Z177844205

- Annotations   ·   No Other Contributors   ·   Out of copyright

M ENTEM AL IT ET EXCOLIT 0 T 0 0 0 ( ) (0 K. K. H O F B | B L | OT H E K ÖSTERR. NATIONALBIBLIOTHEK 44. Q. 121 - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 4 - - - - - - - - - - fr. X 4 / / - , - - - Moritz v. Kotzebues Ruffisch-Kaiserlichen Hauptmanns im General-Sta- be, Ritters des Wladimir, wie auch des Persischen Sonnen- und Löwenordens. Reife nach Perfien - - mit / " - . " der Russisch Kaiser. Gesandtschaft im Jahre 1817. ---------------------------- Brünn, 182 o. - Bei Jof. Georg Trakler, : - - - - -, - Vor r ed e. - - – Diese Reisebeschreibung war eines der let- ten Werke, welche der verstorbene Staats- rath August v. Kotzebue herausgegeben hat- te. Es enthält die Beschreibung einer Reise nach Perfen, welche defen Sohn Moritz im Gefolge einer russischen Gesandtschaft an den Schach von Perfien gemacht hat. Wenn man es sich wohl denken mag, daß der Sohn Schreibart und Styl des Vaters fich anzu- eignen versucht hat, so wird man auch nicht . in Abrede stellen, daß der Vater als Her- ausgeber eines Werkes von feinem Sohne, feine nachhelfende und verbeffernde Hand uneffen war. - -/ über dem Werke habe walten laffen, und daß sich dasselbe aller jener Vorzüge zu er- freuen habe, die in den Schriften Kotzebues des Vaters so allgemein ansprechen. Die ge- genwärtige Ausgabe ist eine den Bedürfnis- fen des großen Publicums angepaßte Bear- beitung, die alles dasjenige überging, was eigentlich wissenschaftlich, nicht allgemein verständlich, nicht interessant genug oder sonst dem Zwecke dieser Galerie nicht ange- - - - Der Herausgeber, - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 1, - - - - ------- - - - - …" . . . - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - . . . . . - - - - - - - - - - - - - - - - - - ", - - - - - - - - Von Petersburg bis an den Kaukasus. Als ich und mein Freund Paul von Rennenkampf am 17. August 1817 die schöne Stadt Peters- burg verließen, so hatte sich ein Jeder traurig in die Ecke des Wagens gedrückt, und ich dachte über die sonderbare Lage des Schicksals nach, das mich schon fo lange herum geworfen und mich so nn- - vermutheit mit astronomischen Uhren bepackt nach Persien fandte, ein Land, welches mir sonst schon heiß machte, wenn ich nur die gelben Figuren fei- ner Bewohner in Bilderbüchern gemahlt sah. Von Scorpionen und Taranteln wurde fchon in Peters- burg fo viel gesprochen, daß mir's jetzt schon iber- all krabbelte, wenn ich nur daran dachte. Pest und dergleichen Kleinigkeiten wurden unter die ge- wöhnlichen Uebel gerechnet. Ich muß gestehen, daß ich das liebe Europa doch ungern verließ; denn was hat man am Ende davon, wenn’s heißt: ja der ist auch in einer - - - - - - - - 49 - 2. Ich quälte mich mit allerlei Vorstellungen der Zukunft; mein Reisegefährte war weit klüger, - er schlief. Im Schlafe ist man ganz mit der Welt zufrieden, ich ahmte ihm nach. Als wir erwachten, mochten wohl schon einige Stationen hinter uns geblieben feyn; denn es fing an Tag zu werden, und bey der nächsten meldete sich der Plagegeist aller Reisenden: der Hunger. Hier fa- hen wir wohl, daß wir nicht als Muttersöhnchen Petersburg verlaffen hatten, ohne gefüllten Spei- - sekorb und Flaschen! Zwar hatten gute Freunde - für etwas Trank gesorgt, Effen aber bekam man - nur schlecht und verdammt theuer. Nach man- chen überstandenen Beschwerden langten wir den sechsten Tag in Moskau an. Der Kaiser war vor einigen Tagen angekommen, dieß vermehrte das Gewühl dieser großen Stadt um Vieles. - Obgleich in Rußland geboren, und in meh- reren Provinzen Rußland gereist, hatte ich doch bis jetzt keine Gelegenheit gehabt, Moskau zu fe- hen. Trotz dem furchtbaren Brande steht die Stadt noch in ihrer Größe da, und man sieht nur hin und wieder noch Paläste, die Spuren des Brandes tragen. Letztere findet man gewiß nir- gends so zahlreich und schön. Es ist zwar alles sehr unordentlich durch einander geworfen; neben Palästen stehen Hütten, neben schönen Brücke kommen Fußsteige, wo man den Hals brechen kann; aber ich muß gestehen, es herrscht im Gan- 3 zen etwas Großes neben einer liebenswürdigen Un- ordnung. Der Kaiser hat den Einwohnern ver- sprochen, lünftiges Jahr in Moskau zuzubringen, da wird alles plötzlich in Thätigkeit gerathen, und dann hoffe ich auch, daß die große Sänle aus eroberten Kanonen endlich aufgeführt wird, nach der ich mich leider vergebens umfah, - - Den 27fen verließen wir Moskau, und langten mit dem Kaiser zngleich in dem freundli- chen Städtchen Tula an. Diese Stadt, die ih- rer schönen Stahlfabriken wegen berühmt ist, hat mir auch ihrer angenehmen Lage und hübschen Häuser wegen recht sehr gefallen. Sehr niedliche in Stahl politirte Sachen kann man dort für ein Spottgeld kaufen. Nach einigen Tagen verließen wir Tula, und reisten über Woronesh nach der Residenz des Kosakenlandes Nowotscherkask. Schon hinter Woronesch fängt die Eegend an, nackend und öde zu werden. Die Posten find so erbärm- lich, daß man einen ganzen Tag von Station zu Station geschleppt wird. Wenn man sich in Wol- ronesh nicht versorgt, so kann man unterweges geradezu Hungers sterben. Auf den ganzen Weg bemerkte ich, daß die Postillone einzig von Waf, sermelonen lebten, die in diesem Lande vortrefflich“ - sind. Die Posthäuser bestehen aus kleinen erbärm- lichen Hütten. Die Herren Kosaken treiben keinen Ackerbau, fondern leben weit lieber und bequemer von Viehzucht, Fischerei und Handel, Das mag '- - - - - wohl der Grund seyn, daß kein grünes Feld, kein Baum, kein einziger Ackerbau das müde Auge er- götzt. Man blickt in unabsehbare Wüsteneyen, und sieht außer den Windungen des Weges nichts. Die Stadt Nowotscherkask, Residenz des Kosa- kenhetmanns Platoff, fängt an, sich recht stattlich anzubauen; beim kleinsten Regen aber schwimmt - man in Koth. Die Reinlichkeit in den Häusern ist beinahe übertrieben, und eigentlich bloss eine Folge des religiösen Gebrauches einer Seete, Ros- kolniks genannt, zu der die meisten Kosaken gehö- ren. Hat ein Ruffe bei ihnen gewohnt, so wer- den alle Geschirre, das Zimmer, kurz alles, was man betastet hat, gescheuert, geräuchert," und als unsauber vom Priester aufs neue eingeweiht. Hat man gar Tabak geraucht, so muß die ganze Procedur mehrere Mahl vorgenommen werden, und ein Gottesfürchtiger baut wohl gar ein Haus um. In jedem Hause findet man ein Schränkchen mit einer Glasthür, hinter der fil- berne Löffel von verschiedenen Größen und Arten, Pokale aus allen Weltgegenden, die noch treulich ihre Familienwapen tragen, Meffer und Gabeln groß und klein und was dergleichen noch; – die uten Kosaken haben sich brav geschlagen, und mag man ihnen diese Liebhaberei zn Antiquitä- - ten schon gönnen. Der donische Wein verdient wahrlich Lob. Er ist leicht, hat einen sehr an genehmen süßlichen Geschmack und sprudelt wie - 5 Champagner. Die Pferde der Residenzpost schlepp- ten uns nicht schneller aus der Stadt heraus, als wir hinein gekommen waren, und auf der ersten Anhöhe hinter der Stadt mußten wir einige Stunden peitschen und ziehen, ehe wir hinauf ka- men. In zwei Tagen erreichten wir die Gränze bei der Quarantaine, Wanutschei Jerlik genannt. Ihr Anblick verspricht einst bei der Rückreise keine erfreuliche Zukunft, indem man sich dort ei- nige Wochen wird müffen beräuchern laffen. . Von hieraus bestehen die Dörfer aus ansäs- figen Ruffen, welches man auch gleich an den gu- ten Pferden merkt. Hier fängt die Gränze des kaukasischen Gouvernements an. ... Bald erblickten wir die Stadt Stawrapol. Was uns aber unwill kührlich ein frohes Ha! entriß, waren Bäume, die wir schon lange nicht mehr gesehen hatten. Aus dem Posthause erblickt man den majestätischen Elbarus aus den Wolken hervor ragen. Der Astronom Herr von Wischnefsky hat ihn gemes sen, und ihn 167oo Pariser Fuß hoch gefunden, also ungefähr 4 Wert. - - - Aus Stawrapol darf man schon nicht mehr ohne Bedeckung reisen, man erhält mehrere Kofa- ken, die von Station zu Station gewechselt wer- den. Bis Georgessk fährt man in einer Entfer- nung von ungefähr sechszig Werten längs den Fluffe Kuba, der sich an den Kaukasgebirgen hin- zieht. Jenseits dieses Fluffes leben die liebenswir - 6 - - digen Tierkeffen, Kabardins n. f. w., die bestän- dige Räubereien begehen. Von Pest und Hunger geplagt fuchen sie öfter die Freundschaft der Ruf fen, geben Geißeln als Beweis ihres guten Wil- lens in Eintracht zu leben; allein alles das hilft nichts; bei der ersten Gelegenheit stehlen sie Leute uud Sachen, und plündern, wo sie können. Sie leben überhaupt von Viehzucht, Fischerei- und Jagd im weitesten Sinne des Worts. Ackerbau treiben sie wenig und nicht geen, überlaffen über- haupt alle - fchwere häusliche Arbeiten den Wei- bern; der Mann schämt sich, zu arbeiten; je mehr er aber geplündert und todt geschlagen hat, in desto größern Ansehen steht er unter den. Seinigen. - - um diese liebenswürdigen Euresten gänzlich lieb zu gewinnen, muß man wissen, daß sie auch unter sich beständig morden. Ihre heiligste Pflicht ist Blutrache, die darf keiner verabsäumen; und da nun unglücklicher Weise einst bei Entstehung dieses Volks ein Mord vorgefallen ist, so rächt fich die ganze Nachkommenschaft eins an dem an- dern bis in Ewigkeit. Die Familien kennen sich zwar sehr genau, welche gegen einander Blutrache ausfihren, es geschieht aber uie anders als hein- tückisch im Walde, auf dem Felde, oder sonst ir- gend wo, wenn keine Zeugen dabei find. Das her laufen sie oft sehr viele Jahre lang, bis es fo" einen Rächenden gelingt, sein Opfer fallen zu 7 sehen. Von dem Augenblick an aber kehrt er mit großem Triumph in fein Haus zurück, und nun ist die Reihe an der andern Familie, Rache zu suchen. Stirbt der Thäter, so weiß sein näch ster Verwandter, daß die Rache jetzt an ihm aus- geübt wird. Dieß erstreckt sich auch auf die Ruf fen. Wenn nähmlich in einem Scharmützel ein Bergbewohner erschoffen wird, so ruht sein näch- ster Verwandter nicht eher, bis er einen russischen Kopf hat; gelingt es unterdessen andern feiner Kameraden, gerade den nähmlichen Ruffen zu fan- gen, so kauft der Rächer ihn für theures Geld, und mordet ihn dann langsam nach Herzenslust. So ein niedliches Volk ist nun auch unter der Zahl der Menschen! Gedankt fey's der Vorsehung und den Türken, die ihnen öfters Pest zuschicken, wodurch dieses Unkraut doch einigermaßen ausge- rottet wird, sonst wäre gar kein Auskommen mit diesem Volke. Wenn die russische Regierung fo fchlecht feyn wollte, wie die türkische, so könnte fie mit einer Zusendung der Pest der ganzen Otter- brut ein Ende machen, sie bestraft sie aber blos durch Expeditionen von Truppen, die ins Gebirge dringen, ihre Häuser zerstören, das Vieh weg- treiben, und so dergleichen. Dann sind sie zu feig, um ihre Häuser zu vertheidigen, und laufen in die Gebirge, bitten um Gnade, geben Geißeln, versprechen alles und halten nichts. Die mahome- tanische Religion verbietet ihnen, irgend eine $ Maßregel zu ergreifen, um sich gegen die Pest zu sichern; denn sie sehen es als eine Sendung von Himmel, und sterben mit vieler Resignation. Es existiert noch ein solches fauberes Völkchen, das die Cabardiner, Terkeffen und überhaupt alle Berg- völker an Tugenden übertrifft; es sind die Tschet- fchenzen, die einen unzudringlichen Theil der Kau- kasgebirge bewohnen und gerade unsere Militair- traße beunruhigen. Sie waren font Vasallen der Cabardiner, jetzt ein freies Volk, das seine ehe- maligen Herren weit an Räubertugenden übertrifft. Auf der Station Smoernen, die ungefähr den halben Weg von Stawrapol bis Georgefsk ausmacht, erblickt man zum ersten Mal die ma- jestätische Kette der kaukasischen Gebirge. Diese furchtbaren Maffen, die bis in die Wolken in einer unglaublichen Unordnung aufgethürmt sind, und deren Schneespitzen die verschiedensten Farben spie- len, geben einen imposanten schauderhaften An- blick. Der Elborus und Cafébeck zeigen sich an beiden Enden dieser Kette wie ein Paar mächtige Beschützer. Ich habe den Pik von Teneriffa ge- sehen, der seiner gänzlichen Isolierung und feines Zuckerhutes halber einen schönen Anblick gewährt, aber er ist keineswegs mit diesen beiden zu vers gleichen. Die Bergbewohner kennen eine Stelle, nach ihrer Muthmaßung auf der Hälfte der Höhe, die man nicht überschreiten darf, indem ein grau- amer Wind den Wanderer sogleich tödtet; flbst -- 4 - „/ Vögel fallen herunter, sobald sie sich über diese Sphäre wagen. Die Geister der Verstorbenen soll man ganz deutlich stöhnen hören ! In allen Ernste aber mag's auf dieser furchtbaren Höhe, die von meilengroßen Granitschluchten umringt ist, wohl einen Zugwind geben, dem kein Mensch widerste- hen kann. – - - - Den 26. September langten wir in Geor- gefek au, mro ich die Bekanntschaft des General. Delpozo machte. Nach einigen Tagen kam auch der Gesandte an, und überraschte die zu einem Empfange versammelten Autoritäten plötzlich, indem er auf einem einfachen Postwagen ganz allein fuhr, und auf die ungeduldigen Fragen der wartenden - Herren, wie weit der General Jermoloff noch wäre, mit einem Sprunge: „hier ist er!“ ant- zwortete. - - - - - - - - - - Von George fsk bis nach Kobi. - Nicht selten graffiert die Pest in Georgessk, - besonders im Hospitale, welches der General Del- pozo trotz den täglich besichtigt, indem er erst feine Hände mit Effig wäscht, und sich wohl in Acht nimmt, mit dem Kleide irgend wo anzusto- - fen. Mit den Anstecken soll es eine sonderbare Sache feyn. Einige, die Pestkranke angefaßt ha- . ben, sollen nicht angesteckt worden seyn, andere haben dieses Unglück gehabt, ohne sich irgend ei- - - B - TO ner Unvorsichtigkeit bewußt zu fehlt. Es soll eine besondere Disposition des Menschen seyn, in der er mehr oder weniger, vielleicht gar nicht em-, pfänglich für das Gift ist. Im Frühjahr und im Herbste ist die Ansteckung am gefährlichsten. Ihre Wirkung äußert sich erst durch Schmerzen in den Seiten, dann heftiges Kopfweh, darauf große Ge- schwülste, gewöhnlich unter den Armen; die Au- gen werden wild, Schaum kommt aus dem Munde, und man stirbt. Gutartig ist die Pest, wenn rothe Flecken sich noch am Lebenden zeigen, gewöhnlich treten sie erst nach dem Tode hervor. Es gibt häufige Beispiele, daß die Geschwüre, platzen, dann ist man gerettet. Die Pest kömmt, wie sie geht, kein Mensch weiß, wohin und wo her. Viel Knoblauch effen soll auch vor Anstek- kung bewahren. Ich hörte von einigen meiner Ka- meraden, die das Unglück gehabt haben, in Gru- fien mehrere Male diesem Spektakel beizuwohnen, davon sprechen und schauderte. Alle Kommunika- tionen werden gesperrt. Ein Jeder ist in seinem Hause ein Gefangener. „Auf den Straßen sieht. " man Niemand außer ern, die in den Pechmänteln gekleidet, mit langen Zangen diesen und jenen an der Pest. Gestorbenen vorbei schlep- pen, um ihn weit hinter der Stadt in die allge- meine Grube zu werfen. Man fragt änatlich aus den Fenstern nach seinen Bekannten und Freund den. - ver , heißt es, liegt schon in der Grube, II - der ist gestern krank geworden – u. f. w., ein Jeder denkt, morgen ist die Reihe an dir. Man stelle sich aber das Fürchterliche vor, wenn in ei- mem und dem nämlichen Hause. Einer aus der Familie Anfälle bekommt, und man darf ihm nicht helfen, sondern muß ganz gelaffen den qual- vollsten Tod mit ansehen, und dann die Pech- mäntel aus dem Fenster rufen, die auch nicht in- mer Zeit haben, und nicht selten Tage lang den Körper liegen lassen, bis sie sich erbarmen und mit langen Zangen den Todten zum Fenster hinaus ziehen, so wie auch alle Kleidungsstücke, die der Kranke angehabt oder berühret hat. Darauf fol- gen nun gewöhnlich mehrere aus dem Hause, in- dem es unmöglich ist, sich immer so zu bewahren, daß man nicht irgend etwas berührt. Auch ist der Kranke oft ansteckend, ehe man noch die wahren Symptome der Pest entdeckt, und nun hat der Letzte das Vergnügen, allein zu bleiben, und ohne alle Hülle den Tod kommen zu sehen. Wie es mit den Lebensmitteln diese Zeit über aussieht, kann man sich wohl denken. Ist endlich die größte Ge- fahr vorbei, sind die Meisten schon todt, und die etwa verdächtigen Kranken im Hospitale in Si- cherheit gebracht, so öffnen sich nach und nach die Häuser, und man sieht, lebendige Gespenster heraus schleichen, die sich gegenseitig Glück zum Leben wünschen, aber immer noch mit der größten Vorsicht, ohne sich die Hand zu reichen. - - - - 12 - Auf den Straßen herrscht eine unbegränzte Höflichkeit; denn Keiner mag den Andern im Vor- beigehen auch nur berühren. Väter haben ihre Kinder verloren, Gatten ihre Weiber; Andere sind allein aus einer zahlreichen Familie in dem gro- en leeren Hause noch geblieben, wo sie alles an das Verlorne erinnert. - Man hört nach hiesiger Sitte in Hänsern laut nach Verstorbenen heulen, und alles läuft in Verzweiflung in die Kirche, bit- - tet und betet. Während dieser furchtbaren Pestzeit vergraben. Viele ihre Sachen, in der Meinung, daß diese noch nicht angesteckt feyen; bleiben sie am Leben, so hohlen sie sie einige Monathe nach- her wieder hervor und ehe man sich's versieht, ist die Pest wieder da. Man behauptet, daß das Petgift nach vielen Jahren mit vergrabenen Sa- chen wieder zum Vorschein gebracht werde. Das sicherste Mittel, verdächtige Kleider zu reinigen, ist, sie so lange als möglich der Luft und Sonne auszusetzen. - - Die Stadt Georgefek soll in einer sehr unge- sunden Gegend liegen; ich war froh, daß wir sie den 28. September verließen, und bin ihr ordent- lich, gram geworden, indem eine Landsmännin von mir, eine sehr schöne revalsche Dame, in kurzer Zeit dort gänzlich ihre Gesundheit einbüßte. – Die warmen Bäder, die sich in der Nachbarschaft befinden, sind die heilendsten, die man bis jetzt in Europa kennt. Der jetzige Hauptbefehlshaber sorgt - - - 13 - auch dafür, daß bequeme Häuser für die Reisenden angebaut werden, indem sie bis jetzt ziemlich unbe- fuem in Kibitken haben wohnen müffen. Der Weg von Georgefek bis Moedok führt längs dem Fluß Terek, der den ganzen Kaukas bestreicht, und unweit Kielar in das kaspische Meer fällt. Diese Strecke wird von Cabardinern unsicher gemacht, die zwar sich unsere Freunde nennen, aber doch der Begierde, zn plündern, nicht widerstehen können. Der Gesandte langte auch bald in Mosdok an, wo wir einige Tage verweil- ten, um Vorbereitungen zum Marsch über die kaukasischen Gebirge zu machen. Den 2. Oktober war alles zur Abreise bereit, wir versammelten uns bei der Ueberfahrt am Terekfuß, wo ein Frühstück bereit war. Nachdem die Packpferde und Equipagen übergesetzt waren, stiegen wir alle auf den Prahm, und wünschten mit gepreßtem Herzen Europa ein Lebewohl! Auf jener Seite stand eine Kompagnie Jäger nebst Kosaken und ei- ner Kantone, die uns convoiren sollten; die Trom- mel schlug den Feldmarsch, und der Zug begann in langsamen Schritten. Unsere Gesellschaft war fehr zahlreich; die Entfernung von Europa, zu- fammen überstandene Leiden, und noch mehr der Umgang unseres Chefs, knüpfte zwischen uns ein trauliches Band, und ich rufe meine Reisegefähr, ten als Zeugen auf, ob wir nicht auf diesem furchtbaren Wege von Mosdok nach Tiflis die fro- 14 - heften Tage verlebt haben. Von Moedok bis Wladikaukas hat man drei Tagemärsche, und es sind die gefährlichsten in Hinsicht der Räubereien der Tschetschenizen. Man paffert zwei Bergrücken, einen vor der Konstantinoffskoyredoute, den andern gleich darauf. Der Erste besonders formiert einen bequemen Engpaß für Räubereien, ungefähr fünf- zehn Werte von Mosdok entfernt. Ist man diese - vorüber, so kann man sich Glück wünschen, da , die Tschetschenizen nie in freien Felde angreifen. Ein unglücklicher Offizier, der eine Stunde nach uns aus Mosdok ausgeritten, in der Hoffnung, uns auf einem guten Pferde bald einzuhohlen, wurde unterwegs ermordet. Ein Beweis, wie die Spitzbuben überall lauern, obgleich man sie nicht sieht. Andere Bergbewohner, des Herumirrens müde, haben sich unter dem Schutze unserer Re- douten angebaut, wie man sie auch jetzt schon in großer Anzahl in Konstantinoffskoy und Elisawe- tinskaja antrifft. . - - - r - Die Festung Wladikaukas ist der Schlüssel der kaukasischen Gebirge; General Delpozo hat sich besonders um deren Anbauung und Verschöne- rung verdient gemacht, und es ist ihm wirklich gelungen, einen niedlichen Wohnort daraus zm machen. Der Terekfuß, an dem die Festung liegt, ist sehr reiffend, dem ungeachtet hat man Mittel gefunden, eine Brücke darüber zu werfen, die frei- lich bei großem Waffer oft weggespühlt wird. 15 - - - Bis jetzt hatten wir noch nichts. Fürchterliches vom kaukasischen Gebirge gesehen, der General Delpoo, der uns von Georgessk aus begleitete, versicherte, daß der Marsch aus Wladikaukas bis Dariella un- fere Erwartung übersteigen würde. Wir verließen Wladikaukas, den 5. Oktober, und es fiel der erste Schnee; die Kälte mag ungefähr 5° Reaumur ge-, wesen fehlt. Die ersten sechs Werte gingen noch an, man fuhr längs den Terek, der mit furcht-, barem Braufen uns entgegen rollte. Hier blieben die Equipagen; ich fand es sehr natürlich; denn es stand ein unabsehbarer Granitberg vor uns, in dem man eine Oeffnung bemerkte, aus welcher der Terek heraus schäumte. Zu meinem Erstau- tten fchritt man bald wieder vorwärts, und ich fah den ersten Wagen verschwinden; die anderen folgten alle in Gottes Nahmen, jetzt kaum auch die Reihe an den meinigen. Ums Himmels wil- len! ein ganz enger Weg, linker Hand ein Ab- grund in den Terek, vor dessen, Geräusch man keine Sylbe hören kann, und rechts eine Granit- wand, die öfters über den Kopf herab hängt. Berge thürmen sich auf Berge; bald müffen fünf zig Soldaten den Wagen hinauf ziehen, bald rollt er über Kopf und Hals selbst den Berg herunter, die Granitfelsen schließen immer näher zusammen, man befindet sich in einem dunkeln Kessel, der nie von der Sonne beschienen worden; die Feuch- tigkeit ist unausstehlich; das Wiederhallen der - fiz Worte der Führleute tönt grimmig wie aus dem Grabe; das Raffeln der Wagen brummt schauder- haft in dem Keffel fort. Endlich möchte man fra- gen: wo wollen die unsinnigen Menschen noch wei- ter hin? denn es steht ein großer Granitberg ge- rade vor uns. Aber der Weg schlängelt sich in eine Schlucht, man gewinnt wieder etwas Raum, und das Auge wird beständig durch scheinbare Uumöglichkeiten getäuscht. Vom Himmel sieht man nur einen fchmalen blauen Streif, der die Richtung des Weges andeutet. O Wunder! es öff- net sich eine kleine Aussicht, und man erblickt auf der Spitze eines Felsens die kleine Festung Larey, die unsere müden Leute ablöset. " - Neben der Festung ist ein unbedeutendes Dörfchen in die Erde gegraben, wo ein Fürst, Dewlet genannt, residiret, der sonst die Reisenden öffentlich plünderte, jetzt es im Geheimen thut. Er bat um die Ehre, daß der Gesandte ein Maul- wurfsloch befehe, und traktierte ihn fürstlich mit stinkendem Schaffleische. Der Weg schlängelte sich immer wunderbarer längs dem Terek, unbegreiflich, wie Menschenhände ihn haben bahnen können. Trotz der geringen Entfernung zwischen Wladikau- kas und Dariella langten wir in diesem letzten Ort erst Abends spät ermüdet und hungrig an. Welch" ein Anblick am andern Morgen! Mit Mühe konnte man erkennen, wo man eigentlich herge- kommen war, und die Verlängerung des Wegs - - - - - - - - - - 17 nach vorn hin fähien unmöglich. Die ganze Re- doute besteht aus zwei Häusern, die so erbärmlich gegen den umliegenden Granitkeffel abstechen, daß sie in einer geringen Entfernung schon wie kleine Punkte nur aussehen. Die Brücke ist wundervoll über den Terek gebaut. Die Sonne scheint hier nur 13 Stunde des Tags, wenn es hoch Mittag ist. Die Garnison wird so oft als möglich gewech- felt; denn fie ist wie lebendig begraben. Alle diese schreckenden Gegenstände schwächten weder den Muth noch die frohe Laune unserer Reisegesell- fchaft; wir nahmen alles, wie es kam, und ver- ließen zu Pferde das traurige Dariella. . . " - - Der Weg krümmt sich wunderbar in die Felfen hinein, und fünf Werte von Dariella sieht man einen furchtbaren Schlund sich gleichsam in die Wolken hinauf winden. Er vereiniget sich mit mehreren ähnlichen, und wird gegen die Spitze des Berges zu, dem Auge unsichtbar. Die der Schlund ist's, der regelmäßig alle sieben Jahre eine große Revolution im Kaukasus hervor bringt *). Man denke ich das Getöse in den Gebirgen, wenn plötzlich von der Spitze des Ea- - *) Als wir 1817 aus Persien zurück kamen, ge- schah diese Revolution im September; gerade nach den sieben Jahren, wie man es uns vorher gefagt hatte. - E. 1F febeks, der an Höhe dem Elborus nicht viel nach gibt, sich ein Stück von dem ewigen Eise durch seine Schwere abtrennt, und mehrere Werte steil herunter rollt, Felsenstücke mit sich nimmt, zum ungeheuren Ball sich anwälzt, der nun in Beglei- tung alles desjenigen, was ihm nicht hat wider stehen können, endlich in diese Schlucht, vor der ich stehe, hununter stürzt, und den Terektfluß plötz- lich hemmet, so daß die Garnison von Dariella ihn Minuten lang ganz trocken sieht, und die Fi- fche auf dem trockenen Boden herumspringen. Plötz- lich schwelt der Terek hinter der Schlucht zu einem See, oder vielmehr erfüllt einen Granitkeffel aus, und bricht dann mit einem furchtbaren Getöse an der schwächsten Stelle durch, nimmt öfters eine ganz andere Richtung, und schleppt alles mit sich, was ihm im Wege steht. Dieser Schneeball schmilzt hernach Jahrelang, und die Granitstücke bleiben noch bewachsen, so wie deren eins schon vorhan- den ist, mit Tannen, je nachdem sie groß sind, und über das Waffer hervorragen - und geben dem Fluffe ein herrliches Ansehen. Wir bewunderten alle eine Zeitlang diese bezauberte Stelle und staun- ten beynahe noch mehr, als bald darauf sich ein altes Klostergebäude unseren Blicken zeigte, das auf eine ungeheure Felsenhöhe wie ein Wunder hingezaubert ist. Jetzt kann man gar nicht mehr begreifen, wie man dort hinaufgekommen ist. - - Gegen Mittag langten wir bei dem Gene- --- - - - - " 19 - ral Casebek, einem Bergbewohner, der früher Ruß- land sehr große Dienste geleistet hat, jetzt noch die Bauern in Zucht hält, und für die Sicherheit des Weges haftet. Er empfing uns mit einem asia- tischen Mittagsmahle, wozu recht, viel Reißbrei und Schaffleisch gehört. Gewöhnlich übernachten die Reisenden bei Casebek, wir aber setzten nach Tisch unsere Reise fort bis Kobi, wo wir ziemlich spät anlangten. Unterwegs sahen wir mehrere Dör- fer, wenn man sie so nennen will, und unter an- dern abermals ein Wunder. In einem hohen Grauitberge erkennt unan kaum eine kleine Oeff- nung. Dort, hieß es, wohnt ein Eremit! Wir sahen auch wirklich bald darauf eine Figur her- auskriechen, und mit Lebensgefahr eine Reise in die Unterwelt unternehmen. Sie kam glücklich- hinunter, und ging bis zu einem Kreuze , das am Wege steht, wo der Eremit feine Almosen ab- wartet. Es soll ihm in vielen Jahren gelungen feyn, sich ein geräumiges Zimmerchen in dem Gra- mit anszuhauen, wo er sich feiner Andacht, man kann mit Recht sagen, ungestört widmet. Kobi ist auch eine kleine Redoute, wo unlängst erst drei kleine Häuser aufgeführt worden. Wir fan- , den wohl Feuer, um uns zu wärmen, aber sonst auch gar nichts. Unsere Equipagen und besonders die Küche waren noch weit zurück, unterdessen hat- teil, wir vom Mittag an abermals einige zwanzig Werte zu Pferde gemacht, und der Hunger sich 2o allgemein eingefunden. So froh und einig wir auch immer. waren, so wirkte dieser Umstand doch heute gewaltig auf unsere Laune, obgleich unser General sich alle mögliche Mühe gab, die * Gemüther zu erheitern. Man schlich traurig in verschiedenen Zimmern herum, es war bald Mit- ternacht und keiner wollte schlafen, als plötzlich Stimmen draußen erschallten, die Küche ist an- gekommen! und unser Koch Nikita! – Obgleich nun erst in der Küche Feuer gemacht werden mußte, und es lange dauern konnte, ehe etwas fertig wurde: fo kehrte doch bei allen die frohe Laune wieder ein, und mit Hülfe des Obersten Wiljamiroff komponierte die sämmtliche Gesellschaft ein Danklied, an den Koch gerichtet, das nicht nur sehr witzig gerieth, sondern auch den Umstän- den nach sehr angemeffen war. Ohne den Gene- - ral ein Wort zu fagen, studierten wir in einem entfernten Zimmer das Lied uns ein, und nach dem Abendessen, zu welchem Nikita, sein Glück nicht ahnend, ganz vortreffliche Cottelets gemacht hatte, ließ man ihn kommen, ng ihm in Gegenwart des überraschten G der herzlich lachte, das Lied vor. Anfangs schien er nichts zu begreifen, als aber beim Refrain sein Nahme laut wiederhohlt wurde, lächelte er freundlich und bückte sich jedes Mahl. – Die arme Frau des Verfassers der Lettres sur le Caucase et la Georgie. - die ich persönlich die Ehre habe zu kennen, hat - - keinen fo frohen Augenblick in Kobi erlebs, fie acht Tage dulden mußte. Es wird ihr leicht nicht ganz gleichgültig feyn, daß Gene. Delpozo wünscht, sie möchte erfahren, daß jetzt in Kobi drei Häuser aufgebaut sind: und daß sie wenigstens in Zukunft an Quartier keine Noth leiden könne wie damals. - - - - Reife durch Gruften. An einem schönen Tage gingen wir wohlge- muth dem furchtbaren Raschawoberge entgegen. Die Sonne hatte den Schnee etwas weggeschmol- zen, der Weg war schlüpfrig geworden, Abgründe hatte man immer zur Seite. Die beständigen An- höhen machten, daß die Equipagen nur langsam und mit Hülfe der Menschenhände hinauf gezo- gen werden konnten. Bald zeigten sich unab- fehbare Aussichten in die Gebirge, bald wurde der - Horizont wieder beschränkt. Zwischen Mosdok und Tiflis ist der gefährlichste und schwerste Marsch; wer ihn glücklich übersteht, dem ist zu gratulieren. Nachdem wir eine lange Zeit gestiegen waren, er- blickten wir das Kreuz auf der Krestowaja Gora, das dem Erlöser und Erretter geweiht ist, aber meiner Meinung nach nicht ganz auf dem rechten Punete steht, denn gerade bei diesem Kreuze fängt der allerschwerte, steileste Weg an, geht zwei Werte lang herunter, und erhebt sich dann wieder - , - - 122 --- - „sen End Porga, der nichts nachgibt. Ueber en schrecklichen Anblick vergißt man die fchönen u sichten, welche sich auf der Kresowaja Gora arbiethen, und ist wirklich froh, das Kreuz zu finden, um fernern Schutz zu erflehen. - Da auf unserer Reise der General allem ei- nen Anstrich des Frohen zu geben wußte, so wa- ren wir auch hier wohlgemuth, und das Schick- - fal gab uns eine fchöne Eelegenheit zur Zerstreuung. Am heutigen Tage ist die berühmte Schlacht bei Leipzig vorgefallen. Wahrlich, sie verdient beson- ders gefeiert zu werden, und das thaten wir auch, Wir krochen, trotz dem Schnee, der nns bis an den Unterleib ging, alle hinauf zum Krenze auf der Spitze des Berges, fchleppten Bouteillen mit Wein hinauf, und tranken mit einem dreimahli- gen Hurrah, im faufenden Winde, der uns um- geworfen hätte, wenn wir nicht so tief im Schnee gestanden, unseres Kaisers Alexander Gesundheit, – dann der braven Truppen, und darauf unseres geliebten Generals. Die Aussicht - da oben fans den wir vortrefflich, mußten aber bald die pos- firlichsten Stellungen annehmen, um den Berg hinunter zu rutschen, welches nur mit vieler Mühe glücklich gelang. Nachdem wir am Fuße der Gud Gora etwas ausgeruht, begann in Got- tes Nahmen das Emporklimmen. Der Weg ist nicht breiter als ein zweispänniger Wagen kaum einnimmt. Am Abhange des Berges ist er eins 23 gehauen, nnd hat zur Rechten einen unabsehka, ren Abgrund, und zur Linken furchtbare Maffen, die beständig sich loszureiffen drohen. Der ganze Ricken ist mit Schutt - und kleinen Steinen so befäet, daß es aussieht, als hätte der Satan Paar oder Unpaar gespielt. Hier ist eigentlich die Stelle der berühmten Lavinen, die, auf den Weg her- abrollend, alles mit sich fortreiffen. Sie ereignen fich aber bloß im Winter- und Frühjahr, wenn die Sonne zu wirken anfängt, so daß man am Tage nicht wagen darf, diese Stelle zu paffiren, fondern die Nächte dazu wählt. Wir haben blog das Fürchterliche der Möglichkeit kennen gelernt. Als die Spitze der Gud Gora erreicht war", hat - ten wir nur noch vier Werte bis zur Station Rufchaour, der Weg ist zwar auch nicht von den angenehmsten, allein im Vergleiche des über standenen fehlägt man hier schon Kreuze, und wünfchet sich Glück zum Leben. - Nachdem wir in Ruschaour übernachtet, gin- zen wir getrost den letzten Hindernis entgegen; s ist der Berg dieses Namens, den man hints unter steigen muß. Er ist sehr steil, übrigens ziem- ich ficher, obgleich mehrere unglückliche Opfer n feinen Abgrund gestürzt sind. Anfangs gewährt s dem Auge nichts, als ein weites Feld in blauen Nebel gehüllt, je tiefer man aber hinunter kömmt, fo deutlicher werden die Gegenstände; der kalte Winter verläßt den Reisenden, statt nackter Fel- - 24 fen sieht man grüne Anhöhen und Bäume, Vö- gelfingen, und dem Auge öffnet sich das schönste Thal der Welt, besetzt, von dem herrlichen Aran- gna-Fluße; man sieht bearbeitete Felder, Dörfer, Ruinen von Schlöffern. Arbeitsame Landleute ge- hen ruhig ihrem Berufe nach, man glaubt plötz- lich in ein Paradies hinabgestiegen zu feyn, und bedauert die armen Bewohner der Hölle; die Na- tur scheint für alles ueberstandene entschädigen zu wollen, man braucht keine Bedeckung mehr, kann - ganz allein sicher reifen, man ist in Grusien. Sehr paffend steht am Fuße dieses Berges, als dem Puncte , wo alle Widerwärtigkeiten aufhören, ein einfaches Denkmahl für den Obersten Daniloff, der den ungeheuern Kaukaschlund zu einem prak- tikablen Wege umarbeitete. Man muß selbst fehen, um diese Arbeit ganz zu schätzen. – Die Aragua fließt schon in entgegengesetzter Richtung mit dem Terek, wir hatten also den höch- sten Punkt des Kaukasus verlaffen, und fuhren jetzt in diesem wundervollen Thale auf einem ebe- nen guten Wege, der sich durch grüne Gebüsche wandte, frohlockend nach Paffanaour. Der Weg am andern Tage über Amanour nach Duchet, war zwar in Hinsicht der immer neuen Ansichten auch - höchst interessant, allein mit dem Thale des Ara- gua-Fluffes gar nicht zu vergleichen; dort könnte ein geschickter Mahler herrliche Ideen sammeln. In Duchet wohnten wir alle im ehemahligen Pal- 25 alle des Zaaren Heraklino. Es ist ein ziemlich geräumiges Gebäude, mit einer hohen Mauer um- zogen, hat aber nach unseren europäischen Begrif en auch nicht die geringste Aehnlichkeit von einem Palaste. Das Haus besteht zwar aus zwei Stock- verken, ist aber sehr niedrig, mit einer hölzernen Ballerie umgeben, und die kleinen erbärmlichen immer fehen ganz wie Nonnenzellen aus. Viel- icht haben sonst noch Gebäude den Hof verziert, tzt hat auch dieser ein ärmliches Aussehen. Hier ieß ich zum ersten Mal aufgruinische Bauart, ist eben nicht viel erbauliches daran; die Häu- r sind in der Erde ohne Dach, so daß man cht eher sieht, man befinde sich in einer Stadt er in einem Dorfe, bis man so zu sagen mit r Nasa daran stößt. Den 10. Oktober gingen ir über Michet nach Tiflis. Der Tag war sehr hön und wir stiegen in Mifchet ab, als einem rte, der ehemals die Residenz der Zaare ge- sen, was aber jetzt kaum glaublich ist. Hier ver- igt sich die Aragua mit der Kura (ehemals rus genannt), die sich dann, Tiflis vorbei, kaspische Meer ergießt. Weder der Platz noch Ruinen zeigen Michets ehemahlige Größe. enn das wahr wäre, daß diese Stadt von einem achfolger Noa's, der diesen Nahmen trug, er ut wurde, so ist sie ohne Zweifel die älteste der elt. Jetzt wohnen nur noch einige Hunderttar- Familien dort. Eine setzt fich - - 26 in den Mauern, die ehemals das Schloß bee Zaare gebildet haben sollen. Das merkwürdige die- fer Kirche ist, daß sie viele Jahrhunderte schon steht, und doch am ganzen Gebäude kein Stück Eisen sich befindet. Fast alle Kirchen in Grusien „find in der Art gebaut, aus puren grauen Stei- nen, und selbst die Dächer sind so geschickt mit einer Maffe verbunden, daß sie ewigen Zeiten trot- zen. Im Hintergrunde der Schloßmauer zeigt sich eine kleine Kapelle; hier hatte die heilige Ninon, die im vierten Jahrhunderte die christliche Religion in Gruien einführte, für das Heil ihrer Nation gebethrt. Sie soll ein wundervolles Mädchen gewe fen seyn, und durch ihr liebevolles Betragen alle Herzen gewdinnen haben. Den Zaar Mirian be- wog sie zuerst die christliche Religion anzunehmen, ihm folgten seine Unterthanen. Ein einfaches höl- zernes Kreuz in der Hand, mit ihrem eigenen Haar zusammengebunden, machte sie Profelyten. - - - Der Gesandte trat ganz allein bei Michet über die Kura, um längs den linken Ufer unbe- merkt nach Tiflis zu kommen, und den damals ligen Hauptbefehlshaber General Rtischtscheff zu überraschen, wir aber fetzten den großen Weg fort, und gingen eine Wert von Michet über eine Brücke der Kura, die, wie man sagt, noch von Pompejus erbaut feyn soll. Es ist sonderbar, daß der Mensch immer etwas Besonderes zu fin- den glaubt, wenn von hohem Alterthum die Rede - - - 27 ist. Ich wette, wenn diese Brücke nicht den Ruf vom Pompeius gehabt hätte, wir wären hinüber gelaufen, ohne sie zu bemerken; nun aber glaub- te ein jeder etwas Besonderes zu entdecken. Diese Steine, hieß es, tragen ganz das Gepräge der damaligen Zeit, man fand den Bogen fehr dreist und leicht hinüber geworfen : heut zu Tage, mein- ke man, verstehe man fo etwas nicht mehr. Ein anderer fand zwei kleine Thürmchen, die viel Aehn- ichkeit von unserm ethländischen Kappkäse haben, sehr hübsch und zweckmäßig; – kurz alles war hübsch und besonders fehr intereffant. – Ich sah mich lange um, damit ich doch auch etwas Merkwür- iges fände, und siehe da ich fand es – einen russischen Srenadier, der an der Pompejus-Brücke Schild- vache fand. Wenigstens wäre das gewiß für den Pompejus die größte Merkwürdigkeit gewesen. Wir fuhren längs dem rechten Ufer der Kura, und langten im Tunkeln schon in Tiflis an. Der souverneur, General Stahl, hatte die Aufmerk- amkeit gehabt, sein Haus dem Gefandten einzu- äumen, und da es groß genug war, so hatte uch ich das Glück darin zu wohnen. Man kann ohl sagen Glück, denn in Tiflis sieht's mit Nuantieren ziemlich übel aus. Wie groß war aber meine Freude, als auch nachher, wie der Ce- andte nach der Abreise des Eeneral Richtscheff as Haus des Haupt-Commandeurs bezog, der eneral Stahl die Güte hatte, mir ein Zimmer - - 28 in seinem Hause zu überlassen, welches in diesen Lande wirklich eine Gefälligkeit ist, die ewigen Dank verdient. Ich genoß nun den täglichen Um- gang meines biedern Wirths, und konnte nichts don den Plagen mehrerer meiner Cameraden fagen, bei denen es bald zu kalt war, bald überall durch- regnete. - - - Lage , Klima, Unterhaltungen, Bauart der Häufer, Sitten, Gewohnheiten , Cultur in Grufien. Da ich bloß meine Gefühle bei dem, was mir begegnet und auf mich wirkt, ausdrücken will, fo wäre es lächerlich, wenn ich mich auf eine Beschreibung von Gruffen einlaffen wollte; um so mehr, da ihrer so viele und recht gute vorhans den sind. Einem jeden ist bekannt, daß es unter dem vierzigsten Grade der nördlichen Breite, und zwischen dem fchwarzen und kaspischen Meere liegt. Seine mächtigen Nachbarn, die Türken und Per- fer, haben dieses arme Ländchen mit desto größe- rer Wuth mehrere Mal verheert, da ganz Geor- gien sich zur christlichen Religion bekennt. Dieser Umstand zeigte seinen Beherrschern deutlich, daß fie nie auf Ruhe zu hoffen hätten, sondern daß sie immer ein Spiel der beiden benachbarten Reiche bleiben müßten. Von den Türken wurden sie ge- 2G plündert, wenn sie es mit den Persern hielten, und von diesen, so lange sie mit jenen verbunden wa- ren; ihre Selbstständigkeit oder eine Neutralität zu behaupten, waren sie zu schwach. Armuth und Verzweiflungnahmen mit jedem Tagezn; konnten sie etwas klügeres thun, als sich der ruftfchen Both- mäßigkeit unterwerfen ? Sie thaten es, und haben es auch nie bereuet. Trotz Krieg, Mißwachs, Pest, innerer Unruhen, die von einigen habsüchtigen Für- sten angezettelt wurden, ist das Land jetzt reicher als je! Das Eigenthum ist geschützt; die Abga- ben find milder und rechtlich vertheilt; der Fürst steht eben so unter den Gesetzen, wie ein Bauer – das Volk segnet Alexandern! – Zu den Zeiten der Zaare war jeder Fürst und Edelmann unbeschränk- er Herr, plünderte und mordete seine Bauern, »hne irgend Rechenschaft abzulegen - jetzt ist illen dem ein Ziel gesetzt. Unter den Fürsten des andes mag es wohl viele geben, die mit Ents ücken der schönen Raubzeiten noch gedenken, und er jetzigen Verfaffung nicht hold sind. Sonst durfte man selbst in Tiflis nicht außer der Stadt spazieren gehen, wenn man nicht den Lesginern in die Hände allen wollte; Jetzt sind nur wenige Stellen in ganz Grusien, wo man noch Bedeckung nöthig hat, Da die Wege unsicher waren, so konnte auch kein Handel blühen, um so mehr, da der Zaar selbst eine Kaufleute ohne Barmherzigkeit plünderte; jetzt ind hier sehr bedeutende Kaufmannshäuser, die 30 großen Handel mit Persien und Astrachan treiben. Die Wege in ganz Grusien waren ungangbar, und Tiflis selbst lag in Kothe. Den General Jermo- loff, dankt es einen jetzigen verbesserten Zustand. Er hat in dieser kurzen Zeit Häuser gebaut, Stra- ßen gepflastert und Plätze errichtet, um der Luft mehreren Durchzug durch die engen, stinkenden Straßen zu gewähren, kurz, wer Tiflis vor ei- nem Jahre verlaffen, kennt es jetzt nicht wieder." Als die Einwohner am Ende selbst einsahen, daß es weit angenehmer ist, in Häusern als in Koth- löchern zu wohnen, als die Fenster nach den Stra- ßen den armen eingekerkerten Weibern manche Zer- freuung verschafften, fo ergriff sie plötzlich eine solche Bauwuth, daß man keinen Arbeiter mehr in Tiflis fand. Das ehemalige Haus des Haupt- Commandeurs, das eine lächerliche Vermischung von europäischer und asiatischer Architektur dar- stellte, ist jetzt heruntergeriffen, und auf defen Stelle steht ein Gebäude im neuesten Geschmacke, mit einer schönen Colonnade. Erst sperrten die Ein- wohner über letztere das Maul auf, dann ergriff fie eine wahre Colonnadenlust. Wenn das einige Jahre so -fort geht, so wird Tiflis eine schöne Stadt. Die warnen Bäder sind hier außerordentlich; wirden noch Anstalten zu den erforderlichen Be- quemlichkeiten gemacht, so könnte man, so wie die hiesigen Einwohner den Sonnabend, jedes 31 Tag dort zubringen. Sie nehmen Pfeifen, Käse und Wein nebst Guitarren in die Badstube mit, und sind diesen Tag außerordentlich glücklich. In andern Badstuben, die für Weiber bestimmt sind, geschieht beinahe das nähnliche ; nur sind die Frauen noch weit mehr mit sich beschäftigt, indem - - fie hier ihre Haare und Augenbraunen mit schwar- zer Tinktur, und die Nägel roth färben. Das Gesicht wird ordentlich mit weiß und schwarz aus- faffiert, dann fehlen fiel gerade aus, wie unsere Weihnachts-Puppen. Die Weiber gehen mit schwar- zen Schleiern herum, und bedecken sich beinahe gänzlich, die gemahlten Augenbraunen ist das Ein- zige, was sie gern sehen laffen. Wenn fonst ein Weib oder mehrere von weiten einen Ruffen kom- men fahen, und der engen Straßen wegen nicht ausweichen konnten, so stellten sie sich alle mit den Gesichtern nach der Wand gekehrt, und war teten in dieser höflichen Stellung bis der gefähr liche Mann vorbei war; lustige Offiziere haben ih- nen bald die üble Gewohnheit abgewöhnt, indem fie ihnen zuvor kamen, das Schnupftuch vor das Gesicht hielten, sich eben so an die Wand stell- ten, und nun beide Theile oft Minuten lang so Randen, lachten, und nicht wußten, wer zuerst gehen follte, bis am Ende beide das Ding über- drißig wurden, und sich gegenseitig eine glückliche Reife wünschten. Jetzt riskiert man im Gegentheil son, einer Weiber-Colonne übermannt zu werden." - 32 Das einzige Vergnügen, welches die Männer ih- ren Weibern erlauben, ist, Sonntags und Feier- tags auf dem platten Dache frische Luft zu schö- pfen; kommen mehrere zusammen, so tanzen fie laut zu einem Tambourette. Die Bewegungen der Hände sind gar nicht übel, die der Füße sieht man vor den langen Kleidern gar nicht; es kann auch nichts rares feyn, denn, Gott verzeihe mir's, fie können ja kaum gehen. Der Gang einer grusifchen Dame ist wirklich eins der häßlichsten Dinge, die man sehen kann. Es gab noch eine Belustigung, an der die Frauen als Zuschauerinnen Theil neh- men durften, - - An großen Feiertagen zieht beinahe die ganze Stadt vors Thor, bildet dort zwei Partheyen, welche verschiedene Stellungen einnehmen, und das Ganze besteht darin, sich gegenseitig zu zwingen, die Position zu verlaffen. Es ist sehr natürlich, daß so eine Eroberung nicht ohne Prügelei und Steinregen ablaufen kann; außerdem hauen sie sich noch mit hölzernen Säbeln tüchtig herum. Die kleinen Kinder, die sich zwar nicht ins Dicke war gen, schleudern doch von hinten Steine in die Op- positionsparthei und bekommen auch welche wie- der, so daß am Ende viele lahm geschlagen, an- dere mit großen Beulen, manche gar nicht mehr nach Hause kommen. So weit sich auch die Zärt- lichkeit der Mütter erstreckt, so ist's hier ein Eh- ren-Punct, worin alle Einwohner übereingekommen 33 sind, selbst im Todesfalle nicht zu klagen. Da nur wirklich kein solches Spiel geendet ward, ohne daß nicht einer auch zwei dabei das Leben verloren, so fand, der General Jermoloff es etwas zu derb, und er- laubte die Fortsetzung dieser Spiele bloß unter der Bedingung, daß keiner sich unterstehen sollte, Steine zu werfen; sondern einzig und allein mit hölzernen Säbeln agieren durfte, die zwar ganz ordentliche Beulen verursachen, aber doch nie jemand tödten können. Man versprach es, konnte aber nicht Wort halten, denn so eine Parthei, die sich auf dem Punkte sieht, von ihrer Stelle verdrängt zu wer- den, wendet in der Hitze alle Mittel an, um den Platz zu behaupten. Was ist da natürlicher, als nach Steinen zu greifen? Da kein Mittel ha"f, fo wurde das ganze Spiel verbothen, und ich bin überzeugt, daß manche Mutter im Stillen den Himmel fegnet. Dieses Spiel hieß Tamascha; die vornehmsten Fürsten mischten sich nicht selten hinein. Da der General ihnen dieses Mordvergnü- gen raubte, so fann er auf ein anderes Edleres, das im Anfange mit vielem Murren verknüpft war. Es befand sich nähmlich in der Mitte der Stadt ein alter Kirchhof, der feiner alten Leichensteine wegen zwar sehr ehrwürdig war, allein viel Platz ein- nahm, und von allen Seiten von den schmutzig- fien Gaffen der Stadt umringt war. Der General befahl die Mauer herunter zu reiffen, die Leichen- E 3% steine den Familien zurückzugeben, und die Stelle zu ebnen. Die umliegenden Häuser bekamen schöne- Fazaden, und der Platz würde jetzt keiner europäi- fchen Stadt Schande machen. Die Verschönerung verbindet auch zugleich den Nutzen der reinen Luft. Der Platz wurde eines Abends mit Musik und Feuerwerk eingeweiht, woran alle Weiber der Stadt in den umliegenden Häusern Theil nahmen. Da der Haupt- Commandeur willens ist, ähnliche Lustbar- keiten einige Male in der Woche zu wiederhoh- len, so zweifle ich gar nicht, daß die Einwoh- ner, die ohnehin eine Paffon für Musik haben, ihre Tamáscha bald vergessen werden. Die Art überhaupt, mit welcher der General Jermoloff sich aller Zweige hier annimmt, läßt gewiß hof- fen, daß Grusien in einigen Jahren nicht mehr kenntlich sein wird. Die Umstände verhinderten bis jetzt freilich vieles, aber es ist herzlich wenig bisher für das Land gethan worden. Der Kaiser gibt alles, was man verlangt, und jeder Haupt- Eommandeur ist beinahe unumschränkter Herr. Das Klima ist hier außerordentlich, beinahe immerwährender Sonnenschein. Im Sommer soll die Hitze unerträglich sein, dann braucht man nur auf die Höhen zu ziehen, wo es angenehm kühl ist. Selbst in der Stadt wehen beständige Nord- winde, welche die brennende Luft abkühlen, allein sie sind sehr gefährlich wegen Verkältungen. Den Einwohnern schaden sie nichts, weil diese sich von - - - 35. ugend anf an den ewigen Zug gewöhnten, denn e Häuser find von allen Seiten mit Fenstern 1d Thüren versehen, die immerwährenden Zug- ind verursachen. Diesen ganzen Winter lag nur rei Wochen Schnee, und die Kälte stieg nie über * Reaumur. Im Febrmar grünt das Gras von . uem, und die Mandelbäume blühen; im März gewöhnlich Regen, nachher fängt die Hitze an, d dann Adieu dem grünen Grase; alles wird lb und vertrocknet. Mit dem gelben Grafe mel- n sich auch die lieben Scorpionen, Tarantelu d Phalangen. Zwar sind deren Biffe selten tödt- h, man kann fagen nie, wenn gleich nach dem iffe die Stelle mit Oehl eingerieben wird, aber ist eine äußerst fatale Empfindung, fiel auch r auf der Wand herum kriechen zu sehen, oder nn gar im Bette so etwas in der Nacht mittelt; zfie gehören zu den Plagen des hiesigen Klimas d machen das grüne Gras unsicher, in dem man bei uns so gern herumwälzt. Die hiesigen Gär- find ganz irregulär, und bestehen aus Wein- cken. Der Wein ist leicht und gut, hat viel 1liches von einem guten französischen Vin du ys; nur Schade, daß die Einwohner sich nicht "s Fäffermachen legen wollen, sondern es weit uemer finden, einem Schwein die Haut über Ohren zu ziehen, das Inwendige mit Naphta kzuschmieren, und so den Wein zu konserviren d transportieren. Diese Naphta gibt dem Wein – Z6 einen so widerlichen Geschmack, daß man ihn An- fangs gar nicht trinken kann, und sich sehr lange gewöhnen muß, ehe der Geschmack für diesen Ge- ruch abgestumpft ist. Nachher fühlt man's gar nicht mehr. In der Provinz Rachetien, wo der beste Wein wächst, konservieren ihn die Einwoh- ner in großen Töpfen; wenn man ihn dort an Ort und Stelle trinkt, so soll er prächtig schmek, ken; sie verschicken ihn aber auch in Schweinshäu- ten, Burduks genannt. Früchte sind hier sehr häu- fig und gut , Weintrauben findet man fast von einer Ernte bis zur andern. Einen großen Eine fluß auf die hiesige Agricultur, und überhaupt auf die wahre Landwirthschaft wird bestimmt die Würtembergische Kolonie haben, die der Haupt- Commandeur verschrieben hat, und die bereits an- gekommen ist. Es werden ihnen Häuser unweit Tiflis gebaut, sie bekommen Vieh, Aussaat, Hülfe an Geld, kurz alles, was sie brauchen, und ich werde bald die Freude haben, einen teutschen Bauer auf den Tiflischen Markte schöne Butter , Käse, vielleicht auch Bier herum tragen zu sehen. Diese guten Leute sagen, in Teutschland wäre Hungers- noth; in der Offenbarung Johannes stünde, sie müßten auswandern, sie wären doch auch Reichs- glieder und könnten so ein Herzleid nicht ertragen. Gleichviel, sie sind brave, ehrliche Leute, ihre Auf- führung ist wirklich musterhaft, sie erkennen mit dankbarem Herzen, was die Regierung für sie 37 stlhut, und haben sich fest vorgenommen, durch Fleiß und Gehorsam sich dessen würdig zu machen. Ich bin überzeugt, daß diese Kolonie auch auf die Moralität der Grafier einst Einfluß haben wird. Es wäre sehr nöthig. Das Land ist hier außerordentlich fett; man braucht nur etwas zu eggen, und wirft die Saat hinein, so hat man das 3ote Korn, wohl auch mehr. Das ist aber auch die Ursache, daß die Landleute hier etwas faul sind. Da die Dörfer nichts anders als Maulwurfslöcher sind, so ist der Soldat mit dem Quartiere übel daran, hat's aber übrigens bei feinem Wirthe recht gut. Niemand dachte bis jetzt daran, in Gruften Kasernen zu bauen; der jetzige Hauptkommandeur hat diesen Mangel mit Ernst abgeholfen, und diese Gebäude so anzulegen gesucht, daß sie an gesunden Stellen stehen, und zugleich einst auch Waffermühlen ab geben können, während früher allein das Mahlen des Korns für die Truppen der Krone große Sum- men jährlich kostete. Der General hat freilich das mit anfangen müffen, erst Beile, Schaufeln u. f. w. aus Astrachan zu verschreiben; denn hier hat er gar nichts vorgefunden. - Obgleich dieses Land meist gute Jahre hat, und also Korn im Ueberfluß, so mußte dennoch der Proviant sonst meistens mit ungeheuern Schwierigkeiten und Kosten für die Krone aus jener Stadt herbei geschleppt werden; das hört . . 38 jetzt auch auf, es wird hier an Ort und Stelle eingekauft, und ein sehr geringer Theil vielleicht nur her transportiert. Im November bereitete der Hauptkommandeur die Gränzen und den Aufent- halt der verschiedenen Chans, welche an Rußland Tribut zahlen. Bei letzteren ist's Sitte, große Geschenke zu machen, die man, ohne sie schwer zu beleidigen, unmöglich ausschlagen kann. Der Ge- neral erfand ein herrliches Mittel, diese Gaben anf eine Art anzunehmen, welche keinen Theil beleidigen konnte. Er bat nur, ihm keine andern Geschenke zu machen, als Schafe, worin der Hauptreichthum dieser Chans" besteht, und schenkte diese Thiere fogleich den Regimentern, Diese kom- nen dadurch in den Stand: eigene Viehzucht zu halten; denn die Weiden gehören hier der ganzen Welt, und das ganze Jahr durch fidet das Vieh Eras. Die Chans wetteiferten am Ende mit Ge- schenken an Schafen, so daß die ganze Anzahl sich auf mehr als 6ooo belief, die unter die Re- gimenter vertheilt wurden, und schon dieses Jahr ißt der Soldat fast täglich Fleisch, ohne daß die Anzahl der Herde sich vermindert; denn die Schafe vermehren sich hier sehr stark. Die Felle haben die Soldaten noch in den Kauf. Die Jagden find in diesem Lande außerordentlich ergiebig. Man findet sehr viele Hafen , Hirsche, Steinböcke u. f. w., Fasanen in Menge; unter den Raubtihieren eine Art Schakals, die man auch hier Tschekalka 3$. . nennt. Sie hat Aehnlichkeit von einem Wolf, ist aber kleiner, und sieht weit grimmiger aus ; das Geheul des Thieres dringt durch alle Glieder, iäber den ist es sehr dreist, schleicht sich des Nachts … sehr geschickt in's Lager, und stiehlt den Solda- ten die Stiefel: ist es recht hungrig, so geht es auf die Kirchhöfe, und gräbt frische Leichen aus. Hiänen gibt's die Menge, nur sehr selten hört man etwas von Tiegern, obgleich wir kürzlich noch einen fehr sonderbaren Zufall hatten. Die Soldaten gehen hier öfters auf die Jagd, welches die Regiments. Kommandeurs um desto lieber er- lauben, da fiel sich dabei im Schießen üben. Es traf sich, daß zwei unlängst aus Rußland gekom- meine Rekruten auch von dieser Luft ergriffen wur- den. Nachdem sie allerlei zusammen geschossen hatten, fahen sie plötzlich ein gewandtes Thier mit großen Sätzen auf sich los springen; dem er- ten Soldaten verfagte die Finte, der andere hatte die Gegenwart des Geistes, das Thier ganz nahe kommen zu laffen, und traf es so glücklich in die Stirne, daß es sich augenblicklich todt hin- streckte. Unbekannt mit der Gefahr, der sie ent- gangen waren, freuten sich die Soldaten über die schönen Farben des Fells, und schleppten nach Hause einen Tieger von ungeheuerer Größe. Ich selbst sah so ein schönes Fell noch nie; der gute Rekrut aber wunderte sich uicht wenig, eine Hels benthat vollbracht zu haben. Es kann nichts an- ders als ein hungriger verlaufener Tieger aus der Gegend von Bagdad gewesen feyn. – - Vor einiger Zeit fah ich hier eine kleine Ka- ravane durchziehen, die dem Eifer des Mahome- tiemus Ehre macht. Unter den vielen kleinen Völ- kerschaften des Kaukas, die beinahe alle verschiede- ne Sprachen sprechen, und die Stammältern der europäischen Nationen feyn sollen, befindet sich eine, Nagaizen genannt, aus deren Mitte sich fast jährlich his fünfzig Mann entschließen, eine Reife zum Grabe Mahomets nach Mekka in die afrikani- fchen Wüsteneien zu machen. In der Geographie gänzlich unbewandert, läßt sich wohl denken, wie viel Umwege fie machen, ehe sie hin kommen; dem ungeachtet treffen sie gewöhnlich in hundert und fünfzig Tagen dort ein. Solche Leute neh- men ihr ganzes Hab und Gnt mit sich, und ma- chen sich ein himmlisches Vergnügen daraus, es den Priestern dort zu laffen; die Belohnung dafür ist ein weißes Tuch, das ein jeder am Grabe Ge- wesene um den Kopf trägt; dieses wird unter ih- nen sehr geschätzt, und er heißt dann Aldgi. Ich war neugierig, mit einem von solchen Leuten zu sprechen; er wußte aber gar nicht, welchen Weg er genommen, noch weniger war ihm, feiner Meinung nach, etwas Merkwürdiges aufgestoßen; alles, was ich erfahren konnte, war, daß die Hitze dort so groß fey, daß, um ein Stück Fleisch \. 41 zu braten, man es bloß auf einen Stein zu le- gen braucht. … - - - - - - - Nach und nach versammelten sich hier in Tif- lis alle zu der persischen Gesandtschaft gehörigen Beamten, und man brachte die ' recht ange- nehm zu. Am neuen Jahre wurde der Gesandte von mehreren Herren der Gesandtschaft durch ein kleines fehr gut dargestelltes Lustspiel angenehm überrascht. Manche Gruffier, die so etwas in ihs rem Leben nicht gesehen hatten, lachten Anfangs sehr viel, gähnten dann, und schliefen endlich ein. Um aus Tiflis ganz die große Welt zu machen, wurde einige Tage darnach von den nähmlichen Herren ein schönes Konzert gegeben, und man wird sich nicht wenig wundern, zu erfahren, daß sich ein schöner Petersburger Flügel dabei befand, der die Reise über den Kaukas glücklich überstan den hatte. Um die persische Regierung von unse- rer Ankunft zu benachrichtigen, wurden der Kolle- gienrath Masarowitsch und Herr von Ricard vor- aus nach Teheran abgefertigt. Fortsetzung der Reife von Grufen über den Kaukasus nach Persien. Am 17. April Nachmittags verließen wir Tiflis, Hofrath Müller, der viele Jahre hier in Grusien ausgeharret, manchen guten Freund in seiner Gegenwart an der Pest verloren hat, und F 42 selbst nur durch ein Wunder noch lebt, schlug mir vor, einen kürzern Weg zu nehmen, der zwar über einen sehr schwierigen Berg führt, wo man aber bis Kodi fünfzehn Werte gewinnt. Der brave Doctor Pribel und der ehrliche biedere Apo- theker Welliams begleiteten uns. Wir wurden für die Mühe des Steigens herrlich belohnt; denn wir genoffen, die herrlichste Aussicht auf die Kette des Kaukasus und das Silberband des Kurafluffes. Am Abend langten wir in unserm ersten Nachtla- ger. Kodi an, wohin uns die Generäle Stahl und Kutusoff nebst mehreren gruinischen Fürsten be- gleitet hatten. Der Anfang unserer Reise war eben nicht sehr einladend, die Küche kam spät, und wir fchliefen unter freiem Himmel. - Man sieht von hieraus die Ruinen von Sa- ganlug, über welche der eigentliche Weg aus Tiflis hierher führt. Sie werden jetzt von Taranteln und Scorpionen bewohnt, und bestehen, gleich unferm heutigen Nachtlager, nur aus einigen ärm- lichen Erdhütten, deren Besitzer der Fürst Ar- belianoff ist! Die Kaiserinn Katharina hat die Gnade" gehabt, einen jeden hiesigen Edelmanne den Fürstentitel beizulegen, so daß es hier beinahe mehr Fürsten als Bauern gibt. Hätte die Kai- ferinn das gewußt, und ihnen bloß den Titel gelaf- fett, welchen die National- Sprache ihnen bei. , legt; so würde Rußland auch einmal einige taus send Fürsten weniger haben. Außer dem Gefand - 43 ten, der eine kleine Droschke hatte, um seines bef- Sirten Fußes wegen abwechselnd zu reiten und zu fahren, durfte Niemand eine Equipage mitnehmen; denn man wußte nicht genau, ob die persischen - Wege es erlaubten. Als wir uns nachher von der Möglichkeit überzeugten, war es schon zu spät. Der heutige Marsch ging nach Eurir- Aivasli, das am Hramfluffe liegt. Eine drückende Hitze und eine Menge Insekten bewillkommten uns mit dem Morgen. Auf halbem Wege paffir- ten wir den Fluß Alzet, über den eine steinerne Brücke von hohem Alter geworfen ist. - Die Ein- wohner wissen weder wann, noch von wem sie er- baut worden, wahrscheiulich von den Römern, die fo ausgebreitete Eroberungen machten. Vor uns liegen die Bartschalinischen Gebirge hin und wieder mit Schnee bedeckt; rechts ein ziemlich an- sehnliches Schloß, Kolagivi genannt, wo in Sommer die Luft so ungesund seyn soll, daß weder Menschen noch Vieh an Leben bleiben. Der Ue- bergang über den Hran ist eben nicht einladend; der reißende Strom geht den Pferden bis an den Bauch, und man mußte eine Menge Leute längs dem Fahrwaffer aufstellen, weil ein Schritt feit- wärts von diesem Wege leicht das Leben kosten konnte. Wir kamen, Gott fey: Dank, alle glück- lich hinüber, und erreichten unser Lager, das aus tartarischen Kibitken aufgeschlagen war. Dieß find geflochtene Körbe, welche einen halben Globus bil- 14 den , vorn eine kleine Oeffnung haben, und von oben gegen die Witterung durch Matten geschützt find. Obgleich neben uns ein Dorf liegt, so wählt, doch Jeder tausend Mahl lieber fo eine Ki- bitka zum Nachtlager, als ein schmutziges, abscheu- “ liches, tartarisches Haus. Zu Mittag aßen wir alle, ländlich hingelagert, unter dem Schatten ei- nes Baumes, als ein spekulativer Tartar mit einem sonderbaren Affen angestiegen kann, der ganz ge- wöhnliche Kuuststücke machte, mir aber feiner lan- gen grauen Haare und feines kahlen rothen Gefä- fes wegen, von seiner Art zu seyn schien. Der Civilgouverneur von Grusien, General Stahl und General Kutusoff, welche uns nebst mehreren gruinischen Fürsten bis hierher begleitet hatten, traten am 19. Oktobee jhren Rückweg nach Tiflis an. - - - - - - - - - - - - - - - - - Mehrere Dörfer und Ruinen alter Schöffer verschönerten die herrlichen Aussichten des heutigen Marsches. Der Weg freift hin uud wieder durch angenehmes Gebüsch, und führte uns auf eine Fläche von Wald begränzt, auf der die grusini- fche Armee zur Sommerzeit im Lager steht, in der brennenden Hitze in Tiflis zu entgehen. Auch wir lagerten uns an einer rauschenden Quelle im - dichten Schatten, um die Mittagshitze abzuwarten; unterdessen wurde die Küche aufgeschlagen, und wir hielten bald ein herrliches Mittagsmahl. Von hieraus wurde der Weg noch romantischer; ein an- - 45 derer schlängelte sich links in die schattigen Gebirge zu den Kupferminen; wir folgten dem geraden bis zur Brücke Achkörpi, die am Fuße des Berges Achsebejuk liegt, wo unsere Kibitken aufgeschlagen waren. Hohe Bäume, die ein schauderhaftes Dunkel berbreiteten, vermehrten das Echo unserer Stim- men, das in diesem großen Keffelbeständig wiederhallte, “ War ich gestern schon von Aussichten begei- fert, so bietet mir heute die Natur das Höchste ihrer Zaubereien. Gleich vom Lager aus schlängelt sich der Weg allmählig den großen Berg Achiebe- juk hinauf; Anfangs kann man im dicken Walde nur vor sich sehen, nach und nach wird er lich- ter, und man befindet sich auf breitem guten Weg am Rande eines mahlerischen Abgrundes, der sich weit hinaus in viele Thäler verliert. Eine Zeitlang geht's sofort, man befindet sich in einer schönen von der Natur geformten Allee, die auf der Spitze einer Anhöhe aufhört, von wo aus wir die tifflischen Gebirge, den Kaukasus und alle bisher gehabten Nachtlager deutlich sehen konnten. Biele Flüffe krümmen sich in verschiedenen Rich tungen, und verlieren fich in dem unendlichen Blau. Der Gesandte fägte sehr richtig: wir fes hen viel, und doch ist's nichts im Verhältniß des Ganzen, das von einem Menschen beherr- fchet wird. Die Idee ist wahrlich groß, und die Thatsache wird nach Jahrhunderten vielleicht Manchem unwahrscheinlich vorkommen. - - - - 46 … Wir nahmen Abschied vom Kankas, der Scheidewand unseres Vaterlandes, und verließen mit schwerem Herzen diesen göttlichen Ort. Der Weg wandte sich längs einem wunderschönen Berg- rücken durch das Gebüsch; endlich hatten wir die höchste Spitze erstiegen, der Wald wurde lichter, verlor sich endlich ganz, und vor uns standen plötzlich zwey Granitberge, die nur einen schmalen Durchgang erlauben, in dem ein furchtbar ewiger Wind herrscht. Nach dieser Satanspforte hat der Berg eigentlich seinen Nahmen erhalten; denn Achebe uk bedeutet in der tartarischen Sprache großes Maul. Dieses darf man aber dort ja nicht machen, sonst bekommt man es , voller Wind. Menschen nnd Pferde taumeln durch diese Pforte. Einen stärkern Sturm habe ich bloß auf der japanischen See erlebt, wo wir einen Ort an hatten, der von oben nach unten hängende Stricke in der Mitte durchriß. – Nachdem wir diese Pforte paffiert hatten, führt der Weg sogleich den Berg sehr steil herunter ins Thal. - Die Gr gend ist nackend, sehr kalt, und wir hatten hier ein sehr schlechtes Nachtlager. Der Weg führte in ein schönes ausgebreitetes Thal bis zum Fluffe Kamenaja. Welch' ein fürchterlicher Anblick! die Ufer haben vierzig Faden perpendikuläre Höhe, und bestehen aus dunkelbraunem Granit. Die Abfahrt zur Brücke ist steil und befäet mit Steinen unge- heuerer Größe, so daß alle Sachen auf Händen 47 herunter getragen werden mußten, eine Arbeit, die uns über vier Stunden hier aufhielt. Der Weg ist in Granit durch Pulver gesprengt, und mit vie- ler Mühe in diesen schlechten Zustand gebracht worden; eine Verbesserung würde mit ungeheueren Kosten verbunden feyn. Ein fehr treffendes Sei- tenstück zu diesen Ufern, die der Ewigkeit zu trot- - zen scheinen, ist die unweit entlegene Ruine der ehemaligen Hauptstadt von Klein - Armenien, Lori, die sonst 6ooo Häuser zählte, Könige barg, und eine siebenjährige Belagerung ausgehal- ten haben soll. Jetzt find noch dreißig Häuser übrig. Man trifft überhaupt fehr häufig Ueber- bleibsel ehemahliger Größe des armenischen Reichs an; jetzt ist dieses Volk in der ganzen Welt zer- freut; hier hat es sich mit den Gruflern verei- nigt, die es gottlos prellt. Die Lage des Landes und die verschiedenen Richtungen der Berge ma- chen, daß man in Gruien in einem Tage die vier Jahreszeiten genießen kann. Wir machteten heute im Winter, reisten den Tag über im Sommer, und find jetzt am Fuße des Berges Besabdal im Frühjahr angelangt. . - - - “ Ein angenehmer Weg führt den Befabdal hinauf, unten ließen wir blühende Bäume, fin- gende Vögel, grünes Gras; so wie man sich der Spitze nähert, sieht man die Natur stufenweise ab- sterben, die Bäume werden nackt, das Gras gelb, man geht stellenweise durch Schnee, und ein kalter 48 W Wind fauft durch alle Glieder. Gottlob die Spitze ist erreicht, man läßt sich fröhlich einen firchterlichen Steg Werte lang herunter, der durch ein rauschendes Flüßchen sich windet, und wirft nach einer guten Stunde den Pelz wieder weg; denn das Frühjahr ist da, Blumen duften entgegen, der Fluß Bamback mit seiner Brücke zeigt sich, und in der Ferne sieht man die Kirche des Städtcheus Karkliffa, das von hohen mit Tannen bewachsenen Bergen umgeben ist. Die Stadt hat den Nahmen von Kara (schwarz und Kliffa Kirche); diese schwarze Kirche fieht man itzt noch. Das Klima ist hier ganz das näm- liche des mittelländischen Rußlands, obgleich dieser Ort im 40° der Breite liegt. Der Ort ist be- kannt wegen fhöner Forellen und Honig, die er liefert. Das Militair hat sich hier so bequem ans gebaut, daß man gar nicht glaubt; in einem tar- tarischen Städtchen zu feyn. Noch mehr als die Müdigkeit von der Reise, bewog dieses den Gefands ten, hier zwei Tage auszuruhen, denn weder in Grusien noch in Persien durften wir mehr auf ähn- liche Quartiere rechnen. - - - - - - - - - - Nachdem wir uns vollkommen in Karakliffa erholt hatten, trug unser Weg uns weiter nach dem armenischen Dorfe Bekanti. Ich muß erwäh- nen, daß man aus Karakliffa einen geraden Weg über das Gebirge nach Erivan nehmen kann, wo es auch sehr nahe ist, da aber auf den Bergen 49 biel Schnee lag, und man drei Tage lang kein Dorf antrifft, so wählte der Gesandte den län- gern aber guten Weg über Eumri. Letzterer ging von Karakliffa ans längs dem Fluße Bambak, er durchschneidet ihn mehrmahls und ein schönes Ge- büsch ziert ihn. Auf halben Wege erblickt man ine große Höhle, die wahrscheinlich vor undenk- ichen Zeiten entstand, und nicht selten Reisenden, auch wohl ganzen Viehherden, zum Nachtlager ient. Der Fluß spühlt nahe an dieser Oeffnung und macht ein lautes Geräusch, das schauderhaft , in der Höhle. wiederhallt. Wie sollte es auch an iesem Orte nicht schauderhaft feyn! Wanderer ! tehe still, und zieh ehrerbietig deinen Hut! Ver- niffe auf der einfachen Gruft den Marmor nicht, enn den Helden, welchen sie deckt, verewigen eine Thaten, das weiße Kreuz, melches du siehst, eigt bloß den Ort, wie feine Hülle liegt. Im Jahre 1805, als Rußland mit Perfien im Kriege egriffen war, belagerte der damalige Hauptcen. - andeur von Enfien, Fürst. Sizianoff, der durch nen fchändlichen Meuchelmord von den Perfern us der Welt geschafft wurde, die Stadt Crivan. "u der Garnison von Erivan, die ohnehin beinahe Zahl der rußischen Armee gleich kam stieß noch ne starke persische Armee unter dem Befehle des hronfolgers, und umringte Erivan dermaßen, daß e Belagerer sich selbst plötzlich von allen Seiten es fanden. Diese Lage war wohl noch verzwei- - - G So felter als die des Prinzen Eugen unter Belgrad, Sizianoff traf Anstalten zur Wertheidigung , die Perfer konnten ihm nichts anhaben, und er gab nicht einmahl den Plan auf, die Belagerung fort- zusetzen. Am Ende fing es an Proviant zu fehlen, es mußte also das nächste Magazin von Karakliffa (16o Werste) dahin geschickt werden. Da seine ganze Armee nur aus einigen Tausenden bestand, so durfte er sich nicht schwächen, er wählte also “ den braven Obersten Montresor, gab ihm 2oo Grenadiere und eine Kanone, liebt Befehl nach Karakiffa sich durchzuschlagen, dort Proviant und Verstärkung zu hohlen, und so zur Armee zurück - zu kehren. Montresor schlich sich in der Nacht durch die persische Linie durch, und gewann bis Tages Anbruch einen hübschen Vorsprung, allein die Perfer setzten ihm mit vielen Taufenden nach. Montresor schlug sich diesen ganzen Tag, und machte seinen Rückzug fo, daß die Perser ihm nichts anhaben konnten. In der Nacht gewann er eine kleine Anhöhe, die er in der Geschwindigkeit - mit aufgeworfenen Steinen, und dergleichen gegen einen Ueberfall wenigstens sicherte. Bei Tagesan- , bruch schlug er sich durch die Perser durch, die ihn schon umringt hatten, und setzte seine Reti- , rade fort, konnte aber wegen dem beständigen Scharmuzieren nicht weiter, als gegen Abend bis zu dieser unglücklichen Höhle kommen. Als er sich hier aufstellte, erfuhr er, daß seine Leute nur - - - - - 51 noch einen Schuß übrig hatten. Zu seinen noch größern Unglück befand sich unter den Soldaten ein Tartar, der in der Nacht feine Cameraden verließ, und die Perfer mit der verzweifelten Lage Montresors bekannt machte. Die Perfer, belehrt, daß sie nur eine Salve auszuhalten hätten, über „len bei Tagesanbruch von allen Seiten die Hand soll Helden, welche sie natürlich sehr bald zu Bo, den warfen. In Karakliffa hatte man unter defen fchießen gehört, und ein Trupp war schon unter- wegs Hilfe zu leisten, kam aber zu spät. So mußte nahe am Ziele der Held seinen Tod finden! die Grabhügel feiner Braden umringen auch jetzt den Seinigen, der aus der Mitte bescheiden her- vorleuchtet. Es sind hier in den Kriegen mit den Perfern wahrlich Heldenthaten vollbracht worden, die der rußischen Nation Ehre machen ; ich weiß nicht, aus welcher Ursache man sie der Welt bis jetzt verschwiegen, während in jedem andern Lande alle Zeitungen bis zum Ekel posaunt haben wür- den. Ich schätze mich glücklich der Erste zu feyn, der noch zweier Vorfälle erwähnen kann, die vom ganzen hiesigen Corps bekräftigt wurden, und des ren Helden noch am Leben sind. Gleichfalls im Jahre 1805, kommandierte der Major Lianewitsch (jetzt General Major) eine Abtheilung von 200 Mann nebst einer Kanone. Von der Persischen 10.000 Mann starken Vorhut unter dem Befehle von Pereuli-Chan überfallen, hielt er sich erst 52 - mehrere Stunden am Arare-Fluß, zog sich dank den ganzen Tag herumschlagend zurück, und langte den Abend glücklich in der Festung Schucha an. Die Perser nennen ihn jetzt noch Delli Major, den tollen Major. Ein noch weit verzweifelteres Stick fiel in demselben Jahre vor, Obrister Ka- regin kommandierte eine Abtheilung von 600 M an nebst einer Kanone, unter ihm Major Kotlerefsky. Da ich die Sachen so erzähle, wie ich sie von sehr glaubwürdigen Männern hörte, so kann ich nicht anders als das Verdienst dieser That einzig und allein dem Major Katlerefsky, (jetzt General- Major zuschreiben, obgleich er unter dem Befehle jenes Obersten stand. Diese Abtheilung wurde an gegriffen von 30.000 Mann, welche der Thron- folger Albas Mirza selbst befehligte. Sie schlug sich drei Tage auf einem Begräbnißplatze beim Dorfe Askeran herum, wo die hohen Leichensteine etwas Schutz gaben. Das Waffer war aber in den Händen der Feinde, und die Ruffen mußen sich Nachts das Waffer auch noch erobern. In der dritten Nacht läßt Obrist Karegin einen Trom- melschläger, und einige Schildwachen zurück, welche die ganze Nacht abrufen und trommeln, schleicht selbst mit den übrigen davon, macht einen forcierten Marsch, und überrumpelt die Festung Schachbu- lach, in deren Besitzer der persischen Armee trozt. Der brave Trommelschläger rebt einen nachgeblie- henen Kameraden wurden bei Tagesanbruch wü- 53 thend zerriffen. Um das Werk zu krönen ging der General Sizianoff felbst mit 12oo Mann, und einigen Kanonen auf die Avantgarde von 3oooo Mann los, und schlug sie total; der Schach, der mit einer großen Armee dießseits des Arares war, setzte aus Furcht in größter Unordnung über den Fluß, und zerstörte sogar die schöne steinerne Hu- daperimsche Brücke, die noch zerstört da steht. In Perfien fchreckt man jetzt noch die Kinder mit den Namen Sizianoff. Man muß aber wissen, daß die perfische Artillerie zu der Zeit so zu sagen, möch gar nicht existierte, und sie meistens mit kleinen Falkoneten agierten, die auf Kamelen transportiert wurden, - – Nachdem wir kei der Höhle des unglückli- chen Montresor eine Zeitlang verweilt hatten, fetz- ten wir unsern Weg über das Dorf Amamli fort, - und langten Abends unter Regen im Dorfe Be- kanti an. Auch hier sieht man auf der Anhöhe eine erbärmliche Redoute, in der sich 15c Mann nebst einer Kanone gegen 60 Mann so verhei- digten, daß der Feind nicht nur der Redoute, fondern auch den Einwohnern nebst Viehherden, die unter ihrem Schutze lagen , nichts anhaben konnte. Um nicht in den erbärmlichen Erdlö- chern vom Ungeziefer zu übernachten, zogen wir das Lager unter freiem Himmel trotz den Re- gen vor. - - - - 54 Erste Tag reife in Persien, Ein- pfang des Men and a rs (Füh- - rungs-Conniffärs) Asker Chan. - Ein nacktes trauriges Thal führt zu der Fes fung Gumri, bei der sich die türkische und per- stiche Gränze mit der russischen vereinigen. Seit Karakiffa fieht man kein Bäumchen mehr, das ermüdet das Auge sehr. Ich bemerkte am Wege mehrere Bauernpflüge, von zehn Ochsen mühsam geschleppt, denn die Erde ist hier fest. Die Ar- beiter fangen dazu in Ohren zerreißenden Tönen. Statt zu eggen wie bei uns, wird hier nur ein starker Baumast herumgeschleppt, auf dem nicht selten eine ganze Familie gelagert ist, und es reicht hin- Unpäßlichkeit des Gesandten und das schlechte Wetter hält uns hier drei Tage auf. Es schneit beständig, wir haben 2° Kälte und in einigen Tagen 25° Hitze. Die Quartiere sind hier erbärm- lich, aus dem ueberbleifel einer alten Kirche, hat man ein Heu-Magazin errichtet. Das Klima soll aber das gesündeste in ganz Grusien feyn. Mög- lich! wir waren indessen sehr froh, als wir es ver-, ließen. – - , Das Wetter war zu unserer Reise heute sehr günstig. Der Weg ging längs den Fluffe Apartschai. Zur Linken hatten wir den hohen Berg Alages, an defn Fuße man in der Entfernung einen spi- 55 gigen Berg erblickt, hinter dem die Schneespitze des weltberühmten Ararat uns auf eine kurze Zeit- bewillkommt , und fogleich wieder verschwindet. Auf halbem Wege wurde Halt gemacht, der Tag war recht warm, man lagerte sich am Ufer des Flußes, wo der cabardinische Fürst mit der Kugel einen ungeheuer großen Pelikan schoß. Anfangs aus änvorsichtigkeit, nachher aus Uebermuth, steckten wir das Gras auf dem Felde in Brand, das hier nie gemäht wird, bald stand das ganze Feld in Flammen, und der Rauch trieb uns weiter. Man thut dieses nicht selten mit Fleiß in diesem Lande, denn das Gras wächst darauf weit schöner wieder. Den Nachmittag des 29. Oktobers erreichten wir bald umfer am Karawan - Saray Schirpulu aufge- schlagenes Nachtlager. Karawan - Sarays find Eebäude, die für reifende Kaufleute aufgebaut wurden, so groß , daß ganze Karawanen mit Pferden und allem Zubehör sich bequem darin ber- gen. Manche sind von recht hübscher Architectur, und alle sehr fold aus Quadersteinen aufgeführt. Die, bei der wir jetzt stehen, ist so alt, daß man sich gar nicht der Zeiten erinnert, wann sie ge- baut worden, eben so wie die wundervolle Brücke daneben, die über dem Apartschai, dessen Ufer hier 20 Faden hoch perpendiculär sind, in einem Bogen geworfen ist. Leider ist gerade durch ein Erdbeben die Mitte der Brücke eingefallen, so daß die beiden Enden nur noch übrig blieben, die - 55 aber vollkommen zeigen, welch einen hohen Bogen die Brücke formiert haben muß. Ein nahe liegen- der Kirchhof bewies , daß hier einst Armenier wohnten, die Grabsteine zeigen alle weit über tau- send Jahre zurück. In der Nacht wurde ein fol- cher Stein aufgegraben, auf dem der Nahme Mle- rander stand. Man fand einen Schädel, und einige Knochet von erstaunlicher Größe, die seit I 050 Jahren hier ruheiten. Zehn Werte von hier sind die Ruinen der Stadt Anca ehemals Residenz von Großarmenien. Sonst war dort ein glänzender Hof. Die Beherrscher Griechenlands hielten fich oft hier auf, und nicht selten wurde das Loos ganzer Nationen hier entschieden! Jetzt wohnen nur zehn Familien da, obschon die Stadt in ulu- fange mehr als acht Werte hat. Hin und wieder eristiren Trümmer von den Stadtmauern, auch sieht man eine Menge Kirchen und Ueberbleibsel ehemahliger Paläste. Was die Perser nicht zerstör, ten, vollendeten Erdbeben. Gegen Abend besuchte uns ein türkischer Beamte aus der Stadt, Kars, der vom Pascha Ali abgeschickt war, den Gefand ten zu begrüßen, und ihm Glück zur Reise zu wünschen. Da dieser Pascha die angrenzende Pro- vinz befehligt, und mehr wie alle seine Vorgänger auf Ordnung hält, so empfing der Gesandte den Beamten sehr auszeichnend, und beschenkte ihn beim Abschied reichlich. Morgen den 30. betreten wir das Perfische Gebiet, heute schon kann ein Abgeords - 57 neter, um sich genau nach der Anzahl Menschen und Pferden zu erkundigen, und um die gehörigen Anstalten zu treffen. – - Der Fluß Apartschai blieb weit rechts liegen, der Weg führte durch ein wüstes Land, – es ist die Gränze von Persien. – Auf halbem Wege kam uns Asker-Chan, ehemaliger Gesandter in Paris, mit einigen Tausend Reitern entgegen, um den Gesandten in Namen des Schachs zu bewill- kommen, und zugleich anzukündigen, daß er als Memandar bei der Gesandtschaft angestellt fey. Ein Memandar ist ein Beamter dem die persische Regierung auflegt, irgend eine vornehme Person oder Gesandtschaft zu empfangen, und für deren Unterhalt sowohl, als sonstige Bedürfniffe zu for- gen. Eine größere Höflichkeit konnte die persische Regierung freilich nicht erweisen, als der rußi- fchen Gesandtschaft einen Memandar geben, der selbst einst bevollmächtiger Gesandter war. – Asker- Chan ist ein Mann bei Jahren; Napoleon hatte ihn in Paris sehr gut empfangen; er sprach auch einige Worte französisch; vor vielen Jahren war er Hauptcommandeur der persischen Armee; man muß unserem Gesandten zum Ruhme nachsagen, daß er das Alter und die hohen Posten, die Akers- Chan einst bekleidete, ehrend, ihn während un- ferm ganzen Aufenthalt in Persien mit sehr vieler Aufmerksamkeit behandelte, und nie zugegeben hat, daß er alles das thäte, was eigentlich die Schul- H -, 58 - - digkeit eines Memandars erheischt. Dieß übernahm der Neffe von Asker-Chan , Najar-Alibek, der " auch mit seinem Oheim in Paris gewesen, und et- was mehr französisch sprach. Er hat in der Folge durch feine Gefälligkeit, und noch mehr durch fein offenes, biederes Betragen, welches wahrlich in Persien eine Seltenheit ist, die Liebe der ganzen Gesandtschaft gewonnen. – Nachdem von beiden Seiten die Bewillkommnungen geschahen, schloß die ganze Reiterei einen Kreis un uns, und so ging es vorwärts. Während dem Marsch manövrirten, die Perfer nach ihrer Sitte, indem sie sich einan- der nachsetzten, auf einander schoffen, mit Lanzen auf einander zuraunten, und so dergleichen. Dieß geschah nicht bloß zur Kurzweil, sondern auch als große Ehrenbezeugung. Unter folchen Manövren langten wir endlich in Taline an, wo sich uns die schönste Aussicht darbot. Hier breitete sich die Fläche der Provinz Erivan aus, begränzt von Arapefluß, und am blauen Horizonte erhoben sich, wie ein Paar ungeheuere Koloffe, die beiden Berge Arrarat, Eindrücke der Jugend wirken doch im uner lebhaft auf unsere Einbildung - mit dem An- blicke des Arrarat verband sich auch plötzlich die Idee, wie uufer alter Vater Roah einst an dieser Spitze strandete, wie alle Thiere paarweise gerade von diesem Puncte der Erde aus sich wieder ver- theilten. Mit welcher Innbrunst er Gott hier muß gedankt haben, für die wunderbare Errettung, als • 59 er von diesen hohen Berge in die Ebene stieg, um sich wieder anzubauen. Man zeigt noch eine Stelle, von der es heißt, daß Noah hier den ersten Wein pflanzte. Jetzt sind die Zeiten ganz anders - nach vielen vergeblichen Versuchen hat man nicht ein- mal die Hälfte des Berges ersteigen können, von wo an er auch wirklich schon mit ewigem Schnee bedeckt ist, und gänzlich die Form eines Zucker- huts annimmt. Oben sieht man wunderbar genug einen schwarzen Fleck, der nie mit Schnee bedeckt feyn soll; gute Christen behaupten, es wäre der Noahkasten felbst, andere minder Fromme behaupt- ten, es wäre bloß der Platz, an dem er gestran- det! Hier in Talline fanden wir persische Zelte auf geschlagen, von denen eins besonders prachtvoll war. In der Mitte desselben mit Tapeteu ausge- ziert , würden dem Gesandten und uns Allen Er- frischungen angebothen. Diese bestanden in einer Menge unschmackhaften Confects und Scherbet, eiu Getränk ans Waffer, Zucker- und Säure zufan- mengesetzt, das zwar nicht ganz übel schmeckt, be- sonders wenn an einem heißen Tage noch Eis hin- zu gelegt wird, allein sich nie mit unserer euro- päischen Limonade vergleichen läßt. Nach vielen Komplimenten von beiden Seiten, wünschte unser Memandar uns eine angenehme Ruhe, und wir brachten die erste Nacht auf persischen Boden zu, Diefes Taline ist ein tartarisches Dorf mit einem nicht hübschen über 1000 Jahre alten Schloße -- - 60 auf dessen Mauer sich die sonderbare Inschrift findet. Ein unglücklicher Vater vermacht dieses Schloß, als seinen Lieblingsaufenthalt feinem glück- lichen Sohne. - . - Schilderung des prächtigen ar- in e n ifchen Klosters Jet fch- nia fin. - - Hier war die Nacht schon merklich wäruer, als wir bis jetzt gehabt. Der heutige Marsch wird uns gänzlich in die Ebene führen. Der Kofacken- general Silajeff, und noch mehrere Offiziere, die uns bisher begleitet hatten, kehrte, von hier nach Gumri zurück, und wir begannen in Gottesnamen ohne sie unsern weitern Marsch in Persien. Der Tag war sehr heiß, und die ersten Stunden des Marsches sehr beschwerlich in Hinsicht des steinig ten Bodens. Hier müffen einst furchtbare Revo- lutionen vorgefallen feyn, denn alles, was das Auge Meilen weit sieht, ist so dicht mit großen und kleinen Steinen besäet, daß das Pferd mit Mühe einen Platz findet, um den Fuß hinzusetzen. Dieser traurige Anblick verschwand nach einigen Stunden, und die Ebene von Erivan nebst den Berge Arrarat, präsentierten sich immer schöner. Wie angenehm aber werden Augen und Herz plötz- lich überrascht, wenn nach einem langen, er mü- die in den Marsche sich auf einmal im Lande der - T 61 - - - Muselmänner, die Thürme und Manern eines prachtvollen Klosters erheben! Es ist das berühmte Jetschmiafin, Sitz der armenischen Patriarchen – ein wehrloses Schaf unter den Wölfen. Dieses Heiligthum trotzt feit 1500 Jahren allen Kriegen und deren Folgen; nichts hat es erschüttern oder deffen fromme Bewohner verhindern können, wäh- rend dieser langen Zeit auch nur einen Tag das Gebet zu versäumen. Der ehrwürdige Patriarch Efrem kann selbst, umringt von seiner Geistlichkeit, den Gesandten entgegen, nahm ihm bei der Hand; und führte ihn unter Glockengeläut, und Jauch- zen des armenischen Volks, das aus der ganzen Rachbarschaft zusammengelaufen war, in die ihm bestimmte Wohnung. Wir bekamen alle so schöne reinliche Wohnungen, wie wir sie schon lange nicht hatten, und auf der ganzen Reise nicht mehr haben werden. Beim prächtigen Abend- effen wurde uns ein Wein vorgesetzt, der mich voll- koennen überzeugt hat, daß der alte Vater Noah den ersten hier muß gepflanzt haben. Mit Freude erfuhren wir alle, daß hier Ruhetag seyn soll. - O warum nicht mehrere ! - Das Kloster Jetschmiafin, welches in der ar- menischen Sprache bedeutet: Hier absteigung des Sohnes Gottes, ist ein prachtvolles Gebäude. Es besteht aus mehreren mit Quaders, steinen ausgelegten von schönen Bäumen bekränzten - Höfen, von denen einige auch mit Bassins, Blu- 32- mensträuchen und Springbrunnen versehen sind, Bei der größten Hitze hat man hier immer einen angenehmen kühlen Spaziergang. Das Gebäude selbst ist halb im europäischen, halb im asiatischen Geschmacke gebaut, aber alles sehr gut und mit Nutzen angebracht. Die alte Kirche, die in der Mitte des Klosters, und seit 1500 Jahren steht, ist wahrlich von seltner schöner Architektur; es ist so etwas großes und doch einfaches in der Bau- art. - Auf dieser nämlichen Stelle hat der Stifter dieses Klosters, der heilige Gregorius, den heiligen Geist herab steigen sehen, und darauf die Kirche erbaut. Er soll mehrmal die Reise auf den Ar- rarat um ein Strick von Noahs Kasten unternom- men haben, allein vergebens; endlich fandte ihm der liebe Gott eines in Traume, das jetzt noch hier aufbewahrt wird. Es sind hier ungeheurer Schätze aus der ganzen Welt gesammelt worden; denn nirgends kann ein Armenier die heilige Sal- bung kaufen, wie hier; weil bei deren Zubereitung der Patriarch selbst nebst zwölf Episkopen zugegen, feyn muß. – Diese Anzahl kann man bloß im Jetschmiasimischen Kloster beisammen finden, wo allein 300 Geistliche vorhanden sind. Die zum Kloster gehörigen Dörfer zeichnen sich auch durch Wohlstand aus. Es wäre überhaupt schon längst eine blühende Stadt da, wenn die persische Regie- rung dem Oberbefehlshaber der erivanschen Provinz nicht erlaubte, das Kloster nach Belieben zu plün- - 63 - - - dern. Ich bin überzeugt, daß der Schach, der ein großer ehrenwerther Fürt ist, davon nichts weiß, sonst hätte er schon längst die armen Bewohner die- fer Provinz, die von den Tyrannen alle Arten Grausamkeiten dulden müffen, von diesen Unge- heuer befreit. Dieser Satrap hat während seiner Regierung unermeßliche Schätze gesammelt, ist jetzt zu alt, um sie zu genießen, plündert aber die Ein- wohner aus Gewohnheit und das Kloster aus wah- rem Herzens vergnügen noch immer fort. Er treibt es so weit, daß das Kloster jedes Mal eine unge- heure Summe bezahlen muß, wenn er nur erfährt, daß ein reisender Christ dort übernachtet hat. Man denke ich, was die armen Menscheu dafür bezah- len werden, daß wir dort gewesen. Er schämt sich auch gar nicht zu sagen: die Hunde von Christen in Jetschmiafin sind ja froh, wenn sie einen neu angekommenen Mitbruder bei sich bewirthen kön- nen, sie haben die Freude, ich will das Geld has ben. Wenn er gar keinen Vorwand mehr findet, fie fast täglich zu plündern, so veranstaltet er aus Erivan eine Jagdparthie, und besucht im Vorbeige- hen felbst das Kloster. Für diese Ehre muß nun viel gezahlt werden. Mehrere seiner Lieblinge hau- fen zuweilen manchmal Wochen lang im Kloster, um sich darin betrinken zu können, welches nach ih- rer Religion verbothen ist; sie würden auch sonst nirgends Wein finden; will man ihnen das Ge- ringste versagen, so drohen sie dem Oberbefehls- / - *- 64 - haber, fälschliche Berichte abzustatten, worauf denn natürlich Geldstrafen folgen. – So ist dieses Heiligthum der armenischen Christenheit ewigen Plünderungen eines nichtswürdigen Menschen aus- gesetzt, der dazu noch der erste Trunkenbold in der ganzen Provinz ist. Der arme Patriarch leidet viel, und muß alle Tage die Gaben der frommen Christen auf eine so unwürdige Art wegwerfen fe- heu. Schon jetzt müffen alte Klosterschätze ange- griffen werden, um die Ausgaben zu bestreiten. - Die Klosterbewohner sind aber fest entschloffen, zu dulden, und wenn ihnen auch nichts mehr übrig bleibt, doch diesen heiligen Ort nie zu verlaffen, wozu Gott ihnen Muth und Kraft verleihen wolle. Diese Plünderungen waren ein - Haupt- grund, daß der Gesandte bei der Rückreise einen andern Weg einschlug, und nicht mehr durch Jetschmiafin gehen wollte. - Den zweiten Tag unseres Aufenthaltes hier war uns zu Ehren großer Gottesdienst, wobei der felbst gegenwärtige Patriarch eine fehr paffende Rede hielt, und die geistliche Gemeinde, erfreut, in ihrer Mitte so viele Glaubensgenoffen zu erblir- ken, laut schluchzte. Wir waren alle gerührt, und der alte ehrwürdige Patriarch konnte selbst vor Rührung kaum eine Rede endigen. Zum Schluffe war ein Gebeth, in welchem die Namen Alexan- der und Tet-Ali- Schach ziemlich sonderbar zu- fammen klangen. Nach Beendigung des Gottes- 65 dienstes küßten wir die Hände des heiligen Grego- rius und Jakob und den Spieß, womit unser Heiland durchbohrt worden. Neben diesen Heilig- thümern hing an einer goldenen Kette ein Stück vom Noahs Kasten, wovon man sonst leicht et- was kaufen konnte, was aber jetzt schwer hält. Der heilige Spieß, wovon der Patriarch uns allen Ab, trucke in Wachs zum Andenken an das Kloster ge- geben hat, ist zur Zeit der Pest oft nach Grusten getragen worden, wo er Wunder gethan hat. Nach der Kirche wurden wir alle in dem Zimmer des Patriarchen diesem Einzeln vorgestellt und zumu Handkuß zugelaffen. Nachher war ein großes Mit- tagmahl, wozu der Patriarch nicht kann. Unsere Musik spielte, Christen und Heiden hörten mit Begeisterung zu, wir waren sehr vergnügt. Ein Jeder erinnert sich dankbar des Empfangs in Jetsch- miafin. - - - - - Eun pfangs feierlichkeiten, Bauart der Häufer und Lebensweise der - Perfer, - Vom Segen des ehrwürdigen Patriarchen be- gleitet verließen wir Nachmittags unter traurigen Glockengeläute das Kloster. Ohngefähr auf hal- beun Wege zwischen Jetschmiastin und Erivan kam der Bruder des Oberöefehlshabers der erivanschen Provinz Hasan - Chan an der er von 400 66 . Mann Reiterei dem Gesandten entgegen. … Der größte Theil der Truppen keland aus Kurdinern, welche ein freies bekanntlich sehr braves Volk sind, das in persischen Sold steht. Der Gesandte sprengte im Galopp die ganze Fronte auf und wie- der; es war ein sonderbarer Anblick. Schöne . Pferde, fast alle reich geharnischt. Die Reiter, be- fonders die Kurdiner, fahen von Weitem wie alte liederliche Weiber aus; sie sitzen krumm, sind mit einer Menge buntfarbigen seidenen Kleidern bekan- gen, der Kopf ist gleichfalls sehr liederlich mit bun- ten Zeuge umwickelt, an dessen heraus ragenden Enden lange Franzen hängen. Unter dieser lächer- lichen Mütze gukt ein Schnurrbart nebst einem zi- tronengelben Gesicht heraus, wogegen der berühmte Abälino eine Schönheit ist. Die ganze Fronte grunzte fürchterlich, und ein Paar kleine Pauken- schläger nebst mehreren verdammten Pfeifern spielten dazu. Ihre Hauptwaffen sind Lanzen aus Rohr gemacht. Sie jagen, wie die Perser, einander nach, uno treffen mit vieler Geschicklichkeit in vollem Lauf . den Gegner. Die Flinten, Pistolen und Säbel find aus außerordentlich schönem Eifen, die ersteren laden sie mit vieler Geschwindigkeit in vollem Laufe, und treffen auch nicht selten. Nachdem der „ Gesandte den Haffan- Chan sehr viel Rühmendes über die Truppen gesagt hatte, schloß die ganze - Fronte einen Kreis, und unter den gewöhnlichen Persischen Manövren gingen wir langsam vorwärts- - - - - - - 67 Ohnweit des Sangafiußes, an dem die Stadt : " Erivan liegt, überfiel uns ein fürchterlicher Regen, der um desto unwillkomunner war, da wir alle in Paradeuniform ritten und in die Stadt mit unse- rer Musik in Pomp einziehen wollten. Bei der Ue- berfahrt über die Sanga, die zwar nicht sehr breit, aber tief und reißend ist, und selbst an der Stelle, wo wir durchwanderten, den Pferden bis an den Bauch ging, glaubte ich schon, daß uns ein Un- glück begegnen würde; allein außer einem Perfer, deffen Pferd wahrscheinlich schwach auf den Füßen war, und der in einem Nu in den Fluthen ver- schwand, sind wir alle glücklich herüber gekommen. - - Ohnweit der Festungsmauer von Erivan " standen ohngefähr 3000 Sarbasen (so heißt in Per- - - fien die reguläre Infanterie) nebst 6 Kanonen rei- tender Artillerie. Bei Annäherung des Gesandten präsentierten die Truppen das Gewehr, die Trom- meln wurden gerührt, und die Pfeifer bliesen das bekannte englische National - Lied: God save the “ King! Willkommen in Persien du alter Bekannter - In der Mitte der Fronte kam der Sardar (ein - persischer Oberbefehlshaber) von Erivan, Huffin- Kuli-Chan, defen man sich aus Jetschmiafin noch erinnern wird, uns zu Pferde entgegen. Vor ihm - gingen 6 Läufer, ziemlich reich gekleidet, und ein Beamter, der ein silbernes Beil auf der Schulter trug, ein Zeichen, daß er selbst über Leben und - Tod entscheiden kann, hinter ihm waren eine 68 Menge reich gekleidete Perser. Er felbst hatte ein Shawlkleid an, der Turban bestand gleichfalls aus Shawls, ein Dolch war mit Diamanten besetzt, und das Pferd in goldenen Geschirr. Der Ge- fandte reichte ihn die Hand, Komplimente wurden gegenseitig gewechselt, und man erreichte bald das Thor der Festung, wo der Sardar sich empfahl, indem er die weitere Führung feinem Bruder auf trug. Alle Einwohner haben sich gewundert, daß dieser stolze Mann Jemanden außer den Schach bis vor die Festung entgegen gekommen ist. Der Gesandte hatte aber gerade deswegen fest darauf be- standen, und das Schicksal wollte, daß er oben- drein vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben durch und durch naß wurde. Sein Bruder führte uns in defen in das Quartier des Gesandten, wo beim Absteigen Kanonenschüffe der Stadt defen Ankunft verkündeten. Das ganze Haus bestand aus drei Zimmern;, wir bekamen alle Quartiere in der Nähe, wo wir durchnäßt bis aufs Hemd an- langten. – - - - Die persischen Häuser sind sehr leicht gebaut, fie bestehen meist nur aus einigen Zimmern, die gewöhnlich nach - der Nordseite offen sind, das heißt: statt der Wand befindet sich ein großes Fenster aus Glasscheiben von verschiedenen Farben in bunter Reihe hingestellt. Dieses Fenster wird des Nachts zugemacht, am Tage aber ist's immer offen. Die Zimmer sind mit einer Menge von - 69 kleinen Karniesen und Nischen versehen, die bei ar- nen Leuten einfach weiß, auch wohl gar nicht an- gestrichen, bei Reichen aber mit sehr schönen Blu- nen, auch wohl mit Gold verziert sind. In je- dem Zinner befindet sich ein Kamin, der meistens dem Fenster gegen über liegt; die Diele ist von Stein, bei Reichen mit Teppichen, bei Armen mit Matten bedeckt. Da hat man im kurzen, die Be- schreibung aller Häuser in Persien! Man findet in den Zimmern weder Stuhl, noch Tisch, noch Spiegel, oder sonst irgend ein Meubel; die Per- fer mit untergeschlagenen Beinen ihre Pantoffeln - laffen sie vor der Thüre. Das Effen wird ihnen - auf Präsentiertellern gebracht, und wenn der Herr nicht „in feinem Serail übernachtet, so wird ein rundes Kopfkiffen gebracht, und er schläft auf der nämlichen Stelle. Spazierengehen ist bei ihnen eine große Lächerlichkeit und selbst etwas Gemeines Wenn die Perser Jemand hin und her gehen fe- hen, so glauben sie, man wolle etwas hohlen, thut man das nicht, so sehen sie die Gehenden mit Verwunderung an, und glauben, er fey verrückt geworden. Nach ihrer Sitte muß man zu Pferde feyn, sobald nur ein Schritt aus dem Hause ge- than wird. Zu Hause muß man fein am Fenster fizen, die linke Hand auf dem Dolche ruhen lass fen, mit der rechten declamierend, der draußen sie henden Bedienung, die den ganzen Tag mit auf gesperrtem Maul auf Befehle wartet, recht laut - - - 70 - - alle Viertelstunden Kallion *) zurufen, wobei der Herr selbst immer das Schlechteste zu rauchen bekömmt, indem die Bedienung den Kallion anzu- rauchen hat, und also das Schmackhafteste, davon bekommt. Sind Gäste da, so werden viele solche Kallions gebracht; manche sind von Gold, auch wohl gar mit Diamanten besetzt; znischen - durch wird Konfekt, aus Schafsfett zubereitet, präsenti- ret, Scherbet getrunkeu, man nimmt Früchte. Da- bei versichern die Gäste dem Herrn von Haufe, daß er eben so roth, wie feine Aepfel, eben so glänzend wie die Sonne, eben so freundlich, wie der Mond ist, und empfehlen sich ihm gehorfannst mit dem -- Wunsche, daß in Garten seines Schicksals ihm immer Rosen des Glücks blühen möchten. Der Wirth bedankt sich durch freudiges Kopfnicken, be- fiehlt laut schönes Wetter für die Abreisenden, be- dauert, daß er von diesem Augenblick an unglück- lich feyn würde, indem sein Ohr - sich an den Machtigallengefang außerordentlich gewöhnt hätte, setzt sich wieder in die alte Positur, und wartet mir Gähnen auf den Sonnenuntergang, um fein Ge- bet zu verrichten, und doch fagen zu können, daß er diesen Tag auch überraucht hat ! Die abziehenden Gäste suchen unterdessen im Vorzimmer ihre Pan- *) Kallion ist die bekannte Pfeife aus Glas, wo der Rauch durchs Waffer gehen muß, und auf diefe Art abgekühlt in den Mund kömmt, - 71 toffel wieder auf, und komplimentieren eine gute Viertelstunde, wer zuerst herausgehen soll; der Reichste oder der Vornehmste gibt dann gewöhn- lich freundlich nach, uud schwingt fich mit be- ständigen Kopfnicken sehr graziös aufs Pferd, feine 20 auch mehrere Müßiggänger schließen einen Kreis, nehmen das Pferd beim Zügel, und schleppen den großen Herren nach Haus. Im Allgemeinen ha- ben die großen Herren eine Wuth zu plündern, und besonders Uebels von Andern zu reden; darin besteht eigentlich ihre ganze Unterhaltung. Bei Prinzen und sehr vornehmen Personen, kommen tausende solcher Herren zusammen, die im Hofe stehen bleiben, und den guädigen Herrn den gan- zen Tag angaffen, oft ohne auch nur eines Worts gewürdigt zn werden, dann gehen fiel glücklich nach Hause. – Die Städte bestehen in Persien aus engen Straßen, die nichts als Mauern dar- biethen, an denen man hin und wieder kleine Thüren sieht. Die Spaziergänge in Erivan können also nicht sehr angenehm sein. In den Gärten fieht man nichts als Weintrauben-, und durcheinan- der stehende Fruchtbäume, – Den Tag nach un- ferer Ankunft in Erivan regnete es noch immer fort. Eine Begebenheit, deren man sich hier in , dieser Jahreszeit gar nicht erinnern konnte. Außer gegenseitigen Höflichkeits-Versicherungen durch Ab- geordnete fiel zwischen den Gesandten, und den Sardar an diesem Tag nichts vor. - - - W 72 gaunige Schilderung eines verf- fchen Mittag mahles. Am 6ten November Morgens um 10 Uhr . stattete der Sardar bei den Gesandten einen Be- fuch ab. Er pflanzte sich ziemlich ungeschickt auf dem Stuhl, rauchte sehr viel, sprach wenig, nickte kaum mit dem Kopf, als wir ihm dorgestellt wur- den; ließ sich aber den Liqueur, trotz dem Verbothe nach Mahoneds Gesetzen, recht gut schmecken. Das Beste ist, daß er kein Geheimniß daraus macht, sondern öffentlich erklärt: er könne ohne Spiritus nicht leben. Nach einer guten Stunde empfahl er sich, und bat uns alle zu Mittag. Um 12 Uhr zogen wie mit Pomp in die Festung, die der Sar- dar allein bewohnt. " Zu Klardin's Zeiten sollen dort sehr viele Leute gewohnt haben, der Sardar hat aber alle davon gejagt, und thront jetzt zwischen Kasernen. Wir formierten einen hübschen Zug; voraus gingen Kosaken, dann kam die Musik, dann der Gesandte; wir alle folgten, endlich kamen wie- der Kosaken. Das Volk hatte so etwas noch nie gesehen, und drängte sich von allen Seiten herzu. Die Polizei mrarf mit großen Steinen, schlug mit Stöcken drein, und besonders einer von ihnen, der durchaus immer vor dem Gesandten nach der Musik marschieren wollte, war mit einem Knöppel von Metall versehen, der fürchterlich über den Köpfen A- 73- des Volkswirtschaftete. Ich glaube, sie hätten - welche todt geschlagen, wenn nicht der Gesandte aus Mitleid gebethen hätte, aufzuhören. Bei der Festungspforte mußte uns das Volk verlaffen; wir ritten durch enge Straßen, und fliegen beim Ein- gange ins Haus der Sardar von den Pferden, wor- auf uns der Hofstaat engegen kam. Nachdem wir mehrere Höfe paffiert, die ringsum mit bewaffne- ten Personen besetzt waren, traten wir in einen Hof, in defen Mitte ein großes Marmor-Baffin, nebst mehreren Springbrunnen sich befanden. Der Sardar kann bis zur Thür entgegen, und führte uns in einen geräumigen Saal, dessen offene Seite auf diesen Hof ging, in dem die vornehmsten Herrn Erivans versammelt waren, und niemand, außer dem Bruder des Sardars und unser Mes mandar die Erlaubniß hatten, herein zu kommen, Es war keine geringe Aufmerksamkeit don Seiten des Sardars , daß er uuferwegen hatte Stühle machen laffen, indem wir unmöglich nach ihrer Art sitzen konnten, auch er felbst auf einem Stuhl faß. Die Wände diefes Saales waren mit kleinen Spiegeln verschiedener Formen besetzt, und die Zwischenräume mit bunten Blumen und kleinen “ Mahlereien ausstaffiert. Dem –Eingange gegeniber sieht man das Bildniß des Schach, neben ihm das feines Sohnes Abas Mirza und eine Jagdparthie, die fo, ohne Perspektive gemacht ist, daß eine Figur über die andere wegläuft, und am Ende alles in - K - 74 der Luft fehwebt. An den Wänden befanden sich auch einige Bildniffe von Frauen die aussahen, als hätte man ihnen den Hals umgedreht. Die Mahlereien sind überhaupt ohne Schatten, die Far- ben aber außerordentlich lebhaft, und von langer Dauer. Der offenen Seite dieses Saales gegen- über bildet das Gebäude eine große Nische, in der gleichfalls ein sehr schönes Baffin aus weißem Mar- mor, nebst Springbrunnen sich befindet. Diese Seite läßt sich auch öffnen, und man hat die fchönste Aussicht nach einem neu angelegten Garten. Der Sangafluß rauscht dicht unter dem Fenstee vorbei, die ufer sind mit stattlichen Bäumen be- fetzt, eine schöne steinerne Brücke von mehreren Bogen, führt auf die andere Seite, deren Hori- zont von dem Arrarat begränzt wird. Für einen Sommeraufenthalt kann wahrlich ein Haus nicht zweckmäßiger angelegt werden ; man hat imme: das frische Waffer des Springbrunnens, einen ge- linden Zugwind und selbst der Anblick des ewigen Schnees, auf dem Arrarat, muß Kihlung hervor- bringen. Denn ohngeachtet foll es im Sommer in Erivan so heiß feyn, daß nicht nur alle Ein- wohner die Stadt verlaffen, um sich auf die Hö- hen zu begeben, sondern auch der Sardar selbst gezwungen ist, in's Lager zu ziehen. – Nachdem wir alle Platz genommen hatten, wurde Kallion gereicht, darauf vor Jeden ein kleiner-Tisch ge- stellt, der mit Scherbet und Confeek besetzt wurde. / - 75 Ich habe schon erwähnt, daß letzteres mit "Schaf- fett gemacht wird, man kann sich also denken, mit wie vielem Appetit wir, befenders vor Tisch , da- von aßen. Niemand konnte nur ein Stückchen her- unter bringen, und es mufte daher sogleich wie- der weggetragen werden. Darauf erschienen eine Menge Bedienten mit Tischtüchern aus, indiani- fchen weißen Zerge, hin und wieder mit Blumen besetzt ; an den Ecken waren fehr paffende Sprüche in persischer Sprache schwarz gedruckt, als z. B. „Alles was euch hierauf von Frucht und Speise ge- reicht wird, ist gut, und kömmt von guten Her- zen;“ u. f. w. Es kann aber auch wahrlich fo viel von gutem Herzen, daß tausend Menschen be- quem hätten fatt werden können. Ich will nur sagen, was auf dem Tische vor mir und dem De- tor Müller, allein tag; nicn schließe daraus auf das Uebrige. Zuerst ein großer Pfannenkuchen, der nicht nur den ganzen Tisch bedeckte, sondern eine halte Arfchine breit, von allen Seiten überhing. Die Perfer nennen es Tschurer, und bedienen sich dessen statt Brod und Serviette. Dann ein halbes Schaf, ein Ochsenschenkel, zwei Schüffeln mit verschie- denen Braten , 5 Schüffeln verschiedener Ras gouts mit Safran, 2 Schüffeln voll geftchten Reis , 2 mit gekochten Hühnern, 2 mit gebrate- nen Hühnern, 2 Schüffeln gebratene Gänse, 2 Schüffeln Fische, 2 Schüffeln faurer Milch, eine große Schüffel mit Scherbet, und 4 Krüge mit 76 Wein. Zu alle dem aber kein Meffer, keine Gabel, keinen Löffel. – Ein Gericht wurde mit der größ- tein Geschwindigkeit über das andere get hirmt , so daß ich und Müller plötzlich hinter einer Bratenre- doute saßen, die uns alle Aussicht nach dem Hofe benahm, und wir unsere gegen überfitzende Kas meraden nur durch kleine von aufgethürmten Schüf- feln formierte Oeffnungen sehen konnten. Ich suchte durch ein Loch meiner Schüffelwand zu bemer- ken, was der Sardar machte? Die linke Hand auf den Dolch gefützt, weil die Perser nie die linke Hand beim Essen gebrauchen, langte er gra- vitätisch mit der Rechten in die Schiffel voll fet- ten Reis , knetet sich mit drei Fingern eine or- dentliche Portion zusammen, und schiebt diese unit - teler Geschicklichkeit in den Mund, so daß Bart und Schnurbart selten Spuren davon tragen, nach- dem er dieses mehrere mal wiederholhlt, ueißt er ein Stück von dem gigantischen Pfannenkuchen los, wicht daran feine Finger ab, und schluckt auch dieses glücklich hinunter, Darauf fährt er hin und wieder nach Belieben in verschiedene Schüffeln, die feinen Gaumen reizen, und macht jedes Mal das nämliche Manövre. Endlich greift er nach dem Scherbet, trinkt davon, und blinzt freundlich auf eine verblüfften Gäste herab. Da beinahe Kei- ner von seinem Effen was angerührt hatte, denn vieles konnte man ohne Gefahr, den ganzen Hau- fen umzuschmeißen, aus der Mitte gar nicht her - 77 ausziehen, wurde das Zeichen zum Abnehmen ge- geben, und die Bedienung nebst den draußen fehenden, uns hoch beneidenden Herren, müffen uns für sehr vornehm gehalten haben, da es in Persien Sitte ist, bei großen Gastmählern, desto weniger zu effen, je vornehmer man ist, beim , Abnehmen der Schüffeln gab's auch Spektakel, denn der Teller mit Ragout wollte sich gar nicht von dem Teller voll fauren Rahm trennen, auf dem er so bequem geruht; die Butter hatte mit dem Pfannenkuchen Freundschaft geschloffen, und die Fische wollten von den gebratenen Hühnern gar nicht scheiden. Unbarmherzige Hände brachten am Ende doch die Trennung zu Stande, und nun fiel uan draußen über den unversehrten Rest her. Das ist in Persien so Sitte, daß die Ueberbleibsel der Bedienung oder wer sich sonst gerade da befin- det, Preis gegeben werden, oft auch dem lauern- den Volke. Darum wird in einem vornehmen Haufe - auch alle Tage drei Mal mehr gebraten, und ge- kocht, als defen Bewohner alle mit einander ver- zehren können, der Rest aber hungrigen Liebha- bern hingeschoben. Nachdem unsere Redouten alle glücklich zerstört waren, konnte man frische Luft schöpfen. Die Bedienung präsentierte Waffer zum Waschen, allein ohne Handtücher; die Perser laf- fen ihre Hände in der Luft trocknen, wir muten sie an unsere Schnupftücher abwischen. Kaum war diese Arbeit vollendet, als abermals furchtbare 78 - Schüffeln zu unsern Schauder hereingetragen wur- - - den; dießmal kamen wir aber beffer ab, denn es waren Früchte und Confect , und vor Jedem stand glücklicherweise nur eine Schüffel, sonst hätten wir auch nichts von den Tänzern sehen können, die eben hereingekommen waren, und sich an der Thür aufgestellt hatten. Zur Musik gehörten eine Guis tarre, eine Art Violine mit drei Saiten, und zwei Tambours nebst einen Sänger, der unter fürch- terlichen Grimaffen, und wahren Convulsionen aus vollen Halle schrie, doch zum Glücke nach Lan- dessitte öfters das Gesicht mit einem Papier bedeckte, um dem Publicum nicht feinen aufgesperrten Ra- dhen zu präsentieren: Die Musik hatte zwar Tact, allein das Ganze klang wie Katzengeheul. Drei . hübsche Knaben, die in langen Röcken waren, an denen seidene Bänder von verschiedenen Farben hin gen, wurden von dieser kreischenden Musik und dem Geschrei des Sängers fo begeistert, daß sie Atnfangs tanzten, und am Ende Burzelbäume schlu- gen. An den Händen hatten sie kleine metallene Kastagnetten, mit denen sie zu den Bewegungen des Tanzes den Tact schlugen. Ich glaube, daß zwei von ihnen Frauenzimmer vorstellten, indem ihre Bewegungen weit langsamer und bescheidener waren, aber der in der Mitte warf sich rasend herum, und wand sich wechselsweise bald zu dem einen bald zu dem andern. Die lächerlichste Tour war, wenn die Musik plötzlich sehr laut wurde, 7g der Sänger ohne Barmherzigkeit zu schreien anfing, die drei Tänzer längs dem ganzen Saal in Burzel- bäumen wegrollten, und am Ende die zwei zu beiden Seiten in einer graziösen Stellung stehen blieben, während der mittelste auf dem Kopfe stehend ein mit langen Beinkleidern bedecktes Gesäß, nebst ein Paar bloßen Füßen präsentierte. Eins nachten die Tänzer mit vieler Geschicklichkeit; sie konnten sich nämlich mehrere Mahle in der Luft umdrehen, ohne mit den Händen oder dem Kopfe die Erde zu berühren. – Mit vollen Ohren und leeren Ma- gen brachen wir endlich auf; der Gesandte empfahl sich dem freigebigen Wirthe, und wir zogen in nämlicher Parade wieder nach Hause, um zu Mit- tag zu effen. - Schilderung der Stadt Eriwan von Berge Arrarat. Eriwan bedeutet in der armenischen Sprache der Erschienene oder Erblickte, denn es soll der erste Ort feyn, den Noah beim Herabsteigen von Arrarat erblickt; der Berg ist zehn Werte von hier. Die Stadt hat schöne Parthien im Allgemeinen, die Gebäude aber find meistens hinter den Gärten und unsichtbar. Zwei Flüße befinden sich ohnweit der Stadt, die Sanga welche dicht an den Fe- fungsmauern vorbei fließt , und der Knperbulak, - ein Name, der vierzig Arme bedeutet. Der erste - - ZG - " entspringt in dem Eriwanischen See“), durchläuft - den größten Theil von Armenien, und vereinigt fich ohnweit des Caspischen Meeres mit dem Aral- re-Fluß. Die persische Geschichte sagt gar nichts vom Entstehen dieser Stadt, daher behaupten auch die Einwohner, daß es die älteste Stadt der Welt – ist, und daß Noah sich nach der Sündfluh hier häuslich niedergelaffen. Die Festung Erivan befindet sich einen Kanonenschuß von der Stadt. Die Türken eroberten Erivan im Jahre 1582 und erbaueten die Festung, welche heute noch erifiret, während der Regierung Murats oder Amurats III, Die Perfer eroberten sie 1604 unter Schach Abas wieder, und vermehrten die Befestigungen. Im Jahre 1615 hat sie eine viermonatliche Belage- rung überstanden, der Erdwall trotzte den Batte- rien der Türken, und diese waren genöthigt, sie zu verlaffen. Nach dem Tode Abas des Großen belagerten die Türken abermals Erivan, und be- hielten es auch, aber nicht lange, denn Sofi er- -- - - *) Der Eriwanische See liegt drei Tagmärsche von der Stadt. Die Perfer nennen ihn Deria-Sche- vin, d. h. der füße See, weil das Waffer wirk- lich einen füßen Geschmack haben soll. Sein Mini- fang ist 150 Werte. Er enthält eine Menge Forellen und Karpfen, die fehr schmackhaft fetyn sollen. Chordin sagt, daß er während feines Auf- enthaltes in Persien auf keiner Karte diesen See hat finden können, - - - Kr - - - - - oberte es 163s während der Regierung des Sul- tans Amurat IV. Die Perser brachten damals die ganze Garnison um. Es fiel 1721 wieder in tür- kische Hände, während der Unruhen, die der Stamm der Sofis erregte, aber der berühmte Schach Na- dir eroberte es 1734 wieder. Der gruinische Zaar Herakli benutzte die Unruhen in Persien nach dem Tode Tamaßa's, und nahm Erivan, verlor es aber bald wieder, und sein ganzes Reich dazu – die ruffschen Truppen stürmten unter Graf Gudowischt Erivan, allein sie wurden zurückgeschlagen. - - - Der Name Arrarat erweckt die Bilder der Kindheit lebhaft in mir, und es ist, als sehe ich Jetzt noch in meinem kleinen Catechism, wie die armen Menschen sich aus der Sündfluth retten wollen - wie der fatale Regen gar nicht aufhört, und eine Stelle nach der andern überschwemmt; ich höre noch, wie meine Amme zu mir sagte: so straft Gott die bösen Menschen, die ungehorsam sind Siehst du wie sie alle schreien, aber zu spät! Hin- gegen schwimmt der gute Vater Noah ganz trocken im Meere. So belohnt und bestraft Gott! – Da- - mals konnte man das Kind wohl damit zwingen, Rhabarber einzunehmen, jetzt verlangt es mehr zu wissen. – O liebe Amme ! wäre ich doch ein Kind geblieben! - - - - - - - - - - Dieser Berg, der in meinem Katechism sehr schlecht gezeichnet war, und auf dessen Spitze ein Noah's - Kasten faß, der noch einmal so groß war L . . . - - F2 als der Berg selbst, liegt jetzt prachtvoll vor mei- nen Augen. An seinem Refe schlängelt sich der Ararefuß, hinter dem er sich in zwei Spitzen er hebt, von welchen die eine kleiner ist, und daher von den Einwohnern Arrarat - Sadach, Sohn Arrarats, genannt wird. Eigentlich befindet er sich in Armenien neben den Salzgebirgen, wo die Kur- den ihre Wohnungen aufschlagen. Von der Hälfte au ist er ganz mit Schnee bedeckt; auch lagen hier meist die Wolken auf. Man erzählt viel Fabelhaftes von dem Berge, gewiß ist aber das, daß Niemand feine Spitze ersteigen kann, aus der sehr natürlichen Ursache, weil die Abdachung von der Mitte an schon ganz steil wird, und mit Eis bedeckt ist. Ein fehr reicher und neugieriger türkischer Pascha, der das Reifen liebte, versuchte ihn zu erklimmen; al- lein auf der Hälfte fchon waren Kälte und Wind so stark, daß er seinen Vorsatz aufgeben mußte. Vor 3 Jahren ist ein ungeheuer großer Schnee- klumpen von oben herunter gefallen. Im nahe lie- genden Dorfe erzählte man, daß ein Brett aus der Arche Noah's sich in dem Schnee befunden habe. Es wäre gut, wenn Holz vom Berge käme; denn hier im Thale ist es fehr theuer geworden. Bekannt- lich dient dieser Berg einer Menge wilder Thiere und Schlangen von ungeheurer Größe zum Aufent- halt. Am Fuße des Arrarat ist ein Kloster, Aro- kilvank genannt, welches in der armenischen Sprache bedeutet Kloster der Apostel. Die Arme- 83 wier halten diesen Ort für heilig, und behauptet, Noah habe an dieser Stelle seine erste Wohnung aufgeschlagen, und sein erstes Dankgebet verrichtet. Art zu reifen in Perfien. - - Da die Perser vom Tage des Eintritts der Gesandtschaft in ihre Grenzen die tägliche Verpfle- gung und Transportierung auf Befehl des Schachs unentgeldlich übernommen hatten, so bekamen wir alle Tage Reitpferde, und unsere Sachen wurden auf Mauleseln und Kamelen fortgeschafft, diese waren alle mit Glocken versehen, und machten ei- nen fürchterlichen Lärm. Es ist unglaublich, was so ein Maulesel tragen kann, und mit welchem gleich schnellem Schritte er vorwärts geht. Die Kamele hingegen haben einen wahren Philosophengang, aus dem nichts in der Welt in Stande ist, sie heraus zu bringen. Beim Aufladen und Abladen der Sa- chen lassen sie sich auf den ersten Ruf des Führers auf die Knie nieder, zwar mit fürchterlichem Ge- schrei, aber nie ungehorsam. Sonderbar ist, daß sie selbst die Last fühlen, welche sie im Stande find zu tragen, und dann ohne Befehl aufstehen. Sº gibt wohl kein Thier, das wohlfeiler und leichter zu ernähren wäre wie das Kameel; sie weiden auf Steppen, wo man kaum Gras erblickt, und befin- den sich immer wohl dabei. Aber zu reiten auf diesen Thieren ist eine wahre Marter, denn ihr 64 Rücken schiebt sich immer hin und her. Da bei den Persern alle Transporte auf Pferden, Eseln oder Kameelen geschehen, und viele in ihrem Leben kein Rad gesehen haben, so kann man sich denken, daß persische Wege eigentlich gar nicht vorhanden find; man erkennt sie auch wirklich bloß daran, daß das Gras in breiten Streifen ausgetreten ist, in steinigen Gegenden aber sieht man fast gar nichts, und kann ohne Führer sich leicht verirren. – Ueber- haupt reisen die Perser immer zu Pferd, und bloß für Damen gibt's eine Art Fuhrwerk, das eben nicht sehr bequem ist. Es besteht aus hölzernen Rahmen, die eine Art Vogelbauer bilden, der auf zwei Stangen ruht, letztere ragen vorne und hinten dermaßen hervor, daß ein Paar Maulesel hinein ge- fchoben werden können, die einen guten Schritt da- mit fortgehen. Das Ganze wird gewöhnlich mit ei- nen rohen Tuch überzogen, das an den Stellen, wo die Thüren sind, aufgeschnitten ist. Die Ma- chine ist so niedrig, daß man nur auf persische Ma- nier darin sitzen kann. Die Perser nennen sie Trach- tarawan. Es befanden sich bei der Gesandtschaft auch mehrere solche für die Kranken, die darin aus- gestreckt liegen mußten. Wir waren nicht wenig be- forgt um die persischen Hengste, die ein wildes An- fehen haben, aber wahre Lämmer sind, und alle ei- nen herrlichen Paß gehen, welches das Reisen zu Pferd um vieles erleichtert. Ein Pferd, das keinen Paß geht, wird in Persieu um den halben Preis verkauft. - 85 - - Der heutige Marsch ging nach dem Dorfe Dugin, bei dessen Annäherung sich das herrliche Thal der erivanischen Provinz darstellte, durch das man hin und wieder den Arare schlängeln fah. Eine Menge Dörfer lagen zerstreut herum. Diese haden fast alle in Persien das Ansehen einer kleinen Fe- stung; denn sie findgänzlich mit einer hohen Mauer umgeben, deren Ecken, Thürme unit Schießscharten bilden. Diese freiwillige Einkerkerung mag wohl auch theils in öfteren Kriegen und Revolutionen ihren Grund habe u; meistens rührt sie aber von der furchtbaren Eifersucht der Perser her. – Nach dem wir das kleine Flüßchen Garnitschai paffirt hatten, ohne die schwarzen Marmorsäulen zu fe- hen, die Chardin (freilich vor hundert Jahren) bemerkt haben will, langten wir in unserm Lager an, das dicht neben dem Dorfe aufgeschlagen war, Heute sind wir dem Arrarat am nächsten. Wir nahmen das Abendbrod unter freiem Himniel ein, und noch lange schimmerte die untergehende Sonne von der Schneekuppe des Berges. " - Links haben wir eine Gebirgskette, die den Weg in der Richtung nicht verläßt, und weiter hin unsere Gränze bildet; rechts bleibt immer der Arare treu, an defen ufer man die Ruinen eines Klosters bemerkt, wo der heilige Gregorius, der Stifter des Klosters von Jetschmiafin, Jahre lang in einer Grube geseffen hat, um gänzlich fünden" frei aus der Welt zu gehen. Die Armenier wall“ - 4 --- F6 fahren aus fernen Gegenden hierher, und werden bei Annäherung an dieser Grube von fchweren Krankheiten befreit. – Die Gegend, überhaupt ist von einer unzähligen Menge Kanälen durch- kreuzt, die zur Bewäfferung der Reis- und Baum- vollemfeldern-dienlich sind, aber durch ihren uns angenehmen Geruch Kopfschmerzen verursachen. Beim Eintritt in das Dorf Dawalu, wo unser heutiges Nachtlager bestimmt ist, kamen uns viele neugierige Einwohner entgegen, unter andern zeig- ten sich auch Bauernweiber, die so schmutzig, ge- fchmacklos gekleidet und häßlich waren, daß man wahrlich ein Weiberfeind werden kann. Zu uns ins Lager kam ein sonderbarer Kerl, den wir An- – fangs für verrückt hielten; es fand sich aber, daß er ein Derwisch war, der seltsam gekleidet ging. Ein Schafsfell bedeckte noch dürftig den Leib, die Hände und Füße waren bloß, auf dem Kopf faß ein Blumenkranz, in der rechten Hand hielt er eine Pike, in der linken einen Keffel, dabei schrie er fürchterlich, und der Nahme Ali kam beständig vor; man fagte uns, er bete für unser Glück. Obgleich er nicht bettelte, was ich in Persien sehr lobenswürdig finde, warf man ihn einige Geld- Stücke in den Keffel, die er ohne Dank annahm. Es gibt mehrere Orden der Derwische; dieser ge- hörte zu einem, dessen Mitglieder ihr ganzes Leben unter freiem Himmel zubringen müssen. - - - - Die Gegend ist nicht mehr so anmuthig, *- 87 man kommt zwischen zwei Anhöhen durch, welche eine vollkommene Pforte bilden, und sogar den Rückblick in das schöne Thal rauben. Der Weg ist lehmig, es mußte hier geregnet haben; denn die Pferde glitschen alle Augenblicke aus. Mehrere unbedeutende Dörfer lagen unweit deu Wege, die Hitze war sehr erträglich, dem ungeachtet waren wir froh, unser Lager in dem Dorfe Ruralchin unter schattigen Aprikosen-Bäumen aufgeschlagen zu finden. Man träumt sich in Europa Persien als ein Paradies, und die Perser selbst sind auch über- zeugt, daß es ein Eden ist; allein wir sind jetzt im Frühjahr, und finden weder die Menge Blu- nen, noch das schöne Gras, noch die himmlisch auflebende Natur, wie in nördlichen Ländern. Die Berge sind hier kahl, die Felder gelb und Bäume eine Seltenheit. Gleich bei der Ausfahrt aus dem Nachtlager paffrt man wohl 10mal die verschiede nen Arme des Flusses Arpatschai, der die Gränze zwischen der Provinz Erivan und den Besitzungen von Nakatchewan bildet. Wenn das Waffer grö- ßer wäre, so wäre diese Ueberfahrt äußerst gefährs - lich. Der Weg geht längs Anhöhen, die nach - dem Arare zu eine schöne Gegend bilden. Hier liegt die Stadt Hoye, die im Sommer der Lieb- Hingsaufenthalt von Abas Mirza, dem Thronfols ger feyn soll. Vor uns ragt in der Ferne ein Fel- - fen von sonderbarer Figur hervor; er wird der Schlangenberg genannt, weil es dort von Schlan“ - FZ - - - - gen wimmeln soll. Unnweit dieses Berges geht der Weg nach unserer Gränze in die arabachsche Provinz. Auf halbem Wege fand sich eine schöne Quelle von klarem Waffer,- wie wir deren keine mehr angetroffen haben. Ueberhaupt fehlt uns in diesen Gegenden gutes Waffer; es ist überall sehr trübe, und hat einen fatalen Lehmgeschmack. Hier in Hohik hatten wir das Unglück, in dieser Nacht einen unserer Gesandtschaftsbedienten zu verlieren, der am Schlage starb. Er wurde ziemlich tief in die Erde gesenkt, und mit großen Steinen bedeckt; bei unserer Rückkunft fanden wir dennoch alles zers stört; denn die Muselmänner laffen nicht einmal - einen todten Christen in Ruhe. - Dieser Todesfall “ machte einen traurigen Eindruck auf uns alle; denn fern vom Vaterlande sieht man mit bangem Herzen einen Gefährten aus der Mitte schwinden. - Die Stadt Nakatfchewan, die Wafferleitungen, das Grab der … Frau Noahs. Bis zur letzten Anhöhe, von der man sich gleichsam in die Stadt Nakatchewan herunter lase fet, find' ich keine Worte, diese traurige Gegend zu beschreiben. Kein Haus, kein Grashalm, nur kahle Lehmberge, die in verschiedenen Richtungen sich durchkreuzen, und meistens von der Sonnen- bize geborsten sind, ermüden das Auge, und ma- - 8g chen ganz melancholisch. Die Stadt selbst liegt gleichfalls in solcher traurigen Gegend, und erfreut bloß das Herz, weil man Bäume wieder sieht. Der Chan von Nakatchewan, ein blinder Greis, kam uns mit mehreren tausend Reitern entgegen, die Straßen und Häuser, welche der Gesandte paffären mußte, waren alle mit bewaffneten Leuten besetzt, welches eine große Ehrenbezeugung ist. Der arme alte Kambarei. Chan, der vielleicht der tugendhafteste seines Volks ist, und vorher Eigen- thümer der Stadt Nakatchewan war, deren Ver- waltung ihm jetzt nur aus Barmherzigkeit überlas- fen worden, hatte das Unglück, der Regierung zu mißfallen, und die Augen wurden ihm ausgesto- chen, eine Strafe, die hier häufig ist. Da er mit den Augen auch eines Vermögens beraubt wurde, so lebte er mit seiner Familie 20 Jahre in der drückensten Armuth, und ist jetzt vor 2 Monaten auf lautes Flehen des ganzen Volks, das unterdessen schlimm gedrückt worden, als Verwal- ter feines Eigenthums wieder angestellt. Der Ge- fandte machte ihm Vorwürfe, seinetwegen heraus gekommen zu sein, und behandelte ihn überhaupt, wie fein hohes Alter und ein Unglück es verdien- ten. Wir wurden alle in ein neues großes Haus eingelegt, das unsertwegen geräumt wurde. Ich wohne in eineun Zimmer des Serails. – Diese Stadt ist einst von den russischen General Rebolsin erobert worden; weiter ist die Eroberung der rus- - M - 90 - - fischen Truppen in Persien nie gegangen. – Som wohl die bequeme Wohnung, als die Ruhe, die wir alle seit Erivan nicht genoffen hatten, be- stimmten den Gesandten, hier einen Rasttag zu machen. Das Haus, in dem wir wohnen, so wie alle Häuser der Magnaten, bestehen aus einer unzähligeu Menge kleiner Höfe und Zimmer, die durch schmale dunkle Gänge in Verbindung stehen. Jedes Zimmer hat nur einen Eingang, und dient im Theile des Serails von den vornehmeren Wei- bern nur einer zur Wohnung, in andern werden auch wohl mehrere zusammen gesellt. Von der Straffe ist immer nur ein Eingang in solch' ein Haus; und der erste Hof wird vom Herrn selbst bewohnt. Die Mauern sind sehr hoch und fo breit, daß Menschen und Hunde bequem auf ihnen herum spazieren können, um die Kleinodien zu be- wachen. Die armenische Geschichte, welche in dem Kloster Jetschiniafin vorhanden ist, behauptet, daß Nakatchewan das ehemalige berühmte Artakat ist, und eine der ältesten Städte Armeniens; damals follen dreißigtausend Häuser hier gestanden haben, jetzt find deren kaum ein Tausend. Da überhaupt ber alte Vater Noah hier in der ganzen Gegend herhalten muß, so behaupten die Armenier, daß auch diese Stadt von ihm gestiftet worden. – Die Stadt wird durch das Flüßchen Nakatsche- wan, das auch einen kleinen Wafferfall bildet, in zwei Theile getheilt. Der westliche Theil machte 91 A früher eine Festung aus, die in mehreren Kriegen auch von den Ruffen zerstört worden ist. Ein sehr hoher nicht eckigter Thurm mit Hieroglyphen be- schrieben, und nebenbei eine halb zerstörte Pforte, von der noch zwei große Säulen, in besonderen , Geschmack gearbeitet, zu fehen sind, ist das Ein- zige, was hier die Aufmerksamkeit auf sich zieht, Es sollen Denkmäler des berühmten Tamerlan fyn Der Gesandte machte einen Besuch bei Kom- borei - Chan, dem er für eine gute Aufnahme dankte. In Bekleitung mehrerer vornehmer Perser verließen wir am 13. November die Stadt. Die Gegend ist rund herum fehr öde, lehmigte Berge, die eine unangenehme gelbe Farbe spielen, ermüden das Auge; nur in der Ferne sieht man die dunkle - Spitze des Schlangenberges. Einige Werte von der Stadt durchwadeten wir den Nakatschewanfluß, der sonst ein weit größeres Bett gehabt habeu muß; denn man sieht die Ruinen einer prachtvollen Brücke, die sonderbar genug einen Winkel gegen den Strom bildet, und auf 12 großen Bogen ge- ruht hat; jetzt sind deren nur noch sechse sichtbar. Nachmittags langten wir beim Ararefuß *) an, - - - - - - - - - - - - - - - - *) Strabo fagt, daß der Arare sich gerade ins caspische Meer ergießt; ietzt vereinigt er sich erst mit der Kura fehr weit vom Meere; das alte Bett foll aber noch fehr deutlich zu sehen feyn. - - 92 ber uns von Erivan an in der Entfernung von einer Meile treu begleitet hatte, jetzt aber einen Bogen macht, den wir paffren mußten. Da der Fluß sehr reißend ist, so war es eben keine ange- nehme Expedition, auf zusammen gebundenen, auf- geblasenen Schweinshäuten über den berühmten Arare zu fetzen. Außer vier neuen Rädern, die durch unvorsichtigkeit in's Waffer fielen, ist Gott fey Dank, alles glücklich herüber gekommen. Die- fer Fluß hat wahrscheinlich den Namen von Arras rat erhalten, wo er entspringt; sonst eritierten mehrere Brücken über ihn, jetzt sind keine mehr da. – Zwei Sachen schienen mir hier bemerkens- werth. Man wird es in Europa kaum glauben, daß dieser Fluß, der an dieser Stelle im 399 der Breite liegt, einige Mal inn, Winter so zugefroren ist, daß Truppen und Artillerie ohne alle Gefahr herüber gegangen sind? Die zweite Sonderbarkeit ist die, daß die Pest, welche in den türkischen Nachbarbesitzungen fürchterlich wüther, nie die Gren- zen des-Arares übertreten hat. Hierzu muß man wiffen, daß die perfische Regierung überhaupt nie die geringsten Maßregeln gegen die Pest nimmt. Dennoch erscheint diese jetzt nie, trotz den unauf- hörlichen Handel mit der Türkei, und ist vor sehr langer Zeit nur einigemal bis zu dem Arares gekom NLIN. - Einige Werte von hier sieht man die Ruinen - - g3 einer sehr berühmten alten Stadt ; Julfa, die be- fonders der Hauptsitz des Handels in Armenien war. Schach-Wibas , der die Stadt Ispahan plög- lich in einen blühenden Zustande sehen wollte, transportierte alle Einwohner dahin, wo sie jetzt einen Theil der Stadt benrohnen, der nach ihnen Julfa genannt worden ist. In Julia selbst sind nur noch zwanzig arme Familien, Armenier. Den 14ten hatten wir einen großen Marsch von 6 Agatschen"), der une, aber dadurch sehr erleichtert wurde, daß wir endlich den traurigen Anblick der kahlen Lehmberge losgeworden sind, und einige Werte von Arare ohnweit der Dörfer Alamdar und Gerger in ein enges Thal hineinka- men, das von ungeheuern Granitmassen umgeben war. Der Weg krümmt sich sehr angenehm in den verschiedenen Schluchten, die beständig neue Ansichten darbiehen, und geht eine Meile weit merklich immer bergauf, so daß wir uns am Ende wieder im Frühiahr befonden; das Gras war kaum hervorgekeimt, und die Kälte ziemlich empfindlich. Unweit unters Nachtlagers, das neben einem al- ten Karavan-Saray aufgeschlagen war, fahren wir auf einer steilen unzugänglichen Anhöhe ein großes Dorf, dessen Einwohner oft mit der Regierung im Handel stehen, diese muß ihnen bezahlen, oder fie plündern die Vorüberziehenden. Die Pforte *) Eine Agatsche macht ohngefähr 6 Werste, - 94 des Karawan-Saray ist mit blauen Bareliefs ge- ziert. - - Heute am 15. haben wir den Arrarat gänz- lich verloren. So viel wir gestern zu steigen hat- ten; so viel mußten wir uns heute, nur unmerk- lich wieder herunter laffen. Die Aussicht ist sehr beschränkt bis zum Flüßchen Gulus bei einer Mühle, von wo aus sich plötzlich eine himmlische Aussicht verbreitet. Hier fieht man mehr als 4o Dörfer, und am Ende die Stadt Maranda ; die sowohl als die Dörfer mit schönen Bäumen umgeben sind. Der Beherrscher von Maranda, Nasar-Ali-Chan, kam dem Gesandten, wie gewöhnlich mit einer Menge Reiterei entgegen, und both ihm fein eige- nes Haus zur Wohnung an. Es ist noch nicht ganz fertig, allein einige Zimmer des Gesandten bewiesen viel Geschmack und Reichthum; überhaupt zeichnet sich Maranda vor allen übrigen Städten und Dörfern, die wir bis jetzt gesehen, fehr aus. Die Mauern nach den Straßen zu find gleich und reinlich, in einigen Straßen findet man sogar Al- leen, die dem sonst so traurigen Anblick persischer Städte doch einen Anstrich der Freude und des Le- bens geben. Durch die Stadt fließt ein unbedeu- tendes Flüßchen, Selu-lu genannt. Die Perser find so geschickt in den Wafferkommunikationen, daß 1eder Einwohner nach Belieben feinen Garten aus diesem Flüßchen befruchtet, und es auch wie- der ablaufen läßt, so bald er will. Die große ’95 Hitze, welche alles austrocknet, und die wenigen Regen und Flüße, die es überhaupt in Persien gibt, müffen schon von Alters her dieses Volk zu guten Hydraulikern gebildet haben. Ein jeder Bauer, er mag ansäßig werden, wo er will, weiß so geschickt oft Meilenweit eine Quelle zu entdecken, auf die einfachste Art von der Welt, aus solcher das Waffer zu einer Besitzung zu leiten, und des fen immer Herr zu bleiben, indem er uur gerade so viel davon nimmt als eine Felder bedürfen. – Hier in Maranda soll es acht Tage in der heiffesten Sommerzeit geben, während welcher man, freilich in fehr kleiner Menge, Cochenille sammelt, Vor der Zeit, soll sie noch nicht reif seyn, und nach der Zeit frißt der Wurm sich durch das Blatt, feine Wiege durch, und dann geht er verloren. Die Perser nennen die Cochenille: Kermis.“ Auch von Maranda behaupten die Armenier, daß Noah's erste Nachkommenschaft sich hier niedergelaffen habe, und daß sogar Noah's Frau hier begraben liege. Wie soll man so etwas Seltnes nicht sehen. Die neugierigen Herrn liefen zusammen, – und fa- hen – „ein Mettschet, Gebethaus der Muselmän- ner.“ Die Muselmänner, nämlich an den Platz, wo Frau Noah begraben liegen sollte, bauten ein Gotteshaus hin, dessen Wände kahl und nackend sind, auch nicht so reinlich, als es die Religion Mahomeds befiehlt. Als nun die Moschee erbaut - war, konnte Neuland bestimmt angeben, an wel- - g6 - - * chen Orte eigentlich die Frau liege. Da ließ Gott vor 33 Jahren ein Wunder geschehen, es entstand Erdbeben, die Ecke öffnete sich und zwei Mollahs (mabomedanische Geistliche) von denen einer jetzt ehen vor uns steht, nebst mehreren Einwohnern waren Augenzeugen, daß ein großes steinernes Exah- zum Vorschein kam, weiches, jedoch bald in der Erde wieder verschwand. Seit der Zeit ist man überzeugt, daß die Frau hier liegt; nur ein Um- fand scheint darauf zu deuten, daß die Mutter Noah's ihrer Schwiegertochter diesen Platz freitig macht, indem Maranda in" armenischer Sprache bedeutet: Die Mutter liegt hier. Dieses Grab trug wohl dazu bei, daß der Gesandte hier einen Rast- tag machte- - - - Audienz beim Kronprinzen Ab- bas Mirza, die fein Phänomen des perfischen Volkes. Nachdem man eine kleine Befestigung, die beinahe in Maranda selbst liegt, vorbei ist, führt der Weg einen hohen Berg hinauf, von wo aus man abermals die schöne Aussicht rückwärts ins Thal hat, und selbst das letzte Nachtlager jenseits Maranda am Horizonte erblickt. Dieses Gebirge - heißt Meschau, und leitet nach einigen Stunden in ein vom Sagrafuffe benetztes fhönes Thal. Es sollen hier außerordentlich heilende Kräuter wachs – g7 fen. Wenn man die Dörfer Kirsa, Disa und Mir- fafat paffert hat, führt das Thal an einen alten Ka- rawan-Sarah vorbei. Einige Werte vom Dorfe Safian, unsere heutige Bestimmung, wird es im- reinste Salzquelle fließt, die ihn fast ganz weiß gepudert hat; darauf öffnet sich ein unabsehbares Thal, an dessen Ende ein schwarzer Streif die Stadt Tauris bezeichnet; man befindet sich in Safian. Da Noah nicht so weit gegangen, so glamt» - ben viele, daß dieses Dorf feine Benennung von den Savis erhalten , die ihre Wohnung hier auf fehlugen, als Ismael I. feinen Hof Ardevil nach Tauris versetzt. Das Dorf ist übrigens so nnbe- deutend, daß es nicht der Mühe werth ist, nach der Entstehung seines Namens weiter zu forschen. Heute Abend kamen ein Paar Abgesandte aus Tau- ris, um im Namen von Abas Mirza und feines ersten Ministers den Gesandten zu begrüßen. Sie brachten große Fische und Apfelsinen zum Geschenke. Ich kann nichts dafür, daß erstere verfault und letztere sauer waren. – Da der Marsch von hier nach Tauris zu weit gewesen wäre, und die Per- fer auch einen feierlichen Empfang bereiteten, so schlugen sie das Lager 20 Werte vor der Stadt, bei dem Dorfe Segilan auf. Heute Abend fah man viele Feuer der persischen Armee. – Einige Werte vor der Stadt Tauris ist ein an, Adgau über welches eine antique Brücke e M - - - TV mer enger, man sieht einen Berg aus dem die " v. 98 von 10 Bogen erbaut ist. Fast von unserem Nachtla- ger an, bis zu dieser Brücke erstreckten sich die persischen Truppen, also etwas über 10 Werte, ihr linker Flügel war an die Bricke gelehnt, Zu dieser hatte man auch Tages zuvor die Musikanten, Grenadiere und Kofacken der Gesandtschaft hinge- fchickt, um von dort aus in Parade in Tauris einzuziehen. Als die Gesandtschaft sich deren rech- ten Flügel näherte, so falutierte der Befehlshaber der Truppen, die Kanonen wurden gelöst, und die ganze Fronte präsentierte das Gewehr. Am rechten Flügel standen 48 Kanonen reitender Ars tillerie: darauf kamen 8 Geschwader geregelte Reiter rei, und 8000 Mann reguläre Infanterie, der Rest davon bestand aus Kurdinern und Landmilize. Als mir an der Brücke anlangten, kam der Militair- Gouverneur von Tauris, Tat-Ali-Chan dem Ge- fandten entgegen, und überreichte einen schönen Hengst ein goldenen Geschirr, mit Edelsteinen be- fetzt, im Nahmen des Thronfolgers, Der Gesandte lehnte dieses Geschenk ab, indem er versicherte, daß vor der öffentlichen Audienz bei dem Schach selbst, und der Abnahme der Geschenke feines Kai- fers, er unmöglich etwas empfangen könnte. Von der Brücke an ging unsere Musik voraus, und die ganze Gesandtschaft folgte in Ordnung. - Die Hitze war unausstehlich, und noch mehr wurden wir vom Staube geplagt, vor welchem man gar nichts sehen konnte, und der uns in ei- - - *, - 99. her Viertelstunde alle grau puderte. Der Zulauf des Volks war so groß, daß die Truppen mit Bajonetten und Kolbenstößen dorne, und an den Seiten beständig einen Weg bahnen mußten. Man konnte weder Stadt noch Vorstadt unterscheiden, und nach einer langen qualvollen Stunde lang- ten wir vor dem Hause an, das zu unserer Woh- nung bestimmt war. - Im Vorhof stand eine perfische Ehrenwache, im Zimmer des Gesandten, fanden wir Erfrischun- gen aller Art. Der Eigenthümer dieses Hauses ist der erste Minister in Tauris, Mirza-Beiurk, der anche den Titel Kaimakan hat, welches so viel als Vicekanzler des Reichs bedeutet. Er ist dem Thronfolger des Schachs selbst als Eehilfe zuge- geben worden, sein Sohn hat eine Tochter des Schach zur Frau, die sehr schön seyn soll. Er ist ein sehr verschmitzter Kopf, und spielt dabei den Gottesfürchtigen, läßt sich auch sehr gerne Derwisch nennen. Sein Geiz und sein Geldgier gehen über alles, das Volk ist eben so unzufrieden mit ihm, als es die Regierung des Thronfolgers feg- net. Sein Haus, welches wir bewohnen, ist wie ich schon von allen persischen Prachtgebäuden er- wähnt habe, ein endloses Labyrinth von Höfen und Zimmerchen. Den Tag nach unserer Ankunft stat- tete Mirza-Besurk, einen Besuch beim Gesandten ab, welcher nach Tische erwiedert wurde. Diese Art Visiten vergehen in unaufhörlichen Compli- - A- - - - IOO menten, und Versicherungen gegenseitiger Achtung und Liebe. Wir bewunderten die Geduld des Ge- sandten, und die Perser feine Beredsamkeit; denn er übertraf sie bald in Compliment machen. Den dritten Tag nach unserer Ankunft war Namens- tag des Großfürsten Constantin, und Abas-Mirza hatte auch die Audienz an diesen Tag festgesetzt. Nachdem wir säinmtlich ein öffentliches Gebet ver- richtet hatten, kamen vornebme Abgesandte von Abas-Mirza, uns zur Audienz abzuhohlen. Die Straßen waren von unserem Quartiere bis zum Palais des Thronfolgers mit zwei Reihen von ' pen besetzt. Vor unserer Thür standen eine Menge - schöner Hengste in goldenen Geschirren, und Läu- fer, dir vorangingen. Auf der Straße ; durch die wir paffierten, durfte kein Volk sich zeigen. In ei- nem großen schönen Hofe stiegen wir ab, gingen durch mehrere kleine, die ringsum mit Zimmerchen versehen waren, in denen die vornehmsten Perso- nen der Stadt faßen, welche jedoch bei Annähe- rung des Gesandten sich erhoben, und ehrerbietig grüßten. Zuletzt traten wir in eine Art Garten, an dessen Ende man die offene Seite des Palastes vom Thronfolger sieht; vor dieser Oeffnung spielte eine Fontaine, und ein sehr langer Vorhang aus rothem Zeuge war so ausgespannt, daß er einen lieblichen Schatten verbreitete. Zwischen der Fon- taine und dem Fenster stand, au letzteres gelehnt, - Albas Mirza ganz allein. Rechter Hand, weit von - - IO1 ihm an der Wand, der Minister Mirza-Bejurk, links, standen drei reich in Gold und Edelstein ge- kleidete Knaben, von denen einer fein Bruder, der andere sein Sohn und der dritte sein Neffe war. Außer diesen benannten Personen, und uns war niemand zugegen. Abas-Mirza felbst, der ein Feind von Pracht ist, war fehr einfach gekleidet, in ro- thes Tuch mit silbernen Schnüren besetzt, die Mütze von Schafsfell, wie alle Perser sie tragen, nur der Dolch war reich mit Steinen garniert. Bei An- näherung des Gesandten ging Abas-Mirza ihn einige Schritte entgegen, und reichte ihm freund- lich die Hand, worauf der Gesandte ihm ein Schrei- - ben vom Kaiser übereichte, welches er nach alia- tischer Sitte, ehrerbietig gegen deu Kopf hoß, und dann neben sich aufs Fenster legte. Er ist ein Mann von 35 Jahren, verbindet ein # Außer mit - fehr vielen Anstand in seinen Gebehrden, spricht klug und lächelt nicht zu unrechtere Zeit. Sein Auge ist voll Güte, auch ist er gerecht, und die Grausamkeiten der persischen Gesetze übt er nie aus, sondern lindert sie, wo er nur kann. Nach den ersten Höflichkeiten bezeugte er den Wunsch, uns alle kennen zu lernen. Er sagte fast jeden etwas Verbindliches oder wenigstens Paffendes, angemes fen dem Stande eines Jeden. Dem Gesandten sagte er : daß die Zeichen der Tapferkeit, die er an ihn fähe, ihn überzeugten, daß er seinem Kaiser brav gedient hätte, und fragte mit vieler - / . . . . . . 1 O 2 Theilnahme, ob er in diesen langen Kriege nicht verwundet worden wäre. Der Gesandte erwiderte, , daß seine Wnnde am Fuße keine Folgen mehr hätte, überdem wäre der gute Empfang in Per- fien hinlänglich, jeden unangenehmen Gedanken an das Vergangene zu vertilgen. Darauf versicherte Abas-Mirza, daß er alles anwenden würde, was in feinen Kräften stehe, um uns den Aufenthalt in Tauris so angenehm als möglich zu machen. Der Gesandte dankte für diese Aufmerksamkeit, und empfahl sich. Nachdem wir uns fast am Auss gange befanden, bemerkte der Gesandte, daß der Thronfolger aus Höflichkeit noch immer unbeweg- sich an einer Stelle stand, worauf wir uns alle - zu ihKlwandten, und ihn zum letzten Mal ehrer- bietig grüßten. Abas-Mirza, trotz seinem langen Bart, und furchtbaren Schnurbart, hatte unser Aller Herzen gewonnen. Sein Adjutant, der uns nach Hause begleitete, ergoß sich auch in Lobeser- hebungen über feinen Herrn, den er vergöttert. Die hier befindlichen englischen Officiere der ostin- dischen Compagnie, machten den Gesandten die Vi- site und wurden zu Mittag eingeladen. Unter ih- nen waren: Major Lindsay, Maior Makintosch, Capitän Hard, Capitän Moutis, der mit Mal- colm nach Persien gekommen war, Doctor Cor- unik, und Lieutenant Willok. Capitän Willok, der Geschäftsträger ist, und Doctor Cambel befanden sich beim Schach in Teheran. Alle diese Herrn, - 103 - unter denen viele sehr lange schon in Persien sind, waren sehr froh, eine Malzeit unter Europäern einzunehmen, und ergötzten sich an der Musik, die sie lange nicht gehört hatten. Sie haben sich alle in Indien aufgehalten, defen Klima sie nur mit Schrecken gedenken. Nach Tische schickte der Kron- prinz eine Menge Pferde zu unserer Bedienung, und lud den Gesandten zu einem Spazierritt ein. Da wir an feinem Haus vorbeireiten mussten, kam er uns selbst bei der Pforte entgegen, und der Weg ging weiter zur Stadt hinaus. In der Vorstadt- standen eine Menge Kurdiner, die nach ihrer Art Musik machten, Zwanzig Musikanten waren aufs bunteste gekleidet, auf den Köpfen hatten sie hohe rothe Mützen, die nach oben wie Zuckerhüte zu gespitzt waren, die Instrumente bestanden aus klei- nen Trommeln, an Sattel befestigt - und eine Art Klarinetten, die grimmig pfiffen. Gleich hinter der Stadt fanden, wir eine Menge Kurdiner und IK Kanonen reitende Artillerie, die der Schach-Sada in unserer Gegenwart mustern wollte. Nachdem wie die Fronte der Kurdiner sowohl als der Artillerie herunter geritten waren, stellte sich Abas-Mirza ohngefähr vor die Mitte (neben ihm der Gesandte, wir alle hinter ihn), und befahl den Kurdinern zu manövrieren. Etwas lächerliches war hierbei: der Adjutant nämlich, der in der Ferne stand, und jedesmal die Befehle von Schach Sada dem " nandeur überbrachte, war zu Fuß und in Pantof“ - zu F er -, 104 feln! Sein Eifer beim Hin- und Herlaufen machte, daß er viel Aehnlichkeit von einem böten - Weibe hatte, die hinter ihren Manne herläuft. Die Kurdiner theilten sich in mehrere Abtheilungen, und griffen sich gegenseitig an. Die Schnelligkeit im Laden, und die außerordentliche Gewandtheit mit den Pferden ist nirklich zu bewundern. Ihr Lieblingsangriff geschieht aber immer mit der Lanze, die sie, sehr stark in die Höhe gehoben, schwen- ken, um sie dann mit desto größerer Gewalt den Gegner nachzuwerfen. Vom Pferdeschonen verstehen fie gar nichts, sie halten sie im schnellsten Lauf plötzlich an, so daß man glaubt, das Pferd werde die Hinterbeine brechen, wenden es schnell um, und laffen es eben fo schnell wieder zurücklaufen. Da- her findet man auch leider, daß fast alle Pferde in Persienf auf den Beinen schwach find. - Man rühmt so sehr die persische Rage, ich bin freilich kein Kenner, aber ich muß gestehen, daß mir die englischen, und die man in Rußland z. B. bei der - Gräfinn Orloff, den Grafen Sawadoffsky u.f, w. findet, weit mehr gefallen. Die persischen Pferde haben lange Hälse, tragen den Kopf nach vorne ausgestreckt, haben eine schmahle Brust, darum aber hohe Beine, dabei sehr wenig Feuer, denn ein Mensch kömmt mit mehreren Hengsten zurecht, statt daß bei uns viele Menschen mit vieler Noth nur einen Hengst bändigen. Die Perfer selbst ge- ben der arabischen Raçe den Vorzug. Abas-Mirza 105 - Kelohnte, nach beendigtem Manövren, dem Toms mandeur dieser Kurdiner mit einer Lanze, die ihm vom Adjutanten übergeben wurde, und die er, drei Mal gegen den Kopf die erhebend , küßte. Darauf ritten wir alle zu der Artillerie, die unterdessen, ohne eine Bewegung zu m2hen, gewartet hatte, Abas-Mirza bath den Gesandten, am rechten Flü- gel stehen zu bleiben, gab felbst dem Pferde die Sporn, und blieb in der Mitte hinter der Fronte stehen, um in Person zu kommandieren. Den eng- lischen Major , der die persische Artillerie formiret, sah man auch mit einer perfischen Ordonanz längs der Fronte äußerst beschäftigt herum laufen. Sie - schoffen mit außerordentlicher Geschicklichkeit nach einem entfernten Ziele, welches aus einer kleinen Scheibe bestand, die sie zwar nicht trafen, aber jede Kugel legte sich dicht daneben. Abas-Mirza schien sehr unzufrieden, daß das Ziel nicht um- geworfen wurde; allein der Gesandte machte ihm mit Recht ein verdientes Compliment und uneinte, wenn statt dem Ziele, das doch immer nur durch Zufall getroffen wird, dort eine feindliche Batterie gestanden hätte, so wäre sie schon längst demons tiret. Abas-Mirza war dieses um desto lieber, als der Gesandte selbst Artillerist ist. Bei dieser Gele- - genheit muß ich erwähnen, daß die Einführung der regulären Truppen und Artillerie seit einigen - Jahren, erst von Abas-Mirza unternommen wor- - den , und man muß gestehen, daß er für diese - O - - , - - turze Zeit, freilich mit Hilfe guter englischer Of fielere, sehr viel geleistet hat? Nur wer die –Hals- starrigkeit und die Furcht vor allem Neuen hei den Persern ganz kennt - kann begreifen, welche Mühe es den Thronfolger gekostet haben muß, es so weit zu bringen. Es mußte wirklich ein so aufs geklärter Prinz geboren werden, man kann sagen ein Phänomen seines Volks, um zu begreifen, daß in Tauris jetzt wohldisciplinierte Soldaten herunt- gehen. Er hat sein Hauptaugenmerk auf die In- fanterie, und Artillerie gerichtet, gleichfalls ein Beweis seines Scharfsinns, da die persische Ka- vallerie an sich schon gut, obgleich nie mit einer regulären zu vergleichen ist. Allein fie macht einen Theil des Nationalstolzes der Perser aus, und so durfte sie der Prinz schon aus diesem Grunde nicht antasten. Er wird in seinen Unternehmen kräftig vom Schach unterstützt, der ihn seines milden Characters und Verstandes wegen, aber noch mehr weil er von einem Weibe aus der Familie Kadjor aus der der regierende Schach selbst ist, geboren wurde, – zum Thronfolger ernannt hat. Der älteste Bruder, der einige Provinzen im Süden beherrscht, ist mit dieser Wahl eben nicht sehr zu frieden. Ein gänzlich roher und grausamer Mann, findet dieser viel Vergnügen an Hinrichtung in sei- ner Gegenwart, am Ausstechen der Augen, Her- ausreißen des Herzens u. f. w. Es ist ihm gelut- gen, seinen Bruder in den vornehmsten Familien 107 Persiens, deren Söhne fast alle in seine Dienste laufen, anzuschwärzen und besonders die Einfüh- rung der regulären Truppen nicht nur lächerlich, sondern sogar sträflich in Augen dieser Faulenzer zu machen, indem der Umgang mit Europäern nothwendig ist, und dieses nicht ganz mit der Re- ligion der Perfer übereinstimmt. Er erzählte ihnen, daß durch Einführung der regulären Truppen die Nationallehre beleibigt wäre, daß sein Bruder durch den Umgang mit Europäern bald auch die Sitten, Kleidung, vielleicht gar die christliche Religion an- nehmen könnte, und erhält durch ein ähnliches, sinnloses Plappern die Gewohnheit vieler Perfer, die freilich dort weit lieber ein faules Leben führen, statt bei Abas-Mirza täglich - zu exercieren, und einen disciplinierten Dienst zu verrichten. – Dem- unerachtet geht der Thonfolger seinen geraden Weg, schickt zwei seiner Sitze zum Studieren nach Eng- land, und kann einst für Persien werden, was Peter I. für Rußland war. Die Infanterie fo- wohl als Artillerie ist leicht und zweckmäßig ge- kleidet. Erstere hat blaue, auch rothe Jacken von englischem Tuch, die letztere blaue mit Verzierun- wolle, bei den Officieren von Silber oder Gold sind, letztere tragen überdieß noch rothseidene Schärs pen, wie das englische Militär. Alle haben breite Pantalons aus weißen Zeuge, und die persische Nationalmütze aus Schafsfell, welches übel aus- gen von Schnüren, die beim Gemeinen von Baum- IO8 - sieht. Statt den persischen Pantoffeln haben sie , Stiefeln, welche die lange nicht anziehen wollten, am Ende aber dem Beispiele des Thronfolgers folgten. Die Flinten sind aus England, die Ka- nonen werden in Tauris selbst gegoffen - auch gute tes Pulver machen sie selbst. Ihre Manövres sind einfach und zwecken blos darauf ab, die Maffen bei Bewegungen zusammen zu halten - und gut zu schießen. Die reitende Artillerie und Kavallerie trägt englische Säbel, die Infanterie hat nichts außer zuweilen das Bajonet an der Seite. – - - - " - Garten des Thronfolgers, feine Liebenswürdigkeit. Perfisches - Feuerwerk. - Als der Thronfolger seine Artillerie sehr vor- theilhaft produziert hatte, er den Gesandten und uns alle, ihn in seinen neu angelegten Gar- ten zu begleiten, der nicht weit vom Manöver- Platze lag. Wir stiegen bei der Pforte ab, und außer Abas-Mirza felbst, trat kein einziger Perser in dem Garten. Ungezwungener durch die Abwe- senheit der Seinigen, die jedes Lächeln einer ho- hen Person für ein Verbrechen halten, überließ er sich seiner natürlichen Laune, und war voller Verstand und äußerst liebenswürdig. Die Haupt- allee, in der wir gingen führte gerade auf ein Lusthaus in asiatischem Geschmacke, sehr hoch mit 10) mehreren Stockwerken gebaut, um, wie wir nach- her gesehen, die Aussicht auf die ganze Stadt zu haben. Der Garten ist neu angelegt, in europäi- fchem Geschmack, mit Alleen und Rotonden, die sich regelmäßig durchkreuzen; die Bäume und über- haupt alles ist noch im Entstehen, mit der Zeit wird es aber ein herrlicher Aufenthalt. Auch hierin fucht Abas-Mirza einen beffern Geschmack einzu- führen, und geht mit guten Beispielen voran. Vor dem Lusthause ist ein Baffin von ungeheurer Größe, wohin das Waffer von sehr weit hergeleitet ist. Bei Annäherung an dieses Lusthaus überreichte der ' zwei Blumensträuße, von denen Abas- irza den fchönsteu dem Gesandten anboth. Wir stiegen eine fchmale Treppe recht hoch hinauf, und traten in ein freundliches Zimmerchen, das die ausgebreitste Aussicht über die ganze Stadt dar, both. Der Fußboden war mit gewöhnlichen Tep- pichen belegt, und die Wände mit vielen kleinen Mahlereien geziert. Sehr überraschend war es, in zwei hochangebrachten Nischen des Obertheiles die Bildnisse vom Kaiser Alexander nund Bouoparte zu erblicken, letzteres besonders sehr ähnlich. Die Aus- ficht nach der Stadt war eben nicht sehr angenehm, man erblickte außer Bäumen und Mauern nichts, denn die Häuser sind alle versteckt. Die Berge nach Norden deuten in ihrer hellrothen Farbe ganz anf ihre Natur, denn von dort aus vernimmt man das Höllengepolter in den unterirdischen Regionen, das / - 1 rg . " unter der Stadt wegrollt und starkes Erdbeben ver- ursacht. Obgleich wir während unsers Aufenthal- tes keines erlebt haben, so sind sie doch hier sehr häufig, und alle 40 Jahre, nach Bemerkung – der Einwohner so stark, daß der größte Theil der Stadt in die Erde sinkt. Sie erwarten dieses Schicks fal in 4 Jahren wieder, und doch bleibt alles ru- hig. Was doch Gewohnheit, Hoffnung und Liebe zum Geburtsort thun. Wir haben felbst einen alten Terer gesehen, der 5 Tage beim letzten Einsturz unter der Erde in Schutt gelegen hat, und durch ein Ungefähr unversehrt wieder gefunden wurde. Uebrigens ist das Klima in Tauris himmlisch, und besonders versichert man, daß es Fieber heilt, Da keine Stühle im Sommerhaufe sich befanden, fo war Abas-Mirza felbst auch so höflich zu tes hen. Er fragte anfangs den Gesandten, ob er nicht wünschte, daß die Herrn der Gesandtschaft in ein anderes Zimmer gingen, weil es in dem neuen wirklich ziemlich eng war, man würde alsdann Erfrischungen reichen. Der Gesandte erklärte aber sehr brav, wo er wäre, müßten auch feine Of fieiere feyn. Ahas-Mirza zeigte nicht den geringsten Unwillen darüber, im Gegentheil unterhielt er sich mit unehreren aus der Gesandtschaft. Einige unse- rer Herren, wollten ihm seine Bemerkung als Zei- chen von Rohheit und Unhöflichkeit anrechnen; aber gesetzt, er hätte wirklich dem Umstand des engen Ziemers benutzt, um auf eine höfliche Art 111" N uns los zu werden, kann man ihm das verdenken? Er, der von Jugend auf gewohnt ist, die vor- nehmsten Personen des Staates entweder in seinem Hofe oder im Zimmer hundert Schritt von sich zu fehen. Wer an einer Stelle hätte zum ersten- mal in seinem Leben in einem vollgepfropften Zimmer nicht eine Beklemmung gefühlt ? Ueberdem war er fo delikat, daß er dessen kaum erwähnte, da doch felbst die Engländer auf feinen Teppichen nie anders als in rothen Strümpfen erscheinen, wäh- rend wir alle in Stiefeln herüm trampelten. Die- fes war eine besondere Auszeichnung für die Per- fon des Gefandten sowohl als für die russische Gesandtschaft, und man muß ja nicht vergeffen, daß gerade auf dem Ausziehen der Stiefeln der Stolz , und das Auge der ganzen Nation ruht, ja diese fcheinbar unbedeutende Sache schon in Ja- pan, und China die Ursache eines gänzlichen Bru- ches wurde, Abas-Mirza sprach mit feiner gewöhn- lichen Liebenswürdigkeit, während man uns Thee Und Erfrischungen reichte, und zufällig entdeckte sich ein ehrenwerther Zug seines Charakters, der uns wirklich in Persien, staunen machte. Der Gesandte bemerkte im Garten, eine hervorragende Ecke einer alten Mauer, die sehr schlecht mit dem übrigen harmonierte und die Aussicht verunstaltete. Er fragte den Abas-Mirza, warum er diese nicht herunter zureißen befehle ? „Stellen Sie sich vor erwiderte der Thronfolger, ich habe diesen Garten - . . " Il2 von mehreren Eigenthümern zusammen gekauft, um - etwas groes zu bilden, der Eigenthümer des Platzes, wo die Mauer hervor ragt, ist ein alter Bauer, der Einzige, der mir den Verkauf seines Stück Landes geradezu absagt, indem er es als ein uraltes Familienstück für keinen Preis weggeben will. Ich muß gestehen, es ist mir sehr fatal; doch ich ehre in ihm seine Anhänglichkeit für seine Vorältern, und noch mehr feine Dreistigkeit, es mir abzuschlagen. Ich will schon abwarten, bis ein Erbe von ihm vielleicht billiger seyn wird.“ In dem clavischen Asien hätte gewiß Nie- mand solch” Gefühl: Der Prinz sprach mit viel Verstand über Organisierung der türkischen Armee, und hielt ihre Kavallerie für nichts Großes; beson- ders aber tadelte er das viele unnütze Gepäck, das fie in den Kriegen mit sich schleppe. Bei der Ge- legenheit schonte er sich selbst auch nicht, und meinte, auch die persische Armee hätte diesen Feh- ler, und vielleicht noch in einem höheren Grade, indem alle, an das Kallion rauchen gewohnt, eine Menge Kohlenträger ") mit sich schleppten, aus - - - - - - - . - - - - - - - - - *) Ein jeder Perfer, der auch nur ein mittelmäßi- ges Auskommeu hat, ist beständig von einem Kerl begleitet, dessen ganzes Geschäft darin be- steht, in einem eisernen Keffelchen ununterbro- chen glühende Kohlen zu erhalten, und den Kal- tion zu füllen und anzurauchen. . . . . I 13- denen man allein beinahe einen Heerhaufen bilden könnte, und die alle nicht nur unnütze Brodfreffer bei der Armee, sondern auch in den Bewegungen hinderlich wären, ja nicht selten Feuerschaden ver- 1 trachten. - - Das Rauchen, setzte Albas - Mirza hinzu, wäre an sich selbst keine üble Sache; aber ich finde, daß es in unserm Lande übertrieben wird, da man fast den ganzen Tag dabei zubringt, und nicht felten nützliche Geschäfte darüber versäumt. Ich habe auch in dieser schwierigen Unternehmung mich verpflichtet geglaubt, mit guten Beispielen vorzugehen, und habe mir meine ehemalige Liebha- berei gänzlich abgewöhnt; allein es fcheint den Herren schwer zu fallen, und mit dem Müßiggange zu sehr verschwistert zu seyn, als daß sie meinen Beispiele folgen sollten.“ - - - Wahrlich ein Beherrscher, der so denkt und handelt, muß es einst weit bringen, und nicht nur unter seiner Nation Gehör finden, sondern auch von ihr angebetet werden. – Sonderbar genug behaupten viele, daß Abas - Mirza seine Erziehung und Bildung dem Vieekanzler Mirza- Bejourk zu verdanken habe, der ihm noch jetzt als erster Ge- hülfe von Schach zugegeben, und der, weiter nichts als ein ungebildeter alter verschmitzter Kopf ist. Der Thronfolger schöpft aus ganz andern Quellen, er ist mit der Geschichte und den Sitten Europas bekannt, kennt die Taktik, Mathematik und die P . - * 114 englische Sprache. – Nachdem wir eine gute Stunde sehr angenehm in der Gesellschaft des Thronfolgers zugebracht, verließen wir zusammen den Garten, und paffirten eine alte sehr schöne Metschet (Kirche), die zur Zeit des Erdbebens zer- stört worden war, und auf deren Ruinen jetzt ein alter Derwisch, äußerst lächerlich gekleidet aus. vollem Halse Ali schrie. Bei der Pforte des Pal- lastes von Abas - Mirza verließ er uns, und wir kehrten nach Hause. Den andern Tag gegen Abend waren wir zu einem Feuerwerk eingeladen, das Abas , Mirza dem Gesandten zu Ehren ange- ordnet hatte. Wir traten in einem großen Hof, der mit einer Menge verschiedener Feuerwerksanstal- ten angefüllt war. In der Mitte stand ein ferti- ger Luftballon, den man wohl nicht zu füllen ver- fand; denn er blieb ruhig stehen, und flog nicht: Ein großes Haus, in den uns Mirza - Bejurk empfing, lag am Ende des Platzes, und eine um geheure Menge Volks saß auf den Mauern und Dächern mit Ungeduld auf den Anfang wartend. Was sie noch mehr anlockte, war unsere Musik die der Gesandte mit Bewilligung des Abas - Mirza mitgebracht hatte, um die Neugierde des Volks zu befriedigen, und dem Ganzen, mehr Lebhaftigkeit zu geben. Der Thronfolger selbst war nicht zuge- gen, und das abermals aus einer sehr weisen Ur- fache; – dann hätten nämlich der erste Minister der Militair - Gouverneur und andere - vornehmt. - 115 Personen drauffen vor dem Fenster stehen müffen, während wir alle in Zimmer gewesen wären. Diese Delikatesse ist er seinen untergebenen nnd Unterthanen schuldig, nind ich ehre sie an ihm. Er ließ sich entschuldigen, und übertrug die Ho- neurs denen ersten Ministern. Während es noch nicht ganz dunkel geworden war, wurden Erfri- fchungen gereicht, und wir waren nicht wenig be- stürzt, plötzlich in Hof französische Uniformen zu fehen. Einige von uns gingen herunter, um mit ihnen ein Gespräch anzuknüpfen; und es fand sich, daß es Italiener waren, die eben in ihrem Vaters lande das Pulver nicht erfunden hatten. Obgleich Offiziere, schienen sie fehr gemeiner Herkunft, und einer unter andern versicherte, daß er aus Sicilien nach Persien gekommen wäre, weil es dort zu heiß fey. Wir verließen die Herren, die wahrscheinlich für Bezahlung ihre Haut zu Markte tragen, und bald darauf wurde das Zeichen zum Anfang ge- geben. - Eine Menge Raketen von großem Kaliber machten den Anfang, darauf wurde die letzte Reihe zuerst angezündet, wodurch schon ein fürch- terlicher Lärm durch die Räder und Feuerfontainen entstand. Des engen Lokals wegen steckte die an- gezündete Reihe vor der Zeit die neben stehende Reihe an, und diese in der Folge die übrigen, so daß eine fürchterliche Unordnung und Gepraffet entstand, welches durch beständige Kanonenschüffe - begleitet einen wahren Höllenschlund darstellte. Als 116 --- es flog in der größten Unordnung in verschiedenen Richtungen durch einander, das Volk purzelte von den Mauern und Dächern, und unser Apotheker, der in seinen Leben nichts ähnliches gesehen hatte, , schrie voll Verwunderung, die Schlacht von Leip- zig wäre ein Plunder dagegen, So brannte in zehn Minuten alles ab, was wenigstens auf ein Stunde berechnet war. Mirza - Beurck, der An- fangs selbst bestürzt war, behauptete nach feiner angebornen Pfiffigkeit sogleich, daß man mit Fleiß das Ganze auf einmal angesteckt, um dem Gesandten nicht durch solche Kleinigkeiten die theure Zeit zu rauben. Es pfiff uns noch in den Ohren, als wir schon zu Hause angekommen waren, wo die Engländer bei uns zu Abend aßen, und recht wa- cker auf die Gesundheit ihres Königs zechten, dessen - Geburtstag durch Zufall gerade heute war. Die persischen Shawls, die Klei- der trachten der Perfer und ihre Harens. Am andern Morgen früh bekam der Ge- fandte einen Brief ans Teheran vom ersten Mini- ster Mirza - Jeffi, der ihm meldete, daß der Schach der unausstehlichen Hitze in Teheran we- gen gesonnen wäre, die Gesandtschaft in seinen Lustschloß Sultaine zu empfangen, und Abas- Mirja both unterdessen sein eigenes Lustschloß ud- - - - 117" gani uns zum Aufenthalt an, wenn wir die Hitze in Tauris vielleicht unerträglich fänden. Mehr um im Freien zu feyn , und tägliche Etiquette in Tau- ris los zu werden, mit welcher der Gesandte nun so viele Tage geplagt wurde, nahm man diesen gütigen Vorschlag an, nnd die Abreise wurde an diesem zweiten Tage festgesetzt. Unterdessen bat Abas - Mirza, man sollte ihn doch unsere Mufi- kanten und die Tscherkeffen zuschicken, wahrschein- lich auch mehr um seinen Weibern Gelegenheit zu geben, die europäische Musik zu hören. - - Die Musikanten also und die gesunden Kame- raden des seligen Tscherkeffen gingen zum Abas- Mirza. Anfangs mußten fiel alle Stücke spielen, die sie nur konnten; darauf ließ Abas-Mirza sich ein jedes Instrument einzeln zeigen, bewunderte sehr die " Geschicklichkeit, durch welche man aus so vielen verschiedenen Tönen doch eine angenehme Harmonie hervor brächte, ließ Jeden einzeln etwas spielen, alle mit Musik marschieren, äußerte den Wunsch, auch in seiner Armee so etwas einzuführen, und entließ sie mit reichen Geschenken. Darauf mußten die Tscherkeffen mit den Pfeil ins Ziel schießen, und trafen sehr gut; Abas - Mirza nahm selbst ei- nen Bogen, schoß sechsmal fehl, und traf das fie- bente Mal. – „Ich hielt die Sache für schwerer, als sie wirklich ist“, sagte er, den Bogen zurück gebend, und entließ sie mit Geschenken. - Tauris wird mit Ispahan und Schiras in 118 eine Linie gesetzt, das thut mir wahrlich leid; ich hätte so sehr gewünscht, von irgend einer persischen Stadt etwas löbliches sagen zu können. Man kann in Persien nicht sagen, die Straßen, sondern die en- gen Fußgänge zwischen kleinen Mauern; sie find in Tauris eben so schmutzig wie überall. Der Ba- zar, den man hier für den ersten in Persien hält, ist weiter nichts, als ein enger Gang, der oben mit Schilf bedeckt, und an den Seiten mit aller lei kleinen Buden versehen ist. Hin und wieder ha- ben diese Oeffnungen, welche in geräumige Höfe führen, in denen man die Carawan-Sarays er- blickt, die auch weiter nichts sind, als Waarenla- ger aus Stein aufgebaut, in denen der Kaufmann feine Waaren im Großen aufbewahrt, um sie in den kleinen schmutzigen Buden in Einzelnen zu verkaufen. Dieser berühmte Bazar schlängelt sich in tausend Krümmungen in der Stadt herum, und ist ewig von Müßiggängern und Speculanten aller Art angefüllt, die sich im Durchdrängen gar feine Rippenstöße geben, bis sie am Ende von einem Reiter oder Esel an die Wand gequetscht werden, Hier sieht man Kohlköpfe und Knoblauch neben sei denen Zeugen und gebratenes Schaffleisch neben Shawlen liegen. Die Kaufleute sind unverschämt, und fordern mehr als den doppelten Werth, dabei aufferordentlich ärmlich. Von jedem Zeuge hat der Verkäufer nur kleine Stücke ; will man mehr ha- ben, so läuft er im Bazar herum, und sucht bei 119 seinen Freunden. Shawle haben nur sehr wenige und auch immer nur einige. In Hinsicht" der Shawls ist man überhaupt in ganz Europa, im Irrthum. Persien hat die allerschlechtesten, die ich je gesehen; denn die besten werden aus Casche mir über Bagdad nach Konstantinopel gebracht, wo sie nicht nur sehr gut bezahlt, sondern auch nach ganz Eu- ropa verschickt werden. Wir haben hier Shawls rühmen fehen, die keine Dame bei uns tragen möchte; drum wundert's mich gar nicht mehr, daß der persische Gesandte, der sich's einfallen ließ, der Gräfin Orloff einen Shawl zu fchenken, ihn bald an ihrem Kammermädchen erblickte, an der Gräfin hingegen einen fo kostbaren, als er in feinem Leben nicht geträumt hatte. Die Preise, die man in Konstantinopel und Rußland für Shawls gibt, können die Perser nie zahlen. Da einmal von - Shawls die Rede ist, will ich doch des ein - Kotums überhaupt erwähnen. Ein jeder Perser, vom Schach angefangen, trägt eine schwarze Schafsmitze, ein enges Unterkleid, das an der Brust offen ist, und bis auf die Haken herunter hängt ; . dieses ist bei Armen von grobem Zeuge, bei Rei- chen aus europäischem Zitz, und bei ganz Vorneh- men aus Goldstoff. Ueber diesem Unterkleide tragen sie einen Gürtel, der gleichfalls aus Zeuge oder aus einem Shawl besteht, je nachdem man reich ist. In diesem Gürtel trägt ein Jeder einen mehr oder weniger kostbaren Dolch. Beamte haben auch - 120 einen Säbel an der Seite. An den Füßen trages fie kleine Socken von verschiedenen Farben und Pantoffeln gewöhnlich von grüner Farbe. Das Oberkleid ist kurz bis ans Knie und unter den Ar- men abgeschnitten, so daß man die Ermel nach Be- lieben einziehen oder hinter den Rücken hängen lass fen kann. Die Nägel und Hände sind roth gefärbt, die Haare schwarz. Der ganze Unterschied zwischen dem vornehmsten Chan nind dem Bauer ist außer der Güte der Kleidungsstücke, noch ein Shawl, den der Chan um seine Mütze wickeln darf. In den Oberkleidern besteht nun eigentlich der ganze Luxus; diese werden von feinem englischen Tuche, von Goldstoff, auch von Shawls gemacht. Die Weiber, deren wir mehrere unterwegs trotz der furchtbaren asiatischen Eifersucht gesehen, haben ein sehr häßliches Kostum. Ungeheuer breite Pan- talons hängen bis über die Haken, ein kurzes Kleid geht bis an die Knie, und das Ganze ist im einen Schleier gewickelt. Die Gesichter sind faust- dick angemahlt. Die Vornehmen sind natürlich in Stoff und Shawl eingewickelt, die Arenen in baumwollene Zeuge, Ihr ganzes Dichten - und Trachten geht dahin, dem Manne zu gefallen; da nun 5c auch 60 Weiber sich diese Ehre streitig machen, so kann man sich wohl denken, was in so einem Serail vorfällt. Obgleich man die Se- rails eine unbekannte Welt nennen kann; denn kein Mensch erfährt, was dort vorgeht, und das . A - 121 - Wei5, das den ersten Schritt hinein thut, hat auf ewig der Welt entsagt; so hat man doch Ge- legenheit, hin und wieder etwas von diesen un- glücklichen Geschöpfen zu erfahren. Die Bauart der Serails ist schon von der Art, daß man von keiner Höhe, auch nur von ferne hinein gaffen könnte. Die Hauptthüre wird von Verschnittenten bewacht, die übrige Bedienung besteht aus Weibern. Die , armen Frauen, die sich unter einander wie den Tod haffen, sind so nahe an einander logiert, daß die Eine nicht ein Wort sprechen kann, ohne daß die Andere es hört; es können also auch nicht einmal Confidencen unter ihnen vorfallen, so gerne fiel auch gegenseitig vielleicht ihren Kummer ausschütten möchten; denn die Nachbarinnen geben beständig Acht, und hinterbringen es nachher dem Manne, Singt die Eine, um sich die Langeweile zu vertrei- ben, so lachen die Andern sie aus, und sie macht's eben so. Diejenige, welche einen Sohn zur Welt bringt, bekommt schon den Ehrennamen Frau, bildet sich nicht wenig darauf ein, will eine Rolle unter den Uebrigen fpielen; aber die Andern schreien: wir sind eben so gut, und bekommen - beim Manne Recht, denn sie sind gewöhnlich noch jünger und hübscher. Kurz die armen Weiber sind gezwungen, den ganzen Tag mit Putzen und Seufzen zuzubringen, in der frohen Hoffnung, daß sie vielleicht den Abend die glücklich. Erwählten feyn werden. – Der im Alterthum 'herühmte Fluß y 122 - Orontes soll durch Tauris gefloffen sehn; jetzt ist es nur ein kleines schmutziges Flüßchen, Opingt- fchg genannt. Tauris liegt im 38° der nördlichen Breite. Die Hitze war im Durchschnitt 22“ Reaumur. Abreife von Tauris. Ankunft in einen Schloffe des Kronprin- zen Udgani. - - Tauris verließen wir am 26. Mai; der Mis fitairgouverneur nebst mehreren vornehmen Personen begleiteten den Gesandten zur Stadt hinaus. Der Weg war ziemlich fandig und gebirgig, zur linken. Seite verließ uns nicht das Flüßchen Bavinen. Auf halbem Wege erblickten wir rechts ein Gebirge, das ganz isoliert da steht, und noch mit Schnee bedeckt ist. Gegen Mittag langten wir in dem Dorf Waemitisch an, das mit sehr niedlichem Gebüsch umgeben an einem Flüßchen desselben Namens liegt. Abas - Mirza hat den Einwohnern befohlen, Bäume zu setzen. Man muß die Asiaten zu ihren Vortheil und Vergnügen zwingen. Das Holz wird in "Perfien pfundweise und sehr theuer verkauft. Heute Abend überfiel uns ein starker Südwest- sturm, der einen Platzregen mit sich führte. – Die Einwohner danken Gott; denn Regen ist eine Seltenheit in Persien. Selbst im Winter friert's und schneit's zwar, aber Regen ist selten. - Heute , Abend kam ein Abgesandter von Abas-Mirza mit - 123 einem Brief an den Gesandten, in dem er in den fchmeichelhaftesten Ausdrücken ihn seiner Freundschaft und Achtung versicherte, und die Höflichkeit, so weit getrieben hatte, das Siegel *) auf die linke Seite des Briefes zu fetzen, welches nicht nur eine besondere Hochachtung beweiset, sondern in Persien nur geschieht, wenn Untergebene an ihre Vorge- fetzte schreiben. Wir verließen unser schönes Lager, um lange keinen Baum zu erblicken. Wo sind die geträumten Pomeranzenwälder? die Lilienfelder? Nicht einmal grünes Gras sehen wir! Kahle Ge- birge, besäet mit Steinen, die dem Ganzen ein graues Ansehen geben, ermüden das Auge. Ein jeder erklimmte Berg erregt von neuem die Hoff- mutig hinter ihm die freundliche Natur wieder zu finden, vergebens; Berge thürmen sich auf Berge, Steine auf Steine, und an den traurigen Anfang knüpft sich ein trauriges Ende. Das heutige Lager steht it einem Moraste unweit des Dorfes Seida- bad. Das Waffer ist kaum trinkbar. Links ver- tieft sich ein Weg zwischen hohen Felsen, und ver- liert sich in ein schauderhaftes Dunkel. Alexander von Macedonien, nach welchem dieser Weg noch Jetzt den Nahmen hat, soll mit bewaffneter Hand ihn zuerst forciert haben. Sehr merkwürdig für *) Die Perfer unterschreiben sich nie, sondern setzen - hloß ihr Siegel hei, - - - V- - 124 Liebhaber des Alterthums, die gern in der Ver- gangenheit leben; ich aber lobe mir die grünen Wiesen meines Vaterlandes. – - Der Weg fängt mit Ersteigung eines hohen Berges an, in dessen Mitte ein Karawan-Sarey steht. Unter dem monotonen Glockengeläute unfes der Kameele und Maulesel erreichten wir endlich die Spitze; ein steiler gefährlicher Weg führt wie der hinunter, und eine unfehbare todte Fläche, be- deckt mit gelbem Grafe, harmoniert sehr gut mit den Bergen, von denen sie umgeben ist. In der Mitte präsentiert sich ein kleiner Punkt, der sich in diesem Reiche des Traurigen fast gänzlich verliert; es ist Lustschloß Udgani. Anfangs glaubten wir unsern Führern nicht; allein je näher man kam, desto mehr bekam es wenigstens das Ansehen einer Orangerie; nicht als ob Bäume und Blumen ihm dieses Ansehen verliehen, nein! der Bauart wegen. Man wird sich erinnern, daß Abas. Mirza die Gefälligkeit hatte, uns dieses "Lustschloß zum Aufenthalte anzubieten, bis der Schach nach Sul- taine käme. Die innere Eintheilung des Hauses ist wirklich gar nicht übel, und das ganze Gebäude entspricht dem Aeußern fehr. Durch einen Kori- dor sind zwei Höfe getrennt, in denen sich eine Menge niedlicher Zimmer in zwei Etagen gereiht befinden. Die Fenster sind aus buntem Glase mit vielem Geschmacke zusammen gesetzt. Das ganze Ge- bäude steht auf einer schönen steinernen Terrasse, die in 125 Stufen nach einem leider neu angelegten Garten führt, in dem kleine Bäume noch gar keinen Schatten geben. - Das Haus ist nach dieser Seite zu offen, wie gewöhnlich in Persien, und bildet ei- nen ziemlich geräumigen Saal, in dem der Thron- folger allein gewöhnlich sitzt, und den Herren auf der Terraffe Audienz gibt. In diesem Saale befin- den sich vier Gemählde: das Bildniß unsers Kai- fers, das von Buonaparte, eine Schlacht, die oon den Perfern gegen die Rüffen gewonnen wor- den, wobei Abas - Mirza und eine englische Uniform sich in Vordergrund darstellen. Nur Schade, es ist nicht benannt, welche Schlacht das gewesen sein soll, und ein Gemählde, auf welchem Albas - Mirza zum ersten Mal in der Ebene von Udgani feinem Vater die regulairen Truppen vor- stellt. Der Schach ist zu Pferde, und Abas- Mirza liegt ausgestreckt zu seinen Füßen. Mehrere Herren unserer Gesandtschaft behaupteten, das wäre erniedrigend. Schade, daß fiel durchaus Sitte mit Charakter verwechseln wollen. In die fem Fall war die Bemerkung am wenigsten paf- send; denn der Sohn liegt vor seinem Vater. Der Charakter der Japaner ist, noch weit erniedrigender, nach der Art dieser Herren zu urtheilen; denn ihre Sitte bringt's mit sich, daß sie alle auf den Knieen nicht nur vor ihrem Kaiser, sondern in Gegenwart eines Aeltern liegen, und doch gibt's wenig Völker, die einen so ehrenwerthen Charak- - - - - - - - 126 - ter besitzen. – Ein lieblicher Platz in dem - Schloffe Udgani ist ein breiter viereckigter Thurm, der sich über das ganze Gebäude erhebt, und mit einem schönen Saal geschmückt ist, wo es in der größten Hitze kühl seyn muß. Die Höfe find mit Baffins versehen, es befindet sich auch da eine Ba- destube, die aus Marmor gebaut ist. Die traurige Gegend umher konnte Albas - Mirza nicht bewegen, hier an dieser Stelle ein Lustschloß zu erbauen; es müffen also wohl die fürchterlichen Winde feyn, die hier regelmäßig des Morgens von 8 Uhr an bis 6 Uhr des Abends blasen, so daß man nicht nur nichts von der Hitze spürt, sondern sehr gern ei- nen Ueberrock anzieht. Man sieht auch weit und breit kein lebendiges Geschöpf, außer einer furcht- baren Menge Staare, die auf dem Dache sitzen, eine Menge verschiedener Vogelstimmen, welche auch sogar das Gebell der Hunde auf die komischste Art nachmachten, und uns des Morgens früh beson- ders, keine Ruhe ließen. Wir waren schon mehrere Tage in Udgani, als die Nachricht kam, daß der Schach die Eesandtschaft schwerlich vor dem Au- gutmonath empfangen könnte, da jetzt bei den Per- fern der Bairam gefeiert wird, (die heiligsten Fa- sten) , während dem man nicht nur kein Geschäft unternehmen, sondern von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auch nichts genießen, nicht ein mal Waffer trinken, noch rauchen darf. Da die- fer Bairam zwei Monate dauert, so hatten wir – - - \ 127 die schöne Aussicht in diesem widrigen Lustschloß, die Zeit zuzubringen. Die Idee allein machte schon, daß zwei Herren der Gesandtschaft das Fieber beka- men. Der Gesandte, der auch bald melancholisch geworden wöre, bath den Menandar, einen andere Aufenthaltsort ausfindig zu machen, wo man we- nigstens Bäume fähe. Dieses that er, und mel- dete einige Tage darauf dem Gesandten, daß er ein erwünschtes Dorf zwei Märsche von hier ausfindig gemacht hätte. Wir waren alle sehr erfreut, ob- gleich überzeugt, nirgends mehr einen so bequemen Wohnort zu finden. Der Befehl zum Aufbruch wurde sogleich gegeben. - Schilderung des herrlichen Tha- les von See gila bat. . - - Unweit Udgani sieht man Ruinen, die nach der Sage der Einwohner früher eine große Stadt gebildet haben sollen, welche in den Kriegen von Abas dem Großen gänzlich zerstört worden ist. In dieser Stadt sollen Riesen, Kaufi *) genannt, - - - - - - *) Die Kaufen waren perfische Riefen, die ihren Namen von Kaufa, einem persischen König, ha- ben, einem Sohn von Roba da Kau - Kaus, den zweiten König des zweiten regierenden Geschlechts in Persien, dem man den Namen Ne mir ud ge- geben. Dieser Kaufa war so von sich eingenom- - 128 gelebt haben, von denen Einer Namens Rustam sich in Perfien sehr berühmt gemacht hat. In den orientalischen Mährchen und Gesängen kommt noch immer der Name dieses Helden vor. Der Weg ist feinigt, und führt über kleine Anhöhen. Links sieht man eine Menge großer runder Steine, von denen die Perser behaupten, daß sie die nämlichen find, auf denen die Riesen Kaufi, als sie mit Midien im Kriege standen, gesessen und sich berathschlagt haben. Zu so einer Berathschlagung hat ein Jeder sich feine Steine selbst hohlen müffen. Auf halbem Wege ohngefähr gingen wir längs einem kleinen Strome, der eine Menge Fische nährt. Man hielt an, und versorgte in weniger als einer Stunde die ganze Gesandtfchaft damit. Es ist sonderbar genug, daß die Perser gar keine Fische effen. Un- fer Rachtlager war bei dem Dorf Tikmedasch aufgeschlagen, das in der persischen Sprache bun- ter Stein bedeutet. Der Weg war einförmig, ein Paar alte Karavan-Sarays war so ziemlich al- les, was anders aussah, als nakte Gebirge. Am Ende verließen wir den großen Weg, der nach Te- heran führt, und gingen links, als plözlich nach ", *- men, daß er sich vornahm, den Himmel zu er- reichen, indem er an einen Wagen zwei Adler spannen ließ. Man fagt, daß er 13 Jahr re- giert habe, - - - - - - - - - 129 einer guten Stunde unterm überraschten Blicke sich ein schönes Thal zeigte, in dem ein rauschen- der Strom sich durch ein fchönes Gebüsch schlän- gelte. Hinter ihm schien hin und wieder das Dorf Seegiabat hervor, welches zu unsern längeren Aufenthalte statt dem Schloffe Udgani erwählt - war. Unser Lager hier war einzig schön vertheilt, die Zelte standen alle dicht am Strom unter dem Schatten alter Pappeln und Aprikosen - Bäume, die durch Rosensträuche verbunden schienen. Das Ganze war von hohen Gebirgen umschloffen, die - vor jedem Wind schützen, und seit langer Zeit die ersten sind, welche hin und wieder mit hohem Grafe prangen, wobei die darauf grafenden Herden dem Ganzen noch mehr die herrliche Ansicht des Ländlichen geben. Ein alter Thurm steht sehr paf. fend in dieser Landschaft voll Leben. Die tägliche Hige war hier gewöhnlich 24* Reaumur im Schatten. Des Abends wurden öfters die Bäume in unserm Lager herum illuminiert, die Musik spielte, und russische Lieder wiederhallten in den Gebirgen Persiens. Die Einwohner, die Anfangs - sehr scheu waren, gewöhnten sich nach und nach, auch Theil an unsern Vergnügungen zu nehmen, und wurden einst von einigen Herren der Gesandt- fchaft, die sich in Damenkleider warfen, und gar nicht übel aussahen, so täuschend überrascht, daß unser Memandar selbst, der uns doch alle persönlich kannte, lange nicht glauben konnte, daß es Män- R 130 her wären, sondern fest überzeugt schien, baß wie Mittel gefunden Frauen so zu transportieren, daß er bis jetzt nichts habe merken können. Den Ein- wohnern gefiel die Kleidung unserer Damen außer- ordentlich, nur wunderten sie sich, daß sie ohne Schleier gingen, und fragten oft, ob denn auch wirklich ein Jeder bei uns ein Frauenzimmer un- . gestraft ansehen könnte? Ich dachte bei mir selbst, in eureum Sinn ungestraft, ia, – aber wie man cher bei uns wird weit härter bestraft für's bloße Anfehen. – Die Hitze verhinderte uns, die ge- wohnte europäische Lebensart fortzuführen, wir sahen uns gezwungen, den Persern nachzuahmen, und befanden uns alle sehr wohl dabei. Um 9 Uhr des Morgens wurde gefrühstückt, und um 6 Uhr des Abends zu Mittag gegessen. In der Zwischen- zeit lag man in Schatten ausgestreckt, und erwar- tete mit Sehnsucht den Abend. Ich war so unglücklich, mich gerade in dem jenigen Zelte zu befinden, wo wir eines Tages eine fürchterlich große Phalange fingen. Es war wohl das Mütterchen, denn den männlichen Abend ka- men wohl noch zehn kleinere, welche in allen Ecken des Zeltes herum liefen, und etwas zu suchen schie- nen. Es ist eine ungeheure große Spinne, die mit röthlichen Haaren bewachsen, an den Füßeu mit kleinen Klauen versehen ist, und vorne am Munde vier Zähne hat, mit denen sie furchtbar einbeißt. Sie ist so boshaft, daß sie ordentlich zischt und *- 131 springt. Wenn man sie mit einem Skorpion in - ein Glas fetzt, so entsteht ein blutiger Krieg, in dem die Phalange immer die Oberhand behält, und ist der Skorpion nicht sehr gewandt, so beißt sie - ihn gleich in zwei Theile. Ich muß gestehen, daß solche Gäste im Zelte sehr fatal find, und nicht selten den Schlaf rauben. Löscht man das Licht aus, so läßt die Phantasie gleich Hunderte unter dem Ohrkiffen krabbeln, laßt man's hingegen bren- nen, so laufen sie wirklich aufs Feuer los. – Unter der Verpflegung, die die Perser uns 1 . Jimmen ließen, waren wir immer mit dem Wein übel daran; denn in Persien machen blos die Ar- menier Wein, und zwar zu ihrem eigenen Gebrauch, Also mußte weit und breit in den Dörfern gesucht werden, um uns welchen zu verschaffen, und auch dieser war meistens so schlecht, daß kein Mensch ihn trinken konnte. Der persischen Regierung hätte es freilich eine Kleinigkeit ausgemacht, welchen aus Grusien kommen zu laffen, da sie einmal zur Wie- der vergeltung für ihre Landsleute – die in Pe- tersburg die besten Weine nach Belieben tranken, und überhaupt alles unentgeldlich vollauf bekamen - uns gleichfalls in Persien freihalten wollten. Al- lein da es nicht geschehen ist, und der Gesandte zu delikat war, gruinischen Wein zu fordern, so . ließ er selbst einen Transport aus Tiflis kommen, der zu unserer größten Freude hier anlangte, und täglich Portionenweise ausgeheilt wurde. Es ist --- 132 sehr gefährlich in Persien Waffer zu trinken, weil man davon ein Fieber bekömunt, das einen so bald nicht wieder verläßt. Außer diesem Transport, da die Perser sichs gefallen ließen, kamen in der Folge noch zwei andere aus Tiflis an. Sonderbar genug, daß wir in dieser Jahrszeit außer ziemlich schlechten Kirschen, noch gar keine Früchte in Persien fahen. An Gemüse fehl'ts gänz- lich; wahrhaftig doch in erbärmliches Land! traut man den Reisebeschreibungen, so ist man in Pers fien, umringt von schönsten Obst; eingewickelt in prachtvolle Schawls, ruht - man auf Rosen und bewundert den persischen Himmel. In diesem Au- genblick vielleicht glauben uns daher viele unserer Verwandten so auf Rosen hingestreckt; – statt deffen liegen wir fehr hart auf sandigen Boden, und wünschen von ganzen Herzen aus diesem Par radies bald erlöset zu werden. - Zwei reisende Engländer, Oberster Johnson und Capitän Salder, die aus Ostindien den nächs sten Weg über Persien nach England suchen, ver- weilten mehrere Tage bei uns. Der Obriste sprach sehr gut französisch und zeigte viel Kenntniffe. Die Engländer, die aus Ostindien über Persien nach England zu gehen wünschen, schiffen sich dort ein, und landen im persischen Meerbusen bei der Festung Bendarabas, die sonst den Portugiesen gehört hat, nachher den Persern und jetzt endlich der Sicherheit wegen im Besitz der Engländer ist. --- - , 133 - " Es befindet sich nämlich in der Nähe eine Perlen- fischerei, die natürlich gut vertheidigt werden muß. – Von da gehen die Herren weiter nach Schiras, wo der vortreffliche Wein wächst, und halten sich in den Ruinen von Persopolis gern auf; in Tehe- ran werden sie freundlich empfangen; in Tauris find sie unter den Ihrigen, und aus Tiflis fahren fie schon mit Extrapost über Kleinrußland, Poh- '' len nach Hamburg, oder wo sie sonst hin wollen. Obrister Johnson hatte mehrere Münzen aus Persopolis mitgebracht, die man dort ohne Mühe aufgraben kann; auch einige abgebrochene Stücke von Basreliefs mit Inschriften, die kein Mensch lesen kann. Es ist vielleicht die einzige Ruine in der Welt, von der man gar nicht weiß, wann sie in diesen Zustand gekommen, noch wann diese Etadt erbaut worden sey, noch wer sie bewohnt habe. Es ist bekannt, daß Alexander der Große Persopolis er oberte. Man behauptet, daß eine feiner Frauen ihn so lange gebethen, bis er ihr die Erlaubniß ge- geben, die Stadt anzuzünden. Das Sonderbarste ist, daß diese Ruinen keineswegs auf Wohnungen deuten, sondern aussehen, als hätte das Ganze einen ungeheuren Tempel gebildet, oder wenigstens viele Tempel. Es find eine unzählige Menge Säu- len von verschiedenen Größen, die oft beisammen auf einer Terraffe, oft isoliert, oft gruppenweis stehen u. f. w. Aber keine Spur vom einem Haufe- oder einer Wohnung ähnlichen Ruine. Die Spitze 134 der Säulen zeigen deutlich, daß sie nie zusammen gehangen haben. Was ist also Persopolis gewesen? Vielleicht ein unermeßlich großer Tempel, von den man heut zu Tage gar keinen Begriff mehr hat, In der umliegenden Gegend ist auch kein Dorf, keine Ruine. Nicht einmal Gras wächst da, und die herrlichen Ueberreste dieses sonderbaren Tempels, liegen gänzlich in einer Wüstenei. Unter den vielen Inschriften dort findet man sonderbar genug auch einige griechische, in denen der Nahme. Artarerres vorkömmt. Menschenfigureu haben meistens ein Co- stum, das auch unbekannt ist. Einige müffen Kö- nige oder Beherrscher vorstellen, denn die da- bei stehenden haben ehrerbiethige Stellungen, und die Könige sind mit Mänteln vorgestellt, deren Saum mit einer unbekannten Schrift umgeben ist. Der Obriste Johnson schenkte dem Gesandten, außer einige Münzen, auch ein Stück von dem Flügel einer Sphynx. Der Veränderung wegen, vielleicht auch um den Einwohnern von Seegilabat nicht länger lästig zu fehn, schlug der Memandar, dem Gesandten vor, unsern Aufenthaltsort zu verändern. Wir verließen alle mit schweren Herzen das schattige Thal von Seegilabat, und haben in Persien kein ähnliches wieder gefunden. " 135 Gleichgültigkeit der Perfer bei den größten Qualen. Die gif- tige Wanze, deren Biß tödt- lich ist. - - An einen schönen Morgen, zogen wir weg von Seegilabat. Der große Weg blieb rechts vor uns liegen, und schlängelte sich weit in traurige Gegenden hinein. Wir hielten uns aber links in das Gebürge, paffierten recht anmuthige Gegenden und Dörfer nnd langten Mittag in dem Dorf Wers fagan an , wo unser Lager in einem Aprikosen- wäldchen aufgeschlagen war. Unsere Freude dar- über war nicht von Dauer, denn die Perserver- ficherten uns, es wären die letzten Bäume, die wir auf lange Zeit sehen, welches auch leider wahr - wurde. Obgleich der Aufenthalt in Wersagan kei- neswegs mit Seegilabat zu vergleichen ist, so ist doch die Gegend sehr schön, und wird von den Flüßchen Wersagantchai benetzt. Man sieht die Ueberbleibsel eines großen Gebäudes, das jetzt so wie die ganze Gegend den Bruder des unglückli- chen Sadik-Chan, ehmahligen Besitzer des Dorfs angehört. Seine grausame Geschichte ist folgende: als der jetzt regierende Schach um den Thron warb, waren. mehrere Partheien, die sich herum- fchlugen, und die am Ende alle vom Schach zum Gehorsam gezwungen wurden. Sadik-Chan war einer der reichsten und stärksten dieser Partheien ", *- -- - 136 - - - hielt sich lange allein, mußte am Ende aber der uebermacht weichen, wurde total geschlagen und "flüchtete selbst glücklich nach Grusien, in defen Schutz er sich begab. Nach einiger Zeit bekam er Briefe von Schach, die ihm feiner Freundschaft, und Vergeffenheit des Vergangenen versicherten; er sollte nur ruhig heimkehren und seine Güter wie- der in Besitz nehmen. Seine Freunde warnten ihn sehr, allein er ließ sich bethören, kam nach Tehe- van, und wurde lebendig eingemauert, wo er vor Hunger, nachdem er seine Hände halb verzehrt, den Geist aufgab. – - unter diesem barbarischen Volke müffen frei lich strenge Maßregeln genommen werden, und der jetzige Schach gilt noch für einen sehr milden Regenten, wie sich eines solchen die Perfer gar nicht mehr erinnern können. Alle Qualen, die hun- derkmal fürchterlicher sind, als der Tod, scheinen die Perfer mit vieler Gleichgültigkeit zu ertragen; daher find auch ihre gelindeten Strafen diejenigen, wenn sie z. B. Prügel auf die Hacken bekommen, daß sie Monathe lang nicht gehen können, oder wenn mit ungeheuren Knüppeln auf sie los geschla- gen wird, als wenn es kaltes Eisen wäre, und nur einige Rippen dabei leiden. Der leibliche Bru- der von Schach, gab ein unerhörtes Beispiel der Duldung des Schmerzes. Der Schach hatte ihn fchon mehrere mal in Verschwörungen entdeckt, und ihm immer verziehen, in der Hoffnung, ihn durch Y - 137 Güte zu gewinnen. Jener aber spann bei der er- flen Gelegenheit wieder neue Verschwörungen an, nnd das letzte Mal ließ der Schach ihn festsetzen, und ihm sagen, daß seine Augen ihm sehr gefie- len. Wenn meine Augen ihn gefallen, so kann er fie ja nehmen, erwiederte jetter, und ließ sich die Augen ohne Murren ausschneiden, worauf sie dem Schach auf einer goldenen Schüffel gebracht wur- den. - - - - Wir begannen am 22. Juni von neuem den Marsch, um wieder auf den großen Weg zu kom- men, den wir schon vor Seeglabat verlaffen hat- en, um mehr in den Gebärgen zu feyn - wo es küßler ist. Turkumantschai heißt das Dorf, wo unser Nachtlager heute aufgeschlagen war. Der kleine Strom führt denselben Namen. Zwei Mär- che von hier liegt die Stadt Miana , die einer Art giftiger Wanzen wegen berühmt ist. Diese Thierchen haben sich auch in der Nachbarschaft ver- reitet, und hier sogar soll man schon einige fin- Yen. „Unsere neu angekommenen Kameraden erzählen, inen lustigen Vorfall, der sich in Teheran mit inem Chan ereignet habe. Bekanntlich ist das Saufen in der Mahomedanischen Religion streng verboten. Ein Chan aber hatte sich es angewöhnt, aß sogar der Schach es erfuhr, welcher ihm an angs harte Vorwürfe machte, und ihn endlich uch züchtigen ließ. Da nichts half, so ertheilte er Schach ihm den Befehl zum # worauf 138 jener 40 Tage lang in starken Rausch lag, und das Ding so überdrüßig wurde, daß er ganz zu trinken aufhörte, und den Schach bath, seinen Befehl zurück zu nehmen. Ein langes nacktes Thal führte gerade auf das Städchen Miana, defen Gouverneur dem Gesandten mit gewöhnlichen per fischen Ehrenbezeugungen entgegen kam. Da hier die Residenz der Wanzen ist), so mußte unser La- ger. 4. Werte weiter am Fuße der Caplantischen Gebürge am Strom Karlamku aufgeschlagen werden. Eine schöne Brücke auf 23 Bogen, geht über dies fen jetzt so unbedeutenden Strom, der fich aber in den schlechten Jahreszeiten weit ergießen muß. Diese Brücke ist von Abas dem Großen erbaut, und - iuwendig mit Gängen und Treppen verfehen, an deren Enden vier einfache Säulen stehen, von des nen eine gänzlich zerfallen ist. Die giftige Wanze, die eigentlich die Mianische genannt wird, verdient wirklich von einem guten Naturforscher genau un- tersucht zu werden. Sie ist etwas größer als die gewöhnlich europäische Wanze, hat eine graue Farbe, die etwas mehr ins Schwarze fällt, und der Rücken ist fast unkenntlich mit kleinen rothen Punkten versehen. Sie hält sich nicht anders als in Mauern auf, und zwar je älter das Gebäude, desto häufiger und giftiger ist sie. Bei Tag kömmt fie nie zum Vorschein. Sie scheut auch das Licht, - aber man hat doch Beispiele, daß sie auch bei Lichte heraus gekommen ist. In Miana haben diese '- I39 Wanzen seit undenklichen Zeiten eritiert, und sich nach und nach auch in der Nachbarschaft verbreitet, wo sie aber nicht ganz so giftig sind. Im Winter liegen fiel starr ohne Bewegung in der Mauer, und find, wie alle giftigen Thiere, im Sommer bei großer Hitze am gefährlichsten, Dabei muß ich er- wähnen, daß die persischen Häuser nicht aus Zie- geln gebaut werden, sondern – wie besonders dic- jenigen in Miana und in allen Dörfern – aus einer Lehmmaße , welche durch fein geschnittenes Stroh zusammen hält. - Das Merkwürdigste und Einzige in seiner Art bei diesen Wanzen ist, daß sie die Einwohner nicht beiffen, oder wenn es auch vielleicht geschieht, fie's eben so wenig bemerken, wie wir in Europa von Yen unsrigen; dahingegen beiffen sie jeden Fremden er in Miana übernachten wollte, und der Biß ist in 24 Stunden ohne Rettung tödlich. – Zwei Beispiele kenne ich sehr genau. Die Engländer in Tauris erzählten mir immer, daß sie einen Be- lienten in Miana verloren hätten, der unglückli- her Weise gebiffen worden wäre. Er habe gleich Hitze im ganzen Körper gefühlt, darauf fey er wahnsinnig geworden, und habe unter fürchterli- hen Convulsionen sein Leben anfgeben müffen. Einen noch glaubwürdigern Beweis gibt der Obriste Baron Wrede, der in Grusien schon lange ehren- voll dient, und als Abgesandter vor einigen Jahr en nach Persien ging. Es war schon ziemlich spät : 140 in der Jahreszeit und Baron Wrede glaubte die Wirkung des Biffes wäre nicht so gefährlich. Er entschloß sich daher in Miana zu übernachten, je- doch die ganze Nacht durch Licht zu brennen. Alle kamen glücklich davon, außer einem Cofacken, der am Fuße an andern Morgen einen schwarzen Fleck hatte, verwirrt durcheinander schwatzte, und endlich wüthend wurde. – Die Einwohner rie- ehen ein Mittel an, nämlich einen Ochsen zu schlach- ten, und die warme Haut um den Fuß zu schlagen, Dieses geschah auch, half aber nichts, und der Cosack starb unter fürchterlichen Convulsionen. – Die Einwohner behaupten, daß einige Gebiffene gerettet worden sein, unb zwar dadurch, daß man 40 Tage nichts wie Waffer mit Zucker und Honig genießen müsse. Die Einwohner nehmen sie in die Hand ohne alle Gefahr. Welch ein Glück , daß diese Thiere sich nicht in Kleidern und so derglei- chen aufhalten, fiel hätten sich sonst vielleicht in - ganz Persien verbreitet. - - Miana ist noch berühmt wegen feiner Tep- pichfabriken, die aus Kameel-Haaren gemacht wer- den, und besonders ihrer Farben wegen gar nicht übel aussehen. Die Einwohner brachten sehr viele zu uns ins Lager, die wir trotz der Wanzen gerne kauften, viele schliefen die nämliche Nacht noch auf den Teppichen, vielleicht etwas unruhig ; aber unser lieber Apotheker, der ein großer Spaßvogel ist, hüpfte die ganze Nacht herum. - 41 Die Jungferfestung, schreckliche Hitze, Empfang beim jüngst ein Sohne des Schach. Eine Chauffee, erbaut von Albas den Großen, sie jetzt noch an einigen Stellen fehr gut erhalten ist, ührt ins Caplantische Gebirge, welches Aderbegan Yas ehmahlige Medien, von Irakkaargem, den eh- maligen Parthien trennt, der Weg erhob sich zwi- chen schwarzen Felsen-Klüften, und schlängelte sich ehr romantisch in die Höhe. Auf der äußersten Spitze blieben wir stehen, um eine wundervolle Aussicht zu genießen, denn man fah auf der einen Seite Miana und Gebirge, die fast an Tauris ränzen; auf der andern Seite bunt durch ein ans er geworfene Anhöhen, die sich im Horizont in in Hellgelb verloren, das von einem schmalen blauen Streif, der mehr den Wolken ähnlich sah, um- ränzt war. Das sind die Gebirge, bei denen Sul- aine liegt, die Gegend dahin zeigte schon jetzt Ar- nuth. Kein Baum; kein Gras nichts als ein gel- er fandiger Grund, der verschiedene Farben spielte und auffallend gegen das eben verlaffene Aderbegan bstach. Nachdem wir uns an diesem Punkte eine Zeitlange verweilte, und der Wind fürchterlich um unsere Ohren gefaust hatte, begannen wir herab- usteigen, welches durch das Schlängeln der Chauf ee sehr erleichtert wurde. Links fah das über- achte Auge auf einer isolierten Felsenspitze die Rui- (I - - 142 nen einer Festung, die Jungfer - Festung genannt. Sie soll von Artaxerres erbaut worden feyn, der dort ein Mädchen in Gefangenschaft hielt, woher sie noch jetzt den Nahnen trägt. Schade has Abas der Große dieses Alterthum fast gänz- lich hat zerstören lassen, weil sich Räuber dort aufhielten, die das Gebirge unsicher machten. Man sieht aber noch eine Mauer, die wunderlich von einer Felsenspitze auf die andere gezogen ist, und fo auf sehr unegalem Terrain, das Ganze um- gibt. In der Mitte steht noch eine Art hon Haus mit einem Fleckchen Dache, das aber sonderbar … genug keine Thür hat. Nur oben auf dem Dache habe ich selbst ein Loch gefunden, in welchem ein hinein geworfener Stein einen dumpfen Wiederhall giebt. Wir fanden den ganzen Platz mit einer furchtbaren Menge von Steinen und Muscheln an gefüllt. Einer von uns hatte das Glück ein Paar zusammen gewachsene Muscheln zu finden, die an sich fchon fehr selten find, und über dem verstei- nert waren. Ueberhaupt beweist die Farbe der Ge- birge , baß man hier große Schätze im Schooß der Erde finden würde. Das Heraufflimmern zu der Festung war leichter, als das Herunterkaffen, wo ein jeder so gut er konnte, rutschen mußte. Der große Weg führte noch herrlich das Ge- birge hinunter, an dessen Fuße der Fluß Kisil- ofum") sich schlängelte. Hin und wieder sah man - - "I Kisilofum bedeutet Goldfuß, ... * - - 143 - feines Gesträuch am Wege stehen, welches seltsam mit allerlei bunten Lappen behangen war. Wir er- uhren, daß so ein Ort Pir genannt werde, und aß dieses eine heilige Stätte fey, an der die Wan- erer, wenn sie sich zu schwach fühlten den Weg rtzusetzen, oder sonst einen Kummer haben, ihre jebethe verrichten, und Stücke vom Kleide nach affen, worauf sie dann getröstet und gestärkt weiter gehen: Als wir den letzten Abhang erreich- n, erblickten wir eine schöne Brücke von drei jogen über dem Kiffl-ofum - Sie ist ausgeblich- in Quadersteinen erbaut. Die Bogen sind sehr roß und dreist, und führen an den Räudern eine rabische Inschrift, die uns zeigte, daß sie erst or 144 Jahren von einem Einwohner aus der Stadt Casbin erbaut sey. Millionen Schwalben aben ihre Nester unter den Bogen aufgeschlagen. In dem einen Ende ist eine Thür die ins Innere ihrt, wo große Zimmer vorhanden find. Der mittlere Bogen ist 8 Faden hoch; nur Schade, n einer Stelle ist ein großer Riß, der mit der eit gefährlich werden kann. Nicht weit von der jrücke stehen die Mauern eines Karavan-Sarays. - Oie Aussicht ist himmlisch, indem die nackten chwarzen Berge gegen die grünen Ufer des Flußes hön abstechen. In einiger Entfernung scheint die 3rücke wirklich zu schweben. Hier ist der berühmte nglische Reisende Browen erschlagen worden. Von er Brücke an geht der Weg rechts längs dem - - I44 Ufer des Fußes, der einem bald derläft, und sich in ein sandiges Gebirge erhebt, das ein sonderba- res Gemisch von Farben roth und hellgelb spielt, Der erste Berg vom Ufer aus ist außerordentlich steil, und der Weg krümmt sich langsam hinauf, Nachdem wir ihn zurück gelegt hatten, trafen wir gleich darauf unser Nachtlager beim Karavan-Saray Dganalabad anfgeschlagen, das noch gänzlich un- versehrt ist, obgleich es 520 Jahre steht. Hier, fagte man uns, fange die große Hitze an. Es sieht auch ganz darnach aus. Ein ewiges Sandfeld er- müdet das Auge, welches keinen Grashalm mehr - zu sehen bekömmt. Traurig ritten wir alle in einem dicken Staube, aus dem die Glocken der Ka- uneele widrig hervorschalten. Es soll hier oft wo chenlang kein Lüftchen sich rühren. Der aufgehobene Staub bleibt in der Luft schweben, und bildet am Ende eine Atmosphäre die dem Nebel ähnlich sieht, Diese Staubwolke steigt gerade so hoch, als es nöthig, ist, um Reifende zur Verzweiflung zu bringen. Un- fer Lager fanden wir neben einer Karawan-Saray Sardgan , unweit defen zu unserer Verwunderung - auch ein kleines Dorf lag; allein ich wunderte mich nicht mehr, als ich hörte, daß diese armen Leute auf Befehl des Ahas, Mirza sich hier nieder- gelassen hatten. Der Fluß Sangatschai, der durch diese Sandwüste hinläuft, ist der einzige Ort, an den die Einwohner ein Plätzchen zur Aussaat fin- den: Das Korn war schon geschnitten- - 145 Die furchtbare Hitze machte den traurigen blick der wüsten Gegend noch unausstehlicher. r Weg näherte und entfernte sich wechselweise dem Fluffe Sangatschai. Aber großer Gott, ch" ein Land! Wie ist's möglich, daß die Na- so etwas gräßliches hervor bringen konnte! n stelle sich ein Meer aus fließendem Lehm vor, ches durch Sturm zu Wellen gepeitscht durch n Wink des Schöpfers plötzlich verwüstet wor- ; diese Lehmwellen in tausenderlei Krümmungen - e man sich nachher von der Sonnenhitze in lionen Richtungen geborsten, und man hat das e Bild des Weges von unserem gestrigen Nacht- r bis Karawan - Saray Mikpe, wo wir be-, bt und gebraten anlangten. Diese Karawan- ay, die auch nicht weit vom Sangatschaifluffe , ist im Jahre 1049 *) von Bagadir. ach erbaut worden, der nach einer Belagerung Erivan heim kehrte, mind an dieser Stelle aus - - e, zu welchem Andenken er dem Ispahaner ist er Tinki - Hedai- Talahof befahl, dieses Ge- e aufzuführen. Hier ist die Grenze des tau- en Distrikts. Seltsam erhoben sich die Wiude it der kaplantischen Gebirge regelmäßig des gens um 8 Uhr, und hörten um 6 Uhr - - Nach persischer Zeitrechnung; sie sind jetzt im Jahre 1 2 3 z. D. - 146 " - wieder auf. Hier ist das Gegentheil; der Wind erhebt sich Nachmittags um 6 Uhr, bläst die ganze Nacht durch, und hört des Morgens auf. Ten ganzen Tag rührt sich kein Lüftchen, und die Hitze ist sehr empfindlich. Nachdem uns der hen- tige Marsch eine eben so scheußliche Gegend darge- stellt hatte wie gestern, so wurden wir am Ende in unserm Lager neben dem Dorfe Jengidge ange- nehin von Bäumen überrascht, deren wir fit Miana nicht wieder fahen. Die schattigen Bäume und ein klarer trinkbarer Strom, der gleichfalls in Persien eine Seltenheit ist, luden den Gesandten ein, hier zwei Tage zu verweilen, um so mehr, da wir bereits sieben Märsche zurück gelegt hatten, ohne einen Rasttag zu haben. – Unser nächster Marsch von hier aus ist die Stadt Sanaan, die von einem Sohne des Schachs Awdula - Mirza re- giert wird. *) Der Gesandte hatte von unserm Memandar erfahren, daß Awdula - Mirza in San- gan einen feierlichen Empfang bereite. Da der Ge- fandte kein Freund von Ceremonien ist, und über haupt die Hitze des Tages sie noch unerträglicher macht; so erhoben wir uns um 2 Uhr in der \ - *) Wenn das Wort Mirza hinter dem Namen steht fö drückt es einen Sohn vom Schach aus, steht es hingegen vor dem Namen, so bedeutet es fchlechtweg Edelmann. - - - - v. 147 - Macht, und es gelang dem Gesandter, in Sangan unbemerkt anzukommen, che noch ein Mensch auf ustehen, dachte. Der Weg führte längs dem Sangatschai-Fluß, den wir vorgestern verlassen hatten, und an welchem wir die mit Gärten ver- ehenen Dörfer Bari, Sarin, Guschker ze, rblickten. - - - - Die Stadt Sangan präsentierte sich sehr chön. Sie ist von einer mit kleinen Thürmchen esetzten Mauer umgeben, und in der Mitte der Stadt erhebt sich ein hübscher viereckiger mit gri- en Jalousien versehener Thurm, der im Hofe von lwdula - Mirza steht, und den armen eingesperrten Weibern zum Vergnügen dient. Es schien uns, als . . " wären die Weiber nicht so spröde und strenge ge- alten wie sonst; denn sie guckten zu den Thüren eraus, und lüfteten die Schleier, so daß wir mehrere recht hübsche entdecken konnten; freilich ann man sich auf unser Urtheil nicht ganz verlaf n; denn wir sahen“ über zwei Monate kein Weibsbild, und ich - glaube, ein Satan in Frau- nskleidern hätte uns auch gefallen. Ein großes recht hübsches Haus empfing uns llle. Das Palais von Awdula - Mirza befand sich icht neben uns, so daß man von dem erwähnten Thurm gerade in unsern Hof und unsere Fenster hen konnte. - - Nachdem der Gesandte die Besuche einiger ernehmen aus Sangan erhalten, begab er sich - - - - - - - 148 - in Begleitung einiger Herren der Gesandtschaft zu Awdula-Mirza, der die Höflichkeit so weit trieb, nicht nur dem Gefandten, sondern allen Herren, die ihn begleitet hatten, Stühle zu geben. Er ist ein junger Mann vbn 24 Jahren, fast der jüngste Sohn des Schach, hat viel Aehnlichkeit von Abas- „ Mirza, und ist auch ein großer Freund. Seinem Bruder zu gefallen, hält er ebenfalls 2 Bataillons regulairer Truppen, für die er neben feinem Pa- lais eine schöne Kaserne erbaut hat. - - _ - - Die Stadt Sang an, perfifche Weiber vor eine in europäis fchen Arzte, Schilderung der Soun unter-Refidenz des Schach, Sulta in e. . Da wir mehrere Tage hier blieben, so be- suchte ich den Bazar, der ärmlich und fchmutzig ist. Eine Menge Turguoisen fieht man in allen Buden liegen, die, ohngeachtet sie ein persisches Produkt sind, in Rußland weit wohlfeiler verkauft werden, als hier. Man findet in der ganzen Welt keine außer Persien, und selbst hier sind nur zwei Minen, deren eine nicht längst erst entdeckt worden, und die weit schlechtere Steine liefert, Die alte Mine, aus der der Schach blos für sich welche nehmen ließ, liegt unglücklicherweise in der Provinz Korroffan, die gegenwärtig in Empörung - - 14G Früchte sieht man eine Menge auf dem Ba- aber alle unreif; ausgenommen die Birnen, he vortrefflich schmecken. - - - Awdula - Mirza hatte ein Paar kranke Kin- urd bath um unsern Doctor Müller, den - alle beneideten, der glückliche Sterbliche zu , einen Harem voll schöner Weiber zu erblik- Das erste Mal wurden die Kinder vom Ea- heraus getragen. Sie schrieen, als ob sie Spieße stäken, so daß Doctor Müller gar s unternehmen konnte, und unverrichteter e nach Hause kam. Das andere Mal kamen Mütter und Ammen selbst. Aber was erfann siatische Eifersucht? – Ein dichter Vorhang zwischen Müller und den Weibern, hinter den r ihm die Kinder hingehalten wurden. Er hübsche Hände und Fußspitzen, glücklicher Müll- – Alle Abende hatten wir Musik, wozu sich anze Stadt ums Haus und im Hofe versam- ; auch auf dem Thurme erschienen Figuren, die neidischen Wºdammten Jalousien und das Geländer oben raubten unsern spähendeu Bli- alles. Ich will hoffen, daß die Damen uns schlecht haben sehen können. Außerdem wür- fe eben keine vortheilhafte Idee von der inheit der Europäer gefaßt haben, weil wir vierten Tag nach unserer Ankunft fast alle wie Rebhühnereier aussahen. Es gibt hier eine unsichtbare Fliege, die uns dermaßen stach, . . " 15o daß das Gesicht und her ganze Körper mit rothen Flecken bedeckt war. Ein ewiges starkes Jucken brachte die Gesandtschaft in große Thätigkeit. Diese Fliege ist blos in der Stadt zu Hause, und sticht nur allein Fremde. Die persischen Städte haben denn doch, wie man sieht, auch ihre Merk würdigkeiten. – Dieser Umstand zwang den Ge- fandten, um einen andern Aufenthaltsorte zu bit- ten, welches um so lieber zugestanden, wurde - als wir die Nachricht erhielten, daß der Schach Tehe- ran verlassen habe, und in langsamen Märschen da bei jagend nach Sultaine ginge, welches nur 2 Märsche von hier entlegen ist. Awdula - Mirza hatte vom Vater Befehl erhalten, ihm entgegen zu kommen, und verließ uns deshalb. Wir folgten mit Freuden den 5. Juli nach, und erhielten zwölf Werte vor Sultaine, neben den Ruinen eines Dorfes, Samanarchie genannt, ein großes Lager, in welchem wir die Ankunft des Schach abwarten sollten. Neben uns waren hon die Zelte des zweiten Ministers Mirza - Almodul-Wehab aufge- fchlagen, der vom Schach geschickt war, den Ge- fandten zu komplimentieren, und uns bis seiner Ankunft Gesellschaft zu leisten. Er besuchte am näulichen Tage den Gesandten, und wir fanden, daß er ein Mann von viel Kopf uud angenehmen Manieren fey. Er kleidete sich immer mit vielen Geschmack, war etwas eitel, und durfte es auch 151 , denn er war ein schöner Mann. Als Seit") er dem Schach die Wahrheit, und ist auch g geraden Charakters und Verstandes wegen geliebt, – - - Da der Schach sehr langsam reist, und feine rologen ihm einen glücklichen Tag bestimmt ha- , vor dem er nicht in Sultaine anlangen darf, rachten wir in diesem Lager von Samanarchie . Tage zu. Kein Bäumchen, so weit das Auge konnte, erfreute unser Herz. Selbst die e, auf der wir standen, trug nur längst von Sonne verbranntes Gras, wie es bei uns ohn“ hr im Herbste nach den ersten Frösten aus.“ Die Hitze war fast täglich 30° Reaumur Schatten. Die Seiten der Zelte mußten auf- ben werden, und man lag den größten Theil Tages, ohne sich rühren zu können, Zu un- Güte verging kein Tag ohne Wind, der --- Eine Secte in Persien, die vom Mahoned her“ stammt, und die geachtet und gefürchtet wird. ein. Seit fagt dem Schach die Wahrheit, ohne felbst etwas zu riskiren. Einen Seit steht es frei, in jedem Hause einzukehren, und der Wirth ist gezwungen, ihn aufs Beste zu bewirthen, auch wohl noch zu beschenken. Der gemeinte Mann als Seit geht gerade zum Minister, wenn er will, und fetzt sich an seinen Tisch, besonders wenn der es auch ist, - “- - 152 leife durch die Zelte wehend uns einige Abkühlung verschaffte. Selbst die Nächte waren warum. Der Thermometer fiel nie unter 8“ Reaumur und das auffallend; dabei war die Luft immer so trocken, baß ein aufgehangenes Blatt Papier keineswegs feucht wurde. - Die Geschenke des Kaisers an den Schach gingen über Astrakan und das kaspische Meer, wo sie am persischen ufer landeten, und jetzt glücklich in Sultaine augekommen sind. Dieser Umstand verschaffte uns die Gelegenheit, Spazierritte nach Sultaine zu machen, wo uan den Schach erst den 19. Juli erwartete. Auch ich ritt eines Abends nach Sultaine, aber mehr um das Schloß inwendig zu besehen, welches nach der Ankunft des Schachs wohl nicht angegangen seyn möchte. Obgleich die Entfernung nur 12 Werte ausmacht, so ist der Unterschied des Klimas doch schon sehr merklich, weil Sultaine sehr hoch liegt. In der Nacht war ein Frost. Ich wollte meinem Gefühle nicht trauen; denn es war doch kein Traum, daß ich mich in Persien in 36 der Breite befand; aber das weiße Gras vor Sonnenaufgang ü5erzeugte mich von der Wahrheit. Sobald die Sonne die ersten Strahlen wirft, so hat unan plötzlich 10 * Wärme, und in weniger als 3 Stunden 30“. – Der. Morgen entdeckte mir die traurige An- ficht von Sultaine, und meine Hoffnung eines künftigen angenehmen Aufenthaltes scheiterte gänz- 153 , ch. Das Schloß steht auf einer kleinen nhöhe on wenigen Bäumen umgeben, und zeigt nichts eniger als den Sommeraufenthalt eines Schachs 1. Ich konnte auch gar nicht begreifen, wie der chach mit feinem Gefolge da Platz finden wollte; ein nachher entdeckte sich's, daß der ganze Hof nd herum in Zelten und bloß der Schach mit in Harem das sogenannte Schloß bewohnen rde. Dafür ist freilich. Platz genug darin – inter dem Schloffe zeigt sich ein Dorf, welches eichen Namen trägt; links ist eine große herrliche etschet, umgeben von häßlichen Ruinen, die sonst Stadt Sultaine bildeten, welche jetzt nicht hr riskiert. Das Ganze ist von hohen nakten ergen umgeben; es ist auch gar nichts da, was s Auge erfreut. Welch ein E- immeraufenthalt! eilich kühl ist's hier, und starke Winde blasen tändig. - - - - : " Ich ging in das Schloß, wo eine Menge beiter beschäftigt waren, ausgebrochene Fenster » Dielen zu rep iren, Wände zu weißen, den hmutz auszukehren, kurz alles in den Stand zu 'n, den Beherrscher Persiens zu empfangen. An- den Audienzzimmer, welches die offene Seite Schlosses bildet, und von wo aus die Aus- t auch ganz leidlich ist, fand ich kein einziges, ches einem Palastzimmer ähnlich sah." Man ß freilich wissen, daß der Schach nur alle 4 re vielleicht einige Meter zubringt. Die 154 - übrigen Zimper in der ersten Etage waren alle kleine Löcher, die durch Thüren und Gänge zusam- men hängen. Am Ende führt ein bedeckter Gang eine Treppe hinauf, und man befindet sich in einer großen Ringmauer, in deren Mitte ein achteckigtes Gebäude thurmartig mit einer Kuppel steht. Tü- ren gehen von allen Seiten hinein, ringsum sind kleine Zimmerchen und in der Mitte ein großes Zimmer, dessen Wände mit persischen Sprüchen angefüllt sind. Hier ist die Wohnung der ersten Frauen und der Sitz der Wonne; sie mußte aber auch sehr gereinigt werden. Aus dieser Ringmauer führt eine kleine Thüre in einem Thurm, von wo aus die Weiber die Aussicht aufs Lager genießen können. Dem Schloffe gegen über waren einige Zelte aufgeschlagen, in denen die Geschenke ausge- krant wurden. Ich gestehe, daß ich übler Laune nach Sa- - manarchie zurück kehrte, wo ein eben gestorbener Tscherkes die Phantasie noch mehr schwärzte. Der Gesandte fchickte den Schach einen Offeier entge- Sultaine entfernt sey. Dieser kehrte in einigen Ta- gen zurück, und brachte die Nachricht, daß der Schach nicht mehr weit wäre; allein die Art, wie er reife, würde seine Ankunft noch um einige Zeit ä un gewiß zu sein, wie weit er noch von verzögern. Er mache kleine Märsche, und sey be- ständig auf der Jagd. Diesem Offeier begegnete in einem Dorf, daß seine Begleiter mehr Pferde 55 forderten, als sie nöthig hatten, vielleicht auch von denen, welche nehmen wollten, die schon an der Reihe gewesen waren; kurz die Bauern machten Lärm, durften aber gegen einen Memand ar, wels -cher im Namen der Regierung befiehlt, nichts un- ternehmen. In solchen Fällen haben sie das komi- fche Privilegium, ihre Weiber zu Hülfe zu rufen, und diese haben das lächerliche Privilegium, auf folgende Art darauf los zu schlagen: Sie werfen sich nämlich eine Hand voll Erde über den Kopf, mit den Worten: Ali sieht, daß wir außer uns find – und dann schlagen sie ungestraft darauf los. Es wäre doch gefährlich, in Europa den Weibern solch' ein Privilegium zu geben. – Der Ramasan (die Fasten) machte, daß fast kein Perfer den Tag über in unserm einsamen Sas manarchie zu sehen war. Alles faß in den Zelten, und hungerte den ganzen Tag, welches noch leich- ter zu ertragen wäre, als durften bei dieser Hitze. So wie aber die letzten Strahlen der Sonne vers schwinden, so schreiet ein Mollah (Geistlicher) aus vollem Halse, welches bedeutet, daß die Fasten des Tages beendigt sind, und sogleich wirft sich das Lager heißhungrig auf Effen und Trinken. So ein Fasten greift sehr an, besonders da es Monathe lang-dauert. Man sieht's ihnen auch an; sie find während dem ganz schwach und keiner ordentlichen Ueberlegung fähig. Der Gesandte hatte auch eine Spazierfahrt 156 nach Sultaine gemacht, und gab bei seiner Rück- kunft den Abend unter freiem Himmel ein Gast- mahl für Mirza - Awdul- Wehab, wobei die Musik spielte, und wir einen Toast für den Schach auf - europäische Manier brachten. Diese laute Aeuß- rung der Freude, wodurch man Jemanden Glück wünscht, schien dem Minister fehr zu gefallen, der viel Sinn für Freude hat, und eine schöne Feder in feiner Sprache führen soll, worauf sich - die Perfer nicht wenig einbilden. Darum fagte er auch zu dem Gesandten: als dieser uneinen Vater als einen berühmten europäischen Dichter schill- derte: also ein Mann wie ich! Lächerlichkeiten der perfifchen * - Astronomen. Mirza - Awdul- Wehab lud uns an folgen - den Tag zu sich zu Mittag ein, welches des Ra- mafans wegen nicht vor 8 Uhr des Abends. Statt finden konnte. Früh fhickte er dem Gesandten ein kostbares Geschenk von Chiras-Wein, der etwas Aehnlichkeit vom Portwein hat, nur weit leichter ist, und ein besonders angenehmes Aroma besitzt. Der Minister hatte die Aufmerksamkeit, von uns Stühle und Tischgeräthe zu leihen, um den Ge- fandten nicht in die Verlegenheit zu setzen, mit den Fingern zu essen. In einem Zelte war alles sehr niedlich gedeckt, und nicht wie nach persischer Sitte, - 157 - - hunderte von Schüffeln aufeinander gethirmt, fott- dern die Speisen wurden herumgetragen, welches abermals eine Aufmerksamkeit von seiner ' bewies. Als wir uns gesetzt hatten, wurde a fangs nichts angerührt bis die Stimme des Mol- lah draußen erschallte. Darauf wurde dem Mini- fer eine Dose gebracht, aus welcher er ein wenig Opium schluckte, welches bei den Persern den Schnaps ersetzt. Die manigfaltigen Speisen füß und fauer durcheinander konnten freilich uns nicht fchmecken, so wie das Brod, welches ein Mehl- kuchen ist, der an der Sonne gebraten wird; al- - lein der Wein war gut, und der Ispahaner hatte viel Aehnlichkeit vom Madera. Nach Tische bega- ben wir uns in ein anderes Zeit, wo Kaffee ohne Zucker und Kallions gereicht wurden, die ohnehin. den ganzen Tisch iber, ein Fagott-Conzert gemacht hatten, den der Perser raucht nach jeder Speise. Der Gesandte war so gütig unir den unver- dienten Namen Astronom beizulegen, worauf der Minister mich bath, ihn Tages darauf zu besu- chen, indem er auch ein großer Liebhaber der Ma- thematik und Astronomie wäre. Den andern Tag also, hatte der Rath der Gesandtschaft, wirklicher Staatsrath Negri, die Gemogenheit nich zum Mi- nister zu begleiten, weil die gewöhnlichen Dolmets fcher nicht im Stande gewesen wären, ähnliche Sa- chen zu überfetzen. – Da die Perser viel auf Stern- heutungen halten, so glaubte auch ich irgend eine 158 astrologische Wendung der Ankunft unserer Gesanft- fchaft geben zu müffen. Es fiel mir ein daß der F" gerade im Zeichen des Skorpions jetzt stehe. allen Dingen also erklärte ich dem Minister, daß dieser Planet an Größe und Glanz Rußland - vorstelle, und Asien überhaupt in Europa. Unter dem Zeichen des Scorpions verstanden würde. Da diese nun gerade jetzt in Vereinigung wären, so fey gar kein Zweifel, daß die Freundschaft dieser beider Nationen im Himmel beschlossen, und also Gott gefällig wäre. – Der Minister bekräftigte - - meine Aussage, und behauptete, daß auch die per“ fischen Astrologen gesagt hätten, daß die russische Gesandtschaft unter den günstigsten Himmelszeichen angelangt wäre. Ein dicker Perfer, der Einzige der unserer Unterredung mit beiwohnte, saß seitwärts vom Minister, hielt ein großes Buch vor sich, in welchen er beständig blätterte, und schielte von Zeit zu Zeit unter großen schwarzen Augenbraunen grimmig auf mich. Der Minister rekommandirte ihn uns als großen Mathematiker. Ich glaube aber es war ein Astrolog, der mich examiniren sollte. Er blätterte immer heftiger, und murmelte * dem Minister etwas vor, worauf jener mich fragte, woher Finsternisse entstehen? Ich stand auf und spazierte um den dicken Astrologen herum, der sich grimmig und ängstlich umsah, und anfangs gar nicht begreifen konnte, was ich von ihm ha- - ben wolle, und noch mehr erschrack, als ich plög- - - - - - - - - 159 - Mich hinter ihm niederhufte, und dem Minister frug, ob er mich sehen könnte? Der Astrolog war dick genug, um mich ganz zu bedecken; und der Minister mußte wohl lachend Nein sagen. Darauf stand ich auf und bath der Astrolog möchte es mir nicht übel nehmen, daß er die Rolle unters Erdklumpens gefpielt; den Minister sagte ich, er stelle in diesem Angenblicke die Sonne, ich den Mond, und die ganze Procedur von der sich der - - Astrolog noch immer nicht erholen konnte, eine Mondfinsterniß vor. Darauf trat ich zwischen den Mi- nister, und den Erdklumpen, und fagte ihm, der Astrolog hätte nicht mehr das Glück die Sonne zu sehen, es wäre also Sonnenfinsterniß auf der Erde; ich könne sie aber nicht total vorstellen, in- dem der Herr Astrolog etwas zu korpulent wäre. – Die Sonne lachte; und die Erde brummte. So kann man's in der Welt nie allen Recht machen. Bei den kleinen Finsternissen bekam ich schon weit gnä- - digere Blicke von dem Herrn Astrologen, denn ich brauchte ihm nicht ganz den Anblick der Sonne zu rauben. - - Nachdem diese beiden Herren so schmeichelhafte Rollen gespielt, wurden sie übermüthig, und be- haupteten: was man am Himmel fähe, wäre blos Götterprunk und ein Glanz. Denn Jupiter, Saturn und Venus wären die Einzigen, die sie auch für Körper anerkennen, und zwar weit glücklicher als unsere Erde, indem sie alle der Sonne „163 weit näher wären als wir, und es auch weit wäre mer hätten. Was die Venus anbelangt, haben sie Recht, erwiderte ich, die ist weit näher der Sonne als wir, sonst könnten wir sie nicht alle 100 Jahre einmahl durch die Sonne gehen sehen; allein Ju- piter und Saturn sind viel weiter von der Sonne als wir, und könnten auch aus dem nämlichen Grunde nie zwischen uns und der Sonn nen. Der Herr Astrolog der schon bange ich wieder eine Finsternißceremonie anfinge, war in allen einig, und schlug in seinem Buche ein , großes Blatt auf, worauf ein großer Ziegenbock , mit Hieroglyphen gemahlt stand. Nachdem er die fen einige Mahl freundlich angesehen, fragte er unich ganz ernsthaft: Was denn nach unserer Mei- nung hinter allen Sternen läge? – Ich fagte ihm, daß unsere Astronomen darüber noch nicht ei- - mig wären, wahrscheinlich aber wären hinter den letzten Sternen noch Sterne ohne Ende, und wenn ja ein Ende. Stattfinde, so knüpfte sich dieses Ende an einen Anfang, der doch ohne Ende wäre. - - - Hier fiel ihm der Ziegenbock aus der Hand. Er lachte wie die triumphierende Weisheit und uneinte, folche Sachen wären doch für die Europäer noch zu rund. Sehr zufrieden hob er sein großes Buch wieder auf und sagte, indem er lächelnd blätterte: davon wollen wir nun nicht mehr reden. – Wer war froher als ich; denn das ohne Anfang und Ende begreife ich gewiß noch weniger als er. Seine - - - - V - - 1 - 161 - Hand blieb auf einen Bogen liegen, der voller Puncte war, und Millionen Teufelchen schienen darzwischen gemahlt. Er fragte, was Wind wäre? Ich fing eine Erklärung von dünnen und dicken Luftschichten an, welche mehr oder weniger an - verschiedenen Stellen von der Sonne erwärmt, in eine Art Wallung gerathen könnten, die wahr- scheinlich Wind hervor brächten, und daß dieser fehr glaubwürdig bloß in unserer Atmosphäre ent- stehe, indem weiter schon eine dünne Luft fey, die wir Aether nennen und... – Was erzählen sie den für einen Galimathias! fchrie er laut auf. So sind die Europäer, sie drehen sich immer um Ursachen und Gründe herum, und verlieren dadurch den Gegenstand felbst aus den Augen. – Wind ist eine Materie, die in sich und für sich selbst eri- firt, wirkt, und den ganzen Raum ausfüllt, der sich zwischen allen sichtbaren und unsichtbaren Kör- pern befindet. Wie könnten sonst Kometen herans : geflogen kommen? Diese sind die wahren Wind- reiniger, die fliegen herum uud brennen alles weg, was die Kraft des Windes vermindern oder gar zerstören könnte, denn Wind ist eine wohlthätige Gabe Gottes! – Dieses letzte Urtheil war in den heißen Persien, wo fiel alle ohne Wind umkommen würden sehr natürlich, Unterdessen hatte er selbst wie der Wind in feinem Buche gewirthschaftet und blieb mit Wohl- gefallen an einem Batte stehen, wo eine Menge - - - 162 Kugeln hingemahlt waren, und oben eine gräßliche - Frage. – Was denken sie von den Bewegungen - der Körper? – steht die Sonne oder geht sie? – Sie steht, war meine Antwort. Da haben wir's Kennen Sie denn die Wirkung der Naturkraft nicht, die einzig in ihrer Art ist? die Natur verleiht ei- - ner jeden Sache nur eine Kraft, nie zwei auf ein-, - - nal, sonst wäre sie ungerecht, und das darf sie nicht feyn. Hat diese Kraft einmal gewirkt, so ist nichts im Stande die Wirkung zu vermehren, oder zu vermindern, und noch weniger eine zweite hinzuzufügen. Wenn sie annehmen, daß die Erde sich um ihre Are drehe, so ist dieses schon eine Kraft , folglich kann sie sich nicht zugleich auch - um die Sonne drehen, nehmen sie aber an, daß die Sonne sich um die Achse drehe, dann dreht -, die Erde sich nicht um ihre Are. – Auf diese Art, - fagte ich, hat also die Natur unserer Erde bloß die Kraft des Stillstehens verliehen! – Richtig das behaupten wir Perser, ihr behauptet es von der Sonne, und habt unrecht. Zur Freude der Menschen und des Schach ist alles erschaffen, wir stehen mit der Erde im Mittelpunete, und sehen - dankbar zu. Darauf fchloß er sein Buch zu und - fagte: diese Sachen wären hoher Natur, nuan - … » müffe feinen Geist auch für die Zukunft schonen. - Unterdessen wolle er von minder kopfbrechenden Pingen frechen, als Mathematik. Darauf zeigte - "r, wie man die Entfernungen der Gegenstände - - - - - v 163 hinter einem Flufe messe; – wobei der Mini- ster versicherte, der Schach hätte ihm einmal so eine Commiffion gegeben, die er wundervoll ver- füllt habe, wie man die Höhe eines Gegenstandes von weiten messe 1c. – Er schien sehr bestürzt, zu erfahren, daß in Europa die kleinen Kinder die Geometrie damit anfangen. Ich fing an eine trigonometrische Meffung zu beweisen, allein das begriff er nicht, und schien keine Idee von Los garithmen zu haben. Zum Schluß mußte ich der verwunderten Gesellschaft allerlei über meine Reifen - um die Welt erzählen, wobei ihnen zwei Sachen unmöglich schienen: daß ich einst ihr Antipode gewesen, und daß es schönere Länder in der Welt gebe als Persien. - - - Der Minister bedankte sich für die angenehme Unterhaltung, ließ Erfrischungen geben; bath mich ihn öfters zu besuchen, und wir schieden von dem dicken Astrologen als gute Freunde. Ich habe - nachher nur noch einmal eine Audienz beim Mi- mister gehabt, in welcher ich ihm den Gebrauch der Tafel und des Griffels zeigte, wovon sie in Persien keine Idee haben, und welches ihn febr gefiel. Er war noch mehr verwundert, als ich ihm versicherte, daß in Persien eine Menge ähnlicher Schiefer zu finden fey. - - 164 Einzug des Schach in Sultaine, Gefchenke des Kaisers von Rußland an den Schach, in erk- würdige Schilderung des er- sten Ministers. … - Endlich kündeten mehrere Kanonenschüße die Ankunft des Schach in Sultaine an. Einige Her- ren der Gesandtschaft waren gerade in Sultaine und Zeugen dieser Ankunft. - - - Vom Schoße an stand auf eine Meile weit reguläre Infanterie in zwei Reihen, zwischen de- nen folgender Zug vor sich ging: Voran ging ein Elephant, der auf dem Rücken einen reichen Ball- dachin trug; nachher fünfzig Kameele mit Musi- kanten in rothen spitzigen Mützen; (die Instru- mente bestanden in langen Posaunen und Paul- ken) fünf Hundert Kameele, mit kleinen Kano“ nen und Flaggen geziert; eine Batterie von acht“ zehn Kanonen ; zwanzig reich gezierte Handpier- de ; vierzig Läufer, die auf dem Kopfe Kro- nen ähnliche Mützen, mit Federn verschiedener Farben versehen trugen ; der Schach selbst zu Pferde in einfacher Kleidung; aber das Pferd in diamantenen Geschirr. Er ritt ganz einzeln. Auf 50 Faden weit durfte. Niemand ihm nachkommen; sieben zehn Söhne, alle reich gekleidet, und auf schönen Pferden. unter ihnen zeichnete sich der älteste S ohn Mahamed-Ali- Mirza, der mit 165 5000 Mann Kavallerie zu feinem Vater gestoffen war, besonders aus. Seine Kavallerie aber machte den Schluß. Der Schach hatte einige Herrn uns ferer Gesandtschaft bemerkt, die höflich ihre Hüte abzogen. Er erhob sich dagegen eiwas auf feinen nen Steighügel, und schrie mehreinemal Kosh- kildi (Willkommen). Die Perfer versicherten, daß diese Ehre noch nie. Jemanden wiederfahren wäre, besonders daß der Schach sich auf seinem Steig- bügel erhoben hätte. - Bei der Ankunft des Schach am Schloffe wurde nach perfischer Sitte ein Kanneel abgeschlach- tet, und als der Schach vom Pferde stieg, gaben die 500“ kleine Feldstücke eine Salve, und der abgehauene Kopf des Kamels wurde ihm zu Fü- ßen gelegt. – Der Schach präsentierte sich fo- gleich im offenen Theile des Schloffes, und als er sich setzte, geschah abermals eine Salve. Mit der Ankunft des Schachs füllte sich auch die ganze Gegend mit Zelten an, die so gedrängt standen, - daß im ganzen Lager nur 3 bis 4 Wege üdrig gelaffen waren, Zwischen dem Schloffe und dem Platz, wel- cher für unser Lager bestimmt war, hatte man einen reinen Platz von vier, und eine halbe Wert nachgelaffen, der auch der einzige im ganzen Lager war. Kaufleute aus allen Gegenden - hatten Befehle erhalten, nach Sultaine zu kommen. Neben unsern Lager war ein großer Bazar aufgeschlagen, in wel- -- 166 - chem aber, wie wir in der Folge sahen, gar nichts Ordentliches zu haben war. Der Schach hatte mehrmals zum Gesandten geschickt, um sich nach deffen Gesundheit zu erkundigen, und bedauert, daß der Ramafan (die Fasten) ihn verhinderte, - - eine persönliche Bekanntschaft zu machen. Die Fa- - fen endigen mit dem neuen Monde dieses Monats d. i. den 31. Juli. - - - Den 26. Juli schickte der Schach den Safir- Chan um die Gesandtschaft in das fertige Lager nach Sultaine einzuführen. Nachdem wir die Mit- tagshitze überstanden hatten, gingen wir den Nach- mittag um 3 Uhr dem Lager in Sultaine entgegen. - Der Wind- erhob einen furchtbaren Staub, der uns gänzlich bepuderte. Der Begleiter des Ge- fanden Safir-Chan; machte seine Entschuldigung iber das schlechte Wetter. Die Plage wurde noch größer, als auf halben Wege der Vali von Kur- disian*), mit einigen tausend Kurdinern dem Ge- fandten zur Bewillkommung entgegen, zu uns stieß. Diese Kurdiner waren weit schöner gekleidet, und gewandter als die in Erivan und Tauris. Viele unter ihnen waren schön gepanzert und hatten ganz das Ansehen der alten Ritter; sie hatten auch *) Ehemals regierender Herr von Kurdistan, jetzt Vafall des Schach, und dem ältesten Sohn be- fonders ergeben. - - - - - - - - - - - 167 folche Streitspieße und schöne arabische Hengste. Einige unter ihnen waren mit verschiedener Anzahl rother Federn am Helm ausgeziert. Eine jede die - - fer Federn soll einen gebrachten Feindskopf bedeu- - ten. Ich zählte ihrer bis fünf, und das Ausfall- lendste war, daß das Pferd die Anzahl der Fe- dern seines Reiters trägt, also auch die Ehre theilt. – So schön auch dieser Anblick war, so wünsche man sie doch alle zum Henker, denn sie fchloffen einen dichten Kreis um die ganze Ge- fandtschaft, das Pferdgetrappel machte einen dich- ten Staub, der vom Winde nicht weggeweht wer- den konnte, so daß wir bei der gräßlichen Hitze in einem Staubkeffel eingeschloffen waren, der uns erst beim Eintritt in den Bazar, wo die Kaval- - lerie keinen Platz mehr hatte verließ. Der Schach nebst seinem ganzen Hofe sahen aus dem Schloffe zu. - In unserm Lager war ein großes Zelt zum Audienzsaal bestimmt. Bei die- - fem stiegen wir ab, worauf die dabei stehende per- fische Wache, aus 300 Mann bestehend, den Ge- fandten das Gewehr präsentierte, und eine von uns schon vorher besorgte Flagge mit dem russi- fchen Adler aufgehoben wurde. Im Zelte selbst waren Erfrischungen bereitet, die unser Begleiter mit genoß, und darauf dem Schach unsere glücks liche Ankunft zu melden ging. . . . . . . Unser Lagerbestand aus sechszehn großen Zel- ten und einer Menge kleiner. Wir standen zu drei - - - - - f 168 auf zu vier in einem Zelte. Obrister Iwanoff, Doctor Müller, Herr von Rennenkampf und ich, waren bisher unzertrennlich in Hinsicht der Woh- - nungen gewesen. Hier wurde Rennenkampf uns" untreu und wir hatten alle drei ein großes Zelt- Der Gesandte hatte außer einem Zelte noch eine aus Tiflis mitgenommene Kibitke, die inwendig schön mit Taft ausgeziert wurde, und der einzige Ort war, in welchen der beständige Staub und Wind nicht eindrangen. In den Zelten musste man täg- lich mehrere Mal den Staub wegfegen. In der Mitte unsers Lagers waren drei große Zelten mit Geschenken angefüllt, die wahrlich so schön waren, daß sie gleichsam eine Petersburg- sche Eremitage bildeten. Diese wurden in der Folge unser Lieblingsaufenthalt, und wir verloren uns fern angenehmsten Zeitvertreib , als sie nachher dem Schach übergeben wurden. - Die Geschenke bestanden aus folgenden Sais ichen: Ein großes vollkommenes Service aus ge- fchliffenen Glase, ein Service vom feinsten Por- tellain aus der Petersburger Fabrik mit Genmähl- den aller Costume der Nationen die unter russi- scher Botmäßigkeit stehen, nebst Gemählden der Gegenden von Petersburg, und der umliegenden Lustschlößer, worunter zwei Porzellän-Vasen Mei- fierstücke der Kunst waren; ein Präsentierteller aus geschliffenen Glase, der 14 Arschine lang war ; mehrere Kallions als geschlittenem Elafe; eine Toi- - 169 ettenspiegel aus einem Stück 1 - Faden hoch, denn wei bronzene Engel als Leuchter dienten, worüber ch die Perser am meisten wunderten und fragten, b es denn bei uns Menschen gäbe, die Flügel ätten; ein Damentoilet-Tisch, in der Form ei- r Pyramide , zusammengesetzt aus allen Holzar- n, die in Rußland einheimisch sind, in ihrer türlichen Farbe. Die Arbeit war des Geschma- und der Kinnst wegen zu bewundern. Inwen- war eine Maschine, die von felbst strickte, und eite wickelte; ein goldener Elephant als Spiel- r, der dabei den 2 üffel, Ohren und Augen vegte. Unten am Piedestal waren Landschaften gebracht, in denen auch alles lebendig wurde, die in Brillanten eingefaßt waren; Flinten, tolen und Säbel von der schönsten Arbeit aus la. Zwei Wandspiegel aus einem Stück zu fünf chinen hoch ; ein goldener Kallion; drei Dolche Brillanten besetzt; Dosen mit Brillanten be- ; Ringe; eine Menge Taschenuhren, zwei schwarze welpelze , zu 30 000 Rubel das Stück, und eine nge andere vom mindern Werthe; drei Brillan- Federn , umeisterhaft in Petersburg vom Hof- welier gearbeitet; zwei Fernröhre von Gold mit lanten besetzt, eine furchtbare Menge Goldstoff, erfoff, Tuch. u. f. w. Man kann sagen ein kaiserliches Geschenk ge vornehme Perfer, denen es gezeigt wurde in ganz außer sich - und wollten gar nicht das - v, 78 Zeit verloren. Ein betonten Meth hat bei - nen das Glas, worin sie bis jetzt nur ihre Kal- Lions gearbeitet gesehen haben; man stelle sich also den Anblick eines großen Cristallservices bei abend- licher Beleuchtung vor, wo alles aussieht, als wenns Brillanten wären - Den Tag nach unserer Ankunft übersah man das ganze Lager, welches in einer furchtbaren Un- ordnung durcheinander lag, und obgleich einen fon- derbaren aber keinem angenehmen Anblick gewährte. Die Buden oder der Bazar bildete eine gerade Stra- fe, die gerade auf das Schloß zu führte, und - v mit unserm Lager endigte. Ein jeder Kaufmann hatte ein jämmerlich kleines Zelt aufgeschlagen, in welchem ein Kasten stand, auf dem er aß, saß, schlief, und in welchem sich auch sein ganzer mitgebrachter Reichthum befand. Man kann sich also denken, wie elend das Ganze war, und wenn man 10 Arfhinen Zeug kaufen wollte, so mußten wenig - stens drei Nachbaren es zusammen tragen. Die Aussicht überhaupt war fehr traurig; denn, außer dem Schloße und einer alten Mietschet, sah man nichts als die Obertheile der Zelten, die in ein unabsehbares Feld von Weiß zusammen schmolzen. Den andern Tag nach unserer Ankunft machte der Gesandte dem ersten Minister die Visite, der Mirza-Jeffi heißt, welche dieser sogleich in Beglei- zuug einer Menge Ehans, unter denen sich auch -, der äää - * - 171 Fukasan-Than befand, erwiederte. Wir wurden ihn alle vorgestellt. Es ist ein Mann im Alter von 80 Jahren und klein von Statur. Seine Stimme klingt als wenn sie aus dem Grabe käme. Dabei ist er so eitel, schminkt und färbt sich, und schrei- tet immer fehr zümpferlich einher. Uebrigens ein wahres Phänomen, denn er ist 45 Jahre erfer Minister. Trotz seiner vielen Geschäfte versichert er, daß die Verwaltuug des Ministeriums bei einem Regenten, wie der jetzige Schach fey, eine Freude wäre und keineswegs fein hohes Alter angriffe; hingegen der Vorgänger des jetzt regierenden Schach Aga-Gahmed-Chan, ein Verschnittener, hätte ihm öfters fo zugesetzt, daß er trotz feiner unbegränzten Liebe zum Vaterlande, oft - im Begriffe gewesen wäre, feinen Posten, vielleicht auch das Land zu verlaffen. Man kann es ihm gern glauben, denn es ist schrecklich, wie jener ihn behandelte. - . Aga-Mahmed-Chan war ein Verschnittener, her sich durch eine Verschwörung unrechtmäßig auf den Thron geschwungen hatte, und um sich - auf dieser Höhe zu behaupten, alle nur ersinnlichen Grausamkeiten beging. Sein natürlicher Zustand mag ihm noch mehr Haß gegen die Menschheit eingeflößt haben. Es war ihm alles nicht recht, er trauete bald Allen, bald Keinen, und am Ende sich selber nicht mehr. Dem Trunke stark ergeben, wpßte er oft morgen nicht mehr, was er heute befohlen, und brüllte wie ein Rasender, beim Au- - 172 - blick des Unglücklichen, nicht selten seiner Lieblinge die er Tages zuvor zu opfernfelbst befahl. Es ist kein Wunder, daß er mit einem folchen lieblichen Cha- raeter auch die Liebe zum Kriege verband, den er fchändlich führte, und am Ende von feiner eigenen Wache ermordet wurde. - Bei diesem liebenswürdigen Mann nun ist Mirza-Jeffi auch lange erster Minister gewesen, Er mußte beständig um ihn fetyn, und viele Bes leidigungen ertragen; unter andern einmal eine die etwas stark ist. Mirza-Jeffi mußte alle Tage Befehle niederschreiben; die jener auf seinen Tepa - pich ausgestreckt ihn dietirte. War er bei übler Laune, so mischten sich beständig Schimpfwörter hinein, und eines Tages wahrscheinlich besoffen, machte er seinem Minister, der vor ihm faß und fchrieb, Vorwürfe : er wollte ihn nur plagen, ließe ihm nie Ruhe, fände Vergnügen daran, ihn zu umartern, und den Schlaf zu rauben u. f. w. - Der Minister schrieb immer fort. Endlich flog das Ohrkiffen. Seiner Majestät, dem Minister an den Kopf; als jener halb todt noch immer schrieb, kam der diamentner Kallion geflogen, am Ende alles, was er zu packen kriegte, und endlich ergriff er eine Pistole und fchoß nach ihm. Die Kugel ging durch den Bart in die Schulter, der Mini- fer fiel hin und wurde fortgetragen, - der Schach schlief ein. Der Minister kurirte sich mehrere Mo- - nate lang - und könnte also auch nicht bei Hof. - 173 erscheinen. Der Schach hatte nicht ein einziges Mahl nach ihm gefragt, und als jener gesund wurde verwaltete er wieder die Geschäfte wie vorher. . . . " - Ein anderes Mahl hatte er ihm schon den Strick um den Hals werfen laffen, als jener glück- - - licher Weise einen Alcoran, hervorzog, den er im mer bei sich trug, und bei dessen Anblick ihn der Schach laufen ließ. " , , , , - - Dem ungeachtet sagte dieser alte brave Mann; wenn ich Aga-Mahmed-Ehan in feinen Kriegen be- gleitet hätte, so wäre der Mord gewiß nicht ge- fchehen. - - Persien ist ewigen Unruhen und Kriegen aus- gesetzt gewesen. Drei große Männer kann es auf stellen, Madir-Schach, Albas den Großen und den jetzt regierenden Fet-Ali-Schach. Die beiden ersten haben für Erweiterung Persiens, und für den Ruhm der Waffen gesorgt; Fet-Ali-Schach liebt den Frie." den , und das wahre Glück seines Volks. - - - Vom Schach Nadir hat man folgende fähr hübsche Anecdote, die feinen entschloffenen Charar- ter darstellt, Als er nämlich eine Eroberungen nach Osten vollzogen hatte, und über Indus bis in die Haupt-Stadt Deli vorgedrungen war, die er er- oberte und die unermeßlichen Schätze des Groß- Mogols mit sich nach Ispahan führte, dachte er auch an Erweiterung der Gränzen nach Westen zu, wo ihm die Türken keine Ruhe ließen. Er nar- 174 - - fhirte rasch nnd stieß bei der Gränze auf einen grös ßen Stein, an welchen vor uralter Zeit her nach folgende Inschrift zu lesen war. " „Wer von den beiden Mächten, Türkei oder Persien, die Gränzen auf Kosten des Nachbars erweitern will, und zuerst diesen Stein vorbeischrei- tet, der ist verdammt auf ewig.“ - : Nadir-Schach stutzte anfangs ein wenig; - man kann wohl fagen, das war ein Stein des Anstoßes, - allein erfaßte sich bald wieder, ließ einen starken Wagen hohlen, den Stein darauf lu- den, ihn immer vor der Armee hergehen, bis er das Ziel seiner Eroberungen erreicht hatte, und dort den Stein hinsetzen. - - Der Besuch“ des ersten Ministers endigte das mit, daß man ihn und sein zahlreiches Gefolge in die Zelte führte, wo die Geschenke aufgestellt wa- ren. Ein allgemeines Staunen ergriff die fämmt- lichen Asiaten; sie wußten nicht, auf welchen Ge- genstand sie zuerst ihre Aufmerksamkeit richten soll - ten. Ein lautes pach! pach und hup! hup! ging von Mund zu Mund. Sie drehten sich wie Wet- terfähnlein auf alle Seiten, und gingen am Ende eben so klug heraus, als sie hineingegangen war ren. Es fehlte nur noch an einer Elektrifirmaschine, unu die Verwirrung vollkommen zu machen. Dies erregte großen Lärm unter dem Volke , welches gewöhnlich alles vergrößert und verbrämt. Man- sher hatte vielleicht durch die Ritze des Zeltes Cri- 175 - Fall für Diamanten angesehen - kurzes hieß im Lager, der Kaiser von Rußland hätte den Schach ein diamantenes Service geschickt. " ___ - - - . . . Der englische Geschäftsträger With loke und Doctor Campbell machten ihre Besuche. Audienz beim Schach, feier benswürdigkeit, sein Reich- th U 1n. - Der Wind weht hier in Sultaine den ganzen Tag über fürchterlich, und erhebt Staubwolken, die das ganze Lager in einen beständigen Nebel hil- den Mehrere Male des Tags erheben sich Wirbel- 1pinde, die fast bis in die Wolken reichende Staub- säulen abbilden, und so, oft die Zelte wegreißend, über dem Boden wegrollen. Sonderbar genug ist, was so eine Staubhole, wenn sie an einen bar" Gegenstand stößt, – als das Schloß zum Bei- spiel, – sich trennt, zwei gleiche Theile bildet, die sich aber gleich, nachdem der Gegenstand vor- bei ist, wiedervereinigen und weiter laufen, Bei un- ferer persischen Hauptwache, wo doch einige Hundert Flinten in Bock standen, kam einmahl so eine Sand- hose, und warf die Flinten in einer langen Reihe, alle in einen Haufen zusammen, der noch einige Mal derb gedreht wurde, ehe die Sandsäule ihn verließ. Der Schach hatte sich unterdessen öfters nach der Gesundheit des Gesandten erkus" las- - - - - - 176 sen, und bestimmte zum ersten Audienz-Tag den 31. Juli, welcher auf folgende Weise vor üb gillig- - - - - - - Den Morgen um 11 Uhr rangierte sich die persische reguläre Infanterie des Schahs, welche rothe Uniformträgt, in zwei Reihen, von Schlose an bis zu unserm Lager. Darauf erschien der zweite General-Adjutant des Schachs, Mahmud Chan, in Begleitung von vielen Beamten des Hofstaats, die um ihre Mützen tothe Shawls gewickelt hat - fen - und alle mit großen Rohrstöcken versehen was ren. Sie gingen in Proreffion voraus, und räum- ten in Nahmen des Schachs alles aus den Wege, was dem Zuge hinderlich sein könnte. Diese wer- den Sauls genannt. Der Gesandte empfing den Mahmud-Chan im Audienzzelt, und nach einigen wiederhohlten Höflichkeiten traten wir den Weg zum Schloffe an. - - - . . Den Gesandten wurde im Namen des Schach ein schöner Hengst, mit goldenen Geschirr und Edel- einen geziert, vorgeführt, welcher nach verfischer Sitte nachher fein Eigenthum blieb. Für den Brief des Kaisers an den Schach war eine goldene Schiff, fel bestimmt. Da der Schach uns nicht in Schloffe mpfing - so ist nöthig, einen Begriff von den Orte zu geben. Wie ich schon erwähnte, ist das Schloß von Bäumen umgeben, die in kleiner Ent- fernung in einer Reihe gepflanzt da stehen. Dieser Platz zwischen dem Schloße und den Bäumen, ist 177 unit hohen Vorhängen *) von rother Farbe um- ringt und auch inwendig auf diese Art in zwei Höfe getheil worden, im 2. Hofe befand sich das Zelt des Schachs, in welchem er uns empfing. Am Eingange des ersten Hofes war ein Zelt aufgeschla- gen , in welchem der Gesandte von den ersten Ge- neral-Adjutanten, und Schwiegersohn des Schach, Wlajar-Chan nebst einigen der vornehmsten Beam- ten am Hofe empfangen wurde. - Es waren ausdrücklich für die Gesandtschaft Stühle gemacht worden, die mit rothen Sammt überzogen waren. Während der Gesandte dem Ala- jar-Chan versicherte, daß heute der glücklichste Tag für alle wäre, indem man einen so unächtigen gro- ßen Monarchen sehen würde, wurde Thee mit Rosenwasser herumgetragen. Darauf stand Alajar- Clan auf und meldete, daß der Schach bereit sey den Gesandten zu empfangen. Außer den beiden Rächen der Gesandtschaft, von denen einer die gol- dene Schüssel mit den Briefe trug, ging fürs erste Niemand mit. - - - - - - *) Diese Vorhänge werden Saraperda genannt. Es ist baumwollenes Zeug gewöhnlich roth angetri- chen, das im Lager als Mauer dient, und nei- stens nur bei fehr reichen oder bei Chans aufge . . fchlagen wird, die einem Harem mit sich führen. - - - - - - - - - - - - Z 178 A - Der Gesandte überreichte eigenhändig dem Schach das Schreiben, indem er folgende kurze Rebe hielt: - . „Der Kaiser von Rußland, mein großer Mo- „narch, beständig in feinen Grundsätzen jo- „wohl als Gefühlen, indem er die ausgezeich- „neten Eigenschaften Ew. Majestät achtet, „und bero Ruhm ihm am Herzen liegt, „wünscht den vorhandenen Frieden mit Per- „fien auf immer zu gründen, welches durch „Ew, Majestät Regierung sich glücklich fühlt. ,Ich habe das Glück des Auftrages gewür- „digt zu seyn, Ew. Majestät den Wunsch - „meines Herrn zu offenbaren. Daß er es auf- „richtig mit Persien meint, fey Gott mein - - „Zenge.“ - - - - Der Staatsrath Negri hielt diese Rede im türki- fcher Sprache, die vom Schach besonders gern und fast immer gesprochen wird. - - - - Der Schach nöthigte den Gesandten zum Sie: zen. Der Stuhl stand dem Throne gegenüber, eine Ehre, die noch Niemanden wieder fahren, so wie auch, daß wir Alle it - Stiefeln erscheinen durften. - - - - - - - - - - Eine Viertelstunde mögen wir wohl in den Vorderzelte gewartet haben, als der zweite Gene- - ral • Adjudant uns auch zur Audienz einlud. „Wir gingen durch die erste Thür, der baumwollenen Wand, auf der ein ungeheurer Drache gemalt - 179, war, und traten in den ersten Hof, der rund herum mit bewaffneten Persern und Kurdine be- jetzt war, die uns angrinzten. An der Thüre des zweiten Hofes stand eine große Wache, und an der Thürz selbst ein Mann mit einem silbernen Knüppel. Beim Eintritt in den zweiten Hof, an dessen äußersten Ende man das Zelt des Schach sah, glaubte ich, der ganze Hof wäre mit bewaf- neten Leuten angefüllt, allein es war nur der erste Augenblick; denn alle Soldaten auf den herum stehenden Zeuge waren gemahlt, und nur einige der vornehmsten Chans standen in zwei Reihen auf dem Hofe der brennenden Sonne ausgesetzt. Von der Thüre bis zum Zelte waren wohl hundert, Schritte noch zu machen. Auf dem ersten Drit- theil des Weges blieb der General - Adjudant ste- ben, und machte einen tiefen Bücklings auf den zweiten Drittheil ließ er seine Pantoffeln liegen, und bückte sich abermals; (wir folgten nur halb seinem Beispiele), am letzten Drittheil blieb er ste- hen, bückte sich, und schrie folgendes: - - - „das Gefolge des russischen Gesandten wünscht „das Glück zu haben, sich dem Staube der „Füße Ew. Majestät nähern zu dürfen, – - „befehlen Sie?“ . . . . . . . . . ber. Schach wandte langsam das Gesicht nach un- ferer Seite, und schrie: Hoschkeldi! Hoschkeldi! (Willkommen)! worauf wir die Hüte abzogen, und ins Zelt traten. - - - - - - - - - - - - 18G - Der Gesandte erhob sich vom Stuhl, und bath den Schach um die Erlaubniß, ihm alle per- sönlich vorstellen zu dürfen. Der Schach war da- , mit zufrieden, und frug alle: ob wir gesund wä- ren, ob die große Reise uns nicht angegriffen hätte, Bei Nennung eines Jeden mußte man her- vor treten, und den Schach dreimal grüßen, wor- auf er gewöhnlich Hoschkeldi schrie. - Als die Reihe an mich kam, fagte der Ge- sandte: er hat die ganze Welt umreist, und ist nach Persien gekommen, bloß um das Glück zu haben, Ew. Majestät zu sehen. Ich winsche ihm Glück, schrie der Schach; jetzt hat er. Alles gesehen. - Er sprach von der Freundschaft mit den Kaiser, und versicherte uns, daß wir jetzt eben fo gut wie in seinen Diensten stünden; und er hoffte, daß wir ihm eben so treu dienen würden, als un- fern eigenen Kaiser. – Dem Doktor Müller sagte er: jetzt sind sie auch mein Arzt. Er erwähnte der Sitte, die jetzt in Europa wäre, daß die Monarchen sich gegenseitig besuchten. Ich wäre froh, sagte er: wenn der Kaiser von Rußland mich besuchen wollte, ich würde ihm gewiß entges gen fahren. - Der Schach hat wirklich so erstaunend viel Einnehmendes und Liebenswürdiges in feinen Be- uehmen, daß man beim ersten Augenblick aus schreien möchte: nur der kann und muß Schach in Persien seyn, Ewig umringt von Schmeichs / - - 181 - lern, die in Vergleich seiner Manieren sowohl als Verstand wahre Tölpel find, ist’s unbegreiflich, wor- aus er Alles schöpft. Der Schach ist von mittler Statur, vom Gesicht sieht man - nichts als ein Paar schöne große Augen, die Stirn und die Nase; das Ues brige ist. Alles in einen Bart eingehüllt, der bis auf die Kniee herunter hängt, welcher der schönste in ganz Perfien feyn foll, und auf den man die heiligsten Schwüre leistet. * - Er saß auf einen goldenen Thron, reich mit ächten Steinen besetzt, der die Figur unserer alten Großvaterstühle hatte. Der erste Tritt ist ein lie- gender Tieger, der an der Stufe von Gold in Bas- relief gearbeitet ist. Die Kleidung war aus Goldstoff, und dar- über noch ein Shawlkleid. Die Krone lief nach oben breit zu, wo sie mit drei brillantenen Federn versehen war. An den Armen, wo alle Perser ihren Alcoran tragen, waren zwei in Europa be- kannte Diamanten, die gleichfalls von sehr großen noch umringt waren. Der Dolch und Gürtel wa- ren besäet mit großen Steinen und Perlen. Das Zelt war mit rotheum seidenen Stoff ausgeschlagen, und zur rechten Hand des Thrones standen siebenzehn Söhne längs der Wand, mit uns die einzigen, die das Glück hatten, unter einen Zelte mit dem Schach zu sein. Gleich neben dem Throne stand ein schöner, reich gekleideter Junge - Der Schach entließ uns sehr - - 182 der ein Neffe vom Schach feyn soll, gleichsam als Wache ueben einem Teppich aus ächten Perlenge- wirkt, auf dem ein runder Polster ruhte, defen Quasten von ungeheuern großen Perlen trotzten. Auf dem Teppich stand auch der große Kallion, der aus großen Solitairs zusammen gesetzt ist und eine Munstaffel, die aus einem Steine zu feyn schien. Gleich draußen vor dem Zelte fanden 3, Beamte, von denen einer auf reich gestickten Kiffen eine Krone hielt, der andere einen Säbel, und der dritte einen Schild, welcher so reich mit Steinen besetzt war, daß er zu den kostbarsten Stücken des Schatzes gehört – Wie man sieht, so ist der Reiche thum einzelner Sachen unermeßlich; aber im Ganzen muß ich gestehen, sehe ich auch gar nichts von der asiatischen Pracht, die uns von Reisenden in Europa so gepriesen wird. - - - - - - - Am Ende der Audienz durfte sich der erste Minister auch ins Zelt wagen, und stand neben uns. Der Schach schrie ihm laut sehr viel Löbli- ches auf Rechnung des Gesandten zu, und schätzte besonders die Delikatesse, die Jener hatte, jedes - Mal aufzustehen, sobald der Schach das Wort an ihn wandte. Er überzeugte sich, daß der Gesandte feine Rechte zu behaupten wußte, aber fiel auch zu schätzen verstand. gnädig, befahl dem ersten Minister, ja dafür zu sorgen, daß es der Gesandtschaft an nichts mangle, und wir in - - - 183 gen, wie wir gekommen waren, fiber den Hof mit drei Bücklingen. Der General - Adjudant fand seine Pantoffeln richtig an der männlichen Stelle, und begleitete uns bis nach Hause, wo der Gesandte sich in gerechte Lobeserhebungen über den Schach ergoß, von den wir erfuhren, daß er auch der erste Poet seiner Nation sey. - Geistreiche und humane Neuße- rungen des Schach über die rufsfischen Gefchen ke: - Da man während des Ramasans *) sich auch nicht einmal ordentlich freuen darf, so wollte der Schach die Geschenke nicht eher sehen, als bis er vorbei wäre. Den Tag zuvor also ließ er ein gro- ßes Zelt neben dem Audienzzelte aufschlagen, und man transportierte alle Geschenke dahin. Er selbst fah aus dem Schloffe zu, nud schickte mehrere Mal - - - - - - - - - - *) Die Perfer haben vier Manafans des Jahres, die fie fehr gewissenhaft befolgen. - Derjenige vor dem neuen Jahr, welches in Persien an 1 o. - März alten Styls gefeiert wird, ist der strengste. An diesem Tage bekommt der Schal unermeß- * Liche Geschenke aus allen Provinzen, und theilt allen Vornehmen und dem ganzen Volke dagegen neugeprägte Münzen aus. - - - - - - -- 184 - . - - eine Danksagung für die Mühe und Behutsamkeit, unit der man sich dabei benahm. Wir fahen. Alle traurig auf die Zerstörung unserer Eremitage, die uns so viel Freude gemacht hatte, - Den nämlichen Abend noch entstand im gan- zen Lager ein fürchterlicher Lärm. Alles wies mit den Händen gen Himmel; es war der neue Mond, welcher jeden, der ihn erblickte, fogleich von den Fasten absolvierte. Sie brauchten also nicht mehr Nacht in Tag zu verwandeln. Den Tag darauf war ein großes Fest. An demselben versammelten fich früh Morgens alle Truppen um das Schloß herum. Der Gesandte begab sich ins Schloß, wo er allein mit Staatsrath Negri im offenen Theile des Schloffes mit dem Schach erschien. - Die Ar- tillerie gab aus 29 Kanonen sogleich 3 Salven. Während der Gesandte sich mit dem Schach un- terhielt, spielte die persische Musik, die aus einigen Dutzend furchtbaren langen Posaunen ") und 29 Trommeln bestand. Zwei Seiltänzer liefen geschickt genug längs einem Strick herauf und herab, der aus dem Hofe an das Schloßdach so befestigt •) Die Musik versammelte sich alle Tage des Abends bei Sonnenuntergang vor dem Schloffe, - und posaunte fürchterlich darauf los. Dieses Pri- vilegium haben nur noch die Söhne des Schachs Mind Befehlshaber der Provinzen. 185 war, daß er dem Audienzsaal hinauf stieg, in welchem sich der Schach mit dem Gesandten be- fand. Drei Elephanten wurden vorgeführt, die verschiedene Male knieen mußten, Die Söhne des Schach und die vornehmsten Chans standen unter- deffen unten im Hofe der brennenden Sonne ausge- fetzt glücklich, wenn der Schach fiel eines Blickes oder Wortes würdigte. Endlich bath der Schach den Gesandten, ihm nach einer halben Stunde die Geschenke zu zeigen; denn er müßte jetzt gehen, die Gebetstunde wäre da. Der Gesandte empfahl sich, und ging in das Zelt, wo die Ge- fchenke aufgestellt waren. . , Der Schach erschien, und sah sich vermum- dert zum ersten Male in seinem Leben in Lebens- größe da stehen. Diese Spiegel, sagte er. find mir lieber, als meine Schätze. … Ein beständiges pach! pach! uud hup! hup! erscholl im ganzen Zelte bei jeder Sache, die er berührte. Das Ser- viele vom geschliffenem Glase gefiel ihm außeror dentlich. Er ließ sich fast Jedes einzeln geben, und fragte, wo das gemacht werde, und versi- cherte immer, es wäre ihm lieber als alle seine Schätze. Der Gesandte fagte ihm auch, daß die Schätze Persiens zu sehr bekannt in Europa wä- ren, als daß man daran denken könnte, den Schach durch ein kostbares Geschenk Vergnügen zu machen; allein dieses wären alles Produkte der rnischen Fabriken, mit denen man Seine Maj - '- A4 a - - 136 - gilt nur bekannt machen wolle. Sie sind mir weit lieber, als alle meine Schätze, schrie er wieder. - Er sprach mit viel Anmuth, und bewies daß er jedes Ding zu schätzen wußte. Unter andern ergriff er ein schön geschliffenes Glas, und fagte dem Ge- fandten: dieses Glas ist wahrlich so schön , daß es mich zum Weintrinken verführen könnte. Der Auf- seher der Geschenke reichte ihm gerade Alles in die Hand, eine Ehre, die dem ersten Minister - nie wiederfährt, – auch wieder ein Beweis daß er bloß stolz ist, wo die Sitten des Laudes es erhei- fchen. Die Zobelpelze gefielen ihm außerordentlich so daß er Anfangs zweifelte, ob sie nicht fchwarz angemahlt seyen, – kein Wunder, denn die, die wir auf den reichsten Chans sahen - waren röth- licht. Als der Gesandte ihn von der Aechtheit überzeugt, und noch hinzu fügte: daß der Kaiser mit eigner Hand sie für ihn ausgewählt hätte, legte er plötzlich seine Hand auf das Fell und ließ sie mit den Worten ruhen: „Ich wünsche, daß meine Hand zufällig den Ort berühre wo die des Kaisers geruht; meine Freundschaft ist aufrichtig und dauert ewig.“ " - " , In die Spiegel sah er sehr oft und gern, und sagte am Ende lächelnd: „Diese werden mich noch eitel machen.“ Den Elephanten ließ er mehr“ mals spielen, und bewunderte den Mechanismus, Er lobte das Kostüm der russischen Damen, und „ar überhaupt so zufrieden und aufgeräumt, daß - - - 187 er sogleich zu allen Vornehmen in ganzen Lager den Befehl schickte, sie sollten anher kommen, sie follten alle kommen und die Geschenke bewundern, die der große Kaiser seinem Freunde den großen Schach geschickt habe; und dem Minister befahl er, auf der Stelle einen Kourier nach Teheran zu schik- ken, damit man sogleich in feinem Palais einen besondern Saal für die Geschenke aufbaue. Ferner fprach-er: wer die erste Nachricht bringt, daß sie - glücklich angekommen find, erhält. 1ooo Tumatten, (50eo Silderrubel) Belohnung; jede Verletzung aber verantwortet man mit dem Kopf. - - . Die nämliche Nacht noch brachte der Schach mit seinem ganzen Harem. *) bei den Geschenken zu, und befahl, den andern Morgen sogleich fchnell einzupaken, um die Sachen ja sogleich in Teheran zu haben. Den russischen Beamten, der – die Geschenke aus Petersburg geführt hatte, bath er fich auch aus, um sie nach Teheran zu beglei- ten, und sie dort aufzustellen. Täglich ließ er fra- gen, ob sie nicht schon eingepackt wären; und als am Ende alles fertig war, spielten ihn feine Astro- logen einen Streich, und verschoben die Abreise noch auf 3 Tage. Selbst an diesem erwünschten Tage führten sie den Transport erst ganz auf die ent- - - - …) Er hatte nur die Weiber mitgenommen. A- 188 - - gegengesetzte Seite des Weges von Teheran, indem fie behaupteten, daß der Glücksstern, unter dem die Reise angefangen, auch diesen Weg genom- men habe. - - - Einen Nachmittag fah ich einem sonderbaren Vergnügen zu, welches der Schach sich machte. “ Ein Schaf lag zusammen gebunden in großer Eat- fernung vom Balkon, und die Kinder sowohl als er selbst schoffen mit Pfeilen darnach; Keiner traf beffer als er. Ein kleiner Sohn, schön wie ein Engel, stand neben ihm, und der Schach zeigte ihm selbst den Gebrauch des Bogens. Der Schach war fast täglich auf der Jagd, und schickte jedes Mal dem Gesandten eigenhändig geschoffenes Wildpret. Früchte wurden auch in großen Quan- titäten gebracht, aber meistens unreif. - - Sehr geschickt sind die Perser, in der größten Sonnenhitze immer Eis zu verschaffen, ohne Eis- keller zu haben, Gott weiß, wo sie's immer her- fchleppen. - - - Des Abends war immer Musik vor unsern, Lager, wozu sich alle Perfer versammelten, um zu zuhören. Die Musik des Schach spielte gerade auch um diese Zeit, welches einen sonderbaren Lärm her- vorbrachte. - - - - - - - - Alle Tage und fast den ganzen Tag über ererzierte die persische Infanterie vor unserm Lager, sie ist aber mit der aus Tauris gar nicht zu ver- gleichen. Die Schildwachen, die in unserm Lager - - 189 herumstanden, gaben sich gegenseitig die Flinten ab, wenn sie irgendwo hin zu gehen wünschten, und man sah nicht selten eine Schildwache mit - vielen Flinten sitzen. Ueberdem '' - oft die Macht ihres Postens indem sie die Perfer, wel- che, das Verboth nicht kennend, durch unfer-La- ger gehen, wollten, nicht nur zurückwiesen oder an- hielten, sondern fiel auch plünderten, worauf wir denn felbst immer heraus gelaufen kamen, und den Beraubten das Seinige zurück gaben. Die armen Teufel hatten es aber auch schlimm, den oft wur, den sie den ganzen Tag über nicht abgelößt, wenn der Offeier es vielleicht gerade vergaß. Manche waren aber nicht dumm und gingen selbst hin, und erinnerten ihn daran ! - - - Eine besondere Art von Waffen sind die klei- nen Feldstücke, die auf Kamelen geführt werden, Der Chef davon, ein alter verdienter Obrister, - ließ einmal einige Hundert vor uns manövriren. Sie sind so leicht, daß jeder Kanonier seine - - Kanone auf den Rücken nimmt, und so mit ihr herum läuft. Beim Schießen zielen sie gar nicht, sondern die Kanone liegt auf der Erde, und feuert : in Gottesnamen. Sie agieren auch nicht anders als Salventveis, die denn doch sehr stark sind, und besonders durch die Menge vielleicht schaden können. - Mit einigen Verbefferungen wären sie in-Vorhuten (Avantgarden) gar nicht übel zu gebrauchen. Der Obriste versichert uns; daß er es mit einer gan- - - " - / - --- Tgd • zen Armee aufnehmen wolle. Diese Kanonier find , wie die Bajazzo's gekleidet, und haben eine rohe Mäge mit Federn. Die ganze Infanterie hat auch einige mal manörirt, und besonders sehr gut ein Lauffeuer gemacht. Von den ehemahligen Ruinen der großen Stadt Sultaine, die zu Chardins Zei- den noch blühend und volkreich gewesen sind jetzt nur noch drei Metfcheten übrig, unter denen eine sich besonders durch Größe und Schönheit auszeich- net. Es ist ein achteckigter Thurm mit einer rnna den Kuppel versehen, die ein Meisterstück der Bau- kunft ist. Das Ganze ist ohngefähr 40 Schritte breit und 40 Faden hoch. Das Innere ist mit Hieroglyphen ausgeziert, und hat oben eine Menge Zimmerchen und Gänge, die ehemals zu vier kleinen Säulen führten, welche die Kuppel ungaben von denen aber nur noch eine inwendig mit einer Wen- * deltreppe versehen da steht, so, daß wenn man auf die Spitze dieser Säule gelangt, man mit der Spitze der Kuppel gleich hoch steht. . . . . . Die übrigen Ruinen sind häßliche Lehmhau- fen, welche durch den Regen in fo sonderbare Fi- guren gewaschen sind, daß ein Europäer fis un- möglich für Ruinen ehemaliger Wohnungen hal- - ten kann. - - . Nicht weit davon ist ein kleiner Platz, um- jäumt von einer schönen Mauer, der jetzt zu einem niedlichen Garten umgeschaffen wird, in dessen Mitte ein Gebände steht, wo der heilige Haffani- - - - - - - - - Kaschi ruht. Das Ganze ist von dem feigen Schach erbaut, der während seinen Aufenthalte in Sultane oft hinfährt, und in der Einsamkeit sein Gebeth verrichtet. - - - - - - - Uebrigens ist in der ganzen Gegend keine Spur von Christenheit, wie die Armenier behaup- ten. Es haben vielleicht in Sultaine Armenier ge- wohnt, so wie sie noch jetzt in ganz Persien zer- streut sind, und ganz die nämliche Rolle wie die Ju- den in Europa spielen. " . . Perfische Pracht, Höflichkeits- bezeugungen, Sonderbarkeit der persischen Gastmähler. Wir sehen noch immer nichts von der ge- rühmten asiatischen Pracht ! Die Häuser sowohl als Zelter sind äußerst einfach eingerichtet, und au- ßer hin und wieder einigen hübschen Teppichen, fin- det man auch gar nichts. Der vornehme Asiate ist reich gekleidet, das heißt, er hat einige schöne Schwals, einen Säbel und Dolch vom Vater noch geerbt, sein Pferd geht in goldenen Geschirr, das ist aber auch alles, was es besitzt. Unterdef- fen haben wir die Bedienung selbst bei Ministern fast in Lumpen herumgehen fehen. Wenn man also etwas Pracht nennen will, daß der Herr sein bischen Vermögen immer auf sich trägt, während seine Umgebung zerlumpt, um ihn herum läuft, 192 - - so hat man Recht; wenn man hingegen die euro- päischen Häuser, Möblements, Tischgeräthe, Equi- vagen u. Bälle e. sieht: so nenne ich, daß wirk- liche Pracht, und keinen einzigen von allen die- den Artikeln darf die höchste asiatische Pracht auch nur im mindesten nahe kommen. Ich glaube also, daß dieser Wahn von asiatischer Pracht noch von Zeiten herrührt - als fiel wirklich schon auf denselben Punkte der Pracht standen, wo fie jetzt noch nicht sind, und die Europäer wilde Völ- fer warell. - - - Einen unermeßlichen aber geschmackvollen Schag besitzt der Schach, einige Vornehme sind sehr reich, der Rest aber ist blutarm- Es kann auch nicht anders seyn, denn in Persien haben sie gar keine Idee davon, daß eine Summe Geldes Zinsen trage könne, ohne sich zu vermindern. Es eriflirt gar kein Umsatz des Geldes. Weder ihre Staatsverfassung noch ihre Begriffe von Ehrlich- keit erlauben so etwas einzuführen. Das Resultat davon ist, das der Reiche sein Geld verwahrt und bei wenigen davon zehrt, wenn er nicht Aussichten hat, wieder welchrs zu erwerben; lebt er aber län- - ger als er berechnet hat, so ist er an Grabe ein Bettler, - . . - - Die Furcht ein Kapital zu überleben macht, den Perser zum stinkenden Geizhals. Diejenigen, so im Sold stehen, sammeln wiederum, um einst nicht so darben; die Minister, weil sie nicht wil- - 193. - - fen, wie lange sie in Gnaden stehen, und der Schach selbst sitzt auf einem ungeheuren - todten Schatze, welchen er seinem ganzen Volke entz - und welcher blos in Kriegszeiten zum Theit wieder unter die Leute kömmt. Am besten ist wohl der Landmann daran, welcher der Einzige ist, dem fein Kapital gute Zinsen trägt, und der, wenn er nicht durch feine Religion überall verhindert würde, ein glückliches Leben führen könnte. - - - Man hat noch eine sonderbare Meinung von den Perfern, als wenn sie gezwungen wären, eine jede Sache auf der Stelle zu verschenken, wenn - ein anderer fiel rühmt. Solches ist aber weiter nichts als eine Höflichkeit bei ihnen, gleich wie der Wirth des Hauses fast immer feinen Gast mit den Wor- senempfängt das ganze Haus gehört ihnen, wel, ches nicht mehr sagen will, als wir in Europa schreiben und sagen: ihr gehorsamster Diener, ohne es doch jemals zu seyn. Sie verschenken wirklich östers Sachen, die man lobt, aber nur solche, die sie leicht entbehren können, und auch nur dann, wenn sie überzeugt sind, das doppelte an Werth wieder zu bekommen, denn wieder beschenken muß man. – So ist's auch bei ihnen Sitte, daß man die Bedienung reich beschenkt, und das für jede Kleinigkeit. Oft schicken sie sich nur eine Blume, einen Apfel u. f. w. die man immer mit Gold aufwiegen muß. Die Ausgaben eines reisenden Eu- ropäers in Persien find daher fürchterlich, Mans - B h " : " e - - - 194 - - denke ich, was eine Gesandtschaft an Trinkgeldern allein täglich auszugeben, genöthigt ist. - - - Der Schach hatte bis jetzt die Gewohnheit allen Europäern welche, an seinem Hof erschienen, sogleich eine bestimmte Summe Geldes auszusetzen, Diese wurden Badstubgelder genannt. Allein der " Gesandte verbath sich dieses, und erklärte, daß es bei uns nicht Sitte wäre Geldgeschenke anzuneh-, men, ausgenommen von feinem eigenen Monur- chen. Lange konnten sie nicht begreifen, daß ein Unterschied zwischen Geschenke und Geschenk. Statt finde. Dem ungeachtet fingen ihre Beamten die nichts lieber als Geld nehmen, an, es auch auf zuschlagen, so daß der Gesandte es durch andere Geschenke ersetzen mußte. -- - - Die unterhandlnngen gingen in raschen Schrit“, ten fort. Der Gesandte hatte sehr oft Zusammen-, künfte mit dem Schach und den Ministern die ihn alle, besonders der Schacht so lieb gewonnen hatten, daß sie wünschten, er möchte doch immer in Persien bleiben, und sie wollten den Kaiser da- um bitten. Eines Tages, als der Gesandte zum Schach ging, war ich gerade die jour- und mußte, ihn begleiten. Wir langten auf der großen Teraffe des Schloßes an, wo ein Zelt für den Gesandten aufgeschlagen war, in welchem ihn der erste Mini- fer und General-Adjutant Alajar-Chan empfingen, Gleich darauf erschien der Schach auf den Throne Der General-Adjutant führte den Gesandten in den - - 195 Audienz-Saal und ich blieb mit dem ersten Mini- fier im Zelte, wo er die Höflichkeit hatte, mich zum Sitzen zu nöthigen. Unten vor “ erschienen einige tausend Kurdiner, die alle einzeln vor dem Schach abgerufen wurden, und sich tief bückten, indem sie in vollem Galopp ans ihren Reihen heraus sprengten. - - Der Minister fragte mich mehrere Mal, wie mir die Kavallerie gefalle. Ich rühmte sie, wie fie's auch meistens verdiente. Ja sagte er, und sie ficht nicht wie in Europa, wo sie alle zusammen stehen, fondern hier ist die Tapferkeit eines jeden einzeln zu sehen. Bei Euch ist's keine Kunst ta- - pfer zu feyn. Ich wollte ihn seinem Wahn nicht rauben und erwähnte bloß des Vortheils, den man hätte, in geschloffenen Reihen zu fechten. Nun ja sagte er, ihr Europäer habt immer etwas Neues und Befferes aufzutischen, aber die Türken, meinte er, hätten auch gar nichts als ihre breiten Hosen. Der Begriff von den Türken ist so geringe, daß der Schach selbst einmal fagte: „Es ist genug ein Türke zu seyn, um gar nichts zm feyn.“ – Der Minister erzählte mir auch von einem Vorfall, der Gott weiß vor wie langer Zeit geschehen fey soll, wo 5cc Perfer bleiß und allein nur mit Stöcken einige tausend Türken in die Flucht gejag“ hätten. Nachdem die Heerschau (Revie) voiber war, kam der Stallmeister des Schach auf einem wilden Hengst sieben hervor gesprnngen, hte sich auf - 196 - ein Pferde herum, das nicht im abgemessenen Ga- lopp ging wie bei unseren europäischen Künstlern, sondern in wilder Sprüngen nach allen Seiten und in vollee Carriere. Bald blieb er am rechtens Fuß hängen, und schleppte so Kopf und Hände, bald am linken Fuß; schwang sich wieder aufs "Pferd; stellte sich gerade auf dem Sattel, hob ein Hein in die Höhe; kurz allerlei Veränderungen, die fürchterlich anzusehen waren, und wo unser Herr Ehiarini nur ein Schüler dagegen ist. Der Minister fragte mich, wie mir das gefiele, und ich versicherte ihm mit Recht, daß wir in Europa nichts. Alehnlis es hätten. Das ist auch nicht der beste Springer- sagte er, der beste wäre krank Das glaubte ich ihn aber nicht und hatte auch recht, denn wir erfuhren nachher, daß dieser der Einzige, und in gan Persien der Erste wäre, - - Der Gesandte erschien bald darauf und machte noch einen Besuch bei dem ältesten Sohne von Schach Mahmet-Ali-Mirza, welcher ihn äußerst zuvorkommend empfing und den Schach lobte. unter den Truppen, dieuoch vor dem Schloßs versammelt standen, geriethen in Gegenwart des Schac 2 Soldaten in Streit - und hauten mir ihren Dolchen um sich. Eine solche Frevelchat wäre folgt auf der Stelle mit dem Tode bestraft worden, wer Schach aber verzieh ihnen und sagte: „Die Gegenwart der rußischen Gesandtschaft soll durch kein Blutvergießen entweiher werden ; nur 197 Freude soll unter uns herrschen.“ Für einen un- umschränkten Beherrscher, der gewohnt war, weit geringere Vergehen auf der Stelle mit dem de zu bestrafen, war es doch wahrlich viel, fie # einem Augenblick gemeistert zu haben. -, Der erste Minister lud die ganze Gesandter fchaft zu einem Mittag ein, wo wir uns den Nah- mittag um 5 Uhr hinbegaben. In das Zelt, wo er uns empfing, hatte er schon früher Stühle tra- gen laffen, und nachdem wir uns gesetzt hatten, wurde Thee mit Rosenwaffer, und Kallion präsen- tiert. Die ganze Bedienung stand unterdessen, nach persischer Sitte, rund herum und gaffte. - - Bald darauf gingen wir in ein anderes Zelt, in dessen Mitte eine Erhöhung von Erde aufgetra- - gen w ie statt Tisch diente aber so hoch ge- '' die Gegenübersitzenden höchsten ihre Nasen sehen konnten. Dieser Tisch von unge- heuerer Breite, war besäet mit allerlei Speisen und Früchten. In der Mitte war ein schmahler Strich gelaffen worden, dessen Nutzen ich anfangs nicht begreifen konnte, aber kaum hatten wir uns gesetzt, so sprangen die Bedienten auf den Tisch, und präsentierten fo, was einem jedem gefällig war. Ich hätte viel darum gegeben aus vollem Halse la- chen zu dürfen; wir mußten uns. Alle Zwang an- thun. Als aber einer aus Versehen gerade zu mit dem Fuße in eine Schüssel voll saurer Milch trat und ein guter Nachbar, der ihn retten wollte, - - - - 198 - beinahe selbst sich an, einen Braten gesetzt hätte: da komute man sich des Lachens nicht enthalten, und glücklicher Weise bewegte sich die unterhaltung des Gesandten mit den Minister, die nichts bemerkt hatten, über einen Gegenstand, der auch lächerlich war, so daß unser Lachen nicht auffallen konnte, Der unvorsichtige Bediente schlich sich bescheiden weg, und hinterließ auf dem Tischtuche Spuren seines Fußbades. Außer diesem gefährlichen Ge- schäfte hatten die Bedienten auch noch große Fächer von Stroh, mit denen sie uns die Fliegen von der Nase wehten. - - - - - Obgleich beim ersten Minister, waren die Früchte doch alle so schlecht, und ich verliere schon - ganz die Hoffnung, in Persien gute Früchte zu effen. - Der Minister schickte einigen Herren von sei nen eigenen Teller etwas Speise, welches die größte Ehre ist, die einen wiederfahren kann. Den Per- fern schmeißt er es geradezu in den Mund, worin fie fehr geschickt sind. Hat man das unglück, neben so einem vornehmen Herrn zu sitzen, und er hat einen gar in Affection genommen, so knetet er mit 3 Finger in Fett gekochten Reis so lange zusammen, bis ein Klumpen entsteht, welchen er dann mit "lieblichen Lächeln seinem Nachbarn in den schon offenen Mund schiebt. Als wir aufstanden, wurde sogleich Waffer zum Händewaschen gereicht, und wir begaben uns wieder in das erste Zelt, wo Kal- ion und Kaffee gereicht wurde, und das Fest hatte - - - 199 ein Ende, – das heißt für uns; den um das Zelt, wo wir gegessen hatten, waren schon Hun- derle versammelt, die auf die Ueberbleibsel lauerten, welches, wie ich schon erwähnt habe, in Persien Sitte ist. - - - - Den Tag darauf gab der Reichsschatzmeister Nisanud-Dewle, Gouverneur von Ispahan und der reichste Particulier in ganz Persien, der dem Schach jährlich 20 Pfund ächte Perlen fchenkt, der Gesandtschaft auch ein Mittagsmahl. Man sah einige Geschirre von Gold und es floß guter Js- pahaner-Wein. Der Schiras-Wein ist außerordent- lich schwer in Persien zu bekommen, es soll auch fo wenig davon in Schiras gemacht werden, daß ich allen Europäern Glück wünsche, die sich ein- bilden Schiras-Wein zu trinken. Der Gesandte er- wiederte diese Gastereyen durch ein Fest, wozu er alle Magnaten einlud. Unser Lager war herrlich illuminiert. Die Herrn faßen alle bei Tische, und wir machten die Honneurs, welches ihnen fehr ge- fiel. Der erste Minister, welcher vielleicht von der Geschichte, daß fein ungeschickter Bedienter in die faure Milch getreten war, etwas erfahren haben mochte, lobte unsere Art bei Tisch zu sitzen, und versicherte, sie gefiele ihm fowohl, daß er es sich in Teheran auf ähnliche Weise würde einrichten - laffen. Die Musik spielte und das ganze persische Lager war die Nacht um uns versammelt. Der Schach schickte aus seinem Harem eine Menge - und ließ dem Gesandten sich vergnügen wünschen. - ", Der perfifche Kronschatz. Unser Gesandtschaftsmahler hatte die erste “ Audienz beim Schach aus der Erinnerung ziemlich "effend dargestellt, und damit dem Minister Alwe- duf-Wehab ein Geschenk gemacht, Dieser hatte sie dem Schach selbst gezeigt, welcher sogleich den "unsch äußerte, gemahlt zu werden, und nach dem Mahler schickte. Er zeigte ihn selbst zwei Por- traits in denen er sich getroffen glaubte, und wünsch- . sie eben so gemahlt zu werden. Es hatte seinen Grund, denn er war sehr geschmeichelt. Kurz der Schach ''en hat, was er noch nie gethan, fegte sich auf den Thron, nahm eine leichte Stellung - " " fagte zu den Mahler: „Sie müffen mich "Mal mahlen, eins behalt, ich für mich, das andere soll für Europa fyn.“ Der Mahler war wohl der erste Sterbliche, der den Schach so nahe fah und gar vor ihm faßt - - Der Schach ließ auch unfere Grenadiere kom- - ihnen, die in feiner Gegenwart, haben erereieren und marschieren müßen. Er lobte fähr die Pünetlichkeit irm die Kleidung, und entließ sie mit Ge- ", - - - Eines Tages tritt der Schach auf die Jagd 2O1 und trug einen Generali-Adjutanten, auf, ung feine Kostbarkeiten zu zeigen. Dieser empfing uns im Palais und nach einigen Erfrischungen, wobei die persischer Musik spielte, führte er uns in die Schatzkammer. Hier fahen wir den goldenen Thron mit großen Steinen besäet; den schönen Teppich aus ächten Perlen gewirkt, nebst den dazu gehöri- gen Ohrkiffen; den Kallion, an welchem eine Menge Solitairs faßen. Auf einen großen Schawl-Teppich lagen zwei Kronen; eine Mütze mit einer brillante- nen Feder, vier Dolche, unter denen der Griff des einen aus einem Stück Smaragd bestand; zwei Säbel; ein diamantner Gürtel, eine Reihe der ausgesuchtesten ächten Perlen, an Größe sowohl als Schönheit; sehr viele Schnüre; anßer dem das berühmte Schild; ein diamantner Knüppel; drei Kleider, ganz unit Perlen und Solitairs durch- wirkt, - -, Alle tiefe Sachen waren jedoch nichts im Vergleiche derjenigen beiden Armbänder, an de- nen zwei Solitairs sitzen von fast eben so großen umringt, deren Länge, Breite und Höhe außeror- dentlich ist. Der eine heißt: Daria in ur (das glänzende Meer) der Andere Kuri nur der glän- zende Berg. Es drängte sich unwillkürlich der Gedanke auf: - Großer Gott : wie viele Millionen Familien könuten glücklich gemacht werden, von dem allein was in dieser kleinen Stube liegt, und es liegt da ohne - E e. - - - - '- 2C2 allen Nutzen. Man behauptet, daß diese Steine noch vom Schach Nadir aus Indien seien mitge- bracht worden, wo er sie dem Groß-Mogul bei der Eroberung von Dely abgenommen habe. Da mahls wurde auch der Thron vom Mogul genom- men, der einen Pfau vorstellte, welcher auf einem Gerüste von gediegenem Golde, das drei Stufen bildete, ruhet. Dieser Pfau sowohl, als noch viele andere Kostbarkeiten befinden sich in Tehe an. - Die Arbeit ist aber sehr plump, ohne allen Ge- schmack, un hin und wieder mit emaillierten Blüm- chen versehen. - Der General-Adjutant, der uns den Schatz zeigte, übergab den Gesandten im Namen des Schachs zwei Portraits in Lebensgröße. In dem einem sitzt der Schach auf dem Throne in den andern auf einem reichen Teppich. Sie sind beide nicht übel gemahlt, besonders sind die Farben sehr schön, und die Genauigkeit der Kleider und die Werzierungen ins Unendliche getrieben, welches man überhaupt in den asiatischen Mahlereien bemerken wird. - - - In Hinsicht der Mahlerei finde ich, daß Persien mit China ganz auf einer Stufe steht, Man hat sogar den niemlichen Geschmack des Bun- ten, nur verstehe ich unter China nicht die Mah- ler in der Stadt Canton , die um den Europäern das Geld abzugewinnen, das Mahlen mit großen Eifer treiben, und ich selbst habe in Canton die - -, - - - - - PO3 berühmte Schönheit Madame Reeanier meisterhaft, auf Glas gemalt gesehen. Ueberhaupt suchen sie dort auf alle Art, Sachen hervor zu bringen, der den Europäern angenehm find. So findet man dort zum Beispiel die schönsten Boonmarken aus Perlenmatter gearbeitet und dergleichen mehr. - Da bei den Persern ein Portrait, besonders, dasjenige des Schach, fast eben so geachtet wird, als das Original, so that der Gesandte ihm die Ehre an, diese beiden Portraits von uns allen bis in's Lager tragen zu laffen, wobei unter Wegs uns die nämliche Ehrenbezeigung von den Wachen und dem Volke wiederfuhr, als wenn es der Schach selbst wäre. Die Abschied s - G elf ch e n k e und die Alb schied s - A u- di e n z be in Schach, Der Gesandte hatte mit so vielen Eifer und so glücklich die Unterhandlungen betrieben, und ohne Schmeicheleien zu fagen, mußte er sich selbst alles verdanken, daß die Geschäfte zur Zufrieden- heit der beiden Mächte am 27. August beendigt und unterschrieben waren, und der Schach den Nachmittag an diesem Tage zur Abschiedsaudienz fest fetzte. In Persien wird man nie ohne Geschenke ent- lassen. Gewöhnlich werden diese an Abschiedstage -" - 204 gebracht, und man muß mit ihnen vor dem Schach erscheinen. Es war auch immer Sitte, daß man den geschenkten Ehrenhalat *) anzieht, der Gesandte erklärte aber, daß man bei uns über eine Uniform, die vom Kaifer gegeben fey, nichts anziehen könne, ohne sie zu beleidigen. Der Schach war hierin auch fo delikat, nachzugeben, und machte mit unserer Gesandtschaft die erste vielleicht auch letzte Ausnahme. Er schickte uns daher auch keine Halats, sondern der Stoff blieb in Stücken. - - - - Den Morgen um eilf Uhr, wurden wir alle in das Audienzzelt berufen, um die Geschenke des Schach zu empfangen. Sie bildeten einen langen Zug, der langsam von Schloffe hergeschritten kann. Einige vornehme Chans marschierten an der Spitze; die Träger gingen in Reihen, und hatten große Präsentierteller auf den Köpfen, die mit wei- jßem Zeuge bedeckt waren, unter denen die Ge- schenke lagen. . - - - - - - Das Volk grüßt alles ehrerbietig, was vom Schach kömmt. – Mehrere von uns gingen ei- nige Schritte der Ehre halber dem Zuge entgegen, –- - *) Ein Oberkleid, das der Schach als besondere Gunst und Auszeichnung den Chans verleiht, Es ist von Stoff, und sieht aus wie ein Schlaf- roi das Volk bückt sich aber davor, - LO5 ber, nachdem er bei uns angelangt war, die Teller alle nieder fette. - - Der eine Chan sagte dem Gesandten, daß her Schach alle diese Geschenke der ganzen Ge- fandtschaft fende, als Beweis seines Wohlwollens und zum Andenken an Persien. Bei jedem Ge- fchenke lag ein Zettelchen, anf welchen die Benen- nung der Sachen, der Name desjenigen stand, dem es zukam: - - Der Gesandte erhielt nebst vielen reichen Ge- schenken auch den Sonnen- und Löwenorden der ersten Klasse; mehrere von uns die zweite uud ei- nige die dritte Klaffe. - Die Geschenke waren sehr unbedentend; denn ein Jeder, ausgenommen die beiden Gesandtschafts- räche, erhielt nur einen Shawl und zwei Stück Stoff. Die Shawls waren meistens durchlöcheet und zusammen genäht, und ich wünschte, daß Se. Majestät der Schach es erführe, wie schrecklich er von seinen Untergebenen hintergangen wird, welche die Geschenke umtauschen, so daß ein Shavl, der vom Schach kömmt, vorher wohl fünfmal von Hand zu Hand ungetauscht wird, ehe der Beglückte ihn erhält. - - - Den Nachmittag um 5 Uhr zogen wir mit dem neuen Orden dekoriert in nämlicher Ordnung - wie das erste Mal zur Abschieds, Aludienz. Der Ort und die Introducirung waren die nämlichen wie bei der ersten Audienz. Der Schach war äu- - - - - 206- - fert freundlich, und versicherte mit feiner ge- - wöhnlichen Liebenswürdigkeit, daß er uns alle lieb gewonnen habe; daß wir durch unser Betragen die Achtung aller Perser erworben hätten, und daß er selbst der Erste fey, der von unserer Akunft an, eine ganz andere Idee von den Rufen gefasst hätte. Ich habe sie bis jetzt nicht gekannt, meine lieben Nachbarn!“ schrie er mehrmal. Der Gesandte sagte ihm, daß ein Jeder von uns durchdrungen: von einer Güte wäre, und daß dieser freundschaftliche Empfang von einem jo gro- fen Monarchen sich gewiß auf ewig in unsern dankbaren Herzen eingeprägt hätte. - „Das wünsch' ich!“ schrie der Schach, „wir sind jetzt Freunde auf immer!“ Da ihr die Ersten feyd, die - mir so gefallen haben, und ihr eine große be- schwerliche Reife zu mir gemacht habt, so bitte ich meinen großen Freund euren Kaiser, daß er euch alle belohne. Du, sagte er zu den Gesandten, hat -- mir besonders gefallen, und ich bitte dich, mir ein Paar Kronleuchter aus Petersburg zu schicken; sie miffen groß und aus geschliffenen Glase seyn. Er überreichte eigenhändig dem Gesandten ein Schreiben an den Kaiser mit Betheuerungen seiner aufrichtigen Freundschaft; er schien sogar sehr ge- rührt dabei. Auch der Gesandte wurde es, und der Schachfagte mehrmals, der Gesandte muß ein gefühlvoller guter Mensch seyn. Darauf entstand eine Pause, in der es wirklich - -, schien, daß der Schach mit sich selbst kämpfte, und er am Ende fagte: ich kann das Lebewohl nicht aussprechen. Hier empfahl sich der Gesandte Der Schach schrie noch vielmal nach: Koschkaldy! Ko- fchamedy! und fah uns mit Wohlwollen nach, bis wir vor dem Mann mit dem silbernen Knüppel vorbei waren. - Darauf kam der General-Adjudant, und fagte dem Gesandten, es wäre Sitte, daß man sich vom Schach eine Gnade aus bäte, worauf der Sk- fandte um die Beförderung des Nasar-Ali- Beck uud Mamat-Ali- Beck zu Chaos bat Der Schach ließ sagen, daß er letzteren nie dazu befördert ha- ben würde, daß er es aber dem Gesandten nichts abschlagen könne. … … Den - andern Morgen machten sie beide als Chans dem Gesandten die Aufwartung. Ersterer hatte es durch sein musterhaftes, Betragen vollkon- men verdient; letzterem aber wurde es mehr deswe- gen zugeschanzt, weil er in Petersburg vom Kaifer Gnadenbezeugungen erhalten hatte. Vom Schach will ich nur noch fagen: wir haben uns überzeugt, daß er der Liebenswürdigste und Gefcheideste seines Volks ist, und also kein Wunder, daß er schon 2o Jahr regiert. - Mit dem persischen Orden erhielten wir auch Rescripte, die Firman genannt werden, welches so viel bedeutet, als Befehl des Schach. . - - - - 208 . ." - - - - Ab schied von Ple rfi en; Rück, reife nach Rußland. - - - Die letzten Tage unseres Aufenthaltes vergin- gen in gegenseitigen Besuchen unter den Ministern, , die alle den Gesandten versicherten, daß der Schach und sie alle so von ihm eingenommen wären, daß eine wahre Traurigkeit fiel überfallen habe. Der erste Minister soll sogar um dich eine Thräne gefunden haben. Es heißt, daß der Schach die Ehre, die Gesandtschaft während unseres ganzen Aufenthalts in Sultaine zu bewirthen, diesem Minister überlaf- fen habe, der für den Reichsten ln ganz Persien gilt. Sieht der Schach Jemanden zu reich werden, und es gefällt ihm nicht, so hat er eine gar lie- benswürdige Manier, ihn bald arm, auch wohl gar zum Bettler zu machen. Er findet ihnen näm- lich täglich eine Speise aus feiner Küche, für welche Ehre man dem Schatzmeister nicht weniger als 1ooo Tukaten überschicken muß. Wird dieses einige Wochen fortgesetzt, so ist's natürlich, daß der Reichste arm wird. Will der Schach ihn nun vollends ruinieren", so bestimmt er einen Tag, an den er bei ihm zu Mittag speist, und diese Ehre bringt jenen an den Bettelstab. – Die Witterung hatte sich während unters Aufenthalts in Sultaine nie verändert. Ein äu- erst starker Wind blies regelmäßig von Morgen bis auf den Abend. Die Nacht war es still, aber -206) sehr kalt, indem der Thermometer immer auf 4* Wärme stand, öfters auch auf dem Gefrierpunkte. Am Tage war die Hitze im Durchschnitt 19“ Regumur. Am 14. August. Nachmittags fiel ein starker Hagel von der Größe einer guten Nuß, der über eine Viertelstunde dauerte, und den ganzen Hori- zont weiß färbte. Dieses und die Kälte des Nachts im 36sten Grad der Breite beweisen deutlich, daß Sultaine sehr hoch über der Meeresfläche liegen muß. Es soll hier auch ein ziemlich dauerhafter Winter feyn. Welch ein Unterschied schon im Vergleich mit Saunanarchien, das nur 12 Werte davon liegt, und zwar nördlicher. - - Daher sind auch hier die giftigeu Thiere nicht so gefährlich; denn zwei von den Unftigen fiud von Scorpionen gestochen wordein, und haben außer einer kleinen Geschwulst, die bald verging, - an keinen Folgen gelitten. Ein Musikant starb hier am Schlage; also haben wir im Ganzen schon vier Mann verloren, uebrigens muß das Klima hier sehr gesund fyn; denn Keiner von uns bekam das Fieber; einige verloren es sogar, die damit herkamen. Nur ist der ewige Staub, der überall und durch alles dringt, unausstehlich. Den 29sten August verließ die Gesandtschaft das Lager von Sultaine, und wir langten am nämlichen Abend noch in der Stadt Sangan an, wo der Gesandte den gestes D. d - - - - - 210 bließ, um den Namenstag des Kaisers zu feiern. Es war Illumination und Musik, und das ganze Volk drängte sich um so lieber zu unserer frohen - Gesellschaft, als ihnen bekannt gemacht worden, daß der Schach uns besonders gnädig empfangen, und ewige Freundschaft mit unserm Kaiser geschlos- jen hätte. Den 9. September zogen wir abermals in Taurig ein. Der Militairgouverneur und die Engländer kamen dem Gesandten entgegen. Mir Withoke und Kampbell waren aus Sultane fchon hier angekommen, und befanden sich auch unter ih- nen. Der Gesandte hatte wegen Grenzangelegen heiten hier noch Manches abzumachen, welches um feren Aufenthalt eilf Tage lang verzögerte. Wir lehs ten mit den braven Engländern, die fast ganz eu ropäisch eingerichtet sind, so lustig, daß wir oft vergaßen, in Persien zu seyn. Mr. Kampbell hatte einmal die Güte, mir zu versichern, daß wohl fel- ten eine Gesandtschaft in Durchschnitt aus so vielen liebenswürdigen gebildeten Leuten bestände wie die unsrige; wir können aber ohne Schmeichelei, Herrn Kampbell versichern, daß wir noch nie so eine Menge liebenswürdiger geselliger Engländer als die in Tauris beisammen gefunden. Die Entfernung vom Vaterlande trägt freilich nicht wenig dazu bei Den 15. September feierten wir in Gesell- schaft der Engländer das Krönungsfest des Kaiserst wozu Albas - Mirza die Aufmerksamkeit hatte, uns ein Feuerwerk zu schicken, - - - - - - - - - 211 - Den Tag vor der Abreise schickte Abas-Mirzaei- nem Jeden einen Shaw, und dem Obristen, Jermo- loff, Vetter des Gesandten, gab er einen Ring, den er vom Finger zog, mit einer hübschen Beruf. - Als der Gesandte die Geschenke des Kaisers dem Abas - Mirza überreichte, unter denen ein Porzellainservice, brillantene Federn e sich befan- den, zog er bloß eine prächtige Flinte und einen Säbel heraus, indem er sagte: dieses gehört mir, das Uebrige ist viel zu schön für mich, und gehört dem Schach, Den 20. September verließen wir Tauris. Wir hatten das schönste Reisewetter, die Hitze war fehr erträglich, und immer heiterer Himmel. An dem Tage, wo wir Maranda verließen, er- hielt der Gesandte die traurige Nachricht von den Tode des Generals Kutusoff, der in der Abwesen- heit des Gesandten, die Truppen in Grufen kon- mandiert hatte. Dieser Mann hatte die Achtung und Liebe. Aller gewonnen, die ihn nur kannten, und hatte die Thräne hoch verdient, die Mancher um ihn vergoß. Der Gesandte verlor an ihm ei- nen Busenfreund, Rußland einen geschickten Ge- neral, der es einst weit gebracht hätte. Der Kaiser nimmt sich der Wittwe und der lieben Kinder gnä- dig an. . - Den 24. September pafferten wir den Arare und obgleich der gerade Weg nach Nakatchewan nicht längs dem Fluffe führt, so wählten Mehrere 212 von uns diesen Weg, um die Ruinen, der alten Stadt Julia zu besehen, ohne daß ein Perfer da- von wußte, noch uns bemerkt hatte. Ein Stück von der Brücke, ein kleiner unansehnlicher Thurm und ein Kirchhof von ungeheuerer Größe ist alles, was man noch sieht. Der Fluß schlängelt sich ro- mantisch zwischen grämlichen Felsenklüften bei den Ruinen herum. Ein kleines armenisches Dorf liegt einsam zwischen den grauen Alterthum. Die Ein- wohner kamen uns freudig entgegen; denn sehr fel- ten ist's ihnen vergönnt, einen Christen zu sehen, und sie beklagten sich sehr über Bedrückung von Seiten der Regierung. Wir find nicht die einzi- gen Christen, sagten sie, die hier gleichsam in Schoße der Natur. Schutz suchen: der Fluß geht hier weiter in noch gräßlichere Felsenklifte hinein, wo auch fromme Christen dulden, und wie wir einst auf Erlösung hoffen. Da der Umweg nicht fehr groß ist, so entschloffen wir uns, den Arare hinauf zu gehen bis unweit Nakatchewan, wo feine Ufer wieder gänzlich flach werden. Ein fchmaler Steg führte längs den steilen Ufern des Fluffes, die am Ende so hoch wurden, und nahe zusammen stießen, daß wir von der Sonne nichts mehr sahen, und vollkommen ein zweites Dariella im Kaukasus vor uns hatten. Auf halbem Wege lag ein ärmliches Dorf. Der reißende Fluß er- Jambt nicht, hinüber zu setzen. Die Eunwohner - - - 213 : " winkten uns freuden voll, und blieben traurig am Ufer stehen, als wir weiter mußten. - - Unser Führer versicherte uns, daß hinten auf einem hohen Felsen ein Kloster läge, wo bloß ei- ner mit dem Wege bekannter und sehr geübter Kletterer hinauf kommen könnte. Die Gegend ging immer fürchterlicher dem Fluß hinauf. Wir muß- ten oft vom Pferde steigen, um eine Lücke zu überspringen, die in dem geborstenen Granit sich formiert hatte, und wo man in ein Dunkel hinein schauete, als endlich wir plötzlich bei einer Wen- dung des Fluffes von einem niedlichen Kloster und einem kleinen Dörfchen überrascht wurden. Die Einwohner, die vermuthlich erst glaubten, daß es Perfer wären, liefen in Unordnung durch einander; als sie aber kaum ihren Augen trauend Christen kommunen fahen, kamen sie uns alle entgegen.“ Am ihrer Spitze ging ein ehrwürdiger Geistlicher, der uns mit thrönenden Augen bemillkommte. Die Glocken läuteten, und der ganze Zug ging in die Kirche, wo ein Gebet verrichtet wurde, in welches die ganze Gemeinde, Alt und Jung mit ein- stimmte, und am Ende laut weinte. - - - Nach beendigtem Gottesdienst lagerten wir uns alle auf einem grünen Platze, und ein jeder Bauer brachte das Beste, was er hatte, um es - mit einem Christen zu heilen. Die Geistlichkeit hatte wie gewöhnlich den besten Wein. Wir schie- den am Ende von diesen guten Leuten, denen wir - - \ - -, E14 . " - so viel Trost gegeben hatten, als wir konnten. Lange sahen sie uns noch nach, bis wir den Berg bestiegen, von wo aus die Gegend bis Makatsche- wan flach zuläuft, und zu unsern Füffen die kleine Festung Baffarabas lag. Da verloren wir das Kloster aus dem Gesichte, und langten sehr zufrie- den mit unserm Umweg im Nachtlager an. Diese kleine leidende Christen - Gemeinde, die an den Felsenufern des Arares Schutz gesucht hatte, lebt von Fischfang und Viehzucht. Das Vieh wird aber auf steilen Felsea herum getrieben, wo ich in meinem Leben nicht geglaubt hätte, daß ein Mensch hinauf kommen könnte, viel weniger denn ein dicker Ochs. Sonderbar genug bilden die Ufer des Arares, die überall so flach find, hier einen Granitkeffel. - - - - Den 29. September langte die Gesandtschaft in Erivan an, wo unser Lager in dem Garten des Sardars selbst am Fluffe aufgeschlagen war. - Der Sardar selbst war in Tauris. In jei- nem Lusthause aber waren eine unzählige Menge verschiedener Früchte um das Baffin herumgestellt, die uns bei der Hitze recht wohl thaten. Sein Haus fand jenseits des Flußes ganz nahe unserm Lager gegenüber. Was Wunder, daß die Weiber, deren er. 60 hat , alle sehr gierig aus den Fenstern guckten. Unsere Perspektive geriethen in große Thätigkeit, und man sah manch' niedliches Gk. sichtchen traurig in die freie Natur schauen, Ei- 215 nige Kleidungen waren auch nicht übel. Diefes fel-, tene Schauspiel mochte wohl einige Stunden gedau- ert haben, als ein Eunuch sich in unserm Lager meldete, und gar verbiethen wollte auf die Wei-, ber zu fehen ; da er aber fah , daß man ihn un- ter die Nase lachte, so ging er weg, und wir fa-, - hen ihm bald mit einem fürchterlichen Stock un- . ter den Weibern wirthschaften. Alle liefen davon, ausgenommen eine, die wohl Liebling und stark feyn mußte, denn sie riß den Eunuchen den Stock aus der Hand, schlug derb auf ihn los, warf den Stock aus dem Fenster, und blieb felbst noch eine Vier- telstunde fitzen, worauf sie aufstand, und das Fen- ster zumachte. Bald darauf wurden alle Laden ver- picht und die Freude hatte ein Ende. Den 2ten Oetober betraten wir mit großem Jubel unsere Gränzen, auf denen uns eine Menge Kosaken und eine Compagnie Grenadier nebst einer Kanone empfingen. Das persische Gefolge wurde von dem Gesandten reich beschenkt, und entlaffen; ausgenommen Nafar-Ali-Chander nähmliche, welcher durch Fürbitte des Gefapdten zum - Chan gemacht worden, und welcher uns noch einige Mär- fche begleitete, weil der Gesandte sowohl als wir alle, ihn lieb gewonnen hatten. Er verließ uns am Ende fehr gerührt, und der Gesandte gab ihm außer vielen reichen Geschenken, noch eine brillat- tene Dose mit einem Schreiben, daß er sie für fein braves Betragen von der ganzen Gesandtschaft - 216 zum Andenken erhalten habe. Den 10. Oetober langte die Gesandtschaft in Tiflis an, an welchem Tage fiel gerade ein Jahr vorher auch angekommen war. - - Gewiß werden alle meine Reisegefährten von ganzen Herzen in den Dank mit einstimmen, deu wir unserm Chef öffentlich abzutragen schuldig sind. Er hat uns alle mit einer freundschaftlichen Scho- nung behandelt; hat brüderlich manche schwere Stunde mit uns geheilt. Seinen Herzen macht hieß Ehre. Um uns alle hat er unmerklich ein trautes Band geknüpft, welches die Trennung in Tiflis sehr schwer gemacht hat, - - - - - - - - - - - - - - - - - - --- - - Österreichische Nationalbibliothek |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||| - - - -7844205 ---