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K. K. H O F B | B L | OT H E K
ÖSTERR. NATIONALBIBLIOTHEK
44. Q. 121
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fr. X 4 / / - , -
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- Moritz v. Kotzebues
Ruffisch-Kaiserlichen Hauptmanns im General-Sta-
be, Ritters des Wladimir, wie auch des Persischen
Sonnen- und Löwenordens.
Reife nach Perfien
- - mit
/ "
- . "
der Russisch Kaiser. Gesandtschaft
im Jahre 1817.
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Brünn, 182 o. -
Bei Jof. Georg Trakler,
:
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-,
- Vor r ed e. - -
–
Diese Reisebeschreibung war eines der let-
ten Werke, welche der verstorbene Staats-
rath August v. Kotzebue herausgegeben hat-
te. Es enthält die Beschreibung einer Reise
nach Perfen, welche defen Sohn Moritz im
Gefolge einer russischen Gesandtschaft an
den Schach von Perfien gemacht hat. Wenn
man es sich wohl denken mag, daß der Sohn
Schreibart und Styl des Vaters fich anzu-
eignen versucht hat, so wird man auch nicht
. in Abrede stellen, daß der Vater als Her-
ausgeber eines Werkes von feinem Sohne,
feine nachhelfende und verbeffernde Hand
uneffen war.
-
-/
über dem Werke habe walten laffen, und
daß sich dasselbe aller jener Vorzüge zu er-
freuen habe, die in den Schriften Kotzebues
des Vaters so allgemein ansprechen. Die ge-
genwärtige Ausgabe ist eine den Bedürfnis-
fen des großen Publicums angepaßte Bear-
beitung, die alles dasjenige überging, was
eigentlich wissenschaftlich, nicht allgemein
verständlich, nicht interessant genug oder
sonst dem Zwecke dieser Galerie nicht ange-
-
- - Der Herausgeber, -
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- - - 1, - - - - ------- -
- - - …" . . . - - - - - - - - - -
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. . . . . - - - - - - - - - - - - - - - - -
- ", -
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Von Petersburg bis an den Kaukasus.
Als ich und mein Freund Paul von Rennenkampf
am 17. August 1817 die schöne Stadt Peters-
burg verließen, so hatte sich ein Jeder traurig in
die Ecke des Wagens gedrückt, und ich dachte über
die sonderbare Lage des Schicksals nach, das mich
schon fo lange herum geworfen und mich so nn-
- vermutheit mit astronomischen Uhren bepackt nach
Persien fandte, ein Land, welches mir sonst schon
heiß machte, wenn ich nur die gelben Figuren fei-
ner Bewohner in Bilderbüchern gemahlt sah. Von
Scorpionen und Taranteln wurde fchon in Peters-
burg fo viel gesprochen, daß mir's jetzt schon iber-
all krabbelte, wenn ich nur daran dachte. Pest
und dergleichen Kleinigkeiten wurden unter die ge-
wöhnlichen Uebel gerechnet. Ich muß gestehen,
daß ich das liebe Europa doch ungern verließ;
denn was hat man am Ende davon, wenn’s heißt:
ja der ist auch in einer - - - - - - - -
49 -
2.
Ich quälte mich mit allerlei Vorstellungen
der Zukunft; mein Reisegefährte war weit klüger,
- er schlief. Im Schlafe ist man ganz mit der
Welt zufrieden, ich ahmte ihm nach. Als wir
erwachten, mochten wohl schon einige Stationen
hinter uns geblieben feyn; denn es fing an Tag
zu werden, und bey der nächsten meldete sich der
Plagegeist aller Reisenden: der Hunger. Hier fa-
hen wir wohl, daß wir nicht als Muttersöhnchen
Petersburg verlaffen hatten, ohne gefüllten Spei-
- sekorb und Flaschen! Zwar hatten gute Freunde
- für etwas Trank gesorgt, Effen aber bekam man
- nur schlecht und verdammt theuer. Nach man-
chen überstandenen Beschwerden langten wir den
sechsten Tag in Moskau an. Der Kaiser war vor
einigen Tagen angekommen, dieß vermehrte das
Gewühl dieser großen Stadt um Vieles. -
Obgleich in Rußland geboren, und in meh-
reren Provinzen Rußland gereist, hatte ich doch
bis jetzt keine Gelegenheit gehabt, Moskau zu fe-
hen. Trotz dem furchtbaren Brande steht die
Stadt noch in ihrer Größe da, und man sieht
nur hin und wieder noch Paläste, die Spuren des
Brandes tragen. Letztere findet man gewiß nir-
gends so zahlreich und schön. Es ist zwar alles
sehr unordentlich durch einander geworfen; neben
Palästen stehen Hütten, neben schönen Brücke
kommen Fußsteige, wo man den Hals brechen
kann; aber ich muß gestehen, es herrscht im Gan-
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zen etwas Großes neben einer liebenswürdigen Un-
ordnung. Der Kaiser hat den Einwohnern ver-
sprochen, lünftiges Jahr in Moskau zuzubringen,
da wird alles plötzlich in Thätigkeit gerathen, und
dann hoffe ich auch, daß die große Sänle aus
eroberten Kanonen endlich aufgeführt wird, nach
der ich mich leider vergebens umfah, - -
Den 27fen verließen wir Moskau, und
langten mit dem Kaiser zngleich in dem freundli-
chen Städtchen Tula an. Diese Stadt, die ih-
rer schönen Stahlfabriken wegen berühmt ist, hat
mir auch ihrer angenehmen Lage und hübschen
Häuser wegen recht sehr gefallen. Sehr niedliche
in Stahl politirte Sachen kann man dort für ein
Spottgeld kaufen. Nach einigen Tagen verließen
wir Tula, und reisten über Woronesh nach der
Residenz des Kosakenlandes Nowotscherkask. Schon
hinter Woronesch fängt die Eegend an, nackend
und öde zu werden. Die Posten find so erbärm-
lich, daß man einen ganzen Tag von Station zu
Station geschleppt wird. Wenn man sich in Wol-
ronesh nicht versorgt, so kann man unterweges
geradezu Hungers sterben. Auf den ganzen Weg
bemerkte ich, daß die Postillone einzig von Waf,
sermelonen lebten, die in diesem Lande vortrefflich“ -
sind. Die Posthäuser bestehen aus kleinen erbärm-
lichen Hütten. Die Herren Kosaken treiben keinen
Ackerbau, fondern leben weit lieber und bequemer
von Viehzucht, Fischerei und Handel, Das mag
'-
- - - -
wohl der Grund seyn, daß kein grünes Feld, kein
Baum, kein einziger Ackerbau das müde Auge er-
götzt. Man blickt in unabsehbare Wüsteneyen,
und sieht außer den Windungen des Weges nichts.
Die Stadt Nowotscherkask, Residenz des Kosa-
kenhetmanns Platoff, fängt an, sich recht stattlich
anzubauen; beim kleinsten Regen aber schwimmt
- man in Koth. Die Reinlichkeit in den Häusern
ist beinahe übertrieben, und eigentlich bloss eine
Folge des religiösen Gebrauches einer Seete, Ros-
kolniks genannt, zu der die meisten Kosaken gehö-
ren. Hat ein Ruffe bei ihnen gewohnt, so wer-
den alle Geschirre, das Zimmer, kurz alles, was
man betastet hat, gescheuert, geräuchert," und als
unsauber vom Priester aufs neue eingeweiht.
Hat man gar Tabak geraucht, so muß die ganze
Procedur mehrere Mahl vorgenommen werden,
und ein Gottesfürchtiger baut wohl gar ein
Haus um. In jedem Hause findet man ein
Schränkchen mit einer Glasthür, hinter der fil-
berne Löffel von verschiedenen Größen und Arten,
Pokale aus allen Weltgegenden, die noch treulich
ihre Familienwapen tragen, Meffer und Gabeln
groß und klein und was dergleichen noch; – die
uten Kosaken haben sich brav geschlagen, und
mag man ihnen diese Liebhaberei zn Antiquitä- -
ten schon gönnen. Der donische Wein verdient
wahrlich Lob. Er ist leicht, hat einen sehr an
genehmen süßlichen Geschmack und sprudelt wie
- 5
Champagner. Die Pferde der Residenzpost schlepp-
ten uns nicht schneller aus der Stadt heraus, als
wir hinein gekommen waren, und auf der ersten
Anhöhe hinter der Stadt mußten wir einige
Stunden peitschen und ziehen, ehe wir hinauf ka-
men. In zwei Tagen erreichten wir die Gränze
bei der Quarantaine, Wanutschei Jerlik genannt.
Ihr Anblick verspricht einst bei der Rückreise
keine erfreuliche Zukunft, indem man sich dort ei-
nige Wochen wird müffen beräuchern laffen. .
Von hieraus bestehen die Dörfer aus ansäs-
figen Ruffen, welches man auch gleich an den gu-
ten Pferden merkt. Hier fängt die Gränze des
kaukasischen Gouvernements an. ... Bald erblickten
wir die Stadt Stawrapol. Was uns aber unwill
kührlich ein frohes Ha! entriß, waren Bäume,
die wir schon lange nicht mehr gesehen hatten.
Aus dem Posthause erblickt man den majestätischen
Elbarus aus den Wolken hervor ragen. Der
Astronom Herr von Wischnefsky hat ihn gemes
sen, und ihn 167oo Pariser Fuß hoch gefunden,
also ungefähr 4 Wert. - - -
Aus Stawrapol darf man schon nicht mehr
ohne Bedeckung reisen, man erhält mehrere Kofa-
ken, die von Station zu Station gewechselt wer-
den. Bis Georgessk fährt man in einer Entfer-
nung von ungefähr sechszig Werten längs den
Fluffe Kuba, der sich an den Kaukasgebirgen hin-
zieht. Jenseits dieses Fluffes leben die liebenswir
-
6 - -
digen Tierkeffen, Kabardins n. f. w., die bestän-
dige Räubereien begehen. Von Pest und Hunger
geplagt fuchen sie öfter die Freundschaft der Ruf
fen, geben Geißeln als Beweis ihres guten Wil-
lens in Eintracht zu leben; allein alles das hilft
nichts; bei der ersten Gelegenheit stehlen sie Leute
uud Sachen, und plündern, wo sie können. Sie
leben überhaupt von Viehzucht, Fischerei- und
Jagd im weitesten Sinne des Worts. Ackerbau
treiben sie wenig und nicht geen, überlaffen über-
haupt alle - fchwere häusliche Arbeiten den Wei-
bern; der Mann schämt sich, zu arbeiten; je
mehr er aber geplündert und todt geschlagen hat,
in desto größern Ansehen steht er unter den.
Seinigen. - -
um diese liebenswürdigen Euresten gänzlich
lieb zu gewinnen, muß man wissen, daß sie auch
unter sich beständig morden. Ihre heiligste Pflicht
ist Blutrache, die darf keiner verabsäumen; und
da nun unglücklicher Weise einst bei Entstehung
dieses Volks ein Mord vorgefallen ist, so rächt
fich die ganze Nachkommenschaft eins an dem an-
dern bis in Ewigkeit. Die Familien kennen sich
zwar sehr genau, welche gegen einander Blutrache
ausfihren, es geschieht aber uie anders als hein-
tückisch im Walde, auf dem Felde, oder sonst ir-
gend wo, wenn keine Zeugen dabei find. Das
her laufen sie oft sehr viele Jahre lang, bis es
fo" einen Rächenden gelingt, sein Opfer fallen zu
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sehen. Von dem Augenblick an aber kehrt er
mit großem Triumph in fein Haus zurück, und
nun ist die Reihe an der andern Familie, Rache
zu suchen. Stirbt der Thäter, so weiß sein näch
ster Verwandter, daß die Rache jetzt an ihm aus-
geübt wird. Dieß erstreckt sich auch auf die Ruf
fen. Wenn nähmlich in einem Scharmützel ein
Bergbewohner erschoffen wird, so ruht sein näch-
ster Verwandter nicht eher, bis er einen russischen
Kopf hat; gelingt es unterdessen andern feiner
Kameraden, gerade den nähmlichen Ruffen zu fan-
gen, so kauft der Rächer ihn für theures Geld,
und mordet ihn dann langsam nach Herzenslust.
So ein niedliches Volk ist nun auch unter der
Zahl der Menschen! Gedankt fey's der Vorsehung
und den Türken, die ihnen öfters Pest zuschicken,
wodurch dieses Unkraut doch einigermaßen ausge-
rottet wird, sonst wäre gar kein Auskommen mit
diesem Volke. Wenn die russische Regierung fo
fchlecht feyn wollte, wie die türkische, so könnte
fie mit einer Zusendung der Pest der ganzen Otter-
brut ein Ende machen, sie bestraft sie aber blos
durch Expeditionen von Truppen, die ins Gebirge
dringen, ihre Häuser zerstören, das Vieh weg-
treiben, und so dergleichen. Dann sind sie zu
feig, um ihre Häuser zu vertheidigen, und laufen
in die Gebirge, bitten um Gnade, geben Geißeln,
versprechen alles und halten nichts. Die mahome-
tanische Religion verbietet ihnen, irgend eine
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Maßregel zu ergreifen, um sich gegen die Pest zu
sichern; denn sie sehen es als eine Sendung von
Himmel, und sterben mit vieler Resignation. Es
existiert noch ein solches fauberes Völkchen, das
die Cabardiner, Terkeffen und überhaupt alle Berg-
völker an Tugenden übertrifft; es sind die Tschet-
fchenzen, die einen unzudringlichen Theil der Kau-
kasgebirge bewohnen und gerade unsere Militair-
traße beunruhigen. Sie waren font Vasallen der
Cabardiner, jetzt ein freies Volk, das seine ehe-
maligen Herren weit an Räubertugenden übertrifft.
Auf der Station Smoernen, die ungefähr
den halben Weg von Stawrapol bis Georgefsk
ausmacht, erblickt man zum ersten Mal die ma-
jestätische Kette der kaukasischen Gebirge. Diese
furchtbaren Maffen, die bis in die Wolken in einer
unglaublichen Unordnung aufgethürmt sind, und
deren Schneespitzen die verschiedensten Farben spie-
len, geben einen imposanten schauderhaften An-
blick. Der Elborus und Cafébeck zeigen sich an
beiden Enden dieser Kette wie ein Paar mächtige
Beschützer. Ich habe den Pik von Teneriffa ge-
sehen, der seiner gänzlichen Isolierung und feines
Zuckerhutes halber einen schönen Anblick gewährt,
aber er ist keineswegs mit diesen beiden zu vers
gleichen. Die Bergbewohner kennen eine Stelle,
nach ihrer Muthmaßung auf der Hälfte der Höhe,
die man nicht überschreiten darf, indem ein grau-
amer Wind den Wanderer sogleich tödtet; flbst
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4 - „/
Vögel fallen herunter, sobald sie sich über diese
Sphäre wagen. Die Geister der Verstorbenen soll
man ganz deutlich stöhnen hören ! In allen Ernste
aber mag's auf dieser furchtbaren Höhe, die von
meilengroßen Granitschluchten umringt ist, wohl
einen Zugwind geben, dem kein Mensch widerste-
hen kann. – - -
- Den 26. September langten wir in Geor-
gefek au, mro ich die Bekanntschaft des General.
Delpozo machte. Nach einigen Tagen kam auch
der Gesandte an, und überraschte die zu einem
Empfange versammelten Autoritäten plötzlich, indem
er auf einem einfachen Postwagen ganz allein fuhr,
und auf die ungeduldigen Fragen der wartenden
- Herren, wie weit der General Jermoloff noch
wäre, mit einem Sprunge: „hier ist er!“ ant-
zwortete. - - - -
- - - - - -
Von George fsk bis nach Kobi.
- Nicht selten graffiert die Pest in Georgessk,
- besonders im Hospitale, welches der General Del-
pozo trotz den täglich besichtigt, indem er erst
feine Hände mit Effig wäscht, und sich wohl in
Acht nimmt, mit dem Kleide irgend wo anzusto-
- fen. Mit den Anstecken soll es eine sonderbare
Sache feyn. Einige, die Pestkranke angefaßt ha-
. ben, sollen nicht angesteckt worden seyn, andere
haben dieses Unglück gehabt, ohne sich irgend ei-
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TO
ner Unvorsichtigkeit bewußt zu fehlt. Es soll eine
besondere Disposition des Menschen seyn, in der
er mehr oder weniger, vielleicht gar nicht em-,
pfänglich für das Gift ist. Im Frühjahr und im
Herbste ist die Ansteckung am gefährlichsten. Ihre
Wirkung äußert sich erst durch Schmerzen in den
Seiten, dann heftiges Kopfweh, darauf große Ge-
schwülste, gewöhnlich unter den Armen; die Au-
gen werden wild, Schaum kommt aus dem
Munde, und man stirbt. Gutartig ist die Pest,
wenn rothe Flecken sich noch am Lebenden zeigen,
gewöhnlich treten sie erst nach dem Tode hervor.
Es gibt häufige Beispiele, daß die Geschwüre,
platzen, dann ist man gerettet. Die Pest kömmt,
wie sie geht, kein Mensch weiß, wohin und wo
her. Viel Knoblauch effen soll auch vor Anstek-
kung bewahren. Ich hörte von einigen meiner Ka-
meraden, die das Unglück gehabt haben, in Gru-
fien mehrere Male diesem Spektakel beizuwohnen,
davon sprechen und schauderte. Alle Kommunika-
tionen werden gesperrt. Ein Jeder ist in seinem
Hause ein Gefangener. „Auf den Straßen sieht. "
man Niemand außer ern, die in den
Pechmänteln gekleidet, mit langen Zangen diesen
und jenen an der Pest. Gestorbenen vorbei schlep-
pen, um ihn weit hinter der Stadt in die allge-
meine Grube zu werfen. Man fragt änatlich
aus den Fenstern nach seinen Bekannten und Freund
den. - ver , heißt es, liegt schon in der Grube,
II -
der ist gestern krank geworden – u. f. w., ein
Jeder denkt, morgen ist die Reihe an dir. Man
stelle sich aber das Fürchterliche vor, wenn in ei-
mem und dem nämlichen Hause. Einer aus der
Familie Anfälle bekommt, und man darf ihm
nicht helfen, sondern muß ganz gelaffen den qual-
vollsten Tod mit ansehen, und dann die Pech-
mäntel aus dem Fenster rufen, die auch nicht in-
mer Zeit haben, und nicht selten Tage lang den
Körper liegen lassen, bis sie sich erbarmen und mit
langen Zangen den Todten zum Fenster hinaus
ziehen, so wie auch alle Kleidungsstücke, die der
Kranke angehabt oder berühret hat. Darauf fol-
gen nun gewöhnlich mehrere aus dem Hause, in-
dem es unmöglich ist, sich immer so zu bewahren,
daß man nicht irgend etwas berührt. Auch ist der
Kranke oft ansteckend, ehe man noch die wahren
Symptome der Pest entdeckt, und nun hat der
Letzte das Vergnügen, allein zu bleiben, und ohne
alle Hülle den Tod kommen zu sehen. Wie es mit
den Lebensmitteln diese Zeit über aussieht, kann
man sich wohl denken. Ist endlich die größte Ge-
fahr vorbei, sind die Meisten schon todt, und die
etwa verdächtigen Kranken im Hospitale in Si-
cherheit gebracht, so öffnen sich nach und nach
die Häuser, und man sieht, lebendige Gespenster
heraus schleichen, die sich gegenseitig Glück zum
Leben wünschen, aber immer noch mit der größten
Vorsicht, ohne sich die Hand zu reichen. - -
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-
Auf den Straßen herrscht eine unbegränzte
Höflichkeit; denn Keiner mag den Andern im Vor-
beigehen auch nur berühren. Väter haben ihre
Kinder verloren, Gatten ihre Weiber; Andere sind
allein aus einer zahlreichen Familie in dem gro-
en leeren Hause noch geblieben, wo sie alles an
das Verlorne erinnert. - Man hört nach hiesiger
Sitte in Hänsern laut nach Verstorbenen heulen,
und alles läuft in Verzweiflung in die Kirche, bit-
-
tet und betet. Während dieser furchtbaren Pestzeit
vergraben. Viele ihre Sachen, in der Meinung,
daß diese noch nicht angesteckt feyen; bleiben sie
am Leben, so hohlen sie sie einige Monathe nach-
her wieder hervor und ehe man sich's versieht, ist
die Pest wieder da. Man behauptet, daß das
Petgift nach vielen Jahren mit vergrabenen Sa-
chen wieder zum Vorschein gebracht werde. Das
sicherste Mittel, verdächtige Kleider zu reinigen, ist,
sie so lange als möglich der Luft und Sonne
auszusetzen. - -
Die Stadt Georgefek soll in einer sehr unge-
sunden Gegend liegen; ich war froh, daß wir sie
den 28. September verließen, und bin ihr ordent-
lich, gram geworden, indem eine Landsmännin von
mir, eine sehr schöne revalsche Dame, in kurzer
Zeit dort gänzlich ihre Gesundheit einbüßte. –
Die warmen Bäder, die sich in der Nachbarschaft
befinden, sind die heilendsten, die man bis jetzt in
Europa kennt. Der jetzige Hauptbefehlshaber sorgt
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auch dafür, daß bequeme Häuser für die Reisenden
angebaut werden, indem sie bis jetzt ziemlich unbe-
fuem in Kibitken haben wohnen müffen.
Der Weg von Georgefek bis Moedok führt
längs dem Fluß Terek, der den ganzen Kaukas
bestreicht, und unweit Kielar in das kaspische
Meer fällt. Diese Strecke wird von Cabardinern
unsicher gemacht, die zwar sich unsere Freunde
nennen, aber doch der Begierde, zn plündern,
nicht widerstehen können. Der Gesandte langte auch
bald in Mosdok an, wo wir einige Tage verweil-
ten, um Vorbereitungen zum Marsch über die
kaukasischen Gebirge zu machen. Den 2. Oktober
war alles zur Abreise bereit, wir versammelten
uns bei der Ueberfahrt am Terekfuß, wo ein
Frühstück bereit war. Nachdem die Packpferde
und Equipagen übergesetzt waren, stiegen wir alle
auf den Prahm, und wünschten mit gepreßtem
Herzen Europa ein Lebewohl! Auf jener Seite
stand eine Kompagnie Jäger nebst Kosaken und ei-
ner Kantone, die uns convoiren sollten; die Trom-
mel schlug den Feldmarsch, und der Zug begann
in langsamen Schritten. Unsere Gesellschaft war
fehr zahlreich; die Entfernung von Europa, zu-
fammen überstandene Leiden, und noch mehr der
Umgang unseres Chefs, knüpfte zwischen uns ein
trauliches Band, und ich rufe meine Reisegefähr,
ten als Zeugen auf, ob wir nicht auf diesem
furchtbaren Wege von Mosdok nach Tiflis die fro-
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heften Tage verlebt haben. Von Moedok bis
Wladikaukas hat man drei Tagemärsche, und es
sind die gefährlichsten in Hinsicht der Räubereien
der Tschetschenizen. Man paffert zwei Bergrücken,
einen vor der Konstantinoffskoyredoute, den andern
gleich darauf. Der Erste besonders formiert einen
bequemen Engpaß für Räubereien, ungefähr fünf-
zehn Werte von Mosdok entfernt. Ist man diese
- vorüber, so kann man sich Glück wünschen, da ,
die Tschetschenizen nie in freien Felde angreifen.
Ein unglücklicher Offizier, der eine Stunde nach
uns aus Mosdok ausgeritten, in der Hoffnung,
uns auf einem guten Pferde bald einzuhohlen,
wurde unterwegs ermordet. Ein Beweis, wie die
Spitzbuben überall lauern, obgleich man sie nicht
sieht. Andere Bergbewohner, des Herumirrens
müde, haben sich unter dem Schutze unserer Re-
douten angebaut, wie man sie auch jetzt schon in
großer Anzahl in Konstantinoffskoy und Elisawe-
tinskaja antrifft. . - - - r
- Die Festung Wladikaukas ist der Schlüssel
der kaukasischen Gebirge; General Delpozo hat
sich besonders um deren Anbauung und Verschöne-
rung verdient gemacht, und es ist ihm wirklich
gelungen, einen niedlichen Wohnort daraus zm
machen. Der Terekfuß, an dem die Festung liegt,
ist sehr reiffend, dem ungeachtet hat man Mittel
gefunden, eine Brücke darüber zu werfen, die frei-
lich bei großem Waffer oft weggespühlt wird.
15 - - -
Bis jetzt hatten wir noch nichts. Fürchterliches vom
kaukasischen Gebirge gesehen, der General Delpoo,
der uns von Georgessk aus begleitete, versicherte,
daß der Marsch aus Wladikaukas bis Dariella un-
fere Erwartung übersteigen würde. Wir verließen
Wladikaukas, den 5. Oktober, und es fiel der erste
Schnee; die Kälte mag ungefähr 5° Reaumur ge-,
wesen fehlt. Die ersten sechs Werte gingen noch
an, man fuhr längs den Terek, der mit furcht-,
barem Braufen uns entgegen rollte. Hier blieben
die Equipagen; ich fand es sehr natürlich; denn
es stand ein unabsehbarer Granitberg vor uns,
in dem man eine Oeffnung bemerkte, aus welcher
der Terek heraus schäumte. Zu meinem Erstau-
tten fchritt man bald wieder vorwärts, und ich
fah den ersten Wagen verschwinden; die anderen
folgten alle in Gottes Nahmen, jetzt kaum auch
die Reihe an den meinigen. Ums Himmels wil-
len! ein ganz enger Weg, linker Hand ein Ab-
grund in den Terek, vor dessen, Geräusch man
keine Sylbe hören kann, und rechts eine Granit-
wand, die öfters über den Kopf herab hängt.
Berge thürmen sich auf Berge; bald müffen fünf
zig Soldaten den Wagen hinauf ziehen, bald rollt
er über Kopf und Hals selbst den Berg herunter,
die Granitfelsen schließen immer näher zusammen,
man befindet sich in einem dunkeln Kessel, der
nie von der Sonne beschienen worden; die Feuch-
tigkeit ist unausstehlich; das Wiederhallen der
- fiz
Worte der Führleute tönt grimmig wie aus dem
Grabe; das Raffeln der Wagen brummt schauder-
haft in dem Keffel fort. Endlich möchte man fra-
gen: wo wollen die unsinnigen Menschen noch wei-
ter hin? denn es steht ein großer Granitberg ge-
rade vor uns. Aber der Weg schlängelt sich in
eine Schlucht, man gewinnt wieder etwas Raum,
und das Auge wird beständig durch scheinbare
Uumöglichkeiten getäuscht. Vom Himmel sieht
man nur einen fchmalen blauen Streif, der die
Richtung des Weges andeutet. O Wunder! es öff-
net sich eine kleine Aussicht, und man erblickt auf
der Spitze eines Felsens die kleine Festung Larey,
die unsere müden Leute ablöset. " -
Neben der Festung ist ein unbedeutendes
Dörfchen in die Erde gegraben, wo ein Fürst,
Dewlet genannt, residiret, der sonst die Reisenden
öffentlich plünderte, jetzt es im Geheimen thut.
Er bat um die Ehre, daß der Gesandte ein Maul-
wurfsloch befehe, und traktierte ihn fürstlich mit
stinkendem Schaffleische. Der Weg schlängelte sich
immer wunderbarer längs dem Terek, unbegreiflich,
wie Menschenhände ihn haben bahnen können.
Trotz der geringen Entfernung zwischen Wladikau-
kas und Dariella langten wir in diesem letzten Ort
erst Abends spät ermüdet und hungrig an. Welch"
ein Anblick am andern Morgen! Mit Mühe
konnte man erkennen, wo man eigentlich herge-
kommen war, und die Verlängerung des Wegs
-
- - - - -
-
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17
nach vorn hin fähien unmöglich. Die ganze Re-
doute besteht aus zwei Häusern, die so erbärmlich
gegen den umliegenden Granitkeffel abstechen, daß
sie in einer geringen Entfernung schon wie kleine
Punkte nur aussehen. Die Brücke ist wundervoll
über den Terek gebaut. Die Sonne scheint hier
nur 13 Stunde des Tags, wenn es hoch Mittag
ist. Die Garnison wird so oft als möglich gewech-
felt; denn fie ist wie lebendig begraben. Alle diese
schreckenden Gegenstände schwächten weder den
Muth noch die frohe Laune unserer Reisegesell-
fchaft; wir nahmen alles, wie es kam, und ver-
ließen zu Pferde das traurige Dariella. . . "
- - Der Weg krümmt sich wunderbar in die
Felfen hinein, und fünf Werte von Dariella
sieht man einen furchtbaren Schlund sich gleichsam
in die Wolken hinauf winden. Er vereiniget sich
mit mehreren ähnlichen, und wird gegen die
Spitze des Berges zu, dem Auge unsichtbar. Die
der Schlund ist's, der regelmäßig alle sieben Jahre
eine große Revolution im Kaukasus hervor
bringt *). Man denke ich das Getöse in den
Gebirgen, wenn plötzlich von der Spitze des Ea-
-
*) Als wir 1817 aus Persien zurück kamen, ge-
schah diese Revolution im September; gerade
nach den sieben Jahren, wie man es uns vorher
gefagt hatte.
- E.
1F
febeks, der an Höhe dem Elborus nicht viel nach
gibt, sich ein Stück von dem ewigen Eise durch
seine Schwere abtrennt, und mehrere Werte steil
herunter rollt, Felsenstücke mit sich nimmt, zum
ungeheuren Ball sich anwälzt, der nun in Beglei-
tung alles desjenigen, was ihm nicht hat wider
stehen können, endlich in diese Schlucht, vor der
ich stehe, hununter stürzt, und den Terektfluß plötz-
lich hemmet, so daß die Garnison von Dariella
ihn Minuten lang ganz trocken sieht, und die Fi-
fche auf dem trockenen Boden herumspringen. Plötz-
lich schwelt der Terek hinter der Schlucht zu einem
See, oder vielmehr erfüllt einen Granitkeffel aus,
und bricht dann mit einem furchtbaren Getöse an
der schwächsten Stelle durch, nimmt öfters eine
ganz andere Richtung, und schleppt alles mit sich,
was ihm im Wege steht. Dieser Schneeball schmilzt
hernach Jahrelang, und die Granitstücke bleiben
noch bewachsen, so wie deren eins schon vorhan-
den ist, mit Tannen, je nachdem sie groß sind,
und über das Waffer hervorragen - und geben dem
Fluffe ein herrliches Ansehen. Wir bewunderten
alle eine Zeitlang diese bezauberte Stelle und staun-
ten beynahe noch mehr, als bald darauf sich ein
altes Klostergebäude unseren Blicken zeigte, das
auf eine ungeheure Felsenhöhe wie ein Wunder
hingezaubert ist. Jetzt kann man gar nicht mehr
begreifen, wie man dort hinaufgekommen ist. - -
Gegen Mittag langten wir bei dem Gene-
---
- - -
- "
19
- ral Casebek, einem Bergbewohner, der früher Ruß-
land sehr große Dienste geleistet hat, jetzt noch die
Bauern in Zucht hält, und für die Sicherheit des
Weges haftet. Er empfing uns mit einem asia-
tischen Mittagsmahle, wozu recht, viel Reißbrei
und Schaffleisch gehört. Gewöhnlich übernachten
die Reisenden bei Casebek, wir aber setzten nach
Tisch unsere Reise fort bis Kobi, wo wir ziemlich
spät anlangten. Unterwegs sahen wir mehrere Dör-
fer, wenn man sie so nennen will, und unter an-
dern abermals ein Wunder. In einem hohen
Grauitberge erkennt unan kaum eine kleine Oeff-
nung. Dort, hieß es, wohnt ein Eremit! Wir
sahen auch wirklich bald darauf eine Figur her-
auskriechen, und mit Lebensgefahr eine Reise in
die Unterwelt unternehmen. Sie kam glücklich-
hinunter, und ging bis zu einem Kreuze , das am
Wege steht, wo der Eremit feine Almosen ab-
wartet. Es soll ihm in vielen Jahren gelungen
feyn, sich ein geräumiges Zimmerchen in dem Gra-
mit anszuhauen, wo er sich feiner Andacht, man
kann mit Recht sagen, ungestört widmet. Kobi
ist auch eine kleine Redoute, wo unlängst erst
drei kleine Häuser aufgeführt worden. Wir fan-
, den wohl Feuer, um uns zu wärmen, aber sonst
auch gar nichts. Unsere Equipagen und besonders
die Küche waren noch weit zurück, unterdessen hat-
teil, wir vom Mittag an abermals einige zwanzig
Werte zu Pferde gemacht, und der Hunger sich
2o
allgemein eingefunden. So froh und einig wir
auch immer. waren, so wirkte dieser Umstand doch
heute gewaltig auf unsere Laune, obgleich unser
General sich alle mögliche Mühe gab, die
* Gemüther zu erheitern. Man schlich traurig in
verschiedenen Zimmern herum, es war bald Mit-
ternacht und keiner wollte schlafen, als plötzlich
Stimmen draußen erschallten, die Küche ist an-
gekommen! und unser Koch Nikita! – Obgleich
nun erst in der Küche Feuer gemacht werden
mußte, und es lange dauern konnte, ehe etwas
fertig wurde: fo kehrte doch bei allen die frohe
Laune wieder ein, und mit Hülfe des Obersten
Wiljamiroff komponierte die sämmtliche Gesellschaft
ein Danklied, an den Koch gerichtet, das nicht
nur sehr witzig gerieth, sondern auch den Umstän-
den nach sehr angemeffen war. Ohne den Gene-
- ral ein Wort zu fagen, studierten wir in einem
entfernten Zimmer das Lied uns ein, und nach
dem Abendessen, zu welchem Nikita, sein Glück
nicht ahnend, ganz vortreffliche Cottelets gemacht
hatte, ließ man ihn kommen, ng ihm in
Gegenwart des überraschten G der herzlich
lachte, das Lied vor. Anfangs schien er nichts
zu begreifen, als aber beim Refrain sein Nahme
laut wiederhohlt wurde, lächelte er freundlich und
bückte sich jedes Mahl. – Die arme Frau des
Verfassers der Lettres sur le Caucase et la Georgie. -
die ich persönlich die Ehre habe zu kennen, hat
- -
keinen fo frohen Augenblick in Kobi erlebs,
fie acht Tage dulden mußte. Es wird ihr
leicht nicht ganz gleichgültig feyn, daß Gene.
Delpozo wünscht, sie möchte erfahren, daß jetzt
in Kobi drei Häuser aufgebaut sind: und daß sie
wenigstens in Zukunft an Quartier keine Noth
leiden könne wie damals. - - - -
Reife durch Gruften.
An einem schönen Tage gingen wir wohlge-
muth dem furchtbaren Raschawoberge entgegen.
Die Sonne hatte den Schnee etwas weggeschmol-
zen, der Weg war schlüpfrig geworden, Abgründe
hatte man immer zur Seite. Die beständigen An-
höhen machten, daß die Equipagen nur langsam
und mit Hülfe der Menschenhände hinauf gezo-
gen werden konnten. Bald zeigten sich unab-
fehbare Aussichten in die Gebirge, bald wurde der
-
Horizont wieder beschränkt. Zwischen Mosdok und
Tiflis ist der gefährlichste und schwerste Marsch;
wer ihn glücklich übersteht, dem ist zu gratulieren.
Nachdem wir eine lange Zeit gestiegen waren, er-
blickten wir das Kreuz auf der Krestowaja Gora,
das dem Erlöser und Erretter geweiht ist, aber
meiner Meinung nach nicht ganz auf dem rechten
Punete steht, denn gerade bei diesem Kreuze fängt
der allerschwerte, steileste Weg an, geht zwei
Werte lang herunter, und erhebt sich dann wieder
- ,
-
-
122 --- -
„sen End Porga, der nichts nachgibt. Ueber
en schrecklichen Anblick vergißt man die fchönen
u sichten, welche sich auf der Kresowaja Gora
arbiethen, und ist wirklich froh, das Kreuz zu
finden, um fernern Schutz zu erflehen. -
Da auf unserer Reise der General allem ei-
nen Anstrich des Frohen zu geben wußte, so wa-
ren wir auch hier wohlgemuth, und das Schick- -
fal gab uns eine fchöne Eelegenheit zur Zerstreuung.
Am heutigen Tage ist die berühmte Schlacht bei
Leipzig vorgefallen. Wahrlich, sie verdient beson-
ders gefeiert zu werden, und das thaten wir auch,
Wir krochen, trotz dem Schnee, der nns bis an
den Unterleib ging, alle hinauf zum Krenze auf
der Spitze des Berges, fchleppten Bouteillen mit
Wein hinauf, und tranken mit einem dreimahli-
gen Hurrah, im faufenden Winde, der uns um-
geworfen hätte, wenn wir nicht so tief im Schnee
gestanden, unseres Kaisers Alexander Gesundheit, –
dann der braven Truppen, und darauf unseres
geliebten Generals. Die Aussicht - da oben fans
den wir vortrefflich, mußten aber bald die pos-
firlichsten Stellungen annehmen, um den Berg
hinunter zu rutschen, welches nur mit vieler
Mühe glücklich gelang. Nachdem wir am Fuße
der Gud Gora etwas ausgeruht, begann in Got-
tes Nahmen das Emporklimmen. Der Weg ist
nicht breiter als ein zweispänniger Wagen kaum
einnimmt. Am Abhange des Berges ist er eins
23
gehauen, nnd hat zur Rechten einen unabsehka,
ren Abgrund, und zur Linken furchtbare Maffen,
die beständig sich loszureiffen drohen. Der ganze
Ricken ist mit Schutt - und kleinen Steinen so
befäet, daß es aussieht, als hätte der Satan Paar
oder Unpaar gespielt. Hier ist eigentlich die Stelle
der berühmten Lavinen, die, auf den Weg her-
abrollend, alles mit sich fortreiffen. Sie ereignen
fich aber bloß im Winter- und Frühjahr, wenn
die Sonne zu wirken anfängt, so daß man am
Tage nicht wagen darf, diese Stelle zu paffiren,
fondern die Nächte dazu wählt. Wir haben blog
das Fürchterliche der Möglichkeit kennen gelernt.
Als die Spitze der Gud Gora erreicht war", hat -
ten wir nur noch vier Werte bis zur Station
Rufchaour, der Weg ist zwar auch nicht von
den angenehmsten, allein im Vergleiche des über
standenen fehlägt man hier schon Kreuze, und
wünfchet sich Glück zum Leben. -
Nachdem wir in Ruschaour übernachtet, gin-
zen wir getrost den letzten Hindernis entgegen;
s ist der Berg dieses Namens, den man hints
unter steigen muß. Er ist sehr steil, übrigens ziem-
ich ficher, obgleich mehrere unglückliche Opfer
n feinen Abgrund gestürzt sind. Anfangs gewährt
s dem Auge nichts, als ein weites Feld in blauen
Nebel gehüllt, je tiefer man aber hinunter kömmt,
fo deutlicher werden die Gegenstände; der kalte
Winter verläßt den Reisenden, statt nackter Fel-
- 24
fen sieht man grüne Anhöhen und Bäume, Vö-
gelfingen, und dem Auge öffnet sich das schönste
Thal der Welt, besetzt, von dem herrlichen Aran-
gna-Fluße; man sieht bearbeitete Felder, Dörfer,
Ruinen von Schlöffern. Arbeitsame Landleute ge-
hen ruhig ihrem Berufe nach, man glaubt plötz-
lich in ein Paradies hinabgestiegen zu feyn, und
bedauert die armen Bewohner der Hölle; die Na-
tur scheint für alles ueberstandene entschädigen zu
wollen, man braucht keine Bedeckung mehr, kann
- ganz allein sicher reifen, man ist in Grusien. Sehr
paffend steht am Fuße dieses Berges, als dem
Puncte , wo alle Widerwärtigkeiten aufhören, ein
einfaches Denkmahl für den Obersten Daniloff,
der den ungeheuern Kaukaschlund zu einem prak-
tikablen Wege umarbeitete. Man muß selbst fehen,
um diese Arbeit ganz zu schätzen. –
Die Aragua fließt schon in entgegengesetzter
Richtung mit dem Terek, wir hatten also den höch-
sten Punkt des Kaukasus verlaffen, und fuhren
jetzt in diesem wundervollen Thale auf einem ebe-
nen guten Wege, der sich durch grüne Gebüsche
wandte, frohlockend nach Paffanaour. Der Weg
am andern Tage über Amanour nach Duchet, war
zwar in Hinsicht der immer neuen Ansichten auch -
höchst interessant, allein mit dem Thale des Ara-
gua-Fluffes gar nicht zu vergleichen; dort könnte
ein geschickter Mahler herrliche Ideen sammeln.
In Duchet wohnten wir alle im ehemahligen Pal-
25
alle des Zaaren Heraklino. Es ist ein ziemlich
geräumiges Gebäude, mit einer hohen Mauer um-
zogen, hat aber nach unseren europäischen Begrif
en auch nicht die geringste Aehnlichkeit von einem
Palaste. Das Haus besteht zwar aus zwei Stock-
verken, ist aber sehr niedrig, mit einer hölzernen
Ballerie umgeben, und die kleinen erbärmlichen
immer fehen ganz wie Nonnenzellen aus. Viel-
icht haben sonst noch Gebäude den Hof verziert,
tzt hat auch dieser ein ärmliches Aussehen. Hier
ieß ich zum ersten Mal aufgruinische Bauart,
ist eben nicht viel erbauliches daran; die Häu-
r sind in der Erde ohne Dach, so daß man
cht eher sieht, man befinde sich in einer Stadt
er in einem Dorfe, bis man so zu sagen mit
r Nasa daran stößt. Den 10. Oktober gingen
ir über Michet nach Tiflis. Der Tag war sehr
hön und wir stiegen in Mifchet ab, als einem
rte, der ehemals die Residenz der Zaare ge-
sen, was aber jetzt kaum glaublich ist. Hier ver-
igt sich die Aragua mit der Kura (ehemals
rus genannt), die sich dann, Tiflis vorbei,
kaspische Meer ergießt. Weder der Platz noch
Ruinen zeigen Michets ehemahlige Größe.
enn das wahr wäre, daß diese Stadt von einem
achfolger Noa's, der diesen Nahmen trug, er
ut wurde, so ist sie ohne Zweifel die älteste der
elt. Jetzt wohnen nur noch einige Hunderttar-
Familien dort. Eine setzt fich
-
- 26
in den Mauern, die ehemals das Schloß bee
Zaare gebildet haben sollen. Das merkwürdige die-
fer Kirche ist, daß sie viele Jahrhunderte schon
steht, und doch am ganzen Gebäude kein Stück
Eisen sich befindet. Fast alle Kirchen in Grusien
„find in der Art gebaut, aus puren grauen Stei-
nen, und selbst die Dächer sind so geschickt mit
einer Maffe verbunden, daß sie ewigen Zeiten trot-
zen. Im Hintergrunde der Schloßmauer zeigt sich
eine kleine Kapelle; hier hatte die heilige Ninon,
die im vierten Jahrhunderte die christliche Religion
in Gruien einführte, für das Heil ihrer Nation
gebethrt. Sie soll ein wundervolles Mädchen gewe
fen seyn, und durch ihr liebevolles Betragen alle
Herzen gewdinnen haben. Den Zaar Mirian be-
wog sie zuerst die christliche Religion anzunehmen,
ihm folgten seine Unterthanen. Ein einfaches höl-
zernes Kreuz in der Hand, mit ihrem eigenen Haar
zusammengebunden, machte sie Profelyten. - - -
Der Gesandte trat ganz allein bei Michet
über die Kura, um längs den linken Ufer unbe-
merkt nach Tiflis zu kommen, und den damals
ligen Hauptbefehlshaber General Rtischtscheff zu
überraschen, wir aber fetzten den großen Weg
fort, und gingen eine Wert von Michet über
eine Brücke der Kura, die, wie man sagt, noch
von Pompejus erbaut feyn soll. Es ist sonderbar,
daß der Mensch immer etwas Besonderes zu fin-
den glaubt, wenn von hohem Alterthum die Rede
- -
-
27
ist. Ich wette, wenn diese Brücke nicht den Ruf
vom Pompeius gehabt hätte, wir wären hinüber
gelaufen, ohne sie zu bemerken; nun aber glaub-
te ein jeder etwas Besonderes zu entdecken. Diese
Steine, hieß es, tragen ganz das Gepräge der
damaligen Zeit, man fand den Bogen fehr dreist
und leicht hinüber geworfen : heut zu Tage, mein-
ke man, verstehe man fo etwas nicht mehr. Ein
anderer fand zwei kleine Thürmchen, die viel Aehn-
ichkeit von unserm ethländischen Kappkäse haben,
sehr hübsch und zweckmäßig; – kurz alles war
hübsch und besonders fehr intereffant. – Ich sah
mich lange um, damit ich doch auch etwas Merkwür-
iges fände, und siehe da ich fand es – einen russischen
Srenadier, der an der Pompejus-Brücke Schild-
vache fand. Wenigstens wäre das gewiß für den
Pompejus die größte Merkwürdigkeit gewesen.
Wir fuhren längs dem rechten Ufer der Kura,
und langten im Tunkeln schon in Tiflis an. Der
souverneur, General Stahl, hatte die Aufmerk-
amkeit gehabt, sein Haus dem Gefandten einzu-
äumen, und da es groß genug war, so hatte
uch ich das Glück darin zu wohnen. Man kann
ohl sagen Glück, denn in Tiflis sieht's mit
Nuantieren ziemlich übel aus. Wie groß war aber
meine Freude, als auch nachher, wie der Ce-
andte nach der Abreise des Eeneral Richtscheff
as Haus des Haupt-Commandeurs bezog, der
eneral Stahl die Güte hatte, mir ein Zimmer
- - 28
in seinem Hause zu überlassen, welches in diesen
Lande wirklich eine Gefälligkeit ist, die ewigen
Dank verdient. Ich genoß nun den täglichen Um-
gang meines biedern Wirths, und konnte nichts
don den Plagen mehrerer meiner Cameraden fagen,
bei denen es bald zu kalt war, bald überall durch-
regnete. - - -
Lage , Klima, Unterhaltungen,
Bauart der Häufer, Sitten,
Gewohnheiten , Cultur in
Grufien.
Da ich bloß meine Gefühle bei dem, was
mir begegnet und auf mich wirkt, ausdrücken will,
fo wäre es lächerlich, wenn ich mich auf eine
Beschreibung von Gruffen einlaffen wollte; um so
mehr, da ihrer so viele und recht gute vorhans
den sind. Einem jeden ist bekannt, daß es unter
dem vierzigsten Grade der nördlichen Breite, und
zwischen dem fchwarzen und kaspischen Meere liegt.
Seine mächtigen Nachbarn, die Türken und Per-
fer, haben dieses arme Ländchen mit desto größe-
rer Wuth mehrere Mal verheert, da ganz Geor-
gien sich zur christlichen Religion bekennt. Dieser
Umstand zeigte seinen Beherrschern deutlich, daß
fie nie auf Ruhe zu hoffen hätten, sondern daß sie
immer ein Spiel der beiden benachbarten Reiche
bleiben müßten. Von den Türken wurden sie ge-
2G
plündert, wenn sie es mit den Persern hielten, und
von diesen, so lange sie mit jenen verbunden wa-
ren; ihre Selbstständigkeit oder eine Neutralität
zu behaupten, waren sie zu schwach. Armuth und
Verzweiflungnahmen mit jedem Tagezn; konnten sie
etwas klügeres thun, als sich der ruftfchen Both-
mäßigkeit unterwerfen ? Sie thaten es, und haben
es auch nie bereuet. Trotz Krieg, Mißwachs, Pest,
innerer Unruhen, die von einigen habsüchtigen Für-
sten angezettelt wurden, ist das Land jetzt reicher
als je! Das Eigenthum ist geschützt; die Abga-
ben find milder und rechtlich vertheilt; der Fürst
steht eben so unter den Gesetzen, wie ein Bauer –
das Volk segnet Alexandern! – Zu den Zeiten der
Zaare war jeder Fürst und Edelmann unbeschränk-
er Herr, plünderte und mordete seine Bauern,
»hne irgend Rechenschaft abzulegen - jetzt ist
illen dem ein Ziel gesetzt. Unter den Fürsten des
andes mag es wohl viele geben, die mit Ents
ücken der schönen Raubzeiten noch gedenken, und
er jetzigen Verfaffung nicht hold sind. Sonst durfte
man selbst in Tiflis nicht außer der Stadt spazieren
gehen, wenn man nicht den Lesginern in die Hände
allen wollte; Jetzt sind nur wenige Stellen in ganz
Grusien, wo man noch Bedeckung nöthig hat,
Da die Wege unsicher waren, so konnte auch kein
Handel blühen, um so mehr, da der Zaar selbst
eine Kaufleute ohne Barmherzigkeit plünderte; jetzt
ind hier sehr bedeutende Kaufmannshäuser, die
30
großen Handel mit Persien und Astrachan treiben.
Die Wege in ganz Grusien waren ungangbar, und
Tiflis selbst lag in Kothe. Den General Jermo-
loff, dankt es einen jetzigen verbesserten Zustand.
Er hat in dieser kurzen Zeit Häuser gebaut, Stra-
ßen gepflastert und Plätze errichtet, um der Luft
mehreren Durchzug durch die engen, stinkenden
Straßen zu gewähren, kurz, wer Tiflis vor ei-
nem Jahre verlaffen, kennt es jetzt nicht wieder."
Als die Einwohner am Ende selbst einsahen, daß
es weit angenehmer ist, in Häusern als in Koth-
löchern zu wohnen, als die Fenster nach den Stra-
ßen den armen eingekerkerten Weibern manche Zer-
freuung verschafften, fo ergriff sie plötzlich eine
solche Bauwuth, daß man keinen Arbeiter mehr
in Tiflis fand. Das ehemalige Haus des Haupt-
Commandeurs, das eine lächerliche Vermischung
von europäischer und asiatischer Architektur dar-
stellte, ist jetzt heruntergeriffen, und auf defen
Stelle steht ein Gebäude im neuesten Geschmacke,
mit einer schönen Colonnade. Erst sperrten die Ein-
wohner über letztere das Maul auf, dann ergriff
fie eine wahre Colonnadenlust. Wenn das einige
Jahre so -fort geht, so wird Tiflis eine schöne
Stadt.
Die warnen Bäder sind hier außerordentlich;
wirden noch Anstalten zu den erforderlichen Be-
quemlichkeiten gemacht, so könnte man, so wie
die hiesigen Einwohner den Sonnabend, jedes
31
Tag dort zubringen. Sie nehmen Pfeifen, Käse
und Wein nebst Guitarren in die Badstube mit,
und sind diesen Tag außerordentlich glücklich. In
andern Badstuben, die für Weiber bestimmt sind,
geschieht beinahe das nähnliche ; nur sind die
Frauen noch weit mehr mit sich beschäftigt, indem - -
fie hier ihre Haare und Augenbraunen mit schwar-
zer Tinktur, und die Nägel roth färben. Das
Gesicht wird ordentlich mit weiß und schwarz aus-
faffiert, dann fehlen fiel gerade aus, wie unsere
Weihnachts-Puppen. Die Weiber gehen mit schwar-
zen Schleiern herum, und bedecken sich beinahe
gänzlich, die gemahlten Augenbraunen ist das Ein-
zige, was sie gern sehen laffen. Wenn fonst ein
Weib oder mehrere von weiten einen Ruffen kom-
men fahen, und der engen Straßen wegen nicht
ausweichen konnten, so stellten sie sich alle mit
den Gesichtern nach der Wand gekehrt, und war
teten in dieser höflichen Stellung bis der gefähr
liche Mann vorbei war; lustige Offiziere haben ih-
nen bald die üble Gewohnheit abgewöhnt, indem
fie ihnen zuvor kamen, das Schnupftuch vor
das Gesicht hielten, sich eben so an die Wand stell-
ten, und nun beide Theile oft Minuten lang so
Randen, lachten, und nicht wußten, wer zuerst
gehen follte, bis am Ende beide das Ding über-
drißig wurden, und sich gegenseitig eine glückliche
Reife wünschten. Jetzt riskiert man im Gegentheil
son, einer Weiber-Colonne übermannt zu werden."
-
32
Das einzige Vergnügen, welches die Männer ih-
ren Weibern erlauben, ist, Sonntags und Feier-
tags auf dem platten Dache frische Luft zu schö-
pfen; kommen mehrere zusammen, so tanzen fie
laut zu einem Tambourette. Die Bewegungen der
Hände sind gar nicht übel, die der Füße sieht man
vor den langen Kleidern gar nicht; es kann auch
nichts rares feyn, denn, Gott verzeihe mir's, fie
können ja kaum gehen. Der Gang einer grusifchen
Dame ist wirklich eins der häßlichsten Dinge, die
man sehen kann. Es gab noch eine Belustigung,
an der die Frauen als Zuschauerinnen Theil neh-
men durften,
- - An großen Feiertagen zieht beinahe die ganze
Stadt vors Thor, bildet dort zwei Partheyen,
welche verschiedene Stellungen einnehmen, und das
Ganze besteht darin, sich gegenseitig zu zwingen,
die Position zu verlaffen. Es ist sehr natürlich,
daß so eine Eroberung nicht ohne Prügelei und
Steinregen ablaufen kann; außerdem hauen sie sich
noch mit hölzernen Säbeln tüchtig herum. Die
kleinen Kinder, die sich zwar nicht ins Dicke war
gen, schleudern doch von hinten Steine in die Op-
positionsparthei und bekommen auch welche wie-
der, so daß am Ende viele lahm geschlagen, an-
dere mit großen Beulen, manche gar nicht mehr
nach Hause kommen. So weit sich auch die Zärt-
lichkeit der Mütter erstreckt, so ist's hier ein Eh-
ren-Punct, worin alle Einwohner übereingekommen
33
sind, selbst im Todesfalle nicht zu klagen. Da nur
wirklich kein solches Spiel geendet ward, ohne daß nicht
einer auch zwei dabei das Leben verloren, so fand,
der General Jermoloff es etwas zu derb, und er-
laubte die Fortsetzung dieser Spiele bloß unter der
Bedingung, daß keiner sich unterstehen sollte, Steine
zu werfen; sondern einzig und allein mit hölzernen
Säbeln agieren durfte, die zwar ganz ordentliche
Beulen verursachen, aber doch nie jemand tödten
können. Man versprach es, konnte aber nicht Wort
halten, denn so eine Parthei, die sich auf dem
Punkte sieht, von ihrer Stelle verdrängt zu wer-
den, wendet in der Hitze alle Mittel an, um den
Platz zu behaupten. Was ist da natürlicher, als
nach Steinen zu greifen? Da kein Mittel ha"f,
fo wurde das ganze Spiel verbothen, und ich bin
überzeugt, daß manche Mutter im Stillen den
Himmel fegnet. Dieses Spiel hieß Tamascha; die
vornehmsten Fürsten mischten sich nicht selten
hinein.
Da der General ihnen dieses Mordvergnü-
gen raubte, so fann er auf ein anderes Edleres,
das im Anfange mit vielem Murren verknüpft war.
Es befand sich nähmlich in der Mitte der Stadt
ein alter Kirchhof, der feiner alten Leichensteine wegen
zwar sehr ehrwürdig war, allein viel Platz ein-
nahm, und von allen Seiten von den schmutzig-
fien Gaffen der Stadt umringt war. Der General
befahl die Mauer herunter zu reiffen, die Leichen-
E
3%
steine den Familien zurückzugeben, und die Stelle
zu ebnen. Die umliegenden Häuser bekamen schöne-
Fazaden, und der Platz würde jetzt keiner europäi-
fchen Stadt Schande machen. Die Verschönerung
verbindet auch zugleich den Nutzen der reinen Luft.
Der Platz wurde eines Abends mit Musik und
Feuerwerk eingeweiht, woran alle Weiber der Stadt
in den umliegenden Häusern Theil nahmen. Da der
Haupt- Commandeur willens ist, ähnliche Lustbar-
keiten einige Male in der Woche zu wiederhoh-
len, so zweifle ich gar nicht, daß die Einwoh-
ner, die ohnehin eine Paffon für Musik haben,
ihre Tamáscha bald vergessen werden. Die Art
überhaupt, mit welcher der General Jermoloff
sich aller Zweige hier annimmt, läßt gewiß hof-
fen, daß Grusien in einigen Jahren nicht mehr
kenntlich sein wird. Die Umstände verhinderten
bis jetzt freilich vieles, aber es ist herzlich wenig
bisher für das Land gethan worden. Der Kaiser
gibt alles, was man verlangt, und jeder Haupt-
Eommandeur ist beinahe unumschränkter Herr.
Das Klima ist hier außerordentlich, beinahe
immerwährender Sonnenschein. Im Sommer soll
die Hitze unerträglich sein, dann braucht man nur
auf die Höhen zu ziehen, wo es angenehm kühl
ist. Selbst in der Stadt wehen beständige Nord-
winde, welche die brennende Luft abkühlen, allein
sie sind sehr gefährlich wegen Verkältungen. Den
Einwohnern schaden sie nichts, weil diese sich von
- - -
35.
ugend anf an den ewigen Zug gewöhnten, denn
e Häuser find von allen Seiten mit Fenstern
1d Thüren versehen, die immerwährenden Zug-
ind verursachen. Diesen ganzen Winter lag nur
rei Wochen Schnee, und die Kälte stieg nie über
* Reaumur. Im Febrmar grünt das Gras von .
uem, und die Mandelbäume blühen; im März
gewöhnlich Regen, nachher fängt die Hitze an,
d dann Adieu dem grünen Grase; alles wird
lb und vertrocknet. Mit dem gelben Grafe mel-
n sich auch die lieben Scorpionen, Tarantelu
d Phalangen. Zwar sind deren Biffe selten tödt-
h, man kann fagen nie, wenn gleich nach dem
iffe die Stelle mit Oehl eingerieben wird, aber
ist eine äußerst fatale Empfindung, fiel auch
r auf der Wand herum kriechen zu sehen, oder
nn gar im Bette so etwas in der Nacht mittelt;
zfie gehören zu den Plagen des hiesigen Klimas
d machen das grüne Gras unsicher, in dem man
bei uns so gern herumwälzt. Die hiesigen Gär-
find ganz irregulär, und bestehen aus Wein-
cken. Der Wein ist leicht und gut, hat viel
1liches von einem guten französischen Vin du
ys; nur Schade, daß die Einwohner sich nicht
"s Fäffermachen legen wollen, sondern es weit
uemer finden, einem Schwein die Haut über
Ohren zu ziehen, das Inwendige mit Naphta
kzuschmieren, und so den Wein zu konserviren
d transportieren. Diese Naphta gibt dem Wein
– Z6
einen so widerlichen Geschmack, daß man ihn An-
fangs gar nicht trinken kann, und sich sehr lange
gewöhnen muß, ehe der Geschmack für diesen Ge-
ruch abgestumpft ist. Nachher fühlt man's gar
nicht mehr. In der Provinz Rachetien, wo der
beste Wein wächst, konservieren ihn die Einwoh-
ner in großen Töpfen; wenn man ihn dort an
Ort und Stelle trinkt, so soll er prächtig schmek,
ken; sie verschicken ihn aber auch in Schweinshäu-
ten, Burduks genannt. Früchte sind hier sehr häu-
fig und gut , Weintrauben findet man fast von
einer Ernte bis zur andern. Einen großen Eine
fluß auf die hiesige Agricultur, und überhaupt
auf die wahre Landwirthschaft wird bestimmt die
Würtembergische Kolonie haben, die der Haupt-
Commandeur verschrieben hat, und die bereits an-
gekommen ist. Es werden ihnen Häuser unweit
Tiflis gebaut, sie bekommen Vieh, Aussaat, Hülfe
an Geld, kurz alles, was sie brauchen, und ich
werde bald die Freude haben, einen teutschen Bauer
auf den Tiflischen Markte schöne Butter , Käse,
vielleicht auch Bier herum tragen zu sehen. Diese
guten Leute sagen, in Teutschland wäre Hungers-
noth; in der Offenbarung Johannes stünde, sie
müßten auswandern, sie wären doch auch Reichs-
glieder und könnten so ein Herzleid nicht ertragen.
Gleichviel, sie sind brave, ehrliche Leute, ihre Auf-
führung ist wirklich musterhaft, sie erkennen mit
dankbarem Herzen, was die Regierung für sie
37
stlhut, und haben sich fest vorgenommen, durch
Fleiß und Gehorsam sich dessen würdig zu machen.
Ich bin überzeugt, daß diese Kolonie auch auf die
Moralität der Grafier einst Einfluß haben wird.
Es wäre sehr nöthig.
Das Land ist hier außerordentlich fett; man
braucht nur etwas zu eggen, und wirft die Saat
hinein, so hat man das 3ote Korn, wohl auch
mehr. Das ist aber auch die Ursache, daß die
Landleute hier etwas faul sind. Da die Dörfer
nichts anders als Maulwurfslöcher sind, so ist der
Soldat mit dem Quartiere übel daran, hat's aber
übrigens bei feinem Wirthe recht gut. Niemand
dachte bis jetzt daran, in Gruften Kasernen zu
bauen; der jetzige Hauptkommandeur hat diesen
Mangel mit Ernst abgeholfen, und diese Gebäude
so anzulegen gesucht, daß sie an gesunden Stellen
stehen, und zugleich einst auch Waffermühlen ab
geben können, während früher allein das Mahlen
des Korns für die Truppen der Krone große Sum-
men jährlich kostete. Der General hat freilich das
mit anfangen müffen, erst Beile, Schaufeln u. f.
w. aus Astrachan zu verschreiben; denn hier hat
er gar nichts vorgefunden. -
Obgleich dieses Land meist gute Jahre hat,
und also Korn im Ueberfluß, so mußte dennoch
der Proviant sonst meistens mit ungeheuern
Schwierigkeiten und Kosten für die Krone aus
jener Stadt herbei geschleppt werden; das hört
. . 38
jetzt auch auf, es wird hier an Ort und Stelle
eingekauft, und ein sehr geringer Theil vielleicht
nur her transportiert. Im November bereitete der
Hauptkommandeur die Gränzen und den Aufent-
halt der verschiedenen Chans, welche an Rußland
Tribut zahlen. Bei letzteren ist's Sitte, große
Geschenke zu machen, die man, ohne sie schwer zu
beleidigen, unmöglich ausschlagen kann. Der Ge-
neral erfand ein herrliches Mittel, diese Gaben
anf eine Art anzunehmen, welche keinen Theil
beleidigen konnte. Er bat nur, ihm keine andern
Geschenke zu machen, als Schafe, worin der
Hauptreichthum dieser Chans" besteht, und schenkte
diese Thiere fogleich den Regimentern, Diese kom-
nen dadurch in den Stand: eigene Viehzucht zu
halten; denn die Weiden gehören hier der ganzen
Welt, und das ganze Jahr durch fidet das Vieh
Eras. Die Chans wetteiferten am Ende mit Ge-
schenken an Schafen, so daß die ganze Anzahl
sich auf mehr als 6ooo belief, die unter die Re-
gimenter vertheilt wurden, und schon dieses Jahr
ißt der Soldat fast täglich Fleisch, ohne daß die
Anzahl der Herde sich vermindert; denn die
Schafe vermehren sich hier sehr stark. Die Felle
haben die Soldaten noch in den Kauf. Die Jagden
find in diesem Lande außerordentlich ergiebig. Man
findet sehr viele Hafen , Hirsche, Steinböcke u. f.
w., Fasanen in Menge; unter den Raubtihieren
eine Art Schakals, die man auch hier Tschekalka
3$. .
nennt. Sie hat Aehnlichkeit von einem Wolf, ist
aber kleiner, und sieht weit grimmiger aus ; das
Geheul des Thieres dringt durch alle Glieder,
iäber den ist es sehr dreist, schleicht sich des Nachts …
sehr geschickt in's Lager, und stiehlt den Solda-
ten die Stiefel: ist es recht hungrig, so geht es
auf die Kirchhöfe, und gräbt frische Leichen aus.
Hiänen gibt's die Menge, nur sehr selten hört
man etwas von Tiegern, obgleich wir kürzlich
noch einen fehr sonderbaren Zufall hatten. Die
Soldaten gehen hier öfters auf die Jagd, welches
die Regiments. Kommandeurs um desto lieber er-
lauben, da fiel sich dabei im Schießen üben. Es
traf sich, daß zwei unlängst aus Rußland gekom-
meine Rekruten auch von dieser Luft ergriffen wur-
den. Nachdem sie allerlei zusammen geschossen
hatten, fahen sie plötzlich ein gewandtes Thier
mit großen Sätzen auf sich los springen; dem er-
ten Soldaten verfagte die Finte, der andere
hatte die Gegenwart des Geistes, das Thier ganz
nahe kommen zu laffen, und traf es so glücklich
in die Stirne, daß es sich augenblicklich todt hin-
streckte. Unbekannt mit der Gefahr, der sie ent-
gangen waren, freuten sich die Soldaten über die
schönen Farben des Fells, und schleppten nach
Hause einen Tieger von ungeheuerer Größe. Ich
selbst sah so ein schönes Fell noch nie; der gute
Rekrut aber wunderte sich uicht wenig, eine Hels
benthat vollbracht zu haben. Es kann nichts an-
ders als ein hungriger verlaufener Tieger aus der
Gegend von Bagdad gewesen feyn. – -
Vor einiger Zeit fah ich hier eine kleine Ka-
ravane durchziehen, die dem Eifer des Mahome-
tiemus Ehre macht. Unter den vielen kleinen Völ-
kerschaften des Kaukas, die beinahe alle verschiede-
ne Sprachen sprechen, und die Stammältern der
europäischen Nationen feyn sollen, befindet sich
eine, Nagaizen genannt, aus deren Mitte sich fast
jährlich his fünfzig Mann entschließen, eine Reife
zum Grabe Mahomets nach Mekka in die afrikani-
fchen Wüsteneien zu machen. In der Geographie
gänzlich unbewandert, läßt sich wohl denken, wie
viel Umwege fie machen, ehe sie hin kommen;
dem ungeachtet treffen sie gewöhnlich in hundert
und fünfzig Tagen dort ein. Solche Leute neh-
men ihr ganzes Hab und Gnt mit sich, und ma-
chen sich ein himmlisches Vergnügen daraus, es
den Priestern dort zu laffen; die Belohnung dafür
ist ein weißes Tuch, das ein jeder am Grabe Ge-
wesene um den Kopf trägt; dieses wird unter ih-
nen sehr geschätzt, und er heißt dann Aldgi. Ich
war neugierig, mit einem von solchen Leuten zu
sprechen; er wußte aber gar nicht, welchen Weg
er genommen, noch weniger war ihm, feiner
Meinung nach, etwas Merkwürdiges aufgestoßen;
alles, was ich erfahren konnte, war, daß die
Hitze dort so groß fey, daß, um ein Stück Fleisch
\.
41
zu braten, man es bloß auf einen Stein zu le-
gen braucht. … - - - - - - -
Nach und nach versammelten sich hier in Tif-
lis alle zu der persischen Gesandtschaft gehörigen
Beamten, und man brachte die ' recht ange-
nehm zu. Am neuen Jahre wurde der Gesandte
von mehreren Herren der Gesandtschaft durch ein
kleines fehr gut dargestelltes Lustspiel angenehm
überrascht. Manche Gruffier, die so etwas in ihs
rem Leben nicht gesehen hatten, lachten Anfangs
sehr viel, gähnten dann, und schliefen endlich ein.
Um aus Tiflis ganz die große Welt zu machen,
wurde einige Tage darnach von den nähmlichen
Herren ein schönes Konzert gegeben, und man
wird sich nicht wenig wundern, zu erfahren, daß
sich ein schöner Petersburger Flügel dabei befand,
der die Reise über den Kaukas glücklich überstan
den hatte. Um die persische Regierung von unse-
rer Ankunft zu benachrichtigen, wurden der Kolle-
gienrath Masarowitsch und Herr von Ricard vor-
aus nach Teheran abgefertigt.
Fortsetzung der Reife von Grufen
über den Kaukasus nach Persien.
Am 17. April Nachmittags verließen wir
Tiflis, Hofrath Müller, der viele Jahre hier in
Grusien ausgeharret, manchen guten Freund in
seiner Gegenwart an der Pest verloren hat, und
F
42
selbst nur durch ein Wunder noch lebt, schlug
mir vor, einen kürzern Weg zu nehmen, der
zwar über einen sehr schwierigen Berg führt, wo
man aber bis Kodi fünfzehn Werte gewinnt. Der
brave Doctor Pribel und der ehrliche biedere Apo-
theker Welliams begleiteten uns. Wir wurden
für die Mühe des Steigens herrlich belohnt; denn
wir genoffen, die herrlichste Aussicht auf die Kette
des Kaukasus und das Silberband des Kurafluffes.
Am Abend langten wir in unserm ersten Nachtla-
ger. Kodi an, wohin uns die Generäle Stahl und
Kutusoff nebst mehreren gruinischen Fürsten be-
gleitet hatten. Der Anfang unserer Reise war
eben nicht sehr einladend, die Küche kam spät, und
wir fchliefen unter freiem Himmel.
- Man sieht von hieraus die Ruinen von Sa-
ganlug, über welche der eigentliche Weg aus Tiflis
hierher führt. Sie werden jetzt von Taranteln
und Scorpionen bewohnt, und bestehen, gleich
unferm heutigen Nachtlager, nur aus einigen ärm-
lichen Erdhütten, deren Besitzer der Fürst Ar-
belianoff ist! Die Kaiserinn Katharina hat die
Gnade" gehabt, einen jeden hiesigen Edelmanne den
Fürstentitel beizulegen, so daß es hier beinahe
mehr Fürsten als Bauern gibt. Hätte die Kai-
ferinn das gewußt, und ihnen bloß den Titel gelaf-
fett, welchen die National- Sprache ihnen bei. ,
legt; so würde Rußland auch einmal einige taus
send Fürsten weniger haben. Außer dem Gefand
-
43
ten, der eine kleine Droschke hatte, um seines bef-
Sirten Fußes wegen abwechselnd zu reiten und zu
fahren, durfte Niemand eine Equipage mitnehmen;
denn man wußte nicht genau, ob die persischen
- Wege es erlaubten. Als wir uns nachher von
der Möglichkeit überzeugten, war es schon zu
spät. Der heutige Marsch ging nach Eurir-
Aivasli, das am Hramfluffe liegt. Eine drückende
Hitze und eine Menge Insekten bewillkommten
uns mit dem Morgen. Auf halbem Wege paffir-
ten wir den Fluß Alzet, über den eine steinerne
Brücke von hohem Alter geworfen ist. - Die Ein-
wohner wissen weder wann, noch von wem sie er-
baut worden, wahrscheiulich von den Römern,
die fo ausgebreitete Eroberungen machten. Vor
uns liegen die Bartschalinischen Gebirge hin und
wieder mit Schnee bedeckt; rechts ein ziemlich an-
sehnliches Schloß, Kolagivi genannt, wo in
Sommer die Luft so ungesund seyn soll, daß weder
Menschen noch Vieh an Leben bleiben. Der Ue-
bergang über den Hran ist eben nicht einladend;
der reißende Strom geht den Pferden bis an den
Bauch, und man mußte eine Menge Leute längs
dem Fahrwaffer aufstellen, weil ein Schritt feit-
wärts von diesem Wege leicht das Leben kosten
konnte. Wir kamen, Gott fey: Dank, alle glück-
lich hinüber, und erreichten unser Lager, das aus
tartarischen Kibitken aufgeschlagen war. Dieß find
geflochtene Körbe, welche einen halben Globus bil-
14
den , vorn eine kleine Oeffnung haben, und von
oben gegen die Witterung durch Matten geschützt
find. Obgleich neben uns ein Dorf liegt, so
wählt, doch Jeder tausend Mahl lieber fo eine Ki-
bitka zum Nachtlager, als ein schmutziges, abscheu- “
liches, tartarisches Haus. Zu Mittag aßen wir
alle, ländlich hingelagert, unter dem Schatten ei-
nes Baumes, als ein spekulativer Tartar mit einem
sonderbaren Affen angestiegen kann, der ganz ge-
wöhnliche Kuuststücke machte, mir aber feiner lan-
gen grauen Haare und feines kahlen rothen Gefä-
fes wegen, von seiner Art zu seyn schien.
Der Civilgouverneur von Grusien, General
Stahl und General Kutusoff, welche uns nebst
mehreren gruinischen Fürsten bis hierher begleitet
hatten, traten am 19. Oktobee jhren Rückweg
nach Tiflis an. - - - - - - - - - - - - - - - - -
Mehrere Dörfer und Ruinen alter Schöffer
verschönerten die herrlichen Aussichten des heutigen
Marsches. Der Weg freift hin uud wieder durch
angenehmes Gebüsch, und führte uns auf eine
Fläche von Wald begränzt, auf der die grusini-
fche Armee zur Sommerzeit im Lager steht, in
der brennenden Hitze in Tiflis zu entgehen. Auch
wir lagerten uns an einer rauschenden Quelle im
- dichten Schatten, um die Mittagshitze abzuwarten;
unterdessen wurde die Küche aufgeschlagen, und
wir hielten bald ein herrliches Mittagsmahl. Von
hieraus wurde der Weg noch romantischer; ein an-
- 45
derer schlängelte sich links in die schattigen Gebirge
zu den Kupferminen; wir folgten dem geraden bis
zur Brücke Achkörpi, die am Fuße des Berges
Achsebejuk liegt, wo unsere Kibitken aufgeschlagen
waren. Hohe Bäume, die ein schauderhaftes Dunkel
berbreiteten, vermehrten das Echo unserer Stim-
men, das in diesem großen Keffelbeständig wiederhallte,
“ War ich gestern schon von Aussichten begei-
fert, so bietet mir heute die Natur das Höchste
ihrer Zaubereien. Gleich vom Lager aus schlängelt
sich der Weg allmählig den großen Berg Achiebe-
juk hinauf; Anfangs kann man im dicken Walde
nur vor sich sehen, nach und nach wird er lich-
ter, und man befindet sich auf breitem guten
Weg am Rande eines mahlerischen Abgrundes,
der sich weit hinaus in viele Thäler verliert. Eine
Zeitlang geht's sofort, man befindet sich in einer
schönen von der Natur geformten Allee, die auf
der Spitze einer Anhöhe aufhört, von wo aus
wir die tifflischen Gebirge, den Kaukasus und alle
bisher gehabten Nachtlager deutlich sehen konnten.
Biele Flüffe krümmen sich in verschiedenen Rich
tungen, und verlieren fich in dem unendlichen
Blau. Der Gesandte fägte sehr richtig: wir fes
hen viel, und doch ist's nichts im Verhältniß des
Ganzen, das von einem Menschen beherr-
fchet wird. Die Idee ist wahrlich groß, und die
Thatsache wird nach Jahrhunderten vielleicht
Manchem unwahrscheinlich vorkommen. - - -
- 46
… Wir nahmen Abschied vom Kankas, der
Scheidewand unseres Vaterlandes, und verließen
mit schwerem Herzen diesen göttlichen Ort. Der
Weg wandte sich längs einem wunderschönen Berg-
rücken durch das Gebüsch; endlich hatten wir die
höchste Spitze erstiegen, der Wald wurde lichter,
verlor sich endlich ganz, und vor uns standen
plötzlich zwey Granitberge, die nur einen schmalen
Durchgang erlauben, in dem ein furchtbar ewiger
Wind herrscht. Nach dieser Satanspforte hat der
Berg eigentlich seinen Nahmen erhalten; denn
Achebe uk bedeutet in der tartarischen Sprache
großes Maul. Dieses darf man aber dort ja
nicht machen, sonst bekommt man es , voller
Wind. Menschen nnd Pferde taumeln durch diese
Pforte. Einen stärkern Sturm habe ich bloß auf
der japanischen See erlebt, wo wir einen Ort an
hatten, der von oben nach unten hängende Stricke
in der Mitte durchriß. – Nachdem wir diese
Pforte paffiert hatten, führt der Weg sogleich
den Berg sehr steil herunter ins Thal. - Die Gr
gend ist nackend, sehr kalt, und wir hatten hier
ein sehr schlechtes Nachtlager. Der Weg führte
in ein schönes ausgebreitetes Thal bis zum Fluffe
Kamenaja. Welch' ein fürchterlicher Anblick! die
Ufer haben vierzig Faden perpendikuläre Höhe, und
bestehen aus dunkelbraunem Granit. Die Abfahrt
zur Brücke ist steil und befäet mit Steinen unge-
heuerer Größe, so daß alle Sachen auf Händen
47
herunter getragen werden mußten, eine Arbeit, die
uns über vier Stunden hier aufhielt. Der Weg
ist in Granit durch Pulver gesprengt, und mit vie-
ler Mühe in diesen schlechten Zustand gebracht
worden; eine Verbesserung würde mit ungeheueren
Kosten verbunden feyn. Ein fehr treffendes Sei-
tenstück zu diesen Ufern, die der Ewigkeit zu trot-
- zen scheinen, ist die unweit entlegene Ruine der
ehemaligen Hauptstadt von Klein - Armenien,
Lori, die sonst 6ooo Häuser zählte, Könige
barg, und eine siebenjährige Belagerung ausgehal-
ten haben soll. Jetzt find noch dreißig Häuser
übrig. Man trifft überhaupt fehr häufig Ueber-
bleibsel ehemahliger Größe des armenischen Reichs
an; jetzt ist dieses Volk in der ganzen Welt zer-
freut; hier hat es sich mit den Gruflern verei-
nigt, die es gottlos prellt. Die Lage des Landes
und die verschiedenen Richtungen der Berge ma-
chen, daß man in Gruien in einem Tage die vier
Jahreszeiten genießen kann. Wir machteten heute
im Winter, reisten den Tag über im Sommer,
und find jetzt am Fuße des Berges Besabdal im
Frühjahr angelangt. . - - -
“ Ein angenehmer Weg führt den Befabdal
hinauf, unten ließen wir blühende Bäume, fin-
gende Vögel, grünes Gras; so wie man sich der
Spitze nähert, sieht man die Natur stufenweise ab-
sterben, die Bäume werden nackt, das Gras gelb,
man geht stellenweise durch Schnee, und ein kalter
48
W
Wind fauft durch alle Glieder. Gottlob die
Spitze ist erreicht, man läßt sich fröhlich einen
firchterlichen Steg Werte lang herunter, der
durch ein rauschendes Flüßchen sich windet, und
wirft nach einer guten Stunde den Pelz wieder
weg; denn das Frühjahr ist da, Blumen duften
entgegen, der Fluß Bamback mit seiner Brücke
zeigt sich, und in der Ferne sieht man die Kirche
des Städtcheus Karkliffa, das von hohen mit
Tannen bewachsenen Bergen umgeben ist. Die
Stadt hat den Nahmen von Kara (schwarz und
Kliffa Kirche); diese schwarze Kirche fieht man
itzt noch. Das Klima ist hier ganz das näm-
liche des mittelländischen Rußlands, obgleich dieser
Ort im 40° der Breite liegt. Der Ort ist be-
kannt wegen fhöner Forellen und Honig, die er
liefert. Das Militair hat sich hier so bequem ans
gebaut, daß man gar nicht glaubt; in einem tar-
tarischen Städtchen zu feyn. Noch mehr als die
Müdigkeit von der Reise, bewog dieses den Gefands
ten, hier zwei Tage auszuruhen, denn weder in
Grusien noch in Persien durften wir mehr auf ähn-
liche Quartiere rechnen. - - - - - - - - - -
Nachdem wir uns vollkommen in Karakliffa
erholt hatten, trug unser Weg uns weiter nach
dem armenischen Dorfe Bekanti. Ich muß erwäh-
nen, daß man aus Karakliffa einen geraden Weg
über das Gebirge nach Erivan nehmen kann, wo
es auch sehr nahe ist, da aber auf den Bergen
49
biel Schnee lag, und man drei Tage lang kein
Dorf antrifft, so wählte der Gesandte den län-
gern aber guten Weg über Eumri. Letzterer ging
von Karakliffa ans längs dem Fluße Bambak, er
durchschneidet ihn mehrmahls und ein schönes Ge-
büsch ziert ihn. Auf halben Wege erblickt man
ine große Höhle, die wahrscheinlich vor undenk-
ichen Zeiten entstand, und nicht selten Reisenden,
auch wohl ganzen Viehherden, zum Nachtlager
ient. Der Fluß spühlt nahe an dieser Oeffnung
und macht ein lautes Geräusch, das schauderhaft ,
in der Höhle. wiederhallt. Wie sollte es auch an
iesem Orte nicht schauderhaft feyn! Wanderer !
tehe still, und zieh ehrerbietig deinen Hut! Ver-
niffe auf der einfachen Gruft den Marmor nicht,
enn den Helden, welchen sie deckt, verewigen
eine Thaten, das weiße Kreuz, melches du siehst,
eigt bloß den Ort, wie feine Hülle liegt. Im
Jahre 1805, als Rußland mit Perfien im Kriege
egriffen war, belagerte der damalige Hauptcen. -
andeur von Enfien, Fürst. Sizianoff, der durch
nen fchändlichen Meuchelmord von den Perfern
us der Welt geschafft wurde, die Stadt Crivan.
"u der Garnison von Erivan, die ohnehin beinahe
Zahl der rußischen Armee gleich kam stieß noch
ne starke persische Armee unter dem Befehle des
hronfolgers, und umringte Erivan dermaßen, daß
e Belagerer sich selbst plötzlich von allen Seiten
es fanden. Diese Lage war wohl noch verzwei-
- - G
So
felter als die des Prinzen Eugen unter Belgrad,
Sizianoff traf Anstalten zur Wertheidigung , die
Perfer konnten ihm nichts anhaben, und er gab
nicht einmahl den Plan auf, die Belagerung fort-
zusetzen. Am Ende fing es an Proviant zu fehlen,
es mußte also das nächste Magazin von Karakliffa
(16o Werste) dahin geschickt werden. Da seine
ganze Armee nur aus einigen Tausenden bestand,
so durfte er sich nicht schwächen, er wählte also
“ den braven Obersten Montresor, gab ihm 2oo
Grenadiere und eine Kanone, liebt Befehl nach
Karakiffa sich durchzuschlagen, dort Proviant und
Verstärkung zu hohlen, und so zur Armee zurück -
zu kehren. Montresor schlich sich in der Nacht
durch die persische Linie durch, und gewann bis
Tages Anbruch einen hübschen Vorsprung, allein
die Perfer setzten ihm mit vielen Taufenden
nach. Montresor schlug sich diesen ganzen Tag,
und machte seinen Rückzug fo, daß die Perser ihm
nichts anhaben konnten. In der Nacht gewann er
eine kleine Anhöhe, die er in der Geschwindigkeit -
mit aufgeworfenen Steinen, und dergleichen gegen
einen Ueberfall wenigstens sicherte. Bei Tagesan- ,
bruch schlug er sich durch die Perser durch, die
ihn schon umringt hatten, und setzte seine Reti- ,
rade fort, konnte aber wegen dem beständigen
Scharmuzieren nicht weiter, als gegen Abend bis
zu dieser unglücklichen Höhle kommen. Als er sich
hier aufstellte, erfuhr er, daß seine Leute nur
-
- - - - 51
noch einen Schuß übrig hatten. Zu seinen noch
größern Unglück befand sich unter den Soldaten
ein Tartar, der in der Nacht feine Cameraden
verließ, und die Perfer mit der verzweifelten Lage
Montresors bekannt machte. Die Perfer, belehrt,
daß sie nur eine Salve auszuhalten hätten, über
„len bei Tagesanbruch von allen Seiten die Hand
soll Helden, welche sie natürlich sehr bald zu Bo,
den warfen. In Karakliffa hatte man unter defen
fchießen gehört, und ein Trupp war schon unter-
wegs Hilfe zu leisten, kam aber zu spät. So
mußte nahe am Ziele der Held seinen Tod finden!
die Grabhügel feiner Braden umringen auch jetzt
den Seinigen, der aus der Mitte bescheiden her-
vorleuchtet. Es sind hier in den Kriegen mit den
Perfern wahrlich Heldenthaten vollbracht worden,
die der rußischen Nation Ehre machen ; ich weiß
nicht, aus welcher Ursache man sie der Welt bis
jetzt verschwiegen, während in jedem andern Lande
alle Zeitungen bis zum Ekel posaunt haben wür-
den. Ich schätze mich glücklich der Erste zu feyn,
der noch zweier Vorfälle erwähnen kann, die vom
ganzen hiesigen Corps bekräftigt wurden, und des
ren Helden noch am Leben sind. Gleichfalls im
Jahre 1805, kommandierte der Major Lianewitsch
(jetzt General Major) eine Abtheilung von 200
Mann nebst einer Kanone. Von der Persischen
10.000 Mann starken Vorhut unter dem Befehle
von Pereuli-Chan überfallen, hielt er sich erst
52 -
mehrere Stunden am Arare-Fluß, zog sich dank
den ganzen Tag herumschlagend zurück, und langte
den Abend glücklich in der Festung Schucha an.
Die Perser nennen ihn jetzt noch Delli Major,
den tollen Major. Ein noch weit verzweifelteres
Stick fiel in demselben Jahre vor, Obrister Ka-
regin kommandierte eine Abtheilung von 600 M an
nebst einer Kanone, unter ihm Major Kotlerefsky.
Da ich die Sachen so erzähle, wie ich sie von
sehr glaubwürdigen Männern hörte, so kann ich
nicht anders als das Verdienst dieser That einzig
und allein dem Major Katlerefsky, (jetzt General-
Major zuschreiben, obgleich er unter dem Befehle
jenes Obersten stand. Diese Abtheilung wurde an
gegriffen von 30.000 Mann, welche der Thron-
folger Albas Mirza selbst befehligte. Sie schlug
sich drei Tage auf einem Begräbnißplatze beim
Dorfe Askeran herum, wo die hohen Leichensteine
etwas Schutz gaben. Das Waffer war aber in
den Händen der Feinde, und die Ruffen mußen
sich Nachts das Waffer auch noch erobern. In
der dritten Nacht läßt Obrist Karegin einen Trom-
melschläger, und einige Schildwachen zurück, welche
die ganze Nacht abrufen und trommeln, schleicht
selbst mit den übrigen davon, macht einen forcierten
Marsch, und überrumpelt die Festung Schachbu-
lach, in deren Besitzer der persischen Armee trozt.
Der brave Trommelschläger rebt einen nachgeblie-
henen Kameraden wurden bei Tagesanbruch wü-
53
thend zerriffen. Um das Werk zu krönen ging der
General Sizianoff felbst mit 12oo Mann, und
einigen Kanonen auf die Avantgarde von 3oooo
Mann los, und schlug sie total; der Schach, der
mit einer großen Armee dießseits des Arares war,
setzte aus Furcht in größter Unordnung über den
Fluß, und zerstörte sogar die schöne steinerne Hu-
daperimsche Brücke, die noch zerstört da steht. In
Perfien fchreckt man jetzt noch die Kinder mit den
Namen Sizianoff. Man muß aber wissen, daß
die perfische Artillerie zu der Zeit so zu sagen, möch
gar nicht existierte, und sie meistens mit kleinen
Falkoneten agierten, die auf Kamelen transportiert
wurden, - –
Nachdem wir kei der Höhle des unglückli-
chen Montresor eine Zeitlang verweilt hatten, fetz-
ten wir unsern Weg über das Dorf Amamli fort,
- und langten Abends unter Regen im Dorfe Be-
kanti an. Auch hier sieht man auf der Anhöhe
eine erbärmliche Redoute, in der sich 15c Mann
nebst einer Kanone gegen 60 Mann so verhei-
digten, daß der Feind nicht nur der Redoute,
fondern auch den Einwohnern nebst Viehherden,
die unter ihrem Schutze lagen , nichts anhaben
konnte. Um nicht in den erbärmlichen Erdlö-
chern vom Ungeziefer zu übernachten, zogen wir
das Lager unter freiem Himmel trotz den Re-
gen vor. - - -
-
54
Erste Tag reife in Persien, Ein-
pfang des Men and a rs (Füh-
- rungs-Conniffärs) Asker Chan.
- Ein nacktes trauriges Thal führt zu der Fes
fung Gumri, bei der sich die türkische und per-
stiche Gränze mit der russischen vereinigen. Seit
Karakiffa fieht man kein Bäumchen mehr, das
ermüdet das Auge sehr. Ich bemerkte am Wege
mehrere Bauernpflüge, von zehn Ochsen mühsam
geschleppt, denn die Erde ist hier fest. Die Ar-
beiter fangen dazu in Ohren zerreißenden Tönen.
Statt zu eggen wie bei uns, wird hier nur ein
starker Baumast herumgeschleppt, auf dem nicht
selten eine ganze Familie gelagert ist, und es reicht
hin- Unpäßlichkeit des Gesandten und das schlechte
Wetter hält uns hier drei Tage auf. Es schneit
beständig, wir haben 2° Kälte und in einigen
Tagen 25° Hitze. Die Quartiere sind hier erbärm-
lich, aus dem ueberbleifel einer alten Kirche, hat
man ein Heu-Magazin errichtet. Das Klima soll
aber das gesündeste in ganz Grusien feyn. Mög-
lich! wir waren indessen sehr froh, als wir es ver-,
ließen. – -
, Das Wetter war zu unserer Reise heute sehr
günstig. Der Weg ging längs den Fluffe Apartschai.
Zur Linken hatten wir den hohen Berg Alages,
an defn Fuße man in der Entfernung einen spi-
55
gigen Berg erblickt, hinter dem die Schneespitze
des weltberühmten Ararat uns auf eine kurze Zeit-
bewillkommt , und fogleich wieder verschwindet.
Auf halbem Wege wurde Halt gemacht, der Tag
war recht warm, man lagerte sich am Ufer des
Flußes, wo der cabardinische Fürst mit der Kugel
einen ungeheuer großen Pelikan schoß. Anfangs aus
änvorsichtigkeit, nachher aus Uebermuth, steckten
wir das Gras auf dem Felde in Brand, das hier
nie gemäht wird, bald stand das ganze Feld in
Flammen, und der Rauch trieb uns weiter. Man
thut dieses nicht selten mit Fleiß in diesem Lande, denn
das Gras wächst darauf weit schöner wieder. Den
Nachmittag des 29. Oktobers erreichten wir bald
umfer am Karawan - Saray Schirpulu aufge-
schlagenes Nachtlager. Karawan - Sarays find
Eebäude, die für reifende Kaufleute aufgebaut
wurden, so groß , daß ganze Karawanen mit
Pferden und allem Zubehör sich bequem darin ber-
gen. Manche sind von recht hübscher Architectur,
und alle sehr fold aus Quadersteinen aufgeführt.
Die, bei der wir jetzt stehen, ist so alt, daß man
sich gar nicht der Zeiten erinnert, wann sie ge-
baut worden, eben so wie die wundervolle Brücke
daneben, die über dem Apartschai, dessen Ufer
hier 20 Faden hoch perpendiculär sind, in einem
Bogen geworfen ist. Leider ist gerade durch ein
Erdbeben die Mitte der Brücke eingefallen, so daß
die beiden Enden nur noch übrig blieben, die -
55
aber vollkommen zeigen, welch einen hohen Bogen
die Brücke formiert haben muß. Ein nahe liegen-
der Kirchhof bewies , daß hier einst Armenier
wohnten, die Grabsteine zeigen alle weit über tau-
send Jahre zurück. In der Nacht wurde ein fol-
cher Stein aufgegraben, auf dem der Nahme Mle-
rander stand. Man fand einen Schädel, und einige
Knochet von erstaunlicher Größe, die seit I 050
Jahren hier ruheiten. Zehn Werte von hier sind
die Ruinen der Stadt Anca ehemals Residenz von
Großarmenien. Sonst war dort ein glänzender
Hof. Die Beherrscher Griechenlands hielten fich
oft hier auf, und nicht selten wurde das Loos
ganzer Nationen hier entschieden! Jetzt wohnen
nur zehn Familien da, obschon die Stadt in ulu-
fange mehr als acht Werte hat. Hin und wieder
eristiren Trümmer von den Stadtmauern, auch
sieht man eine Menge Kirchen und Ueberbleibsel
ehemahliger Paläste. Was die Perser nicht zerstör,
ten, vollendeten Erdbeben. Gegen Abend besuchte
uns ein türkischer Beamte aus der Stadt, Kars,
der vom Pascha Ali abgeschickt war, den Gefand
ten zu begrüßen, und ihm Glück zur Reise zu
wünschen. Da dieser Pascha die angrenzende Pro-
vinz befehligt, und mehr wie alle seine Vorgänger
auf Ordnung hält, so empfing der Gesandte den
Beamten sehr auszeichnend, und beschenkte ihn beim
Abschied reichlich. Morgen den 30. betreten wir
das Perfische Gebiet, heute schon kann ein Abgeords
- 57
neter, um sich genau nach der Anzahl Menschen
und Pferden zu erkundigen, und um die gehörigen
Anstalten zu treffen. – -
Der Fluß Apartschai blieb weit rechts liegen,
der Weg führte durch ein wüstes Land, – es ist
die Gränze von Persien. – Auf halbem Wege
kam uns Asker-Chan, ehemaliger Gesandter in
Paris, mit einigen Tausend Reitern entgegen, um
den Gesandten in Namen des Schachs zu bewill-
kommen, und zugleich anzukündigen, daß er als
Memandar bei der Gesandtschaft angestellt fey.
Ein Memandar ist ein Beamter dem die persische
Regierung auflegt, irgend eine vornehme Person
oder Gesandtschaft zu empfangen, und für deren
Unterhalt sowohl, als sonstige Bedürfniffe zu for-
gen. Eine größere Höflichkeit konnte die persische
Regierung freilich nicht erweisen, als der rußi-
fchen Gesandtschaft einen Memandar geben, der
selbst einst bevollmächtiger Gesandter war. – Asker-
Chan ist ein Mann bei Jahren; Napoleon hatte
ihn in Paris sehr gut empfangen; er sprach auch
einige Worte französisch; vor vielen Jahren war
er Hauptcommandeur der persischen Armee; man
muß unserem Gesandten zum Ruhme nachsagen,
daß er das Alter und die hohen Posten, die Akers-
Chan einst bekleidete, ehrend, ihn während un-
ferm ganzen Aufenthalt in Persien mit sehr vieler
Aufmerksamkeit behandelte, und nie zugegeben hat,
daß er alles das thäte, was eigentlich die Schul-
H
-, 58 - -
digkeit eines Memandars erheischt. Dieß übernahm
der Neffe von Asker-Chan , Najar-Alibek, der "
auch mit seinem Oheim in Paris gewesen, und et-
was mehr französisch sprach. Er hat in der Folge
durch feine Gefälligkeit, und noch mehr durch fein
offenes, biederes Betragen, welches wahrlich in
Persien eine Seltenheit ist, die Liebe der ganzen
Gesandtschaft gewonnen. – Nachdem von beiden
Seiten die Bewillkommnungen geschahen, schloß die
ganze Reiterei einen Kreis un uns, und so ging
es vorwärts. Während dem Marsch manövrirten,
die Perfer nach ihrer Sitte, indem sie sich einan-
der nachsetzten, auf einander schoffen, mit Lanzen
auf einander zuraunten, und so dergleichen. Dieß
geschah nicht bloß zur Kurzweil, sondern auch als
große Ehrenbezeugung. Unter folchen Manövren
langten wir endlich in Taline an, wo sich uns
die schönste Aussicht darbot. Hier breitete sich
die Fläche der Provinz Erivan aus, begränzt von
Arapefluß, und am blauen Horizonte erhoben sich,
wie ein Paar ungeheuere Koloffe, die beiden Berge
Arrarat, Eindrücke der Jugend wirken doch im
uner lebhaft auf unsere Einbildung - mit dem An-
blicke des Arrarat verband sich auch plötzlich die
Idee, wie uufer alter Vater Roah einst an dieser
Spitze strandete, wie alle Thiere paarweise gerade
von diesem Puncte der Erde aus sich wieder ver-
theilten. Mit welcher Innbrunst er Gott hier muß
gedankt haben, für die wunderbare Errettung, als
• 59
er von diesen hohen Berge in die Ebene stieg, um
sich wieder anzubauen. Man zeigt noch eine Stelle,
von der es heißt, daß Noah hier den ersten Wein
pflanzte. Jetzt sind die Zeiten ganz anders - nach
vielen vergeblichen Versuchen hat man nicht ein-
mal die Hälfte des Berges ersteigen können, von
wo an er auch wirklich schon mit ewigem Schnee
bedeckt ist, und gänzlich die Form eines Zucker-
huts annimmt. Oben sieht man wunderbar genug
einen schwarzen Fleck, der nie mit Schnee bedeckt
feyn soll; gute Christen behaupten, es wäre der
Noahkasten felbst, andere minder Fromme behaupt-
ten, es wäre bloß der Platz, an dem er gestran-
det! Hier in Talline fanden wir persische Zelte auf
geschlagen, von denen eins besonders prachtvoll
war. In der Mitte desselben mit Tapeteu ausge-
ziert , würden dem Gesandten und uns Allen Er-
frischungen angebothen. Diese bestanden in einer
Menge unschmackhaften Confects und Scherbet, eiu
Getränk ans Waffer, Zucker- und Säure zufan-
mengesetzt, das zwar nicht ganz übel schmeckt, be-
sonders wenn an einem heißen Tage noch Eis hin-
zu gelegt wird, allein sich nie mit unserer euro-
päischen Limonade vergleichen läßt. Nach vielen
Komplimenten von beiden Seiten, wünschte unser
Memandar uns eine angenehme Ruhe, und wir
brachten die erste Nacht auf persischen Boden zu,
Diefes Taline ist ein tartarisches Dorf mit einem
nicht hübschen über 1000 Jahre alten Schloße
-- - 60
auf dessen Mauer sich die sonderbare Inschrift
findet. Ein unglücklicher Vater vermacht dieses
Schloß, als seinen Lieblingsaufenthalt feinem glück-
lichen Sohne. - . -
Schilderung des prächtigen ar-
in e n ifchen Klosters Jet fch-
nia fin. - -
Hier war die Nacht schon merklich wäruer,
als wir bis jetzt gehabt. Der heutige Marsch wird
uns gänzlich in die Ebene führen. Der Kofacken-
general Silajeff, und noch mehrere Offiziere, die
uns bisher begleitet hatten, kehrte, von hier nach
Gumri zurück, und wir begannen in Gottesnamen
ohne sie unsern weitern Marsch in Persien. Der
Tag war sehr heiß, und die ersten Stunden des
Marsches sehr beschwerlich in Hinsicht des steinig
ten Bodens. Hier müffen einst furchtbare Revo-
lutionen vorgefallen feyn, denn alles, was das
Auge Meilen weit sieht, ist so dicht mit großen
und kleinen Steinen besäet, daß das Pferd mit
Mühe einen Platz findet, um den Fuß hinzusetzen.
Dieser traurige Anblick verschwand nach einigen
Stunden, und die Ebene von Erivan nebst den
Berge Arrarat, präsentierten sich immer schöner.
Wie angenehm aber werden Augen und Herz plötz-
lich überrascht, wenn nach einem langen, er mü-
die in den Marsche sich auf einmal im Lande der -
T 61 - -
-
Muselmänner, die Thürme und Manern eines
prachtvollen Klosters erheben! Es ist das berühmte
Jetschmiafin, Sitz der armenischen Patriarchen –
ein wehrloses Schaf unter den Wölfen. Dieses
Heiligthum trotzt feit 1500 Jahren allen Kriegen
und deren Folgen; nichts hat es erschüttern oder
deffen fromme Bewohner verhindern können, wäh-
rend dieser langen Zeit auch nur einen Tag das
Gebet zu versäumen. Der ehrwürdige Patriarch
Efrem kann selbst, umringt von seiner Geistlichkeit,
den Gesandten entgegen, nahm ihm bei der Hand;
und führte ihn unter Glockengeläut, und Jauch-
zen des armenischen Volks, das aus der ganzen
Rachbarschaft zusammengelaufen war, in die ihm
bestimmte Wohnung. Wir bekamen alle so schöne
reinliche Wohnungen, wie wir sie schon lange
nicht hatten, und auf der ganzen Reise nicht
mehr haben werden. Beim prächtigen Abend-
effen wurde uns ein Wein vorgesetzt, der mich voll-
koennen überzeugt hat, daß der alte Vater Noah
den ersten hier muß gepflanzt haben. Mit Freude
erfuhren wir alle, daß hier Ruhetag seyn soll. -
O warum nicht mehrere ! -
Das Kloster Jetschmiafin, welches in der ar-
menischen Sprache bedeutet: Hier absteigung
des Sohnes Gottes, ist ein prachtvolles
Gebäude. Es besteht aus mehreren mit Quaders,
steinen ausgelegten von schönen Bäumen bekränzten
- Höfen, von denen einige auch mit Bassins, Blu-
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mensträuchen und Springbrunnen versehen sind,
Bei der größten Hitze hat man hier immer einen
angenehmen kühlen Spaziergang. Das Gebäude
selbst ist halb im europäischen, halb im asiatischen
Geschmacke gebaut, aber alles sehr gut und mit
Nutzen angebracht. Die alte Kirche, die in der
Mitte des Klosters, und seit 1500 Jahren steht,
ist wahrlich von seltner schöner Architektur; es ist
so etwas großes und doch einfaches in der Bau-
art. - Auf dieser nämlichen Stelle hat der Stifter
dieses Klosters, der heilige Gregorius, den heiligen
Geist herab steigen sehen, und darauf die Kirche
erbaut. Er soll mehrmal die Reise auf den Ar-
rarat um ein Strick von Noahs Kasten unternom-
men haben, allein vergebens; endlich fandte ihm
der liebe Gott eines in Traume, das jetzt noch
hier aufbewahrt wird. Es sind hier ungeheurer
Schätze aus der ganzen Welt gesammelt worden;
denn nirgends kann ein Armenier die heilige Sal-
bung kaufen, wie hier; weil bei deren Zubereitung
der Patriarch selbst nebst zwölf Episkopen zugegen,
feyn muß. – Diese Anzahl kann man bloß im
Jetschmiasimischen Kloster beisammen finden, wo
allein 300 Geistliche vorhanden sind. Die zum
Kloster gehörigen Dörfer zeichnen sich auch durch
Wohlstand aus. Es wäre überhaupt schon längst
eine blühende Stadt da, wenn die persische Regie-
rung dem Oberbefehlshaber der erivanschen Provinz
nicht erlaubte, das Kloster nach Belieben zu plün- -
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- - -
dern. Ich bin überzeugt, daß der Schach, der ein
großer ehrenwerther Fürt ist, davon nichts weiß,
sonst hätte er schon längst die armen Bewohner die-
fer Provinz, die von den Tyrannen alle Arten
Grausamkeiten dulden müffen, von diesen Unge-
heuer befreit. Dieser Satrap hat während seiner
Regierung unermeßliche Schätze gesammelt, ist jetzt
zu alt, um sie zu genießen, plündert aber die Ein-
wohner aus Gewohnheit und das Kloster aus wah-
rem Herzens vergnügen noch immer fort. Er treibt
es so weit, daß das Kloster jedes Mal eine unge-
heure Summe bezahlen muß, wenn er nur erfährt,
daß ein reisender Christ dort übernachtet hat. Man
denke ich, was die armen Menscheu dafür bezah-
len werden, daß wir dort gewesen. Er schämt
sich auch gar nicht zu sagen: die Hunde von Christen
in Jetschmiafin sind ja froh, wenn sie einen neu
angekommenen Mitbruder bei sich bewirthen kön-
nen, sie haben die Freude, ich will das Geld has
ben. Wenn er gar keinen Vorwand mehr findet,
fie fast täglich zu plündern, so veranstaltet er aus
Erivan eine Jagdparthie, und besucht im Vorbeige-
hen felbst das Kloster. Für diese Ehre muß nun
viel gezahlt werden. Mehrere seiner Lieblinge hau-
fen zuweilen manchmal Wochen lang im Kloster,
um sich darin betrinken zu können, welches nach ih-
rer Religion verbothen ist; sie würden auch sonst
nirgends Wein finden; will man ihnen das Ge-
ringste versagen, so drohen sie dem Oberbefehls-
/
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haber, fälschliche Berichte abzustatten, worauf denn
natürlich Geldstrafen folgen. – So ist dieses
Heiligthum der armenischen Christenheit ewigen
Plünderungen eines nichtswürdigen Menschen aus-
gesetzt, der dazu noch der erste Trunkenbold in der
ganzen Provinz ist. Der arme Patriarch leidet
viel, und muß alle Tage die Gaben der frommen
Christen auf eine so unwürdige Art wegwerfen fe-
heu. Schon jetzt müffen alte Klosterschätze ange-
griffen werden, um die Ausgaben zu bestreiten. -
Die Klosterbewohner sind aber fest entschloffen, zu
dulden, und wenn ihnen auch nichts mehr übrig
bleibt, doch diesen heiligen Ort nie zu verlaffen,
wozu Gott ihnen Muth und Kraft verleihen
wolle. Diese Plünderungen waren ein - Haupt-
grund, daß der Gesandte bei der Rückreise einen
andern Weg einschlug, und nicht mehr durch
Jetschmiafin gehen wollte.
- Den zweiten Tag unseres Aufenthaltes hier
war uns zu Ehren großer Gottesdienst, wobei der
felbst gegenwärtige Patriarch eine fehr paffende
Rede hielt, und die geistliche Gemeinde, erfreut,
in ihrer Mitte so viele Glaubensgenoffen zu erblir-
ken, laut schluchzte. Wir waren alle gerührt, und
der alte ehrwürdige Patriarch konnte selbst vor
Rührung kaum eine Rede endigen. Zum Schluffe
war ein Gebeth, in welchem die Namen Alexan-
der und Tet-Ali- Schach ziemlich sonderbar zu-
fammen klangen. Nach Beendigung des Gottes-
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dienstes küßten wir die Hände des heiligen Grego-
rius und Jakob und den Spieß, womit unser
Heiland durchbohrt worden. Neben diesen Heilig-
thümern hing an einer goldenen Kette ein Stück
vom Noahs Kasten, wovon man sonst leicht et-
was kaufen konnte, was aber jetzt schwer hält. Der
heilige Spieß, wovon der Patriarch uns allen Ab,
trucke in Wachs zum Andenken an das Kloster ge-
geben hat, ist zur Zeit der Pest oft nach Grusten
getragen worden, wo er Wunder gethan hat.
Nach der Kirche wurden wir alle in dem Zimmer
des Patriarchen diesem Einzeln vorgestellt und zumu
Handkuß zugelaffen. Nachher war ein großes Mit-
tagmahl, wozu der Patriarch nicht kann. Unsere
Musik spielte, Christen und Heiden hörten mit
Begeisterung zu, wir waren sehr vergnügt. Ein
Jeder erinnert sich dankbar des Empfangs in Jetsch-
miafin. - - - - -
Eun pfangs feierlichkeiten, Bauart
der Häufer und Lebensweise der
- Perfer, -
Vom Segen des ehrwürdigen Patriarchen be-
gleitet verließen wir Nachmittags unter traurigen
Glockengeläute das Kloster. Ohngefähr auf hal-
beun Wege zwischen Jetschmiastin und Erivan kam
der Bruder des Oberöefehlshabers der erivanschen
Provinz Hasan - Chan an der er von 400
66 .
Mann Reiterei dem Gesandten entgegen. … Der
größte Theil der Truppen keland aus Kurdinern,
welche ein freies bekanntlich sehr braves Volk sind,
das in persischen Sold steht. Der Gesandte
sprengte im Galopp die ganze Fronte auf und wie-
der; es war ein sonderbarer Anblick. Schöne
. Pferde, fast alle reich geharnischt. Die Reiter, be-
fonders die Kurdiner, fahen von Weitem wie alte
liederliche Weiber aus; sie sitzen krumm, sind mit
einer Menge buntfarbigen seidenen Kleidern bekan-
gen, der Kopf ist gleichfalls sehr liederlich mit bun-
ten Zeuge umwickelt, an dessen heraus ragenden
Enden lange Franzen hängen. Unter dieser lächer-
lichen Mütze gukt ein Schnurrbart nebst einem zi-
tronengelben Gesicht heraus, wogegen der berühmte
Abälino eine Schönheit ist. Die ganze Fronte
grunzte fürchterlich, und ein Paar kleine Pauken-
schläger nebst mehreren verdammten Pfeifern spielten
dazu. Ihre Hauptwaffen sind Lanzen aus Rohr
gemacht. Sie jagen, wie die Perser, einander nach,
uno treffen mit vieler Geschicklichkeit in vollem Lauf .
den Gegner. Die Flinten, Pistolen und Säbel
find aus außerordentlich schönem Eifen, die ersteren
laden sie mit vieler Geschwindigkeit in vollem
Laufe, und treffen auch nicht selten. Nachdem der „
Gesandte den Haffan- Chan sehr viel Rühmendes
über die Truppen gesagt hatte, schloß die ganze -
Fronte einen Kreis, und unter den gewöhnlichen
Persischen Manövren gingen wir langsam vorwärts-
- - -
-
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Ohnweit des Sangafiußes, an dem die Stadt : "
Erivan liegt, überfiel uns ein fürchterlicher Regen,
der um desto unwillkomunner war, da wir alle in
Paradeuniform ritten und in die Stadt mit unse-
rer Musik in Pomp einziehen wollten. Bei der Ue-
berfahrt über die Sanga, die zwar nicht sehr breit,
aber tief und reißend ist, und selbst an der Stelle,
wo wir durchwanderten, den Pferden bis an den
Bauch ging, glaubte ich schon, daß uns ein Un-
glück begegnen würde; allein außer einem Perfer,
deffen Pferd wahrscheinlich schwach auf den Füßen
war, und der in einem Nu in den Fluthen ver-
schwand, sind wir alle glücklich herüber gekommen. -
- Ohnweit der Festungsmauer von Erivan
" standen ohngefähr 3000 Sarbasen (so heißt in Per- - -
fien die reguläre Infanterie) nebst 6 Kanonen rei-
tender Artillerie. Bei Annäherung des Gesandten
präsentierten die Truppen das Gewehr, die Trom-
meln wurden gerührt, und die Pfeifer bliesen das
bekannte englische National - Lied: God save the “
King! Willkommen in Persien du alter Bekannter -
In der Mitte der Fronte kam der Sardar (ein -
persischer Oberbefehlshaber) von Erivan, Huffin-
Kuli-Chan, defen man sich aus Jetschmiafin noch
erinnern wird, uns zu Pferde entgegen. Vor ihm
- gingen 6 Läufer, ziemlich reich gekleidet, und ein
Beamter, der ein silbernes Beil auf der Schulter
trug, ein Zeichen, daß er selbst über Leben und -
Tod entscheiden kann, hinter ihm waren eine
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Menge reich gekleidete Perser. Er felbst hatte ein
Shawlkleid an, der Turban bestand gleichfalls aus
Shawls, ein Dolch war mit Diamanten besetzt,
und das Pferd in goldenen Geschirr. Der Ge-
fandte reichte ihn die Hand, Komplimente wurden
gegenseitig gewechselt, und man erreichte bald das
Thor der Festung, wo der Sardar sich empfahl,
indem er die weitere Führung feinem Bruder auf
trug. Alle Einwohner haben sich gewundert, daß
dieser stolze Mann Jemanden außer den Schach
bis vor die Festung entgegen gekommen ist. Der
Gesandte hatte aber gerade deswegen fest darauf be-
standen, und das Schicksal wollte, daß er oben-
drein vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben
durch und durch naß wurde. Sein Bruder führte
uns in defen in das Quartier des Gesandten, wo
beim Absteigen Kanonenschüffe der Stadt defen
Ankunft verkündeten. Das ganze Haus bestand
aus drei Zimmern;, wir bekamen alle Quartiere in
der Nähe, wo wir durchnäßt bis aufs Hemd an-
langten. – - - -
Die persischen Häuser sind sehr leicht gebaut,
fie bestehen meist nur aus einigen Zimmern, die
gewöhnlich nach - der Nordseite offen sind, das
heißt: statt der Wand befindet sich ein großes
Fenster aus Glasscheiben von verschiedenen Farben
in bunter Reihe hingestellt. Dieses Fenster wird
des Nachts zugemacht, am Tage aber ist's immer
offen. Die Zimmer sind mit einer Menge von
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kleinen Karniesen und Nischen versehen, die bei ar-
nen Leuten einfach weiß, auch wohl gar nicht an-
gestrichen, bei Reichen aber mit sehr schönen Blu-
nen, auch wohl mit Gold verziert sind. In je-
dem Zinner befindet sich ein Kamin, der meistens
dem Fenster gegen über liegt; die Diele ist von
Stein, bei Reichen mit Teppichen, bei Armen mit
Matten bedeckt. Da hat man im kurzen, die Be-
schreibung aller Häuser in Persien! Man findet in
den Zimmern weder Stuhl, noch Tisch, noch
Spiegel, oder sonst irgend ein Meubel; die Per-
fer mit untergeschlagenen Beinen ihre Pantoffeln -
laffen sie vor der Thüre. Das Effen wird ihnen -
auf Präsentiertellern gebracht, und wenn der Herr
nicht „in feinem Serail übernachtet, so wird ein
rundes Kopfkiffen gebracht, und er schläft auf der
nämlichen Stelle. Spazierengehen ist bei ihnen
eine große Lächerlichkeit und selbst etwas Gemeines
Wenn die Perser Jemand hin und her gehen fe-
hen, so glauben sie, man wolle etwas hohlen,
thut man das nicht, so sehen sie die Gehenden mit
Verwunderung an, und glauben, er fey verrückt
geworden. Nach ihrer Sitte muß man zu Pferde
feyn, sobald nur ein Schritt aus dem Hause ge-
than wird. Zu Hause muß man fein am Fenster
fizen, die linke Hand auf dem Dolche ruhen lass
fen, mit der rechten declamierend, der draußen sie
henden Bedienung, die den ganzen Tag mit auf
gesperrtem Maul auf Befehle wartet, recht laut
- - - 70 - -
alle Viertelstunden Kallion *) zurufen, wobei
der Herr selbst immer das Schlechteste zu rauchen
bekömmt, indem die Bedienung den Kallion anzu-
rauchen hat, und also das Schmackhafteste, davon
bekommt. Sind Gäste da, so werden viele solche
Kallions gebracht; manche sind von Gold, auch
wohl gar mit Diamanten besetzt; znischen - durch
wird Konfekt, aus Schafsfett zubereitet, präsenti-
ret, Scherbet getrunkeu, man nimmt Früchte. Da-
bei versichern die Gäste dem Herrn von Haufe, daß
er eben so roth, wie feine Aepfel, eben so glänzend
wie die Sonne, eben so freundlich, wie der Mond
ist, und empfehlen sich ihm gehorfannst mit dem
--
Wunsche, daß in Garten seines Schicksals ihm
immer Rosen des Glücks blühen möchten. Der
Wirth bedankt sich durch freudiges Kopfnicken, be-
fiehlt laut schönes Wetter für die Abreisenden, be-
dauert, daß er von diesem Augenblick an unglück-
lich feyn würde, indem sein Ohr - sich an den
Machtigallengefang außerordentlich gewöhnt hätte,
setzt sich wieder in die alte Positur, und wartet mir
Gähnen auf den Sonnenuntergang, um fein Ge-
bet zu verrichten, und doch fagen zu können, daß er
diesen Tag auch überraucht hat ! Die abziehenden
Gäste suchen unterdessen im Vorzimmer ihre Pan-
*) Kallion ist die bekannte Pfeife aus Glas, wo
der Rauch durchs Waffer gehen muß, und auf
diefe Art abgekühlt in den Mund kömmt,
- 71
toffel wieder auf, und komplimentieren eine gute
Viertelstunde, wer zuerst herausgehen soll; der
Reichste oder der Vornehmste gibt dann gewöhn-
lich freundlich nach, uud schwingt fich mit be-
ständigen Kopfnicken sehr graziös aufs Pferd, feine
20 auch mehrere Müßiggänger schließen einen Kreis,
nehmen das Pferd beim Zügel, und schleppen den
großen Herren nach Haus. Im Allgemeinen ha-
ben die großen Herren eine Wuth zu plündern,
und besonders Uebels von Andern zu reden; darin
besteht eigentlich ihre ganze Unterhaltung. Bei
Prinzen und sehr vornehmen Personen, kommen
tausende solcher Herren zusammen, die im Hofe
stehen bleiben, und den guädigen Herrn den gan-
zen Tag angaffen, oft ohne auch nur eines Worts
gewürdigt zn werden, dann gehen fiel glücklich
nach Hause. – Die Städte bestehen in Persien
aus engen Straßen, die nichts als Mauern dar-
biethen, an denen man hin und wieder kleine
Thüren sieht. Die Spaziergänge in Erivan können
also nicht sehr angenehm sein. In den Gärten
fieht man nichts als Weintrauben-, und durcheinan-
der stehende Fruchtbäume, – Den Tag nach un-
ferer Ankunft in Erivan regnete es noch immer
fort. Eine Begebenheit, deren man sich hier in ,
dieser Jahreszeit gar nicht erinnern konnte. Außer
gegenseitigen Höflichkeits-Versicherungen durch Ab-
geordnete fiel zwischen den Gesandten, und den
Sardar an diesem Tag nichts vor. - - -
W
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gaunige Schilderung eines verf-
fchen Mittag mahles.
Am 6ten November Morgens um 10 Uhr .
stattete der Sardar bei den Gesandten einen Be-
fuch ab. Er pflanzte sich ziemlich ungeschickt auf
dem Stuhl, rauchte sehr viel, sprach wenig, nickte
kaum mit dem Kopf, als wir ihm dorgestellt wur-
den; ließ sich aber den Liqueur, trotz dem Verbothe
nach Mahoneds Gesetzen, recht gut schmecken. Das
Beste ist, daß er kein Geheimniß daraus macht,
sondern öffentlich erklärt: er könne ohne Spiritus
nicht leben. Nach einer guten Stunde empfahl er
sich, und bat uns alle zu Mittag. Um 12 Uhr
zogen wie mit Pomp in die Festung, die der Sar-
dar allein bewohnt. " Zu Klardin's Zeiten sollen
dort sehr viele Leute gewohnt haben, der Sardar
hat aber alle davon gejagt, und thront jetzt zwischen
Kasernen. Wir formierten einen hübschen Zug;
voraus gingen Kosaken, dann kam die Musik, dann
der Gesandte; wir alle folgten, endlich kamen wie-
der Kosaken. Das Volk hatte so etwas noch nie
gesehen, und drängte sich von allen Seiten herzu.
Die Polizei mrarf mit großen Steinen, schlug mit
Stöcken drein, und besonders einer von ihnen, der
durchaus immer vor dem Gesandten nach der Musik
marschieren wollte, war mit einem Knöppel von
Metall versehen, der fürchterlich über den Köpfen
A-
73-
des Volkswirtschaftete. Ich glaube, sie hätten
- welche todt geschlagen, wenn nicht der Gesandte
aus Mitleid gebethen hätte, aufzuhören. Bei der
Festungspforte mußte uns das Volk verlaffen; wir
ritten durch enge Straßen, und fliegen beim Ein-
gange ins Haus der Sardar von den Pferden, wor-
auf uns der Hofstaat engegen kam. Nachdem wir
mehrere Höfe paffiert, die ringsum mit bewaffne-
ten Personen besetzt waren, traten wir in einen
Hof, in defen Mitte ein großes Marmor-Baffin,
nebst mehreren Springbrunnen sich befanden. Der
Sardar kann bis zur Thür entgegen, und führte
uns in einen geräumigen Saal, dessen offene Seite
auf diesen Hof ging, in dem die vornehmsten
Herrn Erivans versammelt waren, und niemand,
außer dem Bruder des Sardars und unser Mes
mandar die Erlaubniß hatten, herein zu kommen,
Es war keine geringe Aufmerksamkeit don Seiten
des Sardars , daß er uuferwegen hatte Stühle
machen laffen, indem wir unmöglich nach ihrer
Art sitzen konnten, auch er felbst auf einem Stuhl
faß. Die Wände diefes Saales waren mit kleinen
Spiegeln verschiedener Formen besetzt, und die
Zwischenräume mit bunten Blumen und kleinen “
Mahlereien ausstaffiert. Dem –Eingange gegeniber
sieht man das Bildniß des Schach, neben ihm das
feines Sohnes Abas Mirza und eine Jagdparthie,
die fo, ohne Perspektive gemacht ist, daß eine Figur
über die andere wegläuft, und am Ende alles in
- K -
74
der Luft fehwebt. An den Wänden befanden sich
auch einige Bildniffe von Frauen die aussahen,
als hätte man ihnen den Hals umgedreht. Die
Mahlereien sind überhaupt ohne Schatten, die Far-
ben aber außerordentlich lebhaft, und von langer
Dauer. Der offenen Seite dieses Saales gegen-
über bildet das Gebäude eine große Nische, in der
gleichfalls ein sehr schönes Baffin aus weißem Mar-
mor, nebst Springbrunnen sich befindet. Diese
Seite läßt sich auch öffnen, und man hat die
fchönste Aussicht nach einem neu angelegten Garten.
Der Sangafluß rauscht dicht unter dem Fenstee
vorbei, die ufer sind mit stattlichen Bäumen be-
fetzt, eine schöne steinerne Brücke von mehreren
Bogen, führt auf die andere Seite, deren Hori-
zont von dem Arrarat begränzt wird. Für einen
Sommeraufenthalt kann wahrlich ein Haus nicht
zweckmäßiger angelegt werden ; man hat imme:
das frische Waffer des Springbrunnens, einen ge-
linden Zugwind und selbst der Anblick des ewigen
Schnees, auf dem Arrarat, muß Kihlung hervor-
bringen. Denn ohngeachtet foll es im Sommer
in Erivan so heiß feyn, daß nicht nur alle Ein-
wohner die Stadt verlaffen, um sich auf die Hö-
hen zu begeben, sondern auch der Sardar selbst
gezwungen ist, in's Lager zu ziehen. – Nachdem
wir alle Platz genommen hatten, wurde Kallion
gereicht, darauf vor Jeden ein kleiner-Tisch ge-
stellt, der mit Scherbet und Confeek besetzt wurde.
/
- 75
Ich habe schon erwähnt, daß letzteres mit "Schaf-
fett gemacht wird, man kann sich also denken, mit
wie vielem Appetit wir, befenders vor Tisch , da-
von aßen. Niemand konnte nur ein Stückchen her-
unter bringen, und es mufte daher sogleich wie-
der weggetragen werden. Darauf erschienen eine
Menge Bedienten mit Tischtüchern aus, indiani-
fchen weißen Zerge, hin und wieder mit Blumen
besetzt ; an den Ecken waren fehr paffende Sprüche
in persischer Sprache schwarz gedruckt, als z. B.
„Alles was euch hierauf von Frucht und Speise ge-
reicht wird, ist gut, und kömmt von guten Her-
zen;“ u. f. w. Es kann aber auch wahrlich fo
viel von gutem Herzen, daß tausend Menschen be-
quem hätten fatt werden können. Ich will nur
sagen, was auf dem Tische vor mir und dem De-
tor Müller, allein tag; nicn schließe daraus auf das
Uebrige. Zuerst ein großer Pfannenkuchen, der nicht
nur den ganzen Tisch bedeckte, sondern eine halte
Arfchine breit, von allen Seiten überhing. Die
Perfer nennen es Tschurer, und bedienen sich dessen
statt Brod und Serviette. Dann ein halbes Schaf,
ein Ochsenschenkel, zwei Schüffeln mit verschie-
denen Braten , 5 Schüffeln verschiedener Ras
gouts mit Safran, 2 Schüffeln voll geftchten
Reis , 2 mit gekochten Hühnern, 2 mit gebrate-
nen Hühnern, 2 Schüffeln gebratene Gänse, 2
Schüffeln Fische, 2 Schüffeln faurer Milch, eine
große Schüffel mit Scherbet, und 4 Krüge mit
76
Wein. Zu alle dem aber kein Meffer, keine Gabel,
keinen Löffel. – Ein Gericht wurde mit der größ-
tein Geschwindigkeit über das andere get hirmt , so
daß ich und Müller plötzlich hinter einer Bratenre-
doute saßen, die uns alle Aussicht nach dem Hofe
benahm, und wir unsere gegen überfitzende Kas
meraden nur durch kleine von aufgethürmten Schüf-
feln formierte Oeffnungen sehen konnten. Ich
suchte durch ein Loch meiner Schüffelwand zu bemer-
ken, was der Sardar machte? Die linke Hand
auf den Dolch gefützt, weil die Perser nie die
linke Hand beim Essen gebrauchen, langte er gra-
vitätisch mit der Rechten in die Schiffel voll fet-
ten Reis , knetet sich mit drei Fingern eine or-
dentliche Portion zusammen, und schiebt diese unit -
teler Geschicklichkeit in den Mund, so daß Bart
und Schnurbart selten Spuren davon tragen, nach-
dem er dieses mehrere mal wiederholhlt, ueißt er ein
Stück von dem gigantischen Pfannenkuchen los,
wicht daran feine Finger ab, und schluckt auch
dieses glücklich hinunter, Darauf fährt er hin
und wieder nach Belieben in verschiedene Schüffeln,
die feinen Gaumen reizen, und macht jedes Mal
das nämliche Manövre. Endlich greift er nach dem
Scherbet, trinkt davon, und blinzt freundlich
auf eine verblüfften Gäste herab. Da beinahe Kei-
ner von seinem Effen was angerührt hatte, denn
vieles konnte man ohne Gefahr, den ganzen Hau-
fen umzuschmeißen, aus der Mitte gar nicht her
-
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ausziehen, wurde das Zeichen zum Abnehmen ge-
geben, und die Bedienung nebst den draußen
fehenden, uns hoch beneidenden Herren, müffen
uns für sehr vornehm gehalten haben, da es in
Persien Sitte ist, bei großen Gastmählern, desto
weniger zu effen, je vornehmer man ist, beim
, Abnehmen der Schüffeln gab's auch Spektakel,
denn der Teller mit Ragout wollte sich gar nicht
von dem Teller voll fauren Rahm trennen, auf
dem er so bequem geruht; die Butter hatte mit
dem Pfannenkuchen Freundschaft geschloffen, und
die Fische wollten von den gebratenen Hühnern gar
nicht scheiden. Unbarmherzige Hände brachten am
Ende doch die Trennung zu Stande, und nun
fiel uan draußen über den unversehrten Rest her.
Das ist in Persien so Sitte, daß die Ueberbleibsel
der Bedienung oder wer sich sonst gerade da befin-
det, Preis gegeben werden, oft auch dem lauern-
den Volke. Darum wird in einem vornehmen Haufe
- auch alle Tage drei Mal mehr gebraten, und ge-
kocht, als defen Bewohner alle mit einander ver-
zehren können, der Rest aber hungrigen Liebha-
bern hingeschoben. Nachdem unsere Redouten alle
glücklich zerstört waren, konnte man frische Luft
schöpfen. Die Bedienung präsentierte Waffer zum
Waschen, allein ohne Handtücher; die Perser laf-
fen ihre Hände in der Luft trocknen, wir muten
sie an unsere Schnupftücher abwischen. Kaum war
diese Arbeit vollendet, als abermals furchtbare
78 -
Schüffeln zu unsern Schauder hereingetragen wur- - -
den; dießmal kamen wir aber beffer ab, denn es
waren Früchte und Confect , und vor Jedem stand
glücklicherweise nur eine Schüffel, sonst hätten wir
auch nichts von den Tänzern sehen können, die
eben hereingekommen waren, und sich an der Thür
aufgestellt hatten. Zur Musik gehörten eine Guis
tarre, eine Art Violine mit drei Saiten, und zwei
Tambours nebst einen Sänger, der unter fürch-
terlichen Grimaffen, und wahren Convulsionen aus
vollen Halle schrie, doch zum Glücke nach Lan-
dessitte öfters das Gesicht mit einem Papier bedeckte,
um dem Publicum nicht feinen aufgesperrten Ra-
dhen zu präsentieren: Die Musik hatte zwar Tact,
allein das Ganze klang wie Katzengeheul. Drei .
hübsche Knaben, die in langen Röcken waren, an
denen seidene Bänder von verschiedenen Farben hin
gen, wurden von dieser kreischenden Musik und
dem Geschrei des Sängers fo begeistert, daß sie
Atnfangs tanzten, und am Ende Burzelbäume schlu-
gen. An den Händen hatten sie kleine metallene
Kastagnetten, mit denen sie zu den Bewegungen
des Tanzes den Tact schlugen. Ich glaube, daß
zwei von ihnen Frauenzimmer vorstellten, indem
ihre Bewegungen weit langsamer und bescheidener
waren, aber der in der Mitte warf sich rasend
herum, und wand sich wechselsweise bald zu dem
einen bald zu dem andern. Die lächerlichste Tour
war, wenn die Musik plötzlich sehr laut wurde,
7g
der Sänger ohne Barmherzigkeit zu schreien anfing,
die drei Tänzer längs dem ganzen Saal in Burzel-
bäumen wegrollten, und am Ende die zwei zu beiden
Seiten in einer graziösen Stellung stehen blieben,
während der mittelste auf dem Kopfe stehend ein
mit langen Beinkleidern bedecktes Gesäß, nebst ein
Paar bloßen Füßen präsentierte. Eins nachten
die Tänzer mit vieler Geschicklichkeit; sie konnten
sich nämlich mehrere Mahle in der Luft umdrehen,
ohne mit den Händen oder dem Kopfe die Erde zu
berühren. – Mit vollen Ohren und leeren Ma-
gen brachen wir endlich auf; der Gesandte empfahl
sich dem freigebigen Wirthe, und wir zogen in
nämlicher Parade wieder nach Hause, um zu Mit-
tag zu effen. -
Schilderung der Stadt Eriwan
von Berge Arrarat.
Eriwan bedeutet in der armenischen Sprache
der Erschienene oder Erblickte, denn es soll der
erste Ort feyn, den Noah beim Herabsteigen von
Arrarat erblickt; der Berg ist zehn Werte von hier.
Die Stadt hat schöne Parthien im Allgemeinen,
die Gebäude aber find meistens hinter den Gärten
und unsichtbar. Zwei Flüße befinden sich ohnweit
der Stadt, die Sanga welche dicht an den Fe-
fungsmauern vorbei fließt , und der Knperbulak,
- ein Name, der vierzig Arme bedeutet. Der erste
-
-
ZG - "
entspringt in dem Eriwanischen See“), durchläuft -
den größten Theil von Armenien, und vereinigt
fich ohnweit des Caspischen Meeres mit dem Aral-
re-Fluß. Die persische Geschichte sagt gar nichts
vom Entstehen dieser Stadt, daher behaupten auch
die Einwohner, daß es die älteste Stadt der Welt –
ist, und daß Noah sich nach der Sündfluh
hier häuslich niedergelaffen. Die Festung Erivan
befindet sich einen Kanonenschuß von der Stadt.
Die Türken eroberten Erivan im Jahre 1582 und
erbaueten die Festung, welche heute noch erifiret,
während der Regierung Murats oder Amurats III,
Die Perfer eroberten sie 1604 unter Schach Abas
wieder, und vermehrten die Befestigungen. Im
Jahre 1615 hat sie eine viermonatliche Belage-
rung überstanden, der Erdwall trotzte den Batte-
rien der Türken, und diese waren genöthigt, sie
zu verlaffen. Nach dem Tode Abas des Großen
belagerten die Türken abermals Erivan, und be-
hielten es auch, aber nicht lange, denn Sofi er-
-- -
-
*) Der Eriwanische See liegt drei Tagmärsche von
der Stadt. Die Perfer nennen ihn Deria-Sche-
vin, d. h. der füße See, weil das Waffer wirk-
lich einen füßen Geschmack haben soll. Sein Mini-
fang ist 150 Werte. Er enthält eine Menge
Forellen und Karpfen, die fehr schmackhaft fetyn
sollen. Chordin sagt, daß er während feines Auf-
enthaltes in Persien auf keiner Karte diesen See
hat finden können, - - -
Kr - -
- - -
oberte es 163s während der Regierung des Sul-
tans Amurat IV. Die Perser brachten damals die
ganze Garnison um. Es fiel 1721 wieder in tür-
kische Hände, während der Unruhen, die der Stamm
der Sofis erregte, aber der berühmte Schach Na-
dir eroberte es 1734 wieder. Der gruinische Zaar
Herakli benutzte die Unruhen in Persien nach dem
Tode Tamaßa's, und nahm Erivan, verlor es aber
bald wieder, und sein ganzes Reich dazu – die
ruffschen Truppen stürmten unter Graf Gudowischt
Erivan, allein sie wurden zurückgeschlagen. - - -
Der Name Arrarat erweckt die Bilder der
Kindheit lebhaft in mir, und es ist, als sehe ich
Jetzt noch in meinem kleinen Catechism, wie die
armen Menschen sich aus der Sündfluth retten
wollen - wie der fatale Regen gar nicht aufhört,
und eine Stelle nach der andern überschwemmt;
ich höre noch, wie meine Amme zu mir sagte: so
straft Gott die bösen Menschen, die ungehorsam sind
Siehst du wie sie alle schreien, aber zu spät! Hin-
gegen schwimmt der gute Vater Noah ganz trocken
im Meere. So belohnt und bestraft Gott! – Da-
- mals konnte man das Kind wohl damit zwingen,
Rhabarber einzunehmen, jetzt verlangt es mehr
zu wissen. – O liebe Amme ! wäre ich doch
ein Kind geblieben! - - - - - - - - -
- Dieser Berg, der in meinem Katechism sehr
schlecht gezeichnet war, und auf dessen Spitze ein
Noah's - Kasten faß, der noch einmal so groß war
L . . .
- -
F2
als der Berg selbst, liegt jetzt prachtvoll vor mei-
nen Augen. An seinem Refe schlängelt sich der
Ararefuß, hinter dem er sich in zwei Spitzen er
hebt, von welchen die eine kleiner ist, und daher
von den Einwohnern Arrarat - Sadach, Sohn
Arrarats, genannt wird. Eigentlich befindet er sich
in Armenien neben den Salzgebirgen, wo die Kur-
den ihre Wohnungen aufschlagen. Von der Hälfte
au ist er ganz mit Schnee bedeckt; auch lagen hier
meist die Wolken auf. Man erzählt viel Fabelhaftes
von dem Berge, gewiß ist aber das, daß Niemand
feine Spitze ersteigen kann, aus der sehr natürlichen
Ursache, weil die Abdachung von der Mitte an
schon ganz steil wird, und mit Eis bedeckt ist. Ein
fehr reicher und neugieriger türkischer Pascha, der
das Reifen liebte, versuchte ihn zu erklimmen; al-
lein auf der Hälfte fchon waren Kälte und Wind
so stark, daß er seinen Vorsatz aufgeben mußte.
Vor 3 Jahren ist ein ungeheuer großer Schnee-
klumpen von oben herunter gefallen. Im nahe lie-
genden Dorfe erzählte man, daß ein Brett aus der
Arche Noah's sich in dem Schnee befunden habe.
Es wäre gut, wenn Holz vom Berge käme; denn
hier im Thale ist es fehr theuer geworden. Bekannt-
lich dient dieser Berg einer Menge wilder Thiere
und Schlangen von ungeheurer Größe zum Aufent-
halt. Am Fuße des Arrarat ist ein Kloster, Aro-
kilvank genannt, welches in der armenischen
Sprache bedeutet Kloster der Apostel. Die Arme-
83
wier halten diesen Ort für heilig, und behauptet,
Noah habe an dieser Stelle seine erste Wohnung
aufgeschlagen, und sein erstes Dankgebet verrichtet.
Art zu reifen in Perfien. -
- Da die Perser vom Tage des Eintritts der
Gesandtschaft in ihre Grenzen die tägliche Verpfle-
gung und Transportierung auf Befehl des Schachs
unentgeldlich übernommen hatten, so bekamen wir
alle Tage Reitpferde, und unsere Sachen wurden
auf Mauleseln und Kamelen fortgeschafft, diese
waren alle mit Glocken versehen, und machten ei-
nen fürchterlichen Lärm. Es ist unglaublich, was
so ein Maulesel tragen kann, und mit welchem gleich
schnellem Schritte er vorwärts geht. Die Kamele
hingegen haben einen wahren Philosophengang, aus
dem nichts in der Welt in Stande ist, sie heraus
zu bringen. Beim Aufladen und Abladen der Sa-
chen lassen sie sich auf den ersten Ruf des Führers
auf die Knie nieder, zwar mit fürchterlichem Ge-
schrei, aber nie ungehorsam. Sonderbar ist, daß
sie selbst die Last fühlen, welche sie im Stande find
zu tragen, und dann ohne Befehl aufstehen. Sº
gibt wohl kein Thier, das wohlfeiler und leichter zu
ernähren wäre wie das Kameel; sie weiden auf
Steppen, wo man kaum Gras erblickt, und befin-
den sich immer wohl dabei. Aber zu reiten auf
diesen Thieren ist eine wahre Marter, denn ihr
64
Rücken schiebt sich immer hin und her. Da bei
den Persern alle Transporte auf Pferden, Eseln
oder Kameelen geschehen, und viele in ihrem Leben
kein Rad gesehen haben, so kann man sich denken,
daß persische Wege eigentlich gar nicht vorhanden
find; man erkennt sie auch wirklich bloß daran, daß
das Gras in breiten Streifen ausgetreten ist, in
steinigen Gegenden aber sieht man fast gar nichts,
und kann ohne Führer sich leicht verirren. – Ueber-
haupt reisen die Perser immer zu Pferd, und bloß
für Damen gibt's eine Art Fuhrwerk, das eben
nicht sehr bequem ist. Es besteht aus hölzernen
Rahmen, die eine Art Vogelbauer bilden, der auf
zwei Stangen ruht, letztere ragen vorne und hinten
dermaßen hervor, daß ein Paar Maulesel hinein ge-
fchoben werden können, die einen guten Schritt da-
mit fortgehen. Das Ganze wird gewöhnlich mit ei-
nen rohen Tuch überzogen, das an den Stellen,
wo die Thüren sind, aufgeschnitten ist. Die Ma-
chine ist so niedrig, daß man nur auf persische Ma-
nier darin sitzen kann. Die Perser nennen sie Trach-
tarawan. Es befanden sich bei der Gesandtschaft
auch mehrere solche für die Kranken, die darin aus-
gestreckt liegen mußten. Wir waren nicht wenig be-
forgt um die persischen Hengste, die ein wildes An-
fehen haben, aber wahre Lämmer sind, und alle ei-
nen herrlichen Paß gehen, welches das Reisen zu
Pferd um vieles erleichtert. Ein Pferd, das keinen Paß
geht, wird in Persieu um den halben Preis verkauft.
-
85 -
- Der heutige Marsch ging nach dem Dorfe
Dugin, bei dessen Annäherung sich das herrliche
Thal der erivanischen Provinz darstellte, durch das
man hin und wieder den Arare schlängeln fah. Eine
Menge Dörfer lagen zerstreut herum. Diese haden
fast alle in Persien das Ansehen einer kleinen Fe-
stung; denn sie findgänzlich mit einer hohen Mauer
umgeben, deren Ecken, Thürme unit Schießscharten
bilden. Diese freiwillige Einkerkerung mag wohl
auch theils in öfteren Kriegen und Revolutionen
ihren Grund habe u; meistens rührt sie aber von
der furchtbaren Eifersucht der Perser her. – Nach
dem wir das kleine Flüßchen Garnitschai paffirt
hatten, ohne die schwarzen Marmorsäulen zu fe-
hen, die Chardin (freilich vor hundert Jahren)
bemerkt haben will, langten wir in unserm Lager
an, das dicht neben dem Dorfe aufgeschlagen war,
Heute sind wir dem Arrarat am nächsten. Wir
nahmen das Abendbrod unter freiem Himniel ein,
und noch lange schimmerte die untergehende Sonne
von der Schneekuppe des Berges. " -
Links haben wir eine Gebirgskette, die den
Weg in der Richtung nicht verläßt, und weiter
hin unsere Gränze bildet; rechts bleibt immer der
Arare treu, an defen ufer man die Ruinen eines
Klosters bemerkt, wo der heilige Gregorius, der
Stifter des Klosters von Jetschmiafin, Jahre lang
in einer Grube geseffen hat, um gänzlich fünden"
frei aus der Welt zu gehen. Die Armenier wall“
-
4
--- F6
fahren aus fernen Gegenden hierher, und werden
bei Annäherung an dieser Grube von fchweren
Krankheiten befreit. – Die Gegend, überhaupt
ist von einer unzähligen Menge Kanälen durch-
kreuzt, die zur Bewäfferung der Reis- und Baum-
vollemfeldern-dienlich sind, aber durch ihren uns
angenehmen Geruch Kopfschmerzen verursachen.
Beim Eintritt in das Dorf Dawalu, wo unser
heutiges Nachtlager bestimmt ist, kamen uns viele
neugierige Einwohner entgegen, unter andern zeig-
ten sich auch Bauernweiber, die so schmutzig, ge-
fchmacklos gekleidet und häßlich waren, daß man
wahrlich ein Weiberfeind werden kann. Zu uns
ins Lager kam ein sonderbarer Kerl, den wir An-
– fangs für verrückt hielten; es fand sich aber, daß
er ein Derwisch war, der seltsam gekleidet ging.
Ein Schafsfell bedeckte noch dürftig den Leib, die
Hände und Füße waren bloß, auf dem Kopf faß
ein Blumenkranz, in der rechten Hand hielt er eine
Pike, in der linken einen Keffel, dabei schrie er
fürchterlich, und der Nahme Ali kam beständig
vor; man fagte uns, er bete für unser Glück.
Obgleich er nicht bettelte, was ich in Persien sehr
lobenswürdig finde, warf man ihn einige Geld-
Stücke in den Keffel, die er ohne Dank annahm.
Es gibt mehrere Orden der Derwische; dieser ge-
hörte zu einem, dessen Mitglieder ihr ganzes Leben
unter freiem Himmel zubringen müssen. - - - -
Die Gegend ist nicht mehr so anmuthig,
*-
87
man kommt zwischen zwei Anhöhen durch, welche
eine vollkommene Pforte bilden, und sogar den
Rückblick in das schöne Thal rauben. Der Weg
ist lehmig, es mußte hier geregnet haben; denn
die Pferde glitschen alle Augenblicke aus. Mehrere
unbedeutende Dörfer lagen unweit deu Wege, die
Hitze war sehr erträglich, dem ungeachtet waren
wir froh, unser Lager in dem Dorfe Ruralchin
unter schattigen Aprikosen-Bäumen aufgeschlagen
zu finden. Man träumt sich in Europa Persien als
ein Paradies, und die Perser selbst sind auch über-
zeugt, daß es ein Eden ist; allein wir sind jetzt
im Frühjahr, und finden weder die Menge Blu-
nen, noch das schöne Gras, noch die himmlisch
auflebende Natur, wie in nördlichen Ländern. Die
Berge sind hier kahl, die Felder gelb und Bäume
eine Seltenheit. Gleich bei der Ausfahrt aus dem
Nachtlager paffrt man wohl 10mal die verschiede
nen Arme des Flusses Arpatschai, der die Gränze
zwischen der Provinz Erivan und den Besitzungen
von Nakatchewan bildet. Wenn das Waffer grö-
ßer wäre, so wäre diese Ueberfahrt äußerst gefährs -
lich. Der Weg geht längs Anhöhen, die nach
- dem Arare zu eine schöne Gegend bilden. Hier
liegt die Stadt Hoye, die im Sommer der Lieb-
Hingsaufenthalt von Abas Mirza, dem Thronfols
ger feyn soll. Vor uns ragt in der Ferne ein Fel-
- fen von sonderbarer Figur hervor; er wird der
Schlangenberg genannt, weil es dort von Schlan“
-
FZ - - - -
gen wimmeln soll. Unnweit dieses Berges geht
der Weg nach unserer Gränze in die arabachsche
Provinz. Auf halbem Wege fand sich eine schöne
Quelle von klarem Waffer,- wie wir deren keine
mehr angetroffen haben. Ueberhaupt fehlt uns in
diesen Gegenden gutes Waffer; es ist überall sehr
trübe, und hat einen fatalen Lehmgeschmack. Hier
in Hohik hatten wir das Unglück, in dieser Nacht
einen unserer Gesandtschaftsbedienten zu verlieren,
der am Schlage starb. Er wurde ziemlich tief in
die Erde gesenkt, und mit großen Steinen bedeckt;
bei unserer Rückkunft fanden wir dennoch alles zers
stört; denn die Muselmänner laffen nicht einmal
- einen todten Christen in Ruhe. - Dieser Todesfall
“ machte einen traurigen Eindruck auf uns alle;
denn fern vom Vaterlande sieht man mit bangem
Herzen einen Gefährten aus der Mitte schwinden. -
Die Stadt Nakatfchewan, die
Wafferleitungen, das Grab der
… Frau Noahs.
Bis zur letzten Anhöhe, von der man sich
gleichsam in die Stadt Nakatchewan herunter lase
fet, find' ich keine Worte, diese traurige Gegend
zu beschreiben. Kein Haus, kein Grashalm, nur
kahle Lehmberge, die in verschiedenen Richtungen
sich durchkreuzen, und meistens von der Sonnen-
bize geborsten sind, ermüden das Auge, und ma-
-
8g
chen ganz melancholisch. Die Stadt selbst liegt
gleichfalls in solcher traurigen Gegend, und erfreut
bloß das Herz, weil man Bäume wieder sieht.
Der Chan von Nakatchewan, ein blinder Greis,
kam uns mit mehreren tausend Reitern entgegen,
die Straßen und Häuser, welche der Gesandte
paffären mußte, waren alle mit bewaffneten Leuten
besetzt, welches eine große Ehrenbezeugung ist.
Der arme alte Kambarei. Chan, der vielleicht der
tugendhafteste seines Volks ist, und vorher Eigen-
thümer der Stadt Nakatchewan war, deren Ver-
waltung ihm jetzt nur aus Barmherzigkeit überlas-
fen worden, hatte das Unglück, der Regierung zu
mißfallen, und die Augen wurden ihm ausgesto-
chen, eine Strafe, die hier häufig ist. Da er
mit den Augen auch eines Vermögens beraubt
wurde, so lebte er mit seiner Familie 20 Jahre
in der drückensten Armuth, und ist jetzt vor 2
Monaten auf lautes Flehen des ganzen Volks, das
unterdessen schlimm gedrückt worden, als Verwal-
ter feines Eigenthums wieder angestellt. Der Ge-
fandte machte ihm Vorwürfe, seinetwegen heraus
gekommen zu sein, und behandelte ihn überhaupt,
wie fein hohes Alter und ein Unglück es verdien-
ten. Wir wurden alle in ein neues großes Haus
eingelegt, das unsertwegen geräumt wurde. Ich
wohne in eineun Zimmer des Serails. – Diese
Stadt ist einst von den russischen General Rebolsin
erobert worden; weiter ist die Eroberung der rus-
- M -
90 - -
fischen Truppen in Persien nie gegangen. – Som
wohl die bequeme Wohnung, als die Ruhe, die
wir alle seit Erivan nicht genoffen hatten, be-
stimmten den Gesandten, hier einen Rasttag zu
machen. Das Haus, in dem wir wohnen, so
wie alle Häuser der Magnaten, bestehen aus einer
unzähligeu Menge kleiner Höfe und Zimmer, die
durch schmale dunkle Gänge in Verbindung stehen.
Jedes Zimmer hat nur einen Eingang, und dient
im Theile des Serails von den vornehmeren Wei-
bern nur einer zur Wohnung, in andern werden
auch wohl mehrere zusammen gesellt. Von der
Straffe ist immer nur ein Eingang in solch' ein
Haus; und der erste Hof wird vom Herrn selbst
bewohnt. Die Mauern sind sehr hoch und fo
breit, daß Menschen und Hunde bequem auf ihnen
herum spazieren können, um die Kleinodien zu be-
wachen. Die armenische Geschichte, welche in dem
Kloster Jetschiniafin vorhanden ist, behauptet, daß
Nakatchewan das ehemalige berühmte Artakat ist,
und eine der ältesten Städte Armeniens; damals
follen dreißigtausend Häuser hier gestanden haben,
jetzt find deren kaum ein Tausend. Da überhaupt
ber alte Vater Noah hier in der ganzen Gegend
herhalten muß, so behaupten die Armenier, daß
auch diese Stadt von ihm gestiftet worden. –
Die Stadt wird durch das Flüßchen Nakatsche-
wan, das auch einen kleinen Wafferfall bildet, in
zwei Theile getheilt. Der westliche Theil machte
91 A
früher eine Festung aus, die in mehreren Kriegen
auch von den Ruffen zerstört worden ist. Ein sehr
hoher nicht eckigter Thurm mit Hieroglyphen be-
schrieben, und nebenbei eine halb zerstörte Pforte,
von der noch zwei große Säulen, in besonderen ,
Geschmack gearbeitet, zu fehen sind, ist das Ein-
zige, was hier die Aufmerksamkeit auf sich zieht,
Es sollen Denkmäler des berühmten Tamerlan
fyn Der Gesandte machte einen Besuch bei Kom-
borei - Chan, dem er für eine gute Aufnahme
dankte. In Bekleitung mehrerer vornehmer Perser
verließen wir am 13. November die Stadt. Die
Gegend ist rund herum fehr öde, lehmigte Berge,
die eine unangenehme gelbe Farbe spielen, ermüden
das Auge; nur in der Ferne sieht man die dunkle -
Spitze des Schlangenberges. Einige Werte von der
Stadt durchwadeten wir den Nakatschewanfluß,
der sonst ein weit größeres Bett gehabt habeu
muß; denn man sieht die Ruinen einer prachtvollen
Brücke, die sonderbar genug einen Winkel gegen
den Strom bildet, und auf 12 großen Bogen ge-
ruht hat; jetzt sind deren nur noch sechse sichtbar.
Nachmittags langten wir beim Ararefuß *) an,
- - - - - - - - - - - - - -
-
-
*) Strabo fagt, daß der Arare sich gerade ins
caspische Meer ergießt; ietzt vereinigt er sich erst
mit der Kura fehr weit vom Meere; das alte
Bett foll aber noch fehr deutlich zu sehen feyn.
-
-
92
ber uns von Erivan an in der Entfernung von
einer Meile treu begleitet hatte, jetzt aber einen
Bogen macht, den wir paffren mußten. Da der
Fluß sehr reißend ist, so war es eben keine ange-
nehme Expedition, auf zusammen gebundenen, auf-
geblasenen Schweinshäuten über den berühmten
Arare zu fetzen. Außer vier neuen Rädern, die
durch unvorsichtigkeit in's Waffer fielen, ist Gott
fey Dank, alles glücklich herüber gekommen. Die-
fer Fluß hat wahrscheinlich den Namen von Arras
rat erhalten, wo er entspringt; sonst eritierten
mehrere Brücken über ihn, jetzt sind keine mehr
da. –
Zwei Sachen schienen mir hier bemerkens-
werth. Man wird es in Europa kaum glauben,
daß dieser Fluß, der an dieser Stelle im 399 der
Breite liegt, einige Mal inn, Winter so zugefroren
ist, daß Truppen und Artillerie ohne alle Gefahr
herüber gegangen sind? Die zweite Sonderbarkeit
ist die, daß die Pest, welche in den türkischen
Nachbarbesitzungen fürchterlich wüther, nie die Gren-
zen des-Arares übertreten hat. Hierzu muß man
wiffen, daß die perfische Regierung überhaupt nie
die geringsten Maßregeln gegen die Pest nimmt.
Dennoch erscheint diese jetzt nie, trotz den unauf-
hörlichen Handel mit der Türkei, und ist vor sehr
langer Zeit nur einigemal bis zu dem Arares gekom
NLIN. -
Einige Werte von hier sieht man die Ruinen
- -
g3
einer sehr berühmten alten Stadt ; Julfa, die be-
fonders der Hauptsitz des Handels in Armenien
war. Schach-Wibas , der die Stadt Ispahan plög-
lich in einen blühenden Zustande sehen wollte,
transportierte alle Einwohner dahin, wo sie jetzt
einen Theil der Stadt benrohnen, der nach ihnen
Julfa genannt worden ist. In Julia selbst sind
nur noch zwanzig arme Familien, Armenier.
Den 14ten hatten wir einen großen Marsch
von 6 Agatschen"), der une, aber dadurch sehr
erleichtert wurde, daß wir endlich den traurigen
Anblick der kahlen Lehmberge losgeworden sind,
und einige Werte von Arare ohnweit der Dörfer
Alamdar und Gerger in ein enges Thal hineinka-
men, das von ungeheuern Granitmassen umgeben
war. Der Weg krümmt sich sehr angenehm in
den verschiedenen Schluchten, die beständig neue
Ansichten darbiehen, und geht eine Meile weit
merklich immer bergauf, so daß wir uns am Ende
wieder im Frühiahr befonden; das Gras war kaum
hervorgekeimt, und die Kälte ziemlich empfindlich.
Unweit unters Nachtlagers, das neben einem al-
ten Karavan-Saray aufgeschlagen war, fahren wir
auf einer steilen unzugänglichen Anhöhe ein großes
Dorf, dessen Einwohner oft mit der Regierung
im Handel stehen, diese muß ihnen bezahlen, oder
fie plündern die Vorüberziehenden. Die Pforte
*) Eine Agatsche macht ohngefähr 6 Werste,
- 94
des Karawan-Saray ist mit blauen Bareliefs ge-
ziert. - -
Heute am 15. haben wir den Arrarat gänz-
lich verloren. So viel wir gestern zu steigen hat-
ten; so viel mußten wir uns heute, nur unmerk-
lich wieder herunter laffen. Die Aussicht ist sehr
beschränkt bis zum Flüßchen Gulus bei einer Mühle,
von wo aus sich plötzlich eine himmlische Aussicht
verbreitet. Hier fieht man mehr als 4o Dörfer,
und am Ende die Stadt Maranda ; die sowohl
als die Dörfer mit schönen Bäumen umgeben sind.
Der Beherrscher von Maranda, Nasar-Ali-Chan,
kam dem Gesandten, wie gewöhnlich mit einer
Menge Reiterei entgegen, und both ihm fein eige-
nes Haus zur Wohnung an. Es ist noch nicht
ganz fertig, allein einige Zimmer des Gesandten
bewiesen viel Geschmack und Reichthum; überhaupt
zeichnet sich Maranda vor allen übrigen Städten
und Dörfern, die wir bis jetzt gesehen, fehr aus.
Die Mauern nach den Straßen zu find gleich und
reinlich, in einigen Straßen findet man sogar Al-
leen, die dem sonst so traurigen Anblick persischer
Städte doch einen Anstrich der Freude und des Le-
bens geben. Durch die Stadt fließt ein unbedeu-
tendes Flüßchen, Selu-lu genannt. Die Perser
find so geschickt in den Wafferkommunikationen,
daß 1eder Einwohner nach Belieben feinen Garten
aus diesem Flüßchen befruchtet, und es auch wie-
der ablaufen läßt, so bald er will. Die große
’95
Hitze, welche alles austrocknet, und die wenigen
Regen und Flüße, die es überhaupt in Persien
gibt, müffen schon von Alters her dieses Volk
zu guten Hydraulikern gebildet haben. Ein jeder
Bauer, er mag ansäßig werden, wo er will, weiß
so geschickt oft Meilenweit eine Quelle zu entdecken,
auf die einfachste Art von der Welt, aus solcher
das Waffer zu einer Besitzung zu leiten, und des
fen immer Herr zu bleiben, indem er uur gerade
so viel davon nimmt als eine Felder bedürfen. –
Hier in Maranda soll es acht Tage in der
heiffesten Sommerzeit geben, während welcher man,
freilich in fehr kleiner Menge, Cochenille sammelt,
Vor der Zeit, soll sie noch nicht reif seyn, und
nach der Zeit frißt der Wurm sich durch das Blatt,
feine Wiege durch, und dann geht er verloren.
Die Perser nennen die Cochenille: Kermis.“ Auch
von Maranda behaupten die Armenier, daß Noah's
erste Nachkommenschaft sich hier niedergelaffen habe,
und daß sogar Noah's Frau hier begraben liege.
Wie soll man so etwas Seltnes nicht sehen. Die
neugierigen Herrn liefen zusammen, – und fa-
hen – „ein Mettschet, Gebethaus der Muselmän-
ner.“ Die Muselmänner, nämlich an den Platz,
wo Frau Noah begraben liegen sollte, bauten ein
Gotteshaus hin, dessen Wände kahl und nackend
sind, auch nicht so reinlich, als es die Religion
Mahomeds befiehlt. Als nun die Moschee erbaut -
war, konnte Neuland bestimmt angeben, an wel-
- g6 - - *
chen Orte eigentlich die Frau liege. Da ließ Gott
vor 33 Jahren ein Wunder geschehen, es entstand
Erdbeben, die Ecke öffnete sich und zwei Mollahs
(mabomedanische Geistliche) von denen einer jetzt
ehen vor uns steht, nebst mehreren Einwohnern
waren Augenzeugen, daß ein großes steinernes Exah-
zum Vorschein kam, weiches, jedoch bald in der
Erde wieder verschwand. Seit der Zeit ist man
überzeugt, daß die Frau hier liegt; nur ein Um-
fand scheint darauf zu deuten, daß die Mutter
Noah's ihrer Schwiegertochter diesen Platz freitig
macht, indem Maranda in" armenischer Sprache
bedeutet: Die Mutter liegt hier. Dieses Grab trug
wohl dazu bei, daß der Gesandte hier einen Rast-
tag machte- - - -
Audienz beim Kronprinzen Ab-
bas Mirza, die fein Phänomen
des perfischen Volkes.
Nachdem man eine kleine Befestigung, die
beinahe in Maranda selbst liegt, vorbei ist, führt
der Weg einen hohen Berg hinauf, von wo aus
man abermals die schöne Aussicht rückwärts ins
Thal hat, und selbst das letzte Nachtlager jenseits
Maranda am Horizonte erblickt. Dieses Gebirge
- heißt Meschau, und leitet nach einigen Stunden
in ein vom Sagrafuffe benetztes fhönes Thal.
Es sollen hier außerordentlich heilende Kräuter wachs
– g7
fen. Wenn man die Dörfer Kirsa, Disa und Mir-
fafat paffert hat, führt das Thal an einen alten Ka-
rawan-Sarah vorbei. Einige Werte vom Dorfe
Safian, unsere heutige Bestimmung, wird es im-
reinste Salzquelle fließt, die ihn fast ganz weiß
gepudert hat; darauf öffnet sich ein unabsehbares
Thal, an dessen Ende ein schwarzer Streif die
Stadt Tauris bezeichnet; man befindet sich in
Safian. Da Noah nicht so weit gegangen, so glamt» -
ben viele, daß dieses Dorf feine Benennung von
den Savis erhalten , die ihre Wohnung hier auf
fehlugen, als Ismael I. feinen Hof Ardevil nach
Tauris versetzt. Das Dorf ist übrigens so nnbe-
deutend, daß es nicht der Mühe werth ist, nach
der Entstehung seines Namens weiter zu forschen.
Heute Abend kamen ein Paar Abgesandte aus Tau-
ris, um im Namen von Abas Mirza und feines
ersten Ministers den Gesandten zu begrüßen. Sie
brachten große Fische und Apfelsinen zum Geschenke.
Ich kann nichts dafür, daß erstere verfault und
letztere sauer waren. – Da der Marsch von hier
nach Tauris zu weit gewesen wäre, und die Per-
fer auch einen feierlichen Empfang bereiteten, so
schlugen sie das Lager 20 Werte vor der Stadt,
bei dem Dorfe Segilan auf. Heute Abend fah
man viele Feuer der persischen Armee. –
Einige Werte vor der Stadt Tauris ist ein
an, Adgau über welches eine antique Brücke
e M
-
- - TV
mer enger, man sieht einen Berg aus dem die "
v. 98
von 10 Bogen erbaut ist. Fast von unserem Nachtla-
ger an, bis zu dieser Brücke erstreckten sich die
persischen Truppen, also etwas über 10 Werte,
ihr linker Flügel war an die Bricke gelehnt, Zu
dieser hatte man auch Tages zuvor die Musikanten,
Grenadiere und Kofacken der Gesandtschaft hinge-
fchickt, um von dort aus in Parade in Tauris
einzuziehen. Als die Gesandtschaft sich deren rech-
ten Flügel näherte, so falutierte der Befehlshaber
der Truppen, die Kanonen wurden gelöst, und
die ganze Fronte präsentierte das Gewehr. Am
rechten Flügel standen 48 Kanonen reitender Ars
tillerie: darauf kamen 8 Geschwader geregelte Reiter
rei, und 8000 Mann reguläre Infanterie, der Rest
davon bestand aus Kurdinern und Landmilize. Als
mir an der Brücke anlangten, kam der Militair-
Gouverneur von Tauris, Tat-Ali-Chan dem Ge-
fandten entgegen, und überreichte einen schönen
Hengst ein goldenen Geschirr, mit Edelsteinen be-
fetzt, im Nahmen des Thronfolgers, Der Gesandte
lehnte dieses Geschenk ab, indem er versicherte,
daß vor der öffentlichen Audienz bei dem Schach
selbst, und der Abnahme der Geschenke feines Kai-
fers, er unmöglich etwas empfangen könnte. Von
der Brücke an ging unsere Musik voraus, und
die ganze Gesandtschaft folgte in Ordnung. -
Die Hitze war unausstehlich, und noch mehr
wurden wir vom Staube geplagt, vor welchem
man gar nichts sehen konnte, und der uns in ei-
- -
*,
-
99.
her Viertelstunde alle grau puderte. Der Zulauf
des Volks war so groß, daß die Truppen mit
Bajonetten und Kolbenstößen dorne, und an den
Seiten beständig einen Weg bahnen mußten. Man
konnte weder Stadt noch Vorstadt unterscheiden,
und nach einer langen qualvollen Stunde lang-
ten wir vor dem Hause an, das zu unserer Woh-
nung bestimmt war. -
Im Vorhof stand eine perfische Ehrenwache,
im Zimmer des Gesandten, fanden wir Erfrischun-
gen aller Art. Der Eigenthümer dieses Hauses ist
der erste Minister in Tauris, Mirza-Beiurk, der
anche den Titel Kaimakan hat, welches so viel
als Vicekanzler des Reichs bedeutet. Er ist dem
Thronfolger des Schachs selbst als Eehilfe zuge-
geben worden, sein Sohn hat eine Tochter des
Schach zur Frau, die sehr schön seyn soll. Er
ist ein sehr verschmitzter Kopf, und spielt dabei
den Gottesfürchtigen, läßt sich auch sehr gerne
Derwisch nennen. Sein Geiz und sein Geldgier gehen
über alles, das Volk ist eben so unzufrieden mit
ihm, als es die Regierung des Thronfolgers feg-
net. Sein Haus, welches wir bewohnen, ist wie
ich schon von allen persischen Prachtgebäuden er-
wähnt habe, ein endloses Labyrinth von Höfen und
Zimmerchen. Den Tag nach unserer Ankunft stat-
tete Mirza-Besurk, einen Besuch beim Gesandten
ab, welcher nach Tische erwiedert wurde. Diese
Art Visiten vergehen in unaufhörlichen Compli-
-
A- -
-
-
IOO
menten, und Versicherungen gegenseitiger Achtung
und Liebe. Wir bewunderten die Geduld des Ge-
sandten, und die Perser feine Beredsamkeit; denn
er übertraf sie bald in Compliment machen. Den
dritten Tag nach unserer Ankunft war Namens-
tag des Großfürsten Constantin, und Abas-Mirza
hatte auch die Audienz an diesen Tag festgesetzt.
Nachdem wir säinmtlich ein öffentliches Gebet ver-
richtet hatten, kamen vornebme Abgesandte von
Abas-Mirza, uns zur Audienz abzuhohlen. Die
Straßen waren von unserem Quartiere bis zum
Palais des Thronfolgers mit zwei Reihen von '
pen besetzt. Vor unserer Thür standen eine Menge -
schöner Hengste in goldenen Geschirren, und Läu-
fer, dir vorangingen. Auf der Straße ; durch die
wir paffierten, durfte kein Volk sich zeigen. In ei-
nem großen schönen Hofe stiegen wir ab, gingen
durch mehrere kleine, die ringsum mit Zimmerchen
versehen waren, in denen die vornehmsten Perso-
nen der Stadt faßen, welche jedoch bei Annähe-
rung des Gesandten sich erhoben, und ehrerbietig
grüßten. Zuletzt traten wir in eine Art Garten,
an dessen Ende man die offene Seite des Palastes
vom Thronfolger sieht; vor dieser Oeffnung spielte
eine Fontaine, und ein sehr langer Vorhang aus
rothem Zeuge war so ausgespannt, daß er einen
lieblichen Schatten verbreitete. Zwischen der Fon-
taine und dem Fenster stand, au letzteres gelehnt,
- Albas Mirza ganz allein. Rechter Hand, weit von
- -
IO1
ihm an der Wand, der Minister Mirza-Bejurk,
links, standen drei reich in Gold und Edelstein ge-
kleidete Knaben, von denen einer fein Bruder, der
andere sein Sohn und der dritte sein Neffe war.
Außer diesen benannten Personen, und uns war
niemand zugegen. Abas-Mirza felbst, der ein Feind
von Pracht ist, war fehr einfach gekleidet, in ro-
thes Tuch mit silbernen Schnüren besetzt, die Mütze
von Schafsfell, wie alle Perser sie tragen, nur der
Dolch war reich mit Steinen garniert. Bei An-
näherung des Gesandten ging Abas-Mirza ihn
einige Schritte entgegen, und reichte ihm freund-
lich die Hand, worauf der Gesandte ihm ein Schrei-
- ben vom Kaiser übereichte, welches er nach alia-
tischer Sitte, ehrerbietig gegen deu Kopf hoß, und
dann neben sich aufs Fenster legte. Er ist ein Mann
von 35 Jahren, verbindet ein # Außer mit -
fehr vielen Anstand in seinen Gebehrden, spricht
klug und lächelt nicht zu unrechtere Zeit. Sein
Auge ist voll Güte, auch ist er gerecht, und die
Grausamkeiten der persischen Gesetze übt er nie aus,
sondern lindert sie, wo er nur kann. Nach den
ersten Höflichkeiten bezeugte er den Wunsch, uns
alle kennen zu lernen. Er sagte fast jeden etwas
Verbindliches oder wenigstens Paffendes, angemes
fen dem Stande eines Jeden. Dem Gesandten
sagte er : daß die Zeichen der Tapferkeit, die er
an ihn fähe, ihn überzeugten, daß er seinem
Kaiser brav gedient hätte, und fragte mit vieler
-
/
. . . . . . 1 O 2
Theilnahme, ob er in diesen langen Kriege nicht
verwundet worden wäre. Der Gesandte erwiderte,
, daß seine Wnnde am Fuße keine Folgen mehr
hätte, überdem wäre der gute Empfang in Per-
fien hinlänglich, jeden unangenehmen Gedanken an
das Vergangene zu vertilgen. Darauf versicherte
Abas-Mirza, daß er alles anwenden würde, was
in feinen Kräften stehe, um uns den Aufenthalt
in Tauris so angenehm als möglich zu machen.
Der Gesandte dankte für diese Aufmerksamkeit,
und empfahl sich. Nachdem wir uns fast am Auss
gange befanden, bemerkte der Gesandte, daß der
Thronfolger aus Höflichkeit noch immer unbeweg-
sich an einer Stelle stand, worauf wir uns alle
- zu ihKlwandten, und ihn zum letzten Mal ehrer-
bietig grüßten. Abas-Mirza, trotz seinem langen
Bart, und furchtbaren Schnurbart, hatte unser
Aller Herzen gewonnen. Sein Adjutant, der uns
nach Hause begleitete, ergoß sich auch in Lobeser-
hebungen über feinen Herrn, den er vergöttert.
Die hier befindlichen englischen Officiere der ostin-
dischen Compagnie, machten den Gesandten die Vi-
site und wurden zu Mittag eingeladen. Unter ih-
nen waren: Major Lindsay, Maior Makintosch,
Capitän Hard, Capitän Moutis, der mit Mal-
colm nach Persien gekommen war, Doctor Cor-
unik, und Lieutenant Willok. Capitän Willok, der
Geschäftsträger ist, und Doctor Cambel befanden
sich beim Schach in Teheran. Alle diese Herrn,
- 103
-
unter denen viele sehr lange schon in Persien sind,
waren sehr froh, eine Malzeit unter Europäern
einzunehmen, und ergötzten sich an der Musik, die
sie lange nicht gehört hatten. Sie haben sich alle
in Indien aufgehalten, defen Klima sie nur mit
Schrecken gedenken. Nach Tische schickte der Kron-
prinz eine Menge Pferde zu unserer Bedienung, und
lud den Gesandten zu einem Spazierritt ein. Da
wir an feinem Haus vorbeireiten mussten, kam er
uns selbst bei der Pforte entgegen, und der Weg
ging weiter zur Stadt hinaus. In der Vorstadt-
standen eine Menge Kurdiner, die nach ihrer Art
Musik machten, Zwanzig Musikanten waren aufs
bunteste gekleidet, auf den Köpfen hatten sie hohe
rothe Mützen, die nach oben wie Zuckerhüte zu
gespitzt waren, die Instrumente bestanden aus klei-
nen Trommeln, an Sattel befestigt - und eine Art
Klarinetten, die grimmig pfiffen. Gleich hinter der
Stadt fanden, wir eine Menge Kurdiner und IK
Kanonen reitende Artillerie, die der Schach-Sada
in unserer Gegenwart mustern wollte. Nachdem wie
die Fronte der Kurdiner sowohl als der Artillerie
herunter geritten waren, stellte sich Abas-Mirza
ohngefähr vor die Mitte (neben ihm der Gesandte,
wir alle hinter ihn), und befahl den Kurdinern zu
manövrieren. Etwas lächerliches war hierbei: der
Adjutant nämlich, der in der Ferne stand, und
jedesmal die Befehle von Schach Sada dem "
nandeur überbrachte, war zu Fuß und in Pantof“ -
zu F er
-,
104
feln! Sein Eifer beim Hin- und Herlaufen machte,
daß er viel Aehnlichkeit von einem böten - Weibe
hatte, die hinter ihren Manne herläuft. Die
Kurdiner theilten sich in mehrere Abtheilungen,
und griffen sich gegenseitig an. Die Schnelligkeit
im Laden, und die außerordentliche Gewandtheit
mit den Pferden ist nirklich zu bewundern. Ihr
Lieblingsangriff geschieht aber immer mit der Lanze,
die sie, sehr stark in die Höhe gehoben, schwen-
ken, um sie dann mit desto größerer Gewalt den
Gegner nachzuwerfen. Vom Pferdeschonen verstehen
fie gar nichts, sie halten sie im schnellsten Lauf
plötzlich an, so daß man glaubt, das Pferd werde
die Hinterbeine brechen, wenden es schnell um, und
laffen es eben fo schnell wieder zurücklaufen. Da-
her findet man auch leider, daß fast alle Pferde
in Persienf auf den Beinen schwach find. - Man
rühmt so sehr die persische Rage, ich bin freilich
kein Kenner, aber ich muß gestehen, daß mir die
englischen, und die man in Rußland z. B. bei der
- Gräfinn Orloff, den Grafen Sawadoffsky u.f, w.
findet, weit mehr gefallen. Die persischen Pferde
haben lange Hälse, tragen den Kopf nach vorne
ausgestreckt, haben eine schmahle Brust, darum
aber hohe Beine, dabei sehr wenig Feuer, denn
ein Mensch kömmt mit mehreren Hengsten zurecht,
statt daß bei uns viele Menschen mit vieler Noth
nur einen Hengst bändigen. Die Perfer selbst ge-
ben der arabischen Raçe den Vorzug. Abas-Mirza
105 -
Kelohnte, nach beendigtem Manövren, dem Toms
mandeur dieser Kurdiner mit einer Lanze, die ihm
vom Adjutanten übergeben wurde, und die er, drei
Mal gegen den Kopf die erhebend , küßte. Darauf
ritten wir alle zu der Artillerie, die unterdessen,
ohne eine Bewegung zu m2hen, gewartet hatte,
Abas-Mirza bath den Gesandten, am rechten Flü-
gel stehen zu bleiben, gab felbst dem Pferde die
Sporn, und blieb in der Mitte hinter der Fronte
stehen, um in Person zu kommandieren. Den eng-
lischen Major , der die persische Artillerie formiret,
sah man auch mit einer perfischen Ordonanz längs
der Fronte äußerst beschäftigt herum laufen. Sie
- schoffen mit außerordentlicher Geschicklichkeit nach
einem entfernten Ziele, welches aus einer kleinen
Scheibe bestand, die sie zwar nicht trafen, aber
jede Kugel legte sich dicht daneben. Abas-Mirza
schien sehr unzufrieden, daß das Ziel nicht um-
geworfen wurde; allein der Gesandte machte ihm
mit Recht ein verdientes Compliment und uneinte,
wenn statt dem Ziele, das doch immer nur durch
Zufall getroffen wird, dort eine feindliche Batterie
gestanden hätte, so wäre sie schon längst demons
tiret. Abas-Mirza war dieses um desto lieber, als
der Gesandte selbst Artillerist ist. Bei dieser Gele- -
genheit muß ich erwähnen, daß die Einführung
der regulären Truppen und Artillerie seit einigen -
Jahren, erst von Abas-Mirza unternommen wor- -
den , und man muß gestehen, daß er für diese -
O - -
, - -
turze Zeit, freilich mit Hilfe guter englischer Of
fielere, sehr viel geleistet hat? Nur wer die –Hals-
starrigkeit und die Furcht vor allem Neuen hei
den Persern ganz kennt - kann begreifen, welche
Mühe es den Thronfolger gekostet haben muß, es
so weit zu bringen. Es mußte wirklich ein so aufs
geklärter Prinz geboren werden, man kann sagen
ein Phänomen seines Volks, um zu begreifen, daß
in Tauris jetzt wohldisciplinierte Soldaten herunt-
gehen. Er hat sein Hauptaugenmerk auf die In-
fanterie, und Artillerie gerichtet, gleichfalls ein
Beweis seines Scharfsinns, da die persische Ka-
vallerie an sich schon gut, obgleich nie mit einer
regulären zu vergleichen ist. Allein fie macht einen
Theil des Nationalstolzes der Perser aus, und so
durfte sie der Prinz schon aus diesem Grunde nicht
antasten. Er wird in seinen Unternehmen kräftig
vom Schach unterstützt, der ihn seines milden
Characters und Verstandes wegen, aber noch mehr
weil er von einem Weibe aus der Familie Kadjor
aus der der regierende Schach selbst ist, geboren
wurde, – zum Thronfolger ernannt hat. Der
älteste Bruder, der einige Provinzen im Süden
beherrscht, ist mit dieser Wahl eben nicht sehr zu
frieden. Ein gänzlich roher und grausamer Mann,
findet dieser viel Vergnügen an Hinrichtung in sei-
ner Gegenwart, am Ausstechen der Augen, Her-
ausreißen des Herzens u. f. w. Es ist ihm gelut-
gen, seinen Bruder in den vornehmsten Familien
107
Persiens, deren Söhne fast alle in seine Dienste
laufen, anzuschwärzen und besonders die Einfüh-
rung der regulären Truppen nicht nur lächerlich,
sondern sogar sträflich in Augen dieser Faulenzer
zu machen, indem der Umgang mit Europäern
nothwendig ist, und dieses nicht ganz mit der Re-
ligion der Perfer übereinstimmt. Er erzählte ihnen,
daß durch Einführung der regulären Truppen die
Nationallehre beleibigt wäre, daß sein Bruder durch
den Umgang mit Europäern bald auch die Sitten,
Kleidung, vielleicht gar die christliche Religion an-
nehmen könnte, und erhält durch ein ähnliches,
sinnloses Plappern die Gewohnheit vieler Perfer,
die freilich dort weit lieber ein faules Leben führen,
statt bei Abas-Mirza täglich - zu exercieren, und
einen disciplinierten Dienst zu verrichten. – Dem-
unerachtet geht der Thonfolger seinen geraden Weg,
schickt zwei seiner Sitze zum Studieren nach Eng-
land, und kann einst für Persien werden, was
Peter I. für Rußland war. Die Infanterie fo-
wohl als Artillerie ist leicht und zweckmäßig ge-
kleidet. Erstere hat blaue, auch rothe Jacken von
englischem Tuch, die letztere blaue mit Verzierun-
wolle, bei den Officieren von Silber oder Gold
sind, letztere tragen überdieß noch rothseidene Schärs
pen, wie das englische Militär. Alle haben breite
Pantalons aus weißen Zeuge, und die persische
Nationalmütze aus Schafsfell, welches übel aus-
gen von Schnüren, die beim Gemeinen von Baum-
IO8 -
sieht. Statt den persischen Pantoffeln haben sie
, Stiefeln, welche die lange nicht anziehen wollten,
am Ende aber dem Beispiele des Thronfolgers
folgten. Die Flinten sind aus England, die Ka-
nonen werden in Tauris selbst gegoffen - auch gute
tes Pulver machen sie selbst. Ihre Manövres sind
einfach und zwecken blos darauf ab, die Maffen
bei Bewegungen zusammen zu halten - und gut
zu schießen. Die reitende Artillerie und Kavallerie
trägt englische Säbel, die Infanterie hat nichts
außer zuweilen das Bajonet an der Seite. –
- - - " -
Garten des Thronfolgers, feine
Liebenswürdigkeit. Perfisches
- Feuerwerk. -
Als der Thronfolger seine Artillerie sehr vor-
theilhaft produziert hatte, er den Gesandten
und uns alle, ihn in seinen neu angelegten Gar-
ten zu begleiten, der nicht weit vom Manöver-
Platze lag. Wir stiegen bei der Pforte ab, und
außer Abas-Mirza felbst, trat kein einziger Perser
in dem Garten. Ungezwungener durch die Abwe-
senheit der Seinigen, die jedes Lächeln einer ho-
hen Person für ein Verbrechen halten, überließ
er sich seiner natürlichen Laune, und war voller
Verstand und äußerst liebenswürdig. Die Haupt-
allee, in der wir gingen führte gerade auf ein
Lusthaus in asiatischem Geschmacke, sehr hoch mit
10)
mehreren Stockwerken gebaut, um, wie wir nach-
her gesehen, die Aussicht auf die ganze Stadt zu
haben. Der Garten ist neu angelegt, in europäi-
fchem Geschmack, mit Alleen und Rotonden, die
sich regelmäßig durchkreuzen; die Bäume und über-
haupt alles ist noch im Entstehen, mit der Zeit
wird es aber ein herrlicher Aufenthalt. Auch hierin
fucht Abas-Mirza einen beffern Geschmack einzu-
führen, und geht mit guten Beispielen voran. Vor
dem Lusthause ist ein Baffin von ungeheurer Größe,
wohin das Waffer von sehr weit hergeleitet ist.
Bei Annäherung an dieses Lusthaus überreichte der
' zwei Blumensträuße, von denen Abas-
irza den fchönsteu dem Gesandten anboth. Wir
stiegen eine fchmale Treppe recht hoch hinauf, und
traten in ein freundliches Zimmerchen, das die
ausgebreitste Aussicht über die ganze Stadt dar,
both. Der Fußboden war mit gewöhnlichen Tep-
pichen belegt, und die Wände mit vielen kleinen
Mahlereien geziert. Sehr überraschend war es, in
zwei hochangebrachten Nischen des Obertheiles die
Bildnisse vom Kaiser Alexander nund Bouoparte zu
erblicken, letzteres besonders sehr ähnlich. Die Aus-
ficht nach der Stadt war eben nicht sehr angenehm,
man erblickte außer Bäumen und Mauern nichts,
denn die Häuser sind alle versteckt. Die Berge nach
Norden deuten in ihrer hellrothen Farbe ganz anf
ihre Natur, denn von dort aus vernimmt man das
Höllengepolter in den unterirdischen Regionen, das
/ -
1 rg . "
unter der Stadt wegrollt und starkes Erdbeben ver-
ursacht. Obgleich wir während unsers Aufenthal-
tes keines erlebt haben, so sind sie doch hier sehr
häufig, und alle 40 Jahre, nach Bemerkung –
der Einwohner so stark, daß der größte Theil der
Stadt in die Erde sinkt. Sie erwarten dieses Schicks
fal in 4 Jahren wieder, und doch bleibt alles ru-
hig. Was doch Gewohnheit, Hoffnung und Liebe
zum Geburtsort thun. Wir haben felbst einen alten
Terer gesehen, der 5 Tage beim letzten Einsturz
unter der Erde in Schutt gelegen hat, und durch
ein Ungefähr unversehrt wieder gefunden wurde.
Uebrigens ist das Klima in Tauris himmlisch,
und besonders versichert man, daß es Fieber heilt,
Da keine Stühle im Sommerhaufe sich befanden,
fo war Abas-Mirza felbst auch so höflich zu tes
hen. Er fragte anfangs den Gesandten, ob er nicht
wünschte, daß die Herrn der Gesandtschaft in ein
anderes Zimmer gingen, weil es in dem neuen
wirklich ziemlich eng war, man würde alsdann
Erfrischungen reichen. Der Gesandte erklärte aber
sehr brav, wo er wäre, müßten auch feine Of
fieiere feyn. Ahas-Mirza zeigte nicht den geringsten
Unwillen darüber, im Gegentheil unterhielt er sich
mit unehreren aus der Gesandtschaft. Einige unse-
rer Herren, wollten ihm seine Bemerkung als Zei-
chen von Rohheit und Unhöflichkeit anrechnen;
aber gesetzt, er hätte wirklich dem Umstand des
engen Ziemers benutzt, um auf eine höfliche Art
111" N
uns los zu werden, kann man ihm das verdenken?
Er, der von Jugend auf gewohnt ist, die vor-
nehmsten Personen des Staates entweder in seinem
Hofe oder im Zimmer hundert Schritt von sich
zu fehen. Wer an einer Stelle hätte zum ersten-
mal in seinem Leben in einem vollgepfropften Zimmer
nicht eine Beklemmung gefühlt ? Ueberdem war
er fo delikat, daß er dessen kaum erwähnte, da
doch felbst die Engländer auf feinen Teppichen nie
anders als in rothen Strümpfen erscheinen, wäh-
rend wir alle in Stiefeln herüm trampelten. Die-
fes war eine besondere Auszeichnung für die Per-
fon des Gefandten sowohl als für die russische
Gesandtschaft, und man muß ja nicht vergeffen,
daß gerade auf dem Ausziehen der Stiefeln der
Stolz , und das Auge der ganzen Nation ruht,
ja diese fcheinbar unbedeutende Sache schon in Ja-
pan, und China die Ursache eines gänzlichen Bru-
ches wurde, Abas-Mirza sprach mit feiner gewöhn-
lichen Liebenswürdigkeit, während man uns Thee
Und Erfrischungen reichte, und zufällig entdeckte
sich ein ehrenwerther Zug seines Charakters, der
uns wirklich in Persien, staunen machte. Der
Gesandte bemerkte im Garten, eine hervorragende
Ecke einer alten Mauer, die sehr schlecht mit dem
übrigen harmonierte und die Aussicht verunstaltete.
Er fragte den Abas-Mirza, warum er diese nicht
herunter zureißen befehle ? „Stellen Sie sich vor
erwiderte der Thronfolger, ich habe diesen Garten
-
. . " Il2
von mehreren Eigenthümern zusammen gekauft, um
- etwas groes zu bilden, der Eigenthümer des
Platzes, wo die Mauer hervor ragt, ist ein alter
Bauer, der Einzige, der mir den Verkauf seines
Stück Landes geradezu absagt, indem er es als ein
uraltes Familienstück für keinen Preis weggeben
will. Ich muß gestehen, es ist mir sehr fatal;
doch ich ehre in ihm seine Anhänglichkeit für seine
Vorältern, und noch mehr feine Dreistigkeit, es
mir abzuschlagen. Ich will schon abwarten, bis ein
Erbe von ihm vielleicht billiger seyn wird.“
In dem clavischen Asien hätte gewiß Nie-
mand solch” Gefühl: Der Prinz sprach mit viel
Verstand über Organisierung der türkischen Armee,
und hielt ihre Kavallerie für nichts Großes; beson-
ders aber tadelte er das viele unnütze Gepäck, das
fie in den Kriegen mit sich schleppe. Bei der Ge-
legenheit schonte er sich selbst auch nicht, und
meinte, auch die persische Armee hätte diesen Feh-
ler, und vielleicht noch in einem höheren Grade,
indem alle, an das Kallion rauchen gewohnt, eine
Menge Kohlenträger ") mit sich schleppten, aus
- - - -
- - - . - - - - - - - - -
*) Ein jeder Perfer, der auch nur ein mittelmäßi-
ges Auskommeu hat, ist beständig von einem
Kerl begleitet, dessen ganzes Geschäft darin be-
steht, in einem eisernen Keffelchen ununterbro-
chen glühende Kohlen zu erhalten, und den Kal-
tion zu füllen und anzurauchen. . . . .
I 13-
denen man allein beinahe einen Heerhaufen bilden
könnte, und die alle nicht nur unnütze Brodfreffer
bei der Armee, sondern auch in den Bewegungen
hinderlich wären, ja nicht selten Feuerschaden ver-
1 trachten. - -
Das Rauchen, setzte Albas - Mirza hinzu,
wäre an sich selbst keine üble Sache; aber ich
finde, daß es in unserm Lande übertrieben wird, da
man fast den ganzen Tag dabei zubringt, und
nicht felten nützliche Geschäfte darüber versäumt.
Ich habe auch in dieser schwierigen Unternehmung
mich verpflichtet geglaubt, mit guten Beispielen
vorzugehen, und habe mir meine ehemalige Liebha-
berei gänzlich abgewöhnt; allein es fcheint den
Herren schwer zu fallen, und mit dem Müßiggange
zu sehr verschwistert zu seyn, als daß sie meinen
Beispiele folgen sollten.“ - - -
Wahrlich ein Beherrscher, der so denkt und
handelt, muß es einst weit bringen, und nicht nur
unter seiner Nation Gehör finden, sondern auch
von ihr angebetet werden. – Sonderbar genug
behaupten viele, daß Abas - Mirza seine Erziehung
und Bildung dem Vieekanzler Mirza- Bejourk zu
verdanken habe, der ihm noch jetzt als erster Ge-
hülfe von Schach zugegeben, und der, weiter
nichts als ein ungebildeter alter verschmitzter Kopf ist.
Der Thronfolger schöpft aus ganz andern Quellen,
er ist mit der Geschichte und den Sitten Europas
bekannt, kennt die Taktik, Mathematik und die
P .
- * 114
englische Sprache. – Nachdem wir eine gute
Stunde sehr angenehm in der Gesellschaft des
Thronfolgers zugebracht, verließen wir zusammen
den Garten, und paffirten eine alte sehr schöne
Metschet (Kirche), die zur Zeit des Erdbebens zer-
stört worden war, und auf deren Ruinen jetzt ein
alter Derwisch, äußerst lächerlich gekleidet aus.
vollem Halse Ali schrie. Bei der Pforte des Pal-
lastes von Abas - Mirza verließ er uns, und wir
kehrten nach Hause. Den andern Tag gegen
Abend waren wir zu einem Feuerwerk eingeladen,
das Abas , Mirza dem Gesandten zu Ehren ange-
ordnet hatte. Wir traten in einem großen Hof,
der mit einer Menge verschiedener Feuerwerksanstal-
ten angefüllt war. In der Mitte stand ein ferti-
ger Luftballon, den man wohl nicht zu füllen ver-
fand; denn er blieb ruhig stehen, und flog nicht:
Ein großes Haus, in den uns Mirza - Bejurk
empfing, lag am Ende des Platzes, und eine um
geheure Menge Volks saß auf den Mauern und
Dächern mit Ungeduld auf den Anfang wartend.
Was sie noch mehr anlockte, war unsere Musik
die der Gesandte mit Bewilligung des Abas - Mirza
mitgebracht hatte, um die Neugierde des Volks zu
befriedigen, und dem Ganzen, mehr Lebhaftigkeit
zu geben. Der Thronfolger selbst war nicht zuge-
gen, und das abermals aus einer sehr weisen Ur-
fache; – dann hätten nämlich der erste Minister
der Militair - Gouverneur und andere - vornehmt.
- 115
Personen drauffen vor dem Fenster stehen müffen,
während wir alle in Zimmer gewesen wären.
Diese Delikatesse ist er seinen untergebenen nnd
Unterthanen schuldig, nind ich ehre sie an ihm.
Er ließ sich entschuldigen, und übertrug die Ho-
neurs denen ersten Ministern. Während es noch
nicht ganz dunkel geworden war, wurden Erfri-
fchungen gereicht, und wir waren nicht wenig be-
stürzt, plötzlich in Hof französische Uniformen zu
fehen. Einige von uns gingen herunter, um mit
ihnen ein Gespräch anzuknüpfen; und es fand sich,
daß es Italiener waren, die eben in ihrem Vaters
lande das Pulver nicht erfunden hatten. Obgleich
Offiziere, schienen sie fehr gemeiner Herkunft, und
einer unter andern versicherte, daß er aus Sicilien
nach Persien gekommen wäre, weil es dort zu heiß
fey. Wir verließen die Herren, die wahrscheinlich
für Bezahlung ihre Haut zu Markte tragen, und
bald darauf wurde das Zeichen zum Anfang ge-
geben. - Eine Menge Raketen von großem Kaliber
machten den Anfang, darauf wurde die letzte
Reihe zuerst angezündet, wodurch schon ein fürch-
terlicher Lärm durch die Räder und Feuerfontainen
entstand. Des engen Lokals wegen steckte die an-
gezündete Reihe vor der Zeit die neben stehende
Reihe an, und diese in der Folge die übrigen, so
daß eine fürchterliche Unordnung und Gepraffet
entstand, welches durch beständige Kanonenschüffe
- begleitet einen wahren Höllenschlund darstellte. Als
116 ---
es flog in der größten Unordnung in verschiedenen
Richtungen durch einander, das Volk purzelte von
den Mauern und Dächern, und unser Apotheker,
der in seinen Leben nichts ähnliches gesehen hatte, ,
schrie voll Verwunderung, die Schlacht von Leip-
zig wäre ein Plunder dagegen, So brannte in
zehn Minuten alles ab, was wenigstens auf ein
Stunde berechnet war. Mirza - Beurck, der An-
fangs selbst bestürzt war, behauptete nach feiner
angebornen Pfiffigkeit sogleich, daß man mit Fleiß das
Ganze auf einmal angesteckt, um dem Gesandten
nicht durch solche Kleinigkeiten die theure Zeit zu
rauben. Es pfiff uns noch in den Ohren, als
wir schon zu Hause angekommen waren, wo die
Engländer bei uns zu Abend aßen, und recht wa-
cker auf die Gesundheit ihres Königs zechten, dessen -
Geburtstag durch Zufall gerade heute war.
Die persischen Shawls, die Klei-
der trachten der Perfer und ihre
Harens.
Am andern Morgen früh bekam der Ge-
fandte einen Brief ans Teheran vom ersten Mini-
ster Mirza - Jeffi, der ihm meldete, daß der
Schach der unausstehlichen Hitze in Teheran we-
gen gesonnen wäre, die Gesandtschaft in seinen
Lustschloß Sultaine zu empfangen, und Abas-
Mirja both unterdessen sein eigenes Lustschloß ud-
-
- - 117"
gani uns zum Aufenthalt an, wenn wir die Hitze
in Tauris vielleicht unerträglich fänden. Mehr um
im Freien zu feyn , und tägliche Etiquette in Tau-
ris los zu werden, mit welcher der Gesandte nun
so viele Tage geplagt wurde, nahm man diesen
gütigen Vorschlag an, nnd die Abreise wurde an
diesem zweiten Tage festgesetzt. Unterdessen bat
Abas - Mirza, man sollte ihn doch unsere Mufi-
kanten und die Tscherkeffen zuschicken, wahrschein-
lich auch mehr um seinen Weibern Gelegenheit zu
geben, die europäische Musik zu hören. -
- Die Musikanten also und die gesunden Kame-
raden des seligen Tscherkeffen gingen zum Abas-
Mirza. Anfangs mußten fiel alle Stücke spielen, die
sie nur konnten; darauf ließ Abas-Mirza sich ein
jedes Instrument einzeln zeigen, bewunderte sehr die "
Geschicklichkeit, durch welche man aus so vielen
verschiedenen Tönen doch eine angenehme Harmonie
hervor brächte, ließ Jeden einzeln etwas spielen,
alle mit Musik marschieren, äußerte den Wunsch,
auch in seiner Armee so etwas einzuführen, und
entließ sie mit reichen Geschenken. Darauf mußten
die Tscherkeffen mit den Pfeil ins Ziel schießen,
und trafen sehr gut; Abas - Mirza nahm selbst ei-
nen Bogen, schoß sechsmal fehl, und traf das fie-
bente Mal. – „Ich hielt die Sache für schwerer,
als sie wirklich ist“, sagte er, den Bogen zurück
gebend, und entließ sie mit Geschenken. -
Tauris wird mit Ispahan und Schiras in
118
eine Linie gesetzt, das thut mir wahrlich leid; ich
hätte so sehr gewünscht, von irgend einer persischen
Stadt etwas löbliches sagen zu können. Man kann in
Persien nicht sagen, die Straßen, sondern die en-
gen Fußgänge zwischen kleinen Mauern; sie find
in Tauris eben so schmutzig wie überall. Der Ba-
zar, den man hier für den ersten in Persien hält,
ist weiter nichts, als ein enger Gang, der oben
mit Schilf bedeckt, und an den Seiten mit aller
lei kleinen Buden versehen ist. Hin und wieder ha-
ben diese Oeffnungen, welche in geräumige Höfe
führen, in denen man die Carawan-Sarays er-
blickt, die auch weiter nichts sind, als Waarenla-
ger aus Stein aufgebaut, in denen der Kaufmann
feine Waaren im Großen aufbewahrt, um sie in
den kleinen schmutzigen Buden in Einzelnen zu
verkaufen. Dieser berühmte Bazar schlängelt sich
in tausend Krümmungen in der Stadt herum, und
ist ewig von Müßiggängern und Speculanten aller
Art angefüllt, die sich im Durchdrängen gar feine
Rippenstöße geben, bis sie am Ende von einem
Reiter oder Esel an die Wand gequetscht werden,
Hier sieht man Kohlköpfe und Knoblauch neben sei
denen Zeugen und gebratenes Schaffleisch neben
Shawlen liegen. Die Kaufleute sind unverschämt,
und fordern mehr als den doppelten Werth, dabei
aufferordentlich ärmlich. Von jedem Zeuge hat der
Verkäufer nur kleine Stücke ; will man mehr ha-
ben, so läuft er im Bazar herum, und sucht bei
119
seinen Freunden. Shawle haben nur sehr wenige
und auch immer nur einige. In Hinsicht" der
Shawls ist man überhaupt in ganz Europa, im
Irrthum. Persien hat die allerschlechtesten, die ich
je gesehen; denn die besten werden aus Casche mir
über Bagdad nach Konstantinopel gebracht, wo sie
nicht nur sehr gut bezahlt, sondern auch nach ganz Eu-
ropa verschickt werden. Wir haben hier Shawls
rühmen fehen, die keine Dame bei uns tragen
möchte; drum wundert's mich gar nicht mehr, daß
der persische Gesandte, der sich's einfallen ließ, der
Gräfin Orloff einen Shawl zu fchenken, ihn bald
an ihrem Kammermädchen erblickte, an der Gräfin
hingegen einen fo kostbaren, als er in feinem Leben
nicht geträumt hatte. Die Preise, die man in
Konstantinopel und Rußland für Shawls gibt,
können die Perser nie zahlen. Da einmal von
- Shawls die Rede ist, will ich doch des ein -
Kotums überhaupt erwähnen. Ein jeder Perser,
vom Schach angefangen, trägt eine schwarze
Schafsmitze, ein enges Unterkleid, das an der
Brust offen ist, und bis auf die Haken herunter hängt ; .
dieses ist bei Armen von grobem Zeuge, bei Rei-
chen aus europäischem Zitz, und bei ganz Vorneh-
men aus Goldstoff. Ueber diesem Unterkleide tragen
sie einen Gürtel, der gleichfalls aus Zeuge oder
aus einem Shawl besteht, je nachdem man reich
ist. In diesem Gürtel trägt ein Jeder einen mehr
oder weniger kostbaren Dolch. Beamte haben auch
-
120
einen Säbel an der Seite. An den Füßen trages
fie kleine Socken von verschiedenen Farben und
Pantoffeln gewöhnlich von grüner Farbe. Das
Oberkleid ist kurz bis ans Knie und unter den Ar-
men abgeschnitten, so daß man die Ermel nach Be-
lieben einziehen oder hinter den Rücken hängen lass
fen kann. Die Nägel und Hände sind roth gefärbt,
die Haare schwarz. Der ganze Unterschied zwischen
dem vornehmsten Chan nind dem Bauer ist außer
der Güte der Kleidungsstücke, noch ein Shawl,
den der Chan um seine Mütze wickeln darf. In
den Oberkleidern besteht nun eigentlich der ganze
Luxus; diese werden von feinem englischen Tuche,
von Goldstoff, auch von Shawls gemacht. Die
Weiber, deren wir mehrere unterwegs trotz der
furchtbaren asiatischen Eifersucht gesehen, haben
ein sehr häßliches Kostum. Ungeheuer breite Pan-
talons hängen bis über die Haken, ein kurzes
Kleid geht bis an die Knie, und das Ganze ist im
einen Schleier gewickelt. Die Gesichter sind faust-
dick angemahlt. Die Vornehmen sind natürlich in
Stoff und Shawl eingewickelt, die Arenen in
baumwollene Zeuge, Ihr ganzes Dichten - und
Trachten geht dahin, dem Manne zu gefallen; da
nun 5c auch 60 Weiber sich diese Ehre streitig
machen, so kann man sich wohl denken, was in
so einem Serail vorfällt. Obgleich man die Se-
rails eine unbekannte Welt nennen kann; denn kein
Mensch erfährt, was dort vorgeht, und das .
A
- 121 -
Wei5, das den ersten Schritt hinein thut, hat
auf ewig der Welt entsagt; so hat man doch Ge-
legenheit, hin und wieder etwas von diesen un-
glücklichen Geschöpfen zu erfahren. Die Bauart
der Serails ist schon von der Art, daß man von keiner
Höhe, auch nur von ferne hinein gaffen könnte.
Die Hauptthüre wird von Verschnittenten bewacht,
die übrige Bedienung besteht aus Weibern. Die ,
armen Frauen, die sich unter einander wie den Tod
haffen, sind so nahe an einander logiert, daß die
Eine nicht ein Wort sprechen kann, ohne daß die
Andere es hört; es können also auch nicht einmal
Confidencen unter ihnen vorfallen, so gerne fiel auch
gegenseitig vielleicht ihren Kummer ausschütten
möchten; denn die Nachbarinnen geben beständig
Acht, und hinterbringen es nachher dem Manne,
Singt die Eine, um sich die Langeweile zu vertrei-
ben, so lachen die Andern sie aus, und sie macht's
eben so. Diejenige, welche einen Sohn zur Welt
bringt, bekommt schon den Ehrennamen Frau,
bildet sich nicht wenig darauf ein, will eine Rolle
unter den Uebrigen fpielen; aber die Andern
schreien: wir sind eben so gut, und bekommen -
beim Manne Recht, denn sie sind gewöhnlich noch
jünger und hübscher. Kurz die armen Weiber sind
gezwungen, den ganzen Tag mit Putzen und
Seufzen zuzubringen, in der frohen Hoffnung, daß
sie vielleicht den Abend die glücklich. Erwählten feyn
werden. – Der im Alterthum 'herühmte Fluß
y
122
-
Orontes soll durch Tauris gefloffen sehn; jetzt ist
es nur ein kleines schmutziges Flüßchen, Opingt-
fchg genannt. Tauris liegt im 38° der nördlichen
Breite. Die Hitze war im Durchschnitt 22“ Reaumur.
Abreife von Tauris. Ankunft in
einen Schloffe des Kronprin-
zen Udgani. - -
Tauris verließen wir am 26. Mai; der Mis
fitairgouverneur nebst mehreren vornehmen Personen
begleiteten den Gesandten zur Stadt hinaus. Der
Weg war ziemlich fandig und gebirgig, zur linken.
Seite verließ uns nicht das Flüßchen Bavinen. Auf
halbem Wege erblickten wir rechts ein Gebirge, das
ganz isoliert da steht, und noch mit Schnee bedeckt
ist. Gegen Mittag langten wir in dem Dorf
Waemitisch an, das mit sehr niedlichem Gebüsch
umgeben an einem Flüßchen desselben Namens liegt.
Abas - Mirza hat den Einwohnern befohlen,
Bäume zu setzen. Man muß die Asiaten zu ihren
Vortheil und Vergnügen zwingen. Das Holz wird
in "Perfien pfundweise und sehr theuer verkauft.
Heute Abend überfiel uns ein starker Südwest-
sturm, der einen Platzregen mit sich führte. –
Die Einwohner danken Gott; denn Regen ist eine
Seltenheit in Persien. Selbst im Winter friert's
und schneit's zwar, aber Regen ist selten. - Heute ,
Abend kam ein Abgesandter von Abas-Mirza mit
- 123
einem Brief an den Gesandten, in dem er in den
fchmeichelhaftesten Ausdrücken ihn seiner Freundschaft
und Achtung versicherte, und die Höflichkeit, so
weit getrieben hatte, das Siegel *) auf die linke
Seite des Briefes zu fetzen, welches nicht nur eine
besondere Hochachtung beweiset, sondern in Persien
nur geschieht, wenn Untergebene an ihre Vorge-
fetzte schreiben. Wir verließen unser schönes Lager,
um lange keinen Baum zu erblicken. Wo sind die
geträumten Pomeranzenwälder? die Lilienfelder?
Nicht einmal grünes Gras sehen wir! Kahle Ge-
birge, besäet mit Steinen, die dem Ganzen ein
graues Ansehen geben, ermüden das Auge. Ein
jeder erklimmte Berg erregt von neuem die Hoff-
mutig hinter ihm die freundliche Natur wieder zu
finden, vergebens; Berge thürmen sich auf Berge,
Steine auf Steine, und an den traurigen Anfang
knüpft sich ein trauriges Ende. Das heutige Lager
steht it einem Moraste unweit des Dorfes Seida-
bad. Das Waffer ist kaum trinkbar. Links ver-
tieft sich ein Weg zwischen hohen Felsen, und ver-
liert sich in ein schauderhaftes Dunkel. Alexander
von Macedonien, nach welchem dieser Weg noch
Jetzt den Nahmen hat, soll mit bewaffneter Hand
ihn zuerst forciert haben. Sehr merkwürdig für
*) Die Perfer unterschreiben sich nie, sondern setzen -
hloß ihr Siegel hei, - - -
V-
- 124
Liebhaber des Alterthums, die gern in der Ver-
gangenheit leben; ich aber lobe mir die grünen
Wiesen meines Vaterlandes. – -
Der Weg fängt mit Ersteigung eines hohen
Berges an, in dessen Mitte ein Karawan-Sarey
steht. Unter dem monotonen Glockengeläute unfes
der Kameele und Maulesel erreichten wir endlich
die Spitze; ein steiler gefährlicher Weg führt wie
der hinunter, und eine unfehbare todte Fläche, be-
deckt mit gelbem Grafe, harmoniert sehr gut mit
den Bergen, von denen sie umgeben ist. In der
Mitte präsentiert sich ein kleiner Punkt, der sich in
diesem Reiche des Traurigen fast gänzlich verliert;
es ist Lustschloß Udgani. Anfangs glaubten
wir unsern Führern nicht; allein je näher man
kam, desto mehr bekam es wenigstens das Ansehen
einer Orangerie; nicht als ob Bäume und Blumen
ihm dieses Ansehen verliehen, nein! der Bauart
wegen. Man wird sich erinnern, daß Abas. Mirza
die Gefälligkeit hatte, uns dieses "Lustschloß zum
Aufenthalte anzubieten, bis der Schach nach Sul-
taine käme. Die innere Eintheilung des Hauses
ist wirklich gar nicht übel, und das ganze Gebäude
entspricht dem Aeußern fehr. Durch einen Kori-
dor sind zwei Höfe getrennt, in denen sich eine
Menge niedlicher Zimmer in zwei Etagen gereiht
befinden. Die Fenster sind aus buntem Glase mit
vielem Geschmacke zusammen gesetzt. Das ganze Ge-
bäude steht auf einer schönen steinernen Terrasse, die in
125
Stufen nach einem leider neu angelegten Garten
führt, in dem kleine Bäume noch gar keinen
Schatten geben. - Das Haus ist nach dieser Seite
zu offen, wie gewöhnlich in Persien, und bildet ei-
nen ziemlich geräumigen Saal, in dem der Thron-
folger allein gewöhnlich sitzt, und den Herren auf
der Terraffe Audienz gibt. In diesem Saale befin-
den sich vier Gemählde: das Bildniß unsers Kai-
fers, das von Buonaparte, eine Schlacht, die
oon den Perfern gegen die Rüffen gewonnen wor-
den, wobei Abas - Mirza und eine englische
Uniform sich in Vordergrund darstellen. Nur
Schade, es ist nicht benannt, welche Schlacht das
gewesen sein soll, und ein Gemählde, auf welchem
Albas - Mirza zum ersten Mal in der Ebene von
Udgani feinem Vater die regulairen Truppen vor-
stellt. Der Schach ist zu Pferde, und Abas-
Mirza liegt ausgestreckt zu seinen Füßen. Mehrere
Herren unserer Gesandtschaft behaupteten, das
wäre erniedrigend. Schade, daß fiel durchaus
Sitte mit Charakter verwechseln wollen. In die
fem Fall war die Bemerkung am wenigsten paf-
send; denn der Sohn liegt vor seinem Vater. Der
Charakter der Japaner ist, noch weit erniedrigender,
nach der Art dieser Herren zu urtheilen; denn ihre
Sitte bringt's mit sich, daß sie alle auf den
Knieen nicht nur vor ihrem Kaiser, sondern in
Gegenwart eines Aeltern liegen, und doch gibt's
wenig Völker, die einen so ehrenwerthen Charak-
- - - -
-
- -
126
-
ter besitzen. – Ein lieblicher Platz in dem
- Schloffe Udgani ist ein breiter viereckigter Thurm,
der sich über das ganze Gebäude erhebt, und mit
einem schönen Saal geschmückt ist, wo es in der
größten Hitze kühl seyn muß. Die Höfe find mit
Baffins versehen, es befindet sich auch da eine Ba-
destube, die aus Marmor gebaut ist. Die traurige
Gegend umher konnte Albas - Mirza nicht bewegen,
hier an dieser Stelle ein Lustschloß zu erbauen; es
müffen also wohl die fürchterlichen Winde feyn, die
hier regelmäßig des Morgens von 8 Uhr an bis 6
Uhr des Abends blasen, so daß man nicht nur
nichts von der Hitze spürt, sondern sehr gern ei-
nen Ueberrock anzieht. Man sieht auch weit und
breit kein lebendiges Geschöpf, außer einer furcht-
baren Menge Staare, die auf dem Dache sitzen,
eine Menge verschiedener Vogelstimmen, welche auch
sogar das Gebell der Hunde auf die komischste Art
nachmachten, und uns des Morgens früh beson-
ders, keine Ruhe ließen. Wir waren schon mehrere
Tage in Udgani, als die Nachricht kam, daß der
Schach die Eesandtschaft schwerlich vor dem Au-
gutmonath empfangen könnte, da jetzt bei den Per-
fern der Bairam gefeiert wird, (die heiligsten Fa-
sten) , während dem man nicht nur kein Geschäft
unternehmen, sondern von Sonnenaufgang bis
Sonnenuntergang auch nichts genießen, nicht ein
mal Waffer trinken, noch rauchen darf. Da die-
fer Bairam zwei Monate dauert, so hatten wir
– - -
\
127
die schöne Aussicht in diesem widrigen Lustschloß,
die Zeit zuzubringen. Die Idee allein machte schon,
daß zwei Herren der Gesandtschaft das Fieber beka-
men. Der Gesandte, der auch bald melancholisch
geworden wöre, bath den Menandar, einen andere
Aufenthaltsort ausfindig zu machen, wo man we-
nigstens Bäume fähe. Dieses that er, und mel-
dete einige Tage darauf dem Gesandten, daß er ein
erwünschtes Dorf zwei Märsche von hier ausfindig
gemacht hätte. Wir waren alle sehr erfreut, ob-
gleich überzeugt, nirgends mehr einen so bequemen
Wohnort zu finden. Der Befehl zum Aufbruch
wurde sogleich gegeben. -
Schilderung des herrlichen Tha-
les von See gila bat. .
- -
Unweit Udgani sieht man Ruinen, die nach
der Sage der Einwohner früher eine große Stadt
gebildet haben sollen, welche in den Kriegen von
Abas dem Großen gänzlich zerstört worden ist.
In dieser Stadt sollen Riesen, Kaufi *) genannt,
- - -
- - -
*) Die Kaufen waren perfische Riefen, die ihren
Namen von Kaufa, einem persischen König, ha-
ben, einem Sohn von Roba da Kau - Kaus, den
zweiten König des zweiten regierenden Geschlechts
in Persien, dem man den Namen Ne mir ud ge-
geben. Dieser Kaufa war so von sich eingenom-
- 128
gelebt haben, von denen Einer Namens Rustam
sich in Perfien sehr berühmt gemacht hat. In den
orientalischen Mährchen und Gesängen kommt noch
immer der Name dieses Helden vor. Der Weg ist
feinigt, und führt über kleine Anhöhen. Links
sieht man eine Menge großer runder Steine, von
denen die Perser behaupten, daß sie die nämlichen
find, auf denen die Riesen Kaufi, als sie mit Midien
im Kriege standen, gesessen und sich berathschlagt
haben. Zu so einer Berathschlagung hat ein Jeder
sich feine Steine selbst hohlen müffen. Auf halbem
Wege ohngefähr gingen wir längs einem kleinen
Strome, der eine Menge Fische nährt. Man
hielt an, und versorgte in weniger als einer Stunde
die ganze Gesandtfchaft damit. Es ist sonderbar
genug, daß die Perser gar keine Fische effen. Un-
fer Rachtlager war bei dem Dorf Tikmedasch
aufgeschlagen, das in der persischen Sprache bun-
ter Stein bedeutet. Der Weg war einförmig, ein
Paar alte Karavan-Sarays war so ziemlich al-
les, was anders aussah, als nakte Gebirge. Am
Ende verließen wir den großen Weg, der nach Te-
heran führt, und gingen links, als plözlich nach
", *-
men, daß er sich vornahm, den Himmel zu er-
reichen, indem er an einen Wagen zwei Adler
spannen ließ. Man fagt, daß er 13 Jahr re-
giert habe, - - - - - - - -
- 129
einer guten Stunde unterm überraschten Blicke
sich ein schönes Thal zeigte, in dem ein rauschen-
der Strom sich durch ein fchönes Gebüsch schlän-
gelte. Hinter ihm schien hin und wieder das Dorf
Seegiabat hervor, welches zu unsern längeren
Aufenthalte statt dem Schloffe Udgani erwählt -
war. Unser Lager hier war einzig schön vertheilt,
die Zelte standen alle dicht am Strom unter dem
Schatten alter Pappeln und Aprikosen - Bäume,
die durch Rosensträuche verbunden schienen. Das
Ganze war von hohen Gebirgen umschloffen, die -
vor jedem Wind schützen, und seit langer Zeit die
ersten sind, welche hin und wieder mit hohem
Grafe prangen, wobei die darauf grafenden Herden
dem Ganzen noch mehr die herrliche Ansicht des
Ländlichen geben. Ein alter Thurm steht sehr paf.
fend in dieser Landschaft voll Leben. Die tägliche
Hige war hier gewöhnlich 24* Reaumur im
Schatten. Des Abends wurden öfters die Bäume
in unserm Lager herum illuminiert, die Musik
spielte, und russische Lieder wiederhallten in den
Gebirgen Persiens. Die Einwohner, die Anfangs
- sehr scheu waren, gewöhnten sich nach und nach,
auch Theil an unsern Vergnügungen zu nehmen,
und wurden einst von einigen Herren der Gesandt-
fchaft, die sich in Damenkleider warfen, und gar
nicht übel aussahen, so täuschend überrascht, daß
unser Memandar selbst, der uns doch alle persönlich
kannte, lange nicht glauben konnte, daß es Män-
R
130
her wären, sondern fest überzeugt schien, baß wie
Mittel gefunden Frauen so zu transportieren, daß
er bis jetzt nichts habe merken können. Den Ein-
wohnern gefiel die Kleidung unserer Damen außer-
ordentlich, nur wunderten sie sich, daß sie ohne
Schleier gingen, und fragten oft, ob denn auch
wirklich ein Jeder bei uns ein Frauenzimmer un- .
gestraft ansehen könnte? Ich dachte bei mir selbst,
in eureum Sinn ungestraft, ia, – aber wie man
cher bei uns wird weit härter bestraft für's bloße
Anfehen. – Die Hitze verhinderte uns, die ge-
wohnte europäische Lebensart fortzuführen, wir
sahen uns gezwungen, den Persern nachzuahmen,
und befanden uns alle sehr wohl dabei. Um 9 Uhr
des Morgens wurde gefrühstückt, und um 6 Uhr
des Abends zu Mittag gegessen. In der Zwischen-
zeit lag man in Schatten ausgestreckt, und erwar-
tete mit Sehnsucht den Abend.
Ich war so unglücklich, mich gerade in dem
jenigen Zelte zu befinden, wo wir eines Tages eine
fürchterlich große Phalange fingen. Es war wohl
das Mütterchen, denn den männlichen Abend ka-
men wohl noch zehn kleinere, welche in allen Ecken
des Zeltes herum liefen, und etwas zu suchen schie-
nen. Es ist eine ungeheure große Spinne, die mit
röthlichen Haaren bewachsen, an den Füßeu mit
kleinen Klauen versehen ist, und vorne am Munde
vier Zähne hat, mit denen sie furchtbar einbeißt.
Sie ist so boshaft, daß sie ordentlich zischt und
*-
131
springt. Wenn man sie mit einem Skorpion in
- ein Glas fetzt, so entsteht ein blutiger Krieg, in
dem die Phalange immer die Oberhand behält, und
ist der Skorpion nicht sehr gewandt, so beißt sie -
ihn gleich in zwei Theile. Ich muß gestehen, daß
solche Gäste im Zelte sehr fatal find, und nicht
selten den Schlaf rauben. Löscht man das Licht
aus, so läßt die Phantasie gleich Hunderte unter
dem Ohrkiffen krabbeln, laßt man's hingegen bren-
nen, so laufen sie wirklich aufs Feuer los. –
Unter der Verpflegung, die die Perser uns
1 . Jimmen ließen, waren wir immer mit dem Wein
übel daran; denn in Persien machen blos die Ar-
menier Wein, und zwar zu ihrem eigenen Gebrauch,
Also mußte weit und breit in den Dörfern gesucht
werden, um uns welchen zu verschaffen, und auch
dieser war meistens so schlecht, daß kein Mensch
ihn trinken konnte. Der persischen Regierung hätte
es freilich eine Kleinigkeit ausgemacht, welchen aus
Grusien kommen zu laffen, da sie einmal zur Wie-
der vergeltung für ihre Landsleute – die in Pe-
tersburg die besten Weine nach Belieben tranken,
und überhaupt alles unentgeldlich vollauf bekamen -
uns gleichfalls in Persien freihalten wollten. Al-
lein da es nicht geschehen ist, und der Gesandte
zu delikat war, gruinischen Wein zu fordern, so
. ließ er selbst einen Transport aus Tiflis kommen,
der zu unserer größten Freude hier anlangte, und
täglich Portionenweise ausgeheilt wurde. Es ist
--- 132
sehr gefährlich in Persien Waffer zu trinken, weil
man davon ein Fieber bekömunt, das einen so bald
nicht wieder verläßt. Außer diesem Transport, da
die Perser sichs gefallen ließen, kamen in der Folge
noch zwei andere aus Tiflis an.
Sonderbar genug, daß wir in dieser Jahrszeit
außer ziemlich schlechten Kirschen, noch gar keine
Früchte in Persien fahen. An Gemüse fehl'ts gänz-
lich; wahrhaftig doch in erbärmliches Land! traut
man den Reisebeschreibungen, so ist man in Pers
fien, umringt von schönsten Obst; eingewickelt in
prachtvolle Schawls, ruht - man auf Rosen und
bewundert den persischen Himmel. In diesem Au-
genblick vielleicht glauben uns daher viele unserer
Verwandten so auf Rosen hingestreckt; – statt
deffen liegen wir fehr hart auf sandigen Boden,
und wünschen von ganzen Herzen aus diesem Par
radies bald erlöset zu werden. -
Zwei reisende Engländer, Oberster Johnson
und Capitän Salder, die aus Ostindien den nächs
sten Weg über Persien nach England suchen, ver-
weilten mehrere Tage bei uns. Der Obriste sprach
sehr gut französisch und zeigte viel Kenntniffe.
Die Engländer, die aus Ostindien über Persien
nach England zu gehen wünschen, schiffen sich dort
ein, und landen im persischen Meerbusen bei der
Festung Bendarabas, die sonst den Portugiesen
gehört hat, nachher den Persern und jetzt endlich
der Sicherheit wegen im Besitz der Engländer ist.
---
- , 133 - "
Es befindet sich nämlich in der Nähe eine Perlen-
fischerei, die natürlich gut vertheidigt werden muß. –
Von da gehen die Herren weiter nach Schiras,
wo der vortreffliche Wein wächst, und halten sich
in den Ruinen von Persopolis gern auf; in Tehe-
ran werden sie freundlich empfangen; in Tauris
find sie unter den Ihrigen, und aus Tiflis fahren
fie schon mit Extrapost über Kleinrußland, Poh- ''
len nach Hamburg, oder wo sie sonst hin wollen.
Obrister Johnson hatte mehrere Münzen aus
Persopolis mitgebracht, die man dort ohne Mühe
aufgraben kann; auch einige abgebrochene Stücke von
Basreliefs mit Inschriften, die kein Mensch lesen
kann. Es ist vielleicht die einzige Ruine in der Welt,
von der man gar nicht weiß, wann sie in diesen
Zustand gekommen, noch wann diese Etadt erbaut
worden sey, noch wer sie bewohnt habe. Es ist
bekannt, daß Alexander der Große Persopolis er
oberte. Man behauptet, daß eine feiner Frauen ihn
so lange gebethen, bis er ihr die Erlaubniß ge-
geben, die Stadt anzuzünden. Das Sonderbarste
ist, daß diese Ruinen keineswegs auf Wohnungen
deuten, sondern aussehen, als hätte das Ganze
einen ungeheuren Tempel gebildet, oder wenigstens
viele Tempel. Es find eine unzählige Menge Säu-
len von verschiedenen Größen, die oft beisammen
auf einer Terraffe, oft isoliert, oft gruppenweis
stehen u. f. w. Aber keine Spur vom einem Haufe-
oder einer Wohnung ähnlichen Ruine. Die Spitze
134
der Säulen zeigen deutlich, daß sie nie zusammen
gehangen haben. Was ist also Persopolis gewesen?
Vielleicht ein unermeßlich großer Tempel, von den
man heut zu Tage gar keinen Begriff mehr hat,
In der umliegenden Gegend ist auch kein Dorf,
keine Ruine. Nicht einmal Gras wächst da, und
die herrlichen Ueberreste dieses sonderbaren Tempels,
liegen gänzlich in einer Wüstenei. Unter den vielen
Inschriften dort findet man sonderbar genug auch
einige griechische, in denen der Nahme. Artarerres
vorkömmt. Menschenfigureu haben meistens ein Co-
stum, das auch unbekannt ist. Einige müffen Kö-
nige oder Beherrscher vorstellen, denn die da-
bei stehenden haben ehrerbiethige Stellungen, und
die Könige sind mit Mänteln vorgestellt, deren
Saum mit einer unbekannten Schrift umgeben ist.
Der Obriste Johnson schenkte dem Gesandten, außer
einige Münzen, auch ein Stück von dem Flügel
einer Sphynx.
Der Veränderung wegen, vielleicht auch um den
Einwohnern von Seegilabat nicht länger lästig zu
fehn, schlug der Memandar, dem Gesandten vor,
unsern Aufenthaltsort zu verändern. Wir verließen
alle mit schweren Herzen das schattige Thal von
Seegilabat, und haben in Persien kein ähnliches
wieder gefunden.
" 135
Gleichgültigkeit der Perfer bei
den größten Qualen. Die gif-
tige Wanze, deren Biß tödt-
lich ist. - -
An einen schönen Morgen, zogen wir weg
von Seegilabat. Der große Weg blieb rechts vor
uns liegen, und schlängelte sich weit in traurige
Gegenden hinein. Wir hielten uns aber links in
das Gebürge, paffierten recht anmuthige Gegenden
und Dörfer nnd langten Mittag in dem Dorf Wers
fagan an , wo unser Lager in einem Aprikosen-
wäldchen aufgeschlagen war. Unsere Freude dar-
über war nicht von Dauer, denn die Perserver-
ficherten uns, es wären die letzten Bäume, die
wir auf lange Zeit sehen, welches auch leider wahr
- wurde. Obgleich der Aufenthalt in Wersagan kei-
neswegs mit Seegilabat zu vergleichen ist, so ist
doch die Gegend sehr schön, und wird von den
Flüßchen Wersagantchai benetzt. Man sieht die
Ueberbleibsel eines großen Gebäudes, das jetzt so
wie die ganze Gegend den Bruder des unglückli-
chen Sadik-Chan, ehmahligen Besitzer des Dorfs
angehört. Seine grausame Geschichte ist folgende:
als der jetzt regierende Schach um den Thron
warb, waren. mehrere Partheien, die sich herum-
fchlugen, und die am Ende alle vom Schach zum
Gehorsam gezwungen wurden. Sadik-Chan war
einer der reichsten und stärksten dieser Partheien
",
*-
--
- 136 - - -
hielt sich lange allein, mußte am Ende aber der
uebermacht weichen, wurde total geschlagen und
"flüchtete selbst glücklich nach Grusien, in defen
Schutz er sich begab. Nach einiger Zeit bekam er
Briefe von Schach, die ihm feiner Freundschaft,
und Vergeffenheit des Vergangenen versicherten; er
sollte nur ruhig heimkehren und seine Güter wie-
der in Besitz nehmen. Seine Freunde warnten ihn
sehr, allein er ließ sich bethören, kam nach Tehe-
van, und wurde lebendig eingemauert, wo er vor
Hunger, nachdem er seine Hände halb verzehrt,
den Geist aufgab. – -
unter diesem barbarischen Volke müffen frei
lich strenge Maßregeln genommen werden, und
der jetzige Schach gilt noch für einen sehr milden
Regenten, wie sich eines solchen die Perfer gar
nicht mehr erinnern können. Alle Qualen, die hun-
derkmal fürchterlicher sind, als der Tod, scheinen
die Perfer mit vieler Gleichgültigkeit zu ertragen;
daher find auch ihre gelindeten Strafen diejenigen,
wenn sie z. B. Prügel auf die Hacken bekommen,
daß sie Monathe lang nicht gehen können, oder
wenn mit ungeheuren Knüppeln auf sie los geschla-
gen wird, als wenn es kaltes Eisen wäre, und
nur einige Rippen dabei leiden. Der leibliche Bru-
der von Schach, gab ein unerhörtes Beispiel der
Duldung des Schmerzes. Der Schach hatte ihn
fchon mehrere mal in Verschwörungen entdeckt, und
ihm immer verziehen, in der Hoffnung, ihn durch
Y
-
137
Güte zu gewinnen. Jener aber spann bei der er-
flen Gelegenheit wieder neue Verschwörungen an,
nnd das letzte Mal ließ der Schach ihn festsetzen,
und ihm sagen, daß seine Augen ihm sehr gefie-
len. Wenn meine Augen ihn gefallen, so kann er
fie ja nehmen, erwiederte jetter, und ließ sich die
Augen ohne Murren ausschneiden, worauf sie dem
Schach auf einer goldenen Schüffel gebracht wur-
den. - - - -
Wir begannen am 22. Juni von neuem den
Marsch, um wieder auf den großen Weg zu kom-
men, den wir schon vor Seeglabat verlaffen hat-
en, um mehr in den Gebärgen zu feyn - wo es
küßler ist. Turkumantschai heißt das Dorf, wo
unser Nachtlager heute aufgeschlagen war. Der
kleine Strom führt denselben Namen. Zwei Mär-
che von hier liegt die Stadt Miana , die einer
Art giftiger Wanzen wegen berühmt ist. Diese
Thierchen haben sich auch in der Nachbarschaft ver-
reitet, und hier sogar soll man schon einige fin-
Yen. „Unsere neu angekommenen Kameraden erzählen,
inen lustigen Vorfall, der sich in Teheran mit
inem Chan ereignet habe. Bekanntlich ist das
Saufen in der Mahomedanischen Religion streng
verboten. Ein Chan aber hatte sich es angewöhnt,
aß sogar der Schach es erfuhr, welcher ihm an
angs harte Vorwürfe machte, und ihn endlich
uch züchtigen ließ. Da nichts half, so ertheilte
er Schach ihm den Befehl zum # worauf
138
jener 40 Tage lang in starken Rausch lag, und
das Ding so überdrüßig wurde, daß er ganz zu
trinken aufhörte, und den Schach bath, seinen
Befehl zurück zu nehmen. Ein langes nacktes Thal
führte gerade auf das Städchen Miana, defen
Gouverneur dem Gesandten mit gewöhnlichen per
fischen Ehrenbezeugungen entgegen kam. Da hier
die Residenz der Wanzen ist), so mußte unser La-
ger. 4. Werte weiter am Fuße der Caplantischen
Gebürge am Strom Karlamku aufgeschlagen werden.
Eine schöne Brücke auf 23 Bogen, geht über dies
fen jetzt so unbedeutenden Strom, der fich aber in
den schlechten Jahreszeiten weit ergießen muß. Diese
Brücke ist von Abas dem Großen erbaut, und
- iuwendig mit Gängen und Treppen verfehen, an
deren Enden vier einfache Säulen stehen, von des
nen eine gänzlich zerfallen ist. Die giftige Wanze,
die eigentlich die Mianische genannt wird, verdient
wirklich von einem guten Naturforscher genau un-
tersucht zu werden. Sie ist etwas größer als die
gewöhnlich europäische Wanze, hat eine graue
Farbe, die etwas mehr ins Schwarze fällt, und
der Rücken ist fast unkenntlich mit kleinen rothen
Punkten versehen. Sie hält sich nicht anders als
in Mauern auf, und zwar je älter das Gebäude,
desto häufiger und giftiger ist sie. Bei Tag kömmt
fie nie zum Vorschein. Sie scheut auch das Licht, -
aber man hat doch Beispiele, daß sie auch bei
Lichte heraus gekommen ist. In Miana haben diese
'-
I39
Wanzen seit undenklichen Zeiten eritiert, und sich
nach und nach auch in der Nachbarschaft verbreitet,
wo sie aber nicht ganz so giftig sind. Im Winter
liegen fiel starr ohne Bewegung in der Mauer, und
find, wie alle giftigen Thiere, im Sommer bei
großer Hitze am gefährlichsten, Dabei muß ich er-
wähnen, daß die persischen Häuser nicht aus Zie-
geln gebaut werden, sondern – wie besonders dic-
jenigen in Miana und in allen Dörfern – aus
einer Lehmmaße , welche durch fein geschnittenes
Stroh zusammen hält. -
Das Merkwürdigste und Einzige in seiner Art
bei diesen Wanzen ist, daß sie die Einwohner nicht
beiffen, oder wenn es auch vielleicht geschieht, fie's
eben so wenig bemerken, wie wir in Europa von
Yen unsrigen; dahingegen beiffen sie jeden Fremden
er in Miana übernachten wollte, und der Biß
ist in 24 Stunden ohne Rettung tödlich. – Zwei
Beispiele kenne ich sehr genau. Die Engländer in
Tauris erzählten mir immer, daß sie einen Be-
lienten in Miana verloren hätten, der unglückli-
her Weise gebiffen worden wäre. Er habe gleich
Hitze im ganzen Körper gefühlt, darauf fey er
wahnsinnig geworden, und habe unter fürchterli-
hen Convulsionen sein Leben anfgeben müffen.
Einen noch glaubwürdigern Beweis gibt der Obriste
Baron Wrede, der in Grusien schon lange ehren-
voll dient, und als Abgesandter vor einigen Jahr
en nach Persien ging. Es war schon ziemlich spät :
140
in der Jahreszeit und Baron Wrede glaubte die
Wirkung des Biffes wäre nicht so gefährlich. Er
entschloß sich daher in Miana zu übernachten, je-
doch die ganze Nacht durch Licht zu brennen. Alle
kamen glücklich davon, außer einem Cofacken,
der am Fuße an andern Morgen einen schwarzen
Fleck hatte, verwirrt durcheinander schwatzte, und
endlich wüthend wurde. – Die Einwohner rie-
ehen ein Mittel an, nämlich einen Ochsen zu schlach-
ten, und die warme Haut um den Fuß zu schlagen,
Dieses geschah auch, half aber nichts, und der
Cosack starb unter fürchterlichen Convulsionen. –
Die Einwohner behaupten, daß einige Gebiffene
gerettet worden sein, unb zwar dadurch, daß man
40 Tage nichts wie Waffer mit Zucker und Honig
genießen müsse. Die Einwohner nehmen sie in die
Hand ohne alle Gefahr. Welch ein Glück , daß
diese Thiere sich nicht in Kleidern und so derglei-
chen aufhalten, fiel hätten sich sonst vielleicht in
- ganz Persien verbreitet. -
- Miana ist noch berühmt wegen feiner Tep-
pichfabriken, die aus Kameel-Haaren gemacht wer-
den, und besonders ihrer Farben wegen gar nicht
übel aussehen. Die Einwohner brachten sehr viele
zu uns ins Lager, die wir trotz der Wanzen gerne
kauften, viele schliefen die nämliche Nacht noch
auf den Teppichen, vielleicht etwas unruhig ; aber
unser lieber Apotheker, der ein großer Spaßvogel
ist, hüpfte die ganze Nacht herum. -
41
Die Jungferfestung, schreckliche
Hitze, Empfang beim jüngst ein
Sohne des Schach.
Eine Chauffee, erbaut von Albas den Großen,
sie jetzt noch an einigen Stellen fehr gut erhalten ist,
ührt ins Caplantische Gebirge, welches Aderbegan
Yas ehmahlige Medien, von Irakkaargem, den eh-
maligen Parthien trennt, der Weg erhob sich zwi-
chen schwarzen Felsen-Klüften, und schlängelte sich
ehr romantisch in die Höhe. Auf der äußersten
Spitze blieben wir stehen, um eine wundervolle
Aussicht zu genießen, denn man fah auf der einen
Seite Miana und Gebirge, die fast an Tauris
ränzen; auf der andern Seite bunt durch ein ans
er geworfene Anhöhen, die sich im Horizont in
in Hellgelb verloren, das von einem schmalen blauen
Streif, der mehr den Wolken ähnlich sah, um-
ränzt war. Das sind die Gebirge, bei denen Sul-
aine liegt, die Gegend dahin zeigte schon jetzt Ar-
nuth. Kein Baum; kein Gras nichts als ein gel-
er fandiger Grund, der verschiedene Farben spielte
und auffallend gegen das eben verlaffene Aderbegan
bstach. Nachdem wir uns an diesem Punkte eine
Zeitlange verweilte, und der Wind fürchterlich um
unsere Ohren gefaust hatte, begannen wir herab-
usteigen, welches durch das Schlängeln der Chauf
ee sehr erleichtert wurde. Links fah das über-
achte Auge auf einer isolierten Felsenspitze die Rui-
(I
-
- 142
nen einer Festung, die Jungfer - Festung
genannt. Sie soll von Artaxerres erbaut worden
feyn, der dort ein Mädchen in Gefangenschaft hielt,
woher sie noch jetzt den Nahnen trägt. Schade
has Abas der Große dieses Alterthum fast gänz-
lich hat zerstören lassen, weil sich Räuber dort
aufhielten, die das Gebirge unsicher machten. Man
sieht aber noch eine Mauer, die wunderlich von
einer Felsenspitze auf die andere gezogen ist, und
fo auf sehr unegalem Terrain, das Ganze um-
gibt. In der Mitte steht noch eine Art hon Haus
mit einem Fleckchen Dache, das aber sonderbar
… genug keine Thür hat. Nur oben auf dem Dache
habe ich selbst ein Loch gefunden, in welchem ein
hinein geworfener Stein einen dumpfen Wiederhall
giebt. Wir fanden den ganzen Platz mit einer
furchtbaren Menge von Steinen und Muscheln an
gefüllt. Einer von uns hatte das Glück ein Paar
zusammen gewachsene Muscheln zu finden, die an
sich fchon fehr selten find, und über dem verstei-
nert waren. Ueberhaupt beweist die Farbe der Ge-
birge , baß man hier große Schätze im Schooß
der Erde finden würde. Das Heraufflimmern zu
der Festung war leichter, als das Herunterkaffen,
wo ein jeder so gut er konnte, rutschen mußte.
Der große Weg führte noch herrlich das Ge-
birge hinunter, an dessen Fuße der Fluß Kisil-
ofum") sich schlängelte. Hin und wieder sah man
- -
"I Kisilofum bedeutet Goldfuß, ... *
- - 143 -
feines Gesträuch am Wege stehen, welches seltsam
mit allerlei bunten Lappen behangen war. Wir er-
uhren, daß so ein Ort Pir genannt werde, und
aß dieses eine heilige Stätte fey, an der die Wan-
erer, wenn sie sich zu schwach fühlten den Weg
rtzusetzen, oder sonst einen Kummer haben, ihre
jebethe verrichten, und Stücke vom Kleide nach
affen, worauf sie dann getröstet und gestärkt
weiter gehen: Als wir den letzten Abhang erreich-
n, erblickten wir eine schöne Brücke von drei
jogen über dem Kiffl-ofum - Sie ist ausgeblich-
in Quadersteinen erbaut. Die Bogen sind sehr
roß und dreist, und führen an den Räudern eine
rabische Inschrift, die uns zeigte, daß sie erst
or 144 Jahren von einem Einwohner aus der
Stadt Casbin erbaut sey. Millionen Schwalben
aben ihre Nester unter den Bogen aufgeschlagen.
In dem einen Ende ist eine Thür die ins Innere
ihrt, wo große Zimmer vorhanden find. Der
mittlere Bogen ist 8 Faden hoch; nur Schade,
n einer Stelle ist ein großer Riß, der mit der
eit gefährlich werden kann. Nicht weit von der
jrücke stehen die Mauern eines Karavan-Sarays. -
Oie Aussicht ist himmlisch, indem die nackten
chwarzen Berge gegen die grünen Ufer des Flußes
hön abstechen. In einiger Entfernung scheint die
3rücke wirklich zu schweben. Hier ist der berühmte
nglische Reisende Browen erschlagen worden. Von
er Brücke an geht der Weg rechts längs dem
- - I44
Ufer des Fußes, der einem bald derläft, und sich
in ein sandiges Gebirge erhebt, das ein sonderba-
res Gemisch von Farben roth und hellgelb spielt,
Der erste Berg vom Ufer aus ist außerordentlich
steil, und der Weg krümmt sich langsam hinauf,
Nachdem wir ihn zurück gelegt hatten, trafen wir
gleich darauf unser Nachtlager beim Karavan-Saray
Dganalabad anfgeschlagen, das noch gänzlich un-
versehrt ist, obgleich es 520 Jahre steht. Hier,
fagte man uns, fange die große Hitze an. Es sieht
auch ganz darnach aus. Ein ewiges Sandfeld er-
müdet das Auge, welches keinen Grashalm mehr
- zu sehen bekömmt. Traurig ritten wir alle in
einem dicken Staube, aus dem die Glocken der Ka-
uneele widrig hervorschalten. Es soll hier oft wo
chenlang kein Lüftchen sich rühren. Der aufgehobene
Staub bleibt in der Luft schweben, und bildet am
Ende eine Atmosphäre die dem Nebel ähnlich sieht,
Diese Staubwolke steigt gerade so hoch, als es nöthig,
ist, um Reifende zur Verzweiflung zu bringen. Un-
fer Lager fanden wir neben einer Karawan-Saray
Sardgan , unweit defen zu unserer Verwunderung -
auch ein kleines Dorf lag; allein ich wunderte
mich nicht mehr, als ich hörte, daß diese armen
Leute auf Befehl des Ahas, Mirza sich hier nieder-
gelassen hatten. Der Fluß Sangatschai, der durch
diese Sandwüste hinläuft, ist der einzige Ort, an
den die Einwohner ein Plätzchen zur Aussaat fin-
den: Das Korn war schon geschnitten-
-
145
Die furchtbare Hitze machte den traurigen
blick der wüsten Gegend noch unausstehlicher.
r Weg näherte und entfernte sich wechselweise
dem Fluffe Sangatschai. Aber großer Gott,
ch" ein Land! Wie ist's möglich, daß die Na-
so etwas gräßliches hervor bringen konnte!
n stelle sich ein Meer aus fließendem Lehm vor,
ches durch Sturm zu Wellen gepeitscht durch
n Wink des Schöpfers plötzlich verwüstet wor-
; diese Lehmwellen in tausenderlei Krümmungen -
e man sich nachher von der Sonnenhitze in
lionen Richtungen geborsten, und man hat das
e Bild des Weges von unserem gestrigen Nacht-
r bis Karawan - Saray Mikpe, wo wir be-,
bt und gebraten anlangten. Diese Karawan-
ay, die auch nicht weit vom Sangatschaifluffe
, ist im Jahre 1049 *) von Bagadir.
ach erbaut worden, der nach einer Belagerung
Erivan heim kehrte, mind an dieser Stelle aus - -
e, zu welchem Andenken er dem Ispahaner
ist er Tinki - Hedai- Talahof befahl, dieses Ge-
e aufzuführen. Hier ist die Grenze des tau-
en Distrikts. Seltsam erhoben sich die Wiude
it der kaplantischen Gebirge regelmäßig des
gens um 8 Uhr, und hörten um 6 Uhr
- -
Nach persischer Zeitrechnung; sie sind jetzt im
Jahre 1 2 3 z.
D.
- 146 " -
wieder auf. Hier ist das Gegentheil; der Wind
erhebt sich Nachmittags um 6 Uhr, bläst die
ganze Nacht durch, und hört des Morgens auf.
Ten ganzen Tag rührt sich kein Lüftchen, und die
Hitze ist sehr empfindlich. Nachdem uns der hen-
tige Marsch eine eben so scheußliche Gegend darge-
stellt hatte wie gestern, so wurden wir am Ende in
unserm Lager neben dem Dorfe Jengidge ange-
nehin von Bäumen überrascht, deren wir fit
Miana nicht wieder fahen. Die schattigen Bäume
und ein klarer trinkbarer Strom, der gleichfalls in
Persien eine Seltenheit ist, luden den Gesandten
ein, hier zwei Tage zu verweilen, um so mehr, da
wir bereits sieben Märsche zurück gelegt hatten,
ohne einen Rasttag zu haben. – Unser nächster
Marsch von hier aus ist die Stadt Sanaan, die
von einem Sohne des Schachs Awdula - Mirza re-
giert wird. *) Der Gesandte hatte von unserm
Memandar erfahren, daß Awdula - Mirza in San-
gan einen feierlichen Empfang bereite. Da der Ge-
fandte kein Freund von Ceremonien ist, und über
haupt die Hitze des Tages sie noch unerträglicher
macht; so erhoben wir uns um 2 Uhr in der
\ -
*) Wenn das Wort Mirza hinter dem Namen steht
fö drückt es einen Sohn vom Schach aus, steht
es hingegen vor dem Namen, so bedeutet es
fchlechtweg Edelmann. - - - -
v.
147 -
Macht, und es gelang dem Gesandter, in Sangan
unbemerkt anzukommen, che noch ein Mensch auf
ustehen, dachte. Der Weg führte längs dem
Sangatschai-Fluß, den wir vorgestern verlassen
hatten, und an welchem wir die mit Gärten ver-
ehenen Dörfer Bari, Sarin, Guschker ze,
rblickten. - - - -
Die Stadt Sangan präsentierte sich sehr
chön. Sie ist von einer mit kleinen Thürmchen
esetzten Mauer umgeben, und in der Mitte der
Stadt erhebt sich ein hübscher viereckiger mit gri-
en Jalousien versehener Thurm, der im Hofe von
lwdula - Mirza steht, und den armen eingesperrten
Weibern zum Vergnügen dient. Es schien uns, als . . "
wären die Weiber nicht so spröde und strenge ge-
alten wie sonst; denn sie guckten zu den Thüren
eraus, und lüfteten die Schleier, so daß wir
mehrere recht hübsche entdecken konnten; freilich
ann man sich auf unser Urtheil nicht ganz verlaf
n; denn wir sahen“ über zwei Monate kein
Weibsbild, und ich - glaube, ein Satan in Frau-
nskleidern hätte uns auch gefallen.
Ein großes recht hübsches Haus empfing uns
llle. Das Palais von Awdula - Mirza befand sich
icht neben uns, so daß man von dem erwähnten
Thurm gerade in unsern Hof und unsere Fenster
hen konnte. - -
Nachdem der Gesandte die Besuche einiger
ernehmen aus Sangan erhalten, begab er sich
- - - - - -
-
148 -
in Begleitung einiger Herren der Gesandtschaft zu
Awdula-Mirza, der die Höflichkeit so weit trieb,
nicht nur dem Gefandten, sondern allen Herren, die
ihn begleitet hatten, Stühle zu geben. Er ist ein
junger Mann vbn 24 Jahren, fast der jüngste
Sohn des Schach, hat viel Aehnlichkeit von Abas-
„ Mirza, und ist auch ein großer Freund. Seinem
Bruder zu gefallen, hält er ebenfalls 2 Bataillons
regulairer Truppen, für die er neben feinem Pa-
lais eine schöne Kaserne erbaut hat. - -
_ - -
Die Stadt Sang an, perfifche
Weiber vor eine in europäis
fchen Arzte, Schilderung der
Soun unter-Refidenz des Schach,
Sulta in e.
. Da wir mehrere Tage hier blieben, so be-
suchte ich den Bazar, der ärmlich und fchmutzig
ist. Eine Menge Turguoisen fieht man in allen
Buden liegen, die, ohngeachtet sie ein persisches
Produkt sind, in Rußland weit wohlfeiler verkauft
werden, als hier. Man findet in der ganzen
Welt keine außer Persien, und selbst hier sind nur
zwei Minen, deren eine nicht längst erst entdeckt
worden, und die weit schlechtere Steine liefert,
Die alte Mine, aus der der Schach blos für sich
welche nehmen ließ, liegt unglücklicherweise in der
Provinz Korroffan, die gegenwärtig in Empörung
- -
14G
Früchte sieht man eine Menge auf dem Ba-
aber alle unreif; ausgenommen die Birnen,
he vortrefflich schmecken. - - -
Awdula - Mirza hatte ein Paar kranke Kin-
urd bath um unsern Doctor Müller, den -
alle beneideten, der glückliche Sterbliche zu
, einen Harem voll schöner Weiber zu erblik-
Das erste Mal wurden die Kinder vom Ea-
heraus getragen. Sie schrieen, als ob sie
Spieße stäken, so daß Doctor Müller gar
s unternehmen konnte, und unverrichteter
e nach Hause kam. Das andere Mal kamen
Mütter und Ammen selbst. Aber was erfann
siatische Eifersucht? – Ein dichter Vorhang
zwischen Müller und den Weibern, hinter den
r ihm die Kinder hingehalten wurden. Er
hübsche Hände und Fußspitzen, glücklicher Müll-
– Alle Abende hatten wir Musik, wozu sich
anze Stadt ums Haus und im Hofe versam-
; auch auf dem Thurme erschienen Figuren,
die neidischen Wºdammten Jalousien und das
Geländer oben raubten unsern spähendeu Bli-
alles. Ich will hoffen, daß die Damen uns
schlecht haben sehen können. Außerdem wür-
fe eben keine vortheilhafte Idee von der
inheit der Europäer gefaßt haben, weil wir
vierten Tag nach unserer Ankunft fast alle wie
Rebhühnereier aussahen. Es gibt hier eine
unsichtbare Fliege, die uns dermaßen stach,
. . " 15o
daß das Gesicht und her ganze Körper mit rothen
Flecken bedeckt war. Ein ewiges starkes Jucken
brachte die Gesandtschaft in große Thätigkeit.
Diese Fliege ist blos in der Stadt zu Hause, und
sticht nur allein Fremde. Die persischen Städte
haben denn doch, wie man sieht, auch ihre Merk
würdigkeiten. – Dieser Umstand zwang den Ge-
fandten, um einen andern Aufenthaltsorte zu bit-
ten, welches um so lieber zugestanden, wurde - als
wir die Nachricht erhielten, daß der Schach Tehe-
ran verlassen habe, und in langsamen Märschen da
bei jagend nach Sultaine ginge, welches nur 2
Märsche von hier entlegen ist. Awdula - Mirza
hatte vom Vater Befehl erhalten, ihm entgegen zu
kommen, und verließ uns deshalb. Wir folgten
mit Freuden den 5. Juli nach, und erhielten zwölf
Werte vor Sultaine, neben den Ruinen eines
Dorfes, Samanarchie genannt, ein großes Lager,
in welchem wir die Ankunft des Schach abwarten
sollten. Neben uns waren hon die Zelte des
zweiten Ministers Mirza - Almodul-Wehab aufge-
fchlagen, der vom Schach geschickt war, den Ge-
fandten zu komplimentieren, und uns bis seiner
Ankunft Gesellschaft zu leisten. Er besuchte am
näulichen Tage den Gesandten, und wir fanden,
daß er ein Mann von viel Kopf uud angenehmen
Manieren fey. Er kleidete sich immer mit vielen
Geschmack, war etwas eitel, und durfte es auch
151
, denn er war ein schöner Mann. Als Seit")
er dem Schach die Wahrheit, und ist auch
g geraden Charakters und Verstandes wegen
geliebt, – - -
Da der Schach sehr langsam reist, und feine
rologen ihm einen glücklichen Tag bestimmt ha-
, vor dem er nicht in Sultaine anlangen darf,
rachten wir in diesem Lager von Samanarchie .
Tage zu. Kein Bäumchen, so weit das Auge
konnte, erfreute unser Herz. Selbst die
e, auf der wir standen, trug nur längst von
Sonne verbranntes Gras, wie es bei uns ohn“
hr im Herbste nach den ersten Frösten aus.“
Die Hitze war fast täglich 30° Reaumur
Schatten. Die Seiten der Zelte mußten auf-
ben werden, und man lag den größten Theil
Tages, ohne sich rühren zu können, Zu un-
Güte verging kein Tag ohne Wind, der
---
Eine Secte in Persien, die vom Mahoned her“
stammt, und die geachtet und gefürchtet wird.
ein. Seit fagt dem Schach die Wahrheit, ohne
felbst etwas zu riskiren. Einen Seit steht es
frei, in jedem Hause einzukehren, und der Wirth
ist gezwungen, ihn aufs Beste zu bewirthen, auch
wohl noch zu beschenken. Der gemeinte Mann
als Seit geht gerade zum Minister, wenn er
will, und fetzt sich an seinen Tisch, besonders
wenn der es auch ist, -
“-
-
152
leife durch die Zelte wehend uns einige Abkühlung
verschaffte. Selbst die Nächte waren warum. Der
Thermometer fiel nie unter 8“ Reaumur und das
auffallend; dabei war die Luft immer so trocken,
baß ein aufgehangenes Blatt Papier keineswegs
feucht wurde. -
Die Geschenke des Kaisers an den Schach
gingen über Astrakan und das kaspische Meer, wo
sie am persischen ufer landeten, und jetzt glücklich
in Sultaine augekommen sind. Dieser Umstand
verschaffte uns die Gelegenheit, Spazierritte nach
Sultaine zu machen, wo uan den Schach erst
den 19. Juli erwartete. Auch ich ritt eines
Abends nach Sultaine, aber mehr um das Schloß
inwendig zu besehen, welches nach der Ankunft
des Schachs wohl nicht angegangen seyn möchte.
Obgleich die Entfernung nur 12 Werte ausmacht,
so ist der Unterschied des Klimas doch schon sehr
merklich, weil Sultaine sehr hoch liegt. In der
Nacht war ein Frost. Ich wollte meinem Gefühle
nicht trauen; denn es war doch kein Traum, daß
ich mich in Persien in 36 der Breite befand; aber
das weiße Gras vor Sonnenaufgang ü5erzeugte
mich von der Wahrheit. Sobald die Sonne die
ersten Strahlen wirft, so hat unan plötzlich 10 *
Wärme, und in weniger als 3 Stunden 30“. –
Der. Morgen entdeckte mir die traurige An-
ficht von Sultaine, und meine Hoffnung eines
künftigen angenehmen Aufenthaltes scheiterte gänz-
153 ,
ch. Das Schloß steht auf einer kleinen nhöhe
on wenigen Bäumen umgeben, und zeigt nichts
eniger als den Sommeraufenthalt eines Schachs
1. Ich konnte auch gar nicht begreifen, wie der
chach mit feinem Gefolge da Platz finden wollte;
ein nachher entdeckte sich's, daß der ganze Hof
nd herum in Zelten und bloß der Schach mit
in Harem das sogenannte Schloß bewohnen
rde. Dafür ist freilich. Platz genug darin –
inter dem Schloffe zeigt sich ein Dorf, welches
eichen Namen trägt; links ist eine große herrliche
etschet, umgeben von häßlichen Ruinen, die sonst
Stadt Sultaine bildeten, welche jetzt nicht
hr riskiert. Das Ganze ist von hohen nakten
ergen umgeben; es ist auch gar nichts da, was
s Auge erfreut. Welch ein E- immeraufenthalt!
eilich kühl ist's hier, und starke Winde blasen
tändig. - - - - : "
Ich ging in das Schloß, wo eine Menge
beiter beschäftigt waren, ausgebrochene Fenster
» Dielen zu rep iren, Wände zu weißen, den
hmutz auszukehren, kurz alles in den Stand zu
'n, den Beherrscher Persiens zu empfangen. An-
den Audienzzimmer, welches die offene Seite
Schlosses bildet, und von wo aus die Aus-
t auch ganz leidlich ist, fand ich kein einziges,
ches einem Palastzimmer ähnlich sah." Man
ß freilich wissen, daß der Schach nur alle 4
re vielleicht einige Meter zubringt. Die
154
-
übrigen Zimper in der ersten Etage waren alle
kleine Löcher, die durch Thüren und Gänge zusam-
men hängen. Am Ende führt ein bedeckter Gang
eine Treppe hinauf, und man befindet sich in einer
großen Ringmauer, in deren Mitte ein achteckigtes
Gebäude thurmartig mit einer Kuppel steht. Tü-
ren gehen von allen Seiten hinein, ringsum sind
kleine Zimmerchen und in der Mitte ein großes
Zimmer, dessen Wände mit persischen Sprüchen
angefüllt sind. Hier ist die Wohnung der ersten
Frauen und der Sitz der Wonne; sie mußte aber
auch sehr gereinigt werden. Aus dieser Ringmauer
führt eine kleine Thüre in einem Thurm, von wo
aus die Weiber die Aussicht aufs Lager genießen
können. Dem Schloffe gegen über waren einige
Zelte aufgeschlagen, in denen die Geschenke ausge-
krant wurden.
Ich gestehe, daß ich übler Laune nach Sa- -
manarchie zurück kehrte, wo ein eben gestorbener
Tscherkes die Phantasie noch mehr schwärzte. Der
Gesandte fchickte den Schach einen Offeier entge-
Sultaine entfernt sey. Dieser kehrte in einigen Ta-
gen zurück, und brachte die Nachricht, daß der
Schach nicht mehr weit wäre; allein die Art, wie
er reife, würde seine Ankunft noch um einige Zeit
ä un gewiß zu sein, wie weit er noch von
verzögern. Er mache kleine Märsche, und sey be-
ständig auf der Jagd. Diesem Offeier begegnete
in einem Dorf, daß seine Begleiter mehr Pferde
55
forderten, als sie nöthig hatten, vielleicht auch von
denen, welche nehmen wollten, die schon an der
Reihe gewesen waren; kurz die Bauern machten
Lärm, durften aber gegen einen Memand ar, wels
-cher im Namen der Regierung befiehlt, nichts un-
ternehmen. In solchen Fällen haben sie das komi-
fche Privilegium, ihre Weiber zu Hülfe zu rufen,
und diese haben das lächerliche Privilegium, auf
folgende Art darauf los zu schlagen: Sie werfen
sich nämlich eine Hand voll Erde über den Kopf,
mit den Worten: Ali sieht, daß wir außer uns
find – und dann schlagen sie ungestraft darauf
los. Es wäre doch gefährlich, in Europa den
Weibern solch' ein Privilegium zu geben. –
Der Ramasan (die Fasten) machte, daß fast
kein Perfer den Tag über in unserm einsamen Sas
manarchie zu sehen war. Alles faß in den Zelten,
und hungerte den ganzen Tag, welches noch leich-
ter zu ertragen wäre, als durften bei dieser Hitze.
So wie aber die letzten Strahlen der Sonne vers
schwinden, so schreiet ein Mollah (Geistlicher) aus
vollem Halse, welches bedeutet, daß die Fasten des
Tages beendigt sind, und sogleich wirft sich das
Lager heißhungrig auf Effen und Trinken. So ein
Fasten greift sehr an, besonders da es Monathe
lang-dauert. Man sieht's ihnen auch an; sie find
während dem ganz schwach und keiner ordentlichen
Ueberlegung fähig.
Der Gesandte hatte auch eine Spazierfahrt
156
nach Sultaine gemacht, und gab bei seiner Rück-
kunft den Abend unter freiem Himmel ein Gast-
mahl für Mirza - Awdul- Wehab, wobei die Musik
spielte, und wir einen Toast für den Schach auf
- europäische Manier brachten. Diese laute Aeuß-
rung der Freude, wodurch man Jemanden Glück
wünscht, schien dem Minister fehr zu gefallen, der
viel Sinn für Freude hat, und eine schöne Feder
in feiner Sprache führen soll, worauf sich - die
Perfer nicht wenig einbilden. Darum fagte er
auch zu dem Gesandten: als dieser uneinen Vater
als einen berühmten europäischen Dichter schill-
derte: also ein Mann wie ich!
Lächerlichkeiten der perfifchen
* - Astronomen.
Mirza - Awdul- Wehab lud uns an folgen -
den Tag zu sich zu Mittag ein, welches des Ra-
mafans wegen nicht vor 8 Uhr des Abends. Statt
finden konnte. Früh fhickte er dem Gesandten ein
kostbares Geschenk von Chiras-Wein, der etwas
Aehnlichkeit vom Portwein hat, nur weit leichter
ist, und ein besonders angenehmes Aroma besitzt.
Der Minister hatte die Aufmerksamkeit, von uns
Stühle und Tischgeräthe zu leihen, um den Ge-
fandten nicht in die Verlegenheit zu setzen, mit den
Fingern zu essen. In einem Zelte war alles sehr
niedlich gedeckt, und nicht wie nach persischer Sitte,
-
157
- -
hunderte von Schüffeln aufeinander gethirmt, fott-
dern die Speisen wurden herumgetragen, welches
abermals eine Aufmerksamkeit von seiner '
bewies. Als wir uns gesetzt hatten, wurde a
fangs nichts angerührt bis die Stimme des Mol-
lah draußen erschallte. Darauf wurde dem Mini-
fer eine Dose gebracht, aus welcher er ein wenig
Opium schluckte, welches bei den Persern den
Schnaps ersetzt. Die manigfaltigen Speisen füß
und fauer durcheinander konnten freilich uns nicht
fchmecken, so wie das Brod, welches ein Mehl-
kuchen ist, der an der Sonne gebraten wird; al- -
lein der Wein war gut, und der Ispahaner hatte
viel Aehnlichkeit vom Madera. Nach Tische bega-
ben wir uns in ein anderes Zeit, wo Kaffee ohne
Zucker und Kallions gereicht wurden, die ohnehin.
den ganzen Tisch iber, ein Fagott-Conzert gemacht
hatten, den der Perser raucht nach jeder Speise.
Der Gesandte war so gütig unir den unver-
dienten Namen Astronom beizulegen, worauf der
Minister mich bath, ihn Tages darauf zu besu-
chen, indem er auch ein großer Liebhaber der Ma-
thematik und Astronomie wäre. Den andern Tag
also, hatte der Rath der Gesandtschaft, wirklicher
Staatsrath Negri, die Gemogenheit nich zum Mi-
nister zu begleiten, weil die gewöhnlichen Dolmets
fcher nicht im Stande gewesen wären, ähnliche Sa-
chen zu überfetzen. – Da die Perser viel auf Stern-
heutungen halten, so glaubte auch ich irgend eine
158
astrologische Wendung der Ankunft unserer Gesanft-
fchaft geben zu müffen. Es fiel mir ein daß der
F" gerade im Zeichen des Skorpions jetzt stehe.
allen Dingen also erklärte ich dem Minister,
daß dieser Planet an Größe und Glanz Rußland -
vorstelle, und Asien überhaupt in Europa. Unter
dem Zeichen des Scorpions verstanden würde. Da
diese nun gerade jetzt in Vereinigung wären, so
fey gar kein Zweifel, daß die Freundschaft dieser
beider Nationen im Himmel beschlossen, und also
Gott gefällig wäre. – Der Minister bekräftigte -
- meine Aussage, und behauptete, daß auch die per“
fischen Astrologen gesagt hätten, daß die russische
Gesandtschaft unter den günstigsten Himmelszeichen
angelangt wäre. Ein dicker Perfer, der Einzige der
unserer Unterredung mit beiwohnte, saß seitwärts
vom Minister, hielt ein großes Buch vor sich, in
welchen er beständig blätterte, und schielte von
Zeit zu Zeit unter großen schwarzen Augenbraunen
grimmig auf mich. Der Minister rekommandirte
ihn uns als großen Mathematiker. Ich glaube
aber es war ein Astrolog, der mich examiniren
sollte. Er blätterte immer heftiger, und murmelte *
dem Minister etwas vor, worauf jener mich fragte,
woher Finsternisse entstehen? Ich stand auf und
spazierte um den dicken Astrologen herum, der
sich grimmig und ängstlich umsah, und anfangs
gar nicht begreifen konnte, was ich von ihm ha- -
ben wolle, und noch mehr erschrack, als ich plög-
- - - - -
-
-
- 159 -
Mich hinter ihm niederhufte, und dem Minister
frug, ob er mich sehen könnte? Der Astrolog war
dick genug, um mich ganz zu bedecken; und der
Minister mußte wohl lachend Nein sagen. Darauf
stand ich auf und bath der Astrolog möchte es
mir nicht übel nehmen, daß er die Rolle unters
Erdklumpens gefpielt; den Minister sagte ich, er
stelle in diesem Angenblicke die Sonne, ich den
Mond, und die ganze Procedur von der sich der - -
Astrolog noch immer nicht erholen konnte, eine
Mondfinsterniß vor. Darauf trat ich zwischen den Mi-
nister, und den Erdklumpen, und fagte ihm, der
Astrolog hätte nicht mehr das Glück die Sonne
zu sehen, es wäre also Sonnenfinsterniß auf der
Erde; ich könne sie aber nicht total vorstellen, in-
dem der Herr Astrolog etwas zu korpulent wäre. –
Die Sonne lachte; und die Erde brummte. So kann
man's in der Welt nie allen Recht machen. Bei
den kleinen Finsternissen bekam ich schon weit gnä- -
digere Blicke von dem Herrn Astrologen, denn ich
brauchte ihm nicht ganz den Anblick der Sonne
zu rauben. - -
Nachdem diese beiden Herren so schmeichelhafte
Rollen gespielt, wurden sie übermüthig, und be-
haupteten: was man am Himmel fähe, wäre
blos Götterprunk und ein Glanz. Denn Jupiter,
Saturn und Venus wären die Einzigen, die
sie auch für Körper anerkennen, und zwar weit
glücklicher als unsere Erde, indem sie alle der Sonne
„163
weit näher wären als wir, und es auch weit wäre
mer hätten. Was die Venus anbelangt, haben sie
Recht, erwiderte ich, die ist weit näher der Sonne
als wir, sonst könnten wir sie nicht alle 100 Jahre
einmahl durch die Sonne gehen sehen; allein Ju-
piter und Saturn sind viel weiter von der Sonne
als wir, und könnten auch aus dem nämlichen
Grunde nie zwischen uns und der Sonn
nen. Der Herr Astrolog der schon bange
ich wieder eine Finsternißceremonie anfinge, war
in allen einig, und schlug in seinem Buche ein ,
großes Blatt auf, worauf ein großer Ziegenbock ,
mit Hieroglyphen gemahlt stand. Nachdem er die
fen einige Mahl freundlich angesehen, fragte er
unich ganz ernsthaft: Was denn nach unserer Mei-
nung hinter allen Sternen läge? – Ich fagte
ihm, daß unsere Astronomen darüber noch nicht ei- -
mig wären, wahrscheinlich aber wären hinter den
letzten Sternen noch Sterne ohne Ende, und wenn
ja ein Ende. Stattfinde, so knüpfte sich dieses Ende
an einen Anfang, der doch ohne Ende wäre. - - -
Hier fiel ihm der Ziegenbock aus der Hand. Er
lachte wie die triumphierende Weisheit und uneinte,
folche Sachen wären doch für die Europäer noch
zu rund. Sehr zufrieden hob er sein großes Buch
wieder auf und sagte, indem er lächelnd blätterte:
davon wollen wir nun nicht mehr reden. – Wer
war froher als ich; denn das ohne Anfang und
Ende begreife ich gewiß noch weniger als er. Seine
- - - -
V
- -
1 -
161 -
Hand blieb auf einen Bogen liegen, der voller
Puncte war, und Millionen Teufelchen schienen
darzwischen gemahlt. Er fragte, was Wind wäre?
Ich fing eine Erklärung von dünnen und dicken
Luftschichten an, welche mehr oder weniger an -
verschiedenen Stellen von der Sonne erwärmt, in
eine Art Wallung gerathen könnten, die wahr-
scheinlich Wind hervor brächten, und daß dieser
fehr glaubwürdig bloß in unserer Atmosphäre ent-
stehe, indem weiter schon eine dünne Luft fey, die
wir Aether nennen und... – Was erzählen sie den
für einen Galimathias! fchrie er laut auf. So sind
die Europäer, sie drehen sich immer um Ursachen
und Gründe herum, und verlieren dadurch den
Gegenstand felbst aus den Augen. – Wind ist
eine Materie, die in sich und für sich selbst eri-
firt, wirkt, und den ganzen Raum ausfüllt, der
sich zwischen allen sichtbaren und unsichtbaren Kör-
pern befindet. Wie könnten sonst Kometen herans :
geflogen kommen? Diese sind die wahren Wind-
reiniger, die fliegen herum uud brennen alles weg,
was die Kraft des Windes vermindern oder gar
zerstören könnte, denn Wind ist eine wohlthätige
Gabe Gottes! – Dieses letzte Urtheil war in den
heißen Persien, wo fiel alle ohne Wind umkommen
würden sehr natürlich,
Unterdessen hatte er selbst wie der Wind in
feinem Buche gewirthschaftet und blieb mit Wohl-
gefallen an einem Batte stehen, wo eine Menge
-
- - 162
Kugeln hingemahlt waren, und oben eine gräßliche -
Frage. – Was denken sie von den Bewegungen -
der Körper? – steht die Sonne oder geht sie? –
Sie steht, war meine Antwort. Da haben wir's
Kennen Sie denn die Wirkung der Naturkraft nicht,
die einzig in ihrer Art ist? die Natur verleiht ei- -
ner jeden Sache nur eine Kraft, nie zwei auf ein-,
- - nal, sonst wäre sie ungerecht, und das darf sie
nicht feyn. Hat diese Kraft einmal gewirkt, so
ist nichts im Stande die Wirkung zu vermehren,
oder zu vermindern, und noch weniger eine zweite
hinzuzufügen. Wenn sie annehmen, daß die Erde
sich um ihre Are drehe, so ist dieses schon eine
Kraft , folglich kann sie sich nicht zugleich auch -
um die Sonne drehen, nehmen sie aber an, daß
die Sonne sich um die Achse drehe, dann dreht -,
die Erde sich nicht um ihre Are. – Auf diese Art, -
fagte ich, hat also die Natur unserer Erde bloß
die Kraft des Stillstehens verliehen! – Richtig
das behaupten wir Perser, ihr behauptet es von
der Sonne, und habt unrecht. Zur Freude der
Menschen und des Schach ist alles erschaffen, wir
stehen mit der Erde im Mittelpunete, und sehen -
dankbar zu. Darauf fchloß er sein Buch zu und
- fagte: diese Sachen wären hoher Natur, nuan -
… » müffe feinen Geist auch für die Zukunft schonen. -
Unterdessen wolle er von minder kopfbrechenden
Pingen frechen, als Mathematik. Darauf zeigte -
"r, wie man die Entfernungen der Gegenstände
- - - -
-
v
163
hinter einem Flufe messe; – wobei der Mini-
ster versicherte, der Schach hätte ihm einmal so
eine Commiffion gegeben, die er wundervoll ver-
füllt habe, wie man die Höhe eines Gegenstandes
von weiten messe 1c. – Er schien sehr bestürzt,
zu erfahren, daß in Europa die kleinen Kinder
die Geometrie damit anfangen. Ich fing an eine
trigonometrische Meffung zu beweisen, allein das
begriff er nicht, und schien keine Idee von Los
garithmen zu haben. Zum Schluß mußte ich der
verwunderten Gesellschaft allerlei über meine Reifen
- um die Welt erzählen, wobei ihnen zwei Sachen
unmöglich schienen: daß ich einst ihr Antipode
gewesen, und daß es schönere Länder in der Welt
gebe als Persien. - - -
Der Minister bedankte sich für die angenehme
Unterhaltung, ließ Erfrischungen geben; bath mich
ihn öfters zu besuchen, und wir schieden von dem
dicken Astrologen als gute Freunde. Ich habe
- nachher nur noch einmal eine Audienz beim Mi-
mister gehabt, in welcher ich ihm den Gebrauch
der Tafel und des Griffels zeigte, wovon sie in
Persien keine Idee haben, und welches ihn febr
gefiel. Er war noch mehr verwundert, als ich ihm
versicherte, daß in Persien eine Menge ähnlicher
Schiefer zu finden fey. - -
164
Einzug des Schach in Sultaine,
Gefchenke des Kaisers von
Rußland an den Schach, in erk-
würdige Schilderung des er-
sten Ministers. … -
Endlich kündeten mehrere Kanonenschüße die
Ankunft des Schach in Sultaine an. Einige Her-
ren der Gesandtschaft waren gerade in Sultaine
und Zeugen dieser Ankunft. - -
- Vom Schoße an stand auf eine Meile weit
reguläre Infanterie in zwei Reihen, zwischen de-
nen folgender Zug vor sich ging: Voran ging ein
Elephant, der auf dem Rücken einen reichen Ball-
dachin trug; nachher fünfzig Kameele mit Musi-
kanten in rothen spitzigen Mützen; (die Instru-
mente bestanden in langen Posaunen und Paul-
ken) fünf Hundert Kameele, mit kleinen Kano“
nen und Flaggen geziert; eine Batterie von acht“
zehn Kanonen ; zwanzig reich gezierte Handpier-
de ; vierzig Läufer, die auf dem Kopfe Kro-
nen ähnliche Mützen, mit Federn verschiedener
Farben versehen trugen ; der Schach selbst zu
Pferde in einfacher Kleidung; aber das Pferd in
diamantenen Geschirr. Er ritt ganz einzeln. Auf
50 Faden weit durfte. Niemand ihm nachkommen;
sieben zehn Söhne, alle reich gekleidet, und auf
schönen Pferden. unter ihnen zeichnete sich der
älteste S ohn Mahamed-Ali- Mirza, der mit
165
5000 Mann Kavallerie zu feinem Vater gestoffen
war, besonders aus. Seine Kavallerie aber machte
den Schluß. Der Schach hatte einige Herrn uns
ferer Gesandtschaft bemerkt, die höflich ihre Hüte
abzogen. Er erhob sich dagegen eiwas auf feinen
nen Steighügel, und schrie mehreinemal Kosh-
kildi (Willkommen). Die Perfer versicherten, daß
diese Ehre noch nie. Jemanden wiederfahren wäre,
besonders daß der Schach sich auf seinem Steig-
bügel erhoben hätte. -
Bei der Ankunft des Schach am Schloffe
wurde nach perfischer Sitte ein Kanneel abgeschlach-
tet, und als der Schach vom Pferde stieg, gaben
die 500“ kleine Feldstücke eine Salve, und der
abgehauene Kopf des Kamels wurde ihm zu Fü-
ßen gelegt. – Der Schach präsentierte sich fo-
gleich im offenen Theile des Schloffes, und als er
sich setzte, geschah abermals eine Salve. Mit der
Ankunft des Schachs füllte sich auch die ganze
Gegend mit Zelten an, die so gedrängt standen, -
daß im ganzen Lager nur 3 bis 4 Wege üdrig
gelaffen waren,
Zwischen dem Schloffe und dem Platz, wel-
cher für unser Lager bestimmt war, hatte man
einen reinen Platz von vier, und eine halbe Wert
nachgelaffen, der auch der einzige im ganzen Lager
war. Kaufleute aus allen Gegenden - hatten Befehle
erhalten, nach Sultaine zu kommen. Neben unsern
Lager war ein großer Bazar aufgeschlagen, in wel-
-- 166 -
chem aber, wie wir in der Folge sahen, gar nichts
Ordentliches zu haben war. Der Schach hatte
mehrmals zum Gesandten geschickt, um sich nach
deffen Gesundheit zu erkundigen, und bedauert,
daß der Ramafan (die Fasten) ihn verhinderte, -
- eine persönliche Bekanntschaft zu machen. Die Fa-
- fen endigen mit dem neuen Monde dieses Monats
d. i. den 31. Juli. - - -
Den 26. Juli schickte der Schach den Safir-
Chan um die Gesandtschaft in das fertige Lager
nach Sultaine einzuführen. Nachdem wir die Mit-
tagshitze überstanden hatten, gingen wir den Nach-
mittag um 3 Uhr dem Lager in Sultaine entgegen.
- Der Wind- erhob einen furchtbaren Staub,
der uns gänzlich bepuderte. Der Begleiter des Ge-
fanden Safir-Chan; machte seine Entschuldigung
iber das schlechte Wetter. Die Plage wurde noch
größer, als auf halben Wege der Vali von Kur-
disian*), mit einigen tausend Kurdinern dem Ge-
fandten zur Bewillkommung entgegen, zu uns stieß.
Diese Kurdiner waren weit schöner gekleidet, und
gewandter als die in Erivan und Tauris. Viele
unter ihnen waren schön gepanzert und hatten ganz
das Ansehen der alten Ritter; sie hatten auch
*) Ehemals regierender Herr von Kurdistan, jetzt
Vafall des Schach, und dem ältesten Sohn be-
fonders ergeben. - - - -
- - - - - -
- 167
folche Streitspieße und schöne arabische Hengste.
Einige unter ihnen waren mit verschiedener Anzahl
rother Federn am Helm ausgeziert. Eine jede die
-
-
fer Federn soll einen gebrachten Feindskopf bedeu-
- ten. Ich zählte ihrer bis fünf, und das Ausfall-
lendste war, daß das Pferd die Anzahl der Fe-
dern seines Reiters trägt, also auch die Ehre
theilt. – So schön auch dieser Anblick war, so
wünsche man sie doch alle zum Henker, denn sie
fchloffen einen dichten Kreis um die ganze Ge-
fandtschaft, das Pferdgetrappel machte einen dich-
ten Staub, der vom Winde nicht weggeweht wer-
den konnte, so daß wir bei der gräßlichen Hitze
in einem Staubkeffel eingeschloffen waren, der uns
erst beim Eintritt in den Bazar, wo die Kaval-
-
lerie keinen Platz mehr hatte verließ.
Der Schach nebst seinem ganzen Hofe sahen
aus dem Schloffe zu. - In unserm Lager war ein
großes Zelt zum Audienzsaal bestimmt. Bei die-
-
fem stiegen wir ab, worauf die dabei stehende per-
fische Wache, aus 300 Mann bestehend, den Ge-
fandten das Gewehr präsentierte, und eine von
uns schon vorher besorgte Flagge mit dem russi-
fchen Adler aufgehoben wurde. Im Zelte selbst
waren Erfrischungen bereitet, die unser Begleiter
mit genoß, und darauf dem Schach unsere glücks
liche Ankunft zu melden ging. . . . . . .
Unser Lagerbestand aus sechszehn großen Zel-
ten und einer Menge kleiner. Wir standen zu drei
- - - - -
f
168
auf zu vier in einem Zelte. Obrister Iwanoff,
Doctor Müller, Herr von Rennenkampf und ich,
waren bisher unzertrennlich in Hinsicht der Woh- -
nungen gewesen. Hier wurde Rennenkampf uns"
untreu und wir hatten alle drei ein großes Zelt-
Der Gesandte hatte außer einem Zelte noch eine
aus Tiflis mitgenommene Kibitke, die inwendig schön
mit Taft ausgeziert wurde, und der einzige Ort
war, in welchen der beständige Staub und Wind
nicht eindrangen. In den Zelten musste man täg-
lich mehrere Mal den Staub wegfegen.
In der Mitte unsers Lagers waren drei große
Zelten mit Geschenken angefüllt, die wahrlich so
schön waren, daß sie gleichsam eine Petersburg-
sche Eremitage bildeten. Diese wurden in der Folge
unser Lieblingsaufenthalt, und wir verloren uns
fern angenehmsten Zeitvertreib , als sie nachher
dem Schach übergeben wurden. -
Die Geschenke bestanden aus folgenden Sais
ichen: Ein großes vollkommenes Service aus ge-
fchliffenen Glase, ein Service vom feinsten Por-
tellain aus der Petersburger Fabrik mit Genmähl-
den aller Costume der Nationen die unter russi-
scher Botmäßigkeit stehen, nebst Gemählden der
Gegenden von Petersburg, und der umliegenden
Lustschlößer, worunter zwei Porzellän-Vasen Mei-
fierstücke der Kunst waren; ein Präsentierteller aus
geschliffenen Glase, der 14 Arschine lang war ;
mehrere Kallions als geschlittenem Elafe; eine Toi-
-
169
ettenspiegel aus einem Stück 1 - Faden hoch, denn
wei bronzene Engel als Leuchter dienten, worüber
ch die Perser am meisten wunderten und fragten,
b es denn bei uns Menschen gäbe, die Flügel
ätten; ein Damentoilet-Tisch, in der Form ei-
r Pyramide , zusammengesetzt aus allen Holzar-
n, die in Rußland einheimisch sind, in ihrer
türlichen Farbe. Die Arbeit war des Geschma-
und der Kinnst wegen zu bewundern. Inwen-
war eine Maschine, die von felbst strickte, und
eite wickelte; ein goldener Elephant als Spiel-
r, der dabei den 2 üffel, Ohren und Augen
vegte. Unten am Piedestal waren Landschaften
gebracht, in denen auch alles lebendig wurde,
die in Brillanten eingefaßt waren; Flinten,
tolen und Säbel von der schönsten Arbeit aus
la. Zwei Wandspiegel aus einem Stück zu fünf
chinen hoch ; ein goldener Kallion; drei Dolche
Brillanten besetzt; Dosen mit Brillanten be-
; Ringe; eine Menge Taschenuhren, zwei schwarze
welpelze , zu 30 000 Rubel das Stück, und eine
nge andere vom mindern Werthe; drei Brillan-
Federn , umeisterhaft in Petersburg vom Hof-
welier gearbeitet; zwei Fernröhre von Gold mit
lanten besetzt, eine furchtbare Menge Goldstoff,
erfoff, Tuch. u. f. w.
Man kann sagen ein kaiserliches Geschenk
ge vornehme Perfer, denen es gezeigt wurde
in ganz außer sich - und wollten gar nicht das
-
v,
78
Zeit verloren. Ein betonten Meth hat bei -
nen das Glas, worin sie bis jetzt nur ihre Kal-
Lions gearbeitet gesehen haben; man stelle sich also
den Anblick eines großen Cristallservices bei abend-
licher Beleuchtung vor, wo alles aussieht, als
wenns Brillanten wären -
Den Tag nach unserer Ankunft übersah man
das ganze Lager, welches in einer furchtbaren Un-
ordnung durcheinander lag, und obgleich einen fon-
derbaren aber keinem angenehmen Anblick gewährte.
Die Buden oder der Bazar bildete eine gerade Stra-
fe, die gerade auf das Schloß zu führte, und
-
v
mit unserm Lager endigte. Ein jeder Kaufmann
hatte ein jämmerlich kleines Zelt aufgeschlagen, in
welchem ein Kasten stand, auf dem er aß, saß, schlief,
und in welchem sich auch sein ganzer mitgebrachter
Reichthum befand. Man kann sich also denken,
wie elend das Ganze war, und wenn man 10
Arfhinen Zeug kaufen wollte, so mußten wenig -
stens drei Nachbaren es zusammen tragen. Die
Aussicht überhaupt war fehr traurig; denn, außer
dem Schloße und einer alten Mietschet, sah man
nichts als die Obertheile der Zelten, die in ein
unabsehbares Feld von Weiß zusammen schmolzen.
Den andern Tag nach unserer Ankunft machte
der Gesandte dem ersten Minister die Visite, der
Mirza-Jeffi heißt, welche dieser sogleich in Beglei-
zuug einer Menge Ehans, unter denen sich auch
-,
der äää
- * -
171
Fukasan-Than befand, erwiederte. Wir wurden ihn
alle vorgestellt. Es ist ein Mann im Alter von 80
Jahren und klein von Statur. Seine Stimme
klingt als wenn sie aus dem Grabe käme. Dabei
ist er so eitel, schminkt und färbt sich, und schrei-
tet immer fehr zümpferlich einher. Uebrigens ein
wahres Phänomen, denn er ist 45 Jahre erfer
Minister. Trotz seiner vielen Geschäfte versichert er,
daß die Verwaltuug des Ministeriums bei einem
Regenten, wie der jetzige Schach fey, eine Freude
wäre und keineswegs fein hohes Alter angriffe;
hingegen der Vorgänger des jetzt regierenden Schach
Aga-Gahmed-Chan, ein Verschnittener, hätte ihm
öfters fo zugesetzt, daß er trotz feiner unbegränzten
Liebe zum Vaterlande, oft - im Begriffe gewesen
wäre, feinen Posten, vielleicht auch das Land zu
verlaffen. Man kann es ihm gern glauben, denn
es ist schrecklich, wie jener ihn behandelte.
- . Aga-Mahmed-Chan war ein Verschnittener,
her sich durch eine Verschwörung unrechtmäßig
auf den Thron geschwungen hatte, und um sich -
auf dieser Höhe zu behaupten, alle nur ersinnlichen
Grausamkeiten beging. Sein natürlicher Zustand
mag ihm noch mehr Haß gegen die Menschheit
eingeflößt haben. Es war ihm alles nicht recht,
er trauete bald Allen, bald Keinen, und am Ende
sich selber nicht mehr. Dem Trunke stark ergeben,
wpßte er oft morgen nicht mehr, was er heute
befohlen, und brüllte wie ein Rasender, beim Au-
- 172 -
blick des Unglücklichen, nicht selten seiner Lieblinge
die er Tages zuvor zu opfernfelbst befahl. Es ist kein
Wunder, daß er mit einem folchen lieblichen Cha-
raeter auch die Liebe zum Kriege verband, den er
fchändlich führte, und am Ende von feiner eigenen
Wache ermordet wurde. -
Bei diesem liebenswürdigen Mann nun ist
Mirza-Jeffi auch lange erster Minister gewesen,
Er mußte beständig um ihn fetyn, und viele Bes
leidigungen ertragen; unter andern einmal eine
die etwas stark ist. Mirza-Jeffi mußte alle Tage
Befehle niederschreiben; die jener auf seinen Tepa
- pich ausgestreckt ihn dietirte. War er bei übler
Laune, so mischten sich beständig Schimpfwörter
hinein, und eines Tages wahrscheinlich besoffen,
machte er seinem Minister, der vor ihm faß und
fchrieb, Vorwürfe : er wollte ihn nur plagen,
ließe ihm nie Ruhe, fände Vergnügen daran, ihn
zu umartern, und den Schlaf zu rauben u. f. w. -
Der Minister schrieb immer fort. Endlich flog das
Ohrkiffen. Seiner Majestät, dem Minister an den
Kopf; als jener halb todt noch immer schrieb,
kam der diamentner Kallion geflogen, am Ende
alles, was er zu packen kriegte, und endlich ergriff
er eine Pistole und fchoß nach ihm. Die Kugel
ging durch den Bart in die Schulter, der Mini-
fer fiel hin und wurde fortgetragen, - der Schach
schlief ein. Der Minister kurirte sich mehrere Mo-
- nate lang - und könnte also auch nicht bei Hof.
-
173
erscheinen. Der Schach hatte nicht ein einziges
Mahl nach ihm gefragt, und als jener gesund
wurde verwaltete er wieder die Geschäfte wie
vorher. . . . " -
Ein anderes Mahl hatte er ihm schon den
Strick um den Hals werfen laffen, als jener glück- - -
licher Weise einen Alcoran, hervorzog, den er im
mer bei sich trug, und bei dessen Anblick ihn der
Schach laufen ließ. " , , , , - -
Dem ungeachtet sagte dieser alte brave Mann;
wenn ich Aga-Mahmed-Ehan in feinen Kriegen be-
gleitet hätte, so wäre der Mord gewiß nicht ge-
fchehen. - -
Persien ist ewigen Unruhen und Kriegen aus-
gesetzt gewesen. Drei große Männer kann es auf
stellen, Madir-Schach, Albas den Großen und den
jetzt regierenden Fet-Ali-Schach. Die beiden ersten
haben für Erweiterung Persiens, und für den Ruhm
der Waffen gesorgt; Fet-Ali-Schach liebt den Frie."
den , und das wahre Glück seines Volks. - - -
Vom Schach Nadir hat man folgende fähr
hübsche Anecdote, die feinen entschloffenen Charar-
ter darstellt, Als er nämlich eine Eroberungen nach
Osten vollzogen hatte, und über Indus bis in die
Haupt-Stadt Deli vorgedrungen war, die er er-
oberte und die unermeßlichen Schätze des Groß-
Mogols mit sich nach Ispahan führte, dachte er
auch an Erweiterung der Gränzen nach Westen zu,
wo ihm die Türken keine Ruhe ließen. Er nar-
174 - -
fhirte rasch nnd stieß bei der Gränze auf einen grös
ßen Stein, an welchen vor uralter Zeit her nach
folgende Inschrift zu lesen war. "
„Wer von den beiden Mächten, Türkei oder
Persien, die Gränzen auf Kosten des Nachbars
erweitern will, und zuerst diesen Stein vorbeischrei-
tet, der ist verdammt auf ewig.“ -
: Nadir-Schach stutzte anfangs ein wenig; -
man kann wohl fagen, das war ein Stein des
Anstoßes, - allein erfaßte sich bald wieder, ließ
einen starken Wagen hohlen, den Stein darauf lu-
den, ihn immer vor der Armee hergehen, bis er
das Ziel seiner Eroberungen erreicht hatte, und
dort den Stein hinsetzen. - -
Der Besuch“ des ersten Ministers endigte das
mit, daß man ihn und sein zahlreiches Gefolge in
die Zelte führte, wo die Geschenke aufgestellt wa-
ren. Ein allgemeines Staunen ergriff die fämmt-
lichen Asiaten; sie wußten nicht, auf welchen Ge-
genstand sie zuerst ihre Aufmerksamkeit richten soll -
ten. Ein lautes pach! pach und hup! hup! ging
von Mund zu Mund. Sie drehten sich wie Wet-
terfähnlein auf alle Seiten, und gingen am Ende
eben so klug heraus, als sie hineingegangen war
ren. Es fehlte nur noch an einer Elektrifirmaschine,
unu die Verwirrung vollkommen zu machen. Dies
erregte großen Lärm unter dem Volke , welches
gewöhnlich alles vergrößert und verbrämt. Man-
sher hatte vielleicht durch die Ritze des Zeltes Cri-
175
-
Fall für Diamanten angesehen - kurzes hieß im
Lager, der Kaiser von Rußland hätte den Schach
ein diamantenes Service geschickt. " ___ - - -
. . . Der englische Geschäftsträger With loke
und Doctor Campbell machten ihre Besuche.
Audienz beim Schach, feier
benswürdigkeit, sein Reich-
th U 1n. -
Der Wind weht hier in Sultaine den ganzen
Tag über fürchterlich, und erhebt Staubwolken,
die das ganze Lager in einen beständigen Nebel hil-
den Mehrere Male des Tags erheben sich Wirbel-
1pinde, die fast bis in die Wolken reichende Staub-
säulen abbilden, und so, oft die Zelte wegreißend,
über dem Boden wegrollen. Sonderbar genug ist,
was so eine Staubhole, wenn sie an einen bar"
Gegenstand stößt, – als das Schloß zum Bei-
spiel, – sich trennt, zwei gleiche Theile bildet,
die sich aber gleich, nachdem der Gegenstand vor-
bei ist, wiedervereinigen und weiter laufen, Bei un-
ferer persischen Hauptwache, wo doch einige Hundert
Flinten in Bock standen, kam einmahl so eine Sand-
hose, und warf die Flinten in einer langen Reihe,
alle in einen Haufen zusammen, der noch einige
Mal derb gedreht wurde, ehe die Sandsäule ihn
verließ. Der Schach hatte sich unterdessen öfters
nach der Gesundheit des Gesandten erkus" las-
-
- - -
-
176
sen, und bestimmte zum ersten Audienz-Tag den
31. Juli, welcher auf folgende Weise vor üb
gillig- - - - - - -
Den Morgen um 11 Uhr rangierte sich die
persische reguläre Infanterie des Schahs, welche
rothe Uniformträgt, in zwei Reihen, von Schlose
an bis zu unserm Lager. Darauf erschien der zweite
General-Adjutant des Schachs, Mahmud Chan,
in Begleitung von vielen Beamten des Hofstaats,
die um ihre Mützen tothe Shawls gewickelt hat -
fen - und alle mit großen Rohrstöcken versehen was
ren. Sie gingen in Proreffion voraus, und räum-
ten in Nahmen des Schachs alles aus den Wege,
was dem Zuge hinderlich sein könnte. Diese wer-
den Sauls genannt. Der Gesandte empfing den
Mahmud-Chan im Audienzzelt, und nach einigen
wiederhohlten Höflichkeiten traten wir den Weg
zum Schloffe an. - - -
. . Den Gesandten wurde im Namen des Schach
ein schöner Hengst, mit goldenen Geschirr und Edel-
einen geziert, vorgeführt, welcher nach verfischer
Sitte nachher fein Eigenthum blieb. Für den Brief
des Kaisers an den Schach war eine goldene Schiff,
fel bestimmt. Da der Schach uns nicht in Schloffe
mpfing - so ist nöthig, einen Begriff von den
Orte zu geben. Wie ich schon erwähnte, ist das
Schloß von Bäumen umgeben, die in kleiner Ent-
fernung in einer Reihe gepflanzt da stehen. Dieser
Platz zwischen dem Schloße und den Bäumen, ist
177
unit hohen Vorhängen *) von rother Farbe um-
ringt und auch inwendig auf diese Art in zwei
Höfe getheil worden, im 2. Hofe befand sich das
Zelt des Schachs, in welchem er uns empfing. Am
Eingange des ersten Hofes war ein Zelt aufgeschla-
gen , in welchem der Gesandte von den ersten Ge-
neral-Adjutanten, und Schwiegersohn des Schach,
Wlajar-Chan nebst einigen der vornehmsten Beam-
ten am Hofe empfangen wurde. -
Es waren ausdrücklich für die Gesandtschaft
Stühle gemacht worden, die mit rothen Sammt
überzogen waren. Während der Gesandte dem Ala-
jar-Chan versicherte, daß heute der glücklichste Tag
für alle wäre, indem man einen so unächtigen gro-
ßen Monarchen sehen würde, wurde Thee mit
Rosenwasser herumgetragen. Darauf stand Alajar-
Clan auf und meldete, daß der Schach bereit sey
den Gesandten zu empfangen. Außer den beiden
Rächen der Gesandtschaft, von denen einer die gol-
dene Schüssel mit den Briefe trug, ging fürs erste
Niemand mit.
- - -
- - -
*) Diese Vorhänge werden Saraperda genannt. Es
ist baumwollenes Zeug gewöhnlich roth angetri-
chen, das im Lager als Mauer dient, und nei-
stens nur bei fehr reichen oder bei Chans aufge
. . fchlagen wird, die einem Harem mit sich führen.
- - - - - - - - - - - -
Z
178
A
- Der Gesandte überreichte eigenhändig dem
Schach das Schreiben, indem er folgende kurze
Rebe hielt: -
. „Der Kaiser von Rußland, mein großer Mo-
„narch, beständig in feinen Grundsätzen jo-
„wohl als Gefühlen, indem er die ausgezeich-
„neten Eigenschaften Ew. Majestät achtet,
„und bero Ruhm ihm am Herzen liegt,
„wünscht den vorhandenen Frieden mit Per-
„fien auf immer zu gründen, welches durch
„Ew, Majestät Regierung sich glücklich fühlt.
,Ich habe das Glück des Auftrages gewür-
„digt zu seyn, Ew. Majestät den Wunsch
- „meines Herrn zu offenbaren. Daß er es auf-
„richtig mit Persien meint, fey Gott mein
- - „Zenge.“ - - - -
Der Staatsrath Negri hielt diese Rede im türki-
fcher Sprache, die vom Schach besonders gern und
fast immer gesprochen wird. - - - -
Der Schach nöthigte den Gesandten zum Sie:
zen. Der Stuhl stand dem Throne gegenüber,
eine Ehre, die noch Niemanden wieder fahren, so
wie auch, daß wir Alle it - Stiefeln erscheinen
durften. - - - - - - - - - -
Eine Viertelstunde mögen wir wohl in den
Vorderzelte gewartet haben, als der zweite Gene-
- ral • Adjudant uns auch zur Audienz einlud. „Wir
gingen durch die erste Thür, der baumwollenen
Wand, auf der ein ungeheurer Drache gemalt
-
179,
war, und traten in den ersten Hof, der rund
herum mit bewaffneten Persern und Kurdine be-
jetzt war, die uns angrinzten. An der Thüre des
zweiten Hofes stand eine große Wache, und an
der Thürz selbst ein Mann mit einem silbernen
Knüppel. Beim Eintritt in den zweiten Hof, an
dessen äußersten Ende man das Zelt des Schach
sah, glaubte ich, der ganze Hof wäre mit bewaf-
neten Leuten angefüllt, allein es war nur der erste
Augenblick; denn alle Soldaten auf den herum
stehenden Zeuge waren gemahlt, und nur einige
der vornehmsten Chans standen in zwei Reihen auf
dem Hofe der brennenden Sonne ausgesetzt. Von
der Thüre bis zum Zelte waren wohl hundert,
Schritte noch zu machen. Auf dem ersten Drit-
theil des Weges blieb der General - Adjudant ste-
ben, und machte einen tiefen Bücklings auf den
zweiten Drittheil ließ er seine Pantoffeln liegen,
und bückte sich abermals; (wir folgten nur halb
seinem Beispiele), am letzten Drittheil blieb er ste-
hen, bückte sich, und schrie folgendes: - - -
„das Gefolge des russischen Gesandten wünscht
„das Glück zu haben, sich dem Staube der
„Füße Ew. Majestät nähern zu dürfen, –
- „befehlen Sie?“ . . . . . . . . .
ber. Schach wandte langsam das Gesicht nach un-
ferer Seite, und schrie: Hoschkeldi! Hoschkeldi!
(Willkommen)! worauf wir die Hüte abzogen,
und ins Zelt traten. - - - - - - - - - - -
-
18G -
Der Gesandte erhob sich vom Stuhl, und
bath den Schach um die Erlaubniß, ihm alle per-
sönlich vorstellen zu dürfen. Der Schach war da- ,
mit zufrieden, und frug alle: ob wir gesund wä-
ren, ob die große Reise uns nicht angegriffen
hätte, Bei Nennung eines Jeden mußte man her-
vor treten, und den Schach dreimal grüßen, wor-
auf er gewöhnlich Hoschkeldi schrie. -
Als die Reihe an mich kam, fagte der Ge-
sandte: er hat die ganze Welt umreist, und ist nach
Persien gekommen, bloß um das Glück zu haben,
Ew. Majestät zu sehen. Ich winsche ihm Glück,
schrie der Schach; jetzt hat er. Alles gesehen.
- Er sprach von der Freundschaft mit den
Kaiser, und versicherte uns, daß wir jetzt eben fo
gut wie in seinen Diensten stünden; und er hoffte,
daß wir ihm eben so treu dienen würden, als un-
fern eigenen Kaiser. – Dem Doktor Müller sagte
er: jetzt sind sie auch mein Arzt. Er erwähnte
der Sitte, die jetzt in Europa wäre, daß die
Monarchen sich gegenseitig besuchten. Ich wäre
froh, sagte er: wenn der Kaiser von Rußland
mich besuchen wollte, ich würde ihm gewiß entges
gen fahren. -
Der Schach hat wirklich so erstaunend viel
Einnehmendes und Liebenswürdiges in feinen Be-
uehmen, daß man beim ersten Augenblick aus
schreien möchte: nur der kann und muß Schach
in Persien seyn, Ewig umringt von Schmeichs
/
-
-
181
-
lern, die in Vergleich seiner Manieren sowohl als
Verstand wahre Tölpel find, ist’s unbegreiflich, wor-
aus er Alles schöpft.
Der Schach ist von mittler Statur, vom
Gesicht sieht man - nichts als ein Paar schöne
große Augen, die Stirn und die Nase; das Ues
brige ist. Alles in einen Bart eingehüllt, der bis
auf die Kniee herunter hängt, welcher der schönste
in ganz Perfien feyn foll, und auf den man die
heiligsten Schwüre leistet.
* - Er saß auf einen goldenen Thron, reich mit
ächten Steinen besetzt, der die Figur unserer alten
Großvaterstühle hatte. Der erste Tritt ist ein lie-
gender Tieger, der an der Stufe von Gold in Bas-
relief gearbeitet ist.
Die Kleidung war aus Goldstoff, und dar-
über noch ein Shawlkleid. Die Krone lief nach
oben breit zu, wo sie mit drei brillantenen Federn
versehen war. An den Armen, wo alle Perser
ihren Alcoran tragen, waren zwei in Europa be-
kannte Diamanten, die gleichfalls von sehr großen
noch umringt waren. Der Dolch und Gürtel wa-
ren besäet mit großen Steinen und Perlen.
Das Zelt war mit rotheum seidenen Stoff
ausgeschlagen, und zur rechten Hand des Thrones
standen siebenzehn Söhne längs der Wand, mit
uns die einzigen, die das Glück hatten, unter einen
Zelte mit dem Schach zu sein. Gleich neben dem
Throne stand ein schöner, reich gekleideter Junge
- Der Schach entließ uns sehr
-
-
182
der ein Neffe vom Schach feyn soll, gleichsam als
Wache ueben einem Teppich aus ächten Perlenge-
wirkt, auf dem ein runder Polster ruhte, defen
Quasten von ungeheuern großen Perlen trotzten.
Auf dem Teppich stand auch der große Kallion,
der aus großen Solitairs zusammen gesetzt ist und
eine Munstaffel, die aus einem Steine zu feyn
schien. Gleich draußen vor dem Zelte fanden 3,
Beamte, von denen einer auf reich gestickten Kiffen
eine Krone hielt, der andere einen Säbel, und der
dritte einen Schild, welcher so reich mit Steinen
besetzt war, daß er zu den kostbarsten Stücken des
Schatzes gehört – Wie man sieht, so ist der Reiche
thum einzelner Sachen unermeßlich; aber im
Ganzen muß ich gestehen, sehe ich auch gar nichts
von der asiatischen Pracht, die uns von Reisenden
in Europa so gepriesen wird. - - - - - -
- Am Ende der Audienz durfte sich der erste
Minister auch ins Zelt wagen, und stand neben
uns. Der Schach schrie ihm laut sehr viel Löbli-
ches auf Rechnung des Gesandten zu, und schätzte
besonders die Delikatesse, die Jener hatte, jedes -
Mal aufzustehen, sobald der Schach das Wort an
ihn wandte. Er überzeugte sich, daß der Gesandte
feine Rechte zu behaupten wußte, aber fiel auch zu
schätzen verstand.
gnädig, befahl
dem ersten Minister, ja dafür zu sorgen, daß es
der Gesandtschaft an nichts mangle, und wir in
- - -
183
gen, wie wir gekommen waren, fiber den Hof mit
drei Bücklingen. Der General - Adjudant fand seine
Pantoffeln richtig an der männlichen Stelle, und
begleitete uns bis nach Hause, wo der Gesandte sich
in gerechte Lobeserhebungen über den Schach ergoß,
von den wir erfuhren, daß er auch der erste Poet
seiner Nation sey. -
Geistreiche und humane Neuße-
rungen des Schach über die
rufsfischen Gefchen ke: -
Da man während des Ramasans *) sich auch
nicht einmal ordentlich freuen darf, so wollte der
Schach die Geschenke nicht eher sehen, als bis er
vorbei wäre. Den Tag zuvor also ließ er ein gro-
ßes Zelt neben dem Audienzzelte aufschlagen, und
man transportierte alle Geschenke dahin. Er selbst
fah aus dem Schloffe zu, nud schickte mehrere Mal
- -
- - - - - - - -
*) Die Perfer haben vier Manafans des Jahres,
die fie fehr gewissenhaft befolgen. - Derjenige vor
dem neuen Jahr, welches in Persien an 1 o.
- März alten Styls gefeiert wird, ist der strengste.
An diesem Tage bekommt der Schal unermeß-
* Liche Geschenke aus allen Provinzen, und theilt
allen Vornehmen und dem ganzen Volke dagegen
neugeprägte Münzen aus. - -
- - -
-
-- 184
-
. -
-
eine Danksagung für die Mühe und Behutsamkeit,
unit der man sich dabei benahm. Wir fahen. Alle
traurig auf die Zerstörung unserer Eremitage, die
uns so viel Freude gemacht hatte, -
Den nämlichen Abend noch entstand im gan-
zen Lager ein fürchterlicher Lärm. Alles wies mit
den Händen gen Himmel; es war der neue Mond,
welcher jeden, der ihn erblickte, fogleich von den
Fasten absolvierte. Sie brauchten also nicht mehr
Nacht in Tag zu verwandeln. Den Tag darauf
war ein großes Fest. An demselben versammelten
fich früh Morgens alle Truppen um das Schloß
herum. Der Gesandte begab sich ins Schloß, wo
er allein mit Staatsrath Negri im offenen Theile
des Schloffes mit dem Schach erschien. - Die Ar-
tillerie gab aus 29 Kanonen sogleich 3 Salven.
Während der Gesandte sich mit dem Schach un-
terhielt, spielte die persische Musik, die aus einigen
Dutzend furchtbaren langen Posaunen ") und 29
Trommeln bestand. Zwei Seiltänzer liefen geschickt
genug längs einem Strick herauf und herab, der
aus dem Hofe an das Schloßdach so befestigt
•) Die Musik versammelte sich alle Tage des
Abends bei Sonnenuntergang vor dem Schloffe,
- und posaunte fürchterlich darauf los. Dieses Pri-
vilegium haben nur noch die Söhne des Schachs
Mind Befehlshaber der Provinzen.
185
war, daß er dem Audienzsaal hinauf stieg, in
welchem sich der Schach mit dem Gesandten be-
fand. Drei Elephanten wurden vorgeführt, die
verschiedene Male knieen mußten, Die Söhne des
Schach und die vornehmsten Chans standen unter-
deffen unten im Hofe der brennenden Sonne ausge-
fetzt glücklich, wenn der Schach fiel eines
Blickes oder Wortes würdigte. Endlich bath der
Schach den Gesandten, ihm nach einer halben
Stunde die Geschenke zu zeigen; denn er müßte jetzt
gehen, die Gebetstunde wäre da. Der Gesandte
empfahl sich, und ging in das Zelt, wo die Ge-
fchenke aufgestellt waren. . ,
Der Schach erschien, und sah sich vermum-
dert zum ersten Male in seinem Leben in Lebens-
größe da stehen. Diese Spiegel, sagte er. find
mir lieber, als meine Schätze. … Ein beständiges
pach! pach! uud hup! hup! erscholl im ganzen
Zelte bei jeder Sache, die er berührte. Das Ser-
viele vom geschliffenem Glase gefiel ihm außeror
dentlich. Er ließ sich fast Jedes einzeln geben,
und fragte, wo das gemacht werde, und versi-
cherte immer, es wäre ihm lieber als alle seine
Schätze. Der Gesandte fagte ihm auch, daß die
Schätze Persiens zu sehr bekannt in Europa wä-
ren, als daß man daran denken könnte, den
Schach durch ein kostbares Geschenk Vergnügen zu
machen; allein dieses wären alles Produkte der
rnischen Fabriken, mit denen man Seine Maj
- '- A4 a -
-
136
-
gilt nur bekannt machen wolle. Sie sind mir weit
lieber, als alle meine Schätze, schrie er wieder. -
Er sprach mit viel Anmuth, und bewies daß er
jedes Ding zu schätzen wußte. Unter andern ergriff
er ein schön geschliffenes Glas, und fagte dem Ge-
fandten: dieses Glas ist wahrlich so schön , daß es
mich zum Weintrinken verführen könnte. Der Auf-
seher der Geschenke reichte ihm gerade Alles in die
Hand, eine Ehre, die dem ersten Minister - nie
wiederfährt, – auch wieder ein Beweis daß er
bloß stolz ist, wo die Sitten des Laudes es erhei-
fchen. Die Zobelpelze gefielen ihm außerordentlich
so daß er Anfangs zweifelte, ob sie nicht fchwarz
angemahlt seyen, – kein Wunder, denn die, die
wir auf den reichsten Chans sahen - waren röth-
licht. Als der Gesandte ihn von der Aechtheit
überzeugt, und noch hinzu fügte: daß der Kaiser
mit eigner Hand sie für ihn ausgewählt hätte,
legte er plötzlich seine Hand auf das Fell und ließ
sie mit den Worten ruhen: „Ich wünsche, daß
meine Hand zufällig den Ort berühre wo die des
Kaisers geruht; meine Freundschaft ist aufrichtig
und dauert ewig.“ " - " ,
In die Spiegel sah er sehr oft und gern,
und sagte am Ende lächelnd: „Diese werden mich
noch eitel machen.“ Den Elephanten ließ er mehr“
mals spielen, und bewunderte den Mechanismus,
Er lobte das Kostüm der russischen Damen, und
„ar überhaupt so zufrieden und aufgeräumt, daß
- -
- 187
er sogleich zu allen Vornehmen in ganzen Lager
den Befehl schickte, sie sollten anher kommen, sie
follten alle kommen und die Geschenke bewundern,
die der große Kaiser seinem Freunde den großen
Schach geschickt habe; und dem Minister befahl er,
auf der Stelle einen Kourier nach Teheran zu schik-
ken, damit man sogleich in feinem Palais einen
besondern Saal für die Geschenke aufbaue. Ferner
fprach-er: wer die erste Nachricht bringt, daß sie
- glücklich angekommen find, erhält. 1ooo Tumatten,
(50eo Silderrubel) Belohnung; jede Verletzung
aber verantwortet man mit dem Kopf. - -
. Die nämliche Nacht noch brachte der Schach
mit seinem ganzen Harem. *) bei den Geschenken
zu, und befahl, den andern Morgen sogleich
fchnell einzupaken, um die Sachen ja sogleich in
Teheran zu haben. Den russischen Beamten, der –
die Geschenke aus Petersburg geführt hatte, bath
er fich auch aus, um sie nach Teheran zu beglei-
ten, und sie dort aufzustellen. Täglich ließ er fra-
gen, ob sie nicht schon eingepackt wären; und als
am Ende alles fertig war, spielten ihn feine Astro-
logen einen Streich, und verschoben die Abreise noch
auf 3 Tage. Selbst an diesem erwünschten Tage
führten sie den Transport erst ganz auf die ent-
- - -
…) Er hatte nur die Weiber mitgenommen.
A-
188
- -
gegengesetzte Seite des Weges von Teheran, indem
fie behaupteten, daß der Glücksstern, unter dem
die Reise angefangen, auch diesen Weg genom-
men habe. - - -
Einen Nachmittag fah ich einem sonderbaren
Vergnügen zu, welches der Schach sich machte. “
Ein Schaf lag zusammen gebunden in großer Eat-
fernung vom Balkon, und die Kinder sowohl als
er selbst schoffen mit Pfeilen darnach; Keiner traf
beffer als er. Ein kleiner Sohn, schön wie ein
Engel, stand neben ihm, und der Schach zeigte
ihm selbst den Gebrauch des Bogens. Der Schach
war fast täglich auf der Jagd, und schickte jedes
Mal dem Gesandten eigenhändig geschoffenes
Wildpret. Früchte wurden auch in großen Quan-
titäten gebracht, aber meistens unreif. -
- Sehr geschickt sind die Perser, in der größten
Sonnenhitze immer Eis zu verschaffen, ohne Eis-
keller zu haben, Gott weiß, wo sie's immer her-
fchleppen. - - -
Des Abends war immer Musik vor unsern,
Lager, wozu sich alle Perfer versammelten, um zu
zuhören. Die Musik des Schach spielte gerade auch
um diese Zeit, welches einen sonderbaren Lärm her-
vorbrachte. - - - - - - -
- Alle Tage und fast den ganzen Tag über
ererzierte die persische Infanterie vor unserm Lager,
sie ist aber mit der aus Tauris gar nicht zu ver-
gleichen. Die Schildwachen, die in unserm Lager
- -
189
herumstanden, gaben sich gegenseitig die Flinten
ab, wenn sie irgendwo hin zu gehen wünschten,
und man sah nicht selten eine Schildwache mit
- vielen Flinten sitzen. Ueberdem '' -
oft die Macht ihres Postens indem sie die Perfer, wel-
che, das Verboth nicht kennend, durch unfer-La-
ger gehen, wollten, nicht nur zurückwiesen oder an-
hielten, sondern fiel auch plünderten, worauf wir
denn felbst immer heraus gelaufen kamen, und den
Beraubten das Seinige zurück gaben. Die armen
Teufel hatten es aber auch schlimm, den oft wur,
den sie den ganzen Tag über nicht abgelößt, wenn
der Offeier es vielleicht gerade vergaß. Manche
waren aber nicht dumm und gingen selbst hin, und
erinnerten ihn daran ! - -
- Eine besondere Art von Waffen sind die klei-
nen Feldstücke, die auf Kamelen geführt werden,
Der Chef davon, ein alter verdienter Obrister, -
ließ einmal einige Hundert vor uns manövriren.
Sie sind so leicht, daß jeder Kanonier seine - -
Kanone auf den Rücken nimmt, und so mit ihr
herum läuft. Beim Schießen zielen sie gar nicht,
sondern die Kanone liegt auf der Erde, und feuert :
in Gottesnamen. Sie agieren auch nicht anders als
Salventveis, die denn doch sehr stark sind, und
besonders durch die Menge vielleicht schaden können. -
Mit einigen Verbefferungen wären sie in-Vorhuten
(Avantgarden) gar nicht übel zu gebrauchen. Der
Obriste versichert uns; daß er es mit einer gan-
-
- " -
/
-
---
Tgd •
zen Armee aufnehmen wolle. Diese Kanonier find
, wie die Bajazzo's gekleidet, und haben eine rohe
Mäge mit Federn. Die ganze Infanterie hat auch
einige mal manörirt, und besonders sehr gut ein
Lauffeuer gemacht. Von den ehemahligen Ruinen
der großen Stadt Sultaine, die zu Chardins Zei-
den noch blühend und volkreich gewesen sind jetzt
nur noch drei Metfcheten übrig, unter denen eine
sich besonders durch Größe und Schönheit auszeich-
net. Es ist ein achteckigter Thurm mit einer rnna
den Kuppel versehen, die ein Meisterstück der Bau-
kunft ist. Das Ganze ist ohngefähr 40 Schritte
breit und 40 Faden hoch. Das Innere ist mit
Hieroglyphen ausgeziert, und hat oben eine Menge
Zimmerchen und Gänge, die ehemals zu vier kleinen
Säulen führten, welche die Kuppel ungaben von
denen aber nur noch eine inwendig mit einer Wen- *
deltreppe versehen da steht, so, daß wenn man
auf die Spitze dieser Säule gelangt, man mit der
Spitze der Kuppel gleich hoch steht. . . . . .
Die übrigen Ruinen sind häßliche Lehmhau-
fen, welche durch den Regen in fo sonderbare Fi-
guren gewaschen sind, daß ein Europäer fis un-
möglich für Ruinen ehemaliger Wohnungen hal-
- ten kann. - -
. Nicht weit davon ist ein kleiner Platz, um-
jäumt von einer schönen Mauer, der jetzt zu einem
niedlichen Garten umgeschaffen wird, in dessen
Mitte ein Gebände steht, wo der heilige Haffani-
- -
- - - - - -
Kaschi ruht. Das Ganze ist von dem feigen
Schach erbaut, der während seinen Aufenthalte in
Sultane oft hinfährt, und in der Einsamkeit sein
Gebeth verrichtet. - - - - - - -
Uebrigens ist in der ganzen Gegend keine
Spur von Christenheit, wie die Armenier behaup-
ten. Es haben vielleicht in Sultaine Armenier ge-
wohnt, so wie sie noch jetzt in ganz Persien zer-
streut sind, und ganz die nämliche Rolle wie die Ju-
den in Europa spielen. " . .
Perfische Pracht, Höflichkeits-
bezeugungen, Sonderbarkeit
der persischen Gastmähler.
Wir sehen noch immer nichts von der ge-
rühmten asiatischen Pracht ! Die Häuser sowohl
als Zelter sind äußerst einfach eingerichtet, und au-
ßer hin und wieder einigen hübschen Teppichen, fin-
det man auch gar nichts. Der vornehme Asiate
ist reich gekleidet, das heißt, er hat einige schöne
Schwals, einen Säbel und Dolch vom Vater
noch geerbt, sein Pferd geht in goldenen Geschirr,
das ist aber auch alles, was es besitzt. Unterdef-
fen haben wir die Bedienung selbst bei Ministern
fast in Lumpen herumgehen fehen. Wenn man
also etwas Pracht nennen will, daß der Herr sein
bischen Vermögen immer auf sich trägt, während
seine Umgebung zerlumpt, um ihn herum läuft,
192 -
-
so hat man Recht; wenn man hingegen die euro-
päischen Häuser, Möblements, Tischgeräthe, Equi-
vagen u. Bälle e. sieht: so nenne ich, daß wirk-
liche Pracht, und keinen einzigen von allen die-
den Artikeln darf die höchste asiatische Pracht
auch nur im mindesten nahe kommen. Ich glaube
also, daß dieser Wahn von asiatischer Pracht
noch von Zeiten herrührt - als fiel wirklich schon
auf denselben Punkte der Pracht standen, wo fie
jetzt noch nicht sind, und die Europäer wilde Völ-
fer warell. - - -
Einen unermeßlichen aber geschmackvollen
Schag besitzt der Schach, einige Vornehme sind
sehr reich, der Rest aber ist blutarm- Es kann
auch nicht anders seyn, denn in Persien haben sie
gar keine Idee davon, daß eine Summe Geldes
Zinsen trage könne, ohne sich zu vermindern. Es
eriflirt gar kein Umsatz des Geldes. Weder ihre
Staatsverfassung noch ihre Begriffe von Ehrlich-
keit erlauben so etwas einzuführen. Das Resultat
davon ist, das der Reiche sein Geld verwahrt und
bei wenigen davon zehrt, wenn er nicht Aussichten
hat, wieder welchrs zu erwerben; lebt er aber län-
- ger als er berechnet hat, so ist er an Grabe ein
Bettler, - . . -
- Die Furcht ein Kapital zu überleben macht,
den Perser zum stinkenden Geizhals. Diejenigen,
so im Sold stehen, sammeln wiederum, um einst
nicht so darben; die Minister, weil sie nicht wil-
- 193. -
-
fen, wie lange sie in Gnaden stehen, und der
Schach selbst sitzt auf einem ungeheuren - todten
Schatze, welchen er seinem ganzen Volke entz
- und welcher blos in Kriegszeiten zum Theit wieder
unter die Leute kömmt. Am besten ist wohl der
Landmann daran, welcher der Einzige ist, dem
fein Kapital gute Zinsen trägt, und der, wenn er
nicht durch feine Religion überall verhindert würde,
ein glückliches Leben führen könnte. - - -
Man hat noch eine sonderbare Meinung von
den Perfern, als wenn sie gezwungen wären, eine
jede Sache auf der Stelle zu verschenken, wenn -
ein anderer fiel rühmt. Solches ist aber weiter nichts
als eine Höflichkeit bei ihnen, gleich wie der Wirth
des Hauses fast immer feinen Gast mit den Wor-
senempfängt das ganze Haus gehört ihnen, wel,
ches nicht mehr sagen will, als wir in Europa
schreiben und sagen: ihr gehorsamster Diener, ohne
es doch jemals zu seyn. Sie verschenken wirklich
östers Sachen, die man lobt, aber nur solche, die
sie leicht entbehren können, und auch nur dann,
wenn sie überzeugt sind, das doppelte an Werth
wieder zu bekommen, denn wieder beschenken muß
man. – So ist's auch bei ihnen Sitte, daß man
die Bedienung reich beschenkt, und das für jede
Kleinigkeit. Oft schicken sie sich nur eine Blume,
einen Apfel u. f. w. die man immer mit Gold
aufwiegen muß. Die Ausgaben eines reisenden Eu-
ropäers in Persien find daher fürchterlich, Mans
- B h " : "
e -
-
- 194 - -
denke ich, was eine Gesandtschaft an Trinkgeldern
allein täglich auszugeben, genöthigt ist. - - -
Der Schach hatte bis jetzt die Gewohnheit
allen Europäern welche, an seinem Hof erschienen,
sogleich eine bestimmte Summe Geldes auszusetzen,
Diese wurden Badstubgelder genannt. Allein der "
Gesandte verbath sich dieses, und erklärte, daß es
bei uns nicht Sitte wäre Geldgeschenke anzuneh-,
men, ausgenommen von feinem eigenen Monur-
chen. Lange konnten sie nicht begreifen, daß ein
Unterschied zwischen Geschenke und Geschenk. Statt
finde. Dem ungeachtet fingen ihre Beamten die
nichts lieber als Geld nehmen, an, es auch auf
zuschlagen, so daß der Gesandte es durch andere
Geschenke ersetzen mußte. -- - -
Die unterhandlnngen gingen in raschen Schrit“,
ten fort. Der Gesandte hatte sehr oft Zusammen-,
künfte mit dem Schach und den Ministern die
ihn alle, besonders der Schacht so lieb gewonnen
hatten, daß sie wünschten, er möchte doch immer
in Persien bleiben, und sie wollten den Kaiser da-
um bitten. Eines Tages, als der Gesandte zum
Schach ging, war ich gerade die jour- und mußte,
ihn begleiten. Wir langten auf der großen Teraffe
des Schloßes an, wo ein Zelt für den Gesandten
aufgeschlagen war, in welchem ihn der erste Mini-
fer und General-Adjutant Alajar-Chan empfingen,
Gleich darauf erschien der Schach auf den Throne
Der General-Adjutant führte den Gesandten in den
- -
195
Audienz-Saal und ich blieb mit dem ersten Mini-
fier im Zelte, wo er die Höflichkeit hatte, mich
zum Sitzen zu nöthigen. Unten vor “
erschienen einige tausend Kurdiner, die alle einzeln
vor dem Schach abgerufen wurden, und sich tief
bückten, indem sie in vollem Galopp ans ihren
Reihen heraus sprengten. - -
Der Minister fragte mich mehrere Mal, wie
mir die Kavallerie gefalle. Ich rühmte sie, wie
fie's auch meistens verdiente. Ja sagte er, und sie
ficht nicht wie in Europa, wo sie alle zusammen
stehen, fondern hier ist die Tapferkeit eines jeden
einzeln zu sehen. Bei Euch ist's keine Kunst ta-
- pfer zu feyn. Ich wollte ihn seinem Wahn nicht
rauben und erwähnte bloß des Vortheils, den man
hätte, in geschloffenen Reihen zu fechten. Nun
ja sagte er, ihr Europäer habt immer etwas Neues
und Befferes aufzutischen, aber die Türken, meinte
er, hätten auch gar nichts als ihre breiten Hosen.
Der Begriff von den Türken ist so geringe, daß
der Schach selbst einmal fagte: „Es ist genug ein
Türke zu seyn, um gar nichts zm feyn.“ – Der
Minister erzählte mir auch von einem Vorfall, der
Gott weiß vor wie langer Zeit geschehen fey soll,
wo 5cc Perfer bleiß und allein nur mit Stöcken
einige tausend Türken in die Flucht gejag“ hätten.
Nachdem die Heerschau (Revie) voiber war,
kam der Stallmeister des Schach auf einem wilden
Hengst sieben hervor gesprnngen, hte sich auf
- 196
- ein Pferde herum, das nicht im abgemessenen Ga-
lopp ging wie bei unseren europäischen Künstlern,
sondern in wilder Sprüngen nach allen Seiten
und in vollee Carriere. Bald blieb er am rechtens
Fuß hängen, und schleppte so Kopf und Hände,
bald am linken Fuß; schwang sich wieder aufs
"Pferd; stellte sich gerade auf dem Sattel, hob ein
Hein in die Höhe; kurz allerlei Veränderungen,
die fürchterlich anzusehen waren, und wo unser Herr
Ehiarini nur ein Schüler dagegen ist. Der Minister
fragte mich, wie mir das gefiele, und ich versicherte
ihm mit Recht, daß wir in Europa nichts. Alehnlis
es hätten. Das ist auch nicht der beste Springer-
sagte er, der beste wäre krank Das glaubte ich
ihn aber nicht und hatte auch recht, denn wir
erfuhren nachher, daß dieser der Einzige, und in
gan Persien der Erste wäre, - -
Der Gesandte erschien bald darauf und machte
noch einen Besuch bei dem ältesten Sohne von
Schach Mahmet-Ali-Mirza, welcher ihn äußerst
zuvorkommend empfing und den Schach lobte.
unter den Truppen, dieuoch vor dem Schloßs
versammelt standen, geriethen in Gegenwart des
Schac 2 Soldaten in Streit - und hauten mir
ihren Dolchen um sich. Eine solche Frevelchat
wäre folgt auf der Stelle mit dem Tode bestraft
worden, wer Schach aber verzieh ihnen und sagte:
„Die Gegenwart der rußischen Gesandtschaft soll
durch kein Blutvergießen entweiher werden ; nur
197
Freude soll unter uns herrschen.“ Für einen un-
umschränkten Beherrscher, der gewohnt war, weit
geringere Vergehen auf der Stelle mit dem de
zu bestrafen, war es doch wahrlich viel, fie #
einem Augenblick gemeistert zu haben. -,
Der erste Minister lud die ganze Gesandter
fchaft zu einem Mittag ein, wo wir uns den Nah-
mittag um 5 Uhr hinbegaben. In das Zelt, wo
er uns empfing, hatte er schon früher Stühle tra-
gen laffen, und nachdem wir uns gesetzt hatten,
wurde Thee mit Rosenwaffer, und Kallion präsen-
tiert. Die ganze Bedienung stand unterdessen, nach
persischer Sitte, rund herum und gaffte. -
- Bald darauf gingen wir in ein anderes Zelt,
in dessen Mitte eine Erhöhung von Erde aufgetra-
- gen w ie statt Tisch diente aber so hoch ge-
'' die Gegenübersitzenden höchsten
ihre Nasen sehen konnten. Dieser Tisch von unge-
heuerer Breite, war besäet mit allerlei Speisen
und Früchten. In der Mitte war ein schmahler
Strich gelaffen worden, dessen Nutzen ich anfangs
nicht begreifen konnte, aber kaum hatten wir uns
gesetzt, so sprangen die Bedienten auf den Tisch,
und präsentierten fo, was einem jedem gefällig war.
Ich hätte viel darum gegeben aus vollem Halse la-
chen zu dürfen; wir mußten uns. Alle Zwang an-
thun. Als aber einer aus Versehen gerade zu mit
dem Fuße in eine Schüssel voll saurer Milch trat
und ein guter Nachbar, der ihn retten wollte,
- - -
- 198 -
beinahe selbst sich an, einen Braten gesetzt hätte:
da komute man sich des Lachens nicht enthalten,
und glücklicher Weise bewegte sich die unterhaltung
des Gesandten mit den Minister, die nichts bemerkt
hatten, über einen Gegenstand, der auch lächerlich
war, so daß unser Lachen nicht auffallen konnte,
Der unvorsichtige Bediente schlich sich bescheiden
weg, und hinterließ auf dem Tischtuche Spuren
seines Fußbades. Außer diesem gefährlichen Ge-
schäfte hatten die Bedienten auch noch große Fächer
von Stroh, mit denen sie uns die Fliegen von
der Nase wehten. - - - - -
Obgleich beim ersten Minister, waren die
Früchte doch alle so schlecht, und ich verliere schon
- ganz die Hoffnung, in Persien gute Früchte zu effen.
- Der Minister schickte einigen Herren von sei
nen eigenen Teller etwas Speise, welches die größte
Ehre ist, die einen wiederfahren kann. Den Per-
fern schmeißt er es geradezu in den Mund, worin
fie fehr geschickt sind. Hat man das unglück, neben so
einem vornehmen Herrn zu sitzen, und er hat einen
gar in Affection genommen, so knetet er mit 3
Finger in Fett gekochten Reis so lange zusammen,
bis ein Klumpen entsteht, welchen er dann mit
"lieblichen Lächeln seinem Nachbarn in den schon
offenen Mund schiebt. Als wir aufstanden, wurde
sogleich Waffer zum Händewaschen gereicht, und
wir begaben uns wieder in das erste Zelt, wo Kal-
ion und Kaffee gereicht wurde, und das Fest hatte
-
-
-
199
ein Ende, – das heißt für uns; den um das
Zelt, wo wir gegessen hatten, waren schon Hun-
derle versammelt, die auf die Ueberbleibsel lauerten,
welches, wie ich schon erwähnt habe, in Persien
Sitte ist. - - - -
Den Tag darauf gab der Reichsschatzmeister
Nisanud-Dewle, Gouverneur von Ispahan und
der reichste Particulier in ganz Persien, der dem
Schach jährlich 20 Pfund ächte Perlen fchenkt,
der Gesandtschaft auch ein Mittagsmahl. Man sah
einige Geschirre von Gold und es floß guter Js-
pahaner-Wein. Der Schiras-Wein ist außerordent-
lich schwer in Persien zu bekommen, es soll auch
fo wenig davon in Schiras gemacht werden, daß
ich allen Europäern Glück wünsche, die sich ein-
bilden Schiras-Wein zu trinken. Der Gesandte er-
wiederte diese Gastereyen durch ein Fest, wozu er
alle Magnaten einlud. Unser Lager war herrlich
illuminiert. Die Herrn faßen alle bei Tische, und
wir machten die Honneurs, welches ihnen fehr ge-
fiel. Der erste Minister, welcher vielleicht von der
Geschichte, daß fein ungeschickter Bedienter in die
faure Milch getreten war, etwas erfahren haben
mochte, lobte unsere Art bei Tisch zu sitzen, und
versicherte, sie gefiele ihm fowohl, daß er es sich
in Teheran auf ähnliche Weise würde einrichten -
laffen. Die Musik spielte und das ganze persische
Lager war die Nacht um uns versammelt. Der
Schach schickte aus seinem Harem eine Menge
- und ließ dem Gesandten sich vergnügen
wünschen. -
", Der perfifche Kronschatz.
Unser Gesandtschaftsmahler hatte die erste “
Audienz beim Schach aus der Erinnerung ziemlich
"effend dargestellt, und damit dem Minister Alwe-
duf-Wehab ein Geschenk gemacht, Dieser hatte sie
dem Schach selbst gezeigt, welcher sogleich den
"unsch äußerte, gemahlt zu werden, und nach
dem Mahler schickte. Er zeigte ihn selbst zwei Por-
traits in denen er sich getroffen glaubte, und wünsch- .
sie eben so gemahlt zu werden. Es hatte seinen Grund,
denn er war sehr geschmeichelt. Kurz der Schach
''en hat, was er noch nie gethan, fegte
sich auf den Thron, nahm eine leichte Stellung -
" " fagte zu den Mahler: „Sie müffen mich
"Mal mahlen, eins behalt, ich für mich, das
andere soll für Europa fyn.“ Der Mahler war
wohl der erste Sterbliche, der den Schach so nahe
fah und gar vor ihm faßt -
- Der Schach ließ auch unfere Grenadiere kom-
- ihnen, die in feiner Gegenwart, haben erereieren und
marschieren müßen. Er lobte fähr die Pünetlichkeit
irm die Kleidung, und entließ sie mit Ge-
",
- - -
Eines Tages tritt der Schach auf die Jagd
2O1
und trug einen Generali-Adjutanten, auf, ung
feine Kostbarkeiten zu zeigen. Dieser empfing uns
im Palais und nach einigen Erfrischungen, wobei
die persischer Musik spielte, führte er uns in die
Schatzkammer. Hier fahen wir den goldenen Thron
mit großen Steinen besäet; den schönen Teppich
aus ächten Perlen gewirkt, nebst den dazu gehöri-
gen Ohrkiffen; den Kallion, an welchem eine Menge
Solitairs faßen. Auf einen großen Schawl-Teppich
lagen zwei Kronen; eine Mütze mit einer brillante-
nen Feder, vier Dolche, unter denen der Griff
des einen aus einem Stück Smaragd bestand; zwei
Säbel; ein diamantner Gürtel, eine Reihe der
ausgesuchtesten ächten Perlen, an Größe sowohl
als Schönheit; sehr viele Schnüre; anßer dem das
berühmte Schild; ein diamantner Knüppel; drei
Kleider, ganz unit Perlen und Solitairs durch-
wirkt, - -,
Alle tiefe Sachen waren jedoch nichts im
Vergleiche derjenigen beiden Armbänder, an de-
nen zwei Solitairs sitzen von fast eben so großen
umringt, deren Länge, Breite und Höhe außeror-
dentlich ist. Der eine heißt: Daria in ur (das
glänzende Meer) der Andere Kuri nur der glän-
zende Berg.
Es drängte sich unwillkürlich der Gedanke auf:
- Großer Gott : wie viele Millionen Familien könuten
glücklich gemacht werden, von dem allein was in
dieser kleinen Stube liegt, und es liegt da ohne
- E e. -
- - -
'-
2C2
allen Nutzen. Man behauptet, daß diese Steine
noch vom Schach Nadir aus Indien seien mitge-
bracht worden, wo er sie dem Groß-Mogul bei
der Eroberung von Dely abgenommen habe. Da
mahls wurde auch der Thron vom Mogul genom-
men, der einen Pfau vorstellte, welcher auf einem
Gerüste von gediegenem Golde, das drei Stufen
bildete, ruhet. Dieser Pfau sowohl, als noch
viele andere Kostbarkeiten befinden sich in Tehe an. -
Die Arbeit ist aber sehr plump, ohne allen Ge-
schmack, un hin und wieder mit emaillierten Blüm-
chen versehen. -
Der General-Adjutant, der uns den Schatz
zeigte, übergab den Gesandten im Namen des
Schachs zwei Portraits in Lebensgröße. In dem
einem sitzt der Schach auf dem Throne in den
andern auf einem reichen Teppich. Sie sind beide
nicht übel gemahlt, besonders sind die Farben sehr
schön, und die Genauigkeit der Kleider und die
Werzierungen ins Unendliche getrieben, welches man
überhaupt in den asiatischen Mahlereien bemerken
wird. - - -
In Hinsicht der Mahlerei finde ich, daß
Persien mit China ganz auf einer Stufe steht,
Man hat sogar den niemlichen Geschmack des Bun-
ten, nur verstehe ich unter China nicht die Mah-
ler in der Stadt Canton , die um den Europäern
das Geld abzugewinnen, das Mahlen mit großen
Eifer treiben, und ich selbst habe in Canton die
- -, - - - -
-
PO3
berühmte Schönheit Madame Reeanier meisterhaft,
auf Glas gemalt gesehen. Ueberhaupt suchen sie
dort auf alle Art, Sachen hervor zu bringen, der
den Europäern angenehm find. So findet man
dort zum Beispiel die schönsten Boonmarken aus
Perlenmatter gearbeitet und dergleichen mehr.
- Da bei den Persern ein Portrait, besonders,
dasjenige des Schach, fast eben so geachtet wird,
als das Original, so that der Gesandte ihm die
Ehre an, diese beiden Portraits von uns allen bis
in's Lager tragen zu laffen, wobei unter Wegs
uns die nämliche Ehrenbezeigung von den Wachen
und dem Volke wiederfuhr, als wenn es der
Schach selbst wäre.
Die Abschied s - G elf ch e n k e
und die Alb schied s - A u-
di e n z be in Schach,
Der Gesandte hatte mit so vielen Eifer und
so glücklich die Unterhandlungen betrieben, und
ohne Schmeicheleien zu fagen, mußte er sich selbst
alles verdanken, daß die Geschäfte zur Zufrieden-
heit der beiden Mächte am 27. August beendigt
und unterschrieben waren, und der Schach den
Nachmittag an diesem Tage zur Abschiedsaudienz
fest fetzte.
In Persien wird man nie ohne Geschenke ent-
lassen. Gewöhnlich werden diese an Abschiedstage
-"
- 204
gebracht, und man muß mit ihnen vor dem
Schach erscheinen. Es war auch immer Sitte, daß
man den geschenkten Ehrenhalat *) anzieht, der
Gesandte erklärte aber, daß man bei uns über eine
Uniform, die vom Kaifer gegeben fey, nichts
anziehen könne, ohne sie zu beleidigen. Der
Schach war hierin auch fo delikat, nachzugeben,
und machte mit unserer Gesandtschaft die erste
vielleicht auch letzte Ausnahme. Er schickte uns
daher auch keine Halats, sondern der Stoff blieb
in Stücken. - - - -
Den Morgen um eilf Uhr, wurden wir alle
in das Audienzzelt berufen, um die Geschenke des
Schach zu empfangen. Sie bildeten einen langen
Zug, der langsam von Schloffe hergeschritten
kann. Einige vornehme Chans marschierten an der
Spitze; die Träger gingen in Reihen, und hatten
große Präsentierteller auf den Köpfen, die mit wei-
jßem Zeuge bedeckt waren, unter denen die Ge-
schenke lagen. . - - - -
- - Das Volk grüßt alles ehrerbietig, was vom
Schach kömmt. – Mehrere von uns gingen ei-
nige Schritte der Ehre halber dem Zuge entgegen,
–- -
*) Ein Oberkleid, das der Schach als besondere
Gunst und Auszeichnung den Chans verleiht,
Es ist von Stoff, und sieht aus wie ein Schlaf-
roi das Volk bückt sich aber davor,
-
LO5
ber, nachdem er bei uns angelangt war, die Teller
alle nieder fette. - -
Der eine Chan sagte dem Gesandten, daß
her Schach alle diese Geschenke der ganzen Ge-
fandtschaft fende, als Beweis seines Wohlwollens
und zum Andenken an Persien. Bei jedem Ge-
fchenke lag ein Zettelchen, anf welchen die Benen-
nung der Sachen, der Name desjenigen stand, dem
es zukam: - -
Der Gesandte erhielt nebst vielen reichen Ge-
schenken auch den Sonnen- und Löwenorden der
ersten Klasse; mehrere von uns die zweite uud ei-
nige die dritte Klaffe. -
Die Geschenke waren sehr unbedentend; denn
ein Jeder, ausgenommen die beiden Gesandtschafts-
räche, erhielt nur einen Shawl und zwei Stück
Stoff. Die Shawls waren meistens durchlöcheet
und zusammen genäht, und ich wünschte, daß
Se. Majestät der Schach es erführe, wie schrecklich
er von seinen Untergebenen hintergangen wird,
welche die Geschenke umtauschen, so daß ein Shavl,
der vom Schach kömmt, vorher wohl fünfmal
von Hand zu Hand ungetauscht wird, ehe der
Beglückte ihn erhält. - - -
Den Nachmittag um 5 Uhr zogen wir mit
dem neuen Orden dekoriert in nämlicher Ordnung -
wie das erste Mal zur Abschieds, Aludienz. Der
Ort und die Introducirung waren die nämlichen
wie bei der ersten Audienz. Der Schach war äu-
-
-
- -
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fert freundlich, und versicherte mit feiner ge-
- wöhnlichen Liebenswürdigkeit, daß er uns alle lieb
gewonnen habe; daß wir durch unser Betragen die
Achtung aller Perser erworben hätten, und daß er
selbst der Erste fey, der von unserer Akunft an,
eine ganz andere Idee von den Rufen gefasst hätte.
Ich habe sie bis jetzt nicht gekannt, meine lieben
Nachbarn!“ schrie er mehrmal.
Der Gesandte sagte ihm, daß ein Jeder von
uns durchdrungen: von einer Güte wäre, und daß
dieser freundschaftliche Empfang von einem jo gro-
fen Monarchen sich gewiß auf ewig in unsern
dankbaren Herzen eingeprägt hätte. - „Das
wünsch' ich!“ schrie der Schach, „wir sind jetzt
Freunde auf immer!“ Da ihr die Ersten feyd, die -
mir so gefallen haben, und ihr eine große be-
schwerliche Reife zu mir gemacht habt, so bitte ich
meinen großen Freund euren Kaiser, daß er euch
alle belohne. Du, sagte er zu den Gesandten, hat
--
mir besonders gefallen, und ich bitte dich, mir ein
Paar Kronleuchter aus Petersburg zu schicken; sie
miffen groß und aus geschliffenen Glase seyn.
Er überreichte eigenhändig dem Gesandten ein
Schreiben an den Kaiser mit Betheuerungen seiner
aufrichtigen Freundschaft; er schien sogar sehr ge-
rührt dabei. Auch der Gesandte wurde es, und
der Schachfagte mehrmals, der Gesandte muß ein
gefühlvoller guter Mensch seyn.
Darauf entstand eine Pause, in der es wirklich -
-,
schien, daß der Schach mit sich selbst kämpfte, und
er am Ende fagte: ich kann das Lebewohl nicht
aussprechen. Hier empfahl sich der Gesandte Der
Schach schrie noch vielmal nach: Koschkaldy! Ko-
fchamedy! und fah uns mit Wohlwollen nach, bis
wir vor dem Mann mit dem silbernen Knüppel
vorbei waren. -
Darauf kam der General-Adjudant, und
fagte dem Gesandten, es wäre Sitte, daß man sich
vom Schach eine Gnade aus bäte, worauf der Sk-
fandte um die Beförderung des Nasar-Ali- Beck
uud Mamat-Ali- Beck zu Chaos bat Der Schach
ließ sagen, daß er letzteren nie dazu befördert ha-
ben würde, daß er es aber dem Gesandten nichts
abschlagen könne.
… … Den - andern Morgen machten sie beide als
Chans dem Gesandten die Aufwartung. Ersterer
hatte es durch sein musterhaftes, Betragen vollkon-
men verdient; letzterem aber wurde es mehr deswe-
gen zugeschanzt, weil er in Petersburg vom Kaifer
Gnadenbezeugungen erhalten hatte.
Vom Schach will ich nur noch fagen: wir
haben uns überzeugt, daß er der Liebenswürdigste
und Gefcheideste seines Volks ist, und also kein
Wunder, daß er schon 2o Jahr regiert. -
Mit dem persischen Orden erhielten wir auch
Rescripte, die Firman genannt werden, welches so
viel bedeutet, als Befehl des Schach. .
- -
- - 208 . ." - - - -
Ab schied von Ple rfi en; Rück,
reife nach Rußland. - - -
Die letzten Tage unseres Aufenthaltes vergin-
gen in gegenseitigen Besuchen unter den Ministern,
, die alle den Gesandten versicherten, daß der Schach
und sie alle so von ihm eingenommen wären, daß
eine wahre Traurigkeit fiel überfallen habe. Der
erste Minister soll sogar um dich eine Thräne gefunden
haben. Es heißt, daß der Schach die Ehre, die
Gesandtschaft während unseres ganzen Aufenthalts
in Sultaine zu bewirthen, diesem Minister überlaf-
fen habe, der für den Reichsten ln ganz Persien gilt.
Sieht der Schach Jemanden zu reich werden,
und es gefällt ihm nicht, so hat er eine gar lie-
benswürdige Manier, ihn bald arm, auch wohl
gar zum Bettler zu machen. Er findet ihnen näm-
lich täglich eine Speise aus feiner Küche, für
welche Ehre man dem Schatzmeister nicht weniger
als 1ooo Tukaten überschicken muß. Wird dieses
einige Wochen fortgesetzt, so ist's natürlich, daß
der Reichste arm wird. Will der Schach ihn nun
vollends ruinieren", so bestimmt er einen Tag, an
den er bei ihm zu Mittag speist, und diese Ehre
bringt jenen an den Bettelstab. –
Die Witterung hatte sich während unters
Aufenthalts in Sultaine nie verändert. Ein äu-
erst starker Wind blies regelmäßig von Morgen
bis auf den Abend. Die Nacht war es still, aber
-206)
sehr kalt, indem der Thermometer immer auf 4*
Wärme stand, öfters auch auf dem Gefrierpunkte.
Am Tage war die Hitze im Durchschnitt 19“
Regumur.
Am 14. August. Nachmittags fiel ein starker
Hagel von der Größe einer guten Nuß, der über
eine Viertelstunde dauerte, und den ganzen Hori-
zont weiß färbte. Dieses und die Kälte des Nachts
im 36sten Grad der Breite beweisen deutlich, daß
Sultaine sehr hoch über der Meeresfläche liegen
muß. Es soll hier auch ein ziemlich dauerhafter
Winter feyn. Welch ein Unterschied schon im
Vergleich mit Saunanarchien, das nur 12 Werte
davon liegt, und zwar nördlicher. - -
Daher sind auch hier die giftigeu Thiere
nicht so gefährlich; denn zwei von den Unftigen
fiud von Scorpionen gestochen wordein, und haben
außer einer kleinen Geschwulst, die bald verging,
- an keinen Folgen gelitten. Ein Musikant starb
hier am Schlage; also haben wir im Ganzen
schon vier Mann verloren,
uebrigens muß das Klima hier sehr gesund
fyn; denn Keiner von uns bekam das Fieber;
einige verloren es sogar, die damit herkamen.
Nur ist der ewige Staub, der überall und durch
alles dringt, unausstehlich. Den 29sten August
verließ die Gesandtschaft das Lager von Sultaine,
und wir langten am nämlichen Abend noch in der
Stadt Sangan an, wo der Gesandte den gestes
D. d
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-
- -
210
bließ, um den Namenstag des Kaisers zu feiern.
Es war Illumination und Musik, und das ganze
Volk drängte sich um so lieber zu unserer frohen -
Gesellschaft, als ihnen bekannt gemacht worden,
daß der Schach uns besonders gnädig empfangen,
und ewige Freundschaft mit unserm Kaiser geschlos-
jen hätte. Den 9. September zogen wir abermals
in Taurig ein. Der Militairgouverneur und die
Engländer kamen dem Gesandten entgegen. Mir
Withoke und Kampbell waren aus Sultane fchon
hier angekommen, und befanden sich auch unter ih-
nen. Der Gesandte hatte wegen Grenzangelegen
heiten hier noch Manches abzumachen, welches um
feren Aufenthalt eilf Tage lang verzögerte. Wir lehs
ten mit den braven Engländern, die fast ganz eu
ropäisch eingerichtet sind, so lustig, daß wir oft
vergaßen, in Persien zu seyn. Mr. Kampbell hatte
einmal die Güte, mir zu versichern, daß wohl fel-
ten eine Gesandtschaft in Durchschnitt aus so vielen
liebenswürdigen gebildeten Leuten bestände wie die
unsrige; wir können aber ohne Schmeichelei, Herrn
Kampbell versichern, daß wir noch nie so eine
Menge liebenswürdiger geselliger Engländer als die
in Tauris beisammen gefunden. Die Entfernung
vom Vaterlande trägt freilich nicht wenig dazu bei
Den 15. September feierten wir in Gesell-
schaft der Engländer das Krönungsfest des Kaiserst
wozu Albas - Mirza die Aufmerksamkeit hatte, uns
ein Feuerwerk zu schicken, - - - - - -
-
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- Den Tag vor der Abreise schickte Abas-Mirzaei-
nem Jeden einen Shaw, und dem Obristen, Jermo-
loff, Vetter des Gesandten, gab er einen Ring, den
er vom Finger zog, mit einer hübschen Beruf.
- Als der Gesandte die Geschenke des Kaisers
dem Abas - Mirza überreichte, unter denen ein
Porzellainservice, brillantene Federn e sich befan-
den, zog er bloß eine prächtige Flinte und einen
Säbel heraus, indem er sagte: dieses gehört mir,
das Uebrige ist viel zu schön für mich, und gehört
dem Schach,
Den 20. September verließen wir Tauris.
Wir hatten das schönste Reisewetter, die Hitze
war fehr erträglich, und immer heiterer Himmel.
An dem Tage, wo wir Maranda verließen, er-
hielt der Gesandte die traurige Nachricht von den
Tode des Generals Kutusoff, der in der Abwesen-
heit des Gesandten, die Truppen in Grufen kon-
mandiert hatte. Dieser Mann hatte die Achtung
und Liebe. Aller gewonnen, die ihn nur kannten,
und hatte die Thräne hoch verdient, die Mancher
um ihn vergoß. Der Gesandte verlor an ihm ei-
nen Busenfreund, Rußland einen geschickten Ge-
neral, der es einst weit gebracht hätte. Der Kaiser
nimmt sich der Wittwe und der lieben Kinder gnä-
dig an. . -
Den 24. September pafferten wir den Arare
und obgleich der gerade Weg nach Nakatchewan
nicht längs dem Fluffe führt, so wählten Mehrere
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von uns diesen Weg, um die Ruinen, der alten
Stadt Julia zu besehen, ohne daß ein Perfer da-
von wußte, noch uns bemerkt hatte. Ein Stück
von der Brücke, ein kleiner unansehnlicher Thurm
und ein Kirchhof von ungeheuerer Größe ist alles,
was man noch sieht. Der Fluß schlängelt sich ro-
mantisch zwischen grämlichen Felsenklüften bei den
Ruinen herum. Ein kleines armenisches Dorf liegt
einsam zwischen den grauen Alterthum. Die Ein-
wohner kamen uns freudig entgegen; denn sehr fel-
ten ist's ihnen vergönnt, einen Christen zu sehen,
und sie beklagten sich sehr über Bedrückung von
Seiten der Regierung. Wir find nicht die einzi-
gen Christen, sagten sie, die hier gleichsam in
Schoße der Natur. Schutz suchen: der Fluß geht
hier weiter in noch gräßlichere Felsenklifte hinein,
wo auch fromme Christen dulden, und wie wir
einst auf Erlösung hoffen. Da der Umweg nicht
fehr groß ist, so entschloffen wir uns, den Arare
hinauf zu gehen bis unweit Nakatchewan, wo
feine Ufer wieder gänzlich flach werden. Ein
fchmaler Steg führte längs den steilen Ufern des
Fluffes, die am Ende so hoch wurden, und nahe
zusammen stießen, daß wir von der Sonne nichts
mehr sahen, und vollkommen ein zweites Dariella
im Kaukasus vor uns hatten. Auf halbem Wege
lag ein ärmliches Dorf. Der reißende Fluß er-
Jambt nicht, hinüber zu setzen. Die Eunwohner
- -
-
213 : "
winkten uns freuden voll, und blieben traurig am
Ufer stehen, als wir weiter mußten. -
- Unser Führer versicherte uns, daß hinten auf
einem hohen Felsen ein Kloster läge, wo bloß ei-
ner mit dem Wege bekannter und sehr geübter
Kletterer hinauf kommen könnte. Die Gegend ging
immer fürchterlicher dem Fluß hinauf. Wir muß-
ten oft vom Pferde steigen, um eine Lücke zu
überspringen, die in dem geborstenen Granit sich
formiert hatte, und wo man in ein Dunkel hinein
schauete, als endlich wir plötzlich bei einer Wen-
dung des Fluffes von einem niedlichen Kloster und
einem kleinen Dörfchen überrascht wurden. Die
Einwohner, die vermuthlich erst glaubten, daß es
Perfer wären, liefen in Unordnung durch einander;
als sie aber kaum ihren Augen trauend Christen
kommunen fahen, kamen sie uns alle entgegen.“ Am
ihrer Spitze ging ein ehrwürdiger Geistlicher, der
uns mit thrönenden Augen bemillkommte. Die
Glocken läuteten, und der ganze Zug ging in die
Kirche, wo ein Gebet verrichtet wurde, in welches
die ganze Gemeinde, Alt und Jung mit ein-
stimmte, und am Ende laut weinte. - -
- Nach beendigtem Gottesdienst lagerten wir
uns alle auf einem grünen Platze, und ein jeder
Bauer brachte das Beste, was er hatte, um es
- mit einem Christen zu heilen. Die Geistlichkeit
hatte wie gewöhnlich den besten Wein. Wir schie-
den am Ende von diesen guten Leuten, denen wir
- - \
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-,
E14 . " -
so viel Trost gegeben hatten, als wir konnten.
Lange sahen sie uns noch nach, bis wir den Berg
bestiegen, von wo aus die Gegend bis Makatsche-
wan flach zuläuft, und zu unsern Füffen die kleine
Festung Baffarabas lag. Da verloren wir das
Kloster aus dem Gesichte, und langten sehr zufrie-
den mit unserm Umweg im Nachtlager an. Diese
kleine leidende Christen - Gemeinde, die an den
Felsenufern des Arares Schutz gesucht hatte, lebt
von Fischfang und Viehzucht. Das Vieh wird
aber auf steilen Felsea herum getrieben, wo ich in
meinem Leben nicht geglaubt hätte, daß ein
Mensch hinauf kommen könnte, viel weniger denn
ein dicker Ochs. Sonderbar genug bilden die Ufer
des Arares, die überall so flach find, hier einen
Granitkeffel. - - - -
Den 29. September langte die Gesandtschaft
in Erivan an, wo unser Lager in dem Garten des
Sardars selbst am Fluffe aufgeschlagen war.
- Der Sardar selbst war in Tauris. In jei-
nem Lusthause aber waren eine unzählige Menge
verschiedener Früchte um das Baffin herumgestellt,
die uns bei der Hitze recht wohl thaten. Sein Haus
fand jenseits des Flußes ganz nahe unserm Lager
gegenüber. Was Wunder, daß die Weiber, deren
er. 60 hat , alle sehr gierig aus den Fenstern
guckten. Unsere Perspektive geriethen in große
Thätigkeit, und man sah manch' niedliches Gk.
sichtchen traurig in die freie Natur schauen, Ei-
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nige Kleidungen waren auch nicht übel. Diefes fel-,
tene Schauspiel mochte wohl einige Stunden gedau-
ert haben, als ein Eunuch sich in unserm Lager
meldete, und gar verbiethen wollte auf die Wei-,
ber zu fehen ; da er aber fah , daß man ihn un-
ter die Nase lachte, so ging er weg, und wir fa-, -
hen ihm bald mit einem fürchterlichen Stock un- .
ter den Weibern wirthschaften. Alle liefen davon,
ausgenommen eine, die wohl Liebling und stark
feyn mußte, denn sie riß den Eunuchen den Stock
aus der Hand, schlug derb auf ihn los, warf den Stock
aus dem Fenster, und blieb felbst noch eine Vier-
telstunde fitzen, worauf sie aufstand, und das Fen-
ster zumachte. Bald darauf wurden alle Laden ver-
picht und die Freude hatte ein Ende.
Den 2ten Oetober betraten wir mit großem
Jubel unsere Gränzen, auf denen uns eine Menge
Kosaken und eine Compagnie Grenadier nebst einer
Kanone empfingen. Das persische Gefolge wurde
von dem Gesandten reich beschenkt, und entlaffen;
ausgenommen Nafar-Ali-Chander nähmliche,
welcher durch Fürbitte des Gefapdten zum - Chan
gemacht worden, und welcher uns noch einige Mär-
fche begleitete, weil der Gesandte sowohl als wir
alle, ihn lieb gewonnen hatten. Er verließ uns am
Ende fehr gerührt, und der Gesandte gab ihm
außer vielen reichen Geschenken, noch eine brillat-
tene Dose mit einem Schreiben, daß er sie für
fein braves Betragen von der ganzen Gesandtschaft
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zum Andenken erhalten habe.
Den 10. Oetober langte die Gesandtschaft
in Tiflis an, an welchem Tage fiel gerade ein Jahr
vorher auch angekommen war. - -
Gewiß werden alle meine Reisegefährten von
ganzen Herzen in den Dank mit einstimmen, deu
wir unserm Chef öffentlich abzutragen schuldig sind.
Er hat uns alle mit einer freundschaftlichen Scho-
nung behandelt; hat brüderlich manche schwere
Stunde mit uns geheilt. Seinen Herzen macht
hieß Ehre. Um uns alle hat er unmerklich ein
trautes Band geknüpft, welches die Trennung in
Tiflis sehr schwer gemacht hat,
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Österreichische Nationalbibliothek
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