekannte Marmor: Thron steht, welcher von Choiseul
abgebildet ist. Er ruht auf einer Stufe, und hat an jeder
Ecke einen Adlerfuß; jede Seite ist mit einem Dreifuße ge:
ziert, um den sich eine Schlange windet, an der Lehne find zwei
fitzende Greifen, denen leider die Köpfe fehlen. Vorn steht ein
Schemel, der auch auf Thierfüßen ruht, und darüber am
Sitze erblickt man die bekannte Inschrift.
Darauf besuchte ich den Metropoliten, wo große Ver:
fammlung war; er benahm sich sehr artig. Da man den Thron
im Hofe der Kirche gefunden, nebst Säulen Fragmenten, so
muß wohl sonst vielleicht ein Forum, oder anderes öffentliches
Gebäude hier gestanden haben. An der St. Theodorus-Kir:
che, die freundlich und licht ist, findet man sechs Säulen
von grauem Marmor der Insel, die einen sehr ansehnlichen
Durchmesser haben; sie sind aber wenigstens um zwei Drit,
theile verkürzt. Sie sollen auch an demselben Orte gefun
den seyn, und unter der Kirche noch viele Fragmente in der
Erde verborgen liegen; vielleicht von einem alten Tempel.
Desgleichen an der St. Simeons, Kirche, wo eine große,
cannelirte Marmor-Säule aufrecht halb eingemauert ist, und
noch an ihrer alten Stelle zu stehen scheint, indem man wahr
scheinlich die Kirchenmauer an dieselbe, als an eine feste Stütze,
481
hat lehnen wollen. Viele andere architektonische Fragt
mente, kleine Altäre, Sarkophage c. liegen an der Mauer
aufgehäuft umher. Darunter ein auf allen Seiten verstüm
melter Inschriftstein, der noch obendrein von unten so tief
eingegraben ist, daß es nicht der Mühe werth war, die ein
zelnen, ganz unverständlichen Worte abzuschreiben; ferner
eine kleine, fitzende Statüe von weißem, feinem Marmor,
darstellend eine weibliche Figur, an Kopf und Beinen ver-
stümmelt, die einen kleinen Hund auf dem Schooße zu halt
ten scheint, von guter Arbeit.
Dann führte mich Pogonatoff, nachdem er mir in
der Hofmauer noch ein unbedeutendes Sepulcral-Basreliefge
zeigt hatte, zu den Ruinen des St. Therapon-Klosters, unweit
der Türkischen Wafferleitung. Im Schloffe soll sich ein
ähnliches Relief befinden, und an oben erwähnter St. Theo
dorus Kirche hat man zwei Köpfe so hoch eingemauert, daß
man sie kaum sehen kann. Im Hofe genannten Klosters, bei
einem Brunnen, zeigt man den kleinen Grabstein eines Man
nes, dessen Namen ich nicht entziffern konnte. Im zweiten Hofe
ist ein tiefer Brunnen, und es liegen mehrere sehr große
Säulen und Fußgestelle umher. Der ersteren eine scheint
von unten noch an ihrer Stelle zu feyn. Sie find oval,
und an der langen Seite läuft ein glattes Band von oben
herab. Sie ruhen sichtbar auf einem hohen Schutthaufen,
wo man durch Nachgraben viel Intereffantes finden möchte.
Im ersten Hofe, hinter einer großen Platane, liegt eine lange
Decretal-Inschrift, die mit kleinen Buchstaben in einen, am
Z1
482
Anfange der Zeilen verstümmelten Marmor gegraben ist.
Das Ende derselben ist vollständig, leider aber mit den letz;
ten Zeilen eingemauert, und kein Hammer im Stande, den
festen Mörtel loszubrechen. Demnach fehlt. Anfang und
Ende, wiewohl von letzterem nicht viel. Das Lesbare co-
pirte ich. Die Form der Buchstaben, und der darin erwähnte
König laffen mich schließen, fie fey aus den Zeiten der Nach:
folger Alexander"s des Großen. Sie scheint wegen des
Dialekts interessant, welcher der Aeolische feyn muß. Ich
glaube, daß hier ein Prytaneum, oder sonst ein öffentliches
Gebäude gestanden habe, und die glatten Tafeln der Säulen
zu solchen Decreten und Inschriften bestimmt waren. Ein
Marmor, mit einem coloffalen Delta, ist noch in der Mauer
des zweiten Hofes eingemauert.
Dann begab ich mich nach der Scala, wohin indessen
Herr Kornelio abgerufen war, weil sich drei Kaliondshi ein
fallen ließen, den Kaufmann, der mir gestern die Wohnung
verschaffte, nachdem sie im Trunke am Tage vorher sich mit
ihm gestritten hatten, heute auf offener Straße mit Meffern an
zufallen. Er entwaffnete einen, und wehrte sich, ohne sie zu
verwunden, bis man ihm zu Hülfe kam. Der hier befehl
lende Kiaja des Kapudanpascha versprach auf Kornelio's
Klage, die Ruhestörer zu verweisen, woran ich jedoch
zweifle. Ich suchte vergeblich ein Boot nach Smyrna, und
speisete bei Pogonatoff, der mir alle diese Höflichkeiten er
wies, weil er gern Ruffischer Agent hier werden möchte, fich
aber beklagte, daß unser Vice , Consul in Smyrna dafür
483
3000 Piaster von ihm fordere. Dann wollte ich etwas der
Ruhe pflegen, wozu jedoch Hitze, Fliegen und ein naseweiser,
kleiner Grieche, der ungemeldet in's Zimmer trat, um durch
neugierige Fragen zu langweilen, es nicht viel kommen lie,
ßen. Ich machte am Abende noch einige Spaziergänge;
unter anderen nach den Schiffswerfte, wo ein Kriegsschiff
in der Arbeit war, das, wie man mir sagte, gar wohlfeil
gebaut wird, indem man die Arbeiter zwingt, für halben
Tagelohn zu arbeiten, so wie das Holz um die Hälfte des
Preises zu fällen, und herbei zu führen.
Die Schönheit der Lesbierinnen ist mir aufgefallen;
besonders der weiße Teint und die großen, schwarzen Au,
gen, mit langen, schwarzen Wimpern und Augenbraunen.
Griechische Profile schienen mir allgemein. Ihre Tracht ist
jedoch seltsam; der Rock geht nur bis unter die Waden, hat
eine sehr kurze Taille, ist ohne Aermel, und hat ganz den
Schnitt der Russischen Sarafanen. Die Hemd/Aermel find
weit und lang; auf der Brust aber tragen sie ein häßliches,
viereckiges, gestopftes Polster, das diese ganz hinab drückt.
Das Tollste ist der Kopfputz, bestehend aus einer gestopft
ten, hohen, helmförmigen und ovalen Mütze, die am Hinter
Kopfe ein hohes, viereckiges Ende hat. Umher wird ein Tuch
gebunden. Diesen Kopfputz fahe ich jedoch nur bei den Weiz
bern der Stadt; die Mädchen tragen einen einfachen, klei
nen Bund, oder ein Tuch dreieckig zusammen gelegt, und
von hinten über den Kopf geworfen; beide Seiten werden
zuweilen zurück geschlagen. Dieselbe Tracht fand ich auf
484
gemnos und Samothrace. Die Männer tragen rothe oder
blaue, hängende Nachtmützen, oder den kleinen, schwarzen,
rothen oder blauen Bund.
485
46.
Ajasmat (Akarnea). Pergamo (Perganum).
Am Morgen des 8. Julius fuchte ich abermahls eine
Barke nach Smyrna, fand aber keine Gelegenheit, und
eine besondere für mich zu mithen, war mir zu theuer;
denn die Schiffer fürchteten, von den Charadshdshi und Zöll
nern angehalten zu werden, und daher Gefahr von der Pest.
Ferner müffen fiel bei der Rückkehr Quarantaine halten.
Ich miethete also für 10 Piaster eine Barke nach Ajas
mat, um von dort zu Lande zu gehen. Ein Tschausch
( Staatsbote) hielt mich aber auf, verfichernd, jeder
Fremde müsse sich dem Kiajabei des Kapudanpascha vorstel:
len. Ich ging also mit ihm, und fand jenen in einem klei:
nen Haufe, nahe am Sommerlager der Kaliondshi, unter
dem Schloffe. Es war ein höflicher und freundlicher Alter.
Dann fuhr ich auf Herrn Kornelio's Schiff, wo ich früh
fückte, und einen Brief an seinen Vater in Kalamata mit
nahm. Herrn Pogonatoff schrieb ich auf Verlangen ein
Zeugniß feiner guten Dienste, und segelte ab. Die Tramon,
tana war günstig; in etwa vier Stunden erreichte ich die
Bucht von Ajasmat, nicht ohne Gefahr, kurz vor dem Ein
gange an einer sandigen Spitze auf den Strand zu laufen.
Die Boote liegen an einer anderen vor Anker, die eine
feichte Bucht umgiebt; vielleicht sonst der Hafen von Atar
nea. Ich mußte mich mit meinem Gepäcke in einen klei
486
nen, von einem Knaben geführten Kahn laden lassen, der
zwei Mahl hin und herfuhr, und dann mußte man noch meine
Person durch das Meer an das Zollhaus tragen. Unweit
davon ist eine Ziegelstreicherei und ein hübscher Tschiftlik des
Agas von Ajasmat, Omar Aga Kara Osman Oglu. Ich
unterhielt mich mit etlichen durchreisenden Officieren, bis mir
der Zöllner eine mit Ochsen bespannte Araba schaffte, die
mich in das Dorf führte, wo ich auf einer Bank unter
dem Thore eines abscheulichen Chans Platz nahm, als der
alte Postmeister sich einfand, und Pferde zu schaffen ver:
sprach. In der Nacht fandte er aber, uns melden zu laf
fen, wir hätten für jedes Pferd bis Pergamo 25 Pia
fer zu zahlen, welche jüdische Forderung natürlich scheitern
mußte. Wir drohten, uns bei'm Aga zu beschweren, wo
durch ihm bange ward. Er sank schnell auf 10 Piaster hin:
ab, und ließ dann sagen, er habe vier Pferde für uns bei
reit. Ich mußte bis 8 Uhr warten, bis der Aga aufge
fanden war. Sein Haus ist hübsch, nach Türkischem Ge;
fchmacke; besonders angenehm und luftig die große, offene
Galerie, welche die Zimmer mit einander verbindet, und
an jeder Ecke springt das Gebäude thurmförmig vor. Auf
dem Dache nisten zahllose Störche. Der Aga ist jung;
er war nicht so höflich, als ich fonst wohl die Türkischen
Herrn gefunden, und brachte Kirkor mit allerhand alber
nen Fragen in Verlegenheit. Er hat eine Menge Neger
unter feinen Unterthanen; gute Pferde und Jagdhunde.
Eine Mauer von Erde und Ställe umgeben den Hof fei
487
nes ländlichen Schloffes. Im Dorfe find zwei Moscheen,
ein Bad und ein Tscharschi.
Als ich von dem Besuche zurück kam, fand ich mich
belogen, und kein Pferd bereit. Ich fandte gleich Kirkor an
den Aga, der wiederum einen seiner Leute an den Postmeister
schickte. Nach mehreren Stunden brachte dieser endlich fünf
elende Thiere zusammen, welche sie nicht einmahl zu be-
packen verstanden. Erst nach Mittage brach ich auf. Der
Postillion war alt und einäugig, und sein Pferd so eigen:
finnig, daß es nicht anders ging, als wenn es das mei;
nige vor sich fah. So kamen wir nur langsam fort, und
sahen uns am Ende genöthigt, auf halbem Wege in einer ein:
famen Kaffeehütte liegen zu bleiben, weil es keine Möglich:
keit war, Pergamo vor der Nacht zu erreichen. Der Weg
ist eben; man reitet stets dem Meere parallel, zur Linken
des Gebirges, welches von unten roth und nackt, oben
felsig und mit Bäumen bewachsen ist. Das Land ist wohl
bebaut; überall war die Ernte vollendet; die Garben la
gen auf den Feldern umher, und schöne Herden weideten
im tiefen, blumigen Grafe. Man kommt auch durch Süm:
pfe, über den breiten, aber feichten Evenus und einige
Tschiftliks vorbei, und dann an einer Stelle, wo Säulen:
Fragmente und Mauerwerk die Lage eines alten Ortes an,
deuten, am Fuße des Pedalus-Gebirges; vielleicht Miletus
oder Teuthrania, nahe am Eingange des Thales zwischen
dem Pedalus und einem Vorgebirge, wo wir übernachte:
ten, und mit einigen Paras, die heißen Zähren eines em:
488
pfindsamen Gänsejungen über den bevorstehenden Tod ei:
nes seiner Zöglinge stillten.
Die Mücken ließen mir keinen Augenblick Ruhe.
Ich legte mich zuerst vor dem einen Haufe nieder, dann
kletterte ich auf das Dach des anderen, in der Hoffnung,
der Wind sollte mich von ihnen befreien, aber umsonst.
Dazu kam, daß ein Paar Armenier, die auf dasselbe Dach
flüchteten, sich in Wein so lustig getrunken hatten, daß fie
bis tief in die Nacht hinein fangen, oder vielmehr schrien.
Nach Mitternacht befahl ich daher aufzupacken, welches nicht
ohne Mühe gelang; denn Kirkor'n hatten seine Landsleute
Wein gegeben, und da er in meinem Dienste fehr aus der
Uebung des Weintrinkens gekommen, weil ich fast nie trin,
ke, so war ihm das Wenige, was er genoffen, zu Kopfe
gestiegen; ich fah ihn zum ersten Mahle betrunken. Der
alte, unendlich träge Postillion und fein gleichgestimmt
tes Pferd hielten uns so lange auf, daß wir erst um 7
Uhr Morgens Pergamo (Pergamum) erreichten, nachdem
Kirkor die Packpferde übernommen, und jenen im Stich ge:
laffen hatte. Der Weg ist beständig eben, zwischen den zwei
Bergketten zum Theil sumpfig, zum Theil gut bebaut.
Ich ging gleich auf das Schloß. Es hat viel Aehn
lichkeit mit Affus. Die Befestigung besteht nämlich darin,
daß man das Erdreich des Berges untermauert hat, wie
eine Terraffe, mit großen Granit-Quadern, ausgenommen
dort, wo der fenkrechte Felsen eine natürliche Mauer dar,
stellt. Dieser Terraffen sieht man drei bis vier über einander,
489
wohl allmählig entstanden, je nachdem man das Schloß zur
Stadt erweiterte, und in den Zwischenräumen andere hohe
Fundamente von Gebäuden gleichfalls an denselben Berg
lehnte. Diese terraffenförmigen Wälle, wie ich sie nur in
Antiochien, Affus und hier gefunden, find größten Theils gut
erhalten. Man sieht die alte, gepflasterte Straße, die sich
den Berg hinan windet, und an der unteren und oberen
Terraffe ein Thor hat. Auf der oberen hat man ein Tür
kisches Schloß gebaut, das jetzt wüst liegt, nur von einem
alten Fuchfe bewohnt, den ich dort auftrieb. Inwendig
find noch mehrere gewölbte Gemächer, und die Funda
mente und Capitale eines schönen Tempels von weißem
Marmor. Ich fand ein Architrav, von unten mit einem
Bande von Lorbeerblättern, um welche Schlangen Eier lie
fen, geziert, wie die Korinthischen Capitale, von vollendet
schöner Arbeit. Wahrscheinlich gehörte dazu der herrliche Fries
in Relief, der im Thore eingemauert ist, Kränze darstel,
lend, von Adlern und Ochsenköpfen getragen. Vor dem
Thore ist ein in Felsen gehauener Brunnen, oder Cisterne.
Die darauf folgende Terraffe, wo das Thor der alten
Straße ist, hat man später mit alten Fragmenten ausgebes,
fert, und eine Menge Säulen liegend eingemauert, die
man jetzt schon zu anderem Gebrauche wieder heraus,
bricht. Vielleicht stand hier der Attalische Königs-Palast.
Der untere Wall hat auch zerstörte, runde Thürme neuer
Zeit, und gleich darüber fand ich das Theater, von dem
man noch einige Sitze, Treppen und Zugänge unterschei;
490
det. Die Fundamente sind wohl erhalten. Eine antike
Bogenbrücke führte mich über den Selinus zu einer alten
Kirche, Hagios Theologos geweiht, und zu einem Thurme
von Granit und Ziegeln, mit Marmor geziert. Später hat
man ein schlechtes Minareh angebaut, und eine Moschee
daraus gemacht, und jetzt ist diese schon wieder in Efels:
Ställe verwandelt.
Auch ging ich auf eine Jagd nach Münzen zu den
Silber-Arbeitern, und dann wieder zur Stadt hinaus, in
der ich von alten Resten nur ein halb verschüttetes, halb
verbautes Thor gefunden habe. Ueberallfah ich ringsum Grab
Hügel, wie in der Nacht auf dem Wege hierher. Auf der
Höhe, dem Schloßberge gegenüber, liegt ein Theater, das
man an der Form erkennt, wiewohl die Sitze unsichtbar
geworden. Man verfolgt die Fundamente, und findet mehr
rere der Eingangs Gewölbe wohl erhalten, und zwei Thore,
an jeder Ecke des Profceniums; das eine, mit Epheu bei
wachsen, ist, wie die Schloßwälle, an den Berg gelehnt,
und von innen führte eine doppelte Treppe zu demselben
hinab; das andere steht frei, und ist gewölbt, und wer
gen der Richtung des Theaters und Berges schräge. Ich
zeichnete diese Ruine. Weiterhin kam ich an einen klei:
nen Bach, der dem Selinus zufließt. Er dringt unter den
Gewölben eines Amphitheaters durch. Von den daffelbe um
gebenden Bögen stehen noch mehrere, so wie auch das Thor
nach dem Selinus zu. Ich zeichnete dieses. Die runde Form
und die Fundamente find vollkommen fichtbar; die Sitze
491
selbst verschwinden. Die untergehende Sonne zwang mich
hier zur Rückkehr.
Früh am Morgen des 11. Julius verließ ich die Stadt.
Eine antike Brücke, von zwei Bogen mit großem Unterbau,
führte mich über den Selinus zu ansehnlichen Ruinen, von
denen eine Wand mit einem Thore und mehrere Neben
Gewölbe stehen. Sie liegen dicht am Fuße des Schloßber
ges, und der Thalweg läuft quer darüber weg. Das Ge;
bäude war länglich und viereckig, wie es scheint, und reichte
wenigstens bis an den Fluß, wo man die Fundamente noch
wohl erhalten sieht; vielleicht auch über denselben, denn
auf seiner anderen Seite find zerstörte Gewölbe, die mir
wohl oben neu schienen, aber aus alten Fragmenten ge:
baut. War dieses ein Stadium, oder die vom Dallaway
erwähnte Naumachia? Er setzt dieselbe freilich auf den
Selinus, da ich hingegen gestern das Amphitheater auf ei:
nem Nebenbache fand. Jenes kann jedoch wegen Enge
des unteren Raumes nie zu Wettrennen gedient haben,
wohl aber dieses, welches einen ebenen Raum einnimmt.
Uebrigens paßt seine Beschreibung auf das gestern gezeich:
nete Gebäude, das Choiseul, wenn ich nicht irre, Gymna:
fium nennt, wiewohl dazu die kreisförmige Gestalt nicht paßt.
Dallaway setzt den Tempel Aeskulap's auf den Hügel, wo
das Theater und Amphitheater ist, und an die Stelle des dort
tigen Türkischen Begräbniß-Platzes; Choifeul, wenn ich mich
urecht erinnere, auf den Selinus selbst. Vielleicht war es die
fer, was ich heute fand. Weiter im Thale hinauf zieht quer
492 -
über dasselbe eine Wafferleitung von einer Reihe hoher Bo
gen, die ich vom Schloßberge aus, aber nicht in der Nähe
befehen konnte. . Zum Chan zurück gekehrt, ließ ich mich in
das Bad Pachahamam führen, wo der Eigenthümer für
ein Paar Para die berühmte Marmor: Vase fehen läßt, die
Choiseul gemeffen und gezeichnet hat, wiewohl seine Zeich:
nung mager genug ist, und den antiken, großartig einfa:
chen und kräftigen Styl schlecht ausdrückt. Sie stellt ein
Rennen von vierzehn Reitern dar, deren Köpfe, wie die
der Pferde, meist sehr verstümmelt find. Einer der Reiter
fcheint vom Pferde zu fallen. In der aufgehobenen Rechte
halten sie etwas, was Choifeul, wenn ich nicht irre, für Fa;
ckeln hält; vielleicht mit Recht, doch nicht deutlich zu unter
fcheiden. Ueber und unter dem Relief läuft ein Band von
Lorbeeren. Die Oeffnung oben ist eng. Am Bade ist von
außen ein Relief eingemauert, einen Ochsen vorstellend.
Vor der Thür steht ein Altar. Er ist rund, und umher mit
einem Relief von Lorbeeren geziert, die an Ochsenköpfen
hängen, und von einer Seite an einem Lorbeer/Baume, um
welchen sich die heilige Schlange Aeskulap's windet. Im
Felde kleine, runde Schilde, und darüber die sehr Ver;
stümmelte Lateinische Inschrift zum Andenken eines Pro-
culus,
Ich hatte für hundert Piafter vier gute Pferde nach
Smyrna gemiethet, und machte mich auf den Weg. Ich
ritt nun quer über das fruchtbare Thal des Bakirtschai, Ku;
pferfluß (Caicus), das eben und schön bebaut ist, jetzt aber
493
gelb und sonnenverbrannt da lag. Hohe Berge mit phanta
stisch gestalteten Felsenspitzen schließen es ein, hin und wie
der Thürme und Schlöffer täuschend nachahmend. Dann
verließen wir die Thal; Ebene, und ritten über die mit Ge;
früppe bewachsenen Hügel, welche das Vorgebirg Kanae mit
den übrigen Bergen verbinden. In einem alten Begräbnisse
bemerkte ich viele antike Fragmente, unweit eines Kaffees des
entfernten Dorfes Kliffkoi; dann dem Ufer des Golfs entlang.
In demselben springt eine runde Halb: Insel vor, steil von
allen Seiten ins Meer abstürzend; darauf ein Tschiftlik.
Mir schienen auch von weitem Ruinen da zu feyn. Viel
leicht Cyme? Dann verließen wir das Meeresufer, kamen
einen kleinen Landfee vorüber, an dessen Ufer tausende klei
ner Vögel mit schwarzen Köpfen und Flügeln die Büsche
umflatterten, Türkisch Tut kaschi, Maulbeer, Vögel, genannt.
Ich begegnete auch einer kleinen Heuschrecken Armee. In einer
Kaffeehütte, nicht weit von Güselhiffar (Magnesia am
Mäander), ruhten wir bis zum Aufgange des Mondes, 8
Stunden von Pergamo.
Die Scheibe des Vollmondes rollte gänzend über die
Berge hinauf. Unser Ritt ging langsam genug, denn der
Führer schlief auf einem Pferde so sanft, wie in einem
Bette, und auch die Pferde schienen gehend einzuschlafen.
Wir ritten meist in einer fruchtbaren Ebene fort. An schö;
nen Mondschein, Landschaften fehlte es nicht, besonders auf
den Hügeln, die das Thal des Caicus von dem des Hermus
(Sarabad) trennen. Dieser Fluß ist breit; wir durchwateten
494
ihn nicht ohne Mühe; das Waffer stieg bis über den Bauch der
Pferde. Hahnen-Geschrei und Hunde-Gebell zeigte mir die
Lage entfernter Dörfer an; die Straße berührt keines der
selben. Ich fand große Schafherden in Hürden, die aus
einem Dache von Baumzweigen bestehen, das auf Stangen
ruht. Hierunter fammelt man sie des Nachts, und auch am
Tage während der großen Sonnenhitze.
- - - - - - - - - - - - - - -
495
47.
Ismir (Smyrna).
Mit Sonnen, Aufgange erblickte ich den Golf von
Ismir (Smyrna), auf drei Seiten von hohen, blauen
Bergmaffen eingeschloffen, den Sipylus und Pagus. Bald
erschien auch das alte Schloß auf dem Berge. Wir ließen
das neue Castell am Meere, und mehrere Echelles zur Seite
liegen; denn ich hatte mit meinem Pferder-Verleiher verabre
det, er solle mich zu Lande um den Golf herum bringen, weil
ich, aus Petfurcht, mit den Bootsleuten in keine Berührung
kommen wollte. Wir ritten also an Smyrna, das uns nahege
genüber lag, vorbei. Es nimmt sich gut aus mit feinem alten
Castell, seinen Cypreffen, und seinem Mastenwalde im Hafen.
Die Ufer des Golfs find auf allen Seiten kahl und felsig,
der Boden unfruchtbar. Nur im Hintergrunde des Golfs
erstreckt sich eine sumpfige Ebene voller Gärten, in denen vor
züglich Feigen und Trauben gedeihen. Landhäuser liegen
darin zerstreut, und sie gleicht auffallend der Sommer-Woh:
nung (Jaila) von Eghirdir. Dieser Umweg war sehr bei
schwerlich. Der gewöhnliche Inbat oder Zephyr aus dem
Meere blieb den Tag aus, und es wehte. Statt dessen ein
Sirocco, der die größte Hitze hervorbrachte, die ich in diesem
Jahre empfunden habe. Der Weg macht große Krümmung
gen, der Sümpfe wegen, und ich erreichte erst gegen 10 Uhr
den Französischen Gasthof in der Frankenstraße, wo ich sehr
496
gut logiert ward. Smyrna ist weit besser gebaut, als Kon:
stantinopel; selbst der Türkische und Griechische Stadttheil.
Die Straßen der Befestins sind weit genug, um alle Berüh,
rung zu meiden, der ich jetzt um so weniger ausgesetzt war,
da viele von den wohlhabenden Einwohnern auf dem Lande
leben, andere aus Furcht vor der Pest eingeschloffen find.
Diese ist jetzt nicht stark.
Ich besuchte unsern Vice Consul, Herrn Maraccini. Ob
ich gleich die ganze Nacht zu Pferde zugebracht hatte, nahm ich
doch seine Einladung an, einen Ritt auf das Land zu machen.
Der Weg war nicht sehr interessant, aber immer schön die An;
ficht der Gebirge. AWir kamen in der Stadt an dem Palaste
des Zöllners, und hernach bei einem seiner Landhäuser vorbei.
Nach dem Aeußeren zu urtheilen, können sie sich mit den
Palästen des Canals von Konstantinopel an phantastischer
Pracht messen. Bei Sonnen Untergange erreichten wir Sei:
dikoi, und traten im gastfreien Haufe des Niederländischen Cont
fuls, Grafen Hochepied, ab. Die eigene Familie nebst der seit
nes Verwandten, van Lennep, und wenige Engländer mal
chen die Fränkischen Bewohner dieses Ortes aus, der ländlich
hübscher ist, als die anderen Dörfer um Smyrna, aber fiel
berbringend feyn soll, und ein so schlechtes Waffer hat, daß wir
alle davon krank wurden. Die ganze Familie fand ich sehr
liebenswürdig und freundlich; das Landhaus liegt mitten in
einem weitläufigen Garten, worin besonders ein Paar
schöne Alleen einen im Orient unbekannten Genuß ge:
währen.
497
Hier herrscht die größte Freiheit für die Franken. Die
Damen machen ungestört Spaziergänge bis tief in die Nacht,
und während meines hiesigen Aufenthaltes konnte ich fast ver;
geffen, daß ich in der Türkei war. Ich glaubte mich nach
Livland versetzt. Wir ergötzten uns einen Abend, der Ro;
meka vor der Taverne zuzusehen; das erste Mahl, daß ich
fie ordentlich tanzen sah. Man tanzte zuerst mit verschiede
nen Stellungen im Kreise umher, sich an der Hand haltend,
dann paarweise. Die Attitüden waren ungeschickt ausge:
drückt, enthielten aber schöne Motive, aus denen ein ge:
schickter Balletmeister etwas Vortreffliches componieren würde.
Das Ganze glich auffallend der Homerischen Beschreibung
im Schilde Achill's und im Lande der Phäaken, und es war
mir ein angenehmer Gedanke, daß man vor 3000 Jahren
vielleicht an derselben Stelle eben so tanzte. Um das Dorf
her find hübsche Spaziergänge, besonders zum Quell Dam,
ladshik. Einen anderen Abend belustigten wir uns mit
Tanzen im Hause der von Lennep, und erst am 15. Julius
Morgens verließen wir unseren gastfreien Wirth und seine
beiden hübschen Töchter, nach der Stadt zurück kehrend,
wo ich Herrn Roubaud, unseren General Consul, und Herrn
Escalon besuchte; am Abende den Muteffelim, Hadfhi Mei -
hemed Efendi Kiatib Sadeh, der sich durch seine strenge
Polizei und Gunst für die Franken auszeichnet, deren Sitz
ten er sehr liebt und oft copirt. Er ist galant gegen Damen,
"macht alle Feste mit, trinkt Wein auf die Gesundheit der
Europäischen Monarchen u. f. w. Er war so artig, mir
32
498
feine eigene Pfeife zu geben, und versprach auch einen Brief
am Kutschuk. Mehmed Aga, Kara Osman Oglu, zu Maniffa.
Im Hofe des Landhauses des Grafen Hochepied zu Seidi
koi fand ich ein Basrelief, dessen Styl hohes Alterthum an,
deutet, und mir interessant war wegen der deutlichen Abbil,
dung der alten Waffen. Auf dem Wege nach Seidikoi bei
merkt man ein Paar alte Grabhügel; zu jeder Seite des We;
ges einen.
Roubaud hatte mich an einen Griechen aus Kandia,
Mikuli Logiotato, adressiert, der sich mit antiquarischen und
numismatischen Werken beschäftige. Ich besuchte ihn, um No;
tizen über den jetzigen Namen einiger alten Orte zu erhalten,
und über die dort zu findenden Ruinen. Er gilt hier für ei:
nen großen Gelehrten. Ich fand ihn ziemlich unwissend,
denn er wußte nichts mehr, als in der Geographie des Bar
bier du Bocage steht, die ich bei ihm antraf.
Mein erster Spaziergang war zum Schloßberge hin:
auf. An beiden Seiten des Weges find viele Architektur,
Fragmente eingemauert und angehäuft. Ich erkannte das
Stadium, defen Stufenfitze durch den fie bedeckenden Rat
fen durchzuschimmern scheinen. Es nimmt die Tiefe eines
länglichen Thales am Abhange des Berges ein, und hat
eine treffliche Aussicht auf den Golf. An der einen Seite,
die niedriger ist, hat man die Stufen auf Gewölben erhöht,
die zum Theil wohl erhalten sind. Nicht weit davon steht
ein Gebäude schlechter Bauart, Kirche des heiligen Polycar-
pus genannt, der in diesem Circus von wilden Thieren den
499
Märtyrer-Tod erlitten haben soll. Dann gelangte ich zum
westlichen Thore, an dessen Seitenthurme der colossale Kopf
von weißem Marmor eingemauert ist, den Viele bekanntlich
den Kopf der Amazone Smyrna, Andere, wahrscheinlicher,
einen Apollo, Kopf nennen. Das Gesicht ist zum Theil
durch die Flintenschüffe der Türken sehr verstümmelt; aus
dem Haare sieht man aber noch den trefflichen Styl in der
Ausführung. Ueber dem nördlichen Thore ist die lange In
schrift von Angelus Komnenus an dem runden Bogen von
weißem Marmor, der den oberen Theil dieses aus Frag:
menten verschiedener Zeit zusammen geflickten Thores aus,
macht. Dieser Bogen ruht auf zwei viereckigen Capitalen,
welchen die Pfeiler fehlen, und die deshalb eingemauert
find. Die Pfosten der Oberschwelle einer darunter befindlichen
viereckigen Thür scheinen mir von besseren Verhältniffen,
und bestehen aus großen Maffen. Im Inneren des Schlosses
find, außer einer verlaffenen Moschee, gut erhaltene Cisternen,
deren Bogen auf viereckigen Pfeilern ruhen, und andere uns
terirdische Gänge und Gewölbe, worin sich zu Zeiten wohl
Soldaten mit Weibern verstecken, deren Begegnung Gefahr
bringen kann, weshalb man einen derselben verschüttet hat,
der so tief hinunter führte, daß man behauptete, er führe
nach der Stadt. Die Aussicht von oben überrascht fehr.
An der Südseite ist die Mauer am stärksten eingefallen; man
fieht jedoch an den Fundamenten noch ganze Strecken der alten
erhalten. Die Aussicht auf den Bach und das kleine, grüne
Thal, über welches die zwei alten Wafferleitungen setzen, die
500
das Waffer nach der Stadt führen, so wie auf die Dörfer. Seit
dikoi, Budshak und die fruchtbare Ebene mit den sie umgeben
den Gebirgen ist unbeschreiblich schön. Unterhalb dem nördli:
chen Thore, am Fuße des obersten Bergabfatzes, erkennt man
die Lage des Theaters. Von der Scene stehen noch Funda
mente, ein Gewölbe und eine hohe Mauer. Auf dem Rück,
wege besuchte ich den Dilkulük in der Stadt, nicht weit
vom Hause des Basch Ajan, welcher Ort wegen einer großen
Platane gefeiert wird, die einen lieblichen Platz beschattet, an
den ein hübsch vergoldeter und gemalter Springbrunnen im
Türkischen Geschmacke grenzt. Gedachtes Haus zeichnet sich
durch nichts mehr aus, als durch ein hübsches Parterre mit
Waffer Becken.
Am Abende machte ich in munterer Damen - Gefell,
fchaft eine Wafferfahrt im Dunkeln, und einen Spaziergang
auf dem Quai, und dann in dem Garten des Muteffelim,
der aus regelmäßigen Gängen von Obstbäumen und Sträu,
chen besteht, zum Theilmit Gittern eingefaßt. Er ist beschränkt,
am Ende ein kleiner Kiosk, mit einem hübschen Becken.
In allen solchen Belustigungen haben die Franken hier gleich
große Freiheit, als in Europa. Die schönste und breit fe,
oder vielmehr die einzige breite Straße in Smyrna, von
Franken und Griechen bewohnt, heißt Gül Mahalleh. Am
Ende derselben find Gärten, und nach dem Meere zu Garn,
Färbereien, wo man das berühmte rothe Garn färbt.
An demselben Tage zeichnete ich einen Amor mit Hel
rakles Keule und Löwenhaut, der Maraccini gehörte, und
5 O 1
den er mir hernach schenkte. Er ist von Thon, und fand
sich bei Ausbesserung der Wafferleitung nebst zwei Grabstei,
nen: der eine lag platt, der andere war ein aufrecht stehen:
der Cippus mit einem Fronton, worauf drei Columbarien,
und paßte in die Oeffnung eines viereckigen Fußgestelles. Er
war aber sichtbar viel älter.
In demselben Haufe, im Magazine eines Englischen
Kaufmanns, Herrn Jollit’s, zeichnete ich zwei Reliefs. Das
eine ein Grabstein, Cippus, mit drei Columbarien; im Front
ton eine achtblätterige Rose; im Fries Widderköpfe (?),
die Lorbeer, Kränze tragen; über denselben eine zwölfblät
terige Rose. Die Köpfe sind verstümmelt; die Arbeit ist
fehr gut, zum Theil Hautrelief, und sonst wohl erhalten. Es
stellt eine Mahlzeit dar, ein Triclinium. Der Mann
liegt auf Polstern gestützt, in der Linken ein Henkel, Gefäß,
mit der Rechten die Frau umarmend; sie fitzt, mit der Recht
ten den Schleier vorziehend; vor beiden zwei Tische auf
Ziegen Füßen ruhend; auf dem einen eine tiefe Schüffel
(Terrine) mit Henkeln, und ein Brod (?), auf dem anderen
zwei Weinkrüge, ein Brod und ein Löffel (?). Ein Sklave
liest aus einer Rolle vor, und das Mädchen hört zu, den
Kopf auf den Arm gestützt. Das andere Relief besteht aus
feinem Marmor, und die Gesichter sind besser erhalten.
Es stellt ungefähr daffelbe dar, doch scheint es mir nicht,
als ob die liegende, bärtige Gestalt, mit Becher und Traube
in der Rechten und einer Patera in Gestalt eines Ziegen:
Kopfes, Bacchus fey, und die Matrone Ifis oder Ceres, und
502
ungewiß, ob sie nicht ein Kind in ihrem Arme hält. Ob der
Diener, der den Krug und die Schale trägt, Menschen,
oder Geis, Füße hat, ließ sich nicht klar unterscheiden; mir
schien das Erstere. Ueber der Magd ragt ein Pferde, Kopf
hervor. Ein dritter Cippus war zu zerstört, um ihn zu zeich:
nen: der Mann reicht der Frau einen Krug dar. Eines
dieser Reliefs ist aus Chalcedon, das andere aus Samos ge:
bracht worden.
Der Russische Vice Consul führte mich zum Bruder
des Muteffelim, einem Zöllner, um deffen neues Haus zu bese
hen. Es besteht aus zwei Stock, und in jedem ist ein weiter,
luftiger Saal, Diwan Haneh oder Selamlik (Männer:
Zimmer), mit Gemächern umgeben. Die Diwans waren
mit hübsch geblümtem, baumwollenem Zeuge überzogen,
die Decken und Wandmalerei, geblümte Tapeten, oder Land,
fchaften, Blumen und Früchte darstellend, für kunstlose Mal,
ler recht gut. Der Besitzer empfing uns sehr höflich in sei
nem luftigen Saale, wo ein Becken und marmorner Spring
Brunnen, und ließ uns selbst das Mabein odaffi oder Zwie
fchengemach (nämlich zwischen der Männer, Wohnung und
dem Harem) aufchließen. Man hohlt die Marmor, Qua
dern zu dem Fußboden, und selbst die Ziegel aus Italien, weil
man hierbei allem Ueberfluffe an Material, aus Ungeschicklich
keit, die einfachsten Dinge nur schlecht und theuer liefert. Beide
Brüder find fehr reich, und vermehren ihre Habe täglich
durch Landankauf; denn da ihre Nachbarn gegen Gewalt,
that der Dienerschaft dieser Mächtigen keinen Schutz finden,
5o 3
find sie am Ende genöthigt, ihnen den Acker oft um die Hälfte
des Werthes zu verkaufen: man läßt das Vieh auf ihre Felder,
fiehlt die Früchte, und gibt keinen Ersatz c. Durch einen
solchen Ankauf erhalten fiel einen neuen Nachbar, der bald
in demselben Falle ist, u. f. f.
Am Morgen des 20. Julius bestieg ich ein Boot, und
fegelte rasch nach der Echelle von Burnabad, wo ich gleich
zwei Esel und einen Führer nahm, und am Berghange das
feinige Thal des leichten Meles hinan ritt, dessen Seite
Theils mit Oliven, Theils mit Gestrüppe und spärlich mit
hochstämmigem Nadelholze bewachsen ist. Um die Mitte ei:
nes Marmor-Felsens sieht man fünf kleine Grotten, die von
Menschen Händen wenig erweitert scheinen. Diese nennt
man die Homerischen. Auf dem Gipfel ist ein Grab ausge:
hauen. Nach einem guten Mittagessen und gehöriger Sieste
bestieg ich dieselben Esel, und ritt den steinigen Fuß des Sie
pylus hinan. Er besteht aus verwittertem Granit, der in
großen Maffen umher liegt, und den Weg fehr beschwerlich
für die Esel macht. Man verbrannte jetzt das Gras und die
Sträuche, wahrscheinlich, um sie von neuem empor kei
men zu lassen. Auf dem Gipfel der letzteren Höhe, nach dem
Meere zu, liegt ein alter Grabhügel, den man das Grab
des Tantalus zu nennen beliebt. An der einen Seite hat
man eine Mauer von großen Polygon Maffen ohne Ce:
mentan den Felsen gelehnt, und in denselben unterscheidet man
deutlich die gegenwärtig verschüttete Thür, die zum Inneren -
des Grabgemachs führte, dessen Gewölbe jetzt eingestürzt ist.
504
An seiner Stelle fieht man zwei tiefe Gruben. Der
obere Theil des Mauerwerkes ist herabgestürzt, und man
steigt über die formlosen Trümmer zur Höhe. Die Aussicht
auf Smyrna und Burnabad mit der lachenden Ebene, den
Golf und die Gebirge ist sehr schön. Ich stieg von dort
zur Echelle hinab, und kehrte in die Stadt zurück, wo ich Alt
les zur Abreise bereitete, da die Pest bedenklich zunimmt,
welche sonst gegen Ende dieses Monats zu schwinden pflegt.
Es ist hier sehr theuer. Die Eifel für den heutigen Tag ko;
steten zwanzig Piaster, drei Pferde bis Maniffa achtzig Pia
fer c. In den Staaten des Großherrn gibt es aber auch
gewiß wenig Orte, die verhältnißmäßig eine so zahlreiche
Bevölkerung haben, als Smyrna. Man kann sie zum wenig
ften auf 120,000 Köpfe anschlagen, unter welchen die Franz
ken zahlreicher find, als irgend anderswo, und großen Wohl
standes sich erfreuen. -
- - - - - - - - - - - - - - -
505
48.
Maniffa (Magnesia an Sipylus). Akhiffar (Pelo-
pia, Pyathira). Sart (Sardes). Allahschehr
(Philadelphia).
Am Morgen des 21. Julius brach ich auf, und ritt
durch die schönen Gärten der Ebene, Burnabad zur Linken
laffend. Sie find, wie ich früher bemerkte, besonders reich
an Feigen. Am Ende derselben beginnt man, den mit
niedrigem Gestrüppe bewachsenen Fuß des Sipylus zu er:
steigen. Auf dem halben Wege liegt Jakakoi, ein hübsches
Dorf am Berghange über dem breiten und unbeschreiblich
fchönen und fruchtbaren Thale, das den Sipylus vom Par
gus trennt. Dann galt es, nach einem kleinen Früh-
fücke, den Sipylus ganz zu erklimmen. Rechts erhebt fich,
wild zerriffen, mit senkrechten Wänden und ganz kahl der
Gipfel des Berges. An seinem unteren Hange kleben Dör,
fer im Grün, doch sparsam, zerstreut. An der anderen Seite
des Thales, das uns vom Gipfel trennte, springt aus den
Gebüschen, nahe bei einem kleinen Dorfe, ein einzelner, ko
nifcher Fels. An seinem Fuße zeigen sich Höhlen Und vor dem
felben Felsenblöcke, die ungefähr, einer lebhaften Phantasie,
von Weitem wie eine fitzende Frau erscheinen, welche ihr Haupt
aufs Knie stützt. Wäre das Niobe? Oder ist sie an der
feil zerriffenen Wand über Maniffa zu suchen? Auf diesem
Gipfel liegt beständig Schnee, den man, in Filz gepackt, mit
506
großen Karawanen von Maulthieren nach Smyrna bringt.
An schönen Springbrunnen im Schatten großer Platanen
fehlt es nicht auf dem Wege, der übrigens aus weißer Kreide,
nackt und steil ist, besonders auf der Seite von Maniffa.
Die Ansicht der berühmten Ebene des Hermus, von
blauen Gebirgen in der Ferne begrenzt, voller Baumgrup:
pen, Felder und Gärten, ist herrlich. Bald erscheint auch
Maniffa (Magnefia), dicht am Fuße des Sipylus und zum
Theil an denselben hinan klimmend. Darüber, auf und
um einem steilen Berge, die Trümmer des Schloffes, und
dann noch höher der majestätische Gipfel des Berges. Ein
anderer konischer Hügel, an dessen Fuße ein Tschiftlik liegt,
ist, feiner pyramidalischen Form ungeachtet, bis oben bei
baut. Ich ging gerade zu Kutschuk. Mehmed Aga, dem je
zigen Aeltesten der Kara Osman Oglu. Er fchlief, und
man wies mir eine Wohnung bei einem Griechen an, der
anfänglich nicht sehr damit zufrieden schien. Nach der Siefe
nahm ich einen Führer. Es war aber zu spät, um auf das
Schloß zu steigen. Er brachte mich zur Moschee Sultan
Murad's, Uludshami genannt. Die Mauer von unten bei
steht aus großen, trefflich gebauten Marmor-Ouadern, welche
einem Gebäude aus der Zeit des Alterthumes gehören müffen.
Inwendig ruht die Galerie um den Hof auf zehn Säulen,
verschieden, einige rund, andere cannelirt, und auf vier dop
pelten Säulen. Wo der Mörtel abgefallen ist, erscheint der
schön polirte Granit. Kinder belustigten sich, mich zu fei;
nigen, weshalb ich bedauerte, meine Peitsche nicht zur Hand zu
507
haben. Vom Palaste Murad's, in der Ebene am Ein
gange der Stadt, steht noch ein viereckiger Thurm, wohin man
jetzt allen Unrath und die Aeser der Stadt wirft. Ich ging aber
mahls zu Mehmed Aga; nach einigem Warten ließ er mich erst
vor, denn er war mit Geldzählen und Rechnen beschäftigt.
Er bezeigte sich höflich und freundlich; ich gab meinen Brief
vom Muteffelim zu Smyrna ab, und er versprach mir Alles
auf morgen. -
An gedachter alten Moschee hat man seit einem Du
zend Jahren eine Europäische Thurm-Uhr angebracht, welche
zur großen Verwunderung des Volks die Stunden von selbst
fchlägt; wahrscheinlich die einzige im Türkischen Reiche.
Am folgenden Morgen erkletterte ich mit großer Mühe,
unter Führung eines Knaben, das Schloß, welches, wie
man glaubt, im dreizehnten Jahrhunderte von den Nicäni;
fchen Kaisern erbaut ist. Es besteht aus zwei Mauern
mit Thürmen, die den Berg in verschiedener Höhe umger
ben, und sich dem Felsen anschließen. Von älteren Fun-
damenten find drei große Terraffen übrig, in einiger Entfer
nung von einander, eine über der anderen, am steilen Abhange
des Berges. An dieselben lehnen sich von unten mehrere
Gewölbe, wahrscheinlich die Fundamente von Gebäuden. Am
Fuße jeder Terraffe ist eine ebene Plateforme, worauf sonst
wohl jene Gebäude standen, jetzt Tabak und Reben tragend.
Der Zweck dieser Terraffen, die aus formlosen Steinen roh
genug aufgemauert sind, scheint gewesen zu seyn, die dar:
unter liegenden Gebäude, vor dem Herabglitschen der Erde
508
zu schützen, und dann zur Befestigung zu dienen, wie in Asus
und Pergamum. Die obere Mauer umschließt einen kahlen
Felsen-Gipfel und ein Gewölbe. Die Aussicht ist sehr schön.
Die steilen Bergschluchten des Sipylus find bis an den Fuß
der senkrechten Felswand bebaut. Ich wandte mich steil in die
Schlucht hinab, aus welcher ein kleines Bergwaffer der Stadt
zufließt, und dann in Gesellschaft einer Schnee, Karawane
wieder nach Maniffa zurück. Am Wege findet man die un:
terirdischen Röhren, welche die Stadt mit Waffer versorgen.
Nach einem Spaziergange ging ich zu Kutschuk. Mehmed
Aga. Er war ausgeritten, und ich wiederhohlte zwischen 10
und 11 Uhr meinem Besuche, und fand eine Menge Menschen,
die auf den Mächtigen warteten. Nach einer Weile kam er,
aber da er so viele Geschäfte vorfand, ließ er mich lange ge:
nug außer Acht. Dann mußte ich noch bis nach dem
Mittagseffen harren, ehe mein Bujuruldi geschrieben war.
Er erkundigte sich mit feiner freundlich lächelnden Miene
nach meinen Reifen, über welche ich so wortkarg Rede stand,
als die Höflichkeit nur immer erlaubte.
Mit Sonnen Untergange kam der bestellte Postillion,
und wir brachen auf. Die Ebene des Gjedis, Fluffes Ger:
mus) ist im Sommer fehr heiß, im Winter ein unwegsamer
Sumpf, weshalb man eine hohe, gepflasterte Chauffee und
mehrere sehr schlechte und löcherige, hölzerne und steinerne
Brücken über seine verschiedenen Arme gebaut hat. Wir ka:
men über den Bach Karaboa, und dann auf einer solchen
Holzbrücke über den Hermus, der breit und still dahin fließend
509
im Sternen Schimmer das Bild des hohen Sipylus wie
derspiegelte. Nach einem Ritte von drei Stunden an feinen
Ufern, die nur stellweise bebaut sind, und größten Theils
sumpfige Viehweiden abgeben, erreichten wir das Dorf Kai- -
raagatschli, von den vielen Pappeln so genannt, wo wir in
einer Schenke übernachteten.
Vor Sonnen-Aufgange brachen wir auf. Es war so
frisch, daß ich meinen Mantel umnahm. Am jenseitigen Ufer
des Hermus erblickte ich einen Grabhügel an der Seite einer
Anhöhe. Dörfer und Tschiftliks liegen zerstreut im Thale, doch
sparsam. Wir verließen es, und ritten dem Laufe des
Kumtschai (Hyllus) entgegen. Niedrige Hügel, mit Ger:
früppe bewachsen, umgrenzen sein Thal. Dann kamen wir
an den Görduk, Fluß (Lycus), der auf d'Anville's Charte
falsch, auf B. du Bocage"s richtig gezeichnet ist.
Gegen Mittag, am 23. Julius, sehr von der Sonne ge:
brannt, erreichten wir Akhiffar(Thyatira, Pelopia), das in ei;
ner schönen Ebene, am Fuße des Berges, ganz in Gärten ver;
steckt liegt. Die Türkischen Gräber enthalten eine Menge
antiker Fragmente. Auf Vorzeigung meines Bujuruldi quar:
tierte mich der Aga bei einem Griechischen Geistlichen ein,
in ein ganz neues, und daher fehr reinliches Zimmer.
Ich ließ mich in den Chan führen, wo der große Sarko
phag steht, mit der bekannten Inschrift, die ich copirte.
Kirkor war krank geworden, daher schickte ich ihn zu einem
hiesigen Griechischen Arzte, der mich am Abende besuchte,
und am folgenden Morgen nach dem Chan abhohlte, wo er
510
wohnte. Er führte mich auch in der Stadt umher, um mir
einige Inschriften zu zeigen. Er hatte wohl darauf gerechnet,
mir Medaillen zu verkaufen, und daher feine Dienstfertig
keit und Höflichkeit; sie waren mir aber zu theuer. Nach
langem Handeln kam endlich ein Vertrag mit einem Pferde
Verleiher zu Stande, und gegen Sonnen Untergange ver;
ließ ich Thyatira, welches sich weder durch Bauart, noch
Reinlichkeit empfiehlt. Am Wege rechts fand ich einen Grab
Hügel, dann das Dorf Kenner auf einem Hügel mitten im
Thale, dann einen zweiten Grabhügel links, und zog lang
fam über die sumpfige Fläche und das breite, kiesige Bett
des Kumtchoi nach Marmara (Hyrcania), einem Dorfe am
Fuße eines steilen Berges. In dieser Gegend find viele,
große Feigenbäume.
In Marmara nahm ich einen Führer zu Pferde, und
brach nach Mitternacht auf, immer in Thale des Hyllus
fort reitend. Bei Sonnen, Aufgange fanden wir uns am
Gygäischen See, den von allen Seiten Berge einschließen.
An feinem südlichen Ufer läuft ein langer, nicht sehr hoher
Rücken fort; auf demselben erheben sich die Lydischen Kö:
nigs, Gräber, und wahrscheinlich überhaupt die Nekropolis
der alten Sardes. Vom Schloffe zu Sart (Sardes) hinab,
in einer Entfernung von zwei bis drei Stunden, zählte ich
achtundvierzig bis funfzig Grabhügel, von denen drei sich
durch ihre Größe unterscheiden, und den Aegyptischen Pyra:
miden wenig nachgeben. Den größten und nächsten an
Sardes, wahrscheinlich den des Alyattes hat man vergeb,
511
lich zu durchgraben gesucht. Ueberhaupt gleicht das Thal
des Hermus mit der Todtenstadt auf der einen, dem steil
abgeriffenen Fuße des Bosdaghi (Tmolus) auf der anderen
Seite, dem Nilthale mit feinen Pyramiden und dem Mo;
kattam.
Nach einer kleinen Rat bei einer Mandra (Schäferei)
Mehmed Aga's ritten wir quer über das breite Thal des
Hermus und auf der anderen Seite des Flußes nach Sart.
Am westlichen Fuße des Schloß Berges liegt ein Dutzend
elender Lehmhütten (wie Thyatira und alle Orte dieser Ge;
gend aus Lehmpatzen gebaut sind,) und am östlichen Ende
ein Garten mit einer Mühle. Dieses ist die Gestalt des heu
tigen Sardes. Zwischen beiden Puncten erstrecken sich Trüm
mer von Mauern und Kirchen, späterer und schlechter Bau
art, bei denen man zum Theil mächtige Marmor-Quadern
älterer Gebäude verbraucht hat. Vor der am besten erhalte
nen Kirche, die aus einem Gemische von Marmor und Ziel
geln besteht, und in der Mitte ein großes Thor hat, liegen
die Fundamente und Reste eines alten Gebäudes von Mar;
mor, und nicht weit davon ein viereckiger Pfeiler, mit ei:
ner langen Inschrift, die ich copirte, so gut es sich bei ihrem
verstümmelten Zustande thun ließ. Die Fundamente der als
ten Stadtmauern, die von dem Berge ausliefen, und den
Umkreis der Stadt bildeten, kann man an den Erdhügeln
erkennen, die sie verdecken. In dem gedachten Garten, wo
ich mich im Schatten der Pappeln niederließ, stehen
noch die Reste sehr ansehnlicher Mauerpfeiler aus Marl
512
mor, wie Thürme, auf welche man Gewölbe von Ziegeln
gesetzt hat, die jetzt ganz eingestürzt sind. An einer Seite hin,
gen zwei dieser Thürme durch eine runde Mauer zusam,
men, die so den halbrunden Hintergrund des Gebäudes bil
dete, und jetzt auch zerstört ist.
Der Tmolus hat kahle Felsen Gipfel, auf welchen man
Schnee fieht, niedriger bewaldete Höhen, und an seinem Fuße
hohe Berge von Erde und Kiefeln, die steile Abgründe bil:
den. Auf einem solchen Berge, der an allen Seiten fenk:
rechte Erdwände hat, lag die alte Burg der Lydischen Herr
fcher. Auf der Seite des Thales scheint man in diese Erd;
wände noch einen Graben gezogen zu haben, der dann
eben solche Wände, als Contrescarpe, hat. Neben demsel
ben führt ein verborgener, schmaler und steiler Fußsteg die
Wände hinan; vielleicht der Ort, wo die Perfer der Burg
erschienen. Diese zeigt nur an der Ost- und Westseite einen
schmalen, aber bequemen Zugang, den man in späteren Zeit
ten mit Mauern, Thoren und Thürmen aus alten, schönen
Marmor - Fragmenten von Säulen, Friefen c. roh befe,
ftigte. Ich stieg durch das Thor in das Thal hinter dem
Berge hinab, nicht ohne Mühe und Gefahr, denn ich ver:
lor den Fußsteg, mußte kriechen, und gelangte endlich an
den Rand eines Abgrundes, der mich wieder umkehren hieß,
um bergan zu klettern, und dann im Bette eines Regen: Bar
ches auf Rollkiefeln in das Thal hinab zu rutschen, wo ich
mich mühsam durch die dornigen Gesträuche arbeitete, zum
Ufer des Paetolus am westlichen Fuße des Berges. Hier
513
stehen zwei Jonische Säulen von schönen Verhältniffen. Ein
Griechischer Steinmetz hat sich unter dieser Ruine niederge
lassen, und ist täglich beschäftigt, das Werk seiner Vorfahr
ren mehr zu zerstören.
- Die Sonne war schon hinter die Berge hinab, und
ließ mir kaum Zeit zu einer flüchtigen Zeichnung. Ich fand
meine Leute in großer Furcht wegen meines langen Ausblei
bens, da man von Unsicherheit und Mordthaten sprach, und
Kirkor saß bereits zu Pferde, mich zu suchen. Wir nah
men einen berittenen Führer, und brachen in der Nacht auf,
kamen aber nur drei Stunden weit; denn jener, zugleich Ei;
genthümer der Pferde, viel zu geizig, um Gerste für selbige zu
kaufen, fand rathsamer, sie an einem Orte, wo er gutes Gras
antraf, auf die Weide zu stellen, jenseit des Dorfes Tatar;
koi. Ich ließ es mir gefallen, weil ich müde war, und legte
mich in das Gras zum Schlafen nieder, beinahe bis zur Mor
genröthe. Dann ritten wir stets dem Fuße des Tmolus ent
lang, der, wie in der Höhe, kahl und zerriffen ist, und aus
Erdwänden besteht. An ihm und in dem Thale des Herz
mus liegen hin und wieder Dörfer unter Pappeln versteckt.
Zwischen 9 und 10 Uhr erreichten wir Allahschehr
(Philadelphia). Die Stadtmauer, aus den Zeiten der Byzanz
tier, steht noch größten Theils. Mit ächt Türkischem Sinne
hat man das eigentliche Thor vermauert, und fünf Schritte
daneben ein Loch in die Mauer gebrochen, das als Thor
dient. Die Straßen sind, wie zu Akhiffar, wegen des Waf,
fers, das beständig durch dieselben läuft, ihre Trottoirs aus,
33
514
genommen, kothig; die Stadt ist, obgleich geräumig, elend
aus Lehmpatzen gebaut. -
unsere Geduld ward sehr auf die Probe gestellt. Der
Aga schlief, da es Ramasan ist. Man schickte, den Griechi
fchen Kiala zu fuchen, um uns in dem Griechischen Quar
tier eine Wohnung anzuweisen. Nachdem wir lange im
Haufe des Aga und in einem Kaffee gewartet hatten, erschiener,
und brachte uns in eine so schlechte Wohnung, daß wir sie ver:
ließen, um uns nach dem Chan zu begeben. Wir trafen
den mürrischen Gesellen unter Weges, und nach langem
Streite ging er zum Bischofe, um uns dort einzulogieren;
der war nicht zu Hause. Nun sollten wir uns in der Schule nie,
derlaffen; der Didaskalos war aber auch nicht zu Hause. Nach
einigem Suchen fand man den Thor-Schlüffel, und ich bei
half mich unter dem Abdache, war auch längst mit Ankleiden
und Effen fertig, und schlief in guter Ruhe, ehe der junge
Gelehrte kam, um sein Museum zu öffnen, wo ich auf so
viel gute Griechische Bücher stieß, als ich wirklich hier nicht
gesucht hätte.
Nach dem Abendeffen ging ich zu Käle Aly Aga. Er
empfing mich lachend, denn es ergab sich, daß er selbst es
gewesen, der am Morgen meinen Bujuruldi empfangen, und
von sich gesagt hatte, daß er schliefe. Wahrscheinlich hielt er
es damahls feiner Würde nicht gemäß, mich im Hofe anzu:
nehmen. Er sagte mir, das Stadtthor fey seit der Zeit der
Eroberung verschloffen, damit niemand, als der Sieger,
durch dasselbe in die Stadt einziehen möge.
515
Am Morgen kam Osman, der Kyfan, den mir der
Aga am vorigen Abende versprach, daß er mich auf meinem
antiquarischen Spaziergange begleitete. (Kyfan, oder Le;
wend oder Tüfenkdshi, nennt man hier die Infanterie des
Agas und Paschas) Der Kiaja und der Lagitatos (hoch,
gelahrte) Didaskalos wollten durchaus von der Partie seyn,
welches fie, glaube ich, hernach herzlich bereuten, denn ich
ermüdete beide. *-
Wir machten den Kreis um die Stadtmauer. Ueber
derselben erhebt fich ein steiler Hügel, der vier platte Gipfel
hat. Ueber diese und durch die drei schmalen Thäler,
welche fiel trennen, läuft die Stadtmauer, mit runden und
viereckigen Thürmen befestigt, und bildet unten in der Ebene
noch ein großes, längliches Viereck. Der Hügel ist von dem
übrigen Gebirge durch ein weites Thal getrennt, wird als
so nirgends beherrscht, und könnte füglich noch jetzt eine
starke Festung abgeben. Die Mauern sind von Byzantischer,
schlechter Bauart. Ich bemerkte nur zwei alte Thore, das
eine, bei welchem wir herein gekommen waren, und ein an
deres in einem Weingarten versteckt.
Im Inneren der Stadt verfolgte ich unter mehreren
Häusern die mächtigen Mauern und gewölbten Pfeiler ei:
nes großen Gebäudes, dessen Form und Zweck ich nicht ent
väthseln konnte. Ferner sieht man vier starke marmorne
Mauer Pfeiler, welche die Kuppel einer Kirche trugen. Die
Kuppel ist eingestürzt, doch erkennt man noch Reste derselben;
sie war von Ziegeln gewölbt. In die gedachten Pfeiler
516
hat man Inschriften und mehrere architektonische Fragmente
vermauert, und an den Wänden find noch die gemalten
Heiligen sichtbar. Osman führte mich zu einer Menge In:
schriften, von denen ich zehn, Trotz der ungeduldigen Seuf
zer meiner Gefährten, abschrieb. Ich fand einige zu ver:
stümmelt, andere übertüncht, oder zum Theil eingemauert.
Ich gerieth dabei in viele Harems, wo Osman immer vor,
her an das Thor klopfte, und rief, daß wer darin fey, sich zu
rück ziehen möge. Eine Sorgfalt, die oft überflüssig schien.
Manche dieser Weiber fand ich halb nackend.
Es ist so warm, daß das Waffer, wenn man es in einem
blechernen Ibrek (Waschbecken) an die Sonne stellt, gar bald
fo erhitzt wird, daß man es nicht in der Hand halten kann.
Ein Pferde. Verleiher war nicht zu finden; ich schickte
also Kirkor zum Aga, und der schaffte mir vier Postpferde;
fie kamen aber erst spät in der Nacht, und wir verließen die
Stadt im Dunkeln.
Man rechnet den Weg, welchen ich bis hieher zurück legte
von Ismir (Smyrna) nach Maniffa (Magnesia
am Sipylus) . . . . . . . . . 8 Stunden,
– Maniffa nach Akhiffar (Thyatira) . 11 –
- Akhiffar – Sart (Sardes) . . . 8 –
– Sart . – Alafchehr (Philadelphia) 9 –
- - - - - - - - - - - - - -
517
49.
Dengisli. Eskibiffar (Laodicea am Lycus). Pam-
buk Kaleffi (Hierapolis).
Wir ritten immer in der Ebene fort längs dem Fuße
des Bosdaghi (Tmolus). An feinem Hange und in der wei:
ten Ebene des Hermus glänzten die, wegen des Ramasan er
leuchteten Minarehs, wie große Sterne. Mit der Morgen:
röthe erreichten wir Alinehgäl, ein großes Dorf in schönen
Gärten voll großer Feigen Bäume. Dörfer kleben hoch am
waldigen Hange des Tmolus, darunter ein Derwend, bei
festigtes Schloß. Wir ritten dem Laufe eines Baches ent
gegen, vielleicht des Cogamus, der nahe bei einem anderen
Derwend entspringt; ein Schloß mit Mauern und vierecki,
gen Thürmen von Lehmpatzen. Die Thäler des Tmolus find
buschig, und bestehen aus Kalkstein. Schöne Platanen bei
schatten jenen Bach. Von der Höhe des Paffes eröffnet sich
eine weite Aussicht auf die Ebene des Mäander's und die
blauen Höhen des Cadmus.
Wir verließen die Straße, und ritten ein Paar Stun:
den über die Berge nach dem Dorfe Buladan, um dort
auszuruhen. Es liegt gruppenweise auf den Felsen zerstreut,
und im Thale am Ufer eines Gießbaches, der in den Mäan:
der fließt. Darüber klimmen Wein- und Obstgärten berg
an, aus welchen kleine Gartenhäuser hervorblicken. Das
Dorf ist höchst elend. Das Haus des Aga liegt weit hinter
518
demselben in den Gärten. Man war so gefällig, ihn zu
wecken. Es kam ein dick und rothnafiger Alter mit stachelt
grauem Barte und nackten Beinen, in langem, blauem Be;
nich, und kurzen, weiten Hosen. Er gab mir einen Kyfan
nach der Stadt, seinen Kiaja aufzusuchen, welcher mir bis
zum Abende eine Wohnung verschaffen sollte. Diese by (MU
nicht zu finden. Nach vergeblichem Warten logierte ich mich
auf die Gallerie eines Chans. Kaum hatte ich aber Platz ge:
nommen, so erschien der Kiaja, und ich mußte ungeachtet
alles Sträubens wieder aufpacken, um in die angewiesene
Wohnung zu ziehen. Er schleppte mich zur Stadt hinaus,
und setzte mich unter das Obdach einer verlaffenen Moschee.
Bei diesem Zeitverluste war es 11 Uhr geworden, und wegen
des Ramasan kein Effen bereit. Ich speisete aus meinem Vor
rath Birnen und Brod zum Imbiß, und legte mich schlafen,
im Voraus überzeugt, daß die Mahlzeit, die er vorgab, in vier
Häufern bestellt zu haben, so bald nicht anlangen würde.
Niemand ließ sich sehen bis nach Sonnen Untergange, da
mir ein Alter einen Teller mit einem widrigen Gemische von
Fleischstücken, Fett, Grütze und Erbsen brachten, und mel,
dete, die Anderen hätten sich geweigert, etwas zu liefern.
Ich sah nun wohl ein, daß mich der Kiaja nur aus der Stadt
geschleppt hatte, um nicht für mich forgen zu müffen. Was
war zu thun? Ich sättigte mich mit Käse und Birnen, und
brach auf. Mein Führer wußte den Weg nicht, wir verz
ließen die Straße, und irrten zwischen den Steinen des
trockenen Baches umher, bis wir die Ebene des Mäander's
- 5 IG)
erreichten. Kirkor glaubte, auf falschem Wege zu feyn; ich
befahl aber, auf der großen Straße zu bleiben. Hunde-Get
bel leitete uns zu einem schlafenden Hirten, und es fand
sich, daß ich Recht hatte. Bald kamen wir an eine der
vielen Windungen des Mäander's, der sein weißliches Waf,
fer langsam durch die grüne Ebene wälzt, dann an eine
schlechte Holzbrücke, und eine halbe Stunde jenseits nach dem
Dorfe Saraikoi, zu beiden Seiten eines kleinen Baches,
über den eine Menge Brücken von einem Haufe zum ande,
ren führen. Ich schlief vor der Wohnung des Posthalters.
Lange vor Tagesanbruche (29. Julius) saß ich schon
zu Pferde, und kreuzte über die weite Ebene. Immer hö
her erhob sich vor uns der weißgraue Felsenkamm des Cad:
mus mit seinen schneereichen Klüften und finster waldigem
Rücken. An seinem Fuße find die Felsen wild zerriffen,
und unter denselben laufen unfruchtbare Höhen in das Thal des
Mäander's aus, baumlos, und jetzt von der Sonne gelb ge:
brannt. Gegenüber erheben sich drei pyramidalische Spitzen
des Tmolus, der dann nach Phrygien hin in lange, oben
flache und hohe Rücken ausläuft, die sich mit den Höhen des
Cadmus wie Couliffen hinter einander schieben und aufhürt
men, das gedachte Flußthal bildend, welches hier eine
weite, grüne und baumreiche Ebene ist. Wo die nackten Hü,
gel anfangen, über welche man reiten muß, um in das
Thal von Dengisli zu gelangen, findet man Grabhöhlen im
Felsen, hin und wieder Grabhügel auf den Höhen zerstreut,
einige der letzteren in Terraffen geformt; alte Fundamente
520
darauf und Steinbrüche. Durch schattige Begräbniß Wäl:
der kam ich nach Dengisli. Hier findet man bei den Grät
bern Brunnen und alte Fragmente. Die Gärten geben an .
Vegetation und Waffer: Reichthum denen von Damaschk wer
nig nach. Am Ende derselben wohnt der Aga. Ich erfuhr,
daß noch Pest in der Stadt fey, und die höflichen Bedien
ten desselben wiesen mir ein reinliches, kleines Zimmer über
dem Hofthore an. Nachdem Bekir Efendi ausgeschlafen hat,
te, besuchte ich ihn; er war sehr artig, ließ aus Rücksicht der
Europäischen Pestfurcht mir einen Stuhl hinsetzen, und
unterhielt sich freundlich und lange mit mir. Ueberhaupt
habe ich nicht leicht artigere Türken gefunden, als hier.
Der Tufenkdshi Baschi (Musketier-Oberster) war als Bin
baschi (Oberst) im Dienste Kara Osman Oglu's bei Rus;
tschuk in Russische Gefangenschaft gerathen mit einem An
deren, und beide waren milde behandelt worden, welches
mir hier zu Gute kam. Ich spazierte etwas in den Gärten um
her, und belustigte mich an dem ungeduldigen Eifer, womit
die Leute das Effen bereiteten, und die Augenblicke bis zum Son
nen Untergangezählten, der dann mit Schüffen und Schwär,
mern angezeigt ward. Ich speisete mit dem Tufenkdshi und
Imam, und faß noch eine Weile bei dem Aga, bis man ihn
zum Gebete rief.
Am Abende hatten wir mit einem alten Pferde-Verlei
her die Uebereinkunft getroffen, für 14 Piaster täglich uns
bis nach Attalia zu bringen, mit allen Umwegen und Auf
enthalte, wie es mir belieben würde. Er sollte mit Son
521
nen Aufgang, da feyn, ließ mich aber wegen des Ramafan
ein Paar Stunden länger warten. Er erschien mit zwei
Pferden, einem Esel und Maulthiere. .
Eine Stunde Weges von der Stadt kam ich nach Eskihis
far, dem alten Laodicea am Lycus. Der Ort nimmt einen lan:
gen Bergrücken ein, zwischen den schmalen Thälern des Asopus
und Caprus, der sich von S.O. nach N. W. erstreckt. Zu
erst findet man eine Wafferleitung, die unter der Erde fort
das Gebirgswaffer nach der Stadt leitete; dann das Sta,
dium, welches an der Nordseite fast ganz wohl erhalten ist,
am Gewölbe des westlichen Endes auch noch eine Inschrift
hat. An das Stadium stößt ein großes Gebäude, dessen
Bestimmung ich mir nicht anmaße zu sagen; vielleicht Bär
der, vielleicht ein Gymnasium. Die äußere Ringmauer hatte
sieben Thore an der langen Seite, und eins an jeder breit
ten, und umschloß zwei große Säle, sechzig Schritte lang
und vierzig Schritte breit, nebst mehreren kleineren Gemä,
chern, Hallen und Gewölben, an welchen Säulen und Pfeil
ler nicht gespart waren. Um die großen Säle laufen ge:
wölbte Bogen, die fünf Schritte im Durchmesser haben;
die Pfeiler find vier breit und acht dick. Alles besteht aus
großen Steinen; vorzüglich die Gewölbe, in welchen ich ei:
nen von zwölf Fuß Länge fand. Die weißen Marmor, Säu
len, die zertrümmert umher liegen, find von oben herab bis
auf zwei Drittheile canneliert.
Aus den Thoren führten Hallen von cannelierten Säu,
len zu dem, etwa 150 Schritte entfernten kleinen Theater,
522
welches zwanzig Stufenfitze gehabt zu haben scheint, in zwei
Absätzen. Die unteren find zerstört. Der Durchmesser von
außen beträgt 50 Schritte. An jeder Seite sieht man Fun-
damente, und schöne architektonische Fragmente aus weißem
Marmor; vielleicht von Tempeln. An der anderen Ecke des
Stadiums liegen Fundamente und cannellierte Säulenschäfte
eines Tempels, 45 Schritte lang, 20 breit; das Pronaos hält
ein Drittel der Länge; daneben kleinere Fundamente und Säur
len: Trümmer, die bis zum großen Gebäude fortlaufen. Un;
zählige Ueberbleibsel von Säulen, Thoren und Fundamenten
der Privat-Häuser findet man auf dem Bergrücken zerstreut.
Von dem Thale des Caprus erstreckte sich eine Haupt-
Straße in einem schmalen Thale quer durch die Stadt von
N.W. nach S.O. Ein Thor führt zu derselben, und an
mehreren großen Gebäuden vorbei, zu einem, welches durch
ein schönes, dreifaches Thor von weißem Marmor ausge:
zeichnet ist. Dann folgt ein großes, viereckiges Gemach, und
dann ein kleineres mit Gewölben. Neben ihm sind vier große
Mauer Pfeiler, die nicht dazu zu gehören scheinen. Ge;
dachte Straße wird von einem anderen Querthal durchschnitt
ten, und am Nord Ende dieses Kreuzweges steht ein wohl
erhaltenes Theater von vierzig Sitzreihen, zu denen acht
Treppen führen. Auf der anderen Seite war noch ein zwei
tes Theater, mit der Aussicht auf das Thal des Emr Sul,
tantschai (Lycus), die sehr schön ist. Ueber den Caprus
führten Brücken, und am Fuße des Berges an der Nord:
feite liegen zahllose Sarkophage zerstreut. Auf dem Wege
523
Grabhügel. Ich bemerkte, daß d'Anvil's Carte ganz
falsch ist, und nach der von B. du Bocage verbeffert wer
den muß. Dengisli liegt auf und an den Quellen des Also,
pus und Caprus. Sie fließen um Laodicea herum, und er
von Dengisli findet man, links an : einen großen
gießen sich in den Emr Sultantschai. Laodicea gegenüber, auf
weißen Felsen, erblickt man Hierapolis, und nicht am Mäanz
der, der im Thale hinter den Bergen fließt. Von dem letztge
nannten Theater in Laodicea sieht man diesen Ort vor sich.
Das Thal, worin Dengisli liegt, erstreckt sich in der Richtung
des Cadmus, zwischen feinem steilen Fuße und den kahlen,
niedrigen Vorbergen, auf denen Laodicea liegt; und für das
Thal, worin d'Anville Cibyra setzt, ist nirgends Platz, son:
dern der Cadmus steigt steil und waldig auf
An den Ufern des Asopus fand ich meine Begleiter
nach einigem Suchen, und wir betraten das kleine Dorf
am Fuße des Schloßberges. Kein Mensch ließ sich sehen;
mit Mühe fand man ein Paar Weiber und Kinder. Ich
schrieb das dem Ramasan zu, wo in der Tageshitze jeder
den Durst zu verschlafen fucht, erschrack aber, als Kirtor
mir die Nachricht brachte, daß nur acht Menschen die Pest
überlebt hätten, die ihr Opfer in weniger als vierundzwan,
zig Stunden tödtete; die übrigen flüchteten sich in Gärten
und Felder, und unter die Bäume, wo sie noch wohnten, aus
Furcht, die Häuser zu berühren. Ich blieb vor dem Haufe
des Kiaja unter seiner Rebenlaube auf einem Steine filzen.
Mit Mühe schaffte er mir etwas fauere Milch und Brod,
524
Letzteres konnte ich nicht einmahl nehmen, weil es warm
VQU".
Ueber das gewundene und enge Bette des reißenden
und tiefen Lycus führt eine so schwankende Brücke, daß ich
für gut fand, zu Fuß hinüber zu gehen, und mein Pferd zu
führen, das vorahnend nicht hinüber wollte. Wir zogen
dann gar mühselig durch Sümpfe voll zahlloser Störche,
und gelangten bei Sonnen - Untergange zu einer Mühle
und einem Paar Turkmanischen Nomaden, Wohnungen am
Fuße der weißen Felsen, auf denen Hierapolis liegt, das
man Pambuk Kaleffi schreibt. Viele sprechen Tamuk aus,
und wollen die Stiftung einem Quidam dieses Namens, den
ich nicht kenne, beilegen.
Auf der anderen Seite von Eskihiffar ragt noch ein
großer Grabhügel hervor. Sind das die Gräber der Leleger?
Ich sah mich genöthigt, meinen ganzen Reiseplan zu
ändern, da in Chonos (Colaffae), und weiter nach Attalia
hin die Pest immer stärker wüthen sollte. In Dengisli war
fie schon seit drei Jahren, doch jetzt schwach. Die Mühle und
die Püruken, in deren Nähe wir übernachten wollten, waren
selbst nicht frei geblieben. Wir lagerten daher aus Vorsicht im
Schatten der Bäume, und nährten uns abermahls von sauer
rer Milch.
Am Morgen des 31. Julius besuchte ich mit einem
Führer die Ruinen von Hierapolis. Sie erstrecken sich auf
dem flachen Gipfel des untersten Bergabfatzes, der gegen
das Thal des Lycus steil abstürzt. Er besteht ganz aus Sta
525
lactit, dem Niederschlage eines starken, heißen Quelles,
der über demselben entspringt. Wie Strabo bemerkt, ist
die versteinernde Kraft dieses Quelles so stark, daß man ihn
nur in einen Graben zu leiten brauche, so bilde er gleich
selbst eine Einfassung, und erhöhe allmählich sein Bette so,
daß er den Lauf verändern müffe. Auf einer Fläche bilde
er Becken mit hohen Rändern, gleich muschelförmigen
Baffins an Springbrunnen. So ist wohl nach und nach der
ganze Berg entstanden, an dessen muscheligem und wellen,
förmigem Bruche man deutlich sieht, wie allmählich das flie
ßende Waffer Stein abgesetzt hat. Man findet mehrere
kleine Stalactit: Höhlen, und an vielen Stellen klingt der
Boden hohl unter den Füßen. Wo der Quell sich in mehr
reren Absätzen, wie ein starker Wafferfall, tosend den Felsen
hinabstürzt, ist dieser glänzend weiß, an anderen Stellen
durch die Luft grau. Dieses Waffer lief durch unzählige Grät
ben über die ganze Oberfläche des Berges. Von demselben
ziehen sich Mauern und Wafferleitungen in das Thal, die alle
aus dem Wafer-Product gebaut sind. Einige dienen noch als
folche, andere als Stege, den Berg zu ersteigen. Dasselbe
Waffer treibt am Fuße der Felsen die oben erwähnte Mühle,
und läuft in vielen Armen dem Lycus zu. Was man hin,
einlegt, wird mit einer Stalactit Rinde überzogen, selbst
das Gras versteinert, wenn das Waffer darüber fließt.
Man trinkt hier indessen gutes Brunnen Waffer.
An der Ost- und Südseite findet man Stadtmauern,
vielleicht von Türkischer Bauart, aus alten Fragmenten
526
grob zusammen gesetzt. An der Ostseite zieht sie sich den Berg
hinan, an der Südseite beschirmt sie nur eine Stelle, wo
der Abgrund durch eine der oben erwähnten, auslaufenden
Waffermauern zugänglich ist. Hier erstieg ich den Berg.
Unweit davon findet man die Bäder. Der Haupt Eingang
fcheint gegen Norden gewesen zu feyn, wo man einen großen
Hof trifft, der wohl 80 Schritte breit seyn kann. Zu jeder
Seite desselben ist ein großer Saal, 40 Schritte lang, 24
breit. An der Seite des Hofes ruht das Gefimfe auf acht Pfei
lern, die aus einem künstlichen Steine bestehen, von Stücken
weißen Marmors und kleinen runden Kiefeln zusammen ge:
fetzt, durch einen harten, rothen Cement zu einer festen Maffe,
wie eine künstliche Breccia, verbunden, und hernach polirt.
Die weißen Marmorstücke aber find zu groß, und haben daher
rundherum Riffe verursacht, da hingegen die kleineren Steine
sehr fest stecken. Das ganze Gebäude ruht durchaus auf dem
Felsen. Von einer mit cannelierten Säulen gezierten Fagade
aus weißem Marmor sind noch sehr schöne Fragmente übrig,
durchgängig mit Zahnschnitten, Schlangen, Eiern und Alcan
thus-Blättern. Ueberhaupt war das ganze Gebäude von in
nen mit schönen Marmor incrutiert, wie man an vielen Frag
menten sieht, und an den viereckigen Löchern, wodurch man
die Platten auf dem Steine befestigte. Oben erwähnte Pfei
er trugen ein Capital und Gebälk von weißem Marmor.
Man scheint diese kostbareren Steine mit Gewalt losgebro
chen und zu anderem Gebrauche weggeführt zu haben, denn
in allen Gebäuden dieser Stadt find die Mauern wohl er
527
halten, die Verzierungen zerstört. Noch stehen mehrere
Gewölbe; unter diesen ein Saal von 60 Schritten in der
Länge und 30 Schritten Breite. Die Mauern, auf welchen
fie ruhen, haben eine Dicke von acht Schritten.
Weiter gegen Westen fortgehend, der Länge der Stadt
nach, findet man eine Hauptstraße, die von einer anderen
durchschnitten wird. Letztere führt zu großen Stein / Trüm,
mern am Fuße des Berges, der sich über der Stadt erhebt.
An ersterer bemerkt man, den Bädern zunächst, vier große
Mauerpfeiler, die, wie es scheint, Gewölbe trugen, und
mit den Bädern in Verbindung waren; weiterhin vier
eckige Mauern, vielleicht von einem Tempel, dazwischen
viele Säulen Fragmente und Hausthüren, deren Pfosten
Und Oberschwelle, jede, aus einem Steine bestehen. An ei:
nem derselben bemerkte ich eine verstümmelte Infchrift, von
der nur noch ein Wort lesbar war.
Ein großes Thor zwischen zwei viereckigen Thürmen
führt zu einer Fortsetzung derselben Straße, an der auf bei
den Seiten ein Porticus hinliefe von niedrigen, ovalen
Säulen Dorischer Ordnung. Dann folgt ein dreifaches,
gewölbtes Thor, an jeder Seite einen runden Thurm hat
bend. Gleich hinter demselben beginnen die zahllosen Grab
Mäler, die sich vom Rande des Abgrundes, quer über
das ganze Plateau den Berg hinan erstrecken, und um die
ganze Stadt herum ziehen, bis in die Thäler und Schlucht
ten, welche von dem Berge in die Ebene auslaufen. Sie
bestehen aus Sarkophagen, die Theils mehr, Theils min
528
der aus der Erde hervor ragen, und deren noch mehrere
von der Neugier uneröffnet blieben; aus viereckigen Funda
menten mit einem ausgeschweiften Gesimse und kleiner Thür;
inwendig haben sie gewöhnlich drei Bänke für eben so viele
Särge. Diese sind mehr oder minder über dem Boden erhal
ben, und gewöhnlich ruhen mehrere Sarkophage auf densel,
ben. Ich fand auch einen der letzteren, der auf einem Thore
fand; ferner Capellen mit Façaden von Pfeilern und Gie
bel Dächern. Bei den größeren stützt sich inwendig die Decke
auf Säulen, umher laufen Bänke für die Leichen. Man
che dieser Capellen find gewölbt; sie stehen zum Theilverein:
zelt da, zum Theil ist es eine bloße Fagade, die man an den
Felsen gebaut hat. So findfie an der Südseite des Berges, wo
man in die Ebene hinab steigt; da fand ich auch eine geschloss,
fene Façade ohne Thür, aber mit zwei Gitterfenster aus Stein
versehen. Ich copierte einige Inschriften. Mehrere andere
find unleserlich, oder enthalten mit geringer Verschiedenheit
daffelbe.
Unter diesen Gräbern findet man das Schiff einer
großen Kirche, wie aus den Kreuzen über den Thüren zu
erkennen ist. An der Ostseite war es rund, und ruhte auf gro,
ßen Mauer Pfeilern, unter welchem, an einem inneren
Vorsprunge, eine kleine Thür durchgeht, die dergestalt einen
Seitengang, dem Schiffe parallel, bildet. Von den Bär
dern nördlich, den Berg hinan, folgen mehrere Plätze
mit Thoren und Säulen umgeben; dann auf erhöheten Fun-
damenten zwei Tempel, deren Marmor, Fagade man zer,
529
trümmert hat. Die vorherrschende Ordnung ist die zum Theil
cannelierte oder Korinthische. Hoch über allen liegt an dem
Berge das Theater, beffer erhalten, als irgend eines, das
ich bis jetzt gefunden. Es besteht aus zwei Absätzen, der
obere hat fünfundzwanzig, der untere zwanzig Sitz : Reit
hen; an der Westseite einen, an der Ostseite zwei Aus
- gänge. Die Scene fchließt eine doppelte Mauer, mit drei
Thoren; an jeder Seite ist ein viereckiger Thurm mit gewölbt
ten Eingängen. Den Marmor, der die Façade zierte, hat
man gewaltsam abgeriffen. Er liegt in mächtigen Trümmern
umher, und erfüllt die Scene. Sechs Treppen führen zwischen
den Sitzen empor, und von oben übersieht man die Stadt,
das Thal und Gebirge Cadmus. Höher gelangt man zur
früher erwähnten Stadtmauer, zum Thore und einer Pfla:
fer-Straße, die herabführt.
Am Abende verließ ich den Baum, der mich bis dahin
gastfrei beherbergte, und ritt über die Ebene nach dem Dorfe
Ahmali. Der Aga saß auf der Erde vor seinem Hause. Hier
fand ich zum ersten Mahle, unter seinen Leuten, einen Türken,
der noch keinen Europäer gesehen hatte, und gleich von Schatz,
graben und Spionieren sprach. Der Aga konnte mir in sei
nem Dorfe kein Brod verschaffen, und die Mücken ließen
mir keine Ruhe. Ich zog also im Mondscheine weiter auf
einer steinernen Brücke über den Mäander, durch die unber
baute, buschige und sumpfige Ebene am Fuße des Tmolus.
4 : des
34
530
5O.
Keireh (Aphrodisias). Nasli (Nyffa). Güselhi
far (Magnesia am Mäander).
Bei einem Kaffee, wo ich ruhte, ließ ich mich an
eine Furth des Mäander's bringen, und watete durch, zur
großen Furcht meines graubärtigen Führers, der mit sei
nem Esel nicht folgen zu können glaubte. Auf der anderen
Seite ritt ich gerade nach dem Berge hin, wo die Ruinen
des zerstörten Schlosses Jenischehr und die von Antiochia
am Mäander liegen. Letztere bestehen nur noch aus eini;
gen Fundamenten, und einigen dreißig Gewölben, die auf
einer Seite das Stadium umgaben, das übrigens ver:
schwunden ist. Ich zankte mich mit meinem Führer, der
eben fo eigenfinnig war, als sein Esel, und den eigenen
Vortheil nicht zu erkennen wußte. Wo er einen Kaffee,
eine Bude, oder nur einen schattigen Baum fah, wollte
er ruhen, und deshalb ließ er seine Pferde bei einem Tür:
beh auf dem Berge hungern und durften, während wir
die Mittagshitze im Schatten verschliefen, Statt sich eine
halbe Stunde weiter zum Dorfe Aly Aga Tschiftlik zu bet
mühen, wo wir erst am Abende anlangten. Die Hitze wäh,
rend des Tages war besonders groß, durch den heißen Wind,
der fich am vorigen Abende bei Sonnen-Untergange erhob
und fortdauerte. Man logierte uns in einen Garten, des
fen. Griechischer Gärtner uns gut bediente, und nach Mit
531
ternacht ritten wir weiter fort, in Gesellschaft eines Kna;
ben, der nach dem nächsten Marktdorfe ein Maulthier
führte, und uns bis an den Morgen zum Führer diente.
Um diese Zeit sieht man auf allen Bergen hohe Feuer,
die herrlich, wie Leuchtthürme glänzen, oft gruppenweise.
Die Hirten zünden nämlich bei Nacht einen Baum an, und
laffen ihn lustig fortbrennen, unbekümmert, ob es einen
Waldbrand verursacht oder nicht.
Wir ritten immer hoch über dem Thale fort, am
untersten Abhange des Cadmus, einem starken Bache ent
gegen, der in einem so tiefen Bette von senkrechten Kalk,
Felsenfortrauscht, daß er an einigen Stellen ganz unsicht
bar ist. An einem Ufer, auf einer Höhe, find zwei bei
buchte Grabhügel.
Auf einer großen, hohen und wohl bebauten Ebene,
an und unter einem Hügel, liegt das elende, halb zerstörte
Dorf Keirch, umher die prachtvollen Trümmer der alten
Aphrodisias, früher Megalopolis. Ich ging zum ärmlichen
Hause des Aga; er schlief, und einer feiner Leute wies
mir einen Eselstall zur Wohnung an. Ich verließ sie in
Zorne, und lagerte mich bei dem Wafferbecken unter ei:
ner großen Platane im Garten eines Griechen. Nach ei:
niger Zeit kam der Kiaja, und sagte, der Aga erwarte
ein Geschenk, etwa ein Paar Pistolen, oder eine Uhr u. dgl.,
wie er es von anderen Reisenden erhalten habe; so fey die
Sitte, und sonst würde man mir nicht erlauben, die Ruinen
zu befuchen. Ich antwortete, ich kennte eine solche Sitte
532
nicht; wenn ich etwas gäbe, so fey es eine Gnade von
mir, für die man danken müßte; ich führte keine andere
Geschenke bei mir, als meinen Ferman des Großherrn
und den Bujuruldi Kara Osman Oglu's; würde man mich
hindern, die Ruinen zu besuchen, so würde ich mich bekla
gen; ich brauchte weder feine Erlaubniß, noch achtete ich
fein Verbot; da ihm aber Andere ein Geschenk gegeben
hätten, so wollte ich ihm auch eines machen, jedoch in Gelt
de, weil ich sonst nichts besäße. Er forderte 100 Pia
fer, ich bot 25, und wir schieden unzufrieden. Darauf
gingen wir zum Aga, der mir nicht einmahl eine Taffe
Kaffee gab. Ich erklärte ihm sehr trocken, ich würde am
anderen Morgen die Ruinen besuchen; wenn mich jemand
begleiten wollte, solle er mit Sonnen Aufgange bei der
Hand seyn, und ich würde den Diensten gemäß, die man
mir leistete, einen Bachschisch geben, am Abende aber meine
Reise fortsetzen. Er befahl dem Kiaja, mich zu beglei:
ten, und mir Speise und Trank zu schaffen, weil nichts
zu kaufen war. Ich war schon unzufrieden, daß ich den
ganzen Tag über nichts, als etwas Brod und Butter bekom,
men konnte, die Kirkor kaufte, und auch am Abende wartete
ich umsonst auf die versprochene Mahlzeit. Kirkor hatte
indeß etwas Ziegenfleisch erhandelt, das er kochte, und der
Garten lieferte einige Früchte.
Da am Morgen des 3. August niemand erschien,
mich zu begleiten, steckte ich ein Pistol in die Tasche, und
ging allein. Auf dem Hügel find wenige Trümmer älter
533
rer Zeit; an der Südseite Mauern, wie es scheint, späterer
Römischer Bauart; an der Nordseite große Gewölbe,
an den Berg gelehnt. Weiter nördlich führt eine Halle von
cannelierten Säulen Ionischer Ordnung, welche sonst beide
Seiten einer Hauptstraße geziert zu haben schien. Es ste:
hen noch in den Gärten ein Dutzend derselben, mit ihrem
Gebälke. Sie führen zu einem großen Gebäude, das sehr
zerstört ist, und das ich wegen seiner Gewölbe auch für ein
Bad halte. Die schönste Ruine liegt im Dorfe selbst, etwa in
der Mitte der ehemahligen Stadt: ein großer Tempel, dessen
Peristylion an den langen Seiten noch zum Theil erhalten ist.
Er hatte zwanzig Säulen an jeder derselben. An der Breite
find keine. Auf der einen hat man später eine halbe Run
dung angebaut, wahrscheinlich zur Zeit, als man den Tem:
pel zur Kirche oder Moschee benutzte. Auf der anderen
Breite gegen Westen läuft eine Halle quer davor aus kleinen
Säulen Korinthischer Ordnung; etwas weiter steht noch
das Hofthor, und nahe am Tempel der Inschriftstein und
ein rundes, großes Marmor, Becken. Die Säulen mögen
acht Fuß Intercolumnium haben. Von Naos: c. ist nichts zu
sehen, sondern Alles dicht mit Gestrüppe und Dornen bei
wachsen. Weiter östlich stehen zwei Korinthische Säulen ei:
nes kleinen Tempels; sie sind schräge cannelliert, fast wie die
im Mittelalter gewöhnlichen gewundenen Säulen. Die
Thore und Stadtmauern sind, wie die Inschriften bezeu:
gen, zur Zeit des Constantius aus alten Werkstücken sehr
unordentlich hergestellt, und eine Menge alter, schöner Frage
534
mente mit vermauert. So fieht man an einem verschütteten
Seitengewölbe des westlichen Thores eine geflügelte Figur,
und über dem Haupt-Eingange von innen einen schön gearbei;
teten Fries mit Ochsenköpfen und Blumenkränzen. Das öst,
liche Thor ist viereckig; darüber aber ein Gewölbe, mit Kästen,
worin sich Rosetten befinden, geziert. Das südliche Thor ist
gewölbt und dreifach. Bei dem Ausbessern hat man die alte
Mauer um vieles durch eine schmale, schlecht gebaute erhöht,
und Thürme hinzugefügt. Gegen Norden dient die Mauer
zum Fundamente der einen langen Seite des Stadiums,
deffen andere Hälfte sich an die hohe Ebene lehnt. Es ist
mit feinen zwanzig Sitzreihen und zwei unteren Gewölben
vollkommen erhalten, und nur etwas mit Gestrüppe bewacht
sen, Das östliche Gewölbe führt unter der Stadtmauer hin,
durch in’s Freie. Ueber demselben hat man bei Ausbesserung
der Mauern gewölbte Nischen gebaut. Sarkophage und
Altäre von sehr schöner Arbeit liegen im Hofe des Aga, vor
den Häusern und in Gärten zerstreut.
Indeffen war der Kiaja in den Garten gekommen,
und hatte sich fehr über meine Keckheit erboßt, daß ich als
lein gegangen sey, ohne feine Begleitung oder feine Erlaubniß
abzuwarten. Ich miethete Pferde vom Gärtner bis zum
nächsten Dorfe, und brach am Nachmittage auf, in der Ab;
ficht, jenem für seine schlechte Aufnahme und Insolenz nicht
einen Para zu geben. In der Straße begegnete er uns,
und Kirkor fagte, wir gingen zum Aga, der fich im nächsten
Dorfe befand. Wir waren aber noch nicht zum Orte hinaus, fo
535
schickte er uns nach, um uns wegen des Geldes zurück zu rufen.
Ich wollte durchaus nicht nachgeben, und es darauf ankom
men laffen, ob mich jemand mit Gewalt aufhalten würde;
aber die Leute des Gärtners stellten mir vor, daß er sich an die
halten würde, weil sie mich fortgeschafft hätten. Ich schickte
ihm nun vier Thaler für den Aga, welches doch weniger war,
als ich versprochen, und wovon für ihn nichts übrig blieb.
Wir ritten größten Theils den vorigen Weg zurück,
und gelangten bei guter Zeit nach dem großen Marktdorfe
Karadsheu, das am Fuße des Cadmus in einer hübschen Ge;
gend liegt. Ich miethete hier gleich andere Pferde; es wurde
aber zehn Uhr, ehe deren Eigenthümer zur Abfahrt bereit
war. Ich hatte mich, mit mehreren Griechischen Kaufleut
ten und Handwerkern, unter dem offenen Abdache im Hofe
eines Chans niedergelaffen. Diese dienen am Tage als Bu:
den, und werden des Nachts mit bretternen Läden verschloß
fen. Der Aga, welchem der Chan gehörte, kam mich zu besu
chen; er war sehr artig. Die Schar der Neugierigen, die
meine Person, mein Schreiben und meine Pistolen zu begaf
fen sich einfanden, ward ansehnlich. Viele brachten mir auch
Münzen und geschnittene Steine, meist schlecht und unsinnig
theuer. Mehr belästigte aber noch die Menge der Wan:
zen, die mir keine Ruhe ließen. Am Morgen fand ich
zu meinem Schrecken ganze Haufen in den Falten meiner
Kleider.
Wir ritten zu Aly Aga's Tschiftlik zurück, und von
dort hinab zur Ebene des Mäander's, wo wir einen Theil
530
der Nacht im Freien verschliefen. Am Morgen trug uns eine
der schwankendsten und gefährlichsten Holzbrücken über den
Mäander nach dem elenden Marktdorfe Nasli, dem alten
Nyffa, wo ich mich auf der Gallerie eines gräulichen Chans
niederließ, und da wegen des Sonntags alle Buden verschloß
fen waren, nach gehöriger Säuberung des Platzes, den ganzen
Tag ruhte, mich an dem Ueberfluffe trefflicher Feigen und
Trauben labend,
Mit Sonnen Untergange brach ich auf, wie gewöhnt
lich, um im kühlen Mondscheine zu reifen. Man kann sich
nichts Herrlicheres denken, als den Weg von Nasli nach Gül
felhiffar. Ihn umgeben ununterbrochen Gärten und Felder
voll Obstbäume von außerordentlicher Größe, und alle Viertel,
Stunden findet man einen Brunnen, Grab; Capellen, Bu:
den oder Kaffees malerisch im Schatten großer Platanen
versteckt, Bei einem solchen schliefen wir die Hälfte der
Nacht, Die Wege sind mit hohen Erdwällen eingefaßt, auf
denen Rohr wächst. Der Fuß des Meffogis (Thorax) hat
auf dieser Seite ganz dieselben phantastisch geformten und
abgeriffenen Erdwände, als auf der anderen, bei Sardes,
der Tmolus,
Güselhiffar (Magnesia am Mäander) ist eine hübsche und
ansehnliche Stadt, hat sechs Moscheen mit grünen Kuppeln,
die anderen ungerechnet, wohlversehene Bafars und zahllose
Quellen und Gärten. Suleiman Aga schlief, man brachte mich
aber in die leere Wohnung eines Beis im Griechischen Quar
tiere, wo man mir ein sehr gutes, aber unmeubliertes Zimmer
537
anwies, einer Moschee gegenüber, deren Hof von großen
Citronen, Bäumen beschattet ist. In den sieben Fenstern
dieses Zimmers stehen die Namen der Siebenschläfer auf
farbigem Glase. Sie wirkten vielleicht so auf mich, daß
ich, wie ein Türke, fast den ganzen Tag schlief. Am Abende
erst ging ich zum Aga, der mich höflich aufnahm. Sein Haus,
die Buden und Moscheen glänzten in der Erleuchtung des
Ramafan, und die Minarehs blitzten am Himmel, wie
Sternenkronen. Ueberall schallte Gebet und Gesang durch
die stille Mondnacht, die ich nach so viel durchrittenen Näch:
ten auf meinem Diwan erquickend verschlief.
Vom Meffogis steigen zwei Plateaux herab, in der Höhe
eben und nach dem Thale hin senkrecht abstürzend. Zwischen
beide fenkt sich ein enges Thal, von den schroffen Erdwänden
des Berges eingeschloffen, worin der Bach fließt, der die
Stadt bewäffert, Er ist wafferarm, weil man fein Waf,
fer höher hinauf in Graben abgeleitet, um Wafferleitungen
zu den Brunnen der Stadt und den Mühlen des Thales zu
füllen. Der untere Absatz des Berges ist mit Weinreben,
der obere mit Oehlbäumen bepflanzt, am Rande des östlichen
Plateau ein kleiner Grabhügel, an dem des westlichen ein
kleines Schloß Türkischer Bauart, fast ganz zerstört. Die
Aussicht von hier auf die Stadt und die baumreiche Ebene
des Mäander's ist vorzüglich schön. Ich machte bei Sonnen:
Aufgange einen sehr angenehmen Spaziergang dahin. Man
findet wenige cannelierte Säulen Fragmente, Jonische und
Korinthische Capitale in der Stadt zerstreut,
538
Ich kaufte hier wohlfeile, kleine Bronze-Medaillen,
und freute mich des seltenen Wohlstandes dieses Ortes, des
fen Einwohner (vielleicht über 30,000) als geschickte und
thätige Baumwollen Fabricanten berühmt find. Nach Sony
nen Untergange brach ich auf, und ritt denselben Weg bis
Nyffa zurück. Ich habe einen Führer mit drei guten Pferden
für die ganze Reise.
Man rechnet, ziemlich genau, den Weg von
Allahschehr (Philadelphia) nach Dengisli . . 18 Stunden,
von Dengisli nach Eskihiffar (Laodicea) 1 –
– Eskihiffar – Pambuk Kaleffi (Hie
rapolis) . . . . . . . . . . 3 -
– Pambuk Kalefft – Jenifchehr (Antiochia)
und Aly Aga's Tschiftlik . . . . . 8 –
- Jenischehr – Karadfhesu . . . 2 –
– Karadshefu – Keireh (Aphrodisias) 2 -
– Keireh – Aly Agas-Tschiftlik und
Nasli (Nyffa) . . . . . . . . 4 –
- Nasli – Güfelhiffar (Magne:
fia (NN Mäander) - - - - - - - - 8 w-
ab - das hat die dbb
539
5 I.
Jenibola (Napoli) Eskihiffar (Strakonicea).
Milaß (Mylasa). Affem Kaleffi (Jaffus). Der
mir Kaleff. Arabihiffar (Pedafus).
Um 3 Uhr Morgens, am 7. August, verließ ich den Kaffee,
wo ich etwas geschlafen, und setzte bei der Morgenröthe auf ei:
ner dreieckigen Fähre über den Mäander. Nach den sumpfigen
Wiefen, die von einer so unzähligen Menge Störchen bei
deckt waren, daß sie das Waffer verbargen, findet man wohl
bebaute Felder, und dann schöne Gärten nahe dem Fuße des
Berges, an welchem die Dörfer hinan klettern. Ich früh
stückte in Jenibafar, wo viele Karawanen waren, und betrat
dann das Thal eines starken Baches, worin Bosdoghan
liegt. Man findet ein Paar Grabhügel am Wege; auf den
Feldern Durra, Hanf und Lupinen. Von 10 bis 4 Uhr
ruhte ich mit einer Karawane, unter Baumschatten bei ei:
nem Brunnen, und vor Sonnen Untergange erreichte ich Bos;
doghan (Alabanda), in einem Thale und an zwei konischen
Hügeln, am Fuße des Cadmus. Gegenüber liegt das Dorf
Jenibola (Neapolis). Schöne Gärten voller Feigen und Re;
ben umgeben den Ort, welcher ein Chaß ist, d. i. ein groß:
herrliches Kammergut. Der alte Aga nahm Kirkor nicht sehr
artig auf, und schickte uns in einen abscheulichen Chan, wo
ich mitten in einem Kaffee Platz nahm, dessen Besitzer
540
wegen Krankheit abwesend war. Schnee ist hier in Menge
und wohlfeil.
Am Morgen erstieg ich mit einem Führer den Hügel
über der Stadt, und fand nichts auf seinem isolierten Gipfel,
als formlose Ruinen eines kleinen Türkischen Schloffes, mit
einem Graben. Auf d'Anville's Charte ist die Lage von Tral,
les (welches er für Güfelhiffar nimmt) und Alabanda ganz
falsch, richtiger auf B. du Bocage"s; aber der Bach, an dem
Bosdaghan liegt, fließt nicht in den Mäander, sondern in
den Harpaus, und gegenüber liegen Arpaß-Kaleffi (Harpasa)
und das erwähnte Jenibola. Alabanda ist vier Stunden von
Nasli, zwölf von Güfelhiffar, und etwa zwanzig von Mugla
(Alinda) entfernt. Durch das Thal des Harpasus hinauf
gelangt man nach Tawae, Tabar, welches eben so weit, als
Mugla seyn soll. Daher ich die Lage dieser Orte, weder
auf der einen, noch auf der anderen Charte richtig finde.
Wir ritten zwei Stunden das Thal hinauf nach dem
großen Dorfe Kaiandereffi, im Eingange eines wilden, but
fähigen Bergthales, Seitenthal des Harpasus. Ein Bach
strömt aus ihm dem Harpasus zu, und bewäffert schöne Gärten.
Dieses Dorf, welches zu Bosdoghan gehört, ist Wakuf, wie
mehrere andere in der Nähe, und zahlt 150 Piafter jährlich
nach Mekka. Wir ruhten während der Hitze bei'm alten Aga.
Diesem Thale parallel ist ein anderes, weiter oben,
Hagdereh genannt, wo Ruinen feyn follen. Wir nahmen
einen Führer, und verließen unser schattiges Obdach gegen
fünf Uhr, das Thal hinanreitend, durch schöne Gärten.
541
Die Reben ziehen in langen Schlangen Windungen QM
der Erde fort, überragen dennoch die Wipfel der Platanen
und Eichen, in großen Festons von einem Baume zum an,
deren fich fortschlingend. Weiter oben am Berge wachsen
Oehlbäume, und das Uebrige find bewaldete Felsen. Die
Wege verschlechtern sich, der Rückblick auf das Thal des Har
pasus und Mäander's wird immer schöner. Wir überkletterten
den Felsen, der das Thal im Hintergrunde schließt, und ge:
langten nach Sonnen Untergange in ein hohes Gebirgsthal,
zu dem kleinen Dorfe Ghenfeleh, dessen Inhaber in seinem
weitzenden Garten saß, und uns wohl aufnahm. Wir ruhten
nach diesem zweistündigen Ritte bis nach Mitternacht, wider
meinem Willen.
Wir machten dann einen sehr angenehmen Mondschein
Ritt durch hochstämmige Wälder, und erreichten über Berg und
Thal noch vor Sonnen-Aufgange das Dorf Mefaidleh, zwei
Stunden vom vorigen. Hier verließ uns der Führer, und
da wir keinen anderen erhalten konnten, fuchten wir den
Weg selbst auf gut Glück. Die Berge werden immer höher
und steiniger, mit Nadelholz bewachsen. Im Westen thürm,
ten fich ungeheuere blaue Gebirgsmaffen auf, an denen große
Waldbrände von Ferne herüberleuchteten. Nach einem Ritte
von mehreren Stunden fanden wir ein Dorf, und dann eine
Jaila oder Sommer-Wohnung. In dem südlichen Theile
von Anadoli ist es ein allgemeiner Gebrauch, die in Ebenen
und Thälern gelegenen Dörfer, wegen der Hitze, im Sommer
zu verlassen, und ins Gebirge zu ziehen. Solche Jailen
542
bestehen aus einem meist zerbrochenen Lattendache auf etli,
chen Pfählen im Schatten eines Gartens oder Waldes.
Wir ruhten bei dem Kadt des Dorfes unter einem Baume.
Hier reift. Alles später. Birnen, Trauben und Arbufen,
die ich schon seit einem Monate in Ueberfluß gefunden, find
hier noch lange nicht reif. Dieses verschiedene Reifen der
Früchte in so nahe gelegenen Orten würde in einem Lande,
wo etwas Industrie zu finden wäre, den Genuß derselben
auf eine große Zeit des Jahres verlängern. Aber hier ge:
nießt man größten Theils unreif, was der Augenblick an je,
dem Orte hervorbringt, und denkt nicht daran, etwa die
Früchte von dem Orte, wo sie früher reifen, nach einem
anderen zu bringen, wo man sie noch nicht haben kann,
und aus diesem wiederum die später gereiften dahin zu ver
kaufen, wo die Zeit schon vorüber ist.
Da es kühl war, ritten wir nach Mittage weiter, im
mer steil bergan durch steinige Nadel, Wälder, wo eiskalte
Quellen entspringen, und dann eben so steil bergab. Die
Sonne ging unter, es wurde dunkel, und noch immer zog
sich der Weg über buschige und steinige Hügel und Thäler
ohne andere Spur der Bewohnung, als einzelne Herden, zur
größten Verzweiflung meines Käseh Mehmed, der ohne Unt
terlaß fluchend sein Packpferd hinter sich herschleppte. Endlich
stiegen wir durch eine steile Schlucht, von hohen Felsen einger
schloffen, in das Thalhinab, nach Mugla. Ich ließ mich gleich
zum Wekil (Stellvertreter) des Muteffelim bringen, der, wer
gen des Ramasan, bei Nacht am besten sichtbar war. Der alte
543
Graubart buchstabierte ewig an meinem Firman, und dann
wies man mich in denselben Chan, der von Choiseul gezeich,
net, jetzt aber größten Theils zerstört ist, wie überhaupt ein
großer Theil der hiesigen Häuser. Ich lagerte mich auf der
Galerie. Am Mittage hatte ich nichts, als etwas fauere
Milch bekommen, und nach dem langen Ritte mußte ich
mich nun auch am Abende mit Eiern, Käse und Honig
begnügen. -
Es gibt kein weites Thal zwischen Alabanda und
Alinda, sondern dieser Ort liegt am südlichen Fuße des Lida
und an dem nördlichen Rande eines weiten Thales. Tabae
liegt, nach der Angabe der Leute, weiter nordöstlich zwischen
Alinda und Aphrodisias. Nach Buras (Cibyra) erkundigte
ich mich vergeblich; das muß weit östlich im Taurus liegen,
und nicht in demselben Thale, als Tabae. Der Fuß des
Lida ist hier teil. Zwischen zwei engen Bergschluchten er
hebt sich ein hoher Felsen, von allen Seiten in mehreren Ab
sätzen senkrecht abstürzend. Auf diesem lag das Schloß von
Alinda, und man unterscheidet von unten weniges Gemäuer.
An feinen Seiten find Höhlen. An feinem Fuße und am Aus,
gange beider Thäler erstreckt sich der weitläufige, ärmliche
Flecken Mugla, am Anfange der Thalebene, in welcher
sich füdöstlich ein einzelner, großer, ovaler und buschiger Hür
gel erhebt. Um diese Zeit leidet man hier Mangel an Allem,
da die Bewohner nur wenige Stunden in den Buden zu
bringen, und die meisten beständig in der Jaila wohnen,
daher man kaum einem Menschen begegnet, und alle Häuser
544
leer stehen. Von einem Morgen: Spaziergange zurück ger,
kehrt, lagerte ich mich unter einer großen Platane auf
dem Dache eines kleinen Hauses mitten im Hofe des Chans.
Ich wollte um vier Uhr Nachmittags aufbrechen,
und schickte zum Muteffelim um einen Wegweiser. Der
gnädige Herr war aber nicht vor Sonnen Untergange zu
sprechen; dann trug er dem Postillion eines durchreisen,
den Aga auf, uns den Weg zu zeigen. Dieser war jedoch
nicht in Bewegung zu bringen; ich wollte einen Führer
miethen, das ließ der Besitzer des Chans, ein Tschausch,
nicht zu, weil der Muteffelim einmahl befohlen habe, daß
gedachte Leute uns führen sollten. In beständigem, unge
duldigem Erwarten fchlief ich sehr schlecht auf einer Matte
im Hofe bis nach Mitternacht, da jene endlich erschienen.
Wir ritten über den buschigen Fuß des Lida. Die Bäche
bis Alinda sind jetzt trocken. Der reisende Agaward krank,
erbrach sich, hatte großen Durst, und warf sich alle Aut
genblicke zur Erde, weil er nicht weiter konnte. Ich fürch:
tete, er möchte die Pest haben, und war froh, als wir
ihn am Morgen bei Aharikoi verließen. Dieses Dorf nebst
Bösuk liegen einander gegenüber, am Rande einer schö,
nen, wohl bewäfferten und bebauten Ebene, voller Mais:
und Hirse Felder und Obstbäume. Man kömmt über einen
Bach, an welchem ein Grabhügel ist. Waldige Berge von
den schönsten Formen, die sich stufenweise über einander
erheben, umgeben die Ebene. Wir überstiegen noch eine
waldige Höhe, und fanden in einem engen Thale, von
545
Wäldern umgeben, das kleine Dorf Eskihiffar, sonst Stra
tonicea, wo wir uns in einem Garten lagerten. Nahe
bei demselben, am Abhange des Berges, ist das Theater,
leidlich erhalten, mit Gestrüppe überwachen. Der obere
Absatz der Stufenfitze hat zehn, der untere vierundzwan,
zig Reihen. Das Profcenium fcheint absichtlich zerstört; es
find nur noch Fragmente cannelirter Säulen übrig. Die
Stadtmauer kann man um und in dem Dorfe rund her,
um verfolgen. Ich zeichnete das Thor, durch welches man
von Alinda kommt. Im Hofe des Hauses des Aga haben
sich noch zum Theil drei Mauern eines Tempels erhalten,
die nur aus sechs Steinschichten befanden, drei hohen und
drei flachen. Umher läuft ein Korinthisches Gebälk; darunter
hängen Schilde. Unweit davon ist das Thor in demselben
Styl, wohl erhalten. Cannelierte Säulen, Altäre, Sar;
kophage sind im Orte zerstreut. In einem Hofe stehen
noch zwei Säulen aufrecht. Bei der Moschee entspringt
ein Quell, der die Gärten wäffert.
Gegen Abend ritten wir weiter, stets durch Hochwält
wälder, über Berg und Thal. Bei einem einsamen Kaf
fee ruhten wir bis gegen Mitternacht. Die Berge blieben
hoch und waldig, die Wege steinig und fählecht. Vor Son
nen Aufgange erreichten wir Millaß (Mylafa), und lagerten
uns auf der Gallerie eines Chans. Nach Sonnen-Aufgange
verlangte ich einen Führer. Die Kyfans schliefen alle, und
kein Grieche zeigte den Muth, mich zu begleiten, weil ich
mich dem Aga noch nicht vorgestellt hatte, und sie behaupteten,
35
546
ich würde ohne das mißhandelt werden. Ich kehrte mich
nicht daran, sondern ging schnell und unbekümmert zum
Mausoleum am Fuße des Berges, eine Viertel Stunde
außerhalb der Stadt, bei einigen Häusern belegen. Choi
feul's Zeichnung ist gut. Darauf verfügte ich mich zum Aga,
aber Alles schlief, und ich konnte keinen Begleiter erhalten.
So sehr mich auch Kirkor bat, nahm ich nun Pistol und
Peitsche, meine Wanderung allein antretend. In einem
Hofe steht eine hohe, cannellierte Säule. Ist es die des
Hyenander? Man stößt mitten im Orte auf große bebaute
Fundamente; find das die des Augustus-Tempels? Ferner
auf N3afferleitungen und ein schönes Thor in einem leichten
Bogen von Marmor. Die Ordnung aller hiesigen Ge;
häude ist eigenthümlich. Die Capitale der cannelierten Säur
den bestehen von unten aus Acanthus, darüber find sie
ausgeschweift, und mit länglichen Blättern geziert, wie die
Aegyptischen.
Wir verließen Milaß am 13. August gegen Mitter:
macht, und ritten um den Berg, der über der Stadt liegt,
herum, durch steinige Schluchten, in eine weite, VON Nor
maden bewohnte Ebene, wo ein großer Grabhügel mit
Bäumen bedeckt ist. Eine sehr schlechte Pflasterstraße führt
durch einen Sumpf und zwei Mahl über einen schmalen
und tiefen Bach, der die sumpfige Ebene durchschlängelt;
dann über steinige Hügel und ein Paar kleine Thäler
nach Affem Kaleffi (Jaffus), wo wir vor Sonnen. Auf
gange anlangten. Unter Weges findet man viele große,
547
mit Kuppeln bedeckte Waffer Behälter und Bienenstöcke.
Letztere bestehen aus thönernen Krügen mit einem hölzernen
Deckel, der mit Erde verklebt ist, und eine kleine Oeffnung
hat. Diese Bienenstöcke thürmt man pyramidalisch auf ein
ander, und überdeckt sie mit Stroh. - -
In Jaffus hat sich noch das Theater und ein Theil
der alten Mauern erhalten, auf welchen man ein späteres
Schloß, wahrscheinlich Venetianischer Bauart, aufführte. Das
Theater ist klein, man hat für dasselbe nur einen Stützpunct
am Berge gefunden; beide Flügel find angebaut, und hat
ben Thore. Die Façade der Scene fehlt. Der ganze Berg
ist mit wildem Oleaster und Keuschlamm, Myrthen c. ber
wachsen. Am nördlichen Hafen steht noch ein großer Thurm - -
Venetianischer Bauart, der das Ende des Molo beschützte.
Jetzt ist Jaffus keine Insel mehr, sondern eine Halb: In
fel. Die spätere Stadt erstreckte sich an den Abhang des
gegenüber liegenden Berges, und war anfehnlich. Sie
aber ist jetzt völlig unbewohnt.
Wir kehrten gleich wieder um, und erreichten erst ge:
gen Mittag einige Nomaden, Hütten in einem Seitenthale
der großen Ebene. Die Hitze und das beständige Nacht
Reisen hatten mir Blut und Galle erhitzt, und mich sehr
krank gemacht. Ich litt an Kopfweh, meine Brust war bei
schwert, die Glieder schmerzten mir vor Müdigkeit, und
ich konnte kaum einen Schritt gehen. Nach vier Uhr ver:
ließen wir den schattigen Baum, der uns Obdach ge:
währt hatte, und erreichten bei Sonnen Untergange un:
548
fern Chan zu Milaß, wo ich eine sehr schlechte Nacht zu
brachte.
Da aber am folgenden Morgen mein Kopfweh fich ver:
loren hatte, ritt ich nach der, eine Stunde südlich auf einen
Berg lockenden Ruine Bedshen Kalefft, fand aber ein mo
dernes Schloß, von Bauern bewohnt. Es liegt auf einem
hohen, runden und senkrechten Felsen. Säulen Fragmente
laffen indessen muthmaßen, daß hier vielleicht einst der Tem
pel des Karischen Zeus stand. Drei Stunden nördlich von
Milaß liegt Mantalia, und auf dem Wege dahin follen an
einem Orte schöne Säulen stehen; vielleicht Labranda. Die
Lage von Mylaja auf d'Anville's Charte ist falsch.
Ich befand mich so schlecht, daß ich zu einem hiesigen,
alten Aeskulap meine Zuflucht nahm. Er wollte mir gegen
meinen Wunsch kein Brechmittel geben, sondern Cremor
Tartari mit Zucker, welcher mir auch wohlthat.
Nach vier Uhr verließen wir abermahls Milaß, ritt
ten durch die Ebene, über Felsen und hohe Thäler mit
Nadelholz bedeckt, und lagerten uns im Dunkeln unter
großen Bäumen. Ich ward fehr schwach, doch wollte ich
nicht raten; im Mondschein zogen wir weiter. Trotz der sehr
schlechten Wege. -
Gegen Morgen stiegen wir in das Thal Demir, Kai
leffi hinab, welches in die Ebene von Tschina ausläuft,
Wir machten Halt in einem Garten nahe am Schloffe Der
mir, Kaleffi oder Sarsaltik. Diese Ruinen sind sehr an
fehnlich. Es stehen noch die Mauern mit viereckigen Thür
549
men. Das Theater, welches dem runden von Jaffusgleicht,
ist fast ganz ... gebaut. Man findet ein langes Gebäude mit
zwei Thüren; jede führt zu einem kleinen Zimmer, worin
Nischen sind. Auf der Mauer stehen ovale, kurze Pfeiler mit
platten Seiten, die wiederum runde Säulen tragen. Waren
es Bäder? Viele Terraffen sind wohl erhalten, und selbst
manche Häuser. Am Eingange tritt ein Mausoleum hervor,
mit zwei halbrunden Säulen auf jeder Seite geziert, und am
Fuße des Berges sind eine Menge Sarkophage von schlechter
Arbeit. Ist das Chalcator? Unter den Sarkophagen, die
zum Theil auf Stufen stehen, findet man viereckige Mauso,
leen auch auf Stufen ruhend, mit Thüren, aber ohne Gefimfe
und Dach. Ein lahmer Mulatte diente hier als Cicerone.
Ich fühlte mich sehr ermattet, und ohne Kraft zu gehen und
zu stehen. Mit Anstrengung setzte ich nach vier Uhr meine
Reise fort.
Wir ritten quer über das breite Thal und durch schma
lere Seiten/Thäler in die Ebene von Tschina, und erreichten
ten bei Nacht Arabihiffar (Pedalus), wo wir übernachtet
ten. So wohl dieser Ort, als der vorige, ist bewohnt;
aber wenig sehenswerth. Am Berge bemerkte ich ein Paar
große Terraffen und unten ein ansehnliches, viereckiges Ge;
bäude, das an zwei Seiten einen Eingang hatte. Auf der
mit einem Gesimse versehenen Mauer ruhten Fenster, die mit
weißem Marmor geziert waren. Nicht weit davon stehen
die Pfeiler eines Thores, in dessen Nähe sich mehrere Sar
kophage von grober Arbeit befinden. Neuere Thürme und
55O
Mauern schlechter Bauart hat man darauf gegründet, und
auch diese sind größten Theils zerstört.
Wir ritten weiter; ich stieg vom Pferde, aus Erschö:
pfung, fühlend, wie die Krankheit mich überwältigte. Das
Thier hatte sich nur zehn Schritte von mir entfernt; ich
konnte es aber nicht wieder erreichen, sondern sank halb ohn,
mächtig zur Erde. Nach einer Viertel Stunde war jedoch der
Anfall vorüber, und ich ritt weiter über den Marsyas nach
einem Kaffee, wo wir (am 16. August,) den Tag über
ruhten.
- - - - - - - - - - - - - - -
n f ch r i f t e n.
553
–
=
III,
#
--
Auf einem eingemauerten Steine dafelbst. S. 103.
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IV.
An dem Thürfries im zweiten Tempel zu Salamen. S. 169.
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555
V.
Auf verschiedenen Steinen der Mauer desselben Tempels.
S.
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In der runden Nische desselben Tempels.
169.
3.
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S. 169.
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APXOTX-2XIKOXMFIX-EW
#
VII.
An einem Thurme in Safamen. S. 17o.
ATITDKTPI 2KAIIAMI/O N/AL4TAIOTKAT
TIOTATTOTTHWG)TPANXETWNEIKAX
oIEKAIMETANHAWEKHKALA1Eow
TAPIOICKAIITA1XHT-77"DIHKAT
THXEKT2N. JI42 YEP 2/WKA
G.APOTPITIA STEKT2WIL/II-2
IWKATETXEBEIAWEC9 HK AW
VIII.
Ueber der Thür bei dem Minareh zu Adra, S. 173.
ATTAG)HTTXTH
TITEDXE 2THPIAX-TRAINWEI KHSTOTIKTPIOTHMK2NWATTO..
ATPHILIOTCSEOTH POT. . . . ETXTEBOTSTETY7"YX . . . .
„S2TIL-12-ZOPA-OTHAV 2NVEKTISTE-4 AVTOB 47-7-4/AVAEOAVIT. .
X.
unbekannte Inschrift am Hause des Scheichs in Acta.
S. 173.
IT 21 GTC - SC Lb – LCITB
g bv-LAA-TIAJH ST 1 C-E-
- 0 67 CD u. b - L IT & - >a-J
E>\- 22 5L,4 = 3,-- L, G.->
- XI.
ueber der Moscheen-Thür daselbst verkehrt eingemauert.
S. 173.
DIHKVITINE CINE AEINMAT0TH NY1 A
<DAFIN0N
AINE [ALIE LIAP HLAYA () D EX-NHLITA
TT TID
O) LA EI TET/\H/ALT I/V A ()/NA KOO) I T () /N
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JN/TO) KALTITNHTLVH XFIPAL () PFEAN
NOR.
- NEK –()/7 (9/YE /VELT 69 /\A/TOP (9/
OFOL-E-ETITA/WAL
XII,
An der Moscheen / Thür daselbst. S. 173.
- 414 All-
- -
---
557
IX.
Am Minareh zu Adra verkehrt eingemauert. S. 173.
- - - - - - - - -
ITp IWKTITOX21EWITTAA/AIKHX
oIK0A0MHEAT0.012
TEKINVOIX . HINWO . . . . . . .AT
OMIHAHK... 21P...... KAI
............ TET.... PH2
A n m e r k. u n g.
Drei andere Inschriften aus Adra find unter Nr. X, XI und
XII auf einen besonderen Blatte hier beigefügt.
#
XIII.
Ueber der Thür der Kloster Kirche zu Adra. S. 173.
SEOT TEIrowEw onkox To T2w AAIMoNew KATAT2TIOw
ab 2S XL2THPION E4AMPEW OIIor XKOTOX EKA4TITEN
OITION" (G)TXIAI EI2/2-192/W WTW XOPOI 4/ITTE-1 QW
OITOT GEOX IIA P 42PITIZET0 WTW (9EOX" EEETMENIZETAI
ANHP TIX Q5 I-/OXPIXTOX. O IIPOTET2N I 2ANNHX 2/IOMH-/E 2X TIOX
EE, I2/I 2N 212PONV (9EJ2 IIPOXENEITKENV AEIOGEATON KTIXMA
1APTEAE Ew TomTL2 Tor. KALLIWIKor Arnor MAPTTPOE TEL2PTIor
TO TIMION A1EITANVON TOT" (DANENTOX, ATTA2 I-2ANWHX
OT KA69 TINOW ALL4A BANEP 2S EV ETI G ETOTE WI
559
XIV.
Auf einem schlecht geformten Cippus bei einem Bauerhaufe
hinter der Wand der Scene des Theaters zu Bosra.
S. 183.
HANWAZT
Mox-ETP
A1EITITK-
70 PXETPA
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ENOX.ET"
HKTAITO
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XV.
In einem dunkeln Winkel des Schloßthores daselbst,
S. 183.
EKIPOWOTAX KAIXIIOTZ1HX/WE
T- TESIomTEPMAWom BKAIXEL/12 "Tº
" woEMA 4x2woEarxowrowto “
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TEMEvo-ExoEME uewExtze
#
XVI.
Außer dem Thore an einer Hofmauer dafelbst. S. 185.
.. HG) EIAEKDI-MOTIMIAX ... POPGO2/OE ...
. . . -1E92/WIOTXTINVIA VO7 KATGEO2/2PAX 2KOAOM/...
. . . HPIOXOIKOXTO TATIOTKAIAS4000P07-12BIKAI
A A
EITO TITOXEI 2TKAIA ITIDTA TOTAP XIXTPATHITOT".
XVII.
Ueber der Thüre eines Eckthurmes gegen Norden daselbst. S. 185.
EK II POWOTAXATP. ITETPOT.TO)72/.
HITEMEKTIXOH To TEIxoxENPOITI . . .
IOT-4 KTPI-/-/OT
XVIII.
Ueber einem Thore nahe bei dem Throne der Jüdischen Prinzessin dafelbst. S. 186.
† CTHCEEABINIAWOWTOWAOIAIMONHTEMOWEA
ANGETEPTEXTIHEHIIO-MILH LODETEPHY
561
XVIII.
Ueber der Thür eines Bauerhauses im Throne der Jüdi,
S. 186.
fchen Prinzessin daselbst verkehrt eingemauert.
... MONHEATTOKPA.TOPOEKAIXEAPOEPO.
- -
.. TTXOT"... IIHKO142LWIAEI12APK.
. . . EXBXEBAWTIXETPATHITOT"
...AT"... XATOX... TOTT
36 (1)
562
XX.
ueber der Thür der neueren Christlichen Kirche daselbst
eingemauert. S. 187.
ATI, 4.J" REIT-THEONI LEG-
_4/WC (- PR-PR-COS DESIGN
OPTIONES:77./LEG-HII - KVR
JWTNER JANA/EGALLIANA/E-RAIRIS-I
ZMOETPERO/MNIAIPWSTISSIMOCOSIIC
XXI,
An dem Thore der Hauptstraße dafelbst eingemauert.
S. 187.
Jº LIO-IV"LJA/... NAR
PR 4/EFT / „EC-J.PA/RT"HIC 4 E-
PHILIPPIA/N4E, DIVC/- DE/IVOTIS-
. . . // OTREIBICIJS-GA/IVOIN 4.
PRA/EF. 4 I, AME, NOVA/E. FTIR // 4/E-
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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
#
2.
EWATTOTXTH/KAIX APETAXETEOTHPENOWOK O70 MEWIKOWITTGTR 2 My
ITTITIM HNWAT/TOT" XTOTAKTIAEWWEIKO ITO_1EITHXCITEPIO-/OT"
ITAI-12/WITTIT/MÜHNW ENKAIXAPEIAIXA. KTIONITAI-152 NITTTWHW
ENTTP 342 HPAK-1E AKOM/MOZ/EIANITAIZ/ J2WITTITMHWENWTAPXEO
IXEO 470MIIIONVOIKO TMEWIKONKOMM04 EIONATENWEI 92 WITTITMHW
EN-/AO-MIKEIATH ITATPI-/IMOTITTG) IA AIIIP 2THA1X9EIXEH
OIKOTNEWIKONA WTQWEIWIANWOW AUAW Z/P 2/WITTITIWHINKAI
HIT 2/WIXANMHWEII IONSTECH ANONAN2/ P 2/WITTITWHWTHXANT
XAIAXIIEPIOZ/OT" HBAX/WIAWEMIATP IIPOTPI 2 WKA-1A/W2/2 Wº
LANomAPIL2WEIII AIXITEWTA ETHPIZ/O XEMEXXAAAKAIXAPI
W2TITATOX
565
<S-
6
566
567
#
##
-
#
XXV.
Auf einem grauen, viereckigen Marmor in Chytria. S. 323.
IAXONA.AI... TOKIPEONWTOX
TOW DTMOITATPIWKAITTMWAXIAPXON
OIIIAA/AI-III TAITIMHXXAP... ITP....
XXVI.
Vor dem Thore der Metropole zu Larnaka. S. 324.
HITO-MIX
ATTAWAAMOGETOTKIPHTATOWAPXIX92M ATOSTA1AKA
KAI EITITHXITO -1E92 XAP.ETHX ENVEKENKAI.ETWOIAX-
THEEIEBAELAEATToAEMATONKAIBA ELITEXANKAEoTATPAw
THNA.AEA/DHAVGEOTX-5 I-MONMHTOPAXKAITATEKNA
selov KAITHXE EIXS.ATTHINVETEPITEXEI-4XS"
569
XXVII.
Auf einer verstümmelten Marmor-Platte daselbst. S. 324.
... EITIX KET...
... IXI2/2POXMA...
. . . > EKOTTWA/OT". . .
... TIOX N/APKOX".
... ANWEGHKANWE...
... KEAXONDABA...
ANV...
XXVIII.
An einem Altare der Tempel Ruine bei Karas. S. 351.
- - - - - AWO. WO70XPO212AVOXEKAIEH. 10.
... TOWO7X.APO212V.
- - - - - - TOXTOIN/MOTXAIOTEH. TO).
......NA/IAX.TWTHKAX EIK...
....., POAI 2NV
XXIX.
Auf dem Steine an einem Brunnen in Jalowatsch.
S. 358.
JM.TIPPERIVS
M-F.-SER-
WIETER-LEG-V-(
36 (3)
57o
XXX.
Auf einem antiken Grabsteine an dem Harem des Post-
meisters in Jenitschekoi. – S. 358.
ATITIMANKEP212 MW2DATAE92
TQ2/IA-/E-1QDK2KAIMAPKEA
AIZ/III-2 DTNWEI K2MWHMHX2
XA PIN
XXXI.
Unter dem Relief an einem Brunnen zu Panorma.
S. 416.
MHINWTOXCMTHWTOT"
AITO-140212POXAITOA/A0212POT"
IWHTPOBIOX/MEWA/W21 POT"
IAX2WAXONVOX
.. NVVOX/MZ/HKOK . . . . .
AITO-1-12AVIOXITA.....
MÜHNWO212 TOXIZ QITYPO).
ITOXTET-12 WTOX, HITIOT"
X92THP/MHINWO212POT"
TOPTIIIIIOXEG) EOq5 I-/OT
zu ENIXEKOX-A4-TNWTOT"
AIO(DAWTOX/WNVHSG)....
AIIOA1A12/WIKATAPTEuud
XAPIX, THPIOW.
571
#
#
S-
Z
S
572
XXXIII.
Zu Halilelikoi. S. 459.
HATTALIEbm»,
o EE TOWIOT-/IONVIDIA
74/7"O/WKOX/M/OWTH>ITO
2. E 2X EIA/PYOW XITEIPHX
ABIANHLX/TIM/WASIAP
2. HXA/WTA1A1AMILIPK2X KAIQDI
2. „2TEINM/J2X, KAI/IP 2TOW
792/WA/IAI 2 WOX KAI
MEXPIAVTWMOWOWE-MAI
OMETPHXAVT4/TOTX
TEBOT-/ET/CTAX KAIIIO
A1EITAXIIANTAX KAIA-Ast
PANTAEK-/OTTHP 2V
Z/HMEI.
573
XXXIV. -
Bei Tschiplak. S. 459.
T8 PIDIKAATAILAIKAIXA.
...AITEPMANIKK2IKATIOTA
. . . THIA/TPIIIIIEINHK.41/TO-s
Ion-ArT2WKATHETW…
KAITHIAG) HWATHII-/I49.
Z1HM52 * TIBEPIOXK1A . . .
.. Ob ANWOTXTIOXQDI-/OK . . . .
HITTWHATTOTK, MAT2/ . . . .
. . VOXG)TITATHPITAP/MH/NV., ,,
7 NXTOANKAITAEWATT,
o WTA/KATAX KETAXA WT". . .
EKT2NI-/II-2NANWEGHK ..
F
XXXV.
Zu Bunarbaschi. S. 461.
AW . . . APIXTEIONWTO...
... TWKAI-/IOIK... IGAWG)07"A/KAIIT...
. . . G)OXK". ITPOTEPOWTAX21EBOTX, AIT., ,
... ANT... T9N/MIX GOTN/EW 2 WTITOWI> . . .
. . . ONV. . . ONVKAIA-1-WHNWBOTIVI-/IAW/2X KAIT",...
. . , OTINW... ENVOAIXG) ETA/TAIT 2A1-1/EINW. . .
... TAXEKAITOTOXX.TWITENVOTS.APXIXOMENOT"
... TAIIEPITOTG9TM/E/IKOTKAIT2WAXPOAMMAI 2WO.
. OIT0TX XY-NITEW070XEAPTIZOMENOTXIIPOXTA..
... POqbONET-77WTK... KAIIIIIIIKONEINES GAIENTO.
.. „EAIPEIXG) AI-/EKAIXT... OIS METO.IXITANVAG HNV..
.. A/NV. XT". IWONKTII.. NXT... PIKONTONVTIONVTEAI 2NWO).
575
#
XXXVI.
V-
Auf verschiedenen Steinen eines großen Gebäudes zu Beiram. S. 467.
e
KAIXTAPIXEBA-XT2 TKAIT-DI
3 EOTKAIXTAPOXO2/EAT
OTOMON DOTKAIITT/
X KAIIEPETXTOTZ/IOX-
TAWG) TIT
I2WATIOKATEE
7.
EKTHXIIPOXO2/OTT2WAEP
HINTHXIIO/EQXK-4E9XTPA
TE-1-1 IK (2NWTOXEIT
577
#
cs
#
c'5
37 (1)
#
XXXVII.
Im Hofe des St. Therapons: Klosters zu Metelino. S. 481.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - XANT
s - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - OTEIX.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - THMATA
- - - - - - - - - - - - - - - - - XETPIOX-TI
• • • • • • • • • • • • • • • • • ENV (2T/2KA
- - - - - - - - - - - - - - - TQWMHEISA
- - - - - - - - - - - - - - APXA1MH-/EIA
• • • • • • • • • • • • - AX, KAI TOIX//
- - - - - - - - - - - - XA1PXAIXAIKE
- - - - - - - - - - - - AIKATA/IIPENTONV
- - - - - - - - - M/MEW 2 W 42X KE/MHA/
- - - - - - - - - OXIIOIXENTA IIIO //
... TNWENVOIIIAWTEXIIPOX-A1-1
.7" (2X KA/EN/MIEWOIE WEWTAIL4
. I-/A-172, ATAIEWTOTCT 2ITK2 INVA
. TONZ/A/MONA/WZ/PAX EIKOXIZ1EKA
. 21EEKTQWEWTA/IIIO/IIIP0XGEEO/WT2W
. OMVTONKAIEITIME-/EXIGON 2XTMH2/ENEX
...A1E9ONVTEXEXTIKAI TOIXTENWT4IIIO-IIIPOX-
- K-III-EPVT 2WAYAVIS BA7A1AMEvg2AVKTA/A747-2Ay
- ------ * C>>E 2"DLV-XSTAE IV Z“-ZZTrio - r Arro zu - - - - - - - ,,-- --
579
#
XXXVIII.
Auf einem Sarkophage zu Akhiffar. S. 509.
DABTOXEZ DSIMOXEK,47T4XEKETAXAXXIOPOWEGETOEITTTOITOTKAG.APOTONWTOX
IIPOTHXIIO-1E92XT2IXA IMBAG)EIDIENT$2IXA-12-1AIOTIIEPI -
B0A12IIIAPATHW-HMOXIAwo-owEATTL2IEb2TE8HKAITHITA/TKTTATHI
ATTOTITTNAIKIATPHALAIIOWTIANHIMH-JENOXEXONTOXETEP07"
EE.OTXIAAWG EINWAITINA EIXETH/WXOPONTATTHWOX2/AWTO-/MHXEHHITOIHXH
ITAPA/TATTA-/2 STEIEIX// EWTHWIIO-/IWTHIVG9TATEIPH/W 2/WAP
TTPIOTAHWAPIAXELAIATIENTAKOEIAEIEAETOIEP2TATOWTAMEIOWAHNA
PIA.MIXXEI-/IAITENWTAKOX-TIA/TEIWOMENOX-TITETG9TWOXEZ 326, EVT92 II
THXTTMB L2PTXIAXAVOM 2 ITATTTHXTH SEIIIITPADHXE/PAD HAIIAMA2/72
42VTOETEPOWETEC9 HEISTO4 PXETOWEITENE TO ENTHIAAMIIPOTATH
GTATEIPHN DAVITO-/EIAAWGTITAT DIKATI-42/I 42 IXEBHP 2IM/HAVOX-ATA/NVAIOT
TPISKAIAEKATHITIOM HAVOBILIONIO TAIANOTAHMOSIOAVsv
581
#
582
LX.
An einem alten Meilenzeiger daselbst. S. 509.
IMPCAEs respAstans
_4/VG-POINT/F./MAX-TRIB-
POT.NYT. IMP XTIJ-COS/T.
DESIGN-WTI-CENSOR-WIAS-
FT/("IFND 4S. (TV R 4/VIT.
ATTOKPAT2P KAIXEAPOT"
EXITAXIAWOXX EBAX
TOXEA PXIEPETX-METIXTOX
AHMAPXIKHEEEoTXIAETs.
IIATPI-JOX-TIT.ATOXT5
AIIO2/EZ/EITMENVOX-TZ
TEIMHTHXTAX 02.072
EITOIHXE.
583
XLf,
Zu Allachehr. S. 516.
1 •
An einem als Brunnentrog dienenden Sarkophag.
ITAIOTIOTAIOTTTp4yMoy
TIOX... AH2MW
2.
In einem Hofe auf einer Steinplatte.
HBOTAHKAIOAHMOX-
KAIHTEPOTXIA. E.
AMHXAN-NIOTENHINW
HP2ATAGON-HG)EXTIKA
WOM J2WEWII EIPIAKE
KOXMHMEWOWETP 4-,
HTHXANWTAATWO.
ANAGEWTATHIEP 27.
THBOTAH-X-B.qb-KAT. . . .
XTNE2/PII-2T2WII.
PJ2W XA1C5-IPO.
T2WTOKIONW...
EIII TOT-4., .
TOIXXT"....
584
3.
Auf einem Cubus in demselben Hofe.
A1-107/YOW
XEEOHPOW
O2/H/MOX-ETET
JWTHX EWTHX EIXEATTHW
ETWOIAX
XA PINV
An der Treppe eines Griechischen Hauses.
KIOTA/ITET.....
TroMIom 4.
IIOTPWTO). . . .
EPE 2XAX . . . . .
42NIQWEW…
MU2KAITHX . . . .
TATHXITA . . . .
ETTO WOW, ...
ITEPIK-1EO...
APXIEPE 2. . .
AITK2NVOX....
T2WMEN.
AA1EIKONK...
XINVIDIA/OT., .
HIEP (2TATH3ov
-1H/KAIOA1AMIIPO
7alos u. 7. A.
585
5.
An der Treppe desselben Hauses.
AITAG)HITTXHT
MATP ITENOX".
AKPA TOTX21.
ANVOXBOT-4E.
AKAIAG9HNWAIOXS"
O-1TMITIONVIKHXE
IIEIXEAIOXITAPA
20 EOX
NWEIKHXAXT41/7E
ITALMAA/CIAA2/EIA
CDIA1AAEADEIA.
6.
Sarkophag an einem Brunnen.
AIICH IAXAMEITP0A0P07"
37 (2)
586
7.
An einem Brunnen auf einer Steinplatte mit erhabenem
Rande.
... OW. BTO) THAIO
.... APA/EIIIQDANH
XEOT-/APXHXANTASTPATH
TH>A/WTAAO/WTA TITEP
AITOPAWO/WIAX-X-MTPIA
KAITIIEPIELE2XHME
P 2/WIE X-MIT, IIIIIA PXHXA/WTA
XEIT 2WHXA/WTA II,4/WHIT
PIAPXHXA/WTA/WO/MOgbT"
A1AEAWTAA.ONIAEIXETHW
KATAEKETHW TomTIPOLIr
-1AIOTTHXBAXIL-MIKTHX-TITEP
APXIEP 2X TWHX2/IWAPI 92 NT
- MITTENWTEIT-/HP QXA/WTA
21EKAI TOIEP 92TATOWTAMMEIOW
ITA PEATTOTY ANCPHI-/IA
XT-1-1-EINA APEIOTA NVT92/WIA
TOWEATTHEAWAPA
KATAL/HADIXG) EWTA
TITIOTHXIEP 92TATHX"
BOT-AUPHX
587
8.
Auf einem verkehrt stehenden Würfel an der Straßen, Ecke.
.... OMV....
EITIME-4/HG)EWTOX
III XANAXIIAXE 2X"
IT-/TK2NVOX evIIIIIOT"
ATPOTPOTAAIXOT"
9.
An einer alten Mauer im Harem des Muhufelar Agassi.
ATAG)HTTTXHT
HBOT-/HKAIO-1HMOX
ATPETITENETOPA...7ov ?
E-/III-/IANVOTADIA1A2/A
q5 EAEADHBOWITANKPA
TIAX-THINWEI KHXAN -
TA/TA/WEITA-/AITEBAX
TAANWA1EITEIA EN-/O
„EJ2X EIIIATA/OTOX TT
OTIEEP QNVOXBOT-/AP
xor ETHEAwTox
THWTEIN/HINWTOT4IT
O-/OIT 2TA TOTCBOT-/AP
XOTEKT2NWIZ/I/21W
588
IO.
Ebendaselbst.
AIT AG)HTTXH
47"PEPM/IIIONWETTSTAPXHWIEPEA
THXAPTE/WIZ/OXTOWENW-MOETOWKAI
q5 I-MOITIATPIWKAIENMITAXIWITP 92TON
APXI EPAXA/ME/WOWENV-fO E 42XTME
TAMEITA-12/WANAA1J2MAT2WKAI
AO/WTAKONTPOKTWHITHXIOW
JENWOZ-TITONVAITOTON/OWEK69 EIAX-
qDI-/O2/2PIAXAP.EAVTATHWIIP 42TH
A1PXHNEII/q15 A/V 92X/KAITAX-MOI/ITAX
APXAXEKAI-/EITOTPITIAX-TIIEPTEAT"
TOTKAIT2NITAI2/2NWEIKHTOTKAI
EP/WIIIIIOTEKTE-1 EXA/WTA AWA/
(9 EWTA/THITO-METTAX EIO/WEINWEIX>
XEII 2/WIKA/ATPH/MA/TAZ/HWAPI (2/W
MTPIA-/AXITEWTEKAI-/OWTA EIX"
EIII XK.ETHNWTOTITETAXOTTOTGE
ATPOTZ/HNAPIA/MTPIAIIO/HXAME
AVON21EKAI EIII2/OX.ETX XPH MAT2NPH
TEIT-/TKTTATHIATPI2/IEIXTX PH MATA
XEEII2NIKAAHWAPIDNMTPIAXIIEW
TH/KONTAKAITHKPATIXTHBOT-/HAH
JWAPI2NN/TPIA2/AXIIENTEKAITK2XE
MNOTAT32X TWE-/PI 52THX/TEPOTXIAS
AHNAPIAMTPIADT-/AISENTATAIXEEX
TAKTAIXTO TXAWA/PIAWTAXIIPOX-A1H
JWAPIA XEIL/IA
HIEPAD TAHTADNEPIOTPT2NTON
EATTHX KAITH> ITATPI2/OXENVITA
XEINETEPTETHN
e-
589
XLII.
An einem Bade zu Akhiffar verkehrt eingemauert. S. 509.
. . . ATTOTTO..... OETEIW . .
... THX 11 EPITHNWAXIANV.. ...
... OAVTE EX, GDANKA ... ..
... NXOXAQD TOTITIPEX". ...
... THXAXIAX, TEAMEX GEIX"...
.. ATTOKIPA.TOPA . . . LH5-IX// . . .
. . . T92/TEITPANMMMENV (2. ... EZMOE"...
... HXAXIAXE-1A1HXINVENV...
. . . AIOT-MOTIIITOTAP XIEP...
... XE.. EI.. KAATA/TOXAMADIMAXOXA.,
... NHK$2XANV... IIAHIITON...
XINWEIII SHMONKAITAXETHXIIA7 aus
EKTEN 2XII EII-/TP... K 92XA EITO....
EWTAANAN KAIOTATHXPEIATI ....
XEATTONWEITE2/2KENWTOIX AWX"...
XTMIIPEXBETXANTATIEPTH>...
THXKAG)EKOTXIONAIPEXINZ/E2MOXGAIAT".
AXTAG H/WA/A7 TOTTEINMAX-EWTOEIII
XH/WOT4/T52THXIIATPI-/OXTOTTO
. EMI5G) HNWAI-/EKA IIIPOXG) YATEIPH
WOTXET0T2/ETO70/HDIXMATOXTO
AWTITPAlbOWINAITEINOXXHAVIIOAIXE
OTIKATAKOINWOWOT-/ENHAXIA/TOTXETY"
IIOIOTAVTAXATTHIWAMEIBEXGAI
-/E-/OX6) AITO IX EITITH>AXIAXE-1-1 FH
XINITENECOAIKAIOTIIIPOITETPAITTAI...
37. (3)
590
XLIII.
An einem viereckigen Pfeiler zu Sart. S. 511.
... TAITO... OIKOAOM2NKANWO ..
AO, 21 MHTPOITO.AE2X ...
ITATTAXID XIIATPIKIOTTOTAAMKATTOTA.
. IE.OTITPOITEVEKA-1-A/V-1 INMA-I.- K2VENT"..
KAI-/IXTWEOKOP 2NXAP-/MMHTPOITIW-/J. BETTT".
TIEKAIWHWOE2EEIOTETAPTHOM04ororMEw
ATPILTIANK2T29A7YMAXI 2TAT2KAIKAGO...
. IIOPIAW 2 KAIEK-/ETHX-A17"THXIIEPIDA WO....
... TATIOTETAITMENA/KATHXOBIAX2/IA DO..
. A. WHISTOXGATMAXIOTHX KATA-/IAADOP 2/V...
.... NHMX EW MITIONWT-2 TEXNVON/2XTENXEIP Q.
.... ITAOIKO2/OMIKAKAIATEAHTATTAKATA-MIMI.,
...AIXTIIOAIZENT2WTOISEPTOAO TESANAXITIL
.. AONKATAT2NEPITO2/OT2NITIITWOMEN 2N.
.. O-14/... TO)... OTNMENHINWEIEZHTHXENV
...AX-THOMOAOIT.... NE.. AIEE MOXIAN...
IWO... O-1 . . KAIEA. MTMEX, ATHW
.... IONWT... KAITHWX 2THPIANKAI *
TOTT".... MENHX5-14/EO/WTO
ETO TXATTOKPATO.POXIIAN.... E...,
INVE... APAOIOTZ/HIOTET2W...
IPOINETOIMOTOWTOXTOTEPITO4...
.. EXANTAX ... IXC90TX EIZ/EG). ...
TENHTEIT . . IO-1ABHXANWTO. .. ,
T". . ZID. IK.. EIXE2/HNWO EIA . .
AIETEPTEXWITHWTO.
2IANA... AHPOIAHAOf...
... OTMENV... IHTOI TOTENWB ...
HOI10TA... TATTOTTIEIXH..
IITOM... XTMIAEHMEWITPOPAIXEA
...2... IIOTET.II.2TOWEP.
. IZ/EWOTKAG)... PHW.... EBOT"...,
EAIX.A. EAMEWO TEIII. POI.,
TOTB-HXIHWTOTTO 47'TO......
WI ... ATA/TOXENAUMEWO.....,
EPITO-OTOIX... TomTomT. X. PITOISTII, ,
MOPOTANE EI.. q15... WTOXEIEEIIAHM..
97 72TEXWITHWT-2EPTOAABO ANTEI.
9TMENKAI... 2OWAIIEPIIIES IWTON..
EIX. . . PAXITEIIN/MEN IN TOWEP/TO-/OT". . . NMETA...
EE. AKLANT2WEIE.…MEP2NEIMEWT.AW.
TOMV. TAZEXGAIXT. TATTATIIEIXIEWA ... 2/..
…A.AMEWOWTOXTM.… NOTONKAIIIA. P0.
,... TAIIPOITEITPAMMENA
- , ... HM (2 WTIT. ... GEN/
... WEIXEITATHXIIOA1..,
… EXTOWT.AWOMIEMATAOW...
- - - - - IKAX ... KAH.. TIKATA... -
.. EISOT21EWHTION KAIMETATHWTOTIIPO..
. ... XKAIA.... AIAXA-1ETTOTM . . .
.. IIH.. MOAON... HMEKEXKAIA...,
.. WTI ... XINTO.
.. KAIOMO-MOIT... WII.. M... KAITIEX"...,
.. TOTIT... OX... EXTPOT.... 2XEN..
.. TAKAFIIA PEO...
.. KAF . . . KAIIIPOX TAITPOITEITPA/WNMENWA
.. (9 EWTEXITA PATHX.X.HXGATMAXII2THTOX
.. OMOAOITIA KAIEE.OTXIAHIZ/....
• • v. • • • • • • • EW. . . . . .
#
XLIV.
Am Stadium in Eskihiffar. S. 521.
..... 72IKAIXAPIXEEBAXET2107EXEITAXIAW2ITITAT32ZATTOKIPATg...
...T"... TI 21 KAIT2IZ/HM 2IWEIKOXETP 47'OXET-/TKIO 70TOTWEIKOX-TPATO7".
...TOAIGONVEKT2WIAI 2WANEGHKENTAIIPOX-4EILANTATOTEPITOTTEAMEIJAXANTOXX
TO.IPONVOMOTATTOTKAGIEP 42XA WTOXMA PKOTOTA IIIOTTPAIAWOTTOTANG9TIIAT0T"
- - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Z
XLV.
In den Gräbern von Pambuk Kaleffi. S. 528. ZE
F9
I -
HXOPOSKAITOBAG)PIKOWKAITOYOTTOKEINMENVOWGEBA ... 7'07"TOTOHP DOW
ATPH-/IAX/WE-WITHWHK . . . . . HAMQ5 . . . . . PON". . . . . . X, TECDA/WOY
EWIKEKH-/ETCTAIOA/WHPATTHX . . . . . . . . . . . HEPITAXIAT2NWBAADE 2/W.
WIOTCKH-JETZ/HX.ETAIZ/EKTA/TA/TTHETEP 2072/EWIE ZE> . . . . .
KHL/ETG9 HNWAIEIZ/EN/HOKH2/ETX-A1XE1XOIXETTOTADTANZEIZ
TOTTOTAWTIITPA/15ONVAIIETEG) HEIXTA.APXEIA.
594
ci
595
-
#
596
XLVIII.
Auf einem viereckigen Cubus nahe am großen Tempel
dafelbst. S. 533.
. . . ONVKTPEINWA-IIEPA
TIKOWE, EIIIIII
. . . OTTAITIN/MA/TOX"
. . . EKATONTAPXON
-/EITY 2 WAPIONV
- MOTOKIO/IATPH-/ION
.. HAVL2W KAITI
…AHETONEAT
TJ2W51-101V
- - - - - - - - - - - - - -
B e. i l a g e n.
I. Caroli. Morgensternit Recensio XXX mumo-
rum veterum Graecorum argenteorum.
II. Ileber die Richterische Sammlung für Literatur
und Kunst, und über einige alte Inschriften. Schrei-
ben an den Herausgeber von Karl Morgenstern.
III. Moritz von Engelhardt zur Kenntniß der Felsbc-
schaffenheit Syrien's und Klein-Asien's.
Der erste Aufsatz des Herrn Prof. Morgenstern erfähirn als Programm vor
den Verzeichnisse der öffentlichen Vorlesungen der Dorpatischen Universität
für das erste Gennefer 132o, und der des H Prof. von Engelhardt in den
erfen Hefte der Beiträge zur Naturkunde von Dr. Pander. Dorpat, 1920.
599
COMMILITONIBVS HVMANISSIMIS
S. P. D.
CAROLV S IP] OR GENS TERNI V S.
Quod nuper optatam in Enumeratione numerum familiarum
Romanarum qui in Museo academico servantur *), ul Graeco-
rum etiam numerum, quorum lunc nonnisi quinque erant, lon-
sam neriem commonstraudam proponere Vobis possem, commu-
rosas, eius voti citius quam speratam magna saltem ex parte
compotem me factum euo valde laetor. Nam inter varias rec,
') Partic. II. p. XII, quae praemissa est Cataïogo Prae-
lectionum sementium [ d. V. Aug. anni clolocccxvux. haben-
duum. '
600
quibus Vir generosissimus, OTTO MAGNUS ne RICHTER,
Ducatus Livoniae ex ordine equestri Consiliarius de patria sua
optime meritus, Ordinis S. Annae Eques primae Classis, Museum
huius Academiae liberalissime exornavit ex copiis litterariis et an
tiquariis, qua: in itinere orientali collegerat filius desideratissi
II!
mus, OTTO nn RICHTER, medio flore Smyrnae tl. x
xxv
cIaIacccxvr. interceptus amantissimis parentibus, propinquis, amicis,
. Aug.
atque etiam iis litteris quibus ardente studio se dicaverat egregius
iuvenis, locum non extremum occupant numi antiqui, qui sunt
aurei et electrei vu, argentei xxxm. aenei van, tantum non
omnes Graeci. Quum vero illi sine omni notitia, quaenam et unde
sint singula quaeque, Museo siut oblati. meum esse duxi, nu-
mum unumquemque ad patriam et genus suum, quantum pos-
sem, revocare. Cuius operae specimen hoc loco dare placuit re-
censendis triginta numis argenteis Graecis, quorum partem quan-
dam remotiori antiquitati deberi atque rarioribus omnino "annu-
merendam esse mecum iudicabunt harum rerum non imperiti.
Hi sicubi forte erravero in negotio passim non nimis facili atque
'expedito, ut erranti comiter monstrare velint viam, rogo et oro.
Sciant, praeter Doctrinam numorum veterum ab ECKHELIO
conscriptam, quem in describendis singulis *) ducem maxime se
cutussum, pauca subsidia praesto mihi fuisse in Bibliotheca publica,
*) Hac in te ne illud quidem, quamvis levioris momenti esse
videatur'. negligendum putavi, quod ab ECKHELIO non raro
601
quae in Romanorum re numaria satia locuples, in Graecorum ad-
huc est pauper. Sic PELLERINI, NEVMANNI, COMBII, SE-
STlNlI *) aliorumque praeclaris operibus aegre carui. Quae si
quando nactus fuero, quidquid inde lucis ad hos reliquosque
numos illustrandus redundabit, occasione data libenter Vobiscum
coMMrLtTouxs, communicabo. Quod in brevi scriptione de parvo
numorum numero ordini geographico, quem. omnino in Museis
numismaticis disponendis ECKHELIO praeeunte stricte observan-
dum esse censeo, alium modum praetuli, id aequos arbitros vix
reprehensuros spero. Quippe eiusmodi dispositionem quaerebam,
quae et ad temporum seriem notandam et ad artis diversam ra-
tionem spectandam in parvula huiusmodi sylloge non plane in-
commoda videretur. Fateor tamen atque etiam profiteor, in'diiu-
dicenda et aetate et: arte, saltem quod ad populorum et urbium
monetam attinet, probabilitatem quandam aaepius me necatum
esse, quam certam rei exploratae veritatem assecutum.
neglectum monuit immortalium huius viri de re Veterum mima-
ria meritorum aequus aestimator et praeco eloquens, SCHLICH-
TEGROLLVS (Annal. der gesammten Numism. T. I.
p. 25 Non), ut in singulis numis iudicetur, an adversae caput
aut aversae figura dextrorsum spectet vel ainistrorsum, et similia
minuscula.
*) Viri clarissimi duo tantum volumina ad manus erant:
Classes gen. Geogr. numism. et Muaeum Knobelsdarfianum.
602
NVMI ANTIQVI GRAECI ARGENTEI.
A. POPVLORVM u VRBIVM.
Ct-nos max-1.4.
Sphinx alata ad :. )( Quadrata vetusta modo incus-a sa-
tia informia. Epigraphe nulla. III.
Sphiux fere proprius Chiorum typus: conf. Ecxnsn. Do ctr.
num. vet. T. II, p. 564. Quapropter non dubitavi, hunc nu-
mulum antiquissimum, Eckhelio incognitum, huc referre. knti-
quior certe videtur quam omnes Chii insulae numi, qui ab eo
dem p. 564 seq. memorantur.
Lam-saeve Mutus.
Equus marinus alatus saliens ad :. )( Quadrata vetusto
more incusa. Epigraphe nulla. III.
Luxus!-. l. c. T. II. p. 456 hunc numum indicans laudat Se-
stinium, Pellerinum, Hunterum, de hoc et duobus aliis addens:
,,Numi bi cum propter metallupt, tum aevi pervetusti indicia
omnia, insignis sunt pretii, atque etsi inscriptione carent, Lampsa-
ceni tamen causa equi marini alati certe sunt, quia in numis eo-
rum aliis ipsum populi nomen iuxta scriptum legitur. Et quod
amplius est, etiam tum, cum aliis in moneta sua typis sunt usi,
eius tamen sigillum iuxta adstituerunt, ceu Sidetes malum grana-
tum, Selinumii folium apii etc., ex quo satis apparet, Lampsa
cenos Hctitium istud animal velut sibi proprium adseruisse."
Pn.".
UT. Bos gradiens ad e., infra delphinus. )( Quadrala
informia vetusto modo incusa. III,
Memoravit Roca-x. T. 11. p. 269 huiusmodi exemplum ex
Mus. Caes. et ex Pellerino (Rec. I. tab. XVIII.), apposuitque
huius generis numis argenteis magnae raritatis signum (RRR.).
Quam certam argenteae huius monetae epigraphen dicit [|]!
605
priore littera modo singulari formata, ea ipsa in numo nostro
eoque integerrimo reperitur. Ceterum Eckllelius incertum esse
iure dicit, cuiusnam Pyli, quum plures [))-[i fuerint, sit antiquis-
simus hic numus; imo necesse non esse eum Pylo tribuere. sed
alicui ex urbibus quae a binis his litteris incipiant, quaecunque
ea sit. Haec ille. SBSTINIVS quidem (Descriz. delle Me-
daglie rare di Museo Knobelsdorfiano, Berl. 1804)
tab. [. n. Z, 4, 5 delineatos dedit eiusmodi numos, disputans de
eorum patria pag. 18 et in Nott. p. 86 sic, ut Byzantium com-
mendans nobis quidem non persuadeat. COVSINE'RIVH, quem
laudat, eiusmodi numos plures in Bithynia reperisse facile credi-
mus; Pythopolin, quam idem Cousinerius Bithyniae civitatem
lingit, in Geographiam numismaticam non admittimus,
Mscebouu.
Satyrus nudus flexo uno genu mulierem brachiis con-
strictam tenet. )( Quadrata informia incus-a vetusta modo.
Sine epigraphe. III.
Huiusmodi numos, rariores illos, olim Lesbo ex Goltzii
auctoritate tributos, quos pictura et fabrica remotissimi esse aevi
opus testantur, ut vere iudicat Ecxnnurs, non Lesbo, sed Ma.
cedoniae, ita tamen ut de urbe non constet, tribuendos esse do-
cuit praeclarus idem Doctrinae numorum veterum auctor T. II,
p. 500. Cur Lete, Macedoniae oppidum vulgo ignotum, proba?
biliter haberi possit talium numorum patria, eius rei causam in-
dicat SBSTINIVS, ]. e. p. 2, Not. Plures huius generis numos
enumeratMloNNxTr-s (Descript. de Med. antiquas Grecq.
et Rom., T. III. p. 32 seq., cuius operis nonnisi Tomos tres
Priores me .adhuc nactum :esse doleo.). De typis conf. tabb.
MMM-mn (Recueil de Planches, Pl. XLIV, n. 4-et5,)
liny-rimus.
V-ir nudus equum freno retinens, ad s. )( Astrum in typo
incus-a, Epigraphe nulla nec est nec olim fuit. III.
6o4
Hunc prisci operis numum ut ad Erythras referendum putem,
movet me Ecxnezirs l. c. p. 199, laudato simili quodam cum
epigraphe EPTB. ex Museo Pembrock. Rem certam non esse
concedo. Ceterum quos mumos autonomos argenteos, inscriptos
EPT., Harduinus et Pellerinus Erythris Boeotiae tribuunt, eos
omnes esse Erythrarum loniae dicit SzstrMrrs in libro: Classes
generales Geographiae numismatica e P. II. p. 71. Conf.
etiam Schurch TEGnozzrar libro utili, qui utinam mox continue-
tur: Annalen der gesammten Numismatik, T. I. p.
61 seq.
ATHENAE.
Caput Palladis ad d., simplice galea tectum, insuper, ni
fallor, oleae folis ornatum. )( ASE. Scriptura retrograda.
Noctua stans inter duos oleae ramos. III.
Numus antiquioris aevi. Ab is quos laudat Ecxhez. T. II.
p. 209 differt oleae folis quae dixi. In aversa parte non reperi-
tur lunula.
Caput Palladis parwa galea tectum. )( Noctua stans , Slt-
perne iuxta folium olivae.
Numulus formae minimae sine epigraphe.
THEssALIA.
Caput Iovis laureatum, ad d. )( SEXAANN. Pallas
gradiens ad d, pendentibus ex humero allis, d. hast am intor-
quet, s. clipe um praetendit. Duorum magistratuum momen, supra
IIOATZEN., infra ETK. A... (i. e. ETKOAO2), II.
Conf Ecxnez. T. II. p. 133; MrowNET. l. c. T. II. p. 3
m. 19, et CHR. RArr Catal. Numor. vet. Gr, et Lat. Mu-
sei Regis Daniae, Part. I. p. 130, 13 I-
CoRINTHvs?
Caput muliebre ad d. )( Pegasus. Infra littera P satis
detrita. III.
4- 605
Caput muliebre ad s., cincinni: duobus dependentibus,
manili ornatum.. Appasita littera A. )( Pegasus. Infra lit-
tera C,). III.
Corinthum nominavi in duobus his numis, licet, ad quam
urbem referendi sint, certo haud constet. Conf. Ecxrrrrnrz anim-
adversiones in unum; argumenti Corinthii T. II. p. 224 — 255.
,,Lilteram (,7 esse vetus Phoenicium Koph, in cuius locum suc-
cessit K, et illa indicari Corinthum, inter omnes convenit." Eck-
helii sunt' verba p. 245. Caput muliebre in duobus numis nostris,
quamvis in utroque diversum, neutrum tamen galeatum; an for.
tasse est caput Arethusae, numique Syracusis signati? Conf'. Ecx-
”EL. p. 248. Aller numus, in cuius 'antica parte conspicitur A,
possit esse alicuius coloniae Corinthi, ut Aetii, Argi Amphi-
lochii etc. Nihil vero hac in re definire ausim, hoc unum mo-
nens, ambos numos Pegaso insignes, ceterum valde inter se et
metallo et fabrica diversos, proprie non pertinere ad id genus,
de quo Eckhelius p. 249 seq. agit, nonnisi de didrachmis disse
rens, quum nostri multo minoris sint moduli.
,
CHALCXS Evnonu.
Caput muliebre ad d. ‘( Aquila serpentem depascens. III.
Caput muliebre Iunonis esse videtur. Conf. EcxHEL. T. II.
[)* 535
Hxsruu Evaoxu.
Caput Bacchi ad d., racemis redimitum. )( .ZTI. Mu-
lier prorae nauis insidens ad d., s. velum explicatum te-
ne!. III.
Conf. DM)-fax. T. II. p. 525. MIDNNET. T. IL p.3os seq.
Smmws INSVLA.
21. Chimaera ad a. )( Columba volans-. III.
De Siphni, unius Cycladum, numis conf. ECKHHL. T. II,
p. 555 seq. TMNT-72. T. II. p. 524 seq.
606
AM1svs PoNr.
Caput muliebre ad S., cinctum corona fastigata, imauri
et monili ornatum. )( Noctua adverso pectore explicatis alie
basi insistens. Infra IIEIPA, superne, tamen subnoctuae allis,
MTAA. II.
Cuinam urbi tales mumi remotae sane vetustatis tribuendi
sint, certum esse negat Ecxnzz. T. II. p. 390. SzstrNrrsvero
in IIEIPA urbis nomen quaerens, non sine magna probabilitate
eos Amiso Ponti tribuit, quae urbs a Milesis aedificata, ab Athe-
miensibus subinde colonis frequentata, Strabone teste ab his vo-
cata Piraeum. Conf. etiam Sestr1 wirr Mus. Knobelsdorf
p. 34, ibique tab. II. n. 2. Inscriptio MTAA nostro mumo pro-
pria videtur, isque ob eam memorabilis. Quae quorsum per-
tineat, doceant nos qui compertum habent.
Rhon vs INsvLA.
Caput Solis radiatum, liberaliter crinitum, ad d. )( PO.
Balaustium. Pone rosae callyx, cuius pars inferior formare
mihiquidem videtur monogrammate litteras TE. Supra legitur
APTEMON. Haec omnia in quadrato incuso. III.
Conf. Eckheiz. T. II. p. 6o2. Exemplar numi non raro ob-
vi elegantissimum. Imaginem eius habes apud Mrow verrar (P.
LII. n. 1.)
THAsvs INsvLA.
Silenus flexo sinistro genu ad S., dextera tenens vas an-
satum, sinistra femori admota. )( OAXIQ. Diota intra qua-
dratum incusum. III.
De numis Thasi, opulentissimae insulae Thraciae, conf. Ecx-
nez. T. II. p. 52 – 55, apud quem non inveni typum nostro
convenientem. Similem fere laudat Sxsrrwirrs Descr. Mus.
Knobelsd. p. 24. Oblonga numuli ex argento purissimo forma.
PARIvM Mys1Az.
Persona lingua exserta serpentibus horrens. )( II. Bos
stans st respiciens ad d. III.
607
lou-[ pedes bovis esse videtur littera H; sed certo dici non
potest de exemplo, cuius amica integerrima, aversa minus integra.
Hic numus vetustus tribuendus est Pario ad Propontidem. Ery.
:hrarum coloniae. Conf. EcxmrL. T. ll. p. 459, qui Sasa-unr
opera Parianorum rem numismaticam praeclare illustratam can-
dide agnoscit. Conf. etiam, quam Eckhelius laudare nondum
poterat, Sestinii Descriptionem numor. rar. Musei Kno-
belsd. p. 47, ibique tab. 11. n. 8, quae similem numum exhibet,
cuius aversa integra superne monstrat litteras HA, inferne PI.
*
Sum Paul-uum.
Caput Palladis ad d. )( Victoria gradiens ad s., d. co-
ronam praefert; in area malum Punicum, et infra Al. 1.
Vid. Ecan-L. T. lll. p. 15 seq. Numus propter metallum
et pondus spectabilis, qui an inscriptione differat ab iis quos ex
Mus. Caes., e Pellerino et Huntero laudat Eckbel. !. c.. confe-
renti patebit. *
LVSIMACHXA CHEBSONBSI THBACIAI.
Caput leonis ad d. )( ATEI. Spica. Ill.
Caput Apollinis laureatum ad d., occipitio velato. )(
ATZIMAXESZN. Circa est corona spicea. lll.
Numus, quem altero loco recensui, maior est priore, pon-
dere insignis. Eius in averso typus Ecxrrguo (conf. T. II. p. 50)
haud memoratus. Argenteorum Lysimachiae idem mentionem fe
cit nullam.
CtsTorl—touvs [Z]-WU.
Cista semiaperta, ex qua serpens ad s. provolvitur, omnia
intra coronam ex hedera et corymbis contextam. )( 'E-I-E.
Duo serpentes caudis mire implicatis exsurgentes complectun-
tur nescio quid. In. area gallus gallinaceus.
De pharetra, taedis. aliisque rebus inter serpentes positis
certus non sum. De huinsmodi imaginum in cistophoris obscu
608
.
ritate vide Ecxmsunr T. 1V. p. 357, 558, coll. p. ZZZ. 554.
Laudat in diss. de numis cistophoris p. 555 Ephesi cistophorum,
sed illum a nostro diversum. Litteras solitarias easque arithme-
ticas quum in omnibus cistophoris Ephesi, quotquot viderit ma-
gis integros, in area aversae se observasse affirmet p. 563, quae-
sivi eiusmodi notus in nostro quoque numo maxima sui parte
optime conservato. Obscuris saltem indiciis agnovi, et quidem for-
mis ZA, ita quidem, ut si de priore nota dubitatio relinquatur,
altera A adsit omnino.
Tirontim causa, qui haec legent, addo. omnes cistophoros
argenti esse purissimi, pondere ad tetradrachma accedentes, eo-
rumque patriam fuisse eam Asiae minoris partem; quae olim re-
gum Pergamenorum ditio, subinde Romanis testamento subiecta
est, atque eorum argumentum unice ad Bacchi mysteria et orgia
pertinere. Eckhelius quidem p. 565 ,cistopltoros monetam illi
Asiae minoris parti propriam signatamque in quemcunque usum
sive sacrum sive profanum esse putat, perinde ut suam Atlte-
niensibus aliisque populis et civitatibus. Quo tempore cudi coe-
perint, eodem iudice p. 363 nihil potest probabile aHerri. Illud
unum constat, iam V. C. 564 obviam fuisse in Asia monetam.
quod eo anno Man. Acilius Glabrio in triumpho, quem de An-
tiocho M. egit, cistophororum ingentem copiam praetulit (Liv.
xxxvu. 462).
B. RAEGVM.
MACEDONME.
Parum-r u.
Caput Iouis laureatum ad d. )( QIAIHHOT. Eques lento
gressu ad .r., d. elata. Sub primo pede elato gradientis equi
astrum. , sub tertio littera A. II.
Opus elegans, minime barbarum. ConF. Ecxmvt. T. II.
p- 94- 95
6og
Caput Apollinis laur. ad d. )( Figura muliebris in citi
big is add., d. porrecta scuticam tenens. Subpedibus equorum
HIAIIIIIOT er fulmen. III.
Opus elegans. Conf. Ecxhsz. ibid. p. 94. Ex aureis Phi-
lippi, inquit, hi maxime obvi, argentei similes rari.
AL ExA NDR 1 M.
Caput imberbe (Herculis) ad d, leonis exuvits tectum. )(
AAEE AN AP.. Iüppiter seminudus ad d, sedens, d.aquillam,
s. hast am, in area avis ala alata: intra fulcrum sedis, ni
fallor, serpens. III.
Caput imberbe (Herculis) ad d, leonis exuvis tedtum. )
AAEE ANAPO. Iuppiter seminudus ad d, sedens, d. aqui-
lam, s. hastan, in area TI et intra fulcrum sedis apis. IlI.
Gont. Ecknez. 1. c. p. 98. De Herculis, non Alexandri, ca-
pite vid. eundem p. 99. Apis sigillum pertinere potest aut ad
Ephesum, aut ad Ara dum, ut in alterutra numus cusus sta-
tuatur. Conf. Eekhel. 1. c. p. 1oo, 101.
THRAclan.
Lrs 1 Mr. A c H. r.
Caput Regis diadematum add., adstituto arieris cornu. )
BAXDIAES2X . ATXEIMAXOT. Pallas sedens ad d., d. Victo-
riolam, s. hastan, et simul clipeo, qui capitis formam refert,
innixa. Sub Palladis dextra monogramma, sellae fulcro in-
clusum BT, infra sagitta, sceptrum aliaque. Num. maximi
moduli.
Conf Ecxhez. T. II. p. 56. De principio vocabuli BT
idem p. 57 non ausit certun quid affirmare.
Caput Herculis imberbe ad d., leonis exuviis tectum. )(
BAXI.ATXI. intra coronam spiceam. III.
Conf. EcxHzz. ib. p. 57.
AkoyPTI.
Pro zz zur L Fr 1. So rz n1 s.
Caput Regis diadematum ad d. )( . . OAEMAIOT EM-
39
610
THPOZ. Aquila fulmini insistens. In area 21 et A!; etiam.
anm", ni fallor, AA, quanquam hoc certo aflirmare non au-
sim. I.
Numus operis egregii. Conf. Emun-I.. T. IV. p. 6.
Bx'rm'Nuz.
FMM-ua]".- aut II. aut IV. EPIPHJNIJ.
Caput Regis diadematum ad d. )( -BA$IAEQE. EHICPA-
NOTE. Iuppiter seminudus ad s., stans, d. porrecta, :.
alata hastam, in area aquila fulmini insistens et nota anno-
rum. AP. I.
Conf. ECKIIEL. T. II. p. 444, 445. Mzomvzr. T. II. p. 509
—5u. Vox NIKOMHAOT eam tanlum ob causam abesse vi-
detur, quia margo numi haud vulgaris ex altera pane vi est ab-
latus. Idem valet de corona, quam Iuppiter d. porrecta tener.
solet in huiusmodi numii. Nolam annorum AP aliis dispicien-
dam relinquo. De epocha Bilhynica consule quae Eckhel. 1. c.
p. 397 neq. ali-'on variorum sententias salis incertas.
CNY-oom“.
AHIOBARZANIS I. PHILORDMJBI.
Caput Regis diadematum ad df )( BASIAEQE. APIO-
BAPZANOT. ÖIAOPÜMAIOT. Pallas stans ad s., (1. Victa
rialam, s. hastam. cum clipeo, inji'a vel AI vel AI. Etiam
duo munogranimata in area, alterum sub Victuriola, alterum
post hastam. Ill.
Conf. Dax!-a;. T. III. p. 199.
In numo Palladis victrici: imaginem referente, simul voce
ÖIAOPQMAIOT insignita-, cemus desinit noster. Placet omen.
Nempe. Vos. Commurouns, ipsos auguramur fore, alia quidem
censu quam C a p p a d 0 cum r ex, WWF-MMM!) atque eziam
611
WManvur, quandoquidem Romanos amare "nequit,. qui Graecos
oderit. Illud autem Vos proposita iam lectiOnum academicarum
tabula speramus statim comprobaturos in iis scholis. quas sanus
nemo frequentaverit, qui alienus sit a litteris et Graecis et Latinis.
P. P. in Vnivers. litt. Dorpatensi. d. XV. Iau. cIoIacccxx.
onusque-nn
612
leber die Richterische Sammlung für Litteratur und Kunft,
und über einige alte Inschriften.
S ch r e i b e n a n d e n H. e r a u. sg e b er
HON
Karl Morgenstern.
Sie verlangen von mir, theurer Freund, als Beylage zur Rich-
terischen Reisebeschreibung, die Angabe dessen, wodurch aus dem
Nachlaß des viel zu früh uns Entriffenen die Bibliothek und
das Museum unserer Universität bereichert worden. Ich bin Ih-
nen auch Rechenschaft fchuldig, wie ich Ihren Wunsch zu er-
füllen suchte, ich mochte bey den dem Buche bengefügten Grie-
chischen und Lateinischen Inschriften die letzte Correctur der Druck-
bogen übernehmen.
Zuerst in Hinsicht der litterarischen Schätze kann ich, als
Vorsteher der Universitätsbibliothek, in welche fiel kamen, nur
wiederholen, was ich schon in den Dörptischen Beyträgen
(Bd. III. S. 464–466) bekannt gemacht habe. An Hand,
fchriften empfing sie im J. 1819:
1, Die Abentheuer Antar’s, den Arabischen Ritterroman
in 32 Bänden in verschiedenen Formaten. Dazu kam noch den 30.
613
October 182o: ein Band einzelner Blätter, den 43sten Theil der
Geschichte Antar’s enthaltend. Unfehlbar erinnern Sie sich defen,
was vom Werth, Wesen und Geist dieses merkwürdigen Romans
der treffliche Kenner der Poesie des Morgenlandes, Joseph v.
Hammer, in seinem lehrreichen und anziehenden Aufsatz in den
Wiener Jahrbüchern der Lit., Bd. VI., S. 229–269 gejagt hat;
auch über das im Allgemeinen Unbestimmbare der Bänderzahl des
großen Arabischen Werks S. 23o 233, und über den muthmaß-
lichen Verfaffer S. 2, 1, 242, 245, 258; so wie der Recension von
Terr ick Hamilton's 82o mit dem vierten Bande geschloffe-
nen Englischen Uebersetzung des in Syrien abgekürzten Werks, die
in den Göttingischen Gel. Anzeigen 182o St. 199 steht. Diese
Ueberfetzung habe ich indes auch für unsere Universitätsbibliothek
angeschafft.
2. Saadiºs Rosengarten.
3. Hafi's Gedichte
4. Ghazel, Sammlung Perfischer Gesänge, auf Perga-
ment, mit eingemalten Bildern und Vignetten.
5. Gedichte des Wedfir Behanddin.
6. Den Divan Gabrielºs.
7. Anthologie Ebn Chiltan” s.
8. Die boshafte Schlange, ein poetisches Werk.
9. Dhem fhjd und Chairfhjd, Türkischen verfifficirten
Roman auf Pergament mit Malereyen.
10. Commentar des Briefes von Ebn Dfir ran.
11. Commentar eines Arabischen Gedichts von einem Unge-
KANNten,
12. Geschichte der ersten Türkischen Kaiser mit eingemalten
Bildniffen; kl. Fol.
13. Beschreibung Andalusiens.
14. Einen Türkischen Briefsteller.
15. Eine Türkisch-Arabische Sprachlehre.
16. Einen chronologischen Aufsatz in Türkischer Sprache.
Dazu wurde nachgeliefert den Zo. Oct. 182ot
614
der Rosengarten des Scheich Mosleheddin Saadi von
Schiras, ein zweytes Ex. von Nr. 2;
ein Türkischer Kalender, und
zwanzig Türkische Dokumente, Firmans und Empfehlungs-
fchreiben der Pforte und ihrer Befehlshaber in Kleinasien, Syrien,
Palästina und Aegypten.
An gedruckten Büchern:
Aus den Druckereyen von Scutari und Constantinopel: Chro-
niken der Turken, zehn Bande, Fol., und eine Türkische Erdbe-
schreibung mit vielen illuminierten Charten, Fol.
Aus der Arabischen Druckerey des Klosters Marhanna auf
dem Libanon:
1. Das Buch der Weiffagungen der Jüdisch - Christlichen
Kirche; einen Band Fol.
2. Das Buch der Evangelien; einen Band Fol.
3. Das Buch der Episteln; einen Band 4to.
4. Die Meffaslehre von Eustachius dem Aeltern, einen
Band „to.
5. Erläuterungen der Lehre; einen Band 8vo.
6. Das Buch der Psalmen; einen Bandsvo.
7. Liturgische und asketische Schriften; einen Band 4to, vier
Bände 8vo, einen Band 12mo.
Von dem, was das unter meiner Direction stehende Kunst-
museum erhielt, ist bey weitem das wichtigste Stück der von außen
und innen mit Malereyen der mythologischen Symbolik der Aegy-
ptier, in Verbindung mit ihrer Hieroglyphik, bedeckte große Mu-
mienf a rg von Sykomorus-Holz, mit feinem eben so verzierten
Deckel. Das Ganze hat bekanntlich die Mumienform, nach oben
abgerundet, von den Schultern bis zu den Ellbogen sich erwei
ternd, und nach dem vorstehenden Fußbrette zu verengt. Es ist, mit
Ausnahme einzelner, meist kleiner, Stellen des Deckels, sehr
wohl erhalten: nur, daß letzterer nach unten, besonders in der
Fußgegend, bedeutend beschädigt ist; fo jedoch, daß auch hier die
Fragmente, manche kleinere freilich schwer zusammen zu paffen,
61 5
nicht fehlen. Die Länge beträgt nach Rheinländischem Maß6 Fuß
4 Zoll; die größte Breite bei den Ellbogen - Fuß 1 Zoll, die
kleinste oben am Kopfe 1 Fuß 2" Zoll. Die Höhe beträgt amu Ko-
pfe 2 F. z. Z., in der Mitte 1 F 9 Z., vor den hervorstehenden
Fußbrett nur 1 F. 7 Z., ben und mit dem Fußbrett aber 2 F. 7 Z.
Die Hohe des Sargkastens ohne den Deckel ist nach unten 1 F.
54 Z., nach oben 1 F. - Z. Die Malerey ist auf hochgelb über-
färbten, meist über einen Lehmgrund gezogenen Gripsgrund, mit
Leim- und Lackfarbe aufgetragen, und zwar an manchen Stellen
fo dick, daß die Gegenstände plastisch und wie en relief erscheinen.
Der gelbe Firniß, mit welchem jene überzogen ist, erlaubt überall,
wo er nicht etwa zufällig abgerieben worden, das nasse Abwischen,
wodurch die Farben lebhafter, ja brennender hervortreten. Am
braungelben Gesicht von keinesweges unedler Bildung mit grünen
Umriffen der Augen und Augenbrauen und mit dunkeln Augen, starrt
der zapfenartig unter dem Kinn angefzte dunkelgrüne Bart, durch
kleine gelbe Streifen als geflochten angedeutet. Das mit wohlge-
bildeten, fleißig ausgemalten Ohren versehene Antlitz ist umgeben
von der heiligen Haube (Calantica), die grün und gelb gestreift
ist; doch so, daß daran: (vielleicht wegen Abgangs des Copalfir-
niffes) statt der grünen Farbe hin und wieder die blaue erscheint.
Die braungelben Hände liegen über die Brust gekreuzt. Die un-
gemein zahlreichen Figuren, welche, das Gesicht, die Hände und
den größten Theil des Brustschmucks ausgenommen, die ganze äußere
Oberfläche des trefflich erhaltenen Sargkastens, sowie des Sargde-
ckels, der genausten Betrachtung werth machen, beziehen sich auf das
Gericht über die Seele im Todtenreich. Das Innere des Sargs, mit
Ausnahme der innern, nicht gefärbten, Seite des äußerlich fokunst-
reich bemalten Deckels, ist dunkelroth angestrichen. Auch hier fin-
det sich überall beachtenswerthe Figuren- und Hieroglyphen-Ma-
lerey, zum Theil auf weißem Grunde; doch mit geringerer Sorg-
falt und mit ungeübterer Hand ausgeführt, als an der äußern
Oberfläche des Werks, aber wohl erhalten; auch ist hier der Fir-
niß weniger glänzend, als dort. Da im Innern keine Spuren
616
vonfettigen Harzen und Spezereyendes Mumienkörpers zu fehn sind,
fo ist nicht unwahrscheinlich, was der Reisegefährte des fel. Richter,
der kenntnißreiche Sven Lidman, jetzt Professor in Linköping,
ben, feiner Durchreife durch Dorpat gegen mich äußerte, daß von
diesem Mumienfutteral aus unbekannter Urfach noch gar kein Ge-
brauch möge gemacht feyn. So erklärte sich auch fchon daher das
Fehlen der Mumie. Eine genaue Vergleichung der einzelnen Bil-
der mit andern bekannt gemachten und erklärten, z. B. mit der
Kupfertafel in den Fundgruben des Orients, V. Bd.,
S. 277, nebst Jof. v. Hammer”s dazu gehöriger Abhandlung:
„Die Lehre von der Unterwelt der Aegypter“ u. f. w., auch mit
dem, was Zoéga de obelisc. orig. et usu p. 304, 317–332, 372
seq, 652, Böttiger in feinen „Ideen zur Archäologie der Male-
rey“, und Creuzer im ersten Theile seiner Commentationes He-
rodoteae gefagt haben, muß anderer Zeit aufbewahrt werden.
Gewiß würde mein alter Freund Böttiger, besuchte er jemals
unfer Dorpat, fich dieser „echten Ofirismaske“ freuen. „Wo es
ganz prächtig zugeht“, sagt er, (J. d. zur Archäol. der Mal.
S. 55) „da spreizt Ifis auf der Brust ihre großen Flügel u. j.w,
Das ist hier der Fall. Nur werden hier von der grünen Isis, die
in den ausgestreckten Handen Schluffel hält, diese Flügel nicht
auf der Brust ausgefpreizt, sondern auf dem mittlern Leibe, da
der Brustschmuck weit heruntergeht, in dessen oberer Mitte,
hier, beinah wie auf einer gewissen Mumie (vgl. Zoega
a. a. O. S. 262), ein Scarabäus mit der Kugel darüber zwi-
fchen zwey kleinen dicht dabey stehenden Sperbern sich befin
det, und da zwischen diesem reichen Brustschmuck und jenen
großen Flügeln, durch einen blauen Strich von ihnen gefon-
dert, schon ein ganzes Feld mit mannichfaltigen Figuren und
Hier glyphen fich hinzieht, worunter an jeder der zwey Sei-
ten auch eine grüne weibliche Figur, selbst mit verhältnißmä-
ßig großen Flügeln, niederhockend eine grüne Feder hält. Unmit,
telbar unter den gewaltigen Ifisflügeln ruht eine grüne Sphinx
auf roth gepolstertem Sopha; daneben erheben ein paar nieder-
617
kauernde weibliche Figuren die eine Hand über das Haupt. Doch,
ging' ich ins Einzelne, wo sollt' ich anfangen? wo endigen? Er-
wähnen will ich nur noch, daß ich ganz nach unten zu, an den
dort leider stark beschädigten Stücken, auch die hier grünen
Köpfe nebst andern Theilen der wohlbekannten zwey Wölfe,
,,der Wächter der Unterwelt“, nicht vergebens suchte. Ges
nug, mein Wunsch ist fehr natürlich, daß einst von dies
fem fo merkwürdigen Mumienfarge forgfältige Abbildungen,
fey's in gestochenen Umriffen oder lithographirt, möglich ge-
macht würden, die, wenigstens zum Theil, auch coloriert feyn
sollten. In einem solchen Hefte müßten, außer den Blät-
tern für die Bilder und Hieroglyphen der einzelnen Felder, auch
ein paar größere Zeichnungen Zusammenhang und Ueberblick des
Ganzen geben, begleitet wenigstens mit kurz gefaßten Erklärungs-
versuchen der Hauptfachen. Sehr leicht ausführbar ist freilich
das Unternehmen nicht, da es viel Muße erfordert, auch ziem-
lich kostspielig feyn würde. Indes findet auch diese Arbeit einst
wol ihren Mann, zumal da das alte Werk nun in einer für die
Dauer angelegten Sammlung (dieß ist ein Vorzug öffentlicher An-
falten) da steht, oder vielmehr – die Wahrheit zu fagen – jetzt
noch da liegt; nemlich auf einer niedrigen, dazu vorläufig ge-
machten Bank. Ich werde indes dafür sorgen, daß in kurzem,
in aufrechter Stellung, wie sich's gebührt, unser Ofiris aus feinem
Jahrtausend auf uns Nordländer dieser Tage herabschaut. Denn
irre ich nicht, so wird einst der Mumiensarg unters kleinen Mu-
feums neben dem prächtigen des Capitäns William Lethieul-
lier im Brittischen Museum, den beiden im Institut zu Bologna,
dem Werlichen in Kirche rºs Oedipus beschriebenen, und ne-
ben wenigen andern neuerlich gefundenen, von den Archäologen
Europens genannt werden.
Fehlt uns nun gleich eine Mumie zu dem großen Sarge, so
haben wir doch zwei Mumien, die ich in fargartigen Glaskasten
aufstellen ließ. Die eine ist unter der Größe einer erwachsenen
Person, 4 Rheinl. Fuß lang, die andere die eines Kindes von
613
zwei bis drei Jahren, 2 Fuß5 Zoll lang. Kindermunten kommen
bekanntlich sehr selten vor. Beide sind mit Bunde: umwickelt,
ohne gemalte Gesichter, uberhaupt ohne Verzierung.
Etwas in Europa gewiß höchst selten zu Sehendes ist unfre
Mumie eines kleinen Hundes. Der verstorbene Prof.
- Langguth (de bestis Aegyptiorum studio conversis in mumias.
I. Vireb. 808. 4. p. 25) führt Abd” allatif an als Augenzeu
gen von mit Binden umwickelten Hundsgebeinen, die dieser in eig-
nen Hunds Grabgewelbett angetroffen habe. Unser Exemplar, etwa
ei; Zou lang, zeigt den beinahe vier Zoll langen hervorstehenden
Kopf des Hundes mit Binden umwickelt in einer natürlichen Ge-
falt, mit wohl erhaltenen Zähnen. Der Leib sieht beynah aus
wie der eines Wickelkindes.
Haufiger schon finden sich in Europäischen Sammlungen
Ibismumien, der gleichen in den Gruften von Saccarah ge-
funden werden. Wir haben drey, die eine zugleich mit dem Topfe,
worin sie aufbewahrt wurde, dessen Form den Thonformen der
Hüte in unsern Zuckerfabriken ähnlich ist. Was Langguth in
einem andern Programm: De mumis avium in Labyrintho ap.
Saccaram repertis (Viteb. 1803. 4) gesammelt hat, und was in
Denon's Voy. Pl. 99 gut abgebildet ist, läßt in den archäologie
fchen Vorträgen durch unsere drei Exemplare sich nun noch an
schaulicher erläutern. -
Neben jene zwei Menschenmumien habe ich die Mumien
Idole von Thon und von Stein gut gelegt, dergleichen
häufig bey den Mumien in ihren Särgen gefunden werden. Drey,
etwa eine Spanne lang, sind von Thon ohne Glasur: zwei davon
von rothgebranntem, eine von weißgelblichem, und zwar jene
zwey mit Spuren von farbigem Anstrich, diese mit Resten von
Malerey. Dreykleinere von Steingut haben blaue Kobalt-Glasur
und mit schwarzer Farbe darauf gezeichnete Hieroglyphen. Ein
ähnliches kleineres ist ohne Glasur; ein halb Dutzend von grünge
färbtem Steingut, meist ohne Glasur, alle diese ohne Hieroglyphen.
Außer einigen andern, in der Kurze schwer zu beschreibenden,
619
Kleinigkeiten von Serpentin, und von Thon mit und ohne Gla-
fur, finden sich über sechzig fehr kleine Figuren, von der
Größe eines halben Zolles, eines Zolles, Weniges von zwey Roll;
meist mit Oehren als Amulette verfehn. Sie sind von Steingut, mit
blauer und griner Glasur, ein paar davon zugleich mit Punkten
und Linien von gelbem Schmelz. Darunter mehrere Bilder des
Osiris, der Jfis , des Typhon; ein Harpo trat es
u. f. w.; eilf Ofir is - Augen, das größte - Zoll lang und
beynah einen Zoll breit. Bey diesen konnte vielleicht, was Blu-
menbach (Specim. Hist. naturalis antiquae artis operibus illu-
stratae p. 17, 18) erinnert hat, zu weiterer Untersuchung Anlaß
geben. Außer diesen eilf haben wir zwei Stück, die aus mehrern
zusammengesetzten Augen bestehn; auch mehrere Priesterhauben,
Vögel, Blumen u. a. m.; hier auch eine mannliche Figur von La-
pis Lazuli, 1 Zoll lang. Aehnliche Aegyptische Kleinigkeiten fin-
den Sie abgebildet ben Montfaucon, in P. Mir che rºs Oedi-
pus, im Recueil des Grafen Caylus und in Demon's Voyage.
Ferner ein vierecktes Stück von Steingut mit grüner Glasur
einen Zoll lang, auch zum Anhängen durchbohrt, wo auf jeder
der beyden Seiten als vertiefte Figur ein Krokodil erscheint; eben-
fo drey kleine Stücke mit Hieroglyphen; zwey heilige Käfer des
gleichen, von 3 bis 4 Zoll Lange, und einer von Lapis Lazuli,
alle drey ohne Hieroglyphen. Ueberdieß acht und zwanzig Sca-
rabäen theils von Steatit (Speckstein ), theils von härtern
Materien, von der Länge eines Viertelzolls bis zu der eines Zolls;
ebenso verschieden an Farbe, nemlich grün, oder graugelb, oder
graubräunlich, oder schwärzlich; auf der flachen Seite alle mit
Hieroglyphen, alle zum Anhängen durchbohrt; außerdem noch
ein Stück, wo auf der convexen Seite fünf Käfer zusammen erho-
ben geschnitten sind. Von den Hieroglyphen dieser Scarabäen ge-
denke ich bey erster Gelegenheit dem Forscher Bellermann in
Berlin Abdrücke in Siegellack zu senden, die ihm bey der Fort-
fetzung seiner seit 132o erschienenen gelehrten bey den Abhandlun-
gen „über die Starabäen-Gemmen“ u. f. w. gewiß willkommen
62o
fern werden. Deßgleichen von einem viereckten Serpentinstein,
2 Zoll lang, 2 Z. breit, 1 Z. dick, auf welchem zwischen zwei
der "Lange nach hinlaufenden Parallellinien Hieroglyphen eingegra-
ben sind. Zu diesen Sachen kam den 30. Oct. 182o ein ovaler
Chalkedon, etwa anderthalb Zoll lang, beynah einen Zoll breit,
mit eingegrabener Arabischer Inschrift auf der einen Seite,
auf der andern unbeschrieben.
Von Bronze haben wir an Aegyptischen Alterthümern neun
kleine Priester-Figuren und andere, die größte 2 Zoll lang,
die kleinern etwa 1 Zoll, zwei davon mit Oehren zum Anhän-
gen. Ferner ein Auge von Bronze von natürlicher Große, das
Weiße darin mit Schmelz; auch einen Arm, 24 Zoll lang, lez-
tere wahrscheinlich von Griechischer Arbeit. Entschieden Grie-
chische Arbeit, und zwar von wohlgerundeten, fchlanken, anmu-
thigen Formen, ist eine 8 Zoll hohe bronzene unbekleidete weibliche
Figur mit einem Diadem, wahrscheinlich eine Aphrodite, in der
Rechten etwas in die Höhe haltend, das eher eine Sandale, als
ein Spiegel scheint; vollständig erhalten, nur daß durch unvor-
fichtiges Einpacken die Nasenspitze, das Gefäß und ein Hacken et-
was abgerieben worden. Diese, wie Sie mir aus Richter’s Papie-
ren mündlich mittheilten, in Damaskos gefundene Figur ver-
dient meines Bedünkens durch einen Kupferstich bekannt zu werden.
Von reinstem Golde ist ein Löwenköpfchen mit einer Art von
Halsband, sich endigend in ein gekrümmtes Geflecht, von getrie-
bener Arbeit; das Ganze etwa 1 Zoll lang, wahrscheinlich aus
Griechenland. Mir fiel dabey ein die Nachricht, die ganz neuer-
lich (1821) Hughes in feinen Travels in Sicily, Greece and Al-
bania von antiken Goldarbeiten gegeben, die man seit einiger Zeit
beym Nachgraben in den Gräbern der Jonischen Inseln finde.
Auf einem hölzernen Gestell befindet sich eine ohne dasselbe
1 Fuß 8 Zoll hohe aufrecht stehende mumienförmige Figur von
Holz mit grün angemalter, mit Attributen der Ifis versehe-
ner Haube. Vorn und hinten läuft auf rothem Grunde ein gelber,
mit schwarz gezeichneten Hieroglyphen versehener Streifen herab.
621
Merkwürdiger noch ist eine Aegyptische männliche Figur
(Priesterfigur?) von gelblichem Kalkstein, knieend, einen lebens-
großen Widderkopf haltend, auf einer Bafis aus demselben Stein.
Der dicke Hals des Widders, sich verlierend hinter, oder vielmehr
auf einem kleinen Altar, auf dessen Vorderseite ein paar Hiero-
glyphen sind nebst Raum zu vielen andern, die vielleicht noch da -
auf kommen follten, hat Spuren blauer und rother, wechselnder,
von oben herabgehender Streifen. Zwischen den Hörnern des mit
Maturwahrheit gearbeiteten Widderkopfes ist ein gebohrtes Loch,
groß genug, um einen Finger hinein zu stecken. Das Ganze ist
hoch 1 Fuß 74 Zoll, lang 1 Fuß 1 Zoll, breit 9 Zoll; nemlich
nach Rheinländischem Maß, in welchem alle hier vorkommenden
Größen angegeben sind. Sollte diese Gruppe vielleicht aus The-
bä feyn, wo, wie in Lybien, das wolle tragende Thier frühzeitig
verehrt wurde? Man denkt bei diesem alten kleinen Kunstwerk
unwillkührlich an jene Alleen von Widderkoloffen zu Karnak, die
Jedem schon wenigstens aus Heeren”s, Ideen“ (II. Dh. II. Abth.
Dritte Aufl. S. 808), wohl bekannt sind.
Ein Kopf mit einfacher Calantica von grünlich schwarzem
Kalkstein, wohl polirt, 4 Zoll hoch, etwa eben so breit und
eben so dick; mit scharfen Zügen und doch weich gearbeitet. Nur
die Mafe fehlt.
Eine Büste mit ähnlichem Kopfe und ähnlicher Kopfbede-
ckung, wie beym Vorigen, roher gearbeitet, von Granit, an
der Rückseite mit eingehauenen Hieroglyphen, am untern Theile
beschädigt, 114 Zoll hoch, 7. breit und eben so dick.
Es folgen noch vier fehr interessante Stücke:
Eine große, schwere Kalkstein - Platte mit einem nach
Aegyptischer Weise vertieften Basrelief, (relief dans le creux)
zwey lange, schmale Figuren, eine männliche mit geschornem
Haupte und eine weibliche, doch bende nur als Kniestück, enthal-
tend; darüber eingehauene Hieroglyphen; auch auf der einen Seite
der Dicke des Steins find Spuren eingehauener Hieroglyphen Die-
fer Stein hat 3 Fuß 1 Zoll in feiner großten Lange (denn er ist nach
62 2
oben fahrag abgebrochen), 2. Fuß. 2 Zoll in der Breite; 7 bis 7
Zell in feiner etwas ungleichen Dicke.
Zmey : alk t ein - Platten, beyde oben regelmäßig abgerun-
det, beide mit eingegrabenen Figuren (ohne Relief, nebst Ueberbleib-
feln von Färbung, auch mit Hieroglyphen. Auf der einen das Tod-
t gericht in Amenthes denn so nennt, wie Sie wissen, Herodotos
die Unterwelt der Ategriptier); auf der andern Opfergaben und
(Gebete an den mit einem Wolfskopf Thronenden: beyde Steine,
nie so manches dieser Sammlung, baldiger Bekanntmachung
durch - upjerstich oder Steinzeichnung würdig. Der erste ist
1 Fuß 3 Zoll lang, 11 Zoll breit, 7 Zoll dick; der andere 1. Fuß
7 Zoll lang, 1 Fuß 1 Zoll breit, 2 Zoll dick.
Dasselbe gilt auch vorzüglich von der piramidalifchen
Spitze eines kleinen Obelifken von hochgelbem Sand-
stein, . " Zoll hoch, jede Seite der Grundfläche etwa von 8 Zoll.
Die auf allen vier Seiten, nach Aegyptischer Art als vertieft an-
gebrachte Reliefs, vorkommenden Figuren, so wie die auf zwey die
fer Seiten darunter befindlichen Hieroglyphen sind von besonders
fcharfer, zugleich zierlicher Arbeit; erstere auch mit den Resten
von Farbung, besonders blauer. So an dem stattlichen Habicht,
den zwey fitzenden männlichen Figuren, dem Scarabäus mit aus
gebetteten Flügeln unter der Kugel. Letzteres Bild besonders auf
unterm chienen Fragment erinnert mich an die Kupfertafel mit dem
„Pyramidion Obelisci Campensis“ bey Zoega (de orig. et usu Obel.
Vgl. daf auch p. 74.44-seq 588 seq) Bekanntlich nimmt der Dä-
nische Archäolog jenen Obeliskus von Heliopolis, aus dort ange-
führten Grinden, als der Sonne und dem Arveris, dem Genius
der Sonne, geweiht an. Vielleicht war, ungeachtet der Verschie-
denheit mancher Bilder auf jenem Piramidion und auf unferm,
etwas Aehnliches der Fall bey dem kleinen Obelisk von Kurnu,
(denn daher ist unser Stick, wie Herr L. dm an mir auf meine
Frage geantwortet hat, dessen Spitze wir nun in Dorpat befitzen. –
Bei dieser Gelegenheit merke ich an, daß derfelbe ehmalige Reise-
gefährt Richter's-mir gesagt hat, die im Besitze des Herrn Land
623
raths v. Richter auf dessen Gute Waimel befindliche Marmorbfe
des Antinoos, die ich noch nicht gesehn habe, sei aus Antonoe.
Fur den Anfang auch einer ethnographischen Sammlung im
Dorpatischen Kunstmuseum kam von Sachen des neuern Aegyptens
hinzu: 1) zwey Sandalen von Palmenzweigen ; ) vier Bar-
daken (halbgebrannte Ruhlgefaße), in welchen das trube Mail-
waffer in wenigen Stunden sich abkühlt und abklärt, wahrschein-
lich aus der Geschirrfabrik zu Kenne in Oberagypten.
Unfre an Originalen noch arme Daktyliothik gewann, außer
den schon erwahnten Scarabäen von Steingut, Speckstein c.,
neun antike Intaglien. Einen runden Chalcedonier halte ich
für Alt - Perfifch. Sie finden darauf zwischen einer hohen
Ara unter einem Halbmond jenen schon aus den Kupfertafeln mit
Proben Persepolitanischer Figuren in Herder's famtl. Werken,
zur Gesch. u. Philos. I. Thl., Ihnen ohne Zweifel bekannten sitzen-
den gekronten und geflügelten Löwen mit bartigem Menschenantlitz;
gegenuber aber einen gewaltigen, an den Greif erinnernden Vo-
gel, doch mit Tiara und gleichfalls bärtigem Menschenantlitz. Von
den andern, welche wol Griechische Arbeit feyn möchten, ha-
ben zwey, einer ein Chalcedonier, der andere ein Carneol, Scara-
bäen-Form. Auf jenem ist die Lotosblume, auf diesem eine sich
rechts niederbückende, geflugelte männliche Figur. Zwey andere
kleine Carneole enthalten, der eine einen Genius mit langen Flü-
geln, der andere eine nur angelegte, auf einen Fuß mit überge-
schlagenem Bein stehende, Figur. Ein größerer ovaler Achat,
auch nur von ziemlich roher Arbeit, zeigt in der Queere seiner
Flache eine Pallas neben einem weiblichen Seeungeheuer. Drey
kleine Sardonyche enthalten einen mit Helm, Spieß und Schild
Bewaffneten, einen Hermeskopf, und das bei elmte Haupt eines
jugendlichen Mannes, beide leztere gut gearbeitet.
Unsere Sammlung antiker Münzen wurde bereichert 1) durch
vier Griechische Goldmünzen, worunter eine sehr schöne von Phi-
lippos I. und zwey von Alexander d. Gr.: uber Vaterland
und Echheit der vierten bin ich noch nicht im Klaren; 2) drey
624
Griechische Münzen, die ich für electreos halte, von welchen eine
mir sehr alt scheint. Diese hat einige Aehnlichkeit mit der golde-
nen von unbekanntem Vaterlande bey Mio. n net (P. XL. no. 2),
doch auch nicht unbedeutende Verschiedenheit, ist übrigens wohl
erhalten; 3) eine schöne Goldmünze von Antoninus Pius;
4) dreyßig antike Griechische Völker - Städte- und Konigsmünzen
von Silber; dieselben, deren Beschreibung ich in dem Programm
versucht habe, das Sie eines neuen Abdruckswerth hielten, beywell-
cher Gelegenheit auch ein paar Druck- oder Schreibfehler von mir
verbeffert find Von der Silbermünze von Thafos fand ich fo eben
noch eine Abbildung im Museum Hedervar. Tab. X. N. 213. Vgl.
P. 1. p. 98. Ebenso von dem cistophorus von Ephesos eine, doch nur
zum Theil zustimmende, daf. Tab. XXI. N. 46. Vgl. P. I. p.211.
Deßgleichen von der uralten von Chios, bey Mionnet P. XLIV.
no. 1., nur daß die unfrige viel kleiner ist. 5) Eine kleine Silber-
münze einer spätern Augusta. 6) Eine Byzantinische Silbermünze
mit dem heil. Eugenios, wahrscheinlich von Manuel I. Komme-
nos Porphyr og. Dukas (Vgl. Eckhel. Doctr. N. V. T.
VIII. p. 262), und eine ältere Venezianische. 7) Sieben und sechs
zig Kupfermünzen, meist antike Griechische, zum Theil wenigstens
mit noch lesbarer Inschrift. Von diesen behalte ich mir, nach
fortgesetzter Untersuchung, ausführlichere Nachricht vor; zumal
wenn ich noch manche, mir bis jetzt fehlende, numismatische
Werke werde zusammen geschafft haben. Hier erwähne ich nur,
daß ich, außer einer Münze mit Samarita nifcher Schrift,
fünf Münzen von Ptolemäern fand; ebenso ein halbes Du-
zend Alexandrinische Raifermünzen von Claudius, Decius,
Aurelianus u. A., zu deren Erklärung mir Zoega in der Nu-
mis Aegyptis imperatoriis behülflich ist. Von Griechischen Kö-
nigsmünzen vier von Philippos II., ein paar von seinem Nach
folger, und ein paar, wie es fcheint, von andern Alexandern;
mehrere von Syrischen Königen, eines Seleukos (ich weiß nicht
gewiß, welches; wahrscheinlich des Vierten), einige von De-
metrios III., eine von Tryphon; zwey des ersten Perga-
625
mischen Königs Phil etäros; eine des Thrakischen Königs
Rhe metalkes ( dieselbe, welche abgebildet ist im Mus. He-
dervar. Tab. X. N. 217. Vergl. daf. P. I. pag. 1oo). Von
Städtemünzen zwey verschiedene von Amifos, eine von Cäsa-
rea Panias, zwei verschiedene von Damaskos, eine von Magne-
fia in Ilonien, drei verschiedene von Pergamos, eine von Si-
nope, zwey von Sidon, eine von Tyros, eine von Tralles. Daß
auch feltne, ja fcbr feltne, darunter find, beweisen fchon ein paar
von Olbia ; jene vom Thrakischen Maronea, die abgebildet ist im
Voy.pittoresq.de la Grèce des Grafen von Choi feul Gouffier,
Tom. II. Pl. 16 no. 25, und eine von Hephatia auf Lemnos,
daf. no. 3 (nur, daß die unfrige kleiner ist,) und in unserer Größe,
bey den Denkschriften der R. Akad. d. Wiff. zu Munchen, Claffe
der Geschichte, Bd. V. Tab. Il. no. 23. Vgl. das. v. Streber
S. 48.
Wegen der Infchriften hatten Sie nichts weiter ver-
langt, auch ich nichts weiter versprochen, als daß ich fehlerhafte
Abweichungen des Sezers von der Handschrift des fel. Richter,
so viel den Umständen nach möglich wäre, verhindern möchte.
Dieß habe ich gethan. Ich würde mich auch bloß darauf still-
schweigend beschränkt haben, wie ich mir vorgesetzt, wäre ich
nicht bald inne geworden, daß, wegen Mangels gewisser Schrift-
arten in der Druckerey, doch einige kleine paläographische Nachs
weisungen nöthig wären, und daß es nicht schaden könne, wenn
auch nur hin und wieder Schreibfehler verbeffert würden. Das
mußte dann aber freilich (fo forderte es das Gesetz diplomatischer
Treue) angezeigt werden: zumal da Schreibfehler oder Verbeffe-
rung auch nur eingebildet fern konnte, und eignes Verfehn billig
nicht auf fremde Rechnung kommen durfte. Natürlich ergaben
fich auch während des Lesens der Correcturbogen bei mir zufällige
Vermuthungen. Von diesen läßt allenfalls eins und das andere
sich mittheilen, was meinem Gedächtniß sich darbietet, indem ich
4o (1)
626
am Schluß die abgedruckten Blätter mit Richters eigenhändiger,
an Ort und Stelle genommener, Abschrift der Inschriften verglei-
che, wie sich dieselbe in sechs verschiedenen Heften feines Tage-
buches zerstreut findet.
Zwar leidet die gewöhnliche Meinung, das Alter beynahe je-
des Schriftdenkmals laffe sich aus den Schriftzügen und der Art
zu schreiben bestimmen, manche Beschränkung, wie Böckh, in
einzelnen Blättern Gediegenes zu geben gewohnt, wie in größern
Werken, vor dem Verzeichniß der Wintervorlesungen der Berlini-
fchen Universität von 1821 lehrreich gezeigt hat. Dennoch bleibt
bey Bekanntmachung von Inschriften die Beibehaltung der
Schriftart jeder, so weit es irgend thunlich ist, aus mehrern Ur-
fachen unerläßlich. Ich forderte sie daher auch dieß Mal von der
Buchdruckerey; doch vergebens, weil dazu die hinreichende Zahl
gewiffer Lettern fehlte. Daher die zunächst folgende Anzeige.
S. 553 in No. II. ist statt des gesetzten 2 und K2 in Richter's
Handschrift C und D, E jedoch hat nicht, wie man zugleich er-
warten möchte, die runde Form, außer in der dritten Zeile. Nur
in dieser dritten (was also wol auf eine andere Hand und Zeit hin-
deutet, als die, in welche die beyden ersten Zeilen gehören) ist
/X statt A; für das zweite II (nur für dieses) ist E, eine mir
nicht geläufige Form, wenn gleich E für G) mir nicht unbekannt
feyn darf.
In lII. nimmt vom Pº der zweyten Zeile der obere Theil die
Breite der übrigen Buchstaben ein, der Verticalstrich aber geht
verhältnißmäßig noch zwei Mal so lang als in folgender von uns
ferm Buchdrucker gebrauchten Form bis zur folgenden Zeile herab:
Für J2 ist a). Der am Schluß von lII. von R. gesetzte Punct
hätte nicht wegfallen sollen. Letzteres gilt auch bey V. 2. 3. 4.
VI, VII. XXX. -
In IV. ist überall C für X, G für E, ay für J2. Ebenso in
V. VI, VII. VIII. XIV. XV. XVI. XVIII. XIX. XXIII. XXVIII.
In IX. ist C für X, doch zugleich E. -
In der mittlern der drey Inschriften (X–XII) auf der Ku-
627
pfertafel, die ich vor dem Abdrucke nicht zu Gesicht bekam, ist in
R's Handschrift offenbar B, nicht F, im Worte pasuyoy –.
In XVII. ist E und C für E und X.
In XXII. find die ersten acht, mit 1. bezeichneten, Zeilen mit
größern Buchstaben, als die folgenden. Daselbst in 3. S. 565
Z. 2. fehn in Rºs Handschrift über Q5 PA Puncte.
XXIV. besteht aus vier Zeilen. Im Abdrucke find sie ge-
brochen. -
In der ersten Zeile der Inschrift XXX. ist nicht J2, sondern
zwei Mal DI), ebenso beym zweyten Buchstaben der zweyten Zeile.
In AZ/EA(DK2 aber ist für J2 die Form lul, und letztere in der
dritten Zeile noch zwey Mal. In MNHMHE ist die beh R. vor-
handene Klammerform des X überfehn.
In XXXI. ist das Schlußwort 2 APIXTTHPIONW mit grö-
ßern Buchstaben als das Uebrige.
In XXXV., S. 574 Z.9 der Inschrift, und S. 575 Z. 5, ist für
Z die Form 5. S. 575 in der vorletzten Zeile ist av, obwohl vor-
her überall K2.
In XXXVIII. hat J2 die Form O . Ebenso in XXXIX. Auch
in XL. (denn so muß stehn S. 582 statt LX.), in XLII. und in
XLIV.; deßgleichen öfters, zuweilen auch nicht, in XLI. 2; meist
auch in XLI. 1o.
In XXXVIII. ist der Anfangsbuchstab von HABIO>
größer, als die folgenden; ebenso in Z. 7 des Abdrucks der In-
schrift der Anfangsbuchstab von EIX, in Z. 9 von TATTHX,
in Z. 1o von E/ENETO, in Z. 12 von TIIO. Des Abdrucks,
fagte ich. Denn die Inschrift hat nur sechs lange Zeilen, die un-
fer Format zu brechen zwang. Uebrigens fehn Sie, wie in der
Mitte einer Steinschrift der größere Anfangsbuchstab auf ähnli-
che Weise, wie bey uns nach einem Punctum, das Lesen erleich-
tern konnte. Nur gaben die Alten beim Schreiben selten sich die
Mühe solcher Erleichterung im Aeußern, mehr auf die im Innern
bedacht. -
In XLI.7, S. 586 hat T" die Form A-. In XLI. 9. S. 587
-
628
3. 4. v. u. ist nach XETHXANTOX" ein mir unverständli-
cher, vielleicht ganz bedeutungsloser, Zug 9, den Sie auch in
Corsini Notis Graecor. nicht finden werden.
In XLI. 10, S. 588 hat das X die Klammerform [.
In XLIII. ist E für E, C für X; für 2 ist MV, für „E"fin-
der sich Z; auch sind hier sonst kleine Eigenheiten einzelner Buch-
faben. -
In XLVI. ist ( statt XET, für Q ist UL, und in den drey lez-
ten Zeilen av; in XLVII. aber D- und Co.
Nun zur Beichte willkührlich von mir vorgenommener Ver-
änderungen. Nebenbey werde ich einige Druckfehler anzeigen,
auch hin und wieder gelegentliche Bemerkungen hinzufügen.
S. 55 in No.1V, dort in der dritten Zeile, ist ADIEP92XEW
meine Verbesserung für das ADEP2XENW von Richter's
Hand.
S. 555 in V. 2 ist qb/A12 NVAIOs zu lesen. Das H für
My ist Druckfehler. Das ist wenigstens in VII. S. 5 6.
TOBAA1ANVEONWI nicht. Vielleicht hat der Stein: EKTI-
XEEN TO BALMANEION.
S. 555 in V z habe ich TEXXAPAs gesetzt für Richters
Schreibfehler TEXXAPE.
S. 55R in der dritten Zeile der christlichen Inschrift habe ich
XOPOI für XK2POI aeschrieben. Ebenso in der achten
A1EI PANONV für AIPA/WON. In der letzten Zeile, wo
qbAN EPS2X ENV abgedruckt worden, ist in Richters
Mint. nicht deutlich genug, ob er nicht vielmehr QDANWE-
P2XEN gelesen habe. An der Richtigkeit der Römischen WT
in einer Griechischen Infchrift zweifle ich billig, verstehe über-
haupt die letzten Worte nicht ganz. Würde auch nicht das
zweyte, zum Ueberfluß wiederholte "Iways wenigstens beffer im
Dativ stichn?
S. 56o in XVI. Z. 2. habe ich 69EO-12PAX für das feh-
lerhafte GEQ-/DPAX setzen lassen.
S. 561 in XIX. Z. 2. hätte für K2KOMHG9H ohne Zweifel
629
„K2KON MH/9H geschrieben werden dürfen. In Z. 3 muß es
AG.1OQDOP 2V heißen. Das zweyte Pº ist bloßer Druckfehler.
KAA1AM/NIKK2V ist das Richtige für Richter's Schreibfehler
KA-1NNWIKK2NW.
S. 62 in AX. deutet der Punct in RARISI gewiß auf ein
verwittertes S.; niemlich so: RARISSIMO ET" PER OMNIA
IVSTISSIMO
S. 563 in XXII. Z. 1. hätte, statt der Punete im dritten Na-
men Sickter's muthmaßliche Ergänzung bemerkt werden können:
ETTTXs. Z. 2. steht in der Handschrift EIPHNAIOX
und in der dem X" ein v? Da lezteres der Setzer nicht fuglich an-
zubringen wußte, wurde geradezu EIPHNAIOT" gesetzt. Ei-
gentlich aber sollte beides, ganz wie im Mfpt., gefezt feyn.
Uebrigens find die ersten acht, mit 1. bezeichneten Zeilen dieser
athletischen Inschrift mit größern Buchstaben, als die unter 2. 3. 4.
fo/aenden. Daß in der fünften Zeile IIATPI-/... nur ITA-
TP/A/OX fern könne, sieht Jeder. Ebenso, daß es S. 564 Z. 1
ATIOTXTH statt ATTOTXTH heißen müsse, was auch
schon Richter durch ein 7 über dem Tandeutete. Es hätte auch
gleich so gedruckt werden sollen, wie Z. 2. ATTOTXTOT,
obgleich auch dort A7 TOTXTOT" in Rºs Abschrift steht, dem
er aber selbst schon ein /º beigesetzt hat. Daß Z. 7, für
AWI-2WEINVIAWONW ben Richter, das von mir gefegte
ANT$2NEINWIANWON das Richtige ist, leuchtet ein. Aber
es bleiben in dieser langen Inschrift viele bedeutendere Fehler
zurück, bey welchen ich um so weniger verweilen mochte, da ich
nicht einmal Corsini Dissertt. agonisticas zur Hand hatte, auch
fo eben durch Citate bey Gºckhel inne werde, daß höchst wahr-
fcheinlich die ganze Inschrift schon in Chandler Inscr. antiq.
steht, die in Dorpat leider noch fehlen. Grwähnt mag allenfalls
noch werden, daß R. z. IXAKTVOW zusammengehört, 3. 5.
IXO-1TMIIION, 3. 6. ITT GIAA/I. M'gl. Eckha. D….
Num. vet. T. IV. p. 424. Daß TAPXO Z. 4. TAPS2
geschrieben sein sollte, sieht Jeder. – S. 565 Z. 1. fiel für
63o
AFEA1A1AN mir ein IIEA1A1AN, weiter XKT9OITOAIN,
für TETTMA Z. 3. ZETTMA (in Kommagene); Z.4.
verbessere ich KITIN in KITION, Z. 5. ... IKONIN in
EIKONION, das verderbte GPANIIOAIN aber, in der
zweyten Zelle, in IE PAW IIOAINV (Hierapolis).
S.567. In XXIV. der neuern Inschrift ist INTEGERRIME
bloße Muthmaßung von mir für das fehlerhafte INTEGRIM bery
R. Für OBIIT ist bey R. OBIT, auf dem Grabsteine wahrschein-
lich OBIT.
S. 568. In XXV. ist für das fehlerhafte OIIIAA1AI.
IIITAITIMH2XAP... nahe genug liegend die Vermuthung:
OI ITA-MAIXTAL TIMMHX, XAPIAV.
In der lesbaren, wohl erhaltenen Inschrift XXVI. möchte
das von Richter als muthmaßliche Ergänzung beigesetzte avrov,
wofür man ohnehin eher «vroy erwartete, beffer weggeblieben
feyn. In gleichem Falle ist kein Pronomen vorhanden in der
von Herrn Eduard Rüppel von einer Insel der Nil-Katarak-
ten mitgebrachten, sehr wohl erhaltenen Inschrift: TIIEP
BAEIAE2S IITOAEMAIOTKAI BASIAISEHE
K.-/EO/ITATPAX THX A2/EA/ADHX GE 2W ETEP.
ITETK2N KAI T2N TEKNION. Vgl. Fundgruben
des Orients, V. Bd. S. 428.433. Auch die Inschrift bey
Denon, Voy., P. 80.
S. 570. In der siebenten Zeile von XXXI. ist MHINWOA/2TOX
nicht richtig; es müßte MHNO-/OTOX feyn. Wahrscheinli-
cher aber stand MHLWO-12POX, wie etwas weiterhin steht
XK2THP MHWOA/2POT. In der vierten Zeile von unten
ist das « Druckfehler. Ich meinte nemlich «ENIX KO2
Au TWTOT. Statt meines u ist bey R. der verwitterte Buch-
stab durch einen Punct angedeutet. Bey ihm steht ferner
AATINTOT, was freilich nicht richtig sein kann, aber doch
sicherer im Texte geblieben wäre.
S. 571 ist XXXII. ganz so abgedruckt, wie sie bey R. steht.
In der dritten und vierten Zeile aber sollte es T. KANON heißen,
631
für XEEBAX.TH nothwendig XEBAXTON, worauf auch bey
R. die zusammengezogenen Schriftzüge von TN führen, ferner
OHMAPXIKHX, statt TO Haber TO IH, weiter TITATO,
70 IT. Vergl. die Farnesische Inschrift in Falconerii In-
scriptt. athletic. p. 2., oder in Gruter. Corp. lnscr. ed. Graev.
p. CCCXV. no. 9.
In der Inschrift XXXIII. S. 572. sollte in der dritten Zeile in
IIO eigentlich ein kleines o gedruckt feyn, da o Ergänzung von
R. Z. 2. ist ein Punct vor EE TOW bey R., die muthmaßliche
Ergänzung EXTOW von mir. Ebenso Z.3. v. u.bey R. AA1.
statt meiner, ohne Zweifel richtigen, Ergänzung AA1 PANTA.
Auf gleiche Weise steht es absolut in der Inschrift zu Lampfakos in
Spon. Miscell. p. 142: A1-1EI VANTA A1AMITP 2X KAT
IIOA/TA/AIIANK22. Unsere Inschrift findet sich schon, wie
ich eben fehle, in der ,,Reife in die Levante von Sir Jam. Dal-
laway.“ Deutsche Ueberf. 2te Aufl. S. 384, dort aber in Gan-
zem viel fehlerhafter, als bey R. So hat jener in der ersten Zeile
finnlos HA1T. TANE. QDT. statt des Richtigen bey R.: H
ATTAAIX, CD Ten. Jener 3.2–4. QD. TON. KOXMON.
THX. II. 2X. EIIA PKON.: dieser beffer: QDIX7ATONV
KOSMON THX II»-E2S EITAPXONV. 7. 2. Jener
3. 5. 6. schlecht ITMNAXI. AP. HXANTA, dieser gut
ITTMNAXIAPx HXANTA. Z.7. 8. jener finnlos IIP2-
TONV. ONTA. IIAIANOX, dieser richtig: IIPS2TONV
7 92/W AII A 1 J2VOX. Z. 9, 10. D. unpaffend /MOVOW.
HEINWAI. TON. METPIAXANTA., Richter sehr gut:
AMONON E-MAIOMETPHXANTA. "E» auousrgstyrol-
3ov) svras za noros kommt auch vor in der Inscr. Iliensis in
Clarke's Reise ill. P. I. p. 86, wie ich aus dem Nachtrage zu
Schneider’s Wörterbuche S. 79 fehe, da ich Clarke’s Werk lei-
der entbehre. Z. 11 hat R. richtiger TE, wo bey D. LTE ist.
3. 13. jener falsch EKA/OTTEP 2V, dieser wahr: EK
AOTTHP 2V. Doch scheint bemerkenswerth, daß bey D. in
der zweiten Zeile IOTWIONV steht statt IO TAION bey R.,
n
632
auch daß jener in der sechsten Zeile am Schluffe das A1 deutlich
las, das R zu Anfang der siebenten nur vermuthete, in
QDIAMOTEIM 22. Ferner in der letzten Zeile Dallaway's Ver-
muthung ra-HMEI, obwohl noch die Frage wäre, ob
nicht, da das Adverbium raydnue" bekanntlich bey dem, was das
ganze Volke angeht, vorkommt, das sonst nicht vorkommende
das allerdings gebraucht feyn möge von dem, was das Volk
angeht, welches mir freilich unwahrscheinlich ist.
S. 573. In XXXIV. Z. 2 ist die Ergänzung in IOT-43
Verbesserung des Schreibfehlers bey R.: „; ebenso Z. 1o in
ATT, des Schreibfehlers a.
S. 574, 575. Der vorn verstümmelten, sonst merkwürdigen,
aber, wie sie bey R. steht, viel Unverständliches enthaltenden In-
schrift XXXV. wünschte ich einen Ergänzer und Erläuterer, wie
Böckh, oder K. O. Müller, oder Ofann. Z. 8 steht
TAI1.EPITOTG9TME-/IKOTKAIT 2W4XPO 4/74/
2N. Dafür vermuthe ich: TA IIEPI TOT GTME.
A/IKOT" KAI TV2 NV AKPOA/MAT 2/V.
In XXXVI. S. 577, Z. 3 und 2 von unten wird für
EWTOITAPXEIOIE auf dem Stein gewiß EW TOIX
APXEIOIX stehn.
Die so fehr verstümmelte alte, lange Lesbische Inschrift
XXXVII. möchte auch so noch für einen Böckh manches glück-
lich zu Verbessernde und lehrreich zu Erlauternde enthalten.
Auch der Aeolische Dialekt ist hier bemerkenswerth. So S. 5-9
in Z. 33 der Inschrift TAIBOAA1AI (77 8ov%), da 322
Aeolisch statt 8ovy, wie in der Inscr. Cumana bey Caylus,
Recueil T. Il. P. LVII. So Z. 38 NATOIX für vaos u. f. w.
– Dieß war geschrieben, als ich, in Dod weil's Tour through
Greece (Lond. 1819.) etwas anderes fuchend, unvermuthet finde,
daß der treffliche Britte in Bekanntmachung dieser Infchrift uns
schon zuvorgekommen. f. bey ihm Vol. II. p. 519. Doch läßt
sich, wie ich mit Vergnügen sehe, feine Abschrift kaum feltner
durch die Richterische ergänzen und verbessern, wie dieß umge-
633
kehrt der Fall ist. So hat Dodwell Z. 32 der Inschrift frey-
lich richtiger PADIXMA TOX; dagegen Richter Z. 20
AMQDIXEBATHMEN 2W, wo D. den Schreibfehler hat
AMDIX PATHMENK2NV, u. f. w.
S. 580. Die Inschrift eines Sarkophags XXXVIII. ist eine
der am besten erhaltenen und gehaltvollsten, aber längst bekannt.
Sie steht fchon bey Smith, Spon, W heller, Muratori,
auch in Chishull's Travels (Lond. 1747. Fol.) p. 53, ist auch
erläutert in Ferd. Stosch Antiqq. Thyatirenarum libb. II.
(Zwollae, 1763. 8.) p. 222 seq. In der ersten der sechs langen
Zeilen des Steins, oder der zweyten unsers Abdrucks, ist durch
Verfehn des Sezers IIPOX ausgefallen vor den Worten T21
XAMBAG)EI 21. Am Schluffe des Ganzen ist ov auszulös
fchen, das nur durch ein Mißverständniß des Setzers stehn blieb.
In Rºs Abschrift ist statt dessen ein, wie es scheint, auf dem
Stein selbst nur als Zierrath vorkommender, Schreibzug o/.
Ehe ich Chishu ll nach schlug, hatte ich mir die Worte eben
fo wie er geordnet. Dieser hat genauer ATPHAIAI statt Rººs
ATPHAIA. Ebenso hat er 21E fur Smith's und R’s 21.
Für Smith's und Rºs EIX MEN, das ich vorziehe, hat der
Hritte MENWEIX. Statt THIN ITO-MING TATEIPH.
IWK2NW hat R., wie Smith, genauer THNW IIOAMINW T2NWG),
und statt Chishull's A/IXIAMIA! besser, ebenso wie Smith,
AIXEIA/IA, da unmittelbar vorher, selbst bey Chishull,
XEIAMIA vorkommt. Das doppelte Tin der zweiten Sylbe von
TATTHX in unserm Abdrucke verräth fich felbst als bloßer
Druckfehler. Für A/AMIIPOTATH hat Chishul genauer
LA1AMIIPOTATHI, statt Rºs KATIANA/II-2I richtiger KA-
TIA1AMI 2I, statt Spon's und Rºs ATA/NAIOT" vielmehr
ATA/HNAIOT. Smith dagegen hat, was Stosch S. 244
vertheidigt, ATA/TIWAIOT, den erwähnten Namen der obrig-
keitlichen Person aber wie Chishull. Für XAA1A1AIOT" in
der ersten Zeile des Steins hat S. unrichtig KAMATAMI 2,
ebenso für Chishull's und Richters TL2I – WOM 2I nicht
4o (2)
634
so gut TOIX – WOMOIX, auch anderes weniger Bedeuten-
des nicht so genau als Ch. und R. Für Chiskot"ºs und Rººs
MHINWOODIAMON haben Smith und Spon MHINWOODIAMOT.
Ich halte MHWODIAMON für richtig, da hier, wie ich
glaube, ausgedrückt werden soll, daß die Sache unter Obacht
des damaligen Demolios, Men op hilos, Sohns des Julia-
nos, gestellt werde. Erinnern Sie sich auch, was ich im Vor-
hergehenden vom großen Anfangsbuchstaben des TITO sagte.
Stofch’s Erklärung (p.217) von zuvor, daß es publice heiße,
ist gewiß unrichtig. Vom Auguo, über den in unsern Worter-
büchern das Zureichende fehlt, (das Nöthigste deutet indes der
genaue Paffow an) vergl. Böck h's Staatshaushaltung der
Athener, Bd. I. S. 222. Bd. II. 353. – Aus der gegebenen
Vergleichung geht, dünkt mich, fchon hervor, daß unsers Rich-
ter's Abschrift der von Smith vorzuziehn ist, und der von Chis,
hull, den er gewiß nicht zur Hand hatte, im Ganzen wenig-
fens nicht nachsteht.
S. 581. Die Inschr. XXXIX. fcheint sich auf dieselbe Prie-
sterin Ulpia Marcella zu beziehn, auf welche eine andere
Inschrift geht, die von Mehrern bekannt gemacht, auch von
Stosch a. a. O. S. 142 ff. erlautert ist. Vgl. daf. S. 148. 174.
Meines Bedünkens ist alles wohl erhalten bis auf das schon von
R. ergänzte N. In der vorletzten Zeile fcheint der Steinhauer
felbst, wegen des A, als Anfangsbuchstaben des nächst folgenden
Wortes, sich bey XAMTPNW das erforderliche A mit dem bey-
geschriebenen Jota aus Bequemlichkeit erspart zu haben. Die
Inschrift scheint demnach also zu lesen:
4/TAG)H TTY HI-
H IATPIE OT-/ITIAN MAPKE-1-4/AWr
TEPA SA/NMEN HIW THX APTE/WI-/OX
APXIEPEIAW THX AXIAX AWA 2W TQW EW
XMTPW4/II
AIT (2NOG)ETIW TPIX THX ITATPI_/OX
IEPEIAN AIA BIOT THX MHTPOX GELDW.
635
Auf ähnliche Weise, wie hier der Titel der Ulpia Mar-
cella als Oberpriesterin von Smyrna lautet, nennt eine fehr be-
kannte Inschrift bey Sp on, Wheler, van Dale u. f. w.,
den Oberpriester Marcus Aurelius Diadochos APXIEPEA
THX, AXIAX, NA/21W T2NV ENV IIEPTAM/21.
Bey yoyo 3 rs fehlt die Bedeutung von Kampfrichterin fo-
wohl in Stephani Thes., als in der neuen Ausgabe von
Schneider’s Wörterbuch; auch bey Paffow. Ueber das Amt
der Agonothetiden vergl. van Dale Dissertt. IX. p. 553, 554.
S. 582. In der dritten Zeile der Inschr. XL. habe ich das
TTF in der zehnten Zeile nothwendig erfordert wird. In der
vierten Zeile von unten ist bey R. folgendes, im Abdruck vom
Setzer weggelaffenes Zeichen -. Vielleicht steckt dahinter nichts
anders als der Anfanasbuchstab von TIIA TOX zum folgenden
AIIOAEA/EITMENOX. Hinter jenem XITT mag wol P. P.
verwittert seyn, da weiterhin IIATHP. IIATPI-/OS. Dieß
letztere fah auch fchon Stofch. a. a. O. S. 9o, wie ich eben
bemerke. Denn die Inschrift ist durch Spon längst bekannt
gemacht. Uebrigens steht bei diesem (deutsche Ueberf, Nürnb.
1690. Fol. I. Th. S. 106, da mir das Original der Sponschen
Reisemangelt,) ATTOKPA.TOP, wofür bey R. das richtige
ATTOKPA.TOPIHX. Bey Spon fehlt auch KAIXAP.
S. 583 in der zweyten Zeile der zweyten Inschrift des al-
ten Lydischen Philadelphia ergänze ich die Puncte bey R.
erst MHXANW; in der vierten Zeile das KA durch KA. In
der folgenden habe ich die von R. nach KE gesetzten drey
puncte weggelassen, weil KEKOXMHMEWON offenbar zu-
sammen gehört. In der sechsten Zeile habe ich 2 TPArn/TH-
XANTA ergänzt, wo R. nach der ersten Sylbe des Worts
nicht einmal zwey Puncte gesetzt hatte. In Z. 10, 11 vermu-
the ich, daß für KAI... X.TWEA/PIKAT2NIT... P 2 W/
zu lesen seyn mochte: KAI T2 XTNE-LPID T2NW
ITEPONT 2W. So steht in n. 10. der Inschriften von Phil-
636
adelphia, S. 588, Z. 8 und 7 von unten, T2 XEMNOTA-
TQ XTNE-MPIAD THX TEPOTXIAX.
S. 584 lochte ich in der zweyten Zeile von n. 4. den bey R.
stehenden Punct in IOTA aus, zumal da schon in der ersten
IOTA1. vorkommt.
S. 585 in n. 5 der Inschriften des alten Philadelphia mag
ich bei dem Beyworte ragos wol erinnern an das jetzt ziem-
lich vergeffene, mit Fleiß zusammengetragene Buch von Gott-
lob Erdm. Zeibich: Athleta rago Hos e monimentis Grae-
ciae veteris conspectui expositus etc. Vitemb. 1748. 8., der un-
ter andern Infchriften, wo jenes Wort fich findet, der unsrigen frey-
lich nicht erwähnen konnte. In der vierten Zeile derselben möchte
BOTAME. . . zu ergänzen feyn BOTA1ETTHX. Was ist
aber mit dem sinnlosen A/EIAAA/EIA anzufangen? Ich hoffe,
es errathen zu haben. Man lese: TA MEITAAMA XEOTH.
PEIA QDIAMA-/EADEIA. So finden sich auf Münzen der
Donna CEO THPIA. QDIAMA-/EA/DEIA. MEITALMA,
und auf Münzen des Kaisers Geta: CETHP6XIA. QDI-1A.
A/EA1CDEIA. Ebenso auf Münzen des Kaisers Severus:
CETHPEIA. MEITA-1A. und CETHPSIA. q15 I-14.
„AEA/DEIA. MEITALMA. f. Eckhel. Doctr. Num. veter.
T. IV. p. 450. 444.
Der in n. 6. S. 585 vorkommende Name AIIMDIAS steht
auch in einer andern Inschrift bey Gruter. Corp. Inscr.
p. MCXXVII. 3.
N. 7. S. 586, mit Ausnahme des Anfangs im Ganzen wohl
erhalten, war mir besonders interessant. Aurelia Sylleina Anto-
nia ehrt darin ihren Gemahl durch Aufzählung der vielfachen Ver-
dienste, die er fich um den Staat erworben, und der anfehnlichen
gYpfer, die er demselben dargebracht, TOMV EATTHX AW.
-/PA, wie man mit Ueberraschung erfährt, KATAPHQDI.
XEGENTA TIIO THX IEPS2TATHX BOT-4HX.
Nach diesem Worte ist der bey Richter stehende, vom Setzer
übersehene Punct bey zufügen. Denn hier schließt in edler Ein-
637
falt die, bloß die verstümmelten Anfangszeilen abgerechnet, voll-
ständige Inschrift. In der dritten Zeile verbefere ich das von R.
verschriebene XOTA/APXHXANTA in BOTA/APXH-
XEANTA. Ebenso in der vierten und fünften das AONTA
TITEPA/TOPAWONIAX" in JOWTA TITEP AITO-
PA/WOMIAX. Z. 7. ist das erste X. Druckfehler für
X. In der achten Zeile möchte Ihnen und vielen Le-
fern das XEEIT2NHXANTA unverständlich feyn. Ich
bemerke daher, daß es, vielleicht nur in dieser Inschrift, für
royaayra vom Verbum royo steht, und unsern Mann auch
als öffentlich angestellten Ankäufer von Getraide, als Proviant-
Commiffar, bezeichnet. Von den Sitonen in Athen vgl. Böckhs
Staatshaush. d. Ath. I. Bd. S. 96. In der zehnten Zeile ist
das finnnlose A1ONIA augenscheinlich in A/ONWTA zu verbes,
fern; das - M. vor IIENTE aber bedeutet zuvguts. Der
Sinn ist also: „ihn, welcher zur Ausschmückung des Vorhofs
der Basilika wegen der (von ihm bekleideten) Oberpriester würde
50, ooo Denare gab.“
In N. 9. S. 587, einer athletischen Inschrift auf einen Au-
relius (denn so verstehe ich das AKP) Eugenetor, steht: WEI.
KHXANTATAMEITAAAITEBAXTA.AWAEITE/4
ENA/OE2X. Ich vermuthe dafür, da ANAEITEIA/
nichts bedeutet: NEIKHXANVTA TA MEITA-14 XTE.
BAX TA ANT2NEIA EW-/OE2X. Daß AWT 2.
NEIA. CEBA2-TA. wenigstens auf Münzen des Alexander
Severus vorkommen, erhellt aus Eckhel. 1. c. Vol. IV. p. 436.
Auf spätere Zeit aber deutet auch in den vorletzten Zeilen der
Inschrift das Beywort des Bularchen, AIIOAMOTIATATO7.
Für AT-/OTZ. 6. v. u. vermuthete schon Richter ATMOT,
wie ein M mit Fragzeichen über dem A/bey ihm anzeigte. In
de findet sich doch AVD. MACRO in einer Inschrift bey Gruter,
p. DCCCLII.9., weßhalb ich im Texte zu ändern Bedenken trage. In
IEEP 2/WOX ist ein E zu viel. In den Worten XTHXA1AW-
TOXX THIN TEIMHW wird zur Statue bedeuten. Vgl.
über diese Bedeutung Falconer. Ipser. athlet, p. 52 seq., van
038
Dale Dissertt. p. 496 seq., und Interpp. ad Aelian. Var. Hist.
II. 53. ed. Kühn. T. I. p. 114.
N. 10. S. 688 in der Fnschrift auf den ZEyftarchen
und Priester der Artemis, Aurelius Hermippos, ist bey wei-
tem das Meiste wohl verständlich, Anders aber, wie es bey
Richter da steht, mir unverständlich, und wahrscheinlich
verderbt. In der neunten Zeile hätte ich IIPS2TH gleich
selbst ergänzen können IIPS2TH. Für das falsch gelesene
A1EITOTPITIAL (denn so steht bey Richter in der eilften
Zeile) war zu lesen A1EITOTP/ IAX, und so habe ich da-
her nach meiner augenscheinlichen Verbesserung abdrucken laffen.
Z. v. u. ist mir für EPIOTPT2W in den Worten H
IEPA ObTAH T2N EPION PT2N eingefallen EPI.
OTPI J2NW. der Wollarbeiter, worauf ich übrigens nur wenig gebe.
In der Aufzählung der Verdienste dieses Hermippos um den
Staat, und feiner bedeutenden Opfer für denselben, heißt es:
AWAG9E/VTA TH IIO-1EI TAXETONV /WENV EIE
EEIII-2NIKA ATPH MATA 2/HWAPI 2W MTPIA.
ANAL IIEWTE. Was ist hier TAXEIONV? Ich vermu-
the, so viel als raxtoy, schnell, ohne Zögern, bereitwillig.
Was versteckt sich aber hinter der Maske des finnlosen LEIII-2-
NIKA ATPH MATA ? – Sollten wir es vielleicht doch
errrathen benim Mustern des weiterhin von Z. 18 Folgenden ? Dort
heißt es: IIOIHICAMENON 2/E KAI EIII-/OEEIE
XPH MAT2N PH (dafür lese ich TH) TE ITA/TKT.
TATH IIATPI-/I EIE XPH MATA XEIII-2WIKA
21HNAPI 2N MTPIAX (ich vermuthe MTPIA2/AL)
IIENTHKOWTA. In ATPH MATA ist, meine ich,
nichts weiter zu suchen, als A7" (al, wiederum) XPHMATA,
noch wahrscheinlicher, bloß XPH MATA: denn das A in
AT" scheint mir bloß fehlerhafte Wiederholung des A im vor-
hergehenden Worte, das T" mit X aber, wie anderwärts, auch
hier leicht verwechselt. Was die 2-EIII-2WIKA anlangt, so
wird das Wort, da es unverändert zwei Mal vorkommt, auf
659
den Steine nicht verdorben, fondern nur falsch gelesen feyn.
Wie liest man es aber richtig? Wir fanden in der siebenten
Infchrift derselben Stadt Philadelphia S. 586 XEITS2WH-
XANTA für XITK2WHXANTA, und in der unsrigen bey
Richter A1EIIOTPITIAE für AEITOTPITIAD. Diese
Umstände combiniere ich, und schlage Ihnen vor zu lesen, oben
EIE XEIT 2WIKA XPH MATA, und nachher fast ebenso
EIL XPHIMATA XEITK2NIKA, es erklärend: „zu Pro-
viant-Bedürfniffen“; was mir sehr paffend scheint. Das Ad-
jectiv gravies kommt freilich sonst nicht vor; bekanntlich
aber doch gravns, erova, wurovia, letzteres für das Amt des
rugayys sowohl als für Getraide-Ankauf. – Wem mein Vorschlag
nicht genügt, der theile mir den bessern mit. Ich unterdrücke noch
ein paar Verbesserungs- und Erklärungsversuche dunkler Stellen
dieser Inschrift, wie mancher andern, (z. B. in XXII. 2. S. 54 R. R.
EIII TOW XTECDANON für EIT IONXETECDANOW)
und mache Sie nur noch, als auf etwas Besonderes, aufmerksam,
daß in diesem Denkmal auf Hermippos auch seiner Ausgabe für den
erkrazos rot 3sat-gov erwähnt wird. Darunter verstehe ich nichts
anders, als das über das unbedeckte Theater gespannte Segel-
tuch, das Dion Caffius XLIII. 24. XLIII. 6. rsgurreaux
nennt, Julius Pollux aber (Onomast. IV. 19, 22.) mit
dem Worte ragarragua wahrscheinlich meinte. Vgl. Stieg-
litz in seiner Archäologie der Baukunst der Gr. u. R. II. Th.
I. Abth. S. 217–22o.
Bey XLII S. 589, dem zum Theil verstümmelten Pfe-
phisma, habe ich zu bemerken, daß in der zwolften Linie der
Inschrift vor AHITTON statt der Buchstaben II in Rºs Hand-
fchrift eigentlich nur zwey parallele Striche von der Linken
zur Rechten zur Bezeichnung eines unleserlichen Buchstaben sind,
und daß ich am Ende von Z. 7. v. u. die ben R. stehenden zwey
Punkte ausgelöscht habe, da GTATEIPHNOTX offenbar zu-
fammengehört; ebenso die zwei Punkte am Ende von Z. 2. v. u.,
wo dasselbe von ELMHXINV gilt. Z. 7. v. u. eraänze ich
»r EM-DGHNAI. Z. 5. v. u. steht: IWAITEINWOXXHAV.
64o
IIOAIX. Dafür vermutheich: INVA TEINWOXXH (fehlerhafte
Schreibart für vorey) H IIOAIX. In Bezug auf Z. 10
erinnere ich, daß der Name Luppus in einer Lateinischen Inschrift
vorkommt bey Gruter. p. DCCXXI. 1o.
In der langen, vielfach beschädigten Inschr. XLIII. S. 5no,
591 aus sehr später Zeit, worin Z.7 der Name ATPI-MIAAW 2,
bleibt ungemein vieles unverständlich. In der fünften Zeile ist
in Rºs Handschr. hinter CAPA/ ein kleines Zeichen fast über
der Zeile ((APA/*), und daselbst hinter dem A/ nach
MHTPOIIOAIW ein anderes (-/'). Jenes lese ich CAP-/
vey. – Z. 11 v. u. ist, statt A1“ im Druck, bey R. ?“, wel-
ches auf die Zahl 3o deutet. – S. 591 Z. 9 geht EPI OA1AB
auf den ägyoßos, Bau-Unternehmer. Leider lin. ad Poliuc.
Onom. T. II. p. 82o, und Böck h's Staatsh. d... Ath., I. Bd.,
S. 218.
XLV. S. 592. Diese Inschrift findet sich längst bcy Spon
(Reisebeschr., deutsche Ueberf. I. Th., S. 109): dort im Ganzen
richtiger als bey R., obwohl jener ein paar Mal aus diesem zu
verbeffern ist, wenn gleich dieser die Inschrift gewiß schon ver-
witterter fand, als der frühere Reisende. Statt ....... TQI
bey R. muß es heißen TITL2I; statt Z. aber TO Z; statt
ATTOKIPA Togt vielmehr A7 TOKPA.TOPOX. Ebenso
in der zweiten Zeile, statt . . . T', vollständig GEOT"
OTEXIIAXIANOT. Für Richters ATKIOT dagegen
hat Spon fehlerhaft ATKIN87"; für WEIKOXETPATO7"
ungenau NIKOXETPAT0T. Richters ... TOAMIGOV ist
aus Spon zu verbessern: TOTTOW TOW AMIGON, daher
auch entweder fein Punct am Schluffe von Z. 2. auszulöschen,
oder T, als Anfang des TOTTONV, dafür zu setzen; dage-
gen wieder Spon's T07" TPAIAN07" durch Richters voll
ständiges MAPK07" OTAIII07" TPAIAW07" zu bericht
tigen. Ebenso muß man in der vierten Zeile das sehr mangelhafte
TO) . . . IPO/WOMOT" durch das vollständige bey. Spon:
NEIKOXTPAT0T" TOT K-1H POWOMOT" ergänzen,
641
nach KAGIEP 22 AWTOX aber aus dem Vorgänger AE
einzuschalten. -
In XLVI. S. 593, Z. 4. der verstümmelten Inschrift von
Hierapolis wird für E-ZEX..... gewiß EEEX ... ... da
stehn. Vgl. XXXVIII. Z. 4. 5. Das in der ersten Zeile vor-
kommende Wort rs 823 gtxy (von 33goy, Treppe u. f. w.)
fehlt in unsern Wörterbüchern. Es ist, glaube ich, dasselbe,
was auf einer Römischen Steinschrift SCALARE. ADPLICI-
TVM. HWIC. SEPVLCRO. in Reines ii Syntagm. Inscr.antiq.
p. 486. Nach TAMEIL2 scheint. Mehreres zu fehlen.
Die Worte TOTTO TO HP2ONV – BAb EQM
bilden in drei kurzen Zeilen eine abgesonderte Inschrift,
die auch schon bey. Spon steht (a. a. O. S. 11o), und
sollten daher wenigstens durch einen Vertical - Strich vom
Uebrigen geschieden, zugleich mit einer besondern Zahl verfehn
feyn. Auch findet sich in Rºs Handschrift ein solcher Strich.
"Hgoy bedeutet zuweilen nichts weiter als sepulcrum, da 7 goss
auf Inschriften oft nur defuncti. Statt ägyaola ray Sapior,
die Gilde der Färber, steht bloß of Speis auf einem von ihnen -
dem kaiserlichen Procurator Claudius Alfenus gesetzten, aus
mehrern Werken bekannten größern Denkmal. Vgl. Stosch
Antiqq. Thyatir. p. 250. Die ansehnlichen Purpurfärbereien je-
ner Gegenden find bekannt genug. Vgl. daf. p. 271. 26o.
In N. 2. S. 594 ist vieles unverständlich, manches offenbar
verderbt. Einiges war, wegen der hier gebrauchten verschlunge-
nen Züge einzelner Buchstaben, in R’s Handschrift kaum mit Si-
cherheit zu lesen. Z. 4. ist in den Worten AITO TEIXET
T2KTPIAK 2 arors ist offenbar so viel als arorist, ro
evgaxy aber, obwohl Sie es in dieser Bedeutung im Gloffarium
von du Cange nicht finden werden, der kaiserliche Fiscus. Z. 7
bedeutet das F. vagua. Z.3. 2. v. u. ergänze ich XETEBA.
W07". . . THWXOPOMV fo: XEEDAWOT-3a, THW
XEOPONV.
S. 595 ist in der siebenten Zeile von XLVI. der Druckfehler
41 (1)
642
KAI in KAI zu verbessern. Worauf in XLVII. Z. 3. das
THE A1AMIT PAE TATPOIIOAIT 2W MHTPO).
II (0)sws) geht, wenn nicht auf das wol nur selten von Schrift-
stellern erwähnte, auf Münzen, so viel mir erinnerlich, nicht
vorkommende, Tauropolis in Karien, weiß ich nicht. Für das
unverständliche AWAINE w69H in der vorletzten Zeile schreibe
ich ANAIPE8H. Was hinter EAAOITIM(ov) folgt,
ist mir unverstandlich. -
Zu Anfang der zum Theil unlesbaren Inschrift auf einem
Cubus XLVIII. S. 596 würde ich das .... OWKTPEINWA
zu lesen vorschlagen rg/3Ov KTPEINA: tribu Quirina (ortum),
wenn ich nicht eher in jenem .... OMV den Namen des Mannes
im vierten Casus erwartete. Jenes rg/30v Kugsive findet sich
übrigens auch auf der bey XLV. 1. erwähnten Inschrift der Fär-
ber zu Ehren von Alfenus; KTPELLWA aber, auch ohne
rg/8ov, in gleichen Sinne auf zwei Griechischen Inschriften bei
Gruter. p. CCCCLVIII. 1. DLXXI. 9. und auf andern bey
Reines. 1. c. p. 357. 368. 508.; ebenso auf mehrern Lateinischen
bey Gruter und anderwärts QVIRINA. Die vom fel. Richter hin-
ter dem letzten Worte QDIAONV, bey feinem fichtbaren Streben
nach Genauigkeit, mit einigen Federzügen beigefügte Schlußver-
zierung in Form eines Blattes mit dem Stiel, der gleichen auf
spätern Inschriften fonst wol vorkommt, lohnt nicht die Mühe
des Nachschneidens durch unfern wackern Schünmann.
Hier haben Sie, lieber Ewers, was ich dem Abdrucke der
Inschriften für jezt hinzu zu fügen für dienlich erachtete, mit
Ausnahme einer, die eine andere Behandlung zu erfordern fchien.
Die Kürze der mir vergönnten Zeit und die Beschränktheit der mir
zu Gebote stehenden Hülfsmittel wird bey Sachkundigen mich ent-
fchuldigen, daß ich nicht mehr gebe. Von fehlenden Büchern ver-
mißte ich besonders Chishull's Antiquitates Asiaticae, Poco-
ckeºs und Chandler's Inscriptt. antiquae, E. D. Clarkes
Reifen, außer Muratoriºs Thesaurus nebst den Ergänzungs-
bänden. Doch auch fo werden einige der von mir aufgestellten
643
kritischen Vermuthungen näherer Prüfung nicht unwerth erschei-
nen, wenn anders erwachte Lust zur Sache mich nicht täuscht.
Denn, wie trocken auch eine Beschäftigung dieser Art, bald mit
halb verwitterten, oder sonst zerstörten, bald mit verschriebenen
oder verlesenen Zügen kalter Steine den Meisten vorkommen muß,
fo erfüllte doch seit Jahrhunderten das ehrwürdige Alterthum fol-
cher Denkmäler die Inschriftengelehrten mit wahrhafter Begei-
sterung, welche ein Hauptforscher dieses ganzen Faches, Böckh,
deffen für das epigraphische Studium gewiß Epoche machender
Bearbeitung der von der Berliner Akademie der Wissenschaften
herauszugebenden großen Sammlung wir mit gerechter Erwartung
entgegenfehn, zu theilen gern gesteht; und welche wenigstens ganz
begreiflich findet, wer, wie ich, kaum über die Schwelle dieses Hei-
ligthums trat.
Die einzige bisher übergangene Inschrift ist XXIII. S. 566.
Mit dieser hat es eine eigene Bewandtniß. Daß sie in elegischem
Sylbenmaß verfaßt fey, bemerkte ich, sobald ich ihrer, und zwar,
wie Sie wissen, erst im Correcturbogen, anfichtig wurde; theilte
Ihnen auch auf der Stelle die kleine Entdeckung mit. Der von
R. ohne Zweifel falsch gelesene Anfang des halb zerstörten ersten
Hexameters, so wie die gleichfalls fehlerhafte erste Hälfte des er-
ften Pentameters fey, sagte ich, unverständlich; die zweite Hälfte
klar: ro3, 5 oxs relaxt. Im zweiten Hexameter werde von
mir "für N vermuthet, nemlich MOT" für MON, für .XH.
aber PTXHIV, wo das N vom M des folgenden Wortes, wie
fonst nicht selten, verdrängt scheine; das Uebrige laffe sich ohne
Anstoß fo lesen:
F weg wov vxy uy ks ai:3 gar al Alios alles,
der Fris "App ärgoros es vos.
Terrº Maxoy uya Ngoy ür zur Ogawa vor,
Eilatos yeuxös, wovos in 23 uyos.
Weiter nun fann ich wol darüber, was hinter den offenbar
verschriebenen oder verlesenen Worten versteckt feyn könne; dachte
bey AOPOC an das allerdings noch zweifelhafte ogos in der
644
Bedeutung von Schlaf (vgl. Jacobs ad Anthol. Palat. DX.
p. 515); an AEPOC von e; an Aw-P0C, unzeitig, zu
früh, auch an KOTPOC u. f. w.; bey Eav IT an ST,
bey awITIA an OPITIA; bey IAKA an die Bedeutung Jo-
nifch, so wie an die Möglichkeit, daß diese Buchstaben Theil ei-
nes langern Wortes, oder Theile von zwey verschiedenen Worten
feyn könnten; bey AAB07"CATOPAC an A1ABOTCA
ITE PAC u. dergl. m. In einer mir einigermaßen genugenden
Verbindung aber wollte sich keiner der an jedes der genannten
Worte sich knüpfenden Einfälle darstellen. Auch schien es mir
vergebliche Mühe, eine folche ernstlich zu suchen, da des Entstell-
ten und Fehlenden zu viel fey, als daß sich hoffen ließe, das weite
Feld der Möglichkeit werde sich hier in das engere der Wahrschein-
lichkeit, geschweige in das engste evidenter Wahrheit, zusammen
ziehen. Diese meine Ansicht sprach ich gegen Herrn Professor
Francke aus, als dieser werthe College mich besuchte, und ich
ihm beyläufig unfre Infchrift, die einzige poetische unter den Rich-
terischen, vorzeigte. Er bat mich um eine Abschrift, und erhielt
fie. Nach einigen Tagen, eben im Begriff eine Geschäftsreise
nach Kurland anzutreten, überraschte er mich durch einen Aufsatz,
den er diesem meinen Schreiben an Sie eingerückt wünschte. Ich
versprach, dafür zu sorgen, zumal da fein Ergänzungsversuch sich
gleich anfangs durch den mit feiner bekannten Gelehrsamkeit ge-
paarten Scharfsinn empfahl, obwohl Einwendungen genug übrig
ließ. Gleich anfangs, fage ich. Denn welche Umstände hernach
Manches anders bestimmten, wird sich gleich zeigen.
Unser Freund reiste ab; ich war in allen Nebenstunden der
nächsten beiden Wochen mit den Aegyptischen Alterthümern und
den alten Münzen und Gemmen beschäftigt, womit ich Sie in
der ersten Hälfte dieses Schreibens gelangweilt habe, und ging
erst nachher wieder an unfre Infchriften, wegen der nun zu geben,
den paläographischen und kritischen Nachweisung. Diese führte
natürlich zur Vergleichung des Abdrucks mit den mir indeß von
Ihnen geliehenen Heften von Richter’s Tagebuche. Da ward ich
645
gewahr, daß, wie von Ihnen fonst ganz kurze, zu unbedeu-
tend scheinende, Steinschriften, zumal halb zerstörte, der Be-
kanntmachung nicht werth geachtet waren, Sie auch hier eine weg-
gelassen hatten. Dieß Mal eine, die nicht fehlen durfte. Rich-
ter schreibt nemlich in einem Tagebuche (vgl. oben S. 316):
„Gleich daneben hat man einen Sarkophag von grauem Marmor,
der einen einfachen viereckigen Kasten vorstellt, zum Brunnen be-
nuzt. Er enthält zwei Inschriften auf derselben Seite von der
selben Linie eingefaßt. Die erste und die Hälfte der ersten Linie
(Sie haben deutlicher mit Recht dafür Zeile gefezt) „der zweiten
ist absichtlich zerstört; daher ich nur mit Mühe einige Buchstaben
grrathen konnte.
KANWTIPOXAAHNV, AIWH – – – –
HCI1APO-ZEITA... v... II – – – –
In der zweiten Zeile wollte ich durchaus ADPOA/EITA lesen.
Das Q5 war aber nicht heraus zu künfteln.“ – Unmittelbar dar-
auf folgt nun das Abgedruckte: AOPOC u. f. w., dem Sie mit
Bleytift die Zahl XXIII. vorgesetzt haben, nach welcher der Setzer
sich richtete. Ueber diese von Ihnen felbst gezogene Grenze hatte
ich bey meiner Durchsicht des Correcturbogens keinen Anlaß hin-
aus zu gehen. Jetzt aber, auf Verbesserungen und Erläuterungen
bedacht, schaute ich vorwärts und rückwärts, und erblickte das
Mitgetheilte. -
Hierin erkannte ich mit Sicherheit freilich nichts, als KZ,
rgoxy in der ersten Zeile, in der zweiten , ragazra, Ist,
fragte ich, 4/IWH das Substantiv dien, Wirbel u. f. w.,
wie Anthol. Palat. Append. Epigr. 283, 3. 386, 1.; oder d»,
die zweite Person vom Medium dystr. 3a, versari; oder nur Theil
eines längern Wortes? Von scheinbaren, unzulänglichen Grün-
den zum Vorziehn eines dieser drei Fälle bot sich einer und der
andere dar, von augenscheinlichen, hinreichenden keiner.
Als unser College Francke von seiner Reise zurückgekehrt,
fein Aufsatz aber zum Glück noch nicht abgedruckt war, theilte
ich ihm, wie sich pon selbst versteht, auch das später von mir auf
646
gefundene Bruchstück mit, nebst meiner mündlichen Bemerkung,
daß die beyden auf derselben Seite des Cyprischen Sarkophags ste-
henden, von derselben Linie eingefaßten Inschriften aller Wahr-
fcheinlichkeit nach innern. Zusammenhang hätten, ja Eine Grab-
fchrift ausmachten. Durch die ausdrückliche Anrede an den
Wanderer (ragober) im ersten Bruchstück sah er sich nun ge-
nöthigt, in feiner Ergänzung der ersten Zeile des zweyten das frü-
her von ihm gesetzte, an fich, wie Sie fehn, nicht unglücklich ge-
wählte, " Hy" gegen das zur Befestigung seiner Voraussetzung -
taugliche „rarzt zu vertauschen. Im ersten Bruchstück suchte er,
sobald er defen anfichtig geworden, nichts anders, als die, auf
Epitymbien allerdings nicht ungewöhnliche, Anrede an den eilen-
den Wanderer, bey diesem Grabmale still zu stehn, und drückte
dieß in einem mir mitgetheilten Distichon aus, welches er, in
Folge mündlicher wohlbegründeter Einrede von mir, bald selbst
verwarf. -
Ich theile Ihnen jetzt ohne weiteres den Aufsatz wörtlich
mit, nach ausdrücklicher Genehmigung des Verfaffers. Gegen
erinnerungen, hauptsächlich zur Vertheidigung der von mir gleich
anfangs gebilligten Lesarten, nebst eigenen Vermuthungen, die
für nichts mehr als Vermuthungen gegeben werden, welche bey
Andern Prüfung und weitere Forschung veranlassen sollen, mögen
dieß, Ihre Geduld ohnehin schon auf die Probe stellende, lange
Sendschreiben beschließen.
„Die Cyprische Inschrift, liebster Freund, die Sie mir mit
getheilt haben, glaube ich mit ziemlicher Sicherheit enträthfeln
zu können. Ehe ich Ihnen aber meinen Entzifferungsversuch zur
Prüfung vorlege, bemerke ich, daß ich Ihnen vollkommen Recht
gebe, wenn Sie die in dem Abdrucke weggelaffenen Trümmer eines
durch einen größern Zwischenraum von den folgenden getrennten
Distichons für Bruchstücke nicht einer besondern, fondern dersel
ben Grabschrift halten, weil es doch nicht wahrscheinlich fey, daß
zwey verschiedene Inschriften auf. Einer Seite desselben Sarko-
647
phags und innerhalb derselben Einfaffung gestanden haben sollten.
Die inneren Gründe, durch welche ich diese Ansicht noch bestätigt
gefunden habe, werden Sie von selbst finden, wenn ich Ihnen meine
Ergänzung mitgeheilt haben werde, und vielleicht werden Sie
dann auch geneigt seyn, da, “o Richter einen größern Zwischen-
raum zwischen den Zeilen gefunden haben muß, mit mir einen ab-
fichtlich gemachten Absatz anzunehmen. Ich ergänze und verbess
fere nämlich die Inschrift mit Beybehaltung jenes Absatzes fo:
Ky rgoxen revoy dy, Ays rar – – –
--- 7 5 er „., 3. 2.
ys, tagodira, 7 aug zu garaos zuog 6 Mon.
A3gas is rode (ps "Taxe 23a, rargl, psy,
räA 280', ' 7" ges, reiß', ' das rea,
Frog uy. Wuxy uy is a 3g ex Als alles,
der " sis äge yyy rgoros sXs vos.
Tor" 3.220 uéya dagov Wir aray Ogawa,
Eibauos, waruxis obvos v. 23 uyos.
V. 1. hat sich der Vordersatz im Wesentlichen unversehrt er
halten. Denn die Figur AV1 kann doch nicht anders als auf Eine
Weise gedeutet werden, und daß d» zu zy gehört, und auf den
V. 2. angeredeten Wanderer zu beziehen ist, leidet wohl eben so
wenig einen Zweifel. Ueber dvs Rau in der Bedeutung fich
herumtreiben, um herfchweifen, brauche ich nur auf
Valckenaer ad Theocr. Adon. p. 376. zu verweisen. Das iota ad-
scriptum wird gefehlt haben, wie oft auf Inschriften und auch
hier V. 4. in gs. Das Zeichen einer Lücke zwischen rgoxy
und dort beweist, daß da rebo, oder wenigstens ein ganz ähn-
liches Particip ausgefallen feyn müffe. Der Schluß des Verfes
muß den Nachsatz enthalten haben, den wir nicht erst im folgen-
den Verse fuchen dürfen, wenn wir nicht da das relative Prono-
men ändern wollen. Dieser könnte nun, bloß nach dem Vorder-
fatze zu urtheilen, so gelautet haben: fo verweile doch bey
meinen Sarge. Sehen wir aber zugleich auf den folgenden
648
Vers und auf die Verbindung beider Anfangsverse mit dem übri-
gen Epigramm, fo ist doch vielmehr hier der Auftrag zu suchen,
mit Beyseite jetzung alles Anderen der hinterlaffenen Gattin des
Verstorbenen zum Troste zu fagen, fein Geist fey zur Entschädi-
gung für fein hartes Schicksal in den Himmel aufgenommen.
Dieß wird noch durch die Anm. zu V. 2. bestätigt werden. Habe
ich aber hierin nicht Unrecht, so werden Sie mir die Ergänzung
2.4ys rar wohl zugeben, und fich dabey den Dativ eines be-
liebigen Weibernamens hinzudenken. Ich hätte leicht noch ein
Aaulay oder so etwas hinzufügen können: aber blindlings dar-
auf los zu rathen, ist nicht meine Sache.
. Von V. 2. find außer den beiden ersten Worten nur noch die
vereinzelten Buchstaben "w und II übrig, aber auch diese sind schon
beffer als nichts, wenn man nur weiß, welchen Gedanken man zu
erwarten hat. Ich habe hier das gesucht, was ich fchon in diesem,
mir später als die folgenden bekannt gewordenen, Distichon er-
wartete, ehe ich noch einen Buchstaben davon gesehen hatte, näm-
lich die Nachricht von dem Tode des Eulalius am Tage seiner
Hochzeit, und zwar zur näheren Aufklärung des letzten Disti-
chons, wo dieser Umstand fo vorausgesetzt wird, daß man ihn nur
zur Noth errathen kann, und ungern die ausdrückliche Nachricht
vermißt. In dieser Vermuthung ward ich noch durch das is
bestärkt, welches ich nun auf die hinterlaffene Gattin bezog, und
fo ergab sich denn mit Zuziehnng jener beiden einzelnen Buchsta-
ben die Ergänzung von selbst. Daß ich übrigens lieber vorg"
Aorgeschrieben habe, als zeitg 3ayrou, hat keinen andern Grund,
als die Vermeidung des Uebelklanges in «ergs eine, den ich
wohl gerne geduldet hätte, wenn ich ihn vorgefunden hätte, aber
doch nicht ohne Nothfelbst hineinbringen wollte.
Von V. 3. hat bloß der Anfang sich noch einigermaßen er-
halten, und dieser fieht in der Richterschen Abschrift fo aus:
AOPO(TOA/ES0 ITIAKA. Daraus habe ich gemacht:
AG9e POCecTOA/SDavCIAKA, welches Sie gewiß nicht zu
kühn finden werden, da die drei kleinen Lücken, wo die Buchsta-
649
ben verwittert gewesen feyn müssen, beym Abschreiben leicht über-
sehen werden konnten, und nicht nur das G9 dem O, sondern auch
das qb dem hier überall gebrauchten abgerundeten G. so ähnlich
sieht, daß nur noch die Verwandlung des IT in C den Namen
einer Aenderung verdient. Die Dorische Form 'Tax wage ich
nicht zu ändern, obgleich fiel auf unserer Grabschrift die einzige ist.
So steht z. B. das Dorische 3xs in einer übrigens ganz im
epischen Dialekt geschriebenen Steinschrift, im Append. Anthol.
Pal. 127, 2, und ich gestehe, nicht recht einzusehn, warum Ja-
cobs nicht selbst in der Anmerkung hier und in ähnlichen einzel-
nen Fällen dieselbe Vorsicht hat anwenden wollen, die er sich in
der Vorrede zum ersten Bande da zur Regel macht, wo der Ab-
weichungen von dem vorherrschenden Dialekte mehrere find. Die
Ergänzung der Schlußworte ergab sich mit ziemlicher Sicherheit
aus dem Zusammenhange. Denn x3d, ist nothwendig, theils
wegen Iax, theils wegen des folgenden Verses, nach welchem,
wenn ich ihn, wie ich hoffe, recht gelesen habe, die Erde, und
zwar die vaterländische des Verstorbenen, das Subjekt sein, und
von ihr gesagt sein muß, sie habe zwar die sichtbaren Ueberreste
des Verstorbenen zu fich genommen, den Geist aber, den sie ihm
einst gegeben, zum Lichte des Aethers entlaffen. Einen ganz
ähnlichen Euripideichen Gedanken werde ich zu V. 6. anführen.
Daß aber Jonien das Vaterland des Verstorbenen fey, kann
auch doch nicht ohne Unbequemlichkeit bloß aus den Schlußwor-
ten von V. 4. errathen werden, und es ist also auch die Ergän-
zung von margis keineswegs willkührlich. Auf die hier noch
fehlende Benennung des Geistes werde ich gleich zurückkommen.
V.4. hade ich bloß in TAA/AAB0TC die zweite Sylbe
verdoppelt, und in OPAC das fehlende Jota fubscribiert.
Nun fehlt aber noch die Benennung des Geistes als Ap-
position zu reiß', ' das rau, und diese finde ich V. 5. zu
Anfang in dem handgreiflich unrichtigen HTAPMOW. Ich
leise dafür HTOPeMOW, wie in der Anthol. Pal. VII, 672, 1.
X3, us, ze, das Sy, zu vry orgavis Frog.
41 (2)
65o
Gleich nachher habe ich Ihre, mir zugleich mit der In-
schrift selbst mitgetheilte, Ergänzung von …XH in PTXHN
aufgenommen, und am Ende des Verfes das finnlose ATA1AC
in ATTAC verwandelt. Die Formel is a 19äge auf Alos zwar
ist schon aus Homer Il. V., 837. bekannt.
V. 6. lautet bey Richter fo:
dorra X" si: AIAHN ärgoros s? As vuos.
Aber wer wird sich wohl dieses si: "Ay gefallen lassen? In
die Unterwelt, denke ich, kommen nicht die Gebeine, sondern
die Seele, die nach der Vorstellung eines andern Epigrammen,
Dichters, Julians des Aegyptiers, erst von da aus zur beson-
dern Auszeichnung in den Himmel aufgenommen werden kann.
Dieser sagt nämlich in der Anthol. Pal. VII, 587. init.
X5 s rixsy, royros - Dass, der die 3äeos
II»Lovros es 3sy X" orgavy eiszy3ys.
Er uuß also die Aufnahme der Seele in den Himmel von dem
Ausspruche der Todtenrichter abhängig gedacht haben, und für
diese Vorstellung ließen sich auch noch mehrere Stellen anfuhren,
wenn wir nicht hier an. Einer genug hätten. Ob nun hiebei noch
die Annahme zum Grunde liegt, die wir in einer zwar inter-
polirten, aber doch verhältnißmäßig alten, Homerischen Stelle,
Od. A., 6o 1 seq. antreffen, daß noch ein leeres Schattenbild, ein
soooy, in der Unterwelt bleibe, wenn auch der Verstorbene selbst,
ards, bei den Göttern wohne, laffe ich unentschieden. Das aber
lehrt doch wohl der gesunde Menschenverstand, daß die Gebeine
nicht in den Hades, sondern in's Grab gelangen. Um also den
noch jene Lesart zu vertheidigen, müßten wir wenigstens an
nehmen, das sowoy werde nach einem uneigentlichen Sprachges
brauche mit den Gebeinen verwechselt. Ein solcher Sprachges
brauch aber wäre eben so unerhört, als verkehrt, und das Eu-
ripideiche sy"Audov es 3x, Hec. 48. Pors. und E. 122. seqq.
Seidl, beruht nicht etwa auf einer ähnlichen Verwechselung, fon-
dern heißt weiter nichts, als in den Hades versenkt feyn,
651
und ist unstreitig auf den Schatten, nicht auf die Gebeine, zu
beziehen. Eben so wenig kann auch der uneigentliche Gebrauch
von wgos, fata, funus, rogus, für jene Verwechslung etwas be-
weisen, zumal hier, wo schon der Gegensatz von vxy und darf
einen genauen und eigentlichen Wortgebrauch erfordert. Gesetzt
aber auch, nicht zugegeben, ein folches seelenloses Schattenbild
könnte der heißen, so dürfen wir doch hier noch weniger, als
dort beym Julian, voraussetzen, daß der Verfasser sich außer
der in den Himmel verfetzten Seele des Eulalius noch ein solches
leeres Schattenbild eines Körpers in der Unterwelt gedacht habe.
Denn nach dem zweiten Distichon, wie ich es verbessert habe,
ist fein Geist nicht erst aus der Unterwelt, sondern unmittelbar
aus feinem Vaterlande, zum Aether gelangt, gerade so, wie es
beym Euripides heißt, Suppl. 547. seqq. Herm.
irar" 0 y rea AvP3vat vergobs,
33sy " Zeroy sie r als piestro,
syr3" ers». 3-5, rys ua uy rgos «3iga,
ro zu ' s is yv.
Hier wird nachher, gleichfalls übereinstimmend mit jenem Di-
stichon, noch hinzugefügt: nur der Geist sei das Eigenthum des
Menschen: der Körper gehöre dem Vaterlande. Hier haben wir
endlich auch denselben Gegensatz des Aethers und der Grde als des
Begräbnißortes, den wir nicht allein schon in der zum vorigen
Verse angeführten Stelle, sondern sogar in dem überhaupt höchst
ähnlichen zweiten Distichon unserer Inschrift felbst fanden, und
von diesem Gegensatze find noch mehrere Beyspiele gesammelt von
Jacobs ad Anthol. Pal. p. 972. Denselben Gegensatz haben wir
denn auch hier wieder zu suchen, um so mehr, da dieser Satz eine
weitere Ausführung des vorigen enthalten muß, nur mit dem Un-
terschiede, daß dort alles auf das Vaterland des Eulalius bezo-
gen, und der Gedanke ausgedrückt wird, fein Geist habe sich eben
da, wo er ihn empfangen habe, zum Aether emporgeschwungen,
während hier das unabwendbare Geschick der Hauptbegriff ist, wel-
652
ches die Gebeine in's Grab weggerafft, die Seele aber zum Alether
gefuhrt habe. Ich lese daher mit sehr geringer Veränderung der
Schriftzuge; -
der " sie APA THN ärgoros sas wus.
Das äga ist hier nicht, müffig, sondern heißt: wie billig,
wie natürlich, und steht bekanntlich nach uéy und die recht
an feinem Orte. Für die Trennung der Präposition aber von
ihrem Nomen eben durch diese Partikel mag Ein Beyspiel genü-
gen, das Homerische is au-Rovs 8 vres, Il. 1, 576. Es
macht keine Schwierigkeit, wenn wir ein Zeugma annehmen.
Der Sinn des letzten Distichons ist: Diefe Erhebung
meiner Seele zum Alether habe ich von den Göttern
felbst als einen bedeutenden Erfatz dafür erlangt,
daß ich, Eulalius, der einzige Hochzeitliche unter
den Abgeschiedenen bin, daß ich allein gerade an
meiner Hochzeit habe sterben müffen. Wollte man das
Komma hinter yaukos fetzen, so müsse man so erklären: zur
Entfchädigung dafür, daß ich, der Hochzeitliche, al-
lein, ohne die Gattin, unter den Todt ein - ruhen
muß. Das wäre aber gezwungener, und für jenes spricht auch
die ähnliche Antithese in einem unähnlichen Zusammenhange im
Append. Anthol. Pal. 18, 6.
-
sy 23 uévous yos är, royo ua Myvideos.“
Allerdings scheint die hier aufgestellte Hyvothese aus glück-
licher Combination hervorgegangen, und beym ersten Anblick al-
les einzelne zu ihrer Bestätigung Beygebrachte fest und ficher
zu stehn. Doch der alte Epichlarmos soll uns ein
NZD, was uava rurs äg3ga rara ray Pgsvy
nicht vergebens zugeraunt heben.
Daß AIWH hier nur als der genommen werden dürfe,
leugnete ich schon oben, aus Mangel jedes entscheidenden Grun-
des. Mithin kann auch die Behauptung für mich kein Gewicht
haben, welche eine Folge der willkührlichen Annahme ist, es
653
leide wohl keinen Zweifel, daß AF zu eä gehöre, und auf den
Wanderer zu beziehen sey.
Der einzige Punct, der bey Richter nach TPOX-A1-HW
fich findet, gibt auch nur einen sehr schwachen Beweis ab, daß
hier ein ganzes zweysylbiges Wort, wie ausvor, ausgefallen
feyn müffe.
Im Schluffe des ersten Verses soll ein Auftrag an den
Wanderer für eine hinterlassene Gattin, und im zweyten die
Nachricht vom Tode des Eulalios am Tage feiner Hochzeit zu
fuchen feyn. Warum? Weil, heißt es, im letzten Distichon
der Grabschrift dieser Umstand so vorausgesetzt wird, daß man
ihn nur zur Noth errathen kann, und ungern die ausdrückliche
Nachricht vermißt.
Allerdings suchte auch ich im ersten Bruchstück, statt
einer bloßen Anrede an den Wanderer, bey dem Grab-
male zu verweilen, vielmehr etwas Thatsächliches von den
Verstorbenen. Denn natürlich vermißte auch ich, unter andern
uns verschwiegenen Umständen, besonders etwas zur Aufklärung
des mir auch jetzt noch immer ziemlich räthfelhaft bleibenden
yauxös im letzten Verse, von welchem ich nicht begriff, wie .
Herr Prof. Francke, als wir beide nur den zweiten Theil des
Ganzen von AOPOC an kannten, schon damals mit Sicher-
heit den Gedanken darin ausgedrückt finden konnte, Eulalios müsse
gerade am Tage seiner Hochzeit gestorben feyn. In so fern also
mußte die Ergänzung HC IIAPO-/EITA 7452 u. jg IIzz-
uote on mir willkommen sein, und auf jeden Fall, wie sie es ist,
als sinnreich erscheinen; obwohl auch so in ihr die Nachricht vom
Tode des Mannes am Tage seiner Hochzeit keinesweges unzweydel-
tig enthalten ist, da was ja nicht bloß Hochzeit, Hoch-
zeit feier, fo wie eheliche Verbindung, sondern auch,
letzteres freilich häufiger bei den Prosaikern, Ehe heißt. Gegen
zog dort hatte ich nichts einzuwenden, da es auch anderwärts
vorkommt, z. B. Append. Anthol. Pal. 296, 3. u. 4. A: s
Mais Mo u. f. w, gerade rag PX: wenn gleich ebenso gut
654
auch als exo stehn könnte, wie in einer der Elginfchen In-
- fchriften: gravs» gros a'a.
Der zurückgelassenen Gattin soll also, ahn wir, aus dem
Munde ihres durch die Grabschrift sprechenden Gatten der Wan-
derer Bericht abstatten – wovon?
Davon, daß die Jonische Erde, zwar „feine fichtbaren Reste
zu fich genommen, den Geist aber, den fiel ihm einst gegeben,
zum Lichte des Alethers entlaffen habe.“
Das soll der Wanderer ihr fagen?
Wenn P. in da ros den Olympischen Siegsgefang auf Afo-
pichos, den Orchomenier, mit dem Aufruf an die Acho (den
Nachhall) fchließt, ,,fie folle herabeilen zur schwarzumburgten
Behausung Phersephona's, dem Vater Kleudamos die weit schal-
lende Kunde zu bringen vom Sohn, er habe in der ruhmvollen Pisa
Thalschooß sich das junge Haupthaar mit den Fittigen glorreicher
Kämpfe gekrönt“: so bewundern wir die wahrhaft lyrische Wen-
dung des fo nahe liegenden Gedankens: ,,wie würde der Vater
Kleudamos, wenn er noch lebte, des früh errungenen Sieges
des Sohns fich freuen!“ Wir finden sie nicht in höherm Grade
lebendig und kühn, als durchaus der Sache angemessen. Wenn
der Thebäische Sänger – doch, bleiben wir lieber bey Epigrammen
stehn, – wenn also Simonides die bey Thermopylä gefalle-
nen Helden aus ihren Gräbern sagen läßt:
" Hey, yystov Aares davovious ?r F-
xejus 3a, ros say guage zs3asvor:
fo finden wir dieß in feiner Einfalt erhabene Wort nicht nur
solcher Männer würdig, sondern auch den darin enthaltenen
Auftrag ganz paffend im Munde derer, welchen gerade der Ge-
horsam gegen die vaterländischen Gesetze unmöglich macht, selbst
zu thun, was sie den vorübergehenden Evos thun heißen.
Ebenso, wenn in Epigrammen des Theatetos, Afkle
ptades und Nikänetos (Anthol. Pal VII. 499. 5oo. 5o2.)
aus feinem Kenotaphion der Kyrenäer Ariston die Vorbeyschif
fenden beim Zeus Kenios beschwört, seinem Vater Menon zu
655
verkündigen, daß er, im Aegäischen Meere umgekommen, bey
den Ikarischen Klippen versenkt liege ; oder auf ähnliche Weise
Euippos den Vorübergehenden dringend bittet, follte dieser nach
Chios kommen, feinem Vater Melefagoras anzuzeigen, daß ihm
famt seinem Handelsschiffe der böse Südostwind verderblich ge-
worden; oder Biton g: ichermaßen vom Wanderer begehrt, wenn
dieser von Torone nach Amphipolis gelange, dem Nikagoras zu
melden, daß feinem einzigen Sohne der vom Thrakischen Strymon
her wehende Sturmbeym Untergang der Böcklein den Tod gebracht:
fo finden wir abermals die Aufträge den Umstanden völlig ent-
sprechend und naturlich, und fuhlen uns mitbewegt durch die
Bitten der Armen. Weniger schon beydes, dünkt mich, wenn
in einem Epitymbion von Agathias Scholasticus (Anthol.
Pal. VII. 569) eine Frau den Wanderer anfleht, sollte er ihr
Vaterland Theffalien fehn, ihrem Gatten zu sagen, seine Gat-
tin fey gestorben und nahe dem Gestade des Bosporos begraben;
er möge ihr auch bey sich ein Kenotaphion aufrichten, um ihrer
sich zu erinnern.
Next Arowa, ragora, 29 arasoy zorn,
str. 2, zu says zarga Ssoga) in
Kr-3ays regors, 3xst "uy in x3ow rußos,
alt, Boszogys Syyi 3sy toyos“
A wou are 3 rex- zsyguay Syyi/3 ve,
öpg ava aufzen rs rors zougdys.
Thessalien ist groß, der Wohnort des Mannes nicht genannt;
fein Name nicht, eben so wenig der Name der Frau ; auch die Ent-
fernung beyder durch nichts motivitt. Hier finde ich schon
Mangel an Zweckmäßigkeit, an innerm Zusammenhang: dieß
Epigramm erscheint mir als ein bloßes Spielwerk, und als ein
mißlungenes, des sonst nicht talentlosen Agathias. Es stand
gewiß an keinem wirklichen Grabmal.
Dagegen steht das unsrige, freilich zum Theil verstümmelt,
noch jetzt an einem Sarkophag im Freyen zu Nikopolis. Es
656 -
wird also hoffentlich auch in den jetzt unkenntlichen Theilen,
wie in den kenntlichen, zweckmäßigen Zusammenhang, und uber-
all die erforderliche Schicklichkeit haben.
Beydes vermisse ich bey der vorgeschlagenen Ergänzung des
ersten Bruchstücks. Daß der Wanderer der am Hochzeittage
Verwittweten jenes alles fagen soll, ist meines Bedünkens un-
angemessen. Das eine, wo ihr Neuvermählter begraben liegt,
nemlich in vaterländischer Jonischer Erde, wird die Braut, die
beym plötzlichen Tode des Bräutigams am Hochzeittage doch
ganz in der Nähe gewesen feyn muß, wol am ersten wissen,
nicht durch einen zufällig Vorbeywandernden zu erfahren
brauchen. Das andere aber, daß , sein Geist nicht erst aus der
Unterwelt, sondern unmittelbar aus feinem Vaterlande zum
Aether gelangt sey“, hätte sie offenbar doch besser, kürzer
und lieber unmittelbar durch ihn selbst, als aus seinem Auftrag
an den Wanderer vernommen. Wäre also woll das Schickliche,
r, reiro, wie wir solches bei einer metrischen Grabschrift,
nicht aus dem spätesten Griechischen Alterthum, zu erwarten
berechtigt sind, hier gehörig beobachtet? – Auch stoßen wir
noch auf eine besondere, von unserem Freunde übersehene Schwie-
rigkeit. Als er, ohne noch das Dasein des ersten Bruchstücks
zu ahnden, 3 - statt rarg ergänzte, dachte er bey das
augenscheinlich nur an den Hyos, und wurde auf diesen, den wir nach
her schon im ersten Bruchstück in der Anrede IIA PO2/EITA
fanden, gerade durch fein glückliches Erkennen des in AI OPAC
wahrscheinlich liegenden 2. gs (Anthol. Pal. VII. 3oo finde
ich wenigstens r» ago, is sogs –) hingeführt. Wenn aber
der Wanderer alles. Folgende der trauernden Gattin sagen soll
(y rar« – – – is 74 u. f. w.): auf wen geht nun
dieß : " ges? Auf die Gattin? – Wenn sie selbst vor dem
Sarkophag steht und sieht, wozu dann irgend ein Auftrag für
sie an einen Dritten? – Also doch auf den Wanderer? Oder
gar etwa auf eine unbestimmte zweite Person, ein schwanken
des man ? - So wird also, setzt man die Richtigkeit der Er
/ A
657
gänzung des ersten Distichons voraus, das sonst fich empfehlende
7 gs, wie man es auch faffe, unklar und schielend.
Schon nach diesem allen (auf das mehrdeutige yauxs
komme ich noch zurück) räth uns kritische Vorsicht, die vorge-
schlagene Ergänzung des ersten Bruchstücks aufzugeben; zumal,
da wir aus Richter's Aeußerungen nicht einmal bestimmt wie
fen, ob nicht das, was er die erste Inschrift nennt, von welcher
er sagt, daß sie absichtlich zerstört fey, aus mehr als Einem
Deftichon bestanden.
Nun zu dem, was er als zweite Inschrift angibt, wovon
wenigstens die Hälfte der ersten Zeile auch absichtlich zerstört
fey. Hier habe ich bei der versuchten Ergänzung und Verbeffe-
rung der behden ersten Verse und des Anfangs des dritten fol-
gende Bedenklichkeiten.
AOPO (TOAEEaw TIAKA soll in AGE POCec TO-21E
Qbow CIAKA verwandelt werden. Dieß würde ich dann nicht
zu kühn finden, wenn die Kühnheit zu einem evidenten Resul-
tate führte. Ein solches aber vermisse ich. Denn da gleich nachher
zis a Rég, ex Aos zwas, oder (wie verbessert wird) any's
vorkommt: so entsteht durch A3égos is rös pas, wie man es
auch durch den etwas verschiedenen Zusammenhang, worein, es -
gesetzt wird, rechtfertigen mag, eine tautologische Wiederholung, wel-
cher man in einem nicht langen Epigramme sich gern überhoben fahe.
Daß die Form Taxi nicht geändert worden, dagegen habe
ich um fo weniger etwas zu erinnern, je ungewisser bey der
Stellung, in welcher jene Buchstaben in dem halb verlesenen,
halb vertilgten Vers erscheinen, es bleibt, ob hier eine Dorische
Form ist oder nicht; da jene Buchstaben ja auch den Pluralis
vom Neutrum, und wer weiß was sonst? enthalten können.
Daß Dorische Formen in übrigens ganz in epischem Dialekt ge-
schriebenen Epigrammen angetroffen werden, wird freilich zu-
gestanden; obwohl ich (beyläufig gesagt) im Verfahren des eben
fo behutsamen als geistvollen, von uns verehrten Jacobs in
dem berührten einzelnen Falle keinen Widerspruch mit feiner
42 (1)
658
allgemeinen Maxime über die Dialekt verschiedenheiten finde (vgl.
feine Vorrede zum ersten Bande der Anthol. Pal. p. XL seq,
besonders p. XLVII) da er 34s ja im Texte stehn ließ, und bloß
eine, durch die fonst nicht ungewohnliche Verwechselung von
A und H motivierte, Vermuthung für den einzelnen Fall in der
Anmerkung beibrachte: was erlaubt bleiben muß, wenn anders
Gleichformigkeit des Dialekts in einem und demselben Epigramme
doch das Gewöhnlichere ist, so oft auch Mischung der Dialekte
sich darbieten mag. In Absicht solcher Mischung aber scheint
mir fortgesetzter Beachtung werth, was einer der feinsten Kriti-
ker von Dichtern der Griechischen Anthologie, Hr. Prof. Gräfe
(Melle agr. Epigr. Praef p. V–XII), stark genug gesagt hat.
Daß Jonien das Vaterland des Verstorbenen fey, bleibt,
bey der Ungewißheit des unmittelbar Vorhergehenden und Nach
folgenden, unerwiefene und und unerweisliche Vermuthung, wenn
gleich das ohne diese Voraussetzung dem Sinne nach unbestimmte
ro 3 % des real dadurch allerdings einen bestimmten Sinn
erhält. Ob indeß wol fonst irgendwo bei einem Dichter, so wie
es hier angenommen wird, von einer x3ay gesagt sein möchte,
daß sie einem Menschen frog des Dieß wenigstens möchte
mit dem Euripideifchen
33sy " Zeroy is ro zu gesro,
syra 3" ers». 3-5, erweisua uy ergos a3éga,
rs äux ’ s is y
nicht sonderlich zusammen stimmen. Denn hiernach kommt die
Seele vom Himmel, ist nicht Geschenk irgend eines Landes. So
heißt es auch in einem Evitaphion (Anthol. Pal. Append. 252):
erve ua Aa2» davos orgav63 sy,
reas xg vor, raroxa.
Demungeachtet finde ich es an sich nicht unwahrscheinlich
daß in TA-1A1ABOTC Aehnliches, wie das von unserm Col
legen darin gesuchte räz Aa3", zugleich mit der Beziehung
auf ein Wort wie x3 oder 7 liege. Nur gestehe ich den
659
Aa3oo" - " es mehr Probabilität zu, als dem rä22, wofür
wol rau nicht bloß als Bestimmteres, sondern auch deshalb
vorzuziehn feyn möchte, weil das räAA dem, welchem es ent-
gegen gesetzt werden foll, hier nicht bequem voran stehn würde.
Die Verwechselung der Richterischen Lesart TAL-/-1A mit diesem
TAMA-1A wäre auch ziemlich eben so leicht, als die mit dem
Franckeschen Vorschlage. TAAA/AA/AA1A.
Wenn das HTAPMONV „handgreiflich unrichtia“ ge-
nannt wird, so gilt dieß meines Erachtens nur von MON,
wofür ich gleich anfangs MOT" vorschlug. HTAP aber halte ich
noch für richtig, und die Erinnerung fast für überflüffig, wie
häufig in der Anthologie (z. B. Anthol. Pal. VII. 2o2. 214. 278.
291. 315. 372. 468. 48o. 606. X. 68. Append. 317) ve
den Uebergang von einem Satze zum andern, und zwar nicht
schicklicher als in unserm Epigramme macht, wenn wir, wie diese
Partikeln es erfordern, darin auch hier bekräftigende Angabe
des Grundes vom unmittelbar Vorhergehenden voraussetzen. Das
dafür vorgeschlagene HTOPé MOV halte ich für eine unnö-
thige Conjectur, wenn gleich die Gegensätze von 34 aus und F-22,
von 23 und orgavos in jenem Epigramm eines namenlosen
Versificators einer offenbar sehr späten Zeit (Anthol. Pal. VII.
672) sich finden: -
X3 uy zu was ic3%öv, zu vry orgavis jroe
"Aygo, 3s Aavor ex T) vguo zu zers,
n ---
ox loy erswo» ex32gas spufzro xsgas-
An unserer Stelle scheint mir nemlich durch jene Veränderung
eine ähnliche Tautologie, wie ich schon in a 3égos is rd. Das
und Ss 3äg ex Aos alysis andeutete, aus dem Frog uy
und dem vxy hervorzugehn. Beides letzte, so nah an ein-
ander, wird unser Freund mir in keinem andern Epigramm ähn-
lichen Inhalts nachweisen.
Daß ihm mein luxy as, der Aufnahme werth geschienen,
fah ich nicht ungern: wenigstens wird das in ... XH von mir
660
gesuchte Jozy hier eben so gewiß erfordert, als in dem zu
Athenä gefundenen Elginfchen Marmor zum Andenken der bey
Potidäa gefallenen Athenäischen Krieger in XO das rauxra.
Doch bin ich selbst mit dem luxy ué jetzt nicht mehr ganz zu
frieden. Läßt gleich die Schwierigkeit des rgoros sXs youos,
infofern es auch auf die Seele bezogen werden soll, durch An-
nahme eines Zeugma einigermaßen sich heben: fo will das „unab-
wendbare Geschickt, welches nicht nur „die Gebeine in's Grab
weggerafft“, fondern auch „die Seele zum Alether geführt“, bey
genauerer Betrachtung mir doch nicht in den Sinn. Das Un-
abwendbare, auch da, wo man das Höchsterwünschte bezeichnen
will, führt etwas Störendes, Zweckwidriges, mit sich. Ein
Ausdruck wie: „die Seele ging, schwang fich, in den Alether
stünde doch viel angemessener. Es wäre auch eine nur um ein
fehr Geringes gewagtere Veränderung, wenn wir, anstatt für
.. XHMEW zu lesen PTXHINMEN, vielmehr, da EW und
OA1 leicht genug verwechselt werden konnten, zu lesen vorzögen:
PTXHMOA1; also:
weg wov luxy ad is a 3gas es. Als «As.
Ich behalte nemlich das für „sinnlos“ erklärte aixas. Steht
gleich in der bekannten Homerischen Stelle ausgemacht richtig
x d' zu Porgay Beer a3äge za: Alles was –
wo Barnes die zwey letzten Worte, sonderbar genug, in unfer
Als «was verbessern wollte (f. Var. Lect. et Obss. in Il. cur.
Heyne T. VI. p. 517): so folgt daraus keineswegs, daß in uns
ferm Epigramme nicht ás a 3äge a Alos aus verbunden feyn
könne; zumal da in der Odyssee ), 74 Zyvös – exy, bey
Aefch y los im Prometheus 122 Aus ab – vorkommt, und
in Euripides' Hippolytos (v. 68, 69. Vergl. Valckena er.
Adnot. p. 170) wie ich glaube, aber Zaves, ro) zovgoy oo,
nicht ab, Zays rox vor oboy zu schreiben ist; der Plus
ralis aber bei einem viel späteren Dichter, der vom Aufenthalt
und Zustand der Seele des von den Göttern begünstigten Men
661
fchen nach dem Tode, eine höhere Vorstellung verräth, als die
Homerische, schon deshalb nicht hinweg verbessert werden darf,
weil gerade diesem Pluralis ein erweiterter und mehr vergeistig-
ter Begriff zum Grunde liegen kann. Daß zur bloßen Conjectur
"A-3"gos Fs rode (pas das is «3égo ext Als «dys eine voll-
ständigere Parallele abgeben würde, darf uns nicht kümmern,
denen dagegen das Eis er zum unveränderten. Als das einen
mehr in poetischer Sprache gehaltenen Gegensatz gibt.
Doch auch dieß sis AI-/HIV foll ja hier durchaus verwerf-
lich feyn; es soll verändert werden in eis APA /THW
Warum? Weil die Gebeine nicht in die Unterwelt kommen,
sondern ins Grab; weil wir also, um dennoch jene Lesart zu
vertheidigen, wenigstens annehmen müßten, das sooy werde
nach einem uneigentlichen Sprachgebrauche mit den Gebeinen
verwechselt. Ein solcher Sprachgebrauch aber wäre eben so un-
erhört als verkehrt“ u. f. w. Wer heißt aber unfern Freund
bey dem Vertheidiger der Schriftzüge des Steins sis AIZ/HW
eine Annahme dieser Art voraussetzen? Alys ist hier gar nicht
die Unterwelt, sondern, wie in so manchen Dichter stellen, (frey-
lich nicht in Homerischen) nach einem längst nicht mehr zweifel-
haften Sprachgebrauche, gerade nichts anders als– das Grab.
Daran konnte schon des rövros erinnern, wie Alefchylos im
Agamemnon 664. Schütz. ed. 2. den Herold sagen läßt:
"Erstra. "Fr royroy rspsyres, was Humboldt (bey ihm
v. 655) richtig übersetzt: „Entflohen drauf des Meeres finsterem
Wellengrab.“ Daher läßt auch Antiphilos in einem Epita-
phion auf einen Schiffer (Anthol. Pal. Vll. 630) für diesen bey ei-
nem plötzlichen Sturme den rövros plötzlich zum er werden
(oüro ze? Aos Fuve, ext y los ält rövros). Auch fehlt es
in der Anthologie nicht an andern Stellen, wo es sepulcrum,
nichts weiter, bedeutet. So Anthol. Pal. Append. 355, 3.
also zuvxioo was örero dros, „nahm auf des inner-
sten Grabes dunkler Schooß“, und noch entschiedener Append.
147, 7. rexas - da, „umgab das Grab mit einer Mauer,
662
Vgl. auch Jacobs ad Anthol. Gr. T. XII. p. 285. Manches
hieher Gehorige hat Hufchke (Anal. crit. in Anthol. Gr.
p. 124–130) schon zusammengestellt. Selbst das Euripideiche
sy"Adov es 3a, wenn es, was Hr. Prof. Francke als „un-
streitig“ behauptet, „auf den Schatten. (sda.), nicht auf die
Gebeine“, zu beziehen wäre, konnte keineswegs heißen: in den
Hades verfen kt feyn: denn von den beweglichen Schatten-
bildern der Abgeschiedenen (ro d'é aux aeroovy, sagt Home-
ros) könnte doch unmöglich das Zeitwort es. 3a gebraucht
feyn. Es heißt aber dort auch gewiß nicht: in den Hades
verfenkt feyn, sondern im Grabe liegen. Wem konnte es
übrigens wol einfallen, in unserer Stelle bey darka an etwas an
deres als an Gebeine, etwa an , ein folches seelenloses Schat-
tenbild“ zu denken?
Jener Gegensatz des Aethers und der Erde als des Begräbt
nißortes, der in der Euripideichen Stelle Suppl. 547 seqq. Herm.
hervortritt, bleibt auch in der unfrigen, wenn wir die Richte-
rische Lesart EIC AI-/HNW beybehalten, wenn anders dieses,
wie bewiesen worden, ins Grab heißt. Die von Jacobs ad
Anthol. Pal. p. 974 angeführten vier Stellen, wo 239 oder da,
für auch arg oder orgayös, und xRay oder dafür auch 77, bey,
des in Verbindung mit zwei oder Jux oder Fros einerseits,
und gut oder was anderseits, einander entgegen gesetzt sind,
lassen sich auch als Bestätigung, nicht nur des von mir und
Herrn Prof. Francke angenommenen Gegensatzes von lux und
Ferra, sondern auch des von mir vorausgesetzten von a3 g ca.
Als zwei und es gebrauchen, zugleich aber leicht mit an
deren, mehr oder weniger ähnlichen, vermehren. So heißt es in
drey Epitaphien auf Platon: (ex Planud. 31. T. II. p.634):
2, 3 u. a wéi év zous rés r- als II»aravos
vx . " 1 0 0 3 4 o. v. r a & y zu aaxgo.
Fast ebenso (Anthol. Pal. VII. 6):
T 27 a way y erous göz's rode - ua IIAravos,
vx . " : 3 varov - H » zu wagoy v. 7. 2.
663
und (daf. 62) unter einem emporschauenden Adler auf einem
Grabmal:
WP vx is su IIArovos aroraums is "O Avu roy
r- - »
sixay, a u. a dº y mysys Ar3s zei.
Auf Solon VII, 87:
2 u. a uy Figs 2xovos Ry Aoder Kyrgov zg
der 4" zu 2a Maus - etwas agraves.
n > ---
vx v | Foyss so 3ds is ovg «v dy payoy e. r. A.
Ferner VII. 337, 7:
– – – #s g« v? «s ve er «gros
vx ranalyse zu arova aus.
VII. 362 :
v3- ' sie "Azao 4 zu «s, vx F. is "O2. vrov.
VII. 57o:
als es Paus uy vsy rd. 23 ovos, 3 war o zu
n / --- n
avr y Exovo 3 soll, o du a dº one is 30.
Daf. Append. 119, 9:
y W /
sº gs 3 a y d' versoy euyoy 3 A 6 s • 1 x ov.
Daf. 171 : -
i34 Audyoto aggovos der 4a es 3er
yways, s aup" ager Fr) s.ro za" opy.
A re uy es 3er unga zöws aup2:3era,
vx v ." - us on Ovg 2 vös eigs #xst.
(Hier möchte ich für es 3er www.vos, 3s vermuthen: es Frau, yv-
uys is – Die Gründe anderwärts.) Vergl. auch das wort-
reiche Epigramm Append. 261, wo ziemlich weit hinter déu as
folgt:
vx de gadins ge Fs 3 4 e” Freies Aos «ign, x. 7. A.
664
Daf. 273:
- s
Oréa uy at a «g - es was er alles deux
* - - --- e-
deau, gyuvay zu brode Hausvat *
vx „" a. 3 kg : ov warxst r A 9 v. 2. 7. 2.
Endlich auf dem in Makedonien von W. M. Leake gefunde-
nen Marmor, welcher erwähnt wird in Welcker's Programm:
Epigrammata Gr. ex marmoribus (Bonnae 1819. 4.) p. 8.
"HD rärgos es 3s ITgapixo was, (s) zu «ze go de
vx | y 3 ersoly 37xs 3ios rs Day“
ovexey v rayagoras, x. 7. A.
Doch was wäre mit allen solchen Stellen für unsern Zweck
gewonnen, wenn wir nicht das ... XH und OCTEA, das EC
AIGEPA KAI 21TOC" AT-1AC und SIC AIZ/HW
unverkennbar in unserer Steinschrift hätten? Ein anderer Fall ist
es mit dem Begräbniß im Vaterlande, das Herr Prof. Francke
erst durch seine Ergänzung z3a, rargis, hinein bringt. Selbst
in den Schutzfucherinnen ist an der angeführten Stelle, un-
geachtet der bekannten Handlung dieser Tragödie, des durch Hülfe-
flehen und durch Siegskampf erstrebten Gewinns der Leichname
der Sieben vor Theben zur Bestattung ihrer Asche in Argos,
nicht vom Vaterlande die Rede, sondern davon überhaupt, daß
dem menschlichen Geiste Rückkehr in den Alether, dem Leibe in die
Erde gebühre: denn den Leib besitzen wir nicht als Eigenthum,
außer nur als Lebens - Wohnstatt; darnach muß, die ihn aufge-
nähret (die Erde, "w) ihn empfahn: xxstra ry 3 gélagoey zur
d: 7 A 8-7. Mag nun auch in unserm TAA1A1ABOTCATO-
PAC aller Wahrscheinlichkeit nach von Aufnahme der sterblichen
Reste in die Erde die Rede sein, so fehlt uns doch der Beweis des
Begräbnisses in vaterländischer. Freilich spricht sich nicht
nur der Wunsch, lebend aus der Fremde ins Vaterland zurück zu
gelangen, in manchen Gedichten der Griechischen Anthologie aus
wie in dem von Simonides (Anthol. Pal. VII. 510), von Ju-
lius Polyänos (lb. DX.7 u. 9) und andern auch das, im Alter
665
thum allerdings viel allgemeiner als in neuerer Zeit herrschende
Verlanaen, in vaterlandischer Erde begraben zu werden, und
der Schmerz des unbefriedigten. So z. B. in Epigrammen von
Platon (a. a. O. VII. 259), dem Tarantiner Leonidas
(daf 660. 666.), Agathias (daf. 552), und Ungenannten (daf.
X. 3. VII. 715); ebenso in dem Marmor von Meffana zum An-
denken mehrerer Jünglinge aus Kyzikos, bey Welcker a. a. O.
S. . . Aber aus allen folchen Stellen folgt doch keineswegs,
daß auch auf unserer Grabschrift vom Begräbniß im Vaterlande
die Rede fey. Wie oft mochte es nicht auch heißen, wie in dem
von Franc. Beaufort zuerst bekannt gemachten Epitaphion
auf einen Architekten Dionysios, bey Welcker a. a. O. S. 72
& IIargay " us 7.280 xgart
Tuov är" urs» syros . . .
Ueberflüssig ist es vielleicht schon, noch zu erwähnen: wäre un-
fer Sarkophag auf Ionischem Boden gefunden, nicht auf den
Türkischen Begräbnißplatz zu Nikopolis auf Kypros (wohin er,
jetzt als Brunnen-Einfaffung benutzt, freylich von einem andern
Lande her gebracht fern kann); so würde für die gegebene
Deutung des IAKA, wofern sie entscheidende innere Gründe für
sich hatte, auf der kritischen Wagschale noch ein äußeres Mo-
ment der Probabilität hinzu gekommen seyn, woran es jetzt
auch fehlt. Doch vielleicht wissen künftige Reisende, deren ge-
nauerer Aufmerksamkeit dieser Sarkophag wol empfohlen werden
darf, uns mehr davon zu erzählen.
Ich komme zum letzten Distichon. Hier liegt die Haupt-
schwierigkeit in den Worten aus wovos. Nach dem S. 648
Mitgetheilten suchte Herr Prof. Francke schon im ersten Bruch-
stück „die Nachricht vom Tode des Eulalios am Tage seiner
Hochzeit, und bestimmte darnach seine Ergänzung von jenem,
deren unhaltbarkeit wir sahen. Im Sinne derselben Ergänzung
findet er in den beiden letzten Versen den Gedanken von einem
bedeutenden Ersatz, den Eulalios von den Göttern dafür erlangt
habe, daß er der einzige Hochzeitliche unter den Abgeschiedenen
42 (2)
666
fey, daß er gerade am Tage seiner Hochzeit habe sterben müssen.
Aber erstens heißt uy« dagoy nicht bedeutender Erfaz,
sondern großes Geschenk; der Begriff der „Entschädigung
des Verstorbenen für fein hartes Schicksal“ liegt also nicht in
der Steinschrift, sondern wird hineingetragen. Ein Geschenk
soll in manchen Fällen freylich als Ersatz dienen; keineswegs
in allen. Daß aber Jemandes Seele gerade zum Ersatz für sei
nen Tod am Hochzeittage von den Göttern unmittelbar in den
Himmel aufgenommen worden, dafür fällt mir nicht einmal ein
Beyspiel ein. Zweytens ermangelt die Aussage aller anthropo-
logischen Wahrheit, und hier folglich auch aller exegetischen
Wahrscheinlichkeit: ich bin der einzige Hochzeitliche un-
ter den Todten, ich allein habe gerade am Hochzeit-
tage sterben müffen. Denn wer zählt unter den unnennba-
ren Millionen der Todten die Taufende, welche gerade am Tage
der Vermählung mögen gestorben seyn! Wie käme also Eula-
lios, zumal in ruhiger, leidenschaftloser Rede, zu einer hand-
greiflich falschen Behauptung?
Hiernach möchte also die verworfene Auslegung, mit Se-
tzung des Komma hinter ya aus, doch bei weitem vorzuziehen
feyn, nach welcher in aus, wovos v. 23, uyous läge: „der
Hochzeitliche, allein, ohne die Gattin, unter den Todten“ ru-
hend. Zwar nennt der Verf. diese zweite Erklärung „gezwun-
gener“, was ich eben so wenig, als hinreichende Aehnlichkeit
der Antithese in dem von ihm angeführten Verse finde, weil
dort dem Namen des Mannes nur Ein Begriff, v4s, mit 2, 3, -4-
vous antithetisch verbunden, gegenüber gestellt wird, hier aber zwey,
yauxs wovos. Dagegen fehn Sie felbst, daß die zweite Er-
klärung mit der versuchten Ergänzung des ersten Bruchstücks
auch weit mehr in Harmonie feyn würde. Freilich gäbe sie ei-
nen sentimentalen Anklang: dergleichen wird aber bey manchen,
zumalfpätern, Dichtern der Griechischen Anthologie, und schon
bey Euripides, viel häufiger vernommen, als nicht Wenige,
den neuerlich beliebten Gegensatz naiver und sentimentaler Dich
667
tung beh Alten und Neuern viel zu einseitig und ausschließ-
lich nehmend, sich vorstellen. Für die unter beyden so eben vor-
gezogene Erklärung hätten Stellen angeführt werden können,
wie des erwähnten Tragikers Phoeniss. 1537 Pors, wo Antigone
nach dem Tode der Brüder klagt:
- uo vad" eiva dova, ry als
xgöyoy y As 30 a yous dexgous.
In der Andromache (ed. Musgr. v. 1224) fagt der Chor
nach dem Tode auch des Enkels zum alten Peleus:
zu dyos zu vo - - - - - duous avargên.
Noch paffender wäre Anthol. Pal. VII. 34o (das zweyte und
dritte Wort von v. 1. nach Ruhnke n”s Verbesserung):
Nixonroy Maga3ay Sys3naro - r ršrgy,
ußggas dagious Magyax« uxguagéry.
exx" oby rȎoy Foxs rl weg roy wig zende vs
zu v% r "g 7 «ns, oxouyns zov;
Dennoch dürfen wir auch diese Erklärung nur als fehr unge-
wiß gelten lassen, bei Erwägung, daß, wenn vauxös, soviel als
auos und yautos, hoch zeitlich heißen soll, im Vorher-
gehenden nothwendig etwas zur Erläuterung dieses Beyworts
da seyn müßte. Eben deshalb dachte ich gleich anfangs bey
AOPOC an àagos, wovon freilich die erste Sylbe gewöhnlich
kurz ist, an zogos und dergl., bey der Möglichkeit verweilend,
daß von einem jungen, noch unverheiratheten Menschen die
Rede fey, von welchem, wenn er Bräutigam war, oder wenig-
stens leicht werden konnte, das war aus mit Beziehung auf jetzt
unkenntliches Vorhergehendes an sich als nicht unstatthaft er-
schiene. Wie häufig "wir Epitaphien auf unvermählt in mann-
barem Alter gestorbene Jünglinge und Jungfrauen, auf 3:0 vs,
in der Griechischen Anthologie begegnen, ist allen Lesern dersel-
ben bekannt, ziemlich überflüffig also, an besonders gefällige
Blumen dieser Art zu erinnern, wie an die Grabschrift auf
Gorgippos von Simonides (Anthol. Pal. Vll. 507), auf
668
Charixenps von Meleagros (VII. 468. CXXIV. Graef),
auf Hipparchos von Diodoros (VII. 627.), auf Diony-
fios und auf Akylinos von Ungenannten (Append. 148 u. 406);
ebenso auf Timas von Sappho ( VII, 489), auf Aristokrateia
von Mna fallkas (VII. 488), auf Heliodora von Melle a gros
(Vll. 476. CIX. Graef) Freylich kommt auch, natürlich aber
feltner, ein und das andere Epigramm vor, wo eine Braut, als
am Hochzeittage oder in der Hochzeitnacht gestorben, beklagt
wird; eins selbst auf ein in der Hochzeitnacht durch den einstür-
zenden Thalamos erschlagenes Paar Neuvermählter, Eupolis und
Lykanion, ( VII. 298). Das Vorbild folcher Elegidien zum
Andenken der als Braute Gestorbenen ist das liebliche Epi-
gramm von Erinna (VII. 712) auf Baukis, und aus einer
andern Zeit das auch schone von Meleagros auf Klearista
(V11. 182. CXXV. Graef.), – beyde nachgeahmt, wie schon
Chardon de la Rochette (Mélanges de Critique etc. T. I.
p. 11 o. 112.) bemerkt hat, von Antonius Thallos (VII.
188) in dem Klaggedicht um Kleanaffa. Etwas andere Wen-
dungen haben, wie ich sehe, das von Parmenion auf Helena,
und das von Philippos auf Nikippis (VII. 183 u. 186). In
allen diesen aber wird die Trauerfcene mit mehr oder weniger
glänzenden mythologisch poetischen Farben ausgemalt; z. B.
wie Hymenäosº Fackel sich in die Leichenfackel wandelt, wie der
neidische oder ungenügsame Hades fich auch diese Schöne raubt
u. f. w. Ganz anders in unserm Epigramme, sowohl wie wir
es mit feinem Lakonischen aus wirklich haben, als wie Hr,
Prof. Francke es ergänzen wollte,
Doch jeder vorzüglich auf das Wort yaus gebaute Er-
gänzungsversuch mußte mir sehr problematisch vorkommen, wenn
ich die Möglichkeit bedachte, daß ITAMIKOC hier vielleicht
bloß als Eigenname stehe, nemlich als zweyter des Eulalios;
um nicht auch noch die Möglichkeit eines verschriebenen Buchs
stabens (daß auf dem Steine vielleicht ITAMMIKOT" stehe, und
fo zugleich der Vater angedeutet werde) hinzu zu fügen. Eben
669
nicht felten führt in den früheren Jahrhunderten der Kaiser auf
Griechischen Inschriften. Ein Helene zwey Namen. Daß aber unsere
Inschrift aus dieser Zeit fey, beweist einigermaßen die schon oben
erwahnte runde Form E und C für E und XD und die des Ly für
„K2, welche unter den ersten Römischen Kaisern im Abendlande
eingeführt wurden, später auch ins Morgenland übergingen, bis
im fünften Jahrhundert die ältern Formen dieser Buchstaben
auf den Steinen sich ganz verloren. (f. M on t fau c on Pa-
laeogr. p. VI u. 173; vgl. indeß auch Villoison Anecd. Gr.
T. II. p. 168 – 165.) Nun findet sich aber wirklich, wenig-
stens auf zwey Lateinischen Steinschriften, der Name Gami-
cus; nemlich auf einer zu Pismes L. AEMIL. GAMICVS (f.
Gruter. Corp. Inscr. p. CCCXLVIll. 2.), und auf einer zu Rom
VLPIVS GAMICVS LIB. (das. p. CMLVIII. 6). Den Namen
Eulalios oder Eulalius vermisse ich zwar bey Gruter; doch
steht bey ihm p. DCX. 4. auf einer Römischen Grabschrift: TI.
CLAVDIVS AVG. L. EVLALVS C. ASINIO EVLALO
FILIO. Um so eher könnte man, wenn man wollte, den kriti-
fchen Skepticismus so weit treiben, hier auch daran zu erin-
nern, daß in ETA1A1AMIOC, wofern ITAMI KOC der Name
wäre, vielleicht bloß das beygelegte Lob der Wohlredenheit läge,
s: 24.08. Meleagros sagt 2) lay ºralgay LXXXV, 1. Graef,
ro 22» lov arouzros XCIV, 2,7% 2.0, CXXVII, 9; dafelbst
aber XCVI. wenigstens ry s 2. 22. ov "Hugzy, und Phi-
lodemos (Anthol. Pal. VII. 57o), als Anrede an die Biene,
s: 22) s. Genug zum Beweise, auf wie schwankendem Boden
jede der bisher mitgetheilten Erklärungen unsers letzten Verses
steht. Oder wollen Sie noch mehr?
Es wäre allerdings noch eine Erklärungsart denkbar, mit
Auslöschung des Komma hinter Ogawa vor und hinter yeux,
und mit Setzung desselben hinter Euos, wenn die Worte
yauxs uayos y PR uyous als gesetzt angenommen würden in
dem Sinne: hoch zeitlich alle in Unter den Todten, für 2
nur nach dem Tode hoch zeitlich. Dabei könnte eine
67o
Stelle in Sophokles' Antigone 1125, 1226 Erf, verglichen
werden, wo es von Hämon heißt:
x-Frau de vergos regt verg, ra "vvz (2 x
r 42. 2. 2. v . . . . . os y y" "A Jov wo s.
- Dann müßte aber 1) bewiesen werden, daß das Adjectiv vos
für das adverbialische uyoy stehe, wovon, wegen der daraus
entspringenden Zweideutigkeit, paffende Beyspiele sich schwerlich
finden werden, so manche auf Substantiva bezogene Adjectiva
auch für Adverbien (vgl. Fischer. ad Weller. P. I. p. 331 seq)
zu stehn pflegen. 2) müßte der Widerspruch gehoben werden, in
welchen die beyden Sätze, die Seele fey in den Aether aufge-
nommen, und der Abgeschiedene hochzeitlich nur in der Unter-
welt, zu gerathen scheinen. Dieß nun möchte keine Schwierig-
keit haben, da Sy (23, uyous nicht eigentlich in der Unter-
welt heißt, sondern unter den Verstorbenen, in dieser
Bedeutung aber häufig bloß für nach dem Tode steht, mit
Beylegung von Prädicaten, welche Fortdauer des Bewußtseins
und Gefühls voraussetzen. 3) ließe ein solcher Ausdruck fich
wol nur auf eine uneigentliche Vermählung mit Perfephone
deuten; entweder als bloße mythologisch poetische Farbe, oder
auch als mystische Hindeutung auf die Mysterien. Was ersteres
anlangt, so findet sich zwar bey Dichtern, z. B. bey Tragikern,
von hingeschiedenen Jungfrauen, fie feyen mit Hades ver-
mählt. So sagt bey Euripides (Iphig. in Aul. 46o. Markl.)
Agamemnon von Iphigenia:
rhy" a rauway rxg3évoy – rl rag3 voy;
"Aus V4%, s Fouxs, vvu. Derzeit raxx -,
So im Orestes 11o7. Pors. Pylades von Helena: “Amy yvu-
(Doy zexry v. Bey Sophokles nennt Antigone (Antig. 882.
Erf) nicht nur das Grab ihre Hochzeitkammer (vvuz Dey),
sondern sagt auch v. 81o: Axégoyr www.psvaro –, und v. 1189,
119o bezeichnet der Bote das Grab gerade dieser hochgesinnten Jung-
frau also: ergos »-3ärgeroy zägys www.peo"Audov zoop eise 3abo-
671
aus. In der Anthologie aber heißt es (Pal. VII. 182. Meleagr.
CXXV. Graef)
Ob Tuor, X" Ay Bravoupov KAsagiere
dro, rxg3 syas zuwara Avouya –;
ferner in Bezug auf die Braut Nikippis von Hades (VII. 186, 6)
eiros p" grayaos regruevos Aégsguy –; von einem Mädchen,
das ein Oheim feinem Neffen Ikarios zur Braut bestimmt hatte
(Append. 215) vvaps booy grars ergs 3" "Ays –; und Leo-
ni das von Alexandria (Pal. VII. 547) sagt von Bianor auf dem
Denkmale der nur zwölfjährigen Tochter:
– – – erreys ", ox "Tusval,
»). A- via Pay Doderev wareyoy.
In allen diesen und ähnlichen Fällen scheint mir der Aus-
druck nur poetische Farbe; nur Spiel der Phantasie mit dem
Hades als Person, wie so oft bey den Dichtern. Nicht leicht
aber wird von Jünglingen und unverheiratheten Männern es ir-
gendwo ausdrücklich heißen, Perfephone fey ihre Braut,
oder sie feyen mit Persephone vermählt. Doch geheimnißvolle
Hindeutungen auf ihren zwaysos 3 auos, um mit Sappho
(Pal. VII. 489), oder auf die «sauw – aggyrov duya Pegas-
psys, um mit Meleagros (Pal. VII. 352. CXIX. Graef) zufpre-
chen, zeigen sich wohl in Epitaphien auf Jünglinge. So schon bey
Simonides (Pal. VII. 507):
Ox rudy vapsus 24xy earByy roy äpveroy
Tägyurros Hay37s begas psyrs Bauov.
und bey einem Ungenannten (Append. 148):
"E330 voy sis daröy rs 3iov vx 3ayra zsgayr«
Mogae us rgos 3a) ausvs Agrars begaspowes.
In folchen Stellen nun ebenso, wie in der unsrigen, jene
Auslegung der letztern vorausgesetzt, könnte man wol gar einen
Geweihten der Mysterien, besonders der Eleusinischen, fuchen.
Ich zweifle nicht, daß manche Gelehrte unserer Zeit eine
672
Erklärung dieser Art nicht schlechthin verwerflich finden, fon-
dern vielmehr Lust haben möchten, gerade diese Spur weiter zu
verfolgen: folche nemlich, welche einzugehen lieben in jene viel-
umfaffende Ausführung des Mythos der Proserpina, welche der
gemüthvolle und phantasiereiche Creuzer in feiner Symbolik
aufstellt, und fein wackerer Freund Mofer im kürzlich erschie-
nenen „Auszuge“ jener wieder gibt. Vgl. Creuzer im vierten
Bande der ersten Ausgabe, (von der zweiten habe ich zufällig
erst die zwey ersten Bande; doch ist, so viel ich weiß, in der
Darstellung jener Demeter-Perfephone und ihrer Mysterien
nichts Wesentliches geändert) bef. S. 10.236f. 360. 553. 584, 585.
593. 594; Mofer a. a. O., Kap. VII. u. VIII., bef. S. 782f. 807.
850. 859, 86o. 862. Lefer, die sich schon mit einem populären
Vortrage des von jenen beiden Gelehrten Erörterten ohne Be-
weistellen benügen, ließen sich allenfalls auch auf den fünften
Band von J. A. L. Richter”s Phantasien des Alterthums,
bei. S. 77, verweisen.
Zwar bin ich weit entfernt, gerade diese Erklärung zur meis
nigen zu machen, da sie nicht nur in eine grammatikalische
Schwierigkeit verwickelt, sondern zugleich in gewisse Tiefen der
Mythologie und der Mysterienlehre führt, bei welchen ich, neu-
liche Warnungen folcher Forscher, wie Silvestre de Sacn, der
ehrwürdige Jünglingsgreis Voß und der kalt und scharf prüfende
Lobeck sie gaben, nicht überhörend, obwohl kein Fremdling in
den Schriften über die Mysterien von Meurfius, Warburton,
Meiners, Pleffing, Sainte Croix nebst de Sacy, Eras-
mus Müller, Creuzer, Ou war off u. f. w., noch lange nicht
ins Reine gekommen zu fein bekenne, übrigens in gewissem Sinne
noch hoffe auf Erfüllung von Seneca’s Wort (Quaest. nat.
VII. 31): Eleusis servat quod ostendat revisenfibus. Am Ende
aber darf ich Ihnen doch nicht verschweigen, daß mir aus un-
ferm letzten Distichon vom Anfang an, ohne daß ich darum
die so eben aufgestellte Erklärung für die wahre ausgäbe, ein
Ton aus dem Heiligthume der Mysterien, besonders der Eleusis
673
nichen, entgegen klang. Wie fo? höre ich Sie, werthester
Freund, mich fragen. Nun, urtheilen Sie felbst.
Im Homeridischen Hymnos auf Demeter (v. 48o seq. Wolf)
heißt es:
"O2/398 s r" rorsy Frx-30 via 3 garay-
ös - ers»- isgy, Es r" Zuwogos, o iro 3' - wo 17,
«ay ze, 3asys reg ört SP sogaleyr –;
in dem von Plutarchos (de aud. Poet, Opp. ed. Wyttenb. T.I.
p. 81 ) aufbehaltenen Fragment von Sophokles (Fragm. So-
phocl. LVIII. Opp. ed. Brunck. T. IV. p. 686) aber:
als rgust 30
xsyou 3gory, o rara degz3évres räAy
wo is Fovº ross weg zu v 0 : s es
Sv er, ros " äAouat rar es an –;
ferner in Aristophane sº Fröschen 454 seq. Brunck.:
Myos ve jury uos
za (Péyyos Magy & Cruy,
zo usw us 3, si-
als 3 rs dyosy
-gzov –;
endlich, mit verspottender Anspielung auf das in jenen drey
Stellen Enthaltene im Fragment des Komikers Philet är os
bey Athenäos XIV. 34. T. V. p. 297. Schweigh.:
"Q Zs, 22.v / Fry ro52wsky wousyoy.
robras sy Fiv 72g zu vors sowie
apgodzugte Karl of de ros -gärovs
guragos #xoyres wovguens ersg",
sis roy z3oy (24gov roy regnus voy.
Aus allen diesen Stellen kommt uns der Begriff des aus-
fchließenden Vorzugs der in die Mysterien Eingeweihten, in
der ersten mit andern Worten, aus den drei andern aber ausdrück-
lich, mit dem Worte wävor, entgegen.
43
074
Daraus nun deutete ich mir auch, und deute ich mir noch,
in unserer Inschrift am bequemsten das zuvos. „Ich, Eulalios
u. . w“ (nemlich entweder aus – dann hoch zeitlich,
Bräutigam, vor der Vermählung gestorben, was in dem un-
leserlichen Theile der Inschrift vorbereitet seyn muß, um nicht
fo allein da zu stehen; oder als bloßer Zuname, ohne weiteren
Schluß auf den unleserlichen Theil zu erlauben, Taux)
„bekam allein unter den Todten dieß große Geschenk von den
Uranionen felbst.“
Allein – als Eingeweihter, im Gegensatz, nicht, aller
übrigen, sondern nur, aller nicht in die Mysterien eingeweihten
Todten. An diesen, und keinen andern, Gegensatz erinnerten
nemlich den Hellenischen Leser unfers Epitaphions schon solche
Formeln seiner beruhmtesten alten Dichter, wie die vorher an-
geführten. Wäre dieß nicht, so könnte ich freilich Hrn. Prof.
Francke das Recht nicht streitig machen, meiner Erklärung des
uovos einen ähnlichen Einwurf zurück zu geben, als der nach
drückliche ist, den ich gegen die feinige gemacht habe.
Von den Uran ionen felbst – zunächst von den
in den Eleusinischen Mysterien vorzüglich verehrten Göttern,
eben als Eingeweihter. Doch welches große Gefchenk? Of-
fenbar die Erhebung der Seele unmittelbar nach dem Tode
ks a3äge z. Als «as. Daß aber der künftige Aufenthalt
bey den Gottern ein geglaubter Vorzug der in die Mysterien,
zumal in die Eleufinischen, Eingeweihten, wenigstens zu Pla-
ton's Zeiten, war, erhellt schon aus feinem Phädon p. 69.
C. Steph. Kx zuvysova (mit Heindorf, Becker und Alt statt
W A - -
zwdysyaz) 2:2. o ros Tseres zu oirou caragrayss ob
- --- » --- / ck
Pavol ruyss siyx, A 7 övra rau iyirreo-3x 3rt, is
- - e D r
würos ex aerºsaros eis dov Pierre, sy /30936 gg es
3xoué W 3 - * -
aera, o d'é zexx 3xguévos rs a rers Aéausyos, ist es preis-
aus os, us - 3 s v 0 x / s . Vergl. daf p. 81. A. Gorg.
P.493. A. B. Polit. II. p. 363. C. D., und über mehr oder weniger
675
Aehnliches, Fragm. Orphica Herm. p. 509, Aristoph. Pac.
v. 375 Brunck., den Dialog Axiochos c. 2o. 21. Fisch.
p. 164 seq-, Plutarch. Fragm. ex Stob. hinter seiner Schrift
de S. N. V. ed. Wyttenb. p. 136, 137, Aristid. Eleus. Opp.
T. I. p. 259 Jebb., Plotin. Ennead. I. 6. p. 55. A. ed. Bas.,
Proclus ad Plat. Politiam p. 369. Damit stimmen überein die
bekannten Lobprüche der Eleusinischen Weihe, in Hinsicht auf
die füßern Hoffnungen beim Lebensausgang und für die ge-
fammte Folgezeit“, bey J fokrates (Paneg. 6 p. 22 Spohn.),
Cicero (de Legg. II. 14), Aristides a. a. O., Krinagoras
(Anthol. Pal. XI. 42.) und schon bey Pindaros (Fragm. XCVI.
p. 128 Heyn.),
Den Glauben an einen solchen Vorzug der Eingeweihten darf
man ohne Bedenken als zu gewissen Zeiten sehr verbreitet gewesen
voraussetzen, ohne daruun irgend einigen förmlichen Lehrunterricht
in den Eleusinischen Mysterien anzunehmen, gegen defen Vor-
handenseyn P. E. Miller ( de Hierarchia etc. Havn. 1805. p.
14,6. 165. 164. 166. 172. 173. 177 – 183. 185, 188. 192) und
neuerlich Lobeck (de mysteriorum Graecorum argumentis. Diss.
I–III. Regim. Pruss. 1820. 4. f. bei. Diss. II. p. 4 seq. III. p.
4–9. 10–13) sich mit entscheidenden Gründen erklärt haben:
obwohl Eleusis mir dem ungeachtet ein Hauptsitz der ältesten Göt-
terverehrung in Griechenland bleibt, und zwar der, wo am früh-
ften, wie es scheint, „der Glaube an Seele, Fortdauer und Un-
sterblichkeit, sich entwickelte.
So würde also unsere Inschrift zu der kleinen Anzahl fol-
cher zu rechnen seyn, die sich entweder mittelbar oder unmittel-
bar auf die Mysterien beziehen. Unfehlbar haben Sie, eben so
wie ich, die vom Hrn. Bischof Münt er zu Kopenhagen in
J. 1810 besonders herausgegebene, 1816 in feine „antiquarische
Abhandlungen“ aufgenommene fchätzbare „Erklärung einer Grie-
chischen Inschrift, welche auf die Samothracischen Mysterien
Bezug hat von diesem uns Beyden wohlwollenden trefflichen
Alterthumsforscher selbst erhalten, durch welche wahrscheinlich
676
auch die kleine, so viel ich weiß, nicht fortgesetzte Schrift von
Hrn. Prof. Bendtfen: Marmora mystica. Specimen I. Havn.
1819. 4. veranlaßt worden, die freilich Vieles zu wünschen übrig
läßt. Es ist möglich, daß zu den alten Infchriften dieser Gat-
tung, besonders zu den auf die Eleusinien sich beziehenden, mehrere
gehören, als man annimmt; vielleicht mittelbar auch einige von den
Epitymbien, die ich wegen der darin enthaltenen Gegensätze zwi-
fchen Himmel und Erde, Seele und Leib, Unvergänglichem und
Vergänglichem, angeführt habe. Da wir aber Möglichkeit mit
Wirklichkeit zu verwechseln in unsern Jahren nicht mehr lieben,
fo setze ich gleich hinzu: ein sicheres Kennzeichen, das bloß von
einem solchen Inhalte hergenommen wäre, kann es nicht geben,
da die fehr man nichfaltig sich gestaltenden Vorstellungen vom Zu-
stande des Menschen nach dem Tode, wie sie bey Eingeweihten
der Eleusinischen Mysterien in verschiedenen Zeiten geherrscht ha-
ben mögen, wenigstens seit Pythagoras und dann feit Pla-
ton, in Folge von häufigen Verbindungen der Priester mit
Dichtern und Philosophen, besonders mit Pythagoreern, Pla-
tonikern, Neuplatonikern, spätern Orphikern u. f. w., mit den
Lehren und Vorstellungsweisen philosophischer und theosophischer
Schulen ohne Zweifel vielfach zusammen stimmten. Ich kann es
daher auch nicht billigen, wenn der verehrte Münter zu jenen
Worten der von ihm erläuterten Inschrift:
--- e
& de re3wsarty dayygués ys rovery
- -
dual, räv régn as rx3ov spägyra,
( NO
" &gy regsau göy a3sglaugt xogs ist
so unbedingt sagt (Antiq. Abh. S. 229 f.): „Diese Worte führen
uns in das eigentliche Gebiet der Mysterien. Hier ist keine fa-
belhafte Unterwelt, kein Elysium und kein Tartarus. Die See-
len find dämonischer Natur, und kehren nach dem Tode zu den
ihnen verwandten Dämonen zurück“ u. f. w. Es gab, meine
ich, Zeiten, wo jene fabelhaften Dichter - und Volksvorstellungen
677
auch bey Mystagogen und Mysten noch die herrschenden waren. Dara
auf führt manches andere, was von Sainte Croix, Tenne-
mann, P. E. Müller, die Sacy und Lobeck wohl erinnert wor-
den. Dahin führt selbst, außer der schon angeführten Stelle aus
dem Axiochos, der von Mehrern erwähnte, nur gerade zu diesem
Zwecke nicht benuzte, Ausspruch des Kynikers Diogenes (bey
Diog. Laert. VI. 39. Meibom.): Sovroy A37valov uvm 37 vx
ery, eat Asyövray, as y lov zgosglas of uszunus von vy-
xavova, Tooy, 32, si Aynaos us at Erausway das sy
r 32g3% gg dovy, surs»ss d reves us uvm zu v% - sy
7 oz 7’s « ze gov » / 2 0 1 s . . ? » - « . Aber freilich gab es
gewiß auch Zeiten, wo die Geweihten an das, was sie dort
fchau eten, viel Geistigeres, oft Schwärmerisches, manchmal,
wenn sie selbst dafür empfänglich waren, wahrhaft Hohes, men-
fchenwürdig die Seele Erhebendes knüpften, wie die Idee von
unmittelbarem Emporschweben des vom Sterblichen abgeschiede-
nen Unsterblichen zur nähern. Gemeinschaft mit dem Göttlichen.
Jene Idee finde ich auf dem Kyprischen Sarkophag nicht weni-
ger angedeutet, als in jenen Epitaphien von Speufippos
und Andern auf Platon, und in ähnlichen schon angeführten.
Doch enthält unsere Inschrift darum allein freylich noch keinen
Beweis, daß der Verstorbene in die Mysterien eingeweiht war.
Ich muß daher die Vorsicht billigen, mit welcher Hr. Bischof
M ü nter an einer andern Stelle (S. 24o) von feiner eignen
ähnlichen Bemerkung bey folgender Inschrift auf Festus in
Spon's Miscellan. p. 99 Gebrauch macht, obwohl er selbst es
nicht, unwahrscheinlich findet, daß dieser Festus auch an den
Mysterien Theil gehabt habe, da er (vermuthlich wenigstens)
mit dem gleichnamigen Proconful von Achaja Eine Person ge-
wesen:
Ibis in optatas sedes: man Iuppiter aethram
Pandit, Feste, tibi, candidus ut venias.
Iamque venis: tendit dextras chorus inde deorum,
Et toto tibi iam plauditur ecce polo.
678
Hier haben wir wieder, freilich ohne die allerdings vorzuziehende
Einfalt unseres Epitaphions, auf eigne Weise poetisch ausgemalt,
den emporwandelnden Geist, den Alether, den Zeus. Doch es
war auch nicht unser vorhergehendes Distichon, worin Aehnli-
ches enthalten ist, sondern das letzte vorzüglich, woraus mir ein
feierlicher Ton der Ministerien erklang: -
TOTT e-44XOW META 49 POW TITATTN
OTPANTONN
eT4A4IOC ITAMIKOC MOTWOC ENI (DGI-
MEAVOIC.
So bin ich also zurückgekommen auf das, wovon ich aus
ging (vgl. S. 643). Wir kennen mit Bestimmtheit, außer ein-
zelnen vorher (S. 643. 615) angeführten Worten und Buchsta-
ben, deren Zusammenhang und Bedeutung wir nicht sicher wie
fen, nur die beiden letzten Disticha unserer Inschrift. Ob und
wie weit in dieser Beziehung auf die Mysterien feyn möge oder
nicht, habe ich, so gut ich es einstweilen vermochte, erörtert.
Daß und warum die versuchte Ergänzung des Fehlenden miß-
glücken mußte, bemühte ich mich gegen die abweichende Ansicht,
überall mit Gründen, im Einzelnen zu zeigen. Ueberhaupt aber
find Sie, lieber Freund, als bewährter historischer Forscher mit
mir ohne Zweifel darüber einig: wo zur Vollständigkeit der Ein-
ficht nothwendige Thatsachen fehlen, da vermag auch die glück-
lichste Divinationsgabe nicht, das Fehlende zu ergänzen. Man
kann sich felbst wol mit der Hoffnung täuschen, auch in solchen
Fällen Unbekanntes errathen zu haben, wo man nur Bekanntes
anders zusammensetzen mochte: aber alle Taufchung geht vorü-
ber. Eine von dem ausgezeichneten Kritiker, Hrn. Prof. Hein-
rich in Bonn, feinem Schüler Effer neulich (1821) zur Ver-
theidigung gegebene Thesis hinter der gelehrten Streitschrift
des letztern lautet: Plus est quam lusus ingenii eruditi, lacunas
et defectus in scriptis veterum coniectura supplere. Wer wollte
679
im Allgemeinen diesem Satze widersprechen? Freylich aber
kommt es darauf an, von welcher Art die lacunae et defectus
find, und wie das coniectura supplere geschieht. In Gedichten
z. B., die eine historische Beziehung haben, muß das Haupt-
factum vollständig genug da stehn, um entschieden sichere Er-
gänzung des in der poetischen Ausführung Fehlenden daran zu
knüpfen. Dieß ist meines Erachtens der Fall in der von Vis-
conti und Thierfch, vorzüglich glücklich aber von Letztge-
nanntem und seinen Freunden, ergänzten Grabschrift auf die
bey Potdäa gefallenen Athenaichen Krieger. (Vergl. Mémoires
sur des ouvrages de Sculpture du Parthénon etc. et sur une
Epigramme Grecque etc. par E. Q. Visconti. A Paris 1818. 8.
p. 107 – 127. Iacobs et Schaefer ad Anthol. Pal. p. 971 –
973. Thiersch Act. Philologor. Monac. T. II. p. 393–431.)
Wo hingegen die Angabe der Person und ihres Schicksals
so wortkarg und unbestimmt da steht, wie in unserm verstum-
melten Epigramm, da wird uns der Gedanke an einen lusus in-
geni eruditi wohl erlaubt feyn.
Ich zweifle nicht, daß, fowohl in einzelnen Puncten, als
in meiner ganzen Art der Untersuchung, obwohl ich den Weg
einschlug, den ich für den rechten halte, manchen andern Kri-
tikern, namentlich unserm scharfsinnigen und gelehrten, von
mir wahrhaft hochgeschätzten Collegen es scheinen werde, ich habe
des Guten bald zu viel, bald zu wenig gethan. Wiffen kann
ich es nicht, da die Mittheilung meines, wie Ihnen wohlbe-
kannt ist, während der Setzer ununterbrochene Beschäftigung
verlangte, nur stückweise verfaßten Aufsatzes vor dem Abdruck,
eben wegen dieses Umstandes, nicht woll möglich war; überdieß
der natürliche Egoismus jedes, selbst des die Wahrheit über al-
les liebenden Autors, in der eignen Druckschrift wenigstens, für
feine Sache, also für sich, gern das letzte Wort behält.
Unsere Betrachtung der Richterischen Inschriften schließt
nur zufällig mit dieser einzigen metrischen. Indes läßt gerade
diese mehr als jede der andern eine Saite nachhallen, die dem
68o
innern Ohre wohlthuend forttönt, indem wir uns von diesen
Tagebüchern trennen. Freylich – was an Ihrem edeln, so früh
dahin geschiedenen Freunde sterblich war, ärgoros ss was.
Doch auch sein Grabstein auf dem Fränkischen Gottesacker zu
Smyrna mög” in seinem Namen die ehrwürdigen Eltern, Sie
und uns. Alle trostend erinnern: -
vx w" is a 5 g.
Dorpat, am 13. August 1822.
Der Jhrige
M o r g e n ist e r n.
68r
Zur Kenntniß der Felsbeschaffenheit Syrien's und Klein-
Asien's.
Nach des Herrn Otto von Richter hinterlassenen Tagebüchern
und Felsarten-Sammlung,
-
opn
M or itz von Enge I ha r d .
Herr von Richter, der aus Liebe zur Alterthums-Kunde die
Reife in den Orient unternahm, erbot fich, dort, fo weit er es
vermochte, auch geognostische Beobachtungen anzustellen, und
zu deren Gewähr vorzügliche Sorgfalt auf's Sammeln der Fels-
arten und Bezeichnen ihrer Fundorter zu verwenden. Er erfüllte
das Versprechen mit der ihm eigenen Treue. Die mineralogi-
sche Ausbeute seiner Bereifung Aegypten's, Nubien's, Syrien's,
Klein - Asien”s und einiger Griechischer Inseln war eine Kiste
mit Felsarten, die, nebst den gesammelten Kunstsachen, Tage-
Büchern, Orientalischen Hand- und Druck-Schriften, von Kon-
stantinopel über Odeffa und St. Petersburg nach Dorpat ge-
schickt wurde, nachdem Richter in Smyrna fein frühes Grab
gefunden.
682
Leider ergab sich's, daß die meisten Mineralien, bei Eröff,
nung der Kiste in der Quarataine zu Odessa, die Angaben ihrer
Fundorter eingebüßt hatten, und nur siebenzig Stücke unbe-
rührt, mit den richtigen Aufschriften versehen waren, wie fol-
ches ihre Vergleichung mit den Tagebüchern bewies.
Wie klein nun aber auch durch diesen Unfall die brauchbare
Sammlung geworden, der Geognosie liefert sie dennoch keinen
unwillkommenen Beitrag, indem durch dieselbe die Nachrichten
früherer Reisenden Theils berichtigt werden, Theils an Zuver-
lässigkeit und Genauigkeit gewinnen, auch von wenig besuchten
Gegenden (dem Taurus) einige Kunde verbreitet wird.
Zu dem Ende gebe ich hier vorläufig die Beschreibung der
jenigen Felsarten, die wir, mit richtiger Angabe ihrer Fundor-
ter, aus Syrien und Klein - Asien erhalten haben, und hebe
aus Richter’s Tagebuche die Stellen heraus, welche der Felsbe-
schaffenheit dieser Länder erwähnen.
B e. o b a ch t u n g e n.
Tiberias.
Tagebuch. Die warmen Bäder liegen am Fuße fchwärzli
cher Felsen, aus denen auch das Bad erbaut ist. S. 60.
Sammlung. Graulich schwarzer, feinlöcheriger Bafalt.
Hat beigemengt: viele fehr kleine, nadelförmige Kry-
falle von glasigem Feldspath und wenige gelblichbraune
Körnchen eines unbestimmten Fossils. (Olivin?)
Razareth.
Sammkung. Gelbbrauner Sandstein. Feine, durchschneit
dende Quarzkörner, durch braunes, thoniges Eisenoxyd
fest verbunden,
Berg des Abgr und es bei Nazareth.
Tagebuch. Der Weg vom Berge Tabor zum Berge des
Abgrundes führte durch ein grünes Wiesenthal, an
deffen Ende Nazareth liegt, zu einer, von hohen Felsen
683
begrenzten Schlucht, die sich gegen die Ebene Esdre-
lon öffnet. Diese Berge haben schräge, am Fuße zu-
fammen laufende Abhänge, an denen sich der Weg im
Zickzack fortschlängelt, bis er um eine Ecke biegt, und
man am Fuße einer senkrechten Wand von rothen und
fchwarzen Felsen steht, die zwei Cisternen und einen
kleinen Altar enthalten. S. 62.
Sammlung. Graulich - und röthlich - weißer, fehr feinlö-
cheriger Kalkstein, von Kalkspathfchnüren durchzogen,
und äußerlich mit braunrothem, erdigem Ueberzuge.
Anmerkung. Jener rothe Fels ist gewiß der Kalkstein
der Sammlung; der schwarze aber folte der Ba-
falt feyn? Feuerstein dürfen wir nicht vermuthen,
denn diesen kannte der Reifende.
Berg Karmel.
Tagebuch. Der niedrigere Gipfel, in den die Capelle, einige
Zellen und Brunnen des alten Klosters, unweit der
Elias-Grotte, gehauen sind, besteht aus weicher Kreide
mit Feuersteinen. Tiefer am Berge liegt festerer Kalk-
stein, der einen großen, viereckigen Saal enthält.
S., 65.
Sammlung. Weiche, zerreibliche Kreide mit einer Lage
von gelbbraunem Feuerstein.
Beirut.
- Tagebuch. Ein Kalkberg verdeckt die Stadt von der Land-
Seite, so daß sie erst von einem Gipfel gesehen wird,
S. 75.
Libanon.
Tagebuch. „Kalk ist das herrschende Gestein“ im Libanon,
von dessen Haupt-Gebirgsrücken auslaufend, die Berg-
Züge von Osten gegen Westen, bis an die Küste,
streichen. S. 78.
684
Anmerkung. Wie die früheren Reisenden, erwähnt
/ auch Richter keiner Flöztrapp-Gebilde im Libanon,
dennoch findet sich, mit dem Namen dieses Gebir-
ges bezeichnet, ein Geschiebe von Flözgrünstein;
vielleicht durch Verwechselung.
JB 1 m ( 6 e .
Tagebuch. Baalbek liegt am unteren Ende eines kleinen
Thales, das vom Anti- Libanon gegen die Ebene El-
Bkaa sich öffnet. Die Felswand an dem Berge über
Baalbek hat viele Höhlen. Oberhalb steht das Fußge-
fiel einer zertrümmerten Säule, zu der man auf Fels-
Stufen hinan steigt u. f. w., unterhalb liegen die Kalk-
Steinbruche, aus denen die ungeheueren Maffen zum
Bau Baalbek's genommen worden. Noch trifft man
hier losgetrennte, halb behauene Stücke an; unter an-
dern eins von besonderer Größe, zwischen welchen und
der Felswand eine Kirche erbaut ist, ein Paar Schritte
lang und so schmal, daß man sich kaum umdrehen kann.
S. 89.
Sammlung. 1. Gelblichweißer, dichter, fester Kalkstein,
mit feinsplitterigem Bruche, und Nestern von kleinkör-
nigcm, fpäthigem Kalk, der auch einzeln eingesprengt
ist. 2. Röthlichweißer, feinlöcheriger Kalkstein. 3. Gelb-
brauner Feuerstein. -
Anmerkung. Durch vorliegende Stücke aus den Stein-
Brüchen von Baalbek wird Volney berichtigt, der
(in der zweiten Ausgabe seiner Reise, T. II, p. 142)
das Gestein dieser Prachtgebäude: „un granitblanc
à grandes facettes luisantes «omme le gypse“ nennt,
den man aus vielen, unter der Stadt und an den
benachbarten Bergen angelegten Brüchen genommen.
Hätte Volney der Höhlen und Cisternen erwähnt,
fein Irrthum wäre gewiß früher bemerkt worden.
685
D am a fh k.
Tagebuch. Mesri, ein Dorf, am Eingange von Guta,
der Garten-Ebene vor Damaschk, ist aus dem gelben
Kalkstein der benachbarten Vorberge des Anti-Libanon's
erbaut, in welchem Gebirge ich (auf dem Wege von
Baalbek nach Damafhk, Y eisenhaltige Felslagen und
mehrere Höhlen fah, die Hirten zur Wohnung dienen.
S. 138.
(El-Guta oder El- Merdsh, im engeren Sinne, ist
eine, die Garten-Ebene durchschneidende, tiefe Thalaue
des Barada-Fluffes. Ihre steilen Seiten bestehen aus
Kalkstein-Conglomerat, das eine Menge künstlicher und
natürlicher Höhlen hat, durch welche einige Arme des
Barada ihren Ausweg nehmen. Dieses Conglomerat
erstreckt sich längs dem Fluffe bis Hameh; und lehnt
sich an Berge von rothem, eisenhaltigem Fels, von
dichtem Kalksteine und Kreide mit Feuersteinen, welche
letztere man als Gerölle auch in der Wüste antrifft.
S. 149. -
Haur an.
Tagebuch. Drei Stunden von Damaschk, auf dem Wege
nach Bosra (Bostra), zwischen den Dörfern Kaddem
und Kisweh, verlieren sich Kalkstein und Conglomerat
allmählig, und es findet sich ein schwarzes Gestein ein,
das, jenseits Kisweh, die baumlose Ebene dicht bedeckt,
und ihr ein düsteres Ansehen verleiht, S. 161, 165.
Sammlung. Grauschwarzer, feinlöcheriger Basalt, voll
sehr kleiner, nadelförmiger Krystalle von glasigem Feld-
fpath und kleiner, rundlicher Olivin - (?) Körner, die
auf dem muscheligen Bruche stark opalisieren.
Anmerkung. Wie Seetzen beschreibt auch Richter die
Häufer mit den schweren Thürflügeln aus schwarzem
Steine, woraus (bis auf einige Säulen von gelb-
686
lichweißem Kalksteine, gleich dem zu Baalbek, Y die
Ueberreste alter Gebäude mit Inschriften und archi
tektonischen Verzierungen bestehen, die er zuerst im
Dorfe Salamen (Sanaminé?), 9 Stunden von Da,
mafhk, fand. Leider ist die Steinart der, übrigens
genau beschriebenen, fchönen Ruinen Bosra's nicht
angegeben.
Weg von Dan a shk nach Homs.
Tagebuch. Die Vorberge des Anti-Libanon, jenseits des
Dorfes Dunnar, der Kirwanen-Straße zur Seite, haben
einen nackten Felsenkamm von dichtem Kalksteine, an
den sich Conglomerat, voll der buntesten Kiefel lehnt.
Die ganze Bergkette, längs deren Fuß wir ritten, hat
Höhlen, die bei'm Flecken Jabrada fo zahlreich, daß
die beiden Felsenreihen, zwischen welchen der Ort liegt,
fast wie ein Sieb durchlöchert sind. Diese Höhlen die
nen zu Wohnungen und Gräbern. S. 196.
Bei dem Dorfe Schemfin, das Mauern von schwar-
zem Steine hat, beginnt mit dunkelbraunem, fehr fet-
tem Boden eine Ebene, die sich gegen Osten unabseh-
bar ausdehnt.
In Homs sind die Häuser Theils von schwarzem
Steine, Theils von ungebrannten Ziegeln erbaut. S.
197, 203.
Weg von Homs nach Tadnor (Palmyra ).
Tagebuch. Anfänglich wellige, hügelige Steppe, wie die
Russischen, mit gutem, kräuterreichem Boden, dem es
an Waffer fehlt. Die Erde roth, ihre Grundlage fel-
fig. (Bafalt?)
Drei Stunden vor Tadmor hört dieser Boden
auf; es beginnt eine Sandwüste, in Norden und Sü-
den von kahlen, zerrissenen Hügeln begrenzt, die als
allmählig sich nähern, und nachdem fiel dort zusammen
687
stoßen, wo Tadmor liegt, sich wieder von einander
entfernen, in nordostlicher Richtung dem Euphrat zu-
laufend. Die Felsen bei Tadmor haben Kalkstein, aus
welchem ein Quell entspringt, der stark nach faulen
Eiern riecht. 209, 215, 216.
Sammlung. Aus der Wüste zwischen Tadmor und Homs:
Bruchstück einer Feuerstein-Platte, mit einer Kalkkruste.
Weg von Homs nach Haleb.
Tagebuch. Restan (Arethufa) hat Häuser, deren unterer
Stock fchwarzer Stein, deren oberer weiß übertüncht
ist. Der Boden über Hamah hinaus, roth und frucht-
bar. Von Maarrat an wird das Land sehr uneben
und steinig. Zwischen Chan Tuman und Haleb, drei
starke Stunden, nackte Kalkstein-Berge. S. 230.
Halle 5. .
Tagebuch. Der trockene Graben, der das Schloß umgibt,
ist in weichen Kalkfelsen gehauen. S. 247.
Sammlung. Bruchstück von Mandelstein. Der fchwarz-
graue Teig, das Mittel zwischen Basalt und Wakke;
die Mandeln Kalkspath und Zeolith; außerdem Nester
von braunem Bol, weißlichem Steinmark und Grün-
Erde.
Von Haleb nach Latakieh.
Tagebuch. Anfänglich sehr wellige Gbene, deren flache,
mit steinigen, langgestreckten Höhen abwechselnde Tha-
ler, dichten Kalkstein von grauer und hellrother Farbe
enthalten, und nur schwach mit schwarzbrauner Erde
bedeckt sind.
Von Beit - el-Ma (Daphne), zwischen Antakia
und Latakieh, steigt man an der Thalseite des Oron-
tes hinan, bis zu der Höhe, von wo die Thäler, bei
dem Dorfe Schech - Köje, sechs Stunden von Antakia
688
(Antiochien), fich südlich fenken. Die Berge bestehen
unterhalb aus Conglomerat ; htther findet sich dichter,
feiner Kalkstein, von grauer Farbe, mitunter schiefrig,
dann Kreide mit Feuerstein. S. 267, 272, 282, 285.
Sammlung. Beitzel-Ma. Trümmergestein. Eckige Stücke
von rauchgrauem, röthlich weißem und bräunlich grauem,
dichtem Kalksteine, durch braungelben, zelligen Kalk
verbunden.
Tagebuch. Ordu, fechs Stunden von Scheich-Köje, im
Angesichte des Okrab, und in einem Keffel waldiger
Berge, deren röthliche Felsen eisenhaltig scheinen.
S. 288.
Sammlung. Rothbrauner, jaspisartiger Eifenthon, mit
Nestern von grauem Quarz. Das Stück durch viele
kleine Riffe fast regellos krummblätterig, die Ablö-
fungsflächen zum Theil halbmetallisch glänzend.
Tagebuch. Jenseits Ordu, nach Latakieh zu. Die Theils
fchwarzen, Theils gelben und rothen Felsen schienen
mir reich an Metall. S. 289.
Sammlung. Serpentin, stark angewittert, daher die ur-
fprünglich schwarze und grüne, nur stellweise fichtbare
Farbe, in braungelb, braunroth umgewandelt. Sehr
viel messinggelber, metallisch glänzender Schillerstein,
in 1 – 2 Linien großen Blättchen, eingesprengt.
Tagebuch. Weiter gegen Latakieh, bis zur Küste, wieder
Kreide mit Feuerstein. S. 28).
Lataki eh.
Sammlung. Dichter, fester Kalkstein, von gelblichweißer
Farbe, mit erdigem, kreideartigen Ueberzuge.
Cypern.
Tagebuch. Der Weg von Famagusta nach Larnaka läuft
durch eine Ebene, die von Schluchten durchschnitten
wird, in welchen sich Kalkstein und Conglomerat fin-
689
det. Von Larnaka nach Nikosia bestehen die nackten
Berge, welche mit abgeplattetem Rücken von der west-
lichen Gebirgskette in die Ebene auslaufen, aus gelb-
lichweißen Kalksteine, dem bei Latakieh völlig ähnlich.
Von Nikosia zum St. Chrysostomus-Kloster und Blu-
favento. Das trockene Bette des Fluffes Chatfirga ist
grauer Marmor, auf welchem weiterhin Hügel eines
thonigen Steines (?) liegen, dessen Schichten fast fenk-
recht einschießen, und in langen parallelen Zügen, aus
Osten nach Westen streichend, vom Hauptgebirge der
Ebene zulaufen. Der Rücken des Gebirges besteht aus
feltsam gezackten und zerfressenen Felsenhörnern, und
das Gestein überall aus grauem Marmor mit weißen
Adern. S. 305, 31:1, 322.
A laja, an der Süd - Küste Karamanien's, zwei Tage reifen
füdlich von Attalia.
Tagebuch. Am Fuße der hohen Bergkette des Taurus,
im Hintergrunde eines weiten Golfs, erstreckt sich,
längs dem Meere, eine fruchtbare, schön bebaute Ebene,
die den ovalen Felfen, auf welchem Alaja liegt, vom
Gebirge trennt. Dieser Felsen läuft von Norden nach
Süden in das Meer aus, und bildet in Osten und We-
sten zwei Buchten. Alle Seiten des Felsens find fehr
teil, besonders die gegen Süden und Westen gewandte.
Die Stadt liegt an der Ostseite. Das Gestein des Fels
fens ist grauer Kalkstein mit weißen Adern. S. 330.
Von A la ja durch den Taurus nach Skutari.
Tagebuch. Jenseits der Ebene, die Alaja vom steilen
Gebirgsfuße trennt, besteht dieser aus Conglomerat-
Felfen, von der See oft zu Bogen und Grotten ge-
formt; man findet aber auch Glimmer - Schiefer und
grauen Kalkstein mit weißen Adern. S. 343.
44
6go
Sammlung. Mit der Aufschrift: Taurus. Alaja. .
Schwarzlich blauer, körniger Kalkstein mit Adern von
weißem, körnigem Kalkstein. 2. Gelblich und grünlich-
grau gefleckter Glimmer-Schiefer, mit eingesprengten,
edlen Granaten, in Körnern.
Tagebuch. Saberlar, etwa neun Stunden von Alaja.
Die bis hieher im Gebirge herrschende Felsart ist: dich-
ter, grauer oder röthlicher Kalkstein mit weißen Adern.
Außerdem findet sich Glimmer-Schiefer und Conglome-
rat, S. 347.
Zwischen Kirli und Bei Schehri, 42 Stunden
(163 Wert) von Alaja, hat man den Nordabfall des
Taurus erreicht. Die bisher hohen, steilen Kalkstein-
Berge finken hier plötzlich zu welligen Hügeln hinab,
die sich in eine weite Thalebene verlaufen, von zahllo-
fen Bächen durchschnitten, die sich in den südlich gele-
genen See Seidischehri ergießen. Jenseits der Ebene
der niedrigere Anti- Taurus. Die Hügel bestehen aus
gelbrothem Sande, die Ebene selbst hat Lehmboden.
S. 352.
Das ganze Land zwischen den beiden parallel von
M.W. nach S. O. streichenden Gebirgsketten ist zum
Theil Ebene, wie die beschriebene, oder hat mehr oder
minder weite Thäler, die durch Hügelreihen getrennt
find, welche fich von einem Gebirge zum anderen durch
die Ebene ziehen. S. 354.
Vor Kjutahia (auf dem ungewöhnlichen, von
Richter genommenen Wege über Jalowatsch, 105 Stun-
den von Alaja,) zeigen sich wieder die ersten Kreide-
Berge. Auf der Westseite der Stadt bilden die Felsen,
wie hohe Mauern. Bei Jenitschekoi verlaßt man das
Gebirge, und tritt in die weite Ebene am Ufer des
Golfs von Isnik. S. 369, 375.
Sammlung. Mit der Aufschrift: Taurus. 1. Dunkel
rauchgrauer, sehr feinkörniger Kalkstein, mit splitteri
691
gem Bruche und weißen Kalkspath-Adern. 2. Dichter,
ifabellgelber Kalkstein mit feinsplitterigen Bruche. 3.
Graurother, dichter, feinsplitteriger Kalkstein mit zie-
gelrothen, erdigen und weißen Späthigen Adern und
Nestern. 4. Rothbrauner Kalkstein, dicht, feinsplitterig
mit weißen Adern. 5. Sehr feinkörniger, stellweise
dichter, graulichweißer Kalkstein mit fleischrothen Fle-
cken und feinen Adern. 6. Kalkspath. 7. Schieferige
Grauwacke, röthlich braungrau, feinkörnig, mit vielem
filberweißen Glimmer, wenigen, kleinen, schwarzen
Thonschiefer - Schüppchen, unvollkommen schiefrigen
Längenbruche und unebenem Querbruche von feinem
Korne; hart und ziemlich fest.
Anmerkung. Olivier, dessen Weg durch Karamanien
- und Natolien nach Skutari erst bei Kjutahia mit
Richter's Wege zusammen trifft, erwähnt bei dem
Dorfe Alten- Tasch (zwischen Kjutahia und Kara-
- hiffar gelegen, ) eines Schieferberges, und jenseits
Kjutahia einiger Kreide- und Quarz (?) - Hügel.
Nach Konstantinopel zurück gekehrt, weilte Richter nur
eine kurze Zeit daselbst. Er ging bald wieder nach Klein-Asien;
fah Bruffa, den Olymp, die Ufer der Propontis; besuchte von
den Dardanellen aus den Berg Athos, die Inseln Samothrake,
Imbros, Lemnos, Lesbos; durchstreifte die Gefilde Troja's,
folgte der Westküste bis Smyrna, ging von hier über den Tmo-
lus zum Mäander, und wandte sich, durch die Nachricht von
der Pest in Attalia an der Reise dorthin verhindert, über Lao-
dicea, Aphrodisias und Antiochia nach Ephesus, wo ihn die
tödtliche Krankheir ereilte, die ihn in Smyrna bald nach feiner
Rückkehr hinwegraffte.
Ich hebe aus dem Tagebuche dieser Reise diejenigen Stel-
len heraus, welche über die Felsbeschaffenheit der genannten Ge-
;
692
genden einige Auskunft geben, von welchen aber die Sammlung
keine Steinarten enthalt.
Olymp bei Brufa. In der mittleren Region des Berges
Klippen von stark verwittertem Granit. Am Fuße, bei
Brusa, mehrere warme, zum Theil heiße Quellen. S.
402, 405.
Samothrake. Granit; Porphyr; fchwarzer Marmor; Grün-
stein; Jaspis. S. 439, 443. z
Berg Athos. Der Gipfel durchgängig weißer, feinkörniger,
harter Marmor, dessen Schichten, wie eine scharfe Säge
gestellt sind. S. 449. -
Lemnos. Bei Myrina feiner Granitporphyr. (?) S. 458.
Zwischen Ilium und Affus find alle Häuser in den Dör-
feru aus rohen Granitblöcken erbaut. S. 465.
Tenedos. Die Küste zeigt weißen Fels mit Höhlen. S. 477.
Lesbos. Glimmerschiefer mit aufgelagertem, grauem Mars
mor; die Schichten gegen das Land einschießend. S.478.
Sny rn a. An der Echelle von Burnabad: Granit- und Mars
mor-Felfen. Der Sipylus, dessen Gipfelbeständiger Schnee
deckt, hat an der Nordseite, gegen Magnefia, Kreide.
S. 5o 3.
Der Tino lus. Kalkstein. S. 517.
Hierapolis. Liegt auf einem steil gegen den Lycus abfall
lenden Hügel aus Tropfstein (Kalksinter), der Niederschlag
eines starken Quelles, der über dem Abhange entspringt.
S. 525.
Zwischen Antiochia und Aphrodisias, der untere Abhang
des Berges Kadmus: Kalkstein, S. 531.
693
F o I g e r u n g e n.
Richter fah auf Lesbos und an der Südküste Karama-
mien's, bei Alaja, Glimmerschiefer; zwischen Ordu und Latakieh
Serpentin, der dort das Vorkommen oder doch die Nahe des
Glimmerschiefers nicht zweifelhaft läßt. Alle drei genannte Puncte
liegen in einer von S.O. nach N. W. gerichteten Streichungs-
Linie. Das Einschießen der Schichten des Glimmerschiefers auf
Lesbos, wo sie sich gegen das feste Land, also N. O., neigen,
entspricht jenem Streichen. Bei Alaja fcheint eine gleiche Schich-
tenstellung. Statt zu finden, weil der Fels, an welchem der Ort
liegt, auf der Westseite (wo die Ausgehenden der Kalksteinlager
sich herausheben,) steiler ist, als auf der Ostseite; wir dürfen
demnach annehmen, jene getrennten Glimmerschiefer-Partien ge-
hörten einem und demselben Gebirgszuge an, und die Urfelsgebilde
der fudwestlichen Ecke Klein-Asien's wären die Fortsetzung der
Urgebilde in Griechenland, wofür auch die oben angegebenen
Felsarten auf Samothrake und Lemnos, und der Granit und
Marmor bei Smyrna sprechen.
Wir erhalten hierdurch über die auffallende Gestaltung der
Küsten des Aegäischen Meeres Aufschluß. Die gegen N.W.
tief in Griechenland eindringenden Bufen, und ihnen gegenüber
die gegen SO. gedehnten Buchten bei Ephesus, Smyrnau. . w.
erscheinen nun als Ueberreste großer, wie die Felslager streichen-
der Langenthäler, die Landzungen nebst den von ihnen auslau-
fenden Inselreihen als zertrümmerte Hohen-Begrenzungen dieser
Thäler, und das Aegäische Meer selbst erscheint als großer Quer-
durchbruch.
Ob derselbe durch den Andrang der Gewäffer des schwar-
zen Meeres, durch vulkanische Ausbruche, oder, wie wahrschein-
licher, durch die gemeinsame Krafräußerung des Feuers und
Waffers entstanden, mögen künftig genaue Untersuchungen aus-
mitteln; uns genügt vorläufig, hier den geologischen Zusam-
menhang Europen's und Afien's, und zugleich die Beziehung
694
des westlichen Taurus zu dem erwähnten Küstengebirge erkannt
zu haben.
Der westliche Taurus besteht, wie die dort gesammelten
Felsarten darthun, vorzüglich aus splitterigem Kalkstein, mit
dem der so genannten Uebergangs-Formation vollkommen über
einstimmend, und wegen der, gleichfalls von dort erhaltenen aus-
gezeichneten, fchieferigen Grauwacke um fo ficherer ihr beizuzäh-
len. Da jenes Gebirge ebenfalls von S.O. nach N. W. streicht,
an der Westseite überall steil ansteigt, auf der Ostseite fanfter ab
fällt, da seine Felslager unmittelbar auf den gegen N. O. geneig-
ten Glimmerschiefer folgen, dieser im häufigen Wechsel mit Kalk-
Steinlagern und Serpentin gewöhnlich zu den jüngeren, oder äu-
ßeren Gliedern der Grundgebirgs-Gruppen gehört, deren Beschluß
die fo genannte Uebergangsgebilde zu machen pflegen; so kann der
westliche Taurus nicht als eigene Gruppe angesehen, sondern muß
als gleichförmig auf die Felsmaffen der Westküsten gelagert, ihrer
Gruppe beigezählt werden.
Wie der Granit des Olymp bei Brufa zu dem Kalksteine
des Taurus sich verhält? Ob er (vielleicht Sienit) auf ihm liegt?
kann jetzt nicht bestimmt werden. -
Richter erreichte zwischen Kirli und Bei Schehri, 42 Weg-
Stunden von der Küstenstadt Alaja, den nördlichen Fuß des Tau-
rus und die Ebene vor Karahiffar, wo wieder Flözbildungen be-
ginnen, wahrscheinlich zur Felsfamilie der Kreide gehörend, die
schon vor Kjuttahia sich einfindet. Nach Morier *) fenkt sich das
Armenische Hochland gegen Westen, vom rechten Euphrat-Ufer
allmählig bis zur Ebene bei Tokat. Es fragt sich nun, ob die-
fes östliche (Armenische) Gebirge eine gesonderte Gruppe bildet,
oder eine Fortsetzung des westlichen Taurus ist? Es scheint an-
fänglich, als müffe. Letzteres angenommen werden, weil, nach
Richter, der Anti- Taurus, der die Ebene nördlich begrenzt, mit
*) Carl Ritter's Erdkunde. Berlin, 1318, Theil 11, S. 712.
695
dem Taurus parallel streicht; allein aus der Richtung des Weges,
den unser Reisende nahm, und aus feinen Bemerkungen über den
Boden ergibt sich, daß zu feinem Anti-Taurus nur das Flözge-
birge am Fuße des Taurus, und nicht der Westabfall Arme-
nien's gehört, den er nicht fah. Dieses Hochland muß, wegen
des Reichthums an Gold, Silber, Kupfer, Magnet-Eifenstein,
im oberen Stufenlande des Euphrat"s und Tigris *) Grundge-
birge feyn, defen Felslagen, gehörten sie zu der Gruppe des Tau-
rus, wenigstens in der Nähe des Fußes gleichformiges Einschie-
ßen gegen N. O. hätten. Diese Neigung der Schichten kann je-
doch hier nicht. Statt haben, weil dann das Ansteigen der Arne-
nischen Westabdachung durch die hervorragenden Ausgehenden
steil, nicht aber fanft wäre, wie Morier berichtet; daher ange-
nommen werden muß, daß die Felslagen hier, gegen die des west-
lichen Taurus, abweichend einschießen, mithin einer eigenen
Grundgebirgs-Gruppe angehören, die mit der westlich ihr gegen-
über liegenden Gruppe eine ursprüngliche, gegen das schwarze
Meer geöffnete, und von Flözbildungen erfüllte Vertiefung be-
grenzt. Das Einschießen der Felslagen der westlichen Seite des
Armenischen Hochlandes kann aber wegen ihrer fanften Verflä-
chung nur gegen W. oder N.W. gerichtet feyn, bei welcher Schich-
tenstellung allein auch die Steilheit, sowohl der Sud-, als Nord-
Seite möglich ist. Das starke Ansteigen der ersteren, aus dem
oberen Stufenlande des Tigris zum Euphrat *) würde dann von
den Ausgehenden der Felsbänke, und die Steilheit der letzteren
am schwarzen Meere bei Trapezunt *), von dem Quer durch
schnitte, der aus S.S. W. nach N.N. O. streichenden Schichten
herrühren. Nur bei der Annahme dieser Strei“ ungs-Linie von
N.N. O. nach S.S. W. kann das hohe Kalkstein- Gebirge Sy-
*) Ritter a. a O. S. 750–5.
*) Derselbe a. a. O. S. 750.
*) Derselbe a. a. D. S. 76.
t
690
riens als die natürliche Fortsetzung der Armenischen Felsgruppe
angesehen werden. Auch finden mehrere, sonst auffallende Erschei-
nungen darin ihre Erklärung. Die Steilheit der nackten Ostseite,
der stufenartige Abfall der Westseite des Syrischen Gebirges. *)
würde der westlichen Schichten - Neigung, der befremdende Lauf
des Orontes, gegen Norden, dem gegen das Meer offenen Ur-
Becken zuzuschreiben feyn, welches gebildet wurde, indem das
Armenische Gebirge in seiner südlichen Fortsetzung die südöstlich
streichende Westgruppe, oberhalb Antiochien, abschnitt. Auch gab
wahrscheinlich der dadurch entstandene, einspringende Bogen, dem
Sinus Issicus (bei Skanderone oder Alexandretta,) die Richtung
gegen N O.
- Die Kreide-Formation, die Richter, gleich früheren Reiz
fenden, weit durch Syrien verbreitet fah, findet sich, nach feinen “
Angaben, auch bei Kjutahia, auf der Nordseite des Taurus;
dann nicht weit von Smyrna, bei Magnefia, auf der Nordseite des
Sipylus, und auf Cypern. Ueberall füllt diese Formation die Ver-
tiefungen des Landes, an die Erhabenheiten des Grundgebirges
sich lehnend, die daher wie Inseln aus dem Kreide-Meere hervor
ragen. Die Art, wie dasselbe hier verbreitet ist, besonders fein
tiefes Eindringen von der Klein-Asiatischen Küste des schwarzen
Meeres in das, von der westlichen und östlichen Grundgebirgs-
Gruppe gebildete Becken, erinnert an Frankreich *). Und wie
dort der Kreide an der Südküste des Landes gleiche Gebilde in
England gegenüber liegen, fo hier der Kreide-Formation Klein-
Asien's die Flötze der Ruffischen Küste des schwarzen Meeres
(zwischen dem Dnester und dem West-Cap der Krim), von wo frei-
denartiger Kalkstein sich über Granit durch das Gouvernement
Cherson nördlich in die Gouvernements Podolien und Kiev, östlich
*) Ritter, a. a. O. S. 442.
*) Siehe die Karte zu: Geognostische Umriffe von Frankreich, Groß-
brittanien, einen Theile Deutschland's und Italiens, von M. von Engel
hardt und C. von JRauner. Berlin, 1815.
697
nach Jekatarinoslav, südlich nach der Krim bis an den Fuß des
Gebirges zieht. Kann künftig durch genauere Untersuchungen
diese Uebereinstimmung in dem Vorkommen der Kreide verschiede-
ner Gegenden der Bildungs-Geschichte der Erde wichtig werden,
fo ist wohl auch der Beachtung nicht unwerth, daß wie die beiden
Ufer des Canals zwischen England und Frankreich in der Ost-
Hälfte aus Kreide, und am Westende aus gleichartigen Urfels-
Gebilden bestehen, fo auch das Gewässer des fchwarzen Meeres,
von West- Cap der Krim und von Sinope bis zum Thrakischen
Bosporus, auf beiden Seiten von Flözgebirgen, dann aber an
der Propontis und am Hellespont vom Urfels begrenzt wird.
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2
6
18
13
Z
17
15
2.
I 2
2.
32
lies Kafemieh
- Damer-Fluß – Damur-Fluß
– wie – nie
– Tümmer – Trümmer
- Gipfe – Gipfel
– fei – fein
– mitgehen – entgehen
– 3 zu 1 o – 3 zu 1oo
– Vorträgen – Verträgen
– Simons - Kloster – Simeons-Kloster
– Hohlwegen – Hohlwege
– find – ist
– Kanonnen – Kanonen
– Felfenkamme – Felsenkämme
– angflanzt – angepflanzt
- ward - wurden
- der – den
23 Kerelu – Kerella
– kleine kleine – kleine
- Kadfhafu – Kodfhafu
- blieb – blieben
- Mylea - Myrlea
- des - der
– ein anderes – eine andere
– wohlgebuten - wohlgebauten
– Theilseite – Thalseite
– Camolliere – Cancellario
nach Stadt setze hinzu: Türkisch Gelibolu genannt,
Statt denen lies den
– Pyathira – Thyatira
– meinem Besuche - meinen Besuch
– einzuschalten – einschalten
- XEEdbANOT 3a – XETECH ANOTor 3a
In den Arabischen und Türkischen Eigennahmen ist wohl absichtlich
keine gleichförmige Schreibung beobachtet, sondern den Gehöre gefolgt,
mehr darauf bedacht, die Töne, als die Buchstaben wiederzugeben. Grie-
chische sollten in Lateinischer Form aufgeführt feyn; die Handschrift des
Reifenden hat jedoch einige Ausnahmen veranlaßt, deren Nachweifung
hier unnütz erscheint.
• • • • • • • • • • • • • • •,
696
N a un e n - R eg ist er.
Wo derselbe Name auf mehreren ununterbrochen nach einander folgenden
Gelten sich findet, ist in den Register nur die erste angezeigt.
M. ,
Abadala, S. 2o8,
Abgrunds-Berg, 62.
Abfalon's Grab, 33.
Abülliont, 41o, 427.
Abulfauaris, 216.
Abydus, 435,
Abyffinier, 26.
Achill's Grab, 473,
Achzib, 70.
Adonis, 106.
Adra, 172, 182, 556,
Adfhlun, 177.
Aefe pus, 423.
Aesyete's Grab, 472,
Alfiom Karahiffar, 356.
Afka, 107.
Afrin, 27o, 272, 277, 279.
Agio Luk, 305.
Agura, 305.
Aharikoi, 544.
Ahilar, 47o.
Ahmali, 529.
Ajasmat, 485.
Ajax. Grab, 436, 473.
Aidindfhik, 421, 428.
Ain Ahab, 1oo.
Ainehgäl, 517.
Ain el Chadra, 156.
–– Mes'feh, 155.
–– Tell, 244,
Ai Nikola, 346.
Ainon, 37.
7oo
Airuth, 7.
Aita, 136.
Aka, 66, 67.
Akhiffar, 509, 516, 580, 589,
633, 639.
Akraban, 165.
Akrabi, 55.
Akrathos, 448.
Ak Schehri, 354.
– Su, 348.
Aktchai, 358, 360.
Aktchehkoi, 366.
Akura, 107.
Alabanda, 359.
Alaja, 329, 382, 689.
Alara, 334, 347.
Albeya, 79-
Alexander's Straße, 71.
Alexandria, 3.
– Troas, 462.
Alexius-Quell, 295.
Alinda, 540, 543-
Allahschehr, 513, 56, 538,583,
635.
Al Seki, 349.
Alfidamus, 162, 192.
Aly Agaºs Tschiftlik, 530, 538.
Amapoli, 399.
Amisus, 606.
Amshit, 117.
Amycus Grab, 391.
Anadoli, 327.
– Dagh, 398.
St. Andreas, 298.
Anemus Kelendreh, 335.
Anna's Kloster, 27.
Anneffy, 176, 257.
Anffarieh, 130, 132.
Antakia, 279, 281, 290.
Anti-Libanon, 78, 135, 162,203,
686.
Antilochus Grab, 473.
Antiochia, 281.
am Mäander, 538.
Anti- Taurus, 352, 354.
Antonin's Straße, 94, 122.
Apamea, 399.
Alphaca, 107.
Aphrodisias, 531.
Apollonia, 41 o.
Apostel-Grotte, 33.
Araber, 55, 59, 64, 106, 109,
176, 2oo, 21o, 229.
Arabihiffar, 539, 549.
Aradus, 297.
Arethufa, 23o.
Arkeuthos, 27o.
Arimathia, 53-
Arlyma Palus, 415.
Armenier, 22, 27, 30, 43.
701
Arnauten, 5.
Arnautli, 398.
Arpaß Kaleff, 540.
Arra, 236.
Arfino, 2o1.
Artace, 418.
Artus, 163.
Ascanius, 378.
Askalon, 9.
Afopus, 521.
Aspendus, 346.
Affem Kaleffi, 539, 546.
Affi, 206, 23o.
Affira, 67.
Affus, 465.
Atarnea, 435.
Altbach, 434.
Atha laffa, 313.
Athen, 604.
Athiaino, 312.
Athos, 439, 445.
Attuntasch, 368.
Auleh, 74.
Awfchar, 358.
J3.
Baalbek, 81, 684.
Bätich, 132.
Baffo, 326.
Baghtschehkoi, 391.
Bahrigeh, 255.
Bakirtschai, 492.
Balkys, 421.
Balatkoi, 4oo.
Balligdagh, 46o.
Ban, 11 o.
Baneas, 153.
Barada, 145, 157.
Bartholomäus Haus, 58.
Barr el Scham, 1.
Bafan, 181.
Bebek, 389.
Bedewigeh, 113.
Bedischen Kaleffi, 548.
Beduinen, 177.
Beer, 54.
Beikoi, 367.
Beiram, 465, 475, 576, 632.
Beirut, 75, 92, 555, 626, 683.
Bei Schehri, 352, 383.
Beit el na, 284.
Belain, 57.
Belgrad, 392.
Bel Monte, 116.
Belus, 66.
Ben Hinnon, 31.
Ben Nun, 165.
Berenice's Haus, 26.
Bergas, 465.
Beröa, 24o.
Berot hat, 75.
7o2
Berfabelh, 30.
Berytus, 75.
Besbycus, 398.
Beffimeh, 156.
Bethanien, 35.
Bethdfchehel, 13.
Bethlehem, 38.
Bethphage, 35.
Bethulia, 69.
Bir, 54.
Biredshik, 285,
Bithynien, 610.
Bofuk, 344.
Bogas, 6.
Bogas Hiffar, 476.
Bosburun, 398, 405.
Bosdagh, 5:11, 517.
Bosdoghan, 539.
Bosra, 181, 559, 626.
Boffid, 298.
Botrum, 1 17.
Bottom, 227.
Botrys, 117.
Breidlsheh, 2o1.
Bresleh, 133,
Bruffa, 4o1, 427.
Bsharrai, 11o.
Bufavento, 32o.
Bugrus, 345.
Bujukdcreh, 389.
Bubadin, 517.
Bulak, 3.
Bulgaren, 379.
Bunarbaschi,459,474,574,632.
Buras Cibyra, 543.
Burgas, 393, 4oo.
Burnabad, 503, 505.
Burunkoi, 366.
Byblus, 118.
C.
Cadmus, 519, 531-
Caicus, 492.
Calendris, 335.
Calvarien-Berg, 17.
Capelle des heiligen Grabes, 19.
Cappadocien, 610.
Caprus, 521.
Carpafia, 321.
Caruge, 1 16.
Caffius, 284.
Catarrhactes, 361.
Cedern-Wald, 109.
Chaifa, 64.
Chalcis, 605.
Chan Atik, 268.
– Tuman, 238.
Charadrus, 335.
Charbith el Gafaleh, 179.
Chauranitis, 181.
Cheial, 238.
Chios, 602.
Chörbeh, 135.
Chonos, 524.
Christus Grab, 17, 19.
Chrysa, 45 I.
Chrnfopolis, 382.
St. Chrysostomus-Kloster, 317.
Chury, 182.
Chytria, 322, 568.
Cianus Sinus, 398.
Cibyra, 523.
Cilicia Trachea, 336.
Citium, 309.
Climax, 343.
Coele Portus, 434-
– Syria, 78, 203-
Cogamus, 517.
Coloffan, 524.
Coracefium, 336.
Corinth, 604.
Cotyäum, 369.
Cydnus, 377.
Cyme, 493.
Cynoffema, 434.
Cypern, 299, 688.
Cyzicus, 416.
D.
Daal, 57.
Damaskus, 137, 19:2, 620, 685.
Damiat, 5.
Damur, 74, 125.
Dana, 275.
Daphne, 284.
Dardanellen, 434,466,472,474.
Datscheh, 367.
David's Palast, 30, 49.
Deir el Kamar, 125.
– Schumrah, 97.
– Seid Enniah, 1or.
Delitschei, 356.
Delta, 5.
Demir Kalafi, 539, 548.
Dengisli, 520, 523, 538.
Derani, 155.
Der el Bocht, 166.
Dewrent, 368, 377.
Dibeh, 277.
Didi, 166.
Dilbaschi, 380.
Dimas, 136.
Dinarctum, 298.
Diospolis, 13.
Drufen, 128, 132, 134, 158, 166,
189.
Dshamkoi, 47o.
Dfhebail, 118.
Dfhebel Erbain, 163.
-- Katana, 163.
– Kisweh, 163.
– Mufa, 106.
s
704
Dshebel Okrab, 284.
– Scham, 163.
– Scheich, 163, 165.
– Semaan, 270.
–– Tur, 57.
Dsheeret, 57.
Dshehisr ül hadid, 278.
Dfheleb, 180.
Dfhennada, 36o, 362.
Dfheran, 57.
Dfheremie, 15.
Dsherid, 342.
Dshesar’s Grab, 68.
Dshefir, 132.
Dschib, 7o.
Dshiba, 177.
Dshiher, 133.
Dshinislük, 383.
Dumar, 155, 195.
E.
Ebal, 57.
Ccdippa, 70.
Edra, 172.
El Bab, 276.
– Bkaa, 78, 136, 684.
Eleneh, 179.
El Kods, 47.
– Birfeh, 128.
– Masra, 128.
El Merdfh, 149, 155.
Eleutherus, 292.
Elias-Kloster, 42.
– auf dem Karmel, 65.
Elisabeth's Grab, 37.
Emaus, 14.
Emefa, 205.
Emr Sultantschai, 522.
Endshareh, 266.
Ephesus, 6o7.
Epiphania, 231.
Erdekkoi, 418, 428.
Erineon, 46o.
Erinkoi, 457.
Erfahdi, 271.
Erythrae, 603.
Es drelon, 62.
Eskihiffar, 520, 539, 592, 640.
Eskihiffarlik, 459.
Eski Stambol, 462, 472, 475.
Esko dar, 382.
Es Sachra, 46.
Eumenia, 454.
Eurymedon, 346.
Eusebius Grab, 4o.
Eustachia's Grab, 40.
Ewetet, 368.
F.
Faareja, 105.
7o5
Fakhreddin's Höhle, 133.
Famagusta, 2o1.
Ferdaus, 49.
Ferteka, 207.
Ferusa, 2o7.
Fidsheh, 156.
Forklos, 228.
Franziskaner, 16, 37, 58.
G,
Gadh, 13.
Galata, 434.
Gallipoli, 431, 571, 630, 698.
Garizim, 56.
Gasaleh, 178.
Gauagib, 166.
Gaza, 9.
Gebal, 118.
Geikli, 462, 475.
Gelibola, 431, 698.
Gephyra, 238.
Gerichts-Pforte, 26.
Germe, 7.
Gethsemane, 35, 43.
Ghadfhel, 13.
Ghafir, 120.
Ghenfelch, 541.
Giawikoi, 457. -
Gjebiseh, 38, 383.
Gjedis, 508-
Gjetschi Borlu, 383.
Gilead, 177.
Gindarus, 238.
Glyky, 438.
Gniuh, 172.
Gökdereh, 404.
Gönen, 423.
Gördek, 509.
Granicus, 424.
Griechen, 22, 28, 39, 43.
Güfelhiffar, 493, 536, 538, 540.
Guta, 137.
Gygäischer See, 510.
H.
Hadet, 109.
Hadshit, 110.
Hagdereh, 540.
Hagia Putra, 454-
Haleb, 240, 290.
Halilelikoi, 458, 474, 572, 631-
Hamah, 231.
Hamamlikoi, 417.
Hameh, 154.
Hankjar Iskeleffi, 389-
Hanna's Haus, 27.
Haradhel, 105.
Hareta, 195.
Harim, 279.
Hariffa, 121.
45
7o6
Harpafus, 540. \
Hasrun, 109.
Haffan Aga, 410.
Hassandagh, 36o.
Haffieh, 2o1.
Hauran, 174, 181, 685.
Heleia, 425.
Helena's Capelle, 20, 22.
Heliopolis, 81.
Hellespont, 434.
Helwada, 54.
Hendy, 121.
Hepha, 64.
Herak, 19.
Herakles Wall, 472.
Herbeh, 275.
Hermon, 57, 165.
Hermus, 495, 506, 508, 511.
Hersek, 380.
Hefereh, 275.
Hiera, 478.
Hierapolis, 523, 641.
Hieronymus Schule, 40.
Himmelfahrt-Capelle, 34.
Hipvurius, 415.
Hirten-Grotte, 41.
Histiana, 605.
Homs, 203, 205.
Honigfluß, 97.
Howara, 55.
Huadfhel, 268.
Hundefluß, 95.
Hutin, 59.
Hyllus, 509.
Hyrcania, 310.
J.
Jabrada, 197.
Jaffa, 1o.
Jagtschilar, 358.
Jakakoi, 505. -
Jakobs Haus, 62.
Kirche, 27.
Jalowatsch, 357, 383, 569
Janitscharen in Haleb, 250.
Jaffus, 539.
Ida, 416, 420, 424-
Jenibafar, 538.
Jenibola, 539.
Jenikoi, 472, 475.
Jenischehr, 436, 473, 475, 538.
Jenitschekoi, 357,363,380, 383,
416, 57o.
Jenitscherikoi, 378.
St. Jeremias, 15.
– – Grotte, 46.
Jerusalem, 16, 48.
Jesaias-Brunnen, 31.
Jlion, 459.
Ilwat, 349, 383.
707
Imbrahor adaffy, 398.
Imbro, 437.
Imagni, 375, 383.
Intepeh, 436, 473.
St. Johann von Akra, 67.
Johannes Wüste, 36.
– Kloster, 98.
Johanniter-Haus, 49.
Joppe, 10.
Josaphat's Thal, 31, 44, 48.
Joseph’s Grab, 44.
–– Haus, 62.
Isaakºs Kloster, 24.
Jfaura, 353.
Jsbarteh, 358, 364 383
Ismir, 495, 516.
Jsnik, 378.
Istambol, 384.
Jtfaratka, 1oo.
Itgelmeskoi, 457.
K.
Kabb Elias, 79.
Kaddem, 161, 685.
Kadhikoi, 416.
Kaiadfhik, 416.
Kaifas Haus, 30.
Kaimakly, 317.
Kairo, 6.
Kalaat el Bafa, 237.
Kalaat Drak, 335.
Fakra, 1o2, 553
el Gauaß, 165.
Manah, 163.
Mursal, 277, 279.
Semaan, 271.
Kalamur, 116.
Kaldikoi, 417.
Kalehhiffar, 476-
Kaleh-i-Sultanieh, 476.
Kallioni, 15.
Kalo nero, 434.
Kana, 58.
Kanae, 493.
Kantara, 237.
Kara, 2oo.
Karaagatsch, 356, 383.
Karaagatschli, 509.
Karabagh, 361.
Karaboa, 424, 428, 508
Karaburun, 336.
Karaderufu, 415.
Karadfhefu, 535, 538.
Karagedik, 335.
Karak, 180.
Karaman, 326.
Karas, 350, 383, 569.
Karasu, 377.
Karaulik Liman, 436.
Karawane, 234 279, 377, 5394
708
Karga, 348-
Karklu, 410.
Karmel, 65, 683.
Karpaffo, 321.
Karpuß Permak, 346.
Kartal, 381.
Kafandereffi, 540.
Kasdagh, 424.
Kafemieh, 72, 135-
Kafheia, 11o.
Kaskula, 171.
Kasr, 275.
Kaffandra, 450.
Kastel, 335.
Kastro, 438, 440.
Kata, 2o1, 2o8.
Katholiken, 22, 28.
Katirdshi Koi, 312.
Kefala, 437.
Keireh, 53, 538, 595, 641.
Kelekelbir, 337.
Kemer, 427.
Kerela, 354, 383.
Kesroan, 96, 113.
Kestrus, 347.
Ketschehburun, 431,
Ketura, 271.
Kiakdedeh, 355.
Kibris, 299.
Kidron, 15.
Kirkgäs, 461.
Kirkgjetschid, 361, 380.
Kirli, 352, 383.
Kirnet Drata, 103.
Kifchon, 64.
Kis Dewrent, 379.
Kishk, 269.
Kiskaleh, 375, 463.
Kisweh, 162, 192.
Kiutahia, 369, 383, 691, 696.
Klein-Afien, 327.
Kliffkoi, 493.
Kodscha Naib, 405.
Kodfhafu, 378, 424.
Köngur, 365.
Königsgräber, 44.
Körkas, 358.
Köffehdereffi, 464, 475.
Koik, 239, 244.
Kolonymo, 398.
Kommitarah, 166.
Konstantinopel, 384.
Kopten, 22.
Kreuzigungs-Stätte, 2r.
Krippen-Kirche, 39.
Kubbeh, 175.
Kudischu, 109.
Kumburun, 472.
Kum Kaleh, 475, 475.
Kumtschai, 509.
Kunawati, 153.
Kurket, 121.
Kyfan, 515.
P.
Labranda, 548.
Lampacus, 455, 602.
Laodicea, 294.
–- am Lycus, 52r,
Larnaka, Zo5, 568.
Latakich, 290, 563, 629, 688.
Lateiner, 22, 28, 33.
Lawra, 445.
Lazarus Haus, 26.
– Grab, 35.
Lefkeh, 378, 383.
Leidens-Weg, 25.
Leitane, 72.
Lemnos, 451.
Lesbos, 477, 632.
Leukofia, 313.
Libanon, 76, 20:3, 683.
Libyffa, 381.
Lida, 543.
Limassol, 325.
Lipfek, 435.
Lodscha, 166,
Lopadion, 413.
Lotos Menufer, 4oo.
Loweida, 189.
Lubia, 58.
St. Lukas, 505.
Lupta, 120.
Lycten, 343.
Lycus in Syrien, 95.
– in Klein-Afen, 509, 522.
Lydda, 13.
N.
Maarra, 196.
Maarat an Noman, 236.
Macedonien, 603, 608.
Macestus, 415.
Madonna della Checnga, 324.
Madytus, 434.
Mäander, 493, 519, 523, 63o.
Magnesia an Mäander, 493,536.
– – – Sipylus, 506.
Magoras, 75.
Magufa, 2or.
Mahmudler, 335.
Mahra!, 120.
Maito, 434.
Makias, 416.
Makri, 45o.
Malaleh, 196.
Mamun Kaleffi, 417, 428.
Mamurieh, 335.
Maninga, 367.
Munija, 506, 516. -
71o
Mantalia, 548,
Margo, 313.
Mar Hanna, 98.
Maria’s Grab, 43.
–– Haus, 63.
– Kirche, 25.
Marine, 306, 324,
Maria, 348.
Marmara, 510.
Maroniten, 110, 120, 129.
Mar Seman, 100, 120.
– Sirkis, 11o, 197.
Marsyas, 550.
Mafch, 3.
Mafhmafh, 129.
Megalopolis, 531-
Meit Jskeleffi, 387. -
Melas, 346.
Meles, 503.
Mendere,459.
Mesaidleh, 541.
Meferib, 177.
Mesri, 137.
Meffogis, 536.
Metelino, 477, 578.
Mezzieh, 210.
Mhadheh, 172.
St. Michael, 97, 121.
Milchfluß, 104.
Miletus, 487.
Millaß, 539, 545.
Mischebogli, 4oo,
Moallaka, 79,
Modania, 398.
Monte Croce, 321,
Moria, 17, 46.
Mochabbek, 269, 275.
Motualis, 81, 109, 152-
Muchtara, 128.
Mugla, 540, 542-
Muhallitsch, 399, 413, 428,
Mukattua, 64-
Muffallabeh, 36.
Muffatscheh, 423 428-
Mylafa, 539, 546-
Myrina, 452.
Myfien, 415.
JN.
Nablus, 55.
Nagara, 435.
Nahr Aba Aly, 112.
– el Arib, 289.
– Bachelita, Tor.
– Dshimedsheb, 109.
– Ibrahim, 106, 113.
– Kebir, 292.
– Kelb, 95.
– Kisweh, 163.
– en Noualy, 128.
71 1
Nahr el Salib, 97, 104,
Nasli, 636, 538.
Nasra, 57.
Nazareth, 67, 682,
Neamylia, 317.
Mea Paphos, 326.
Neapolis, 639.
Nebk, 198.
Nebi Saahmuil, 53.
Nicaca, 378.
Niha, 133.
Nikosia, 315, 566, 643,
Nil, 4.
Nilufer, 4oo.
Nis, 36o, 362.
Noman, 66.
Noffairi, 13o, 286.
Nyffa, 536, 538.
O.
Oeken Yaka, 348, 382,
Oehlberg, 33, 43.
Okrab, 284, 287.
Olympus, 298, 321, 398, 400,
404.
Omorfa, 317.
Ophrynion, 45, 474.
Ordu, 288, 290, 688.
Orgar dereffi, 434.
Orontes, 206, 230, 278, 283.
Oros Staveros, 321.
Ortludscha, 426, 428.
P.
Pactolus, 512,
Pasus, 431,
Pagus, 505.
Palärtyrus, 70.
Palmyra, 216.
Pambuk Kaleffi, 524, 538, 593,
641.
Pamphylien, 336, 345.
Pandik, 381.
Panius, 165.
Panorma, 416, 423, 57o, 630,
Parium, 427, 606.
Paffah-Saal, 30.
Pachahmam, 492.
Paschakoi, 465.
Patroclus Grab, 473,
Paula's Grab, 40.
Pedalus, 485, 539, 549.
Pelopia, 509.
Pencleus Grab, 472,
Perana, 478,
Perga, 336.
Pergamo, 488.
Pergamos, 460.
Perkote, 435.
Phaselis, 329.
712
Philadelphia, 513, 638, 635.
Philomelium, 364.
Pilatus Haus, 25.
Pilger, 29, 47, 147, 158, 165,
258, 341.
Pilger-Zeugniß, 51.
Plumar, 477.
Porphyreon, 64.
Porsuk, 369, 374.
Porto Oliviere, 478.
Posidonium, 298.
Potamia, 352,
Prinzen-Inseln, 397.
Prufia, 401, 427.
Pephina-Thurm, 49.
Ptolemais, 67.
–– in Pamphylien, 346.
Pylus, 346.
Pyroy, 313.
JR.
Rahel's Grab, 38.
Rama, 53.
Ramleh, 13.
Ras al Ain, 7o.
– Bellur, 298.
– benaneh, 298.
– Chamfir, 289.
– Kercha, 54.
Rauna, 58.
Rekem, 130.
Rheae Mons, 416.
Rhodius, 435, 457.
Rhodus, 606.
Rhyndacus, 413.
Rianch, 320.
Ruad, 297.
Rumili Hiffar, 389.
Rum Kaleff, 436.
(S.
Saberlar, 346, 382.
Saf"anieh, 128.
Sahan Kaleffi, 436, 476.
Sakaria, 377.
Sakera, 2o8.
Salahieh, 145.
Salamten, 166, 554, 628.
Salamias, 238.
St. Salvador, 16, 48, 5o.
Samariter, 56.
Samothrace, 44o.
Samotraki, 438.
Samuel’s Grab, 53.
Sane, 45o.
Sangarius, 377.
Sarabad, 493.
Saraikoi, 519.
Sarchad, 189.
Sardes, 61 o.
713
Sarkiat, 109.
Saron, 30.
Sarfaltik, 548.
Sart, 51o, 516, 590.
Saslidereh, 421.
Satelines, 295.
Satnioes, 465.
Scamander, 461, 472.
Schagra, 191.
Schamfin, 2o2-
Schechlir, 388.
Schechmeskin, 174.
Schegra, 172.
Scheich Hab, 165.
–– Köje, 285, 290.
Scheichun, 235.
Schekeif, 209.
Schidshar, 203.
Schorefat, 53.
Segensberg, 59.
Segut, 371, 376, 383.
Seida, 73.
Seidenaja, 196.
Seidikoi, 496.
Selentaburun, 343.
Selinus St., 335.
–– Fl, 491.
Selmen, 238.
Sennur, 57.
Serfend, 1Z.
Sermada, 275, 279.
Sgabna, 55.
Sichem, 55.
Side, 6o7.
Sidena, 425.
Sidon, 73.
Sigeum, 436, 473.
Silinta, 335.
Siloan, 31.
Silo, 31,
St. Simeon's Kloster, 271.
Simois, 469, 473.
St. Simon's Kloster, zoo.
Simon's, des Pharisäers, Haus,
27.
Sinan Pascha, 368.
Sindfhill, 55.
Siphnus, 605.
Sipylus, 505.
Sirtschaneh, 368, 383,
Sitt Albahar, 436, 476.
Skutari, 382.
Smyrna, 495, 516.
Sogan Dereffi, 476.
Stalimene, 451.
Stratonicea, 539, 545.
Süg, 399.
Suk, 96.
– al Misbah, 97.
Sukel Chan, 61.
714
Sultan Chan, 377.
Sundu kly, 367, 383.
Sur, 71.
Sufigherli, 415.
Synaus, 376.
Sydra, 335.
Syrer, 27.
T.
Taaffh, 27o, 279, 290.
Tabae, 540, 543.
Tabakler, 47o.
Taberia, 59.
Tadmor, 216.
Taher Owaffh, 423.
Tamhany, 235.
Tamyras, 74.
Tamys, 465.
Tarabolos, 112.
Tarapia, 389.
Tarmutahara, 55.
Tarfius, 424-
Taffich, 235.
Taffo, 439, 444-
Tatahmer, 368.
Tatta, 362.
Taurus, 246, 330 343,351,354,
690.
Taylieh, 235.
Tehia, 341.
Telfiheh, 196.
Tellada, 275.
Tellbiffy, 23o.
Tell Mumemin, 196.
Tebneh, 272.
Tenedos, 477.
Teuthrania, 487.
Thabor, 57, 61.
Thafos, 439, 606
Therebinthen-Thal, 15.
Thessalien, 604.
Theuprofopon, 116.
Thorax, 536.
Thracien, 436.
Thyatira, 509, 698.
Thylmbra, 458.
Thymbris, 369.
Thymbrius, 458
Tiberias, 59.
Timbos, 323.
Timbrik, 458.
Tmolus, 511, 5174
Tora, 153.
Tralles, 50.
Trieris, 116.
Trigli, 399.
Tripoli, 112.
Tschakirli, 427.
Tschanak Kaleffi, 475.
Tfchardak, 431.
Tschatirgha, 379.
Tschauschkot, 423.
Tscheireh, 337.
Tschimit, 348.
Tschina, 58.
Tschiplak, 458, 573, 633.
Tschitti, 309.
Tschukürkent, 354.
Tulfalkoi, 465.
Turkmanen, 258,277,424, 524.
Tusla, 470,
Tuslatschai, 465.
Tyrus, 71.
U.
Uelfer, 4oo,
Ulubad, 413.
Umarkoi, 416.
Usbeh, 7.
Veronica's Haus, 26.
II.
Wakf, 247.
Wafh, 116.
Wafferschein, 165.
Wüste von Tadmor, 209, 226
Y).
Pefid, 154.
Wkoi Kapli, 202.
Purufen, 344,346,366424,524.
Prukles, 377.
Würukoi, 382.
Z.
Zacharias Grab, 32,
Zebedäus Haus, 37.
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 9
D o r p a t,
gedruckt bei J. Chr. Schünmann,
Universitäts- Buchdrucker.
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